Unterbrechung des täglichen Opfers. Neuerliche Ansprache des Josephus an das Volk. Viele folgen seinem Worte. Güte des Titus. Verleumdungen der Rebellen. Ihre Tempelschändung, die selbst Titus entrüstet. Unentschiedener Sturm auf den Tempel.


Titus gab jetzt den mit ihm eingedrungenen Soldaten den Auftrag, die Antonia bis auf den Grund zu schleifen und dadurch dem ganzen Heere den Aufstieg zu erleichtern.

Hierauf ließ er sich den Josephus holen, weil er vernommen hatte, dass gerade an jenem Tage, dem 17. des Panemus, das sogenannte „immerwährende Opfer“ wegen Mangels an geeigneten Männern das erstemal Gott nicht mehr dargebracht worden sei, ein Ereignis, das geradezu niederschmetternd auf das Volk wirkte.

Josephus sollte nun in seinem Namen dem Johannes die früheren Anerbietungen erneuern und ihm sagen, dass, wenn er schon für seine Person die unselige Kampfeswut nicht fahren lassen könne, es ihm freistehen sollte, mit soviel Mannschaft, als er nur wolle, sich draußen ein Schlachtfeld zu wählen, damit nicht auch Stadt und Tempel seinetwegen der Vernichtung anheimfallen müssten. Möge er doch an dem Heiligtum keine weiteren Schändungen mehr begehen und Gott mit seinen Gesetzesfreveln verschonen: Was die unterbrochenen Opfer betreffe, so stände es nur bei ihm, dieselben durch andere geeignete Persönlichkeiten, die er sich zu diesem Zwecke ganz unbehindert unter den Juden aussuchen dürfe, darbringen zu lassen.

Mit Absicht stellte sich Josephus so auf, dass er nicht bloß von Johannes, sondern auch von den Massen verstanden werden konnte, und machte zunächst in hebräischer Rede weithin die Gesinnungen des Cäsars kund,

um daran seinerseits die eindringlichsten Bitten zu schließen, sie möchten doch ein Herz für ihre Vaterstadt haben und die um den Tempel schon aufzuckenden Flammen zertreten, wie auch Gott die schuldigen Opfer wieder entrichten.

In tiefer Beschämung und Stille hörte das Volk zu, der Tyrann aber brach in einen Schwall von Lästerungen und Verwünschungen gegen Josephus aus, die er mit dem Rufe schloss: „Mir soll nie vor einer Eroberung bangen: denn Gott gehört die Stadt!

Ja die Stadt“, fiel ihm Josephus laut ins Wort, „die du so sauber ihrem Gott bewahrt hast! Nicht das kleinste Fleckchen, fürwahr, haftet an seinem Heiligtum! Du bist ja stets nur der reinste Tugendbold gegen den gewesen, dessen Hilfe du dir jetzt versprichst, und selbst die gesetzlichen Opfer bekömmt er nach wie vor!

Würde dir, elender Frevler, jemand das tägliche Brot wegstehlen, so würdest du einen solchen sicher für deinen Todfeind halten: wie kannst du dann aber von ihm, den du um einen tausendjährigen Opferdienst gebracht hast, von Gott dem Herrn auch noch einen Beistand im Kampfe erwarten?

Wie kannst du die Gesetzesverletzungen den Römern aufbürden, da gerade die Römer bis zur Stunde um die Aufrechthaltung unserer Gesetze besorgt sind und selbst die Wiederaufnahme der von dir unterbrochenen Opfer an Gott bei euch durchsetzen möchten?

Wer möchte nicht seufzen und weheklagen über eine Stadt, an der eine so seltsame Veränderung vor sich gegangen ist, dass Fremde und Feinde deine Ruchlosigkeiten, o Johannes, wieder wettzumachen bemüht sind, während du selbst, der mit der Milch des Gesetzes genährte Jude, dein Gesetz noch schlimmer tractierst, als ein Heide.

Indes würde dir, Johannes, gewiss auch eine reuige Umkehr von deinen Missetaten, selbst in letzter Stunde, keine Schande bringen, und hättest du überdies ein schönes Vorbild, deine Vaterstadt in hochherziger Weise zu retten, an dem König der Juden Jechonias.

