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Predigten zu 1. Johannes 2,8

"Wiederum schreibe ich euch ein neues Gebot, das was wahr ist in ihm und in euch, weil die Finsternis vergeht und das wahrhaftige Licht schon leuchtet."

Autor: Christoph Blumhardt (* 01.06.1842; † 02.08.1919) deutscher evangelischer Theologe, Pfarrer und Kirchenlieddichter
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Wo sich der Mensch in der Ferne von Gott sieht, da ist Finsternis; und je näher seinem Herzen Gott ist, desto heller wird's in ihm. Man denke nur, in welcher Finsternis sich die Heiden fühlten, die vor stummen Götzen knieten und regellos ihren Lüsten und Begierden dienten, ganz abgekehrt von dem lebendigen Gott! In dieser Finsternis konnte es ihnen nicht wohl sein; denn sie sahen keine Zukunft vor sich - und hatten doch einen Geist, welcher sich der Sehnsucht nach einer Zukunft nicht entziehen konnte. Ein Unglücksgefühl mußte in ihnen herrschend bleiben, weil sie eine Ahnung von ihrem göttlichen Ursprung hatten - und sich doch in der ungöttlichsten Weise verderbt sahen. Oft fühlt freilich der Mensch solches nicht; und dann siecht er so hin wie die unvernünftige Kreatur, eine Weile in der Naturkraft strotzend, bis er zusammensinkt. Fühlt er's, dann wird die Finsternis drückender für ihn.

Nun kommt das Evangelium, spricht von einem Sünden vergebenden Heiland, von einem geöffneten Himmel. Dem nun, der seine Finsternis fühlt, dringt's als ein Licht ins Herz. „Ich hab's gefunden!“ ruft er freudetrunken aus. So ging's allen Heiden, denen die Apostel näherkamen; und so geht's heute noch denen, in welchen die Erkenntnis ihrer selbst und Christi durchs Evangelium aufgeht. Zu ihnen kann man sagen: „Die Finsternis ist vergangen, und das wahre Licht scheint jetzt.“

„Das wahre Licht“, sagt der Apostel. Damit will er sagen, daß es nicht wie ein Lampenlicht sei, das nur eine Zeitlang brenne und dann allmählich abnähme und erlösche. Es ist ein Licht, das fortleuchtet und immer helleren Glanz bekommt, weil sich's bis ins ewige Leben, in die Gottesherrlichkeit erstreckt, die lauter Licht ist; ja, es hat daher seinen Ursprung. Darum werden Sonne und Mond vergehen - dieses Licht nicht. Und es leuchtet für einen Menschen, solange er's festhält. Manchmal wohl will es sich im Herzen verdunkeln, wenn der Glaube matter wird, die Zuversicht abnimmt, wenn auch Anfechtungen vom Feinde dazukommen; dann meint einer, daß es kein Licht, nur Täuschung oder ein süßer Traum wäre! Aber es kann dem Getreuen nicht ausgelöscht werden; sondern „ihm geht das Licht immer wieder auf von dem Gnädigen und Barmherzigen“ (Ps. 112,4) - und auch ein nur noch glimmendes Licht darf ihm doch nicht erlöschen!

Wenn daher dieses Licht das wahre heißt, ist's auch im Gegensatz zu anderem gesagt, das sich als Licht darstellen will. Mancher meint, es werde hell in ihm, wenn er in gute Verhältnisse kommt oder wenn er zu Ehren kommt oder wenn er von Krankheiten befreit wird und anderen Nöten oder wenn ihm ein Verstandeslicht in etwas aufgeht oder wenn er in Wissenschaften hell sieht! Das mögen Dinge sein, für die man dem HErrn danken darf; aber das wahre Licht sind sie nicht, weil sie nicht zum Dauernden und Bleibenden führen und den Ewigkeitsdurst des Menschen nicht stillen. Wer sie als wahres Licht nimmt, dem können sie sogar zur Finsternis werden, insofern als er dadurch das wahre Licht, welches Christus gibt, versäumt oder verliert. Wie leicht erlöschen alle diese Lichter - oft schon auf Erden gewiß, wenn der Mensch von der Erde scheidet! Wie arm aber wird er doch dann! Glaube doch niemand, Licht zu haben, ehe er Jesus hat - und Ihn so hat, daß Er ihm wirklich Licht ist!

Am meisten wird auch das wahre Licht im Menschen verdunkelt, wenn er sich wieder mit der Finsternis einläßt, d. h. Werke tut, die niemand, auch Gott nicht, sehen sollte: böse Werke! Vor solchem will auch der Apostel warnen, wenn er sagt: »Die Finsternis ist vergangen, und das wahre Licht scheint jetzt.“ Darum fliehe die Finsternis, da dir's so übel geht, und wandle im Licht, daß es Gott und alle Kreatur sehen darf, dabei dir's wohl ist und bleibt in Ewigkeit!