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Predigten zu Lukas 15,17

"Als er aber zu sich selbst kam, sprach er: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Überfluß an Brot, ich aber komme hier um vor Hunger."

Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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Verloren und gerettet (II)

"Da schlug er in sich und sprach: Ich will zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir."

Der Vater versuchte nicht, den Sohn festzuhalten, als er von daheim fortstrebte. Er ließ ihn ziehen. Was hätte es auch geholfen, wenn er mit innerem Widerstreben geblieben wäre? Er sollte sich überzeugen, wo er es besser hätte: im Vaterhaus oder in der Fremde. So lässt Gott die Menschen, sowohl die Völker als auch die einzelnen, eine Weile ihre eigenen Wege gehen. Sie sollen sehen, wie weit sie kommen ohne Gott. Sie wollen ihre eigenen Herren sein, nun müssen sie innewerden, wie sie unter die schmähliche Herrschaft ihrer Lüste und Leidenschaften und in Menschenknechtschaft geraten. (Siehe 2. Chronik 12, 8.) Dazu kommen noch besondere Schläge und Heimsuchungen. Im Gleichnis hören wir von einer großen Teuerung, durch welche die Notlage des verlorenen Sohnes sehr verschärft wurde. So lässt es Gott seine ungehorsamen Geschöpfe erfahren, was es für Jammer und Herzeleid bringt, ihn zu verlassen und nicht zu fürchten. Der Hunger und die lieblose Härte, die er erfahren musste, wirkten beim verlorenen Sohn wesentlich mit bei seinem Entschluss zur Umkehr. Wie manchmal schon hat die Härte der Menschen uns in die Arme des Guten Hirten treiben müssen! Wie oft schon waren Not und Trübsal Zuchtmeister zu Christo hin! - "Er schlug in sich." Es war der große Wendepunkt. Vorher war er in einem Taumel. Solange der Mensch in der Gottesferne weilt, sieht er nicht klar und denkt nicht richtig. Satan verbindet seinen Opfern die Augen, dass sie lachend und scherzend ins Verderben laufen. Nun in seiner Verlassenheit kam er zu sich. Es gingen ihm die Augen auf über sich selbst. Er sah sein Glück mit Füßen getreten, wie er dem besten Freund den Rücken gekehrt und sich zu Freunden gehalten hatte, die ihn in der Not jämmerlich im Stich ließen. - "Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen." Das war ein schwerer Entschluss. Denn damit stellte er sich vor aller Welt dar als einen, der den verkehrten Weg eingeschlagen hatte und dabei jämmerlich zuschanden geworden war. Er kehrte zurück als hungriger Bettler mit abgerissenen Kleidern und Schuhen. Er musste demütig an die Tür klopfen, die er selbst mutwillig hinter sich zugeschlagen hatte. Jede Umkehr kostet einen gewaltigen Entschluss. Alle Rücksicht auf das Urteil und Gerede der Leute muss zurückgestellt werden. In der Welt gilt es bekanntlich als charakterlos, wenn man seine Ansichten und sein Verhalten total ändert oder gar die um Verzeihung bittet, die man in Hochmut und Trotz gekränkt hat. - "Ich habe gesündigt wider Gott und Menschen." Ein solches Bekenntnis kommt schwer über die Lippen. Da ist die Kehle wie zugeschnürt. Sonst ist man mit seinem Ich gern vornean. Aber hier schiebt man lieber andere und anderes vor. Der verlorene Sohn im Gleichnis empfindet seine Unwürdigkeit und die Kränkung des Vaters tief; darum drängt es ihn, sich zu demütigen durch ein rückhaltloses Bekenntnis seiner Schuld.


Autor: Wilhelm Busch (* 27.03.1897; † 20.06.1966) deutscher evangelischer Pfarrer, Prediger und Schriftsteller
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Er war berauscht, der junge Mensch, den wir unter der Bezeichnung „verlorener Sohn" kennen: berauscht von der Welt und ihren Möglichkeiten; berauscht von dem köstlichen, hinreißenden Tempo des Lebens; berauscht von den bunten Farben der Welt, von ihrem vielfältigen Betrieb. Ja, berauscht von sich selber war er auch. In solchem Rauschzustand haben wir kein Ohr mehr für Gottes Rat. Solcher Rauschzustand macht. uns einfach unfähig, Seine Stimme zu hören. Solcher Rausch verbirgt uns auch die sehr gefährliche Lage, in der wir sind.

Wenn wir in. solchem Zustand sind, gibt es nur eine Rettung: Gott kann etwas tun. Er kann uns alles zerschlagen. Dazu hat der lebendige Gott viele Möglichkeiten. Auch dem „verlorenen Sohn" tat Er so. So heißt es wörtlich: „Da kam er zu sich." Wie ein. Schlafwandler plötzlich aufschrickt! Die Nebelwolken weichen. Die Blendung erlischt. Man sieht die Wirklichkeit.

Das ist eine Ent-Täuschung! Und doch ist es eine große Gnade, wenn Gott uns die Wirklichkeit zeigt. Da sehen wir das entstellte Gesicht einer gefallenen Welt. Ihr Tempo ist nichts als sinnlose Flucht vor dem Tode. Ihr Betrieb ist Kinderspiel. Unser eigenes Werk erscheint im Tageslicht der Ewigkeit so armselig, so vielfach beschmutzt.

Und wir selbst? Wir können nur noch stammeln: „Vater, ich habe gesündigt in dem Himmel und vor Dir." „Da kam er zu sich …" Eine bitterschwere Stunde. Und doch wohl uns, wenn das ein Stück unserer eigenen Lebensgeschichte wird! Amen.


Autor: Wilhelm Busch (* 27.03.1897; † 20.06.1966) deutscher evangelischer Pfarrer, Prediger und Schriftsteller
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„Da kam er zu sich." Da, wachte er auf. Da kam die „Umwertung aller Werte". Was dem „verlorenen Sohn" bei seinem Auszug aus dem Vaterhaus am erstrebenswertesten erschienen war – das hatte er nun als große Täuschung erkannt.

Und was er verachtet hatte – die Liebe des Vaters und den Frieden des Vaterhauses –, das erkannte er nun als das Allerherrlichste. „Wie blind war ich!" hat er wohl immer wieder gesagt. „Wie blind war ich!" So sagt auch der Mensch, den Gottes Geist aus seinem natürlichen Zustand erweckt. „Wie blind war ich! Kann es denn irgendwo besser sein als beim Vater?! Gibt es denn etwas Größeres als Seine Liebe?! Bei Ihm hat der Ärmste die Fülle. Und ich verderbe im Hunger."

Ja, wenn der Mensch aus dem Rauschzustand des natürlichen, unerweckten Lebens zu sich kommt, dann kennt er nur noch eine Sehnsucht: „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir." Dann möchte er alles drangeben, um ein Wörtlein der Vergebung, um einen freundlichen Blick des Vaters zu gewinnen. Aber man hat doch nichts, um das zu erkaufen. Und doch –- selig ist der, in dem Gottes Geist solches Verlangen nach Vergebung und Frieden mit Gott wirkt: Denn „selig sind, die da hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden", verspricht Jesus. Amen.