Herodes in Arabien. Seine Flucht nach Rom und seine Ernennung zum König von Judäa.


Herodes zog unterdessen im angestrengtesten Marsche nach Arabien, weil er noch in dem Glauben war, dass sein Bruder am Leben sei, und deshalb schleunigst von dem König Geld aufnehmen wollte, das bei der bekannten Habsucht der Barbaren ihm allein noch Aussicht gab, dieselben für die Freilassung Phasaëls zu gewinnen. Er rechnete nämlich darauf, dass, wenn auch der Araber jetzt für die Freundschaft mit seinem Vater ein allzu kurzes Gedächtnis haben sollte und auch zu knickerisch wäre, ihm die Summe umsonst zu geben, er doch zum wenigsten das Lösegeld von ihm zu leihen bekommen würde, wofür er ihm zur Sicherstellung den Knaben des loszukaufenden Gefangenen, seinen siebenjährigen Neffen, den er bei sich hatte, übergeben wollte. Er war entschlossen, sich auf eine Summe von 300 Talenten einzulassen, und gedachte die Tyrier als Unterhändler vorzuschieben. Da aber das Verhängnis seinen Eifer überflügelt hatte, und Phasaël bereits todt war, so war auch die liebevolle Bemühung des Herodes um seinen Bruder ganz umsonst. Indes fand Herodes auch bei den Arabern keine probehaltige Freundschaft mehr.

Denn ihr König Malchus schickte noch vor seinem Eintreffen den Befehl an ihn, in aller Eile das Land wieder zu verlassen, wofür er sich schlauerweise auf die Parther berief, die ihn angeblich in aller Form aufgefordert haben sollten, Herodes aus Arabien fortzuschaffen: der wahre Grund aber für dieses Benehmen war seine Absicht, das von Antipater ausgeliehene Geld zu behalten und sich auf keine Weise erbitten zu lassen, für die Spenden des Antipater seinen jetzt in größter Not befindlichen Kindern einen Ersatz zu leisten. Zu dieser Unverschämtheit rieten ihm auch andere, die genau so, wie er, den Wunsch hatten, verschiedene von Antipater ihnen anvertraute Summen für immer einzusacken, und das waren gerade die einflussreichsten Personen seiner Umgebung.


So fand denn also Herodes die Araber gerade wegen solcher Dinge ihm feindlich gesinnt, derentwegen er bei ihnen die freundschaftlichste Aufnahme zu finden gehofft hatte. Er gab daher den Boten eine Antwort, wie sie ihm eben nur die schmerzlichste Überraschung auf die Zunge legen konnte, und kehrte zurück, um sich nach Ägypten zu wenden. Die erste Nacht brachte er in einem Tempelgebäude des Landes zu, wo er die einstweilen zurückgelassenen Begleiter wieder traf. Am folgenden Tage erreichte er Rhinokorura, wo ihm die erste Nachricht von dem unglücklichen Ende seines Bruders zukam.

Von neuem Schmerze niedergedrückt, wenn auch in gleichem Maße der Sorgen enthoben, die er bis nun um den Bruder gehabt hatte, reiste Herodes einfach weiter. Jetzt schickte freilich auch der Araber, den es, allerdings zu spät, wieder gereut hatte, schleunig dem so schmählich behandelten Flüchtling Boten nach, um ihn zurückzurufen. Aber Herodes war ihnen schon zu weit voraus und bereits in Pelusium eingetroffen. Da er hier auf den im Hafen ankernden Schiffen keine Gelegenheit zur Überfahrt nach Alexandrien bekommen konnte, wandte er sich an die Obrigkeit, und diese ließ ihn aus Achtung vor seinem Rufe und seiner Würde nach Alexandrien befördern.

In dieser Stadt angelangt, fand er bei der Kleopatra eine höchst ehrenvolle Aufnahme, weil sie für ihre nächsten kriegerischen Unternehmungen einen tüchtigen Feldherrn an ihm zu bekommen hoffte. Herodes lehnte aber die wiederholten Anerbieten der Königin entschieden ab und fuhr, ohne im geringsten die Strenge des Winters oder die Wirren in Italien zu scheuen, über das Meer nach Rom.


Auf der Höhe von Pamphylien kam er in einen gefährlichen Sturm und konnte sich nur mit genauer Not dadurch, dass er den größten Teil der Ladung ins Meer werfen ließ, auf die Insel Rhodus retten, die im Kriege mit Cassius hart mitgenommen worden war. Hier fand er bei seinen Freunden Ptolemäus und Sapphinius Aufnahme und ließ, obgleich in Geldverlegenheit, einen Dreiruderer größten Stiles bauen, auf welchem er dann in Begleitung seiner Freunde nach Brundusium fuhr. Von dort eilte er nach Rom, wo er sich in Anbetracht der Freundschaft, die zwischen Antonius und seinem Vater bestanden hatte, zunächst an diese Persönlichkeit wandte und ihm seine und seines Hauses Unglücksschläge auseinandersetzte, wie er zuletzt namentlich seine teuersten Familienglieder in einer Festung, preisgegeben allen Schrecken einer Belagerung, habe zurücklassen müssen, um nach einer Meerfahrt im Winter bei ihm Schutz und Hilfe zu suchen.


Bei der Nachricht von dieser traurigen Wendung ward Antonius von Mitleid für Herodes ergriffen und beschloss aus Erkenntlichkeit gegen die Gastfreundschaft des Antipater, hauptsächlich aber aus Rücksicht auf die hohe Befähigung des Bittstellers, denselben Mann jetzt auf den Königsthron Judäas zu erheben, den er selbst früher bereits zum Tetrarchen befördert hatte. Nicht weniger aber, als das Wohlwollen gegen Herodes, trieb ihn dazu seine Missstimmung gegen Antigonus, den er, wie ganz natürlich, nur für einen unruhigen Kopf und Feind der Römer halten konnte.

Was nun Cäsar Octavianus anlangt, so kam er den Wünschen des Herodes fast zuvor. Mit Vergnügen gedachte er des Feldzuges, den Antipater an der Seite seines eigenen Vaters mitgemacht hatte, sowie dessen Gastfreundschaft und unbeschränkten Wohlwollens. Selbstverständlich ließ er auch die Energie des Herodes nicht unbeachtet.

Er berief alsdann den Senat, vor welchem zuerst Messala und nach ihm Atratinus im Namen des anwesenden Herodes auftraten, indem sie die guten Dienste seines Vaters, wie auch seine eigene Ergebenheit gegen die Römer des weiteren ausführten, zugleich aber auch Antigonus als einen Feind Roms hinstellten, gestützt sowohl auf die Anlässe älteren Datums, wo er sich mit den Römern überworfen hatte, als auch ganz besonders darauf, dass er gerade jetzt wieder den Thron mit Hilfe der Parther, ohne im geringsten nach den Römern zu fragen, in Besitz genommen habe. Hatten schon diese Ausführungen im Senate Bewegung hervorgerufen, so stimmte derselbe vollends dem Antrage bei, als Antonius auftrat und auch den politischen Vorteil der Erhebung des Herodes auf den Königsthron für den Partherkrieg aufzeigte.

Nach Schluss der Beratung verließ Herodes, rechts und links von Antonius und Cäsar geleitet, den Senat. Die Consuln mit den übrigen Staatsbehörden bildeten die Spitze des Zuges, der sich gegen das Capitol bewegte, um dort ein Opfer zu entrichten und das Ernennungsdecret feierlich zu hinterlegen. Dem Herodes zu Ehren veranstaltete dann Antonius am ersten Tage seines Königtums ein festliches Gastmahl.