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Predigten zu 1. Johannes 3,6

"Jeder, der in ihm bleibt, sündigt nicht; jeder, der sündigt, hat ihn nicht gesehen noch ihn erkannt."

Autor: William MacDonald (* 07.01.1917; † 25.12.2007) US-amerikanischer Prediger der Brüdergemeinden
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"Jeder, der in ihm bleibt, sündigt nicht; jeder, der sündigt, hat ihn nicht gesehen noch ihn erkannt."

Gestern hatten wir es schon mit einer Bibelstelle zu tun, die sich oft für Christen, die es sehr ehrlich meinen, als notvoll erweist. Heute wollen wir drei Verse aus dem ersten Johannesbrief betrachten, die die Gläubigen ebenfalls beunruhigen, wenn sie sich ihrer Sündigkeit nur allzu bewusst sind. Zu dem oben zitierten Vers kommt noch ein weiterer: "Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde, denn sein Same bleibt in ihm; und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist" (1. Johannes 3,9). Und in 1. Johannes 5,18 heißt es ganz ähnlich: "Wir wissen, dass jeder, der aus Gott geboren ist, nicht sündigt; sondern der aus Gott Geborene bewahrt ihn, und der Böse tastet ihn nicht an." Wenn man diese Verse isoliert betrachtet, dann veranlassen sie bestimmt manchen von uns zu der Frage, ob er selbst denn überhaupt ein echter Christ ist.

Und doch heißt es in anderen Versen in demselben Johannesbrief, dass auch der Gläubige sündigt, beispielsweise in 1,8-10 und 2,1b.

Die Schwierigkeiten liegen zum großen Teil in der Übersetzung. Denn in der Ursprache des Neuen Testaments gibt es von den Begriffen her einen Unterschied zwischen dem Begehen von gelegentlichen Sünden und dem Ausüben der Sünde sozusagen als Lebensprogramm. Ein Christ begeht sehr wohl einzelne Sünden, aber die Sünde bestimmt nicht mehr sein ganzes Leben. Er ist ja befreit worden von der Sünde, unter deren Knechtschaft er bisher stand.

In einer neueren Übersetzung kommt klarer heraus, dass in den genannten Versen ein Beharren in der Sünde gemeint ist, nicht eine gelegentliche sündige Tat: "Wer mit Ihm verbunden bleibt, der hört auf zu sündigen. Wer aber weiterhin sündigt, hat Ihn weder gesehen noch verstanden" (1. Johannes 3,6). "Wer ein Kind Gottes ist, sündigt nicht mehr, weil Gottes Geist in ihm wirkt. Er kann gar nicht weitersündigen, weil Gott sein Vater ist" (1. Johannes 3,9). "Wir wissen, dass ein Kind Gottes nicht sündigt. Gott schützt es, damit der Satan ihm nicht schaden kann" (1. Johannes 5,18).

Jeder Christ, der sagt, dass er nicht sündigt, hat noch nicht voll verstanden, was Sünde eigentlich ist. Er erkennt offensichtlich nicht, dass alles, was Gottes vollkommenen Maßstäben nicht genügt, bereits Sünde ist. Es bleibt eine Tatsache, dass wir jeden Tag sündige Taten begehen in Gedanken, Worten und Werken.

Aber Johannes unterscheidet zwischen dem, was als Ausnahme geschieht und dem, was gewohnheitsmässig getan wird. Bei einem wahren Gläubigen ist die Sünde etwas Fremdes und die Gerechtigkeit das eigentlich Kennzeichnende.

Wenn wir das erkannt haben, brauchen wir uns selbst nicht mehr mit diesen Versen zu quälen, die uns womöglich an unserem Heil zweifeln lassen. Die Tatsachen sind die folgenden: Gottes Wille ist es, dass wir nicht sündigen sollen. Doch leider tun wir es immer wieder einmal. Die Sünde ist jedoch nicht mehr die beherrschende Macht in unserem Leben. Wir üben sie nicht mehr so aus, wie wir es vor unserer Erlösung getan haben. Und wenn wir trotzdem noch sündigen, finden wir Vergebung, wenn wir bekennen und uns von unserem Unrecht abwenden.


