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Predigten zu Römer 3,23

"denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes,"

Autor: Carl Olof Rosenius (* 03.02.1816; † 24.02.1868) schwedischer Laienprediger und Initiator einer neuevangelischen schwedischen Erweckungsbewegung

"Es ist hier kein Unterschied; sie sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten."

Wie soll man diese Worte eigentlich verstehen? - Es lautet doch recht ungereimt, dass hier kein Unterschied sein sollte, da wir ja mit den Augen sehen, dass der Unterschied im Gegenteil recht groß ist, indem der eine Mensch frei in aller Sünde lebt, während der andere jeden Tag ein wachsames Leben führt. Antwort: Beachte wohl, um was es sich hier handelt! Hier ist ja nur die Rede von der Gerechtigkeit vor Gott, von dem "Ruhm" in bezug auf das Erwerben der Seligkeit. Nur in dieser Frage hört aller Unterschied zwischen mehr oder weniger Sünde auf. Handelt es sich dagegen um das, was von unseren Werken abhängt, nämlich um verschiedene Grade der Verdammnis oder Seligkeit, dann sagt die Schrift eindeutig, dass hier ein Unterschied sei; dann wird einerseits von "erträglicher" und "unerträglicher" geredet, und andererseits davon, dass "der eine Stern den anderen übertreffe nach der Klarheit". Sobald es sich aber um die Gerechtigkeit und den Ruhm vor Gott handelt, wie hier, ist sogleich "kein Unterschied"; denn dann reichen keines Menschen Werke hin, dann sind wir alle so weit von der Gerechtigkeit entfernt, dass jeglicher Unterschied dadurch verschwindet. Sieh hier ein Gleichnis:

Wenn wir von Unebenheiten auf unserer Erde reden, müssen wir sagen, dass zwischen den hohen Bergspitzen und den Taltiefen ein großer Abstand sei. Sobald wir aber von der Entfernung der Erde von der Sonne reden, ziehen wir diese Unebenheiten der Erde nicht mehr in Betracht. Wir sagen dann nicht: Von der Sonne zu den Bergspitzen ist es so und so weit, und von der Sonne zu den Taltiefen so und so weit, sondern wir sagen: Die Entfernung ist so unermesslich, dass die Unebenheiten der Erde nichts zur Sache beitragen - "es ist hier kein Unterschied". Ebenso ist bei den Menschen gewiss ein großer Unterschied in den Sünden und in der Frömmigkeit; da aber der Beste so unendlich weit von der Gerechtigkeit entfernt ist, so ist vor dem Herrn in bezug auf die Würdigkeit zum Himmel kein Unterschied.

Wenn in einem Gefängnis, in dem eine Schar zum Tode Verurteilter verwahrt wird, die allesamt Banditen, Mörder und Räuber sind, diese anfangen würden, darüber zu streiten, wer von ihnen eines Ehrenplatzes beim Könige würdiger sei, dann würden wir sagen: "Ihr seid allesamt nur des Richtplatzes würdig; hier ist kein Unterschied." Geradeso verhält es sich, wenn wir von unseren Vorzügen in bezug auf die Gerechtigkeit vor Gott reden. Wir sind allzumal große Missetäter, die täglich gegen Gottes Gebote häufig sündigen. Und selbst ernsteste Christen müssen alle Tage um Vergebung bitten und fühlen sich des Zornes Gottes wert, wenn Er sie nach Seinem Gesetz richten würde.

Gewiss, leider gibt es auch solche, welche meinen, etwas viel Besseres zu sein und sich einbilden, dass sie durch die Gnadenmittel und durch viel Gebet, Glauben, Wachsamkeit und Ernst dahin gelangt seien, dass sie nicht mit anderen kümmerlichen Christen verglichen werden dürften, sondern in sich selbst gleichsam ein besonderes, heiliges Geschlecht bildeten. Diese aber sind vom Teufel bezaubert. Wenn sie nüchtern und wach wären, würden sie dasselbe empfinden, was der gedemütigte David empfand, als er flehte: "Herr, gehe nicht ins Gericht mit Deinem Knecht, denn vor Dir ist kein Lebendiger gerecht." -Wenn wir von den unbekehrten Menschen reden, sind auch ihre besten Werke nur Sünde und Heuchelei, weil ihre Herzen im Glauben und in der Liebe nicht wohl stehen mit dem Herrn. Wie groß der Unterschied sonst auch sein mag - ob sie nun moralische, edle und ehrbare Mitglieder der Gemeinschaft sind, die ihre äußeren Pflichten gewissenhaft beobachten, sogar um Gott eifern und, obwohl nicht weislich, sogar ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten trachten, oder aber, ob sie freche Spötter sind, die frei in allen möglichen Sünden und Lastern dahinleben -, beide stehen sie unter demselben Urteil Gottes, und beide brauchen sie dieselbe Gnade, gleichwie diese auch beiden gleich angeboten und frei geschenkt wird, wenn sie diese zu Jesu Füßen suchen. Hierzu hat ein alter Gottesmann gesungen:

Allerhöchste Ehrbarkeit, Die vor Sünde stets gebebet, Und die größte Sündigkeit, Die in Lastern frei gelebet, Müssen hier sich doch verbinden Und dieselbe Gnade finden.

Der, dem mehr denn 20 Jahr Unter Mosis Joch verflossen, Dem es oft so sauer war, Dass er manche Trän' vergossen, Muss doch oft den Räuber sehen Vor sich in den Himmel gehen.

Der, der viele Bücher las, Viel erfahren, viel geschrieben, Und der in dem Kerker sass, Von der Sünde aufgerieben, Müssen doch zu Jesu gehen Und um gleiche Gnade flehen.

Wer sich hier mit Wort und Tat Wider Christi Herd' versündigt, Gleichwie der, der ihr oft hat Manches Trostwörtlein verkündigt, Müssen vor dem Heiland liegen Und dieselbe Gnade kriegen.