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Predigten zu Psalm 55,1

"Nimm zu Ohren, o Gott, mein Gebet, und verbirg dich nicht vor meinem Flehen!"

Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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Wir sind es so sehr gewöhnt, sonst würden wir staunen, wenn wir beobachten, wie universell und beständig die Heiligen in Zeiten der Not zum Gebet Zuflucht nehmen. Von dem Haupt der Gemeinde selbst bis hinab zu dem Allerletzten aus der göttlichen Familie erfreuen sich alle des Gebets. In Zeiten des Kummers eilen sie so selbstverständlich zum Gnadenthron wie kleine Küken zur Glucke, wenn Gefahr droht. Aber beachten wir es wohl: Es ist nie der Akt des Betens an sich, was die Frommen befriedigt. Sie bitten um eine Audienz im Himmel, um eine Antwort vom Thron, und nichts Geringeres wird sie zufrieden stellen.

Welch einen Trost dürfen wir darin finden, mit unserem Gott vertraut zu sein! Wir sollten nicht über Ihn klagen, sondern bei Ihm klagen. Wenn uns der Schmerz ablenkt, dürfen wir Ihm unsere abschweifenden Gedanken bringen, und das auch in Äußerungen, die man eher ein Seufzen als ein Sprechen nennen müsste. Er wird so sorgfältig zuhören, dass Er uns versteht, und Er wird oft Wünsche erfüllen, die wir gar nicht in verständliche Worte kleiden konnten. »Unaussprechliches Seufzen« sind oft Gebete, die nicht abgewiesen werden können. Unser Herr selbst gebrauchte »starkes Geschrei und Tränen«; und wurde in dem erhört, was Er fürchtete.

Sein Geist krümmte sich im Todeskampf wie ein armer Wurm; Er war in so großer seelischer Not, wie eine Frau in den Wehen in körperlicher Not ist. Sein Innerstes war davon ergriffen, und wer kann einen verwundeten Geist ertragen? Wenn dies geschrieben wurde, als David von seinem eigenen Lieblingssohn angegriffen und mit Schimpf und Schande aus seiner Hauptstadt vertrieben wurde, hatte er wahrlich Grund, solche Ausdrücke zu verwenden. Er sagte: »Hätte ich doch Flügel wie die Taube, ich wollte hinfliegen und ruhen!« Wenn er keinen Widerstand leisten konnte wie ein Adler, so wollte er entfliehen wie eine Taube. Flink und unbeobachtet wollte er auf starken und unermüdlichen Schwingen forteilen, fort von den Wohnungen der Verleumdung und der Bosheit. Seine Friedensliebe ließ ihn sich sehnen, dieser Szene des Kampfes zu entkommen. Wir neigen alle dazu, dieses nutzlose Begehren zu äußern; denn nutzlos ist es, weil keine Tauben- oder Adlerflügel uns von dem Kummer eines zitternden Herzens forttragen könnten. Innerer Schmerz der Seele kennt keinen Ort. Außerdem ist es Feigheit, dem Kampf auszuweichen, von dem Gott will, dass wir ihn ausfechten. Wir sollten lieber der Gefahr ins Angesicht blicken; denn für unseren Rücken haben wir keine Waffen. Wer der Verleumdung entfliehen will, braucht ein schnelleres Gefährt als Taubenflügel; wer aber nicht flieht, darf ganz ruhig sein und seine Sache Gott anbefehlen. Selbst die Taube damals fand keine Ruhe, bis sie zu ihrer Arche zurückgekehrt war. So finden wir mitten in all unserem Kummer Ruhe in Jesus. Wir brauchen nicht wegzuziehen; denn alles wird gut, wenn wir auf Ihn vertrauen.