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Predigten zu Jakobus 3,17

"Die Weisheit aber von oben ist aufs erste rein, sodann friedsam, gelinde, folgsam, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch, ungeheuchelt."

Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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Die himmlische Weisheit im Leben der Frommen

"Die Weisheit, die von oben her ist, ist aufs erste keusch, danach friedfertig, gelinde, lässt sich sagen, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch, ohne Heuchelei."

Gottes Weisheit prägt sich im Wesen und Wandel wahrer Gotteskinder aus. Jakobus unterscheidet die Weisheit von oben von der irdischen, natürlichen oder gar teuflischen Klugheit. Die letztere wird ganz und gar von der Selbstsucht bestimmt. Sie versteht es, alles ihren eigennützigen Absichten dienstbar zu machen. Die Weisheit von oben ist aufs erste keusch oder rein. Sie hat eine Scheu, ja Abscheu vor allem Sündenschmutz und Unreinheit. Sie treibt uns, einzig Gott zu gefallen, sie macht grundlauter. Sie wehrt allen unreinen Begierden, die alles Edle und Zarte der Seele verwüsten. - Sie ist friedfertig. Sie räumt die Ursachen gegenseitiger Störung aus dem Weg. Sie kann um Verzeihung bitten, wenn sie Unrecht getan hat. Sie vergibt und trägt nicht nach. Sie ist bemüht, wo sie nur kann, Hader und Streit beizulegen, erregte Herzen zu beruhigen durch sanftmütigen Zuspruch. - Sie ist gelinde und wirkt daher wie die linden Frühlingslüfte, denen Eis und Schnee weichen müssen. Eine linde Antwort stillt den Zorn (Spr. 15, 1). Eine linde Zunge bricht die Härtigkeit (Spr. 25, 15). Der selbstsüchtige Mensch dagegen ist hart, unfreundlich und übellaunig. - Sie lässt sich sagen: Der Weise besteht nicht starr- und eigensinnig auf seiner Meinung. Er nimmt willig und dankbar an, wenn er auf einen Fehler oder Irrtum aufmerksam gemacht wird (Ps. 141, 5). Er lässt sich umstimmen, wie Jesus durch den Glauben der kananäischen Frau. Er fühlt sich nicht unfehlbar. Durch demütige Aufnahme der Zurechtweisung wächst er in der göttlichen Einsicht. - Die himmlische Weisheit ist voll Barmherzigkeit und guter Früchte. Sie ist frei von unbarmherzigem Geiz und harter Selbstsucht, die kein Opfer bringen können. Das Antlitz des selbstsüchtigen Menschen ist hart und legt sich in finstere Falten, wenn fremde Not an die Tür klopft. "Die Weisheit von oben macht das Angesicht leuchtend, und des Antlitzes Härte wird gewandelt" (wörtl. Übersetzung von Pred. 8, 1). Des Weisen Leben bringt Früchte, an denen sich andere laben, und die ihnen zum ewigen Leben gedeihen. - Die himmlische Weisheit ist unparteiisch, richtiger: "nicht in sich entzweit". Sie hat etwas in sich Geschlossenes, Einheitliches. Sie ist nicht zwiespältig und zerrissen. Der Weise bleibt sich immer gleich, mit wem er es auch zu tun hat. Er macht keine bösen Unterschiede. Er kennt keine Antipathie. Er misst alles mit göttlichem Maß und lässt sich von oben leiten. - Sie ist ohne Heuchelei. Die fleischliche Klugheit ist durch und durch unwahr und verbirgt sich unter einer Maske. Die himmlische Weisheit ist durch und durch lauter und wahr in Wort, Gedanken und Benehmen. Sie hat keine Hintergedanken und geheimen Falten. Sie ist schlicht, einfach und gerade und hasst alle Winkelzüge, sie treibt kein Doppelspiel; das Äußere stimmt mit dem Inneren.


Autor: Dora Rappard (* 01.09.1842; † 10.10.1923) Schweizer Missionarin und evangelische Kirchenlieddichterin

"Die Weisheit von oben her ... lässt sich sagen."

Wie fein weiss die Bibel den Finger auf wunde Stellen zu legen! Nach diesem Wort zu urteilen, sind die göttlich weisen Leute rar; denn wenige gibt es, die eine Ermahnung oder einen noch so wohlgemeinten Tadel hören können, ohne aufzubegehren, sich zu rechtfertigen und sich fast als Märtyrer aufzuspielen. Jeder Menschenkenner wird dieser Wahrheit beipflichten; sie tritt zu augenscheinlich zutage. Daran, ob ein Mensch sich sagen lässt oder nicht, kann man seine ganze Geistesrichtung erkennen.

Ich wende mich in besonderer Weise an die Jugend und möchte sie herzlich ermahnen: Bittet um die Weisheit, die sich sagen lässt. Ich habe begabte junge Menschen gekannt, die zu den schönsten Hoffnungen berechtigten, die sich aber in ihre eigene Weisheit verschanzten, immer alles besser wissen wollten als ihre treuen Eltern und Seelsorger, und an diesem elenden Eigendünkel zu Schanden geworden sind. Solche aber, die in Jesu Schule himmlische Weisheit, gepaart mit Herzensdemut gelernt hatten, die sich gerne sagen und zurechtweisen ließen, haben davon großen Nutzen gezogen. Mögen wir alle, Alte und Junge, stets bereit sein, uns sagen zu lassen, nicht nur von Menschen, sondern auch durch die Stimme des Heiligen Geistes.

Herr, mache mich von Herzen demütig und himmlisch weise, dass ich mir gerne sagen und mich belehren lasse und dadurch etwas werde zum Lobe Deiner Gnade.