Die Intrigen des Spartaners Eurykles gegen die Söhne der Mariamne.


Nicht lange darauf kam ein fahrender Mann nach Judäa, der dem Schlaukopf Archelaus noch um vieles überlegen war, und der nicht bloß das unter seinem Einfluss zu Gunsten des Alexander so klug zustande gebrachte Versöhnungswerk vernichtete, sondern sogar für diesen die Ursache seines Unterganges wurde. Es war ein Lacedämonier, Eurykles mit Namen, den auf seiner Jagd nach Schätzen ein unseliger Stern in das Königreich geführt hatte, da ihm Hellas für seinen Aufwand nicht mehr genug Mittel bot.

Er machte dem Herodes prachtvolle Präsente, die aber nur den Köder für neue Beute abgeben sollten, und in der Tat bekam er auch sofort wieder Gegengeschenke, die vielmal größer waren, als die seinigen. Doch hatte eine harmlose Gabe etwas verächtliches in seinen Augen, es sollte ein Blutpreis sein, um den er das Königreich bewuchern wollte.

Er fing darum an, den König mit seiner ebenso einschmeichelnden als gewandten Rede und mit ganz lügenhaften Selbstempfehlungen zu umgarnen. Schnell hatte er seine ganze Art studiert und nun sagte und tat er alles, was dem König nur irgendwie angenehm sein konnte, weshalb er auch einer von den am liebsten gesehenen Freunden des Herodes wurde. Ein anderer Grund hiefür war auch sein Vaterland, um dessentwillen sich der König und seine ganze Umgebung vor allen für den Spartaner interessierten.


Sobald nun dieser heraus hatte, dass etwas faul sein müsse im königlichen Hause, wie sich die Brüder gegenseitig anfeindeten, und welche Stellung der Vater zu einem jeden einnehme, da suchte er sich, weil von Antipaters Gastfreundschaft ohnehin schon gleich anfangs in Beschlag genommen, auch dem Alexander unter der Maske der Freundschaft zu nähern, indem er ihm vorlog, dass er auch zu Archelaus seit langer Zeit in freundschaftlichem Verhältnisse stehe. Deshalb wurde er natürlich sofort wie ein ganz verlässlicher Bekannter von ihm aufgenommen. In gleicher Eigenschaft führte er sich alsbald auch bei dessen Bruder Aristobulus ein.

Mit allen Salben geschminkt, wusste er sich bei dem einen in dieser, bei dem anderen in jener Weise ins Vertrauen zu setzen. Doch spielte er hauptsächlich den gedungenen Späher Antipaters bei dem älteren Alexander und den Verräter des letzteren. Zu dem einen sagte er im Tone des Vorwurfes, ob er denn als der Aelteste jene ruhig gewähren lassen wolle, die ihm seine Hoffnungen wegschnappen möchten: zu Alexander aber, wie denn er, der Sohn einer Königin und Gemahl einer Königstochter, es nur dulden könne, dass der Sprössling einer nicht fürstlichen Frau dem Herodes auf dem Throne nachfolgen sollte, was von ihm umso weniger begreiflich wäre, als er doch an Archelaus den kräftigsten Stützpunkt habe.

Gerade diese Berufung auf die freilich nur vorgespiegelte Freundschaft mit Archelaus galt dem Jüngling als Beweis für die Aufrichtigkeit seines Ratgebers. Er schüttete darum auch seine Klagen über Antipater ohne die geringste Zurückhaltung vor ihm aus und bemerkte auch von Herodes, dass es ihn gar nicht überraschen würde, wenn derselbe nach der Ermordung ihrer Mutter auch sie, die Kinder, der Krone ihrer Mutter berauben sollte. Zu diesen Auslassungen machte Eurykles ein recht weinerliches und mitleidiges Gesicht.

Nachdem er auch den Aristobulus zu ähnlichen Bemerkungen verleitet und so beide Brüder mit ihren Tadelreden gegen den Vater immer fester in seine Schlingen verwickelt hatte, ging er hin, um dem Antipater brühwarm die Geheimnisse aufzutischen. Obendrein erdichtete er noch einen Anschlag, mit dem die Brüder sein Leben bedrohen sollten, und den er so darstellte, als ob fast schon ihre Schwerter über ihm blitzten. Dafür empfing er von Antipater Geld in schwerer Menge und strich ihn dann bei seinem Vater wieder recht heraus.

