Herodes entdeckt den Giftmordversuch des Antipater.


Nach Pheroras kam die Vergeltung auch über den Hauptschuldigen, Antipater, und zwar nahm sie ihren Ausgang gerade von Pheroras Tode. Es erschienen nämlich einige Freigelassene des letzteren in tiefster Niedergeschlagenheit bei dem König und hinterbrachten ihm, dass sein Bruder eigentlich an Gift gestorben sei. Seine Frau, erklärten sie, hätte ihm ein ganz seltsames Gericht vorgesetzt, nach dessen Genuss er alsbald in die Krankheit verfallen sei, und erst vor zwei Tagen habe ihre Mutter im Verein mit ihrer Schwester ein altes Weib aus Arabien, das sich auf Zaubertränke verstand, zu dem Zwecke kommen lassen, um für Pheroras einen Liebestrank herzustellen; das Weib hätte ihm aber auf Veranstaltung des Sylläus, mit dem sie in Verbindung stand, dafür einen vergifteten Trank eingegeben.


Zufolge dieser Eröffnungen ward der König von immer ärgeren Vermutungen bestürmt und ließ darum einige Sclavinen, sowie einige aus den Frauen, die Freie waren, der Folter unterwerfen. Eine davon begann nun in ihren Peinen laut aufzuschreien: „O, dass doch Gott, der Erde und Himmel regiert, mit seinem strafenden Arm endlich einmal jene erreichen möchte, die da schuld ist an unseren Qualen, die Mutter des Antipater!“ Damit war der König auf eine Spur geraten, von der aus er noch weiter den Tatbestand verfolgte, um der Sache auf den Grund zu kommen.

Die Frau enthüllte ihm denn auch den Bund zwischen der Mutter des Antipater einerseits und Pheroras mit seinen Frauen andererseits, wie auch ihre geheimen Conventikel, zu denen sich auch Pheroras und Antipater, so oft sie beim König gewesen, eingefunden hätten, um in Gesellschaft der Frauen ganze Nächte beim Wein zu verbringen, ohne auch nur einen einzigen Diener oder eine Dienerin um sich zu dulden. Die das angab, war, wohlgemerkt, eine aus der Zahl der Freien.


Die Sklavinen verhörte Herodes jede für sich auf der Folter. Gleichwohl waren die Aussagen bei allen gleichlautend mit der frühern Enthüllung, und sie verrieten außerdem noch, dass die Reise des Antipater nach Rom und die Entfernung des Pherorus nach Peräa eigentlich eine abgemachte Sache gewesen sei. Denn oft sei bei ihrem Meinungsaustausch das Wort gefallen, dass nach der Hinrichtung des Alexander und Aristobulus durch Herodes jetzt die Reihe an sie und ihre Frauen kommen werde, da nach dem Morde an Mariamne und deren Kindern kein anderer mehr auf seine Schonung rechnen dürfe. Es wäre also das klügste, sich soweit als möglich von der Bestie zurückzuziehen.

Auch seiner Mutter gegenüber hätte sich Antipater öfter bitter beklagt, dass er schon graue Haare bekomme, während sein Vater täglich jünger werde; ja er werde vielleicht den Antritt der eigentlichen Regierung überhaupt nicht mehr erleben. Wenn es aber auch mit dem Vater einmal zu Ende gehen werde, – wer wüsste indes, wann das geschehen dürfte! – so könnte der Genuss, den er von der Nachfolge habe, auf alle Fälle nur ein sehr kurzer sein.

Unterdessen wüchsen auch die Köpfe der Hydra, die Kinder des Aristobulus und Alexander, allmählig heran. Außerdem sei ihm auch vom Vater die Hoffnung auf Leibeserben in der Regierung entzogen worden, da ihm Herodes für den Fall seines Todes nicht einen von seinen Söhnen, sondern den Herodes, den Sohn der Mariamne, zum Nachfolger testamentarisch gegeben habe. Übrigens zeige sich gerade in diesem Punkte an Herodes schon eine greisenhafte Wunderlichkeit, wenn er sich nämlich dem Glauben hingebe, dass wenigstens sein gegenwärtiges Testament Bestand haben werde. Denn der König werde selbst noch dafür sorgen, dass er keinen einzigen Sprössling seines Stammes übriglasse, da unter allen Vätern, die je gelebt, noch keiner seine eigenen Kinder so sehr gehasst habe, wie Herodes. Indes sei sein Hass gegen die Geschwister noch bei weitem größer. Habe er ihm doch unlängst, so sollte Antipater sich weiter geäußert haben, hundert Talente unter der Bedingung geschenkt, dass er mit dem Pheroras nichts mehr rede. Auf die Erwiderung des Pheroras: Was haben wir ihm denn angetan? hätte Antipater bemerkt: „Seien wir froh, dass der König, nachdem er uns zuerst ganz und gar ausgezogen, uns wenigstens noch die Haut lässt. Aber es wird unmöglich sein, einer so blutrünstigen Bestie zu entrinnen, bei der man nicht einmal einige Freunde offen sein nennen darf. Wir können uns ja bisher nur heimlich zusammenfinden! Doch wird es von der Stunde an auch offen möglich sein, in der wir einmal Herz und Hand von Männern bekommen!


