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Predigten zu Psalm 142,1

"Mit meiner Stimme schreie ich zu der HERR, mit meiner Stimme flehe ich zu der HERR."

Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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Beachtet, wie das Gebet des Psalmisten fortschreitend Gestalt annimmt: Zuerst lässt er nur seinem natürlichen Begehren freien Lauf, er »schreit«. Dann rafft er all seinen Verstand zusammen, ordnet seine Gedanken und »schüttet sein Anliegen vor Ihm aus«. Wahre Gebete mögen sich in ihrer Ausdrucksweise unterscheiden, nicht aber in ihrer Zielrichtung. Ein Stoßgebet, ein Schrei, muss genauso wie eine vorher zurechtgelegte Bitte zu demselben, die Gebete erhörenden Gott aufsteigen, und Er wird beides mit derselben Bereitschaft annehmen. Beachtet: Das persönliche Gebet war dem Psalmisten sehr bedeutsam; er freute sich, wenn andere beteten; aber er war nicht zufrieden, wenn er selbst schwieg. Seht, wie oft er in der ersten Person spricht: »Ich schreie … mit meiner Stimme … mit meiner Stimme … ich schütte mein Anliegen aus.«

Dass der Mensch ihn unbeachtet ließ, trieb ihn zu dem HERRN, seinem Gott. War nicht auf diese Weise aus Verlust ein Gewinn, aus Misserfolg ein großer Reichtum geworden? Alles, was uns dahin bringt, zu Gott zu schreien, ist ein Segen. In diesem ganzen heiligen Gesang finden wir eine Art Steigerung bei den Wiederholungen: Erst »schrie« er, doch nachher »erzählte« er. Sein Schreien war bitter; aber sein Erzählen geschah in Ruhe; sein Schreien war kurz und heftig, sein Erzählen dagegen ausführlich und vollständig. Es erfreut einen Gläubigen sehr, wenn er an seine eigenen Glaubenszeugnisse denkt. Sein ungläubiges Murren möchte er wohl gern vergessen; aber die Triumphe der Gnade, die einen lebendigen Glauben in ihm wirkten, wird er unter keinen Umständen aus dem Gedächtnis verlieren. Welch ein grandioses Glaubensbekenntnis war dies! David sprach zu Gott und über Gott: »Du bist meine Zuflucht«, nicht: »Du hast mir eine Zuflucht bereitet«, sondern: »Du, Du selbst bist meine Zuflucht.« Er floh zu Gott selbst; er barg sich unter den Flügeln des Ewigen. Er glaubte das nicht nur, sondern sprach es auch aus und handelte danach. Und das war noch nicht alles; denn während er von seinem Erbteil im verheißenen Land verbannt war und man ihm seinen rechtmäßigen Besitz vorenthielt, fand er in Gott sein »Teil«. Ja, wahrlich, Gott war sein Erbteil. Das galt nicht nur für seinen zukünftigen Status, sondern auch hier schon, unter den jetzt lebenden Menschen. Es ist manchmal leichter, an ein Erbteil im Himmel zu glauben, als an eines hier auf Erden; wir könnten leichter sterben als leben, wenigstens meinen wir das. Aber es gibt kein Leben im Lande der Lebendigen, das mit einem Leben mit dem lebendigen Gott zu vergleichen wäre. Für den Gottesmann bedeutete es sehr viel, so kostbare Dinge in der Stunde seines schrecklichen Elends auszusprechen. Es ist leicht, heldenhaft zu reden, wenn man keine Schwierigkeiten hat; aber in Anfechtungen zuversichtlich zu sprechen, ist etwas völlig anderes.