Zuletzt aber nahm er um Geld sogar den Tod des Aristobulus und Alexander auf sich, indem er förmlich als ihr peinlicher Ankläger bei ihrem Vater auftrat. Er ging zu Herodes und machte ihm folgendes vor: „Du hast mir, o König, Guttaten erwiesen, ich gebe dir dafür dein Leben! Gastfreundschaft hast du mir gewährt, ich gewähre dir zum Danke das Licht dieser Welt! Schon längst ist das Schwert für dich geschliffen, und der Mörderarm des Alexander über dir geschwungen. Dass er noch nicht niedergesaust ist, habe ich allein gehindert, weil ich mich stellte, als wollte ich ihm meine Mitwirkung leihen.

Hat doch Alexander die Aeußerung gemacht, dass du, weit entfernt, dich für deine Person mit dem Raube eines fremden Königthrones und nach der Hinrichtung ihrer Mutter mit der Vergeudung des ihr gehörigen Reiches zu begnügen, auch noch einen Bastard in die Thronfolge einschmuggelst und dem Antipater, dieser leidigen Pest, die vom Großvater her ihnen gebürende Krone vorwirfst. Doch werde er noch die blutigen Schatten des Hyrkan und der Mariamne zu rächen wissen, weil man ja von einem so unnatürlichen Vater das Szepter ohne Blut gar nicht einmal übernehmen dürfe.

Zudem gebe es Tag für Tag eine Menge von Anlässen, nur darauf berechnet, ihn zu erbittern, so dass bald kein wie immer gearteter Gesprächsstoff mehr übrig sei, der nicht gegen ihn ausgebeutet würde. Käme z. B. die Rede auf die vornehme Abkunft anderer, so werde er gleich ohne allen Grund von dem eigenen Vater mit den Worten verhöhnt: »Ei, ei, es gibt ja gar keinen ‚Herr Wohlgeboren‘, außer Alexander, der ja selbst seinen Vater wegen seiner gemeinen Herkunft über die Achsel ansieht.« Auf der Jagd fühle sich Herodes verletzt, wenn er schweige; lobe er ihn, so stoße er bei ihm wieder an, weil er nach der Meinung des Königs ihn nur hänseln wolle.

Kurz überall finde er seinen Vater hart gegen sich und liebevoll nur gegen den Antipater. Ein solcher Vater werde ihm selbst das Sterben erwünscht machen, im Falle, dass er sein Vorhaben nicht durchführen könnte. Hätte er aber den König einmal niedergestoßen, so würde es ihm an einer Stütze zu seiner Rettung nicht fehlen: in erster Linie wäre das sein Verwandter Archelaus, zu dem er bequem entrinnen könne, und dann auch der Kaiser selbst, der eben bis zur Stunde den wahren Herodes noch gar nicht kenne.

Denn, wenn er diesmal vor den Kaiser hintrete, so werde er dies nicht, wie früher, tun, von Entsetzen nämlich vor seinem anwesenden Vater ergriffen, noch werde er bloß über die ihm selbst gemachten Beschuldigungen den Mund auftun; im Gegenteil, er werde dann zu allererst die Drangsale der Nation vor aller Welt kundtun und reden von den durch die Steuern bis aufs Blut ausgeschundenen Leuten; dann werde er ein Liedlein singen von den Schlemmereien und anderen sauberen Dingen, für welche die vom Blut des Volkes triefenden Gelder hinausgeworfen würden, und auch ein wenig die Individuen schildern, die mit dem Schweiße der Juden sich gemästet, wie auch die unsinnigen Kosten, mit denen Herodes die fremden Städte so luxuriös verschönert habe.

Ja dort werde er auch das Blut seines Großvaters und seiner Mutter fordern und alle Greuel im Reiche laut verkünden: und so hoffe er dann wegen des Vatermordes ein gnädiges Gericht zu finden.