Autor: Christoph Blumhardt (* 01.06.1842; † 02.08.1919) deutscher evangelischer Theologe, Pfarrer und Kirchenlieddichter
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Ein sehr ernstes Wort sagt uns hier Johannes. Wenn es heißt: „der sündigt nicht“, so ist wohl damit gesagt: der tut nicht Gewalt noch Unrecht, der ehrt Vater und Mutter, der stiehlt und betrügt nicht, der bleibt fern von Hurerei und Ehebruch, der lügt und afterredet nicht (verbreitet keine üble Nachrede); der ist nicht zänkisch, nicht hart und ungerecht, nicht unversöhnlich und rachsüchtig; der mißbraucht nicht den Namen Gottes zu unheimlichem Aberglauben; der schändet Seine Feiertage nicht, und dergleichen. Denn alles das heißt sündigen, und noch anderes mehr.

Wer dergleichen tut, so recht mit Willen und wider besseres Wissen und Gewissen tut - denn einen Unterschied zwischen Sünde und Sünde müssen wir uns immerhin denken -; wer auch ungescheut so fortmacht und von Buße und Bekümmernis darüber nichts weiß und wissen will: der, so sagt Johannes, „hat Ihn nicht gesehen noch erkannt“, d. h. der ist Ihm im Geiste noch nie so fühlbar nahe gestanden, daß es ihm ist, als hätte er Ihn gesehen oder erkannt, wie es bei echten Jüngern Jesu der Fall ist. Mag er sich auch noch soviel den Schein geben, als hätte er Ihn gesehen und erkannt wie ein echter Gläubiger, so ist's doch nur Lüge und Täuschung. Das will Johannes sagen.

Ein sehr ernstes Wort ist da gesagt, welches sichere Heilige - deren es heute nur zu viele gibt - wohl erschrecken dürfte! Heutzutage kann man oft recht viel Erkenntnis vorschützen, man weiß auch viel zu reden von den Dingen des Reiches Gottes; aber das Sündigen bleibt bei so vielen nicht weg! Solange aber das Sündigen dableibt, hat man bei aller Erkenntnis und klaren Einsicht ins Wort Gottes doch eigentlich noch nicht recht die Gnade des HErrn an seinem Herzen erfahren - so sehr man's oft auch denken mag! Denn wenn das wirklich so wäre, so würde die Sünde aufhören, wenigstens das freche Buhlen mit der Sünde, als brächte man diese im Neuen Bunde durch die Gnade leicht wieder weg! übel steht es schon bei vielen, die doch die Erkenntnis haben wollen: daß sie eben so hingehen, wie's kommt - sei's recht oder unrecht, gut oder nicht gut, Gott gefällig oder nicht gefällig! Solch leichtes Wesen sollte aufhören bei dem, der in Jesus, dem Versöhner unsrer Sünden, bleibt und der sich somit fort und fort von Ihm angenommen denkt aus Gnaden um Seines Blutes willen! Der, bei welchem das letztere in Wahrheit so ist, der hütet sich, nimmt sich in acht, zittert schon vor dem Gedanken, seinen Heiland mit fernerem übertreten der Gebote Gottes zu betrüben; denn er hat durch seinen Glauben den HErrn gleichsam erkannt und gesehen. Die Empfindung der Liebe Gottes durch Christus zerbricht den alten Menschen; und je stärker sie wird, desto gewisser muß das Sündigen weichen.

Ach, da helfe uns der HErr, daß nur Christus eine Gestalt in uns gewinne, damit das häßliche Sündigen aufhöre!

Zusatz zu 1. Johannes 3,6 Das Sehen und Erkennen des HErrn

Der Spruch: „Wer in Ihm bleibt, der sündigt nicht; und wer sündigt, hat Ihn nicht erkannt noch gesehen“, wäre recht geeignet, uns die Augen zu öffnen über den Stand der Christenheit in unsren Tagen.

