Große Niederlage der Juden bei Askalon. Vespasian empfängt bei Ptolemais die Abgesandten von Sepphoris.


Nach der Niederlage des Cestius war den Juden infolge ihres ungeahnten Waffenglückes der Kamm so geschwollen, dass sie ihrem Ungestüm gar keine Zügel mehr anlegten und die vom Glücke, sozusagen, angeblasene Kriegsfackel immer weiter schleuderten. Es sammelte sich nämlich alsbald der ganze Kern ihrer Krieger, um auf Askalon loszugehen.

Es ist das eine alte, von Jerusalem 520 Stadien entfernte Stadt, die den Juden von jeher ein Dorn im Auge gewesen war, weshalb man auch jetzt den ersten Sturm gerade auf sie zu richten beschloss.

Den Überfall leiteten drei Männer, die sich ebensosehr durch ihre Körperstärke wie Klugheit auszeichneten, nämlich Niger von Peräa, der Babylonier Silas und als dritter im Bunde der Essäer Johannes.

Was nun Askalon betrifft, so hatte die Stadt zwar starke Befestigungen, aber sie war von Streitern nahezu entblößt, indem sie nur von einer Cohorte Fußvolk und einem einzigen Reitergeschwader unter den Befehlen des Antonius geschützt wurde.


Da den Juden nach dem Gesagten der Zorn gewaltig die Schritte beflügelte, so waren sie auch mit einer Geschwindigkeit zur Stelle, als wenn sie aus nächster Nähe hervorgebrochen wären.

Doch hatte auch Antonius von ihrem unmittelbar bevorstehenden Anmarsche, ehe er noch sein Ziel erreichte, Wind bekommen und seine Reiter gegen sie ausrücken lassen, mit denen er nun, unbekümmert um die Zahl und Verwegenheit der Feinde, ihren ersten Anprall tapfer aufhielt und ihre Vorstöße gegen die Mauer zurückschlug.

Da die Juden ohne Kriegserfahrung lauter gewandten Kriegern, mit bloßem Fußvolk der Reiterei, ohne Ordnung einem Feinde in Reih’ und Glied, mit den erstbesten Waffen den Schwerbewaffneten in voller Ausrüstung, mehr von Leidenschaft als von Überlegung geführt wohl disziplinierten und auf jeden Wink eingeübten Truppen gegenüberstanden, so wurden sie mit leichter Mühe geschlagen.

Denn sobald nur einmal ihre ersten Linien in Verwirrung gebracht waren, mussten sie auch schon vor der Reiterei die Flucht ergreifen, wobei sie auf die hinteren, mit aller Gewalt gegen die Mauer hindrängenden Abteilungen stießen, so dass sich die Juden auch noch gegenseitig verwundeten, bis endlich alle mitsammen, von den Attaquen der Reiterei zurückgeworfen, über die ganze Ebene zersprengt wurden. Diese war ein breites und der ganzen Ausdehnung nach für die Reiterei günstiges Terrain, das somit die Bewegungen der Römer wirksam unterstützte und eine fast vollständige Niedermetzlung der Juden ermöglichte. Man konnte hier den flüchtigen Juden den Weg abschneiden, um sich dann denselben entgegenzustürzen, und wo sich infolge der eiligen Flucht ganze Knäuel gebildet hatten, dort sprengten die Römer mitten drein und hieben unzählige nieder. Andere wieder umringten kleinere Abteilungen, wohin sie sich auch wenden mochten, und schossen sie einfach im Herumreiten zusammen.

Für die Juden schien ihre eigene große Zahl infolge der Unmöglichkeit, etwas auszurichten, gar nicht zu existieren, während sich die Römer bei ihrem Waffenglücke, obschon gering an Zahl, im Feuer des Gefechtes zu verdoppeln glaubten.

Immerhin trotzten die Juden noch dem furchtbaren Schlage, teils weil sie sich schämten, so rasch das Feld zu räumen, teils weil sie auch auf einen Umschlag hofften, und so zog sich der Kampf, da auch die Römer ihren Vorteil auszunützen nicht säumten, bis zum späten Abend hin, um welche Zeit schon 10.000 Juden mit ihren zwei Anführern Johannes und Silas das Schlachtfeld bedeckten.

