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Predigten zu Psalm 102,14

"Denn deine Knechte haben Gefallen an seinen Steinen und haben Mitleid mit seinem Schutt."

Autor: Christoph Blumhardt (* 01.06.1842; † 02.08.1919) deutscher evangelischer Theologe, Pfarrer und Kirchenlieddichter
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Die Sehnsucht, daß Gott sich über Zion erbarme, d.h. über das Volk Gottes und anschließend über die ganze Welt, ist keine neue; sie ist schon 3000 Jahre alt. Schon damals blickte man mit Erwartung nach oben, daß der HErr drein sehen und dem Jammer steuern möchte, wie des Volks, so der ganzen Welt, welchen tieferen Blick David und die Propheten immerhin hatten. „Es ist Zeit,“ hieß es, „die Stunde ist gekommen,“ d.h. es geht nicht mehr anders. Aber der Mensch denkt oft so: „Jetzt muß es seyn!“ - und dennoch ist er auf längeres Warten verwiesen, und muß er einstweilen mit Brocken vorlieb nehmen. Eine gewisse Ruhe indessen kam damals über Israel, eine Ruhe, die lange fortdauerte, und bis über Salomo hinaus, unter welchem eine Friedenszeit war, die zugleich ein Vorbild seyn sollte der Ruhe Gottes, die noch dem Volke Gottes vorhanden ist (Hebr.4,9). In etwas also ging die damalige Sehnsucht wirklich in Erfüllung, nur eben in dem Maße, wie's möglich war, fast nur nach außen, und einzig auf Israel beschränkt. Unterdessen hat sich das Erbarmen Gottes über Zion noch weiter kund getan, als der HErr kam. Wie schön sangen Zacharias, der Vater Johannis, und Simeon, der Wartensheld, indem sie sich freuten, daß wenigstens der Anfang da war, die Zeit der gnädigen Heimsuchung Gottes! Diese war denn gekommen, aber auch wieder nur nach einem gewissen Maße; und Zion und die ganze Menschheit wurde auf noch weiteres Warten verwiesen. Wie wir jetzt stehen, das wissen wir. Jeder Stein schreit: „Du wollest Dich aufmachen und über Zion erbarmen!“ - und das Gefühl: „Es ist Zeit, daß Du ihr gnädig seiest, und die Stunde ist gekommen,“ durchdringt mehr und mehr alle Welt. Wie lange werden wir noch warten müssen? Wenn der HErr einmal, etwa durch besondere Zeichen, die Er kommen läßt, sagt: „Es ist Zeit, die Stunde ist gekommen,“ - dann geht's. So lange wir sagen : „Es ist Zeit,“ - so lange müssen wir auch dessen gewärtig seyn, daß der HErr sagt: „Noch nicht so ganz.“ Aber je mehr gebetet wird, je ernstlicher es die Leute auf dem Herzen tragen, je mehr Simeon's kommen, desto schneller macht sich die Zeit, und kommt das, wonach die ganze Kreatur seufzet und sich sehnet. Denn es ist etwas gar Großes, das Allergrößeste, das man noch zu erwarten hat, nichts Geringeres, als eine Umwandlung der ganzen Schöpfung zu neuem Himmel und zu neuer Erde, die wenigstens der Ausgangspunkt aller Erwartungen ist. Haben wir denn Geduld und harren wir sein! Kommen wird und muß doch alles.

Mel. So führst Du doch recht. HErr, stehe auf, daß Zion Du befreiest, Mit Mitleid und Erbarmen sieh' sie an. Denn es ist Zeit, daß Du ihr gnädig seiest; Gekommen ist die Stund'. Ach, laß sie nah'n! Denn siehe, Deine Knechte wollten gern, Daß ihre Steine wurden aufgebaut! Ihr Auge nach dem Schutt mit Mitleid schaut. Ach, daß sie bauete die Hand des HErrn!