So lauteten die Angaben der gefolterten Frauen, die auch erzählten, wie Pheroras auf das hin den Entschluss gefasst hätte, mit ihnen nach Peräa zu fliehen. Aus der Erwähnung der hundert Talente schloss Herodes auf die Glaubwürdigkeit aller übrigen Aussagen, da er darüber nur mit Antipater gesprochen hatte. Er ließ nun vor allen seinen Zorn an der Doris, der Mutter des Antipater, aus, indem er ihr alle Schmucksachen, die er ihr geschenkt hatte, und die einen Wert von vielen Talenten repräsentierten, wieder wegnahm und sie zum zweitenmale verjagte.

Den früher genannten Frauen des Pheroras dagegen verzieh er und ließ ihnen nach der Folterung eine sorgfältige Pflege angedeihen. Er selbst zitterte jetzt vor Angst und war beim leisesten Lüftchen eines Verdachtes gleich Feuer und Flamme, so dass er viele Schuldlose auf die Folterbank warf, aus lauter Furcht, einen Schuldigen auszulassen.


Im Verlaufe der Untersuchung kam die Reihe auch an den Samariter Antipater, welcher die Güter des Prinzen Antipater zu verwalten hatte. Bei dem peinlichen Verhöre mit diesem Manne erfuhr nun der König, es habe sich Antipater durch einen seiner Freunde, namens Antiphilus, aus Ägypten ein tödtliches Gift für Herodes besorgt, das dann Theudio, der Oheim des Antipater, von dem letzteren übernommen und an Pheroras weitergegeben hätte. Letzterem habe nämlich Antipater die Weisung erteilt, während seiner Abwesenheit in Rom, die seine Person über jeden Verdacht erheben musste, den Herodes aus dem Wege zu räumen; Pheroras aber hätte seinerseits wieder das Gift bei seiner Frau aufgehoben gehabt.

Nun ließ der König die Frau holen und befahl ihr, auf der Stelle ihm das anvertraute Gift zu bringen. Sie ging auch hinaus, als wenn sie das Verlangte bringen wollte, stürzte sich aber dann über das Dach hinab, um einer Entdeckung und der Rache des Königs zuvorzukommen. Sie fiel indes, offenbar infolge einer Fügung Gottes, der schon hinter Antipater her war, nicht auf das Haupt, sondern auf die entgegengesetzte Seite und blieb unbeschädigt.

Als man sie wieder heraufgebracht, und der König sie von ihrer Betäubung, die sie sich durch den Sturz geholt, ins Bewusstsein zurückgerufen hatte, fragte er sie, warum sie sich denn hinabgestürzt habe. Wenn sie ihm die Wahrheit sage, so werde er ihr, schwur er, die ganze Strafe schenken, sollte sie aber damit zurückhalten wollen, so werde er ihren Leib auf der Folter gliedweise zermartern und nicht einmal eine ordentliche Leiche zum Begräbnis übrig lassen.


Auf das hin blieb die Frau für einige Augenblicke in stummer Überlegung. Dann aber sprach sie: „Was für einen Zweck hätte es denn jetzt mehr, da Pheroras todt ist, noch ferner das Geheimnis zu hüten, als höchstens den, einen Menschen zu retten, der uns alle ins Verderben gestürzt hat, den Antipater? Du sollst es darum hören, o König, und mit dir auch Gott der Herr, den ich zum Zeugen meiner Wahrhaftigkeit anrufe, und der nicht betrogen werden kann.

Damals, als du tränenbedeckt am Sterbebette des Pheroras zu sitzen pflegtest, ließ er mich einmal rufen und sprach zu mir: 'Meine Frau, ich habe fürwahr die Gesinnung meines Bruders gegen mich arg misskannt und einen Bruder gehasst, der mich so zärtlich liebte, ja sogar seinen Mord geplant, der sich doch meinetwegen schon jetzt, da ich noch nicht todt bin, so sehr abhärmt. Ich habe übrigens bereits den Lohn für diese meine Verruchtheit. Du aber bringe mit jetzt das dir anvertraute und von Antipater uns zurückgelassene Gift, das für Herodes bestimmt war, und vertilge es geschwind vor meinen Augen, damit ich nicht auch noch in der Unterwelt unter der rächenden Hand Gottes zu leiden habe.'

Ich brachte es nach seinem Befehle und schüttete das meiste vor seinen Augen ins Feuer, doch habe ich für mich selbst ein kleinwenig gegen etwaige Überraschungen und aus Angst vor dir zurückbehalten.


Nach diesem Geständnis brachte sie die Büchse herbei, in der nur noch ganz weniges vom Gifte enthalten war. Hierauf schritt der König zum peinlichen Verhör der Mutter und des Bruders von Antiphilus, die denn auch bekannten, sowohl, dass Antiphilus in der Tat die Büchse von Ägypten heraufgebracht, als auch, dass er sie dort von einem Bruder, der Arzt in Alexandrien war, bekommen habe.

Es war, als ob die Gespenster des Alexander und Aristobulus im ganzen Palaste herumschwirrten, um die feinsten Fäden des Verbrechens aufzuspüren und an die Sonne zu bringen, so dass sie selbst solche, die jedem Verdacht entrückt schienen, zur Verantwortung und Strafe zogen. Man kam nämlich unter anderem auch darauf, dass sogar Mariamne, die Tochter des Hohenpriesters, um den Anschlag gewusst habe, wie es ihre eigenen Brüder auf der Folter verrieten.

Der König ließ für die Verwegenheit der Mutter auch das Kind büßen, indem er ihren Sohn Herodes, der dem Antipater auf dem Throne hätte folgen sollen, aus dem Testamente strich.