Als nämlich einst der Babylonier seinetwegen die Stadt mit einem Heere bedrohte, da trat er, bevor noch Jerusalem erstürmt wurde, vor die Stadt hinaus und wollte lieber freiwillig mit seiner Familie sich in die Gefangenschaft begeben, als dass er diese heiligen Räume den Feinden preisgab und das Haus Gottes von ihnen niederbrennen ließ.

Darum auch feiert ihn ein in den Augen aller Juden heiliges Wort, und immer frisch quillt durch die Jahrhunderte der Born der Erinnerung, um seinen unsterblichen Namen den kommenden Geschlechtern zu künden.

Wahrlich ein herrliches Beispiel, das du nachahmen solltest, Johannes, selbst dann, wenn eine Gefahr dabei wäre! Ich kann dir jedoch auch die Verzeihung von Seite der Römer verbürgen!

Vergiss nicht, dass mein Rat der Rat eines Stammesgenossen ist, und dass ich als Jude für mein Versprechen einstehe. Allerdings ist dabei auch der persönliche Charakter des Ratgebers, und woher er damit kömmt, ins Auge zu fassen. Ich will damit sagen, dass ich für meine Person auch nicht eine Stunde in einer Gefangenschaft leben möchte, wo ich meine Nationalität aufgeben und die Sitten meiner Väter vergessen müsste.

Schon wieder wirst du grimmig und stoßest Lästerungen gegen mich aus! Doch es geschieht mir ganz recht, und wenn mir selbst noch Aergeres widerführe, da ich entgegen dem Verhängnis noch eine Warnung wage und Leute, die von Gott schon verurteilt sind, dem Verderben noch entreißen möchte.

Wer kennt denn nicht die Aufzeichnungen der alten Propheten und das über die unglückliche Stadt geweissagte Verhängnis, das nunmehr hereinbricht? „Um jene Zeit“, so haben sie es vorausverkündet, „wird Jerusalem eine Beute seiner Feinde werden, wo ein Jude den Juden zu morden anfängt“.

Ist aber nicht schon die Stadt und der ganze Tempel mit den Leichen eurer gemordeten Brüder angefüllt? So muss denn nun Gott der Herr, ja Gott selbst die läuternde Flamme durch der Römer Hand auf sein Heiligtum werfen und die von tausend Schandtaten strotzende Stadt mit Stumpf und Stiel ausrotten“.


Soweit hatte Josephus unter Seufzen und Tränen gesprochen: jetzt erstickte heftiges Schluchzen seine Stimme.

Während aber selbst die Römer von seinem Jammer ergriffen waren und seine edlen Absichten bewundern mussten, wurden die Anhänger des Johannes dadurch zu noch größerer Kampfeswut gegen die Römer aufgestachelt, schon aus dem einzigen Grunde, weil sie nur gar zu gern bei einer solchen Gelegenheit auch den Josephus in ihre Gewalt gebracht hätten.

Dagegen rief die Rede unter den Vornehmen eine mächtige Bewegung hervor. Allerdings wagten es auch von diesen manche aus Angst vor den Wachposten der Rebellen nicht, die Stadt zu verlassen, so klar ihnen auch ihr eigenes Verderben und das der Stadt vor Augen stand; es gab aber auch andere, die solange passten, bis sie den rechten Augenblick erspäht hatten, um ungefährdet aus der Stadt entweichen und ins römische Lager fliehen zu können.

Solche Männer waren die Hohenpriester Josephus und Jesus, wie auch einige Söhne von Hohenpriestern, so die drei Kinder des Ismael, der in Cyrene enthauptet ward, vier Söhne des Matthias und der Sohn eines anderen Matthias, welchen, wie früher erzählt wurde, Simon Gioras sammt drei Kindern hatte hinrichten lassen, und dessen vierter Sohn nun nach dem Tode des Vaters zu den Römern entkommen konnte. Auch viele andere Vornehme schlossen sich ihrem Übergang zu den Römern an.

Der Cäsar nahm sie nicht bloß ganz freundlich auf, sondern gestattete ihnen auch, weil er wusste, dass sie die Berührung mit fremden Sitten nicht gerade angenehm finden würden, sich nach Gophna zu begeben. Dort sollten sie nach seinem Rate solange bleiben, bis er wieder die Hände vom Kriege frei bekäme, um dann jedem aus ihnen seine Besitzungen zurückgeben zu können.

