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Predigten zu Jesaja 49,16

"Siehe, in meine beiden Handflächen habe ich dich eingezeichnet; deine Mauern sind beständig vor mir."

Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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"Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet."

Ohne Zweifel ist ein Teil der Verwunderung, die sich in dem Worte "Siehe" kundgibt, durch die ungläubige Klage des vorausgehenden Ausspruchs veranlasst. Zion sprach: "Der Herr hat mich verlassen, der Herr hat meiner vergessen." Wie scheint das göttliche Gemüt ob solchem bösem Unglauben sich so sehr zu entsetzen! Was kann's auch Befremdenderes geben als die grundlosen Zweifel und Befürchtungen der Lieblinge Gottes? Das liebevolle Strafwort des Herrn sollte uns tief beschämen; Er ruft aus: "Wie kann ich dich doch vergessen haben, dieweil ich dich habe in meine Hände gezeichnet? Wie darfst du noch zweifeln, dass ich unaufhörlich deiner eingedenk sei, wenn der Denkbrief in mein Fleisch eingegraben ist?" O Unglaube, was bist du doch für ein unbegreifliches, erstaunliches Ding! Ich weiss nicht, worüber ich mich mehr verwundern soll, ob über die Treue Gottes oder über den Unglauben seines Volkes. Er hält seine Verheißung zum tausendsten mal, und doch zweifeln wir bei der nächsten Anfechtung wieder an Ihm. Er versagt seine Hilfe nie; Er ist nie ein versiegter Born; Er ist nie eine untergehende Sonne; Er ist nie eine verglimmende Lichterscheinung, nie ein verschwindender Nebel; und doch lassen wir uns beständig von jeder Sorge in Angst versetzen, lassen uns zu zweifelndem Verdacht hinreißen, lassen uns von Befürchtungen verwirren, als ob unser Gott ein blosses Luftbild der Wüste wäre. "Siehe", das ist ein Wort, das unsre Bewunderung erwecken soll. Ja, wahrlich, hier ist Ursache, zum höchsten Erstaunen. Himmel und Erde dürfen wohl voller Verwunderung sein, dass Empörern eine so große Gnade zuteil wird und sie so nahe zum Herzen der unendlichen Liebe gezogen und in ihre Hände gezeichnet werden. "Ich habe dich gezeichnet." Es heißt nicht: "Deinen Namen." Der Name steht wohl da, aber das ist nicht alles: "Ich habe dich gezeichnet." Siehe und betrachte diese Fülle! Ich habe deine Person, dein Bild, dein Anliegen, deine Verhältnisse, deine Sünden, deine Versuchungen, deine Schwachheiten, deine Bedürfnisse, deine Werke eingegraben; ich habe dich gezeichnet, alles, was dich angeht, alles, was dich berührt; ich habe dich ganz hierher gesetzt. Willst du nun je wieder sagen, dass dich dein Gott verlassen habe, wenn Er dich in seine eignen Hände gezeichnet hat?


Autor: Samuel Keller (* 15.03.1856; † 14.11.1924) deutscher protestantischer Theologe und Schriftsteller

"... Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet."

Die Hände öffnen wir beim Arbeiten und beim Geben. Was in der Hand wie ein Zeichen eingeätzt ist, muss man dann sehen können. Wenn Jesus uns wirklich so in seine Hände gezeichnet hat, dann kann er nichts tun, nicht geben oder segnen, ohne dass er an uns erinnert wird. Nun trägt er ja die Nägelmale in den Händen. Wenn er sie sieht, muss er an uns gedenken. Das heißt mit anderen Worten: er gedenkt jetzt stetig an die Leute, für die er sich einst jene blutigen Zeichen hat in die Hände stechen lassen. Ein ununterbrochenes starkes Gedenken Jesu an uns! Sollte uns das nicht ein großer Trost sein, wenn wir angefochten und schwach sind? Wenn wir nur so stille werden, dass wir auf ihn achten, dann tönt es heimlich leise: "Ich habe dich in meine Hände gezeichnet. Sieh her, hier ist noch das Zeichen. Ich denke an dich!" Das gibt eine starke Bewegung unseres Herzens auf ihn hin. Dann können wir uns lassen und ihn fassen und ihn haben und halten. Wer dieses verborgene Manna nicht kennt und seine Seele damit nicht zu nähren weiss, ist hier auf Erden um eine große, stärkende Freude ärmer. Die wir sie aber kennen und geniessen, sehnen uns, dass sie vollkommen werde und freuen uns von einer Gnade auf die nächste.

