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Predigten zu 1. Mose 9,24

"Und Noah erwachte von seinem Weine und erfuhr, was sein jüngster Sohn ihm getan hatte."

Autor: Jakob Kroeker (* 1872; † 12.12.1948) wichtigster Vertreter des freikirchlichen russländischen Protestantismus
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"Als nun Noah von dem Weine erwachte und erfuhr, was ihm sein jüngster Sohn getan, sprach er: Verflucht sei Kenaan! Er sei ein Knecht der Knechte seiner Brüder!"

So wurde Noah, nachdem er von seinem Fall erwacht war, zum Propheten. Es gibt einen Fall, der dem Menschen zum Leben gereichen kann und nicht zum Tode führt. Wer in einer Herzensgesinnung fällt, wie Noah sie in seinem bewährten Wandel mit Gott bekundete, behandelt seinen Fall ganz anders, als Ham, der Geschmack an der Niederlage des Nächsten gefunden hatte. Geht doch aus dem ganzen Bericht hervor, wie peinlich Noah sein schweres Erlebnis gewesen sein muss. Es ist und bleibt ein gewaltiger Gegensatz, ob man fällt, weil man Geschmack an der Sünde gefunden, oder ob man fällt, weil man sich durch die Sünde betrogen sah.

Als Noah den ganzen Vorgang in seiner wiedergewonnenen Herzensstellung überblickte, eröffneten sich ihm Perspektiven für die kommende Entwicklung seiner drei Söhne, wie er sie bisher nie gehabt hatte. In seiner prophetischen Schau zeichnete er daher mit einigen Strichen jene großen Entwicklungen, die in Zukunft von seinen drei Söhnen ausgehen würden.

In der Handlungsweise seines jüngsten Sohnes erkannte Noah ein Prinzip, von dem er sich sagte: das kann, darf und wird nie in der Geschichte bestimmend werden. Eine Sinnlichkeit, die sich angesichts der Schwächen des Nächsten nicht zu beherrschen vermag, die keine Pietät vor der Person besitzt, der sie Dasein und Existenz verdankt, wird nimmer zur Freiheit und Herrschaft fähig sein können. Kenaan wird ewig Knecht der Knechte seiner Brüder sein. So dunkel die Weltgeschichte in ihrer Entwicklung auch vor uns liegt, sie bestätigt es aber auf allen Gebieten, dass ein Leben, das seiner selbst nicht Herr zu sein vermag, nie dauernd die Freiheit und die Herrschaft gewinnen kann. Leidenschaften führten noch immer zur Knechtschaft, sowohl bei einzelnen Menschen als auch bei Völkern.

Nun mag es befremden, dass Noah Kenaan, den Sohn Hams und nicht diesen selbst als "fluchgetroffen" bezeichnet und von ihm aussagt, dass "er ein Knecht der Knechte seiner Brüder" sein wird. Wir sehen hier das Tieferschütternde, dass sich vielfach Segen und Fluch erst bei den Kindern sichtbar auswirken. "Wer nicht in seinem Kind bestraft sein will, der ehre die Eltern" - nichts Geringeres als diese inhaltsreiche Warnung lag in den Worten Noahs. Was hier aber als ein so fundamentales Gesetz für die Familie gilt, das gilt auch für die Entwicklung der Völker. Ham vermochte immer nur einen Kenaan zu zeugen: Ham-Charakter und Kenaan-Geschick konnten auch in der Geschichte nie voneinander getrennt werden.