Die Übrigen flohen, zum größten Teil selbst auch verwundet, mit dem noch am Leben gebliebenen Feldherrn Niger auf ein kleines Städtchen von Idumäa, namens Sallis, zu.

Von den Römern waren ebenfalls einige, aber nur ganz wenige, bei diesem Gefechte verwundet worden.


Durch diese große Schlappe wurde indes der Übermut der Juden nicht gedämpft, im Gegenteil steigerte noch das Unglück ihre Kühnheit. Ohne der Leichen zu achten, die noch zu ihren Füßen lagen, ließen sie sich durch ihre früheren Siegestaten ein zweitesmal in die blutige Falle locken.

Nachdem sie kaum solange ausgesetzt, als zur Heilung ihrer Wunden nötig war, zogen sie ihre ganze streitbare Mannschaft an sich und stürmten dann mit noch größerer Wut und in weit größerer Anzahl, wie früher, gegen Askalon.

Aber außer ihrer Unerfahrenheit im Kriege und den sonstigen Schwächen in militärischer Hinsicht heftete sich auch diesmal wieder das Unglück an ihre Fersen.

Antonius hatte sich nämlich schon vorher der Pässe versichert, und so fielen denn die Juden ahnungslos in den gelegten Hinterhalt, wurden von der Reiterei, noch ehe sie sich zur Schlacht ordnen konnten, umringt und abermal mit einem Verluste von mehr als 8.000 Mann geschlagen. Alle anderen ergriffen die Flucht, darunter auch Niger, der noch auf der Flucht viele Wunder der Tapferkeit verrichtete, bis man von dem nachsetzenden Feinde in einem festen Turm des Dorfes Bezedel zusammengedrängt wurde.

Da sich die Leute des Antonius an dem schwer einnehmbaren Turme ihre Zähne nicht ausbeißen und doch auch den Anführer der Feinde und ihren tüchtigsten Soldaten nicht heil entkommen lassen wollten, so legten sie unten an der Mauer Feuer an.

Als der Turm schon lichterloh brannte, zogen sich die Römer im frohen Glauben, dass auch Niger todt sein müsse, zurück. Der aber war vom Turme in die entlegenste Höhlung der Veste hinabgesprungen, wo er vom Feuer verschont blieb und nach drei Tagen seinen Landsleuten, die unter Wehklagen nach seinem Leichnam forschten, um ihn zu begraben, aus der Tiefe sich vernehmbar machte.

Das Wiederauftauchen des Niger bereitete allen Juden eine freudige Überraschung, und man glaubte nicht anders, als dass Gott selbst ihn zum Mann des kommenden Krieges bestimmt und aus diesem Grunde jetzt gerettet habe.


Als Vespasian das Kommando über die Streitkräfte von Antiochien, der Hauptstadt Syriens, die da wegen ihrer Grösse und sonstigen Blüte unbestritten den dritten Rang unter den Städten des römischen Erdkreises einnimmt, angetreten und auch den König Agrippa, der hier mit seiner ganzen eigenen Macht auf die Ankunft des Oberfeldherrn gewartet, in sein Heer aufgenommen hatte, rückte er in Eilmärschen gegen Ptolemais.

Bei dieser Stadt begegneten ihm die Einwohner von Sepphoris in Galiläa, die einzigen friedlich gesinnten Landesbewohner, die weder blind für ihr eigenes Wohl noch für die Macht Roms schon vor der Ankunft Vespasians dem Cestius Gallus Treue geschworen und hinwieder die Zusicherung seines Schutzes erhalten, wie auch eine römische Besatzung aufgenommen hatten.

Jetzt waren sie nur in der Absicht erschienen, um den römischen Oberbefehlshaber freundlich zu begrüßen und ihn ihrer bereitwilligsten Bundesgenossenschaft gegen die eigenen Landsleute zu versichern.

Auf ihr Verlangen gab ihnen auch der Feldherr zur einstweiligen Deckung soviel Reiterei und Fußvolk, als nach seinem Ermessen gegen die Überfälle, die möglicherweise von den Juden ins Werk gesetzt werden konnten, hinreichend war.

Denn in der Tat hätte die Wegnahme von Sepphoris, die als die größte Stadt Galiläas und schon wegen ihrer sehr festen natürlichen Lage eine Zwingburg für das ganze Volk zu werden versprach, eine nicht geringe Gefahr für den kommenden Feldzug bedeutet.