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Predigten zu Apostelgeschichte 20,34

"Ihr selbst wisset, dass meinen Bedürfnissen und denen, die bei mir waren, diese Hände gedient haben."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Paulus als Handwerker.

II. Die Arbeit am Handwerk schadet der Missionsarbeit des Apostels nicht.

Ein zweites Bedenken, welches sich beim Anblick des Zelte verfertigenden Paulus erheben könnte, ist dies: Leidet nicht die von Gott ihm befohlene Missionsarbeit darunter? Wird nicht dadurch seine Zeit und Kraft einem wichtigeren Dienst entzogen, der nötiger ist als jene mechanische Handarbeit?

Darauf ist zu antworten: Sicherlich gibt es heute viele Arbeiter im Reich Gottes, denen man zurufen müsste: Überlasse diese und jene äußere Arbeit einem anderen, der Gaben und Kräfte dazu hat. Du aber beschränke dich auf die dir zugewiesene Aufgabe und zersplittere dich nicht (Apostelgeschichte 6, 4; 2. Mose 18, 18 - 23).

Aber in diesem Fall lag die Sache anders. Die von Gott geleiteten Umstände machten die äußere Arbeit hier nötig. Sobald Paulus merkte, dass er durch Benutzung des freien Gastrechtes irgend jemand zur Last fallen konnte (und Paulus war zartfühlend genug, dies zu empfinden), so hatte er die Pflicht, für seinen Unterhalt selbst zu sorgen (2. Thessalonicher 3, 8). Wäre er jemand beschwerlich geworden, so wäre der Segen der Missionsarbeit dadurch gehindert worden (1. Thessalonicher 2, 9; 1. Korinther 9, 12 b). Das Reich Gottes, das Werk des Herrn hätte leiden können, wenn er jene Arbeit nicht tat. Deshalb trieb Paulus auch diese Anfertigung von Zelten als einen Gottesdienst genauso wie seine Ansprachen in den Synagogen oder die große Rede auf dem Areopag.

Hätte Paulus sich diese äußere Arbeit nach seiner eigenen Wahl ausgesucht, oder hätte er das Nebenziel seiner eigenen Bereicherung dabei verfolgt, dann freilich würde seine Missionsarbeit darunter gelitten haben (2. Timotheus 2, 4). Das war aber nicht der Fall. So durfte er getrost mit seinen Händen schaffen und die ihm frei bleibende Zeit zum Dienst an anderen Seelen verwenden. Seine Rede in Milet beweist, dass beiderlei Arbeit sich durchaus nicht ausschließt, sondern wohl vereinen lässt (Kap. 20, 18 - 35).

Siehe auch:
I. Die Arbeit am Handwerk schadet der Würde des Apostels nicht. Apostelgeschichte 18, 3.
III. Die Arbeit am Handwerk schadet dem Gebetsleben des Apostels nicht. Philipper 1, 3 - 5.


Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Die persönlichen Einkünfte des Paulus.

Es gibt Menschen, die für die Arbeit eines Gottesknechtes wenig Interesse haben, wohl aber für die Frage: Wovon lebt er? Welche Einnahmen bezieht er? Wer bei Paulus so fragt, kann in unserem Text eine Antwort erhalten. Es ist eine beschämende Antwort. Dreierlei wird uns hier über Paulus Einnahmen mitgeteilt.

1. Woher stammten die Einkünfte von Paulus?

Paulus bezog sein Geld weder von gutbemittelten Freunden, noch von den Heimatgemeinden Jerusalem oder Antiochien, sondern durch seine persönliche Arbeit als Zeltmacher (Luther: "Teppichweber", Kap. 18, 3). Er konnte auf seine Glieder zeigen und sagen: "Diese meine Hände haben mir gedient". Paulus war also nicht arbeitsscheu. Er hätte Gründe genug angeben können, wenn er diese Mühe hätte vermeiden wollen. Aber er schaffte mit seinen Händen, um niemand beschwerlich zu werden (1. Thessalonicher 2, 9), und um dem Evangelium kein Hindernis zu bereiten (1. Korinther 9, 12). Der Botschafter des himmlischen Königs schämte sich der Arbeitsschürze nicht!

Es sollte niemand auf äußere Arbeit verächtlich herabsehen. Sie entwürdigt den größten Gottesmann nicht. Ein echter Knecht Christi im Arbeitskittel ist vor Gott mehr als ein Mietling in herrlicher Amtstracht (1. Korinther 4, 12; 2. Thessalonicher 3, 8 - 10; 1. Korinther 9, 14. 15).

