Buch-Rezension: Ich habe es überlebt - Das dunkle Geheimnis: Sexueller Missbrauch

Ich habe es überlebt

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Viele aktuelle „Fälle“ haben dazu geführt, dass das Thema „Kindesmissbrauch“ in den Mittelpunkt der Berichterstattung gekommen ist. Man muss Sorge haben, dass dadurch eine sachdienliche Aufarbeitung des Themas zu kurz kommt, weil die Presse vor allem nach solchen Fällen Ausschau hält, die eine möglichst große Verbreitung versprechen, weil bekannte Persönlichkeiten oder Institutionen betroffen sind.

Das Buch „Ich habe es überlegt" der drei Autoren Arline Westmeier, Ellen von Aesch und Peter Glöckl dient wirklich der Aufklärung. In diesem gut zu lesenden Werk von 127 Seiten, herausgegeben vom Blaukreuz-Verlag, Wuppertal (1997), erzählen fünf Personen (einmal wird von einer Therapeutin über eine Person berichtet) ihr Leben des Missbrauchs und den Weg aus diesem Elend heraus. Gerade diese authentischen Berichte erleichtern es uns, die wir Außenstehende sind, ein wenig mehr von den inneren Nöten Betroffener zu erkennen und zu verstehen.

Wer würde glauben, dass man den erlebten Missbrauch derart verdrängen kann, dass man sich gar nicht mehr daran erinnern kann? Eine der genannten Lebensberichte zeigt, dass dies tatsächlich möglich ist. Erst die Schwierigkeiten im späteren Leben, die auf die Narben des Missbrauchs zurückzuführen sind, machten es möglich, den erlebten Missbrauch aufzuarbeiten. Man lernt daraus auch, dass es einer solchen Ver- und Aufarbeitung bedarf. Ohne eine solche Therapie ist es im Allgemeinen unmöglich, ein einigermaßen normales Leben zu führen.

Sehr nützlich sind in diesem Buch die Berichte der Mutter einer Missbrauchten und des Ehemannes einer als Kind sexuell missbrauchten Frau. Beide Berichte helfen, die Nöte in der „Umgebung" eines Opfers besser zu verstehen. Ehepartner von sexuell missbrauchten Kindern haben es überaus schwer. Gerade dann, wenn der Missbrauch noch nicht verarbeitet werden konnte, sind sie oft (mit) Leidtragende des Missbrauchs. Umso wichtiger ist es, dass sie verstehen, dass die Schwierigkeiten im sexuellen und sozialen Umgang nicht in ihnen begründet liegen, dass sie es aber ohne fremde Hilfe nicht schaffen werden, diese Probleme zu lösen.

Wichtig ist auch, dass man lernt, dass das familiäre Umfeld oftmals alles andere als positiv auf die Enthüllung eines familieninternen Missbrauchs reagiert. Denn durch eine solche Offenlegung werden der Familienfriede und die Familienidylle empfindlich gestört. Da manche Brüder, Schwestern und Elternteile der Meinung sind, wenn so etwas erst nach vielen Jahren herauskommt, dass es dann auch weiter ein Geheimnis hätte bleiben können, machen sie dem Opfer, dem eigentlich geholfen werden müsste, zum Teil groteske Vorwürfe. Leider muss man damit auch heute noch rechnen.

Zwei Kapitel in diesem Buch sind der konkreten Hilfe gewidmet. In dem einen geht es darum, was Mütter und Väter tun können, wenn ihr Kind sexuell missbraucht wurde. Hier werden nützliche und unbedingt zu überdenkende Ratschläge erteilt. In dem Schlusskapitel erklärt Peter Glöckl, Sozialtherapeut beim Blauen Kreuz, in welcher Weise sich das Blaue Kreuz durch Seminare der Opfer von Kindesmissbrauch annahm.

Das Buch ist für denjenigen, der bereit ist, sich auf dieses Thema einzulassen, gut zu lesen. Es ist sehr empfehlenswert für Mütter und Väter, die mit Kindesmissbrauch in ihrer Familie zu tun haben, aber auch für solche Gläubige, die in ihrer direkten Umgebung - der örtlichen Versammlung (Gemeinde) - mit Kindesmissbrauch zu kämpfen haben. Wer Opfern helfen möchte, sollte dieses Buch gelesen haben.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Manuel Seibel
 Kategorie: Seelsorge, Hoffnung, Lebenshilfe

  Verlag: Blaues Kreuz in Deutschland BKD
  Jahr: 1997
  ISBN: 978-3891751374
  Seiten: 128
 €    Preis: 12,50 Euro