Nach dieser Schaudermär über Alexander erhob Eurykles den Antipater über die Wolken und rühmte von ihm, wie aufrichtig er, und zwar er ganz allein, dem Vater ergeben sei, und wie er darum bis zu diesem Augenblicke schützend zwischen dem König und den Verschworenen gestanden sei. Da der König auch hinsichtlich der früheren Vorgänge noch nicht vollständig beruhigt war, verbiss er sich jetzt in einen tödtlichen Hass.

Da nahm Antipater wieder seine Zeit wahr und schickte andere Kläger den Brüdern auf den Hals, die bei Herodes die Anzeige machten, dass sie mit Jucundus und Tyrannus, den ehemaligen Befehlshabern der königlichen Reiterei, die aber damals wegen gewisser Anstände ihren Rang verloren hatten, heimliche Besprechungen hätten. Nun lief der Zorn des Herodes über, und er ließ auf der Stelle die Männer auf die Folter spannen.

Sie gaben jedoch keinen einzigen Punkt aus der verleumderischen Klage zu. Man brachte ferner einen Brief ans Tageslicht, der von Alexander an den Kommandanten der Festung Alexandrium geschrieben worden sein sollte, worin er ihn bat, ihm und seinem Bruder Aristobulus nach der Ermordung ihres Vaters Aufnahme in die Veste zu gewähren, und ihnen auch die Benützung der daselbst befindlichen Waffenvorräte und anderer Verteidigungsmittel zu erlauben.

Diesen Brief erklärte freilich Alexander für ein Fabrikat des königlichen Geheimschreibers Diophantus, eines Menschen, der zu allem fähig und ein Meister in der Nachahmung aller, wie immer gearteten Handschriften war, wie er denn wirklich später nach Verübung zahlreicher Fälschungen aus diesem Grunde unter der Hand des Henkers sterben musste. Trotzdem unterwarf Herodes den Kommandanten noch der Folter, brachte jedoch auch aus ihm nichts heraus, was die verleumderische Angabe bestätigt hätte.


Jetzt ließ der König, obgleich er selbst noch die Schuldbeweise schwach fand, die beiden Söhne in sicheren Gewahrsam bringen, ohne sie übrigens schon in Ketten zu legen, während er den Todfeind des Hauses, der den teuflischen Plan in Szene gesetzt hatte, den Eurykles, seinen Retter und Wohltäter nannte und obendrein mit fünfzig Talenten beschenkte! Hierauf eilte der Schurke nach Kappadozien, ehe hier noch der wahre Sachverhalt ruchbar wurde, und schwindelte sich richtig auch bei Archelaus Geld heraus, indem er die Stirne hatte, ihm zu sagen, er hätte, von anderen Verdiensten abgesehen, auch eine Versöhnung des Herodes mit Alexander zustande gebracht.

Endlich fuhr er wieder nach Hellas ab, wo er den mit Schandtaten zusammengebrachten Erwerb auf neue Schandtaten verwendete, bis er nach zweimaliger Anklage beim Kaiser, dass er ganz Achaia zerrüttet und ganze Städte bestohlen habe, in die Verbannung geschickt wurde.

Auf diese Weise ereilte auch diesen Bösewicht die gerechte Strafe für sein Verbrechen an Aristobulus und Alexander.


Die Ehre erfordert es, hier des Gegenstückes zu dem Benehmen des Spartaners, nämlich des Euaratus von Kos zu gedenken, welcher zu den vertrautesten Freunden des Alexander gehörte und um dieselbe Zeit, wie Eurykles, am Hofe weilte. Denn als ihn der König über jene Dinge, die Eurykles den Prinzen vorgeworfen hatte, ausfragte, versicherte er ihn eidlich, dass er nicht das geringste aus dem Munde der jungen Leute gehört habe. Er konnte aber damit den Unglücklichen gar keinen Nutzen bringen. Denn Herodes war nur für die Verdächtigungen ganz Ohr, und willkommen war ihm jeder, der seinen Glauben daran und seine Erbitterung darüber teilte.