Recht gerne zogen sie sich, ohne im geringsten belästigt zu werden, nach dem ihnen geschenkten Städtchen zurück. Das man sie aber jetzt nicht mehr zu Gesichte bekam, so wurde neuerdings, offenbar in der Absicht, um wenigstens neue Überläufer einzuschüchtern, das Gerücht ausgesprengt, dass die früheren Überläufer von den Römern niedergemetzelt worden seien.

Eine Zeitlang verfing auch die List, geradeso wie früher, indem sich wirklich viele Juden durch dieses Schreckbild vom Übergang abhalten ließen.


Titus ließ nun die Männer wieder von Gophna zurückholen und befahl ihnen, in Begleitung des Josephus einen Rundgang um die Mauer zu machen, um sich dem Volke zu zeigen.

Auf das hin kamen wieder zahlreiche Flüchtlinge zu den Römern. In dichten Gruppen standen dann diese Leute öfter vor dem römischen Lager und flehten unter Jammergeschrei und Tränen die Rebellen an, entweder gleich die ganze Stadt den Römern zu übergeben und ihnen so die liebe Heimat zu erhalten, oder wenn schon das nicht, so doch auf jeden Fall das Heiligtum zu räumen und so wenigstens das Tempelgebäude für die Nation zu retten, da die Römer gewiss nur im äußersten Notfall es wagen würden, den Tempel niederzubrennen.

Diese Bitten reizten aber die Rebellen zu noch heftigerem Widerstreit an, und zur Antwort stellten sie, nachdem sie eine Unmasse von Lästerungen gegen die Überläufer ausgestoßen, über den Toren des Heiligtums die Armbrustgeschütze, die Katapulten und Steinschleudermaschinen auf, so dass sich der Tempelplatz ringsum wegen der Menge der Gefallenen wie ein Leichenacker, der Tempel selbst aber wie eine Festung ausnahm.

Sie sprangen in das Heilige und das Allerheiligste mit den Waffen in der Hand, an der noch das warme Blut vom Brudermorde klebte, und sie verstiegen sich in ihrer Ruchlosigkeit soweit, dass jener gerechte Unmut, der bei den Juden nur zu natürlich gewesen wäre, falls die Römer solch’ maßlose Greuel an ihnen verübt haben würden, jetzt umgekehrt die Römer gegen die Juden erfüllen musste, dass sie so gottlos ihre eigenen Heiligtümer behandeln könnten.

Sicherlich gab es Niemand unter den römischen Soldaten, der nicht mit einem ehrfurchtsvollen Schauder von der Ferne auf den Tempel hingeblickt und ihm seine tiefste Verehrung bezeigt hätte, beseelt von dem innigsten Wunsche, dass die Mörderbanden, ehe noch die letzte Katastrophe über das Heiligtum hereingebrochen, in sich gehen möchten.


In größter Entrüstung darüber ließ Titus den Anhängern des Johannes noch den Vorwurf zuschleudern; „Wie? habt denn nicht ihr selbst, ihr Scheusale, dieses Geländer da vor dem Heiligtum aufgestellt?

Habt nicht ihr selbst die verschiedenen Säulen daran mit den griechischen und lateinischen Inschriften angebracht, welche da die Überschreitung des Gitters allen Ausländern streng untersagen?

Und waren es nicht wir, die euch erlaubt haben, alle, die darüber hinausgingen, ohneweiters zu tödten, auch wenn es ein Römer sein sollte? Wie könnt ihr nun, ihr Schurken, im nämlichen Heiligtum sogar, auf Cadavern herumstampfen? Wie könnt ihr den Tempel selbst mit dem Blute der Ausländer und der Landeskinder beflecken?