Wir wollen nicht von denen reden, die sich Christen nennen - und der Tat nach, sofern sie sich vor keiner Sünde scheuen, sich als Heiden gebärden, die weder von einem Gott noch von einem Heiland etwas wissen. Aber wie steht's um die sogenannten Gläubigen, um die Bekehrten, die sich von der Welt absondern wollen? Bei vielen besteht alle Bekehrung nur darin, daß sie fromm tun und die Form der Frömmigkeit annehmen und das grobe offene Sündigen meiden und lassen. Das ist nur gar zu oft weitaus alles, womit sie ihr besseres Christentum an den Tag legen! Bei vielen scheint's sogar, wie wenn alles Christentum nur im Schelten über die Welt und die Ungläubigen oder im Streiten mit Andersglaubenden bestünde. Im Verborgenen aber - ach wie- vieles schleicht sich noch ein! Wie wenig Zartheit des Gewissens - wenn sich's um das Mein und Dein handelt, wenn Verleugnung der bösen Lüste gefordert wird - kann man zu seinem Schrecken noch wahrnehmen, so daß man fast mit der Anfechtung geplagt wird - fühlt ja doch jeder seine eigene Schwäche -: ob es denn auch noch Christen gäbe, die so lauter, rein, völlig und ohne Täuschung die Gnade des HErrn an sich erfahren haben, daß es ein „Sehen und Erkennen des HErrn“ genannt werden kann? Wir wollen und dürfen nicht hart und richtend sein; aber Bedenken erregt es doch, wenn wir das apostolische Wort mit dem Stand der Christenheit vergleichen wollen!

Freilich können wir auch wieder sagen, daß der HErr in unsrer Zeit um des geringen Standes willen, in dem die Christenheit sich befindet, sich ferne gestellt habe. Deshalb bekommen viele Ihn auch bei besserem Wollen und Streben doch nicht so zu fühlen, um sagen zu können, sie hätten Ihn gesehen und erkannt, wie es in der Apostel Zeiten war. Wir sind gar arm gestellt und sind mehr auf die Sehnsucht nach dem HErrn gewiesen. Es sollte aber so sein, daß wir Ihn besitzen! Es scheint daher einer neuen Gnadenzeit zu bedürfen, in der wir Ihn wieder näher und völliger haben, Ihn gleichsam „sehen und erkennen“ dürfen. Wir sehen viele unter Seufzen und Tränen und mit viel Buße des Herzens kämpfen und ringen, viele sich mit lauterem Sinn vor dem HErrn darüber anklagen, daß es mit ihnen so stehe, wie es steht - freilich dabei auch nicht immer ihr eigentlichstes (sündiges) Tun erkennend. Zwar mag sie der HErr nie ganz leer ausgehen lassen; aber sie fühlen sich doch arm am Geist, hungernd und dürstend, ohne sich ganz ihres Heilandes freuen zu können.

Den HErrn sehen und erkennen, geistlich verstanden, das wäre viel! Und wenn wir so ein Wort des Apostels lesen, kann es uns nur den Eindruck geben - ich wiederhole es! -: Es könnte überhaupt anders geworden sein, als es im Anfang war, eben weil sich der HErr den entarteten, Ihm nur halb zugetanen Christen nicht so nahe machen kann. Und somit ist es uns in unsrer Zeit schwerer geworden, Ihn zu sehen und zu erkennen, Ihn im Geiste recht zu haben.

Ist das aber wirklich so, so haben wir aus unsrer Armut heraus den HErrn um die Barmherzigkeit zu bitten, Er möge sich wieder - um das Wort beizubehalten - völliger zu sehen und zu erkennen geben! Das könnte Er tun etwa durch eine erneuerte Ausgießung Seines Heiligen Geistes, damit wir auch wieder freier werden vom Sündigen, nachdem wir von solchen Gnaden hingenommen und erquickt werden; jetzt empfinden wir sie auf eine sehr wandelbare Art mehr nur in gefühlsmäßiger als in geistlid1er Weise. Denn wenn es so ist, daß unser Sündigen Ihn ferne getrieben hat, so ist's auch umgekehrt wahr - und das will auch unser Spruch sagen, wenn er vom „Bleiben in Jesus“ redet -, daß wir es schwerer haben, vom Sündigen loszuwerden, weil Er uns ferner steht, sich gleichsam von uns nicht sehen läßt.

Lernen wir daher, den Jammer erkennend, um Sein Näherkommen bitten! Und glauben wir's, daß das Not tue, daß Er uns wieder näher komme! Glauben wir's, ohne es zu übersehen oder gleichgültig zu nehmen, daß es anders ist als vormals!