2. Wie verwandte Paulus seine Einkünfte?

Nicht zu einem bequemen oder üppigen Leben, nicht zum Ansammeln eines Reichtums verwandte Paulus seine Einnahmen. Er brauchte sie nur zu seiner Notdurft. Dieser Ausdruck deutet darauf hin, dass er ein einfaches Leben führte. Er war kein Nabal, der sich "ein Mahl zurichtete wie eines Königs Mahl" (1. Samuel 25, 36). Er kleidete sich nicht wie der reiche Mann "in Purpur und köstliche Leinwand" (Lukas 16, 19). Was zur Nahrung und Kleidung not war (1. Timotheus 6, 8), auch solche Bücher, die für seinen Dienst nützlich waren (2. Timotheus 4, 13), beschaffte er sich. Aber auf viele Dinge, die nicht zur Notdurft gehörten, verzichtete er gern. Auch wir wollen noch besser lernen, die Einnahmen "zu unserer Notdurft" zu verwenden und alle Üppigkeit zu vermeiden.

Für einen Zweck aber hatte Paulus Geld übrig: Er übte Gastfreundschaft. Es weilten bei ihm oft kürzere oder längere Zeit Gehilfen am Evangelium. Mit ihnen teilte er gern sein einfaches Mahl, wie der Ausdruck "und derer, die mit mir gewesen sind" uns zeigt. Paulus war also nicht geizig. Er herbergte gern (Römer 12, 13). So wollen auch wir für uns selbst einfach leben, aber stets bereit sein, Liebe zu üben und gastfrei zu sein gegen die Brüder (Jesaja 16, 4; Hebräer 13, 1. 2; Sprüche 10, 16; 17, 1; 1. Petrus 4, 9; 2. Könige 4, 10; Hiob 31, 32; Matthäus 25, 35; Apostelgeschichte 28, 14).

3. Es hat immer wieder Leute gegeben, die keinem Menschen Einblick gewähren wollten in ihre persönlichen Einnahmen und Ausgaben. Dadurch entstand oft allerlei Misstrauen. Bei Paulus war dies anders. Bei ihm lag kein geheimnisvolles Dunkel über dieser Frage. Den Ältesten war genau bekannt, wie Paulus das selbstverdiente Geld zu seinem Unterhalt verwandte. ("Denn ihr wisst selbst".)

Lasst uns in Geldsachen so wandeln, dass ältere, erfahrene Christen jederzeit in unsere Einnahmen und Ausgaben Einblick erhalten dürfen, weil dieselben einwandfrei sind (Sprüche 16, 8; 15, 16).


Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Keiner hat die Arbeit so wirksam geehrt wie Paulus, der mit dem höchsten Amt begnadet war und an dieses in herrlicher Stärke seine ganze Liebe wandte. Dennoch blieb er der Handarbeiter, mitten unter den Griechen, die es für das Merkmal des Freien hielten, dass er müßig sei und die Arbeit auf die Schultern der Rechtlosen lege, mitten in der großen Schar, die er zu Gott berufen hat, deren dankbare Liebe ihm gern alles gab, was er brauchte und die es fast als Kränkung empfand, dass er ihre Gaben zurückwies, obwohl er auf seinem Weg die Lebensmittel nur kärglich fand. Weil die Arbeit den größeren Teil unseres Lebens füllt, wollen wir uns daran freuen, dass wir dadurch an der Seite des Paulus stehen. Ihr müsst arbeiten, sagte er der Christenheit; denn die natürliche Ordnung lässt unsere Lebensmittel aus unserer Arbeit entstehen, und ein Riss durch das, was natürliche Ordnung ist, ist keinem erlaubt, auch nicht der Christenheit, auch nicht denen, die den Beruf haben, die Gegenwart des heiligen Geistes in ihrem Wirken aufzuzeigen. Ich nahm mich, sagt er weiter, weil ich arbeitete, der Schwachen an. Im griechischen Aufbau des Volks war nur die untere Schicht die Arbeitenden. Daher waren alle, die arbeiteten, „Schwache“, ohne Besitz und ohne Einfluss und ohne Ehre. Darum gesellte sich Paulus zu ihnen und wurde mit den Schwachen schwach. Indem er in ihre Reihe trat, nahm er die Verachtung von ihnen weg. Ich habe, sagt er, euch das Wort des Herrn deutlich gemacht: nicht nehmen, sondern geben! Dadurch gibt Paulus seinem arbeitssamen Leben göttlichen Glanz. Denn geben ist Gottes Art. Zugleich zeigt er uns, was unser Arbeiten und Erwerben für uns heilsam macht. Es wird uns zum Verderben, wenn es nur zum Nehmen führt, dagegen heilsam, wenn es uns zum Geben fähig macht.

Alle unsere Gedanken bedürfen der Erneuerung, auch die, die wir uns über unsere Arbeit und unseren Besitz machen; denn was jedermann tut, hat das Merkmal dieser Welt an sich, aus der du, Herr Christus, uns herausgeholt hast, und der wir uns nicht anpassen dürfen, weil wir mit Dir Deinen Weg gehen und nicht den der Welt. Amen.