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Predigten zu Matthäus 26,22

"Und sie wurden sehr betrübt und fingen an, ein jeder von ihnen zu ihm zu sagen: Ich bin es doch nicht, Herr?"

Autor: Hermann Friedrich Kohlbrügge (* 15.08.1803; † 05.03.1875) niederländischer reformierter Theologe

Bei manchem steigt die Anfechtung wohl so hoch, dass er meint, er sei ein Judas oder ein Saul. Da hat er denn eine Ungerechtigkeit in der Hand, er treibt Dieberei, er nährt mit Herz und Tat den Geiz, er lässt sich zerbeißen von Eifersucht und Ehrsucht, oder er sündigt mit aufgehobener Hand in verschiedener Hinsicht wider das Gebot: Du sollst nicht begehren. Die Wahrheit ist ihm bei allem dem zu gewaltig, dennoch ist auch die Lust gewaltig; er behauptet seine Frömmigkeit mitten in dem Unrecht, er treibt Mutwillen mit der Langmut Gottes. Da überfällt ihn mit einem Male eine bange Finsternis, und nun schreit er laut auf, dass er ein Judas, ein Saul ist. Was Not aber bei allem dem? Saul wollte nicht als ein Saul, Joab nicht als ein Joab, Judas nicht als ein Judas dastehen. Was beweist uns aber die große Geduld und Langmut des Herrn? Hat er Judas stürzen wollen? Ist er angelaufen, auf dass er fallen sollte? Mitnichten! Judas ist angelaufen, weil er hat fallen wollen, weil er kein Judas hat sein wollen. Wer hingegen laut aufschreit oder stumm vor sich hinblickend dasitzt und sagt: Ich bin ein Judas, ein Saul, der komme und werfe sich als ein solcher vor die Füße seines Herrn, so wird er es erfahren: es sieht bei einem Menschen so arg nicht aus, dass nicht dort oben Gnade für ihn sein sollte. Man klage nur sich selbst an und gebe Gott recht, alsbald ist einem geholfen.

Wo soll ich fliehen hin, weil ich beschweret bin
mit vielen, großen Sünden? Wo soll ich Rettung finden?
Wenn alle Welt herkäme, mein' Angst sie nicht wegnähme.
O Jesu voller Gnad, auf dein Gebot und Rat
kommt mein betrübt Gemüte zu deiner großen Güte:
Lass du auf mein Gewissen ein Gnadentröpflein fließen.


Autor: Hermann Friedrich Kohlbrügge (* 15.08.1803; † 05.03.1875) niederländischer reformierter Theologe

Wo der wahrhaftige Glaube Jesu Christi ist, da klagt man sich an, dass man die Sünde liebt, und ist dennoch der Sünde von Herzen feind, so dass man es in der Ungerechtigkeit gar nicht aushalten kann. Die Ungerechtigkeit muss hinaus und Gott muss da sein mit seinem Frieden. Das behaltet aber: Verzweiflung, dass man sich den Tod gibt, weil man nicht bekommen kann, was man will, weil man sich nicht mehr als einen Heiligen behaupten kann, ist die grässlichste aller Sünden. Sollte man sich auch anklagen müssen: Ich habe die Sünde wider den heiligen Geist begangen, so ist eben diese Klage der Beweis, dass man sie nicht begangen; denn wer sie begeht, klagt über solche Sünde nicht.

Lasst uns den Glauben treiben, meine Geliebten, ein jeglicher in seinem Kreise, den Glauben und das Wort Gottes. Der Glaube bewahrt vor aller Sicherheit und Verzweiflung. Das Wort Gottes lehrt uns auf jedem Blatt diese Wahrheit: Die Schuld ist unser, den Rat Gottes zu unserer Seligkeit führen wir selbst aus in unserer Sünde, und wo wir denn mit unserer Ungerechtigkeit angelaufen sind, da offenbart sich Gottes Gerechtigkeit in dem Blute Jesu Christi, und wer will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst.

O Lamm Gottes, unschuldig
am Stamm des Kreuzes geschlachtet,
allzeit erfunden geduldig,
wiewohl du warest verachtet.
All' Sünd hast du getragen,
sonst müssten wir verzagen,
erbarm' dich unser, o Jesu!