Hast du mich lieb, so fragt die höchste Liebe

1) 'Hast du mich lieb?' so fragt die höchste Liebe
sie, die aus göttlich-starkem Mitleids-Triebe
sich in den Tod am Kreuz hat hingegeben
zu meinem Leben.

2) 'Hast du mich lieb? Ich hab's um dich verdienet,
da ich mit meinem Blute dich versühnet,
da ich, der ew'ge Gott, als Mensch gestorben,
dir Heil erworben.'

3) 'Hast du mich lieb? Ist was dein Herze dichtet
und denket nur auf mich allein gerichtet?
Bin ich's, an dem dein innigstes Verlangen
begehrt zu hangen?'

4) 'Hast du mich lieb? Bich ich nur deine Freude,
dein einzig Heil, dein Trost in allem Leide?
Bist du bereit dein Herz, dein ganzes Leben
mir hinzugeben?'

5) 'Hast du mich lieb? Willst du für mich erglühen,
da ich so viel, so viel dir schon verziehen?
Willst du dich für mein stets erneutes Schenken
in mich versenken?'

6) 'Hast du mich lieb? Willst du mein Wort auch halten,
es nicht nach eignem Sinne drehn und spalten?
Willst du dich ganz im rechten Glauben beugen
und treulich zeugen?

7) 'Hast du mich lieb? Ist meine Braut, die eine,
mit der ich mich in Lieb' und Treu vereine,
ist sie es, der du dienst ohn' alles Wanken
in Glaubensschranken?'

8) 'Hast du mich lieb? Hältst du's mit meinen Freuden,
und kämpfest wider alles Herr von Feinden?
Willst du der wahren Kirche Schmach gern tragen
und ihre Plagen?'

9) 'Hast du mich lieb? O, wag es zu bekennen
und deinen Herrn und Gott mich frei zu nennen!
Hast du mich lieb, so wie ich jetzt dich frage -
o sage, sage!'

-- Antwort der Seele --

10) Ach, Herr! was soll ich dir zur Antwort geben?
Du bist der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Du bist das Heil, das einzig ich erwähle
von ganzer Seele.

11) Du weißt, Herr Jesu, alle, alle Dinge.
Du weißt, wie ich so elend und geringe.
Du weißt, wie ich, aus deines Geistes Trieben,
dich möchte lieben.

12) Ach, tilg in mir doch alles falsche Wesen,
lass mich in deiner Wahrheit ganz genesen.
Dass ich nach deinem Willen, deinem Triebe
dich ewig liebe!