Ich rufe meine heimischen Götter und den Gott, dessen Auge vielleicht einmal auf diesem Orte geruht – denn jetzt ruht es, wie ich glaube, sicher nicht mehr darauf! – ich rufe auch mein Heer und die Juden im römischen Lager, wie auch euch selbst zu Zeugen an, dass ich euch nicht gezwungen habe, diese Heiligtümer zu schänden. Und wenn ihr den Kampfplatz verleget, so wird kein Römer sich dem Heiligtum nahen oder es gar freventlich entweihen. Ich will euch übrigens den Tempel auch selbst gegen euren Willen zu erhalten trachten.


Als Josephus diese Worte des Cäsar den Juden übermittelte, hatte der Tyrann und seine Banden dafür nur übermütige Verachtung, weil sie die Vorschläge nicht als einen Ausfluss der Güte sondern nur der blassen Furcht ansahen.

Wie nun Titus bei diesen Männern weder ein Erbarmen mit ihrem eigenen Elend, noch das geringste Gefühl für den Tempel wahrnahm, griff er gegen seinen Willen wieder zum Schwerte.

Da man aber unmöglich die gesammte Streitmacht zum Sturme verwenden konnte, indem sie dazu nicht einmal Platz gehabt hätte, suchte Titus aus jeder Centurie die dreißig besten Soldaten aus, teilte je ein Tausend solcher Krieger dem Befehle eines Tribuns zu und stellte den Cerealis als Höchstkommandierenden an die Spitze der ganzen Sturmcolonne, die um die neunte Stunde der Nacht die Wachposten der Juden angreifen sollte.

Auch Titus hatte seinen Waffenschmuck angelegt und schickte sich an, unter die Stürmenden hinabzugehen, als seine Freunde es ihm mit Hinweis auf die große Gefahr verwehrten, und auch die Offiziere es ihm mit dem Bemerken widerrieten, dass er noch mehr ausrichten dürfte, wenn er auf seinem Platze von der Antonia herab für die Soldaten sozusagen den Kampfrichter mache, als wenn er selbst auf den Kampfplatz hinabsteigen und der Gefahr persönlich die Spitze bieten würde. „Denn vor den Augen des Cäsar“, sagten sie, „wird jeder seinen Mann stellen!

Der Cäsar fügte sich denn auch diesen Vorstellungen und erließ folgende Proclamation: „Soldaten! Nur darum bleibe ich, wo ich bin, um Schiedsrichter eurer Tapferkeit zu sein, auf dass kein Wackerer bei den Ehrenpreisen übersehen werde, kein Feigling aber ohne Strafe durchkomme. Ich will vielmehr als oberster Rächer und Vergelter auch bei allen Vorgängen Zuschauer und Zeuge sein!

So ließ er denn um die früher erwähnte Stunde die Sturmcolonne an ihr blutiges Werk gehen, während er selbst auf eine weithin sichtbare Stelle der Antonia hinaustrat und dort in Spannung der kommenden Dinge harrte.


Die zum Sturm beorderten Soldaten überraschten die Wachen keineswegs im Schlafe, wie sie gehofft hatten, sondern die letzteren sprangen sofort unter lautem Geschrei in die Höhe und rangen mit den Römern. Auf das Geschrei der Wachen draußen strömten die übrigen in dichten Schwärmen aus den Innenräumen des Tempels heraus.

Während aber die ersten Scharen natürlich mit ihrem ganzen Anprall die Römer treffen mussten, gerieten die folgenden unter die eigene Truppe, so dass viele ihre Freunde für Feinde ansahen.

Ein Erkennen an der Stimme machte jedem das von beiden Seiten wirr durcheinander hallende Geschrei, die Unterscheidung mit den Augen aber das nächtliche Dunkel unmöglich. Wut und Furcht taten bei dem einen und dem anderen noch das ihrige, die Blindheit zu vergrößern, so dass man nur aufs Geratewohl auf den erstbesten einhieb.

Die Römer dagegen, welche, Schulter an Schulter geschlossen, in wohlgeordneten Reihen vorwärts stürmten, kamen bei dieser Unsicherheit weniger zu Schaden, zumal jeder seine Losung kannte, indes die Juden in einemfort sich teilten und ebenso zügellos vorwärts stürzten, als zurückrannten, und auf solche Weise den eigenen Leuten oft wie Feinde vorkommen mussten: namentlich wer zurücklief, ward von seinen Kameraden regelmäßig wie ein anstürmender Römer empfangen.

