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Predigten zu 1. Mose 4,11

"Und nun, verflucht seiest du von dem Erdboden hinweg, der seinen Mund aufgetan hat, das Blut deines Bruders von deiner Hand zu empfangen!"

Autor: Jakob Kroeker (* 1872; † 12.12.1948) wichtigster Vertreter des freikirchlichen russländischen Protestantismus
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"Und nun sollst du verbannt sein aus dem Land, das seinen Mund aufgetan hat, das Blut deines Bruders zu empfangen von deiner Hand. Wenn du das Land bebaust, soll es dir fortan sein Vermögen nicht mehr geben. Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden!"

Sobald der Mensch das Band zwischen sich und Gott zerreißt, zerreißt auch Gott das Band zwischen Mensch und Erde. Sie hört auf, ihm eine Segensquelle und Ruhestätte zu sein. So gern sie ihre Kräfte dem Friedfertigen erschließt, so bestimmt entzieht sie dieselben dem, der sich über seinen Nächsten hinweg auf ihr zu behaupten sucht. Darum hatte sie eines Tages für Kain keine Ruhestätte mehr. Die zwei hebräischen Worte "unstet" und "flüchtig", die in Zukunft dem Leben Kains den inneren Charakter gaben, besagten nichts Geringeres, als dass Kain in seinem Leben gemieden von der Erde und verlassen von den Menschen sein würde. Das ist bis heute das furchtbare Kainsmal, das jedes Verbrechen am Nächsten auf seiner Stirn trägt, ganz einerlei, ob es von einzelnen oder von ganzen Völkern begangen wurde. Nie wird die Erde dauernd Kains Geschlecht zu tragen vermögen, so sehr es sich auch auf ihr zu behaupten versucht. Sie wird dafür Sorge tragen, dass das, was durch Blut auferbaut wurde, wiederum im Blute untergeht. In den ihr abgerungenen Gütern und Kräften lässt die Erde Kains Geschlecht sich selbst jene Katastrophen vorbereiten, in denen es seinen Untergang finden muss. Das ist der Erde Vergeltung gegen Kains Verbrechen.

Kain kam auch durch seinen tiefen Fall nicht zur Erkenntnis seiner widergöttlichen Herzensgesinnung. Er fand daher auch nicht jenen Weg innerlicher Beugung, der zur vergebenden Gnade und zur Erneuerung des Lebens führte. Was er bereute, war nur das, was er durch seine Tat verloren hatte, nicht aber die Tat selbst mit ihrem Verbrechen gegen seinen Bruder. Solche Reue führte aber nie zur Erlösung, weder im Leben des einzelnen noch der Völker. Göttliche Erlösung liegt allein in der Änderung jener inneren Sinnesart, aus der das Verbrechen mit seinen Folgen fließen konnte. Kain jedoch ging diesen Weg des Heils für sich und die Zukunft nicht. Im Gegenteil, die Schrift berichtet von ihm: "Er entfernte sich von dem Angesichte Gottes." Das war das zweite psychologische Ereignis in der Geschichte der Menschen: ein zweiter Sündenfall, ein abermaliges, noch viel tieferes Hinabsteigen. Adam verlor die Lichtsphäre des Paradieses, ihm blieb jedoch noch das Angesicht Gottes. Kain verlor aber auch dieses. Durch diese entscheidungsvolle Tat verlor er hinfort alles: Die Adama (Ackerboden), das Angesicht Gottes, den Nächsten und - sich selbst.