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Predigten zu 2. Könige 5,25

"Er aber ging hinein und trat vor seinen Herrn. Da sprach Elisa zu ihm: Woher, Gehasi? Und er sprach: Dein Knecht ist weder dahin noch dorthin gegangen."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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"Und Elisa sprach zu ihm: Woher, Gehasi?"

Eben hat er den versteckten Winkel verlassen und das Haus wieder betreten, da steht der Prophet vor Gehasi. Mit durchbohrendem Blick schaut er ihn an: "Woher, Gehasi?" Elisa hat ihm Gelegenheit geben wollen, seine Schuld ehrlich zu bekennen. Die Strafe wäre dann wohl milder ausgefallen. Gehasi aber blickt ihn mit der unschuldigsten Miene an und sagt kühn und frech: "Dein Knecht ist weder hierher noch daher gegangen." Doch da trifft's den dreisten Lügner wie Blitz und Donnerschlag. Die Knie schlottern ihm; die Wangen verfärben sich. Alles hat des erleuchteten Propheten Auge gesehen, sogar den Umstand, dass Naeman vom Wagen gestiegen und dem Gehasi entgegengegangen ist. - "Mein Herz ist mit dir gegangen, da der Mann umkehrte von seinem Wagen dir entgegen. War das die Zeit, Silber und Kleider zu nehmen, Ölgärten, Weinberge, Schafe, Rinder, Knechte und Mägde?" Gehasis ganze Lügenhülle ist in Fetzen gerissen. Ach, hätte Gehasi das geahnt, wie gern hätte er dann die Silberzentner nach Syrien abrollen lassen. Und nun trifft ihn das schreckliche Strafgericht: "Der Aussatz Naemans wird dir anhangen und deinem Samen ewiglich!" Aus ist es mit dem Traum, ein reicher Gutsbesitzer zu werden. Das elendeste Los, das es gibt, hat er dagegen eingetauscht: Aussätzig! Hinausgestossen von seiner Familie und aus der menschlichen Gemeinschaft, und das bis ans Lebensende. - Gehasis Geschick ist ein Sinnbild all der schlauen Lügner und Betrüger, die am Jüngsten Tage entlarvt das Urteil hören müssen: "Geht hin, ihr Verfluchten in das ewige Feuer." Da wird Heulen und Zähneklappen sein. Und schauriger als aus Gehasis Mund wird es klingen: "Ach, hätte ich doch!" Wollen wir nicht alle Unlauterkeit fliehen und verfluchen und die Sonnenlauterkeit suchen, die vor Gottes Augen selber alles Böse ans Licht bringt?


Autor: Jakob Kroeker (* 1872; † 12.12.1948) wichtigster Vertreter des freikirchlichen russländischen Protestantismus
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"Er aber kam und trat vor seinen Herrn. Da sprach Elisa: Woher Gehasi? Er sprach: Dein Knecht ist weder hierhin noch dorthin gegangen! Er aber sprach zu ihm: Wandelte nicht mein Geist mit dir, als der Mann umkehrte von seinem Wagen, dir entgegen? War es auch an der Zeit, Silber zu nehmen und Kleider, Ölbäume, Weinberge, Schafe, Rinder, Knechte und Mägde?" 2.Kön. 5,25-26

In engster Fühlung mit dem Propheten Elisa stand dessen Diener Gehasi. Offenbar muss er manche Eigenschaften in seinem Leben gehabt haben, die ihm sogar das Vertrauen eines Propheten Gottes erwarben.

Und doch fehlten ihm im entscheidenden Augenblick so völlig die Züge seines großen Meisters. Trotz des äußeren Anschlusses an eine königliche und große Prophetenseele wurde er doch kein Prophet. Anstatt die Welt von ihrem Aussatz zu heilen, holte er sich deren Aussatz. Nicht Erbe des Geistes eines Elisa wurde er, sondern Träger der Unreinigkeit und der Krankheit der Welt.

So wertvoll der enge Anschluss und die Gemeinschaft mit geweihten Knechten Gottes an sich auch ist, das Werk des heiligen Geistes zu ersetzen und jenes Bild in uns herzustellen, das die Züge des Meisters trägt, vermögen selbst die engsten Beziehungen nicht. Obgleich ein Gehasi täglich dem Propheten von Samaria hatte dienen dürfen und immer wieder Zeuge von dessen Leben und Dienen gewesen war, jenen wunderbaren Seelenadel und jene Seelenreinheit des Propheten hatte er doch nicht gefunden. Denn Geistesgrösse und Seelencharakter sind unübertragbar. Sie können nur durch einen persönlichen Umgang mit Gott gewonnen werden.

Gehasi war es unmöglich gewesen, sich im Glauben auf die innere Höhe seines Meisters zu stellen. Er versagte als es galt, eine so günstige Gelegenheit selbstlos vorübergehen zu lassen, ohne etwas für sich gewonnen zu haben, wie es Elisa getan hatte. Daher lief er dem Naemann nach und erbat sich nachträglich noch ein Geschenk. So suchte er Segenszeiten, die ein anderer durch den Dienst seines Herrn erlebt hatte, zugleich auch zu seinem eigenen Vorteil auszunutzen. Gehasi machte seinen Segen abhängig von günstigen Gelegenheiten und nicht von Gott.

So handelt menschliche Berechnung, nicht aber kindliches Vertrauen. Wenn der Glaube auch weiss, dass Gott Gelegenheiten benutzen kann, ihn zu segnen, so macht er aber doch seine Erwartungen nicht abhängig von günstigen Augenblicken. Auf diesem Wege segnet sich die Welt, die eine höhere Quelle und eine höhere Abhängigkeit nicht kennt.