So wurden noch mehr Juden von ihren Freunden als von ihren Feinden verwundet, bis es endlich Tag ward, und von jetzt an, weil man wieder sah, das Schlachtenbild sich immer besser entwirrte. Freund und Feind standen sich nun wieder in kompakten Schlachthaufen gegenüber, und konnte jetzt beiderseits auch ein zielbewusster Angriff mit Wurfgeschossen, wie auch eine ordentliche Abwehr derselben erfolgen.

Aber keine Seite wollte weichen, keine Seite erlahmte: bei den Römern suchte es ein Mann dem andern, eine Truppe der anderen zuvorzutun, begeistert durch den Gedanken, vom Cäsar gesehen zu werden, und jeder Mann glaubte, dass dieser Tag für ihn, wenn er sich brav halten würde, ein Avancement bedeuten müsste.

Die Juden dagegen waren bei ihrer tollkühnen Verteidigung ganz und gar beherrscht von der Furcht vor ihrem und des Tempels Untergang und von dem Auge ihres Tyrannen, der die einen mit ermunterndem Zuruf, andere sogar mit Geißelhieben und Drohungen zum Kampfe trieb.

Beide Teile konnten fast immer das Gefecht zum Stehen bringen, und kamen entscheidendere Wendungen vor, so blieben sie eben nur auf einen engeren Raum beschränkt und schlugen auch schnell wieder um. Denn keine Partei konnte weit fliehen, keine die andere weit verfolgen.

Je nach der wechselnden Lage hörten die Römer stets von der Antonia her den lauten Zuruf ihrer Freunde: „Mutig vorwärts!“ erscholl es, wenn sie die Oberhand bekamen: „Stehen bleiben!“ wenn sie zurück wollten.

Es war wie eine Schlacht auf der Bühne: auch nicht die kleinste Einzelnheit konnte dem Titus und seiner Begleitung von der Schlacht entgehen.

Endlich mussten die Kämpfer nach der fünften Tagesstunde und zwar noch in denselben Stellungen, die sie zu Anfang des Gefechtes eingenommen, voneinander lassen, nachdem sie bereits von der neunten Nachtstunde an miteinander gerungen hatten. Keine Partei hatte ihren Gegner zu einem endgiltigen Rückzug gezwungen, sondern beide mussten den Siegespreis nach unentschiedenem Kampfe unberührt auf der Wahlstatt zurücklassen.

In den Reihen der Römer hatte sich bei dieser Gelegenheit eine große Zahl von Kriegern hervorgetan; unter den Juden aber Judas, der Sohn des Merton, und Simon, Sohn des Osaias, beide aus der Partei des Simon; aus der Schar der Idumäer aber Jakobus und Simon, der letztere ein Sohn des Kathla, der andere ein Sohn des Sosa; von den Anhängern des Johannes Tephthäus und Alexas, und endlich aus der Zahl der Zeloten Simon, der Sohn des Ari.


Unterdessen hatte die übrige Armee in sieben Tagen die Antonia bis auf den Grund abgetragen und einen breiten Zugang zum Heiligtum hergestellt.

Da nun die Legionen damit schon der ersten Umfassungsmauer des Tempels nahe gerückt waren, ging man an das Aufwerfen von Dämmen. Der erste sollte gerade auf die nordwestliche Ecke des inneren Heiligtums zu, der zweite auf die Ausbuchtung (Exedra) zwischen den zwei (nächsten) Toren im Norden, von den anderen zwei Dämmen der eine gegen die westliche Säulenhalle des äußeren Tempels, der andere äußere Damm aber gegen die Nordhalle gerichtet werden. Doch schritten die Arbeiten nur unter vielen Mühen und Beschwerden voran, und musste man das Holz aus einer Entfernung von hundert Stadien zusammenbringen.

Hie und da kamen die Römer auch durch Überfälle zu Schaden, weil mit dem wachsenden Siegesbewusstsein auch die Sorglosigkeit bei ihnen stieg, während sie an den bereits ganz verzweifelten Juden immer tollere Feinde fanden.