O, du Heiland unserer Seelen, wir leben von deiner Güte. Lass uns heute spüren, dass du an uns denkst und wie du an uns denkst! Wir in deinen Händen, und du in unsern Herzen! Lass uns leuchten dein Angesicht! Amen.


Autor: Carl Olof Rosenius (* 03.02.1816; † 24.02.1868) schwedischer Laienprediger und Initiator einer neuevangelischen schwedischen Erweckungsbewegung

"Siehe, in die Hände habe Ich dich gezeichnet!"

So spricht der Herr. Er will damit Sein betrübtes Zion, Seine armen Kinder auf Erden, vollends davon überzeugen, dass Er, wenn Er auch wollte, sie doch nicht vergessen könnte; denn Er spricht: "In die Hände habe Ich dich gezeichnet." Was soll ich mit Meinen Händen tun, wenn Ich dich vergessen würde, da du doch in denselben eingeschrieben stehst und Mir darum wie eine Denkschrift immer vor Augen bist.

Aber nicht nur dieses Bild hat der Herr im Auge. Hier ist etwas Tieferes. Der Herr hat uns nicht nur so in Seine Hände gezeichnet, wie man den Namen einer Person in einem Ring tragen kann, sondern das Wort im Grundtexte bezeichnet das Flache der Hand. Der Geist des Herrn hat schon im Alten Testament, also lange bevor diese Worte gesprochen wurden, das Durchbohren der Hände und Füße verkündigt, wie im 22. Psalm Davids, wo der Messias klagt: "Meine Hände und Füße haben sie durchgraben." Darum meint Bischof Hersleb aus guten Gründen, dass die Worte "siehe, in Meine Hände habe Ich dich gezeichnet" sich auf die Handzeichnung beziehen, die Christus von den Nägeln in Seinen Händen erhielt und die Er nach Seiner Auferstehung mit besonderer Fürsorge auch Seinen Jüngern zeigte. Hersleb fügt hinzu: "Die Male der Nägel in den Händen Christi sind Ihm eine stete Erinnerung an diejenigen, für die Er sich so durchbohren ließ. Da hat Er uns aufgezeichnet, nicht mit Tinte, sondern mit Seinem eigenen Blut; nicht oberflächlich, sondern durch und durch; nicht mit Feder und Griffel, sondern mit eisernen Lettern, eisernen Nägeln, - auf dass Er nimmer könne, was Er außerdem nimmer will - uns vergessen. Sondern es soll heißen, wie David sagt:"Vergesse Ich dein, Jerusalem, so werde Meiner Rechten vergessen!"So will auch der Herr sagen:"Du brauchst nicht zu befürchten, du seufzende Seele, dass Ich deiner vergesse, solange Ich nicht Meiner Rechten, Meiner beiden Hände vergesse, in die du gezeichnet bist. Ich muss zuerst Meiner eigenen Hände vergessen, wenn Ich deiner vergessen sollte." - Frage dich nun einmal ehrlich: Sind das nicht tröstliche Worte?

Wahrlich, der Herr meint Großes mit Seinen Worten: "Siehe, in die Hände habe Ich dich gezeichnet!" Und etwas Großes war es auch, dass Christus mit durchbohrten Händen von der Erde gen Himmel fuhr. Was uns aber am verständlichsten, am sichersten und nützlichsten ist, ist dieses, dass wir alle auf ewig in den Wunden gezeichnet sind als Teilhaber an der Versöhnung, die in Christus Jesus geschehen ist. Dass wir alle daran teilhaben, das gerade hat die Schrift am deutlichsten offenbart. Von dieser Teilhaftigkeit können wir nie geschieden werden, wie verzweifelt übel es für uns auch außehen mag. Ja, auch wenn wir abfallen und fern vom Herrn sind und darum nicht im Buch des Lebens verzeichnet stehen, stehen wir doch noch in den Zeichen der Versöhnung Christi; sie ist ja für uns geschehen und kann nie zunichte werden, sondern sie gilt ewiglich und führt immer die Seligkeit mit sich, sobald wir sie wieder annehmen. Das verstand der evangelische Sänger, welcher schrieb:

Lob, Preis und Dank, ich die Furcht nun darf lassen, Da in den Wunden gezeichnet ich bin. Sich selbst und den Vater müsst' Er verleugnen, Eh' ich Ihm jemals käm' aus dem Sinn!

