Die Königin Alexandra und die Herrschaft der Pharisäer.


Die Regierung hinterließ Alexander seiner Frau Alexandra in der sicheren Erwartung, dass derselben die Juden noch am liebsten gehorchen würden, weil sie, von seiner Grausamkeit weit entfernt und eine Feindin der Gesetzesverletzungen, das Volk sich zum Wohlwollen verbunden hatte.

Er sollte sich in seiner Hoffnung auch nicht täuschen! Denn obschon nur ein schwaches Weib, kam sie doch auf den Thron und behielt ihn auch, geschirmt vom Ruhme ihrer Frömmigkeit, indem sie es mit den angestammten Vorschriften der Nation sehr genau nahm und jene, welche sich gegen die heiligen Gesetze verfehlten, vom Hofe verbannte.

Von den zwei Söhnen, welche sie von Alexander empfangen hatte, bestimmte sie den älteren, namens Hyrkan, sowohl mit Rücksicht auf sein Alter als auch aus dem Grunde zum Hohenpriester, weil er zu geistesschwach war, als dass er ihr hinsichtlich der Herrschaft hätte Ungelegenheiten bereiten können. Dem jüngeren, Aristobulus, dagegen gestattete sie wegen seines lebhaften Geistes gar keinen Anteil an der Regierung.


Dafür wuchsen ihr aber in der Regierung allmählig die Pharisäer über den Kopf, eine Vereinigung von Juden, deren Mitglieder im Ruhme einer besonderen Frömmigkeit und genaueren Gesetzeserklärung stehen.

In ihrem leidenschaftlichen Eifer für alles Göttliche erzeigte Alexandra diesen Männern begreiflicherweise eine ungewöhnliche Anhänglichkeit, während die Pharisäer nach und nach auf das einfältige Frauenzimmer in schlauer Weise ihren Einfluss geltend machten, bis sie endlich die Herren der ganzen Regierung waren, ächteten und zurückberiefen, lösten und banden, wen sie wollten. Um es kurz zu sagen: den Genuss von der Regierung hatten die Pharisäer, die Zahlungen und Scherereien aber Alexandra.

Letztere zeigte sich übrigens auch schwierigeren Aufgaben gewachsen. Sie verdoppelte ihre Kriegsmacht durch immer neue Werbungen und brachte auch eine nicht unbeträchtliche Fremdenlegion zusammen, so dass sie sich nicht bloß des eigenen Volkes versicherte, sondern auch bedrohlich für die auswärtigen Mächte wurde. Während sie aber die anderen beherrschte, wurde sie selbst wieder von den Pharisäern beherrscht.


So veranlassten die Pharisäer unter anderem die Hinrichtung eines angesehenen und dem Alexander befreundeten Mannes, namens Diogenes, der von ihnen beschuldigt wurde, zu der vom König vollzogenen Kreuzigung jener 800 geraten zu haben. Auf ihr Drängen ließ Alexandra auch den übrigen, welche den Alexander gegen jene Unglücklichen aufgereizt hatten, den Process machen, und da sie in ihrer Bigotterie sich regelmäßig nachgiebig zeigte, so räumten schließlich die Pharisäer die Leute aus dem Wege, wie es ihnen passte.

Da stellten sich die Häupter der Proscribierten unter den Schutz des Aristobulus, der denn auch seine Mutter beredete, diesen Männern um ihres Standes willen das Leben zu schenken; vermöchte sie schon nicht an ihre Unschuld zu glauben, so könnte sie dieselben ja aus der Stadt verbannen. Auf das hin ward ihnen Sicherheit gewährleistet, und sie zerstreuten sich im Lande umher.

Darauf sandte Alexandra ein Heer nach Damaskus unter dem Vorwande, der Stadt gegen die beständigen Angriffe des Ptolemäus zu Hilfe zu kommen; sie musste indes dasselbe, ohne dass es etwas nennenswertes ausgerichtet hätte, wieder zurückziehen.

Dafür gelang es ihr, den armenischen König Tigranes, der vor Ptolemais lag und Kleopatra belagerte, durch Verträge und Geschenke sich willfährig zu machen, obschon derselbe übrigens, bevor er weiteres hätte unternehmen können, infolge der im eigenen Lande ausgebrochenen Wirren, die durch den Einfall des Lucullus in Armenien veranlasst worden waren, ohnehin hätte abziehen müssen.


Unterdessen erkrankte Alexandra, und diesen günstigen Zeitpunkt machte sich der jüngste Sohn Aristobulus sofort zunutzen, indem er sich mit Hilfe seiner zahlreichen Dienerschaft, bei der er wegen seines geweckten Geistes durchgängig beliebt war, in den Besitz sämmtlicher Festungen setzte. Mit den hier vorgefundenen Geldbeständen warb er nun Soldtruppen und ließ sich zum König ausrufen.

Auf das hin erhob Hyrkan einen großen Jammer, und aus Mitleid mit ihm ließ seine Mutter Frau und Kinder des Aristobulus in die Antonia einsperren. Es war dies eine unmittelbar an der Nordseite des Heiligtums gelegene Burg, ehemals, wie ich schon gesagt habe, Baris geheißen, die aber dann unter der Dictatur des Antonius diese Bezeichnung erhielt, sowie auch andere Orte, einer z. B. den Namen Sebaste von Sebastus, d. h. Augustus, ein anderer den Namen Agrippias von Agrippa später bekamen.

Bevor jedoch Alexandra den Aristobulus für die versuchte Entthronung des Hyrkan zur Strafe ziehen konnte, schied sie aus dem Leben, nachdem sie neun Jahre die Regentschaft geführt hatte.