So z. B. hatten einige Reiter die Gewohnheit, wenn sie um Holz oder zum Fouragieren ausritten, ihre Pferde abzuzäumen und die ganze Zeit über, die sie damit verbrachten, frei auf der Weide zu lassen. Da brach plötzlich ein Haufe Juden hervor und bemächtigte sich der Pferde.

Da das immer so fortging, so glaubte der Cäsar den wiederholten Pferderaub weit mehr der Nachlässigkeit seiner Leute, als einem tapferen Handstreich der Juden zuschreiben zu müssen, worin er auch Recht hatte. Er beschloss daher, ein abschreckendes Beispiel zu statuieren und dadurch die übrigen wieder zu einer schärferen Bewachung ihrer Pferde zu veranlassen, und ließ den nächsten Soldaten, der sein Pferd auf solche Art verlor, zur Richtstätte abführen. Die Wirkung dieser Maßregel war ein großer Schrecken unter den übrigen Soldaten, denen von jetzt an kein Pferd mehr abhanden kam, da man sie nicht mehr frei auf der Weide herumlaufen ließ: im Gegenteil machten die Soldaten jetzt die nötigen Streifungen nicht anders, als wären Ross und Mann miteinander verwachsen.

So nahm nun die Belagerung des Tempels und die Errichtung der Dämme ihren Fortgang.


Einen Tag nach dem Aufmarsch der Legionen versuchten viele Aufrührer, denen die geraubten Vorräte ausgegangen waren und der Hunger schon arg zusetzte, um die elfte Tagesstunde einen gemeinsamen Angriff auf die römischen Wachen am ölberg. Da die Römer nach ihrer Voraussetzung gar nichts ahnten und überdies um diese Zeit schon ihre Abenderfrischung hatten, so glaubten die Juden mit dem Durchbruch leichtes Spiel zu haben.

Aber die Römer hatten ihr Nahen bei Zeiten bemerkt und liefen schnell von den nächsten Wachstationen zusammen, um die Juden an der Übersetzung und gewaltsamen Durchbrechung des Mauergürtels zu hindern.

Es kam zu einem heftigen Kampf, bei welchem auf beiden Seiten viele Proben von Tapferkeit abgelegt wurden, und die Römer eine mit Kraft gepaarte militärische Erfahrung, die Juden aber eine für Tod und Wunden blinde Kampfeswut und eine unwiderstehliche Wildheit entwickelten.

Die Römer beherrschte die Furcht vor der Schande, die Juden die Furcht vor der bitteren Not. Während es die Römer für die größte Schmach ansahen, jetzt noch die Juden entkommen zu lassen, wo dieselben, sozusagen, schon in einem ungeheuren Jägernetz eingewickelt waren, hatten die Juden nur einen einzigen Rettungsweg – eine rasche Bresche durch die Mauer!

Bei dieser Gelegenheit geschah es auch, dass ein Reitersmann aus den Cohorten, namens Pedanius, als die Juden bereits geworfen waren und eben den Thalabhang hinabgedrängt wurden, querüber mit seinem Pferde in die fliehenden Feinde jagte und im vollen Carrière einen derselben, einen Jüngling von übrigens kräftigem Körperbau, in voller Rüstung an dem Knöchel zu sich emporriß: so weit also hatte sich der Mann über das an dem Juden vorbeigaloppierende Ross hinausbeugen müssen: was für eine Muskelkraft musste in dieser Faust, in diesem Leibe wohnen, und was war das überdies noch für ein Reiterstücklein!

Pedanius ritt dann mit seinem Gefangenen schnurstracks zum Cäsar, als trüge er nur ein geraubtes Schatzkästchen in seiner Hand. Titus bezeigte dem Sieger seine aufrichtige Bewunderung wegen seiner Stärke und ließ hierauf den Gefangenen wegen seines Durchbruchversuches mit dem Tode bestrafen. Dann wandte er seine ganze Aufmerksamkeit wieder dem Kampfe um den Tempel zu und betrieb energisch den Bau der Dämme.


Unterdessen hatten die Juden, weil sie von den fortwährenden Zusammenstößen arg mitgenommen wurden, und die Wogen des Kampfes allmählich immer höher brandeten, ja schon den Fuß des Heiligtums bespülten, es so gemacht, wie man es bei einem sich zersetzenden Körper macht: sie hatten die bereits angegriffenen Glieder weggeschnitten, um dem Weiterumsichgreifen des Übels vorzubeugen.

Sie hatten nämlich die Verbindung der Nordhalle mit der Antonia nach Westen hin in Brand gesteckt und dann in einem Abstand von zwanzig Ellen den weiteren Zusammenhang durchbrochen, so dass die Juden also die ersten waren, welche mit eigenen Händen die Brandfackeln an ihr Heiligtum ansetzten.

Zwei Tage später, am 24. des vorerwähnten Monates, legten auch die Römer unter die nächste Halle Feuer an, das übrigens nur fünfzehn Ellen weit kam, weil von da an, wie früher, das Gebälk von den Juden eingerissen wurde: die Juden wollten eben auf der einen Seite die Hallen nicht gänzlich preisgeben, aber doch andererseits deren Verbindung mit der Antonia zerstören.

Obschon sie also ganz gut die Brandleger in ihrem Beginnen hätten stören können, verhielten sie sich beim Anzünden der Halle vollkommen untätig, ließen aber dem Feuer nur soweit seine Nahrung, als sie es für nützlich erachteten.

Die Kämpfe um den Tempel gingen unterdessen ununterbrochen fort, und beständig machte ein Trupp auf den andern seine Ausfälle.


In jenen Tagen erschien in der Nähe des Denkmals des Hohenpriesters Johannes ein Jude, namens Jonathas, ein Mann von kleiner Statur und nichtigem Aussehen, der auch keine ansehnliche Abstammung oder sonstige hervorragende Eigenschaften besaß, und forderte unter andern kecken Beschimpfungen gegen die Römer den besten Krieger, den sie hätten, zum Zweikampf heraus.

Während die meisten der hier stehenden Soldaten den Mann nur mit einem verächtlichen Blicke maßen, einige im Gegenteile, wie es schon so geht, wirklich Furcht vor ihm hatten, hielten sich andere an die nicht unrichtige Erwägung, dass man es mit einem Menschen, welcher absichtlich den Tod sucht, nicht aufnehmen solle.

Denn Leute, dachten sie, welche alle Rettung auf Hoffnung aufgegeben haben, pflegen einerseits eine ganz unsinnige Kraft im Kampfe zu entwickeln, wie sie auch andererseits durch ihre erbärmliche Lage die Gottheit zur Hilfe fast herbeinötigen. Sein Leben aber gegen Leute in die Schanze zu schlagen, deren Überwindung keine große Ehre bringe, deren Sieg aber für den Besiegten ebenso schmachvoll, wie verhängnisvoll werde, das sei nicht mehr Tapferkeit, sondern tolle Verwegenheit.

Da nun die längste Zeit Niemand ihm entgegentreten wollte, und der Jude, der ein gewaltiger Aufschneider, wie auch Verächter der Römer war, den letzteren mit schneidendem Hohne ihre Feigheit vorhielt, da sprang ein gewöhnlicher Schwadronenreiter, namens Pudens, voll Entrüstung über das Lästermaul und frechen Protz, dessen kleine Gestalt er aber leider auch unvorsichtigerweise unterschätzt zu haben scheint, auf den Juden los und wäre ihm wohl sonst im Ringen Meister geworden, wenn er nicht von seinem bösen Geschick geliefert worden wäre. Er fiel nämlich nieder, worauf Jonathas schnell hinsprang und ihn erstach.

Dann stieg er auf den Leichnam, schwang mit der einen Hand das bluttriefende Schwert, mit der linken seinen Schild in die Luft und jauchzte dem römischen Heere die Ohren mit seinem Siegesgesang voll, wobei er prahlend auf den Gefallenen hinwies und die zuschauenden Römer verspottete, bis ihn mitten in seinem Siegestanz und närrischen Geplärre der Centurio Priscus mit einem Pfeile durchschoss. Auf das hin erscholl bei den Römern ein allgemeiner Freudenschrei, gemischt mit dem Wehegeschrei der Juden.

Jonathas aber wand sich vor Schmerzen und sank dann auf den Leib seines Gegners nieder, zum warnenden Beispiel, wie schnell im Kriege den die Nemesis ereilt, der nur ein dummes Glück gehabt hat.