Buch-Rezension: Das Evangelium nach Johannes - Einleitung und Kommentar

Das Evangelium nach Johannes

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Wie schon in der bereits 2016 von Karl Jaroš veröffentlichten Einleitung mit Kurzkommentar zum Markusevangelium besticht der Autor auch in diesem Buch, das dem Johannesevangelium gewidmet ist, durch sein unabhängiges Denken, das Positionen der liberalen Theologie mit neuen Argumentationsansätzen hinterfragt. Das Buch versteht sich als Kombination aus Einleitung und Kurzkommentar.

In der ersten Hälfte (15–226) klärt der Autor ausführlich die Einleitungsfragen (Autor, Abfassungszeit, zeitliches Umfeld, besondere Eigenschaften des Evangeliums). Dabei fällt besonders auf, wie unabhängig sich Jaroš von bekannten Argumenten macht. Die Einleitung ist nicht (wie in Kommentaren üblich), eine Auflistung und Abwägung von bereits bekannten Positionen der Sekundärliteratur, sondern eine neue Auswertung der textlichen Befunde. So werden zunächst die ältesten Handschriften des Evangeliums detailliert anhand ihrer Abweichungen untersucht. Der Autor kommt zu dem Ergebnis: „Der fortlaufende griechische Text des Evangeliums ist nach der handschriftlichen Überlieferung nie ein anderer gewesen als der bis heute in den verschiedenen Ausgaben gedruckte Text“ (49). Da spricht dagegen, dass der Text des Evangeliums in der Überlieferungsgeschichte Veränderungen erfahren hat, die heute nicht mehr erkennbar sind. Dieses Ergebnis wird auch durch eine neue Auswertung der frühkirchlichen Zitate und Anspielungen auf das Johannesevangelium bestätigt (93). Mehr noch: Die Zitate bestätigen, dass das Evangelium vor 100 n. Chr. in Umlauf gewesen sein muss (64). Ein Höhepunkt der Einleitung ist eine neue Untersuchung der Einheitlichkeit anhand mathematisch-statistischer Methoden, die bestätigen, dass das Evangelium von einem einzigen Autor verfasst wurde, ohne dass es verschiedene Redaktionsstufen durchlaufen hätte (115). Damit liegt ein gutes Argument gegen Hypothesen der liberalen Theologie vor, die eine Zusammensetzung des Evangeliums aus verschiedenen Quellen annehmen.

Durch eine Auswertung externer und interner Belege begründet Jaroš, dass der Apostel Johannes das Evangelium in den 60er Jahren in Jerusalem verfasst und in den 70er Jahren des 1. Jh. in Ephesus veröffentlicht hat (143.146–147). Insbesondere mit den für diese Schlussfolgerung ausgewerteten altkirchlichen Quellen bietet Jaroš gute Gegenargumente gegen Positionen der liberalen Theologie. Im Rest der Einleitung erklärt Jaroš stilistische Eigenschaften des Evangeliums und das zeitlich religiöse Umfeld der Entstehung.

In der zweiten Hälfte des Buches folgt ein Kommentar (227– 515). Da jeweils der vollständige griechische Text mit einer Übersetzung von Jaroš abgedruckt wird, bleibt der Kommentar sehr kurz und beschränkt sich auf die Nennung selektierter Aspekte. Diese sind teilweise interessant, gehen mitunter aber am Schwerpunkt des Evangeliums vorbei. Die unabhängige Denkweise des Autors wird hier zum Nachteil, etwa wenn der Autor den Prolog durch Parallelen zur ägyptischen Göttin Maat oder der kanaanitischen Göttin Aschera zieht (237). Diese und andere Aspekte, die der Autor anführt, sind im besten Fall kreative Gedankenspiele, aber meist für das Verständnis des Evangeliums nicht relevant oder führen in eine völlig falsche Richtung.

Fazit: Der Wert des Buches besteht vor allem in der ausführlichen Einleitung, in der Jaroš mit akribischer Quellenarbeit gute Argumente für die apostolische Echtheit und Einheitlichkeit des Evangeliums bietet.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Benjamin Lange
 Kategorie: Kommentare, Auslegung, Lexika

  Verlag: Patrimonium
  Jahr: 2018
  ISBN: 978-3-86417-109-3
  Seiten: 568
 €    Preis: 39,80 Euro

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