Niederlage und Tod des Josephus. Herodes Rückkehr nach Judäa und sein Sieg über Pappus. Zweite Belagerung Jerusalems im Verein mit Sosius. Vermählung mit Mariamne.


In dieser Zeit ward das Glück des Herodes in Judäa von einer argen Erschütterung betroffen. Er hatte nämlich hier seinen Bruder Joseph, mit dem Generalkommando bekleidet, zurückgelassen, ihm aber zugleich die stricte Weisung gegeben, bis zu seiner Rückkehr gegen Antigonus gar keine neuen Operationen auszuführen, da er auf die Unterstützung des Machäras, nach dessen bisheriger Haltung zu schließen, nicht bauen dürfe. Kaum hatte aber Josephus sichere Kunde, dass sein Bruder schon in weitester Ferne sei, als er sich über die strengen Befehle desselben hinwegsetzte und mit fünf Cohorten, die ihm Machäras mitgegeben hatte, nach Jericho zog, um sich des dortigen Getreides gerade zur Zeit der Haupternte mit Gewalt zu bemächtigen.

Aber die Feinde griffen ihn auf gebirgigem und schwer passierbarem Terrain an, und Josephus verlor dabei, so glänzend er sich auch im Kampfe gehalten, sein Leben. Mit ihm ward auch die ganze römische Abteilung zusammengehauen, da die Cohorten aus frisch ausgehobener syrischer Mannschaft bestanden und gar keine sogenannten Kerntruppen unter sich hatten, welche ihnen bei ihrer militärischen Unerfahrenheit hätten beispringen können.


Antigonus ließ es sich jedoch am Siege nicht genügen, sondern verstieg sich in seiner Wut soweit, dass er selbst noch die Leiche des Josephus verstümmelte. Als er nämlich unter anderen Leichen auch der des Josephus habhaft geworden, ließ er ihm den Kopf abschneiden, obschon dessen Bruder Pheroras Willens gewesen wäre, fünfzig Talente Lösegeld für den Gefallenen zu bieten.

In Galiläa schlug nach diesem Siege des Antigonus die Flamme des Aufruhrs wieder so mächtig empor, dass die einflussreichsten Herodianer daselbst von den Anhängern des Antigonus an den See geschleift und darin ertränkt wurden. Auch in Idumäa, wo Machäras gerade daran war, eine von den dortigen Festungen, namens Gittha, wieder herzustellen, kehrte ein großer Teil der Sache des Herodes den Rücken. Von all diesen Vorgängen hatte Herodes noch nichts erfahren, sondern kam erst in folgender Weise zu ihrer Kenntnis.

Nach der Einnahme von Samosata hatte Antonius den Sosius zum Statthalter von Syrien aufgestellt und ihm den Auftrag gegeben, dem Herodes gegen Antigonus Hilfe zu leisten, worauf er sich wieder nach Ägypten wandte. Sosius ließ zunächst zwei Legionen zur Unterstützung des Herodes nach Judäa vorausmarschieren, um mit den übrigen Truppen in kürzester Frist persönlich nachzukommen.


Eben befand sich Herodes in Daphne bei Antiochien, als ihn unzweideutige Traumgesichte auf die Nachricht vom Tode seines Bruders vorbereiteten. In dem Augenblick, wo er voll Entsetzen darüber vom Lager aufsprang, traten auch schon die Boten mit der traurigen Kunde herein. Nur kurze Zeit überließ sich Herodes dem Jammer über sein Unglück und verschob die förmliche Trauer auf eine spätere Zeit, um sofort in Eilmärschen gegen den Feind zu ziehen.

Nach einem übermäßig forzierten Marsche, auf dem er bis an den Libanon vorgedrungen war, zog er 800 der dortigen Bergbewohner als Hilfstruppen an sich und verstärkte auch daselbst sein Heer mit einer der zwei (versprochenen) römischen Legionen. Mit diesen Truppen brach Herodes, ohne erst den Morgen abzuwarten, in Galiläa ein und trieb die Feinde, die sich ihm entgegengeworfen hatten, nach dem Orte zurück, aus dem sie eben zum Kampfe ausgerückt waren.

Sofort eröffnete er den Sturm auf die Festung selbst, ward aber, bevor er sie in seine Gewalt bekam, von einem entsetzlichen Regenschauer gezwungen, in den umliegenden Dörfern ein Lager zu beziehen. Als dann wenige Tage darauf auch die zweite von Antonius zu Hilfe gesandte Legion sich mit der Belagerungsarmee vereinigte, verließen die Feinde aus Furcht vor deren jetzigen Stärke bei Nacht und Nebel die Veste.


Und nun ging es weiter in größter Eile durch die Auen von Jericho, um sobald als möglich die Mörder des Bruders zu bestrafen. Hier in Jericho war es auch, wo ihm auf göttliche Zulassung eine höchst bedeutsame Katastrophe zustieß, der er nur wie durch ein Wunder entrann, um den Ruhm eines auserwählten Günstlings Gottes mitzunehmen. An jenem Abende war gerade eine Menge hoher Gäste mit ihm beim Mahle vereint. Kaum war nun das Gelage aufgehoben, und alle Teilnehmer ins Freie getreten, als plötzlich das Speisegemach einstürzte.

Herodes sah in diesem Ereignis nur eine Vorbedeutung der gemeinsamen Gefahr, aber auch der gemeinsamen Rettung im bevorstehenden Kampfe und ließ das Heer schon gegen die Morgendämmerung nach Jerusalem aufbrechen. Da stürmten plötzlich bei 6.000 Feinde von den Bergen herab und begannen mit dem Vortrab zu plänkeln, ohne indes einen ernstlichen Nahkampf mit den Römern zu wagen: dafür überschütteten sie dieselben aus der Ferne mit Steinen und Wurfspeeren und verwundeten eine erkleckliche Zahl von ihnen. Selbst Herodes wurde bei seinem Ritt durch den Engpass von einem Wurfspeer seitlich gestreift.


Antigonus wollte sich jetzt nicht bloß mit der überlegenen Waghalsigkeit der Seinigen, sondern auch mit ihrer Übermacht brüsten und sandte darum den Pappus, einen seiner Freunde, mit einem Heere direkt gegen Samaria, um gegen den dort stehenden Machäras die Offensive zu ergreifen. Herodes machte unterdessen einen Streifzug ins feindliche Gebiet, auf dem er fünf kleinere Städte eroberte, 2.000 Einwohner niedermetzelte und ihre Häuser einäscherte, um dann wieder in sein befestigtes Lager, das er in der Nähe des Dorfes Kana bezogen hatte, zurückzukehren.


Hier schloss