Mein Lebensmorgen ist vergangen    

1) Mein Lebensmorgen ist vergangen,
die Sonne sinkt dem Abend zu.
Nach Dir, mein Gott, geht mein Verlangen,
an Deinem Herzen such ich Ruh.
Das Alter kommt mit leisen Tritten,
o höre nun mein ernstes Bitten:
Du weißt, o Herr, was mir gebricht,
verlass mich im Alter nicht.

2) Du hast in meinen jungen Jahren
mich gnädig zu Dir hingelenkt.
Du hast Dein schwaches Kind getragen
und Frieden mir ins Herz geschenkt.
Ach Herr, ich bin noch immer schuldig,
sei fernerhin mit mir geduldig,
und geh nicht mit mir ins Gericht,
verlass mich im Alter nicht.

3) Manch Freunde, die ich hier geliebet,
verließen schon das Erdental.
Ihr Scheiden hat das Herz betrübet,
sie sind bei Dir im Himmelssaal.
Es wird die Welt mir immer leerer,
die Last der Sorgen immer schwerer,
ich suche, Herr, Dein Angesicht,
verlass mich im Alter nicht.

4) Und wenn in meinen letzten Tagen
des Körpers Kräfte abwärts gehn;
wenn Ohr und Aug' den Dienst versagen,
die Lebensräder stille stehn,
dann lasse mich an Deinen Händen
in Frieden meinen Lauf vollenden,
sei Du, Herr, meine Zuversicht,
verlass mich im Alter nicht.