Der HErr kann's nicht versagen, wenn ihrer viele unter ernstlichem Ringen nach Verleugnung aller weltlichen Lüste und Begierden „heilige Hände“ emporheben und Ihn bittend angehen wie die Witwe den ungerechten Richter! Und wenn diese Vielen nicht nachlassen - auch wenn Er „lange nicht will“ -, bis Er sich unser erbarmt, uns wieder mehr an die Hand nimmt, uns mit Seinem Heiligen Geist erfüllt, uns Sein persönliches Nahesein wieder fühlbarer macht und uns so hilft zu überwinden!

So soll's werden auf die Zeit Seines Wiederkommens hin!


Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Gottes Burg, die er uns dadurch erbaut hat, dass uns Christus mit seiner Gnade umfasst, ist fest, und die Mauer, die unser Verhalten vom Sündigen trennt, wird durch keinen Ansturm feindlicher Gewalten zerbrochen. Das ist das Evangelium und dieses wird mir dazu gesagt, damit ich mich an ihm freue, nicht, damit ich angstvoll mich selbst ansehe und mein Vermögen messe, ob es wohl zu dem gewaltigen Satz ausreiche: er kann nicht sündigen; das Lügen ist ihm unmöglich geworden und zum Hassen ist er unfähig gemacht und kann keine Ungerechtigkeit mehr fertig bringen und kann Gott nicht mehr vergessen und nicht mehr gottlos denken. Denn das, was ihm Christus gebracht hat, ist die Zerstörung der Werke des Teufels und ist die wirksame Hilfe, die ihn vom Bösen trennt. Mit diesen Worten preist Johannes die Herrlichkeit der göttlichen Gnade und verkündet mit ihnen den Ruhm Jesu und so soll ich sie hören. So dienen sie mir als Waffe und Schutz und werden mir zur Quelle der Kraft; denn sie machen meinen Glauben wach. Oder gerate ich doch auf diesem Weg in Einbildungen hinein? Aber Einbildung und Glaube sind niemals beisammen. Weil der Glaube dadurch entsteht, dass die Wahrheit von mir aufgenommen wird, treibt er alle Einbildung aus. Ist meine Natur verwandelt? Sind die natürlichen Triebe in mir erloschen? Nein; ich lebe im Fleisch. Sind meine Beziehungen zur Welt zerschnitten und die Menschen verschwunden, die mich in ihren Willen hinüberziehen? Nein; ich lebe in der Welt. Aber ich, der ich im Fleisch und in der Welt lebe, bin nicht nur mit diesen Mächten, sondern auch mit meinem Herrn verbunden und sein gnädiger Wille hat die Macht und die Herrschaft über mich. Darin besteht mein Unvermögen zur Bosheit, nur darin, nicht in der Kräftigung meines Glaubens, auch nicht in der Wachsamkeit meiner Busse oder in der Tatkraft meines Glaubens, auch nicht in der Wachsamkeit meiner Busse oder in der Tatkraft meiner Liebe, sondern darin, dass es der Wille Jesu ist, dass ich nicht sündige, und dass die Gabe der Gnade darin besteht, dass sie mich vom Bösen erlöst. Was soll ich tun, wenn ich nicht nur erkenne, dass ich die sündliche Art an mir trage, sondern dass ich wieder so gehandelt habe, dass Ungerechtigkeit daraus entstand? Dann habe ich nicht Christus zu beschuldigen, nicht seine Heilandsmacht anzuzweifeln und seine Verheißung wegzulegen – so wird aus meinem Sündigen ein mich zerstörender Fall –, sondern ich habe daran zu denken, dass seine Verheißung: ich bin dein Schutz gegen dein Sündigen, darauf beruht, dass er auch für mich, der ich ihn kenne und den Glauben an ihn empfangen habe, der Versöhner meiner Sünden ist, wie Er es ist für die der ganzen Welt.

Dein Gesetz, Herr Gott, sagt mir; du darfst nicht sündigen. Damit ist das Heil mir noch nicht erschienen. Deine Gnade sagt mir: du kannst nicht sündigen; denn ich bin bei dir. Das ist mein Heil. Ich kann es nur aus Deiner Hand empfangen und suche es mit herzlichem Verlangen bei Dir. Amen.