Wie kann das sein? Wenn ich abfalle? Antwort: Ich kann wohl im Buch des Lebens vermisst werden, aber ich stehe doch immer in Jesu Wunden als Teilhaber an der ewig gültigen Versöhnung verzeichnet. Dies ist der feste Grund, weshalb alles gut ist und weshalb ich nie von Gott vergessen werden kann. Das gilt es festzuhalten, wenn alles verzweifelt aussieht. So muss man dem Reiche Gottes Gewalt antun durch "nicht sehen und doch glauben."

Was fürchte ich noch? Sieh', Jesus ist mein Und steht vor dem Vater für mich. Er fühlt meine Not noch, als wäre sie Sein, Denn einmal nahm Er sie auf Sich. Und noch in dem Himmel Die Narben Er trägt von den Wunden.

Er grub meinen Namen in Seine Händ' ein Und sieht ihn beständig vor Sich. Ich ruhe hinfort in den Wunden allein, Und niemals vergisset Er mich. Denn noch in dem Himmel Die Narben Er trägt von den Wunden.

Wohl braust eine Tiefe bald hier und bald dort, Doch holet die Flut mich nie ein; Denn stärker ist wahrlich mein Herr und mein Hort, Er kann mich nicht lassen, o nein! Denn noch in dem Himmel Die Narben Er trägt von den Wunden.


Autor: Christoph Blumhardt (* 01.06.1842; † 02.08.1919) deutscher evangelischer Theologe, Pfarrer und Kirchenlieddichter
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Das Wort des Propheten geht auf Jerusalem, überhaupt auf das Volk des HErrn, das zerstört war, oder von dem Propheten Jesaja, der etwas früher lebte, als zerstört gedacht wurde, und welches wiederherzustellen Gott beständig im Auge hatte. „In die Hände habe Ich dich gezeichnet,“ sagt der HErr, d. h. „zur beständigen Erinnerung habe Ich's in Meine Hand geschrieben, daß Ich's, wenn Ich nur Meine Hand aufmache, lese.“ Natürlich ist das menschlich gesprochen, um es lieblich und wohltuend für uns zu sagen. Es wird vorgestellt, wie wenn unser Eins sich ein Zeichen macht, um durch dieses Zeichen beständig erinnert zu werden. So wirds auch hier von Gott vorgestellt, als habe Er sich zur Erinnerung ein Zeichen in der Hand gemacht. Es drückt das nachdrücklich aus, wie es Gottes ernstester Vorsatz war, Jerusalem wieder herzustellen und das Volk wieder in Ordnung zu bringen. „Deine Mauern, deine zerstörten Mauern sind immerdar vor Mir,“ sagt der HErr, d. h. „Ich muß immer an sie denken, sie wieder aufbauen zu lassen.“ Dieß ist nun auch wirklich geschehen. Denn schon 70 Jahre nach der Zerstörung wurden die Anfänge zur Wiederaufrichtung des Staats gemacht.

Des HErrn Wort hat aber auch eine allgemein gültige Bedeutung. Was nemlich vom ganzen Volk gesagt wird, daß der HErr seiner gedenke, darf das einzelne Volksglied auch auf sich anwenden, als ein Teil des Ganzen. Was ferner zum alten Bundesvolk gesagt wird, giebt auch dem neuen etwas, und wiederum wie dem ganzen neuen Bundesvolke, so auch den einzelnen Bundesgliedern. Denn Gott bleibt Sich in Seiner Treue gleich, und was Er einem Geschlechte in der Vorzeit war, ist ein Vorbild dessen, was Er zu allen Zeiten denen ist und sein will, die Er Sein nennen kann, oder zu Seinem Eigenthum machen will. So hat Er jetzt alle Völker in Seine Hund gezeichnet, und deren Verstörung ist immerdar vor Ihm, weil Er den bestimmten Vorsatz hat, alle aufzurichten und in Sein Reich hereinzubringen, durch das inzwischen eingetretene Evangelium. Ebenso hat Er alle Gläubigen wieder besonders in Seine Hand gezeichnet, ihrer zu gedenken, daß Er das, was in ihnen noch Verstörtes und Verheertes liegt, möge noch in Ordnung bringen.

Hienach dürfen alle Menschen, namentlich die bereits als in Seine Gnade aufgenommen gelten, sich als solche ansehen, die der HErr in Seine Hände gezeichnet habe, die Ihm also beständig anliegen, daß sie möchten aus aller Verwirrung und Verkommenheit herauskommen, und etwas werden für Ihn, und gerettet werden durch Ihn. Besonders, die in großem Jammer und Elend sind, leiblich oder geistlich, dürfen sich's wohl denken, daß der HErr ihrer gedenke, und beständig ihrer gedenke, gleichsam ihretwegen sich ein Zeichen gemacht habe, um sie nicht zu vergessen, und daß Er sicher seiner Zeit ihnen die nötige Hülfe leiste. Jede Seele liegt Ihm unzweifelhaft an mit größter Sorgfalt. Zum rechten Glauben aber gehört, - und wir sind ja durch des HErrn Wort selbst dazu berechtigt, - daß man sich als unter der besondersten Pflege Gottes durch JEsum Christum stehend denkt. Solches ist der Höhepunkt des christlichen Glaubens, dabei man's festhält, daß die eigene Seele so viel vor Gott gelte, daß Er alles im Stande ist zu tun, um sie zu erretten. - Hingegen darin tut der Feind uns am Meisten Tuck an, wie der Lehrtext uns andeutet.

Mel. Befiehl du deine Wege. Dich mag es nicht gereuen, Daß Du uns ruhen heißst; Es darf sich Niemand scheuen, Weil Du sein Elend weißt. In aller Noth zu flehen, Ist allen frei erlaubt; Und allen soll geschehen, Wie ihr Herz wünscht und glaubt.


Autor: Ludwig Hofacker (* 15.04.1798; † 18.11.1828) deutscher evangelischer Pfarrer
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Man kommt auf dem Glaubensweg bisweilen in Lagen, wo man mit der Schrift ausrufen möchte: Hat denn der Herr meiner vergessen? Hat denn seine Barmherzigkeit ein Ende? Will er denn nicht auch das Fünklein Glaubens, das in meiner Seele am Erlöschen ist, wieder anfachen? - O, wie wohl tut in solchen schweren Stunden der Gedanke, daß wir teuer geachtet sind in seinen Augen, und daß dieser sein Sinn gegen uns sich nicht verändert! Welch ein Trost fließt ins bekümmerte Herz, wenn es glauben darf: der Herr, mein Gott, ist größer als ich; er hat mich lieber, als ich mich selbst habe; ich bin teurer von ihm gehalten, als ich mich selbst halten kann! Sein unaussprechliches Erbarmen geht über meine Gedanken hinaus und will nicht, daß ich verloren gehe. Wenn ich auch mich selbst aufgeben wollte, so will doch er mich nicht aufgeben, denn seine Schöpferliebe, sein teures Blut, das auch an mich gewendet, für mich geflossen ist, ruht auf mir; er kann es nicht vergessen, was ich ihm gekostet habe, wie teuer ich erkauft bin! - Ja fürwahr, solche Gedanken können ja wohl ein zerschlagenes Herz wieder stärken und aufrichten, und sind, je tiefer die Seele ihre Unwürdigkeit und Verdammlichkeit erkennt, desto mehr vermögend, sie mit unauflöslichen Banden der Liebe und Dankbarkeit an den Heiland zu ketten, in dessen Barmherzigkeit sie sich wie in ein Meer versenken darf, und um dessen willen sie mit all ihrem Elend doch angenehm gemacht ist in den Augen seines Vaters. O, wie sind die Triebe deiner Jesusliebe so vollkommen rein! Tief in ihrem Wesen, ewig auserlesen, ohne falschen Schein; immer neu und immer treu, süßer als man kann empfinden, größer als die Sünden.

Laß in diesen Trieben, laß in deinem Lieben meine Seele ruhn! Du kannst uns nicht trügen; schenke dies Vergnügen mir, mein Jesu, nun! O, wie reich und engelgleich kann ein Mensch schon hier auf Erden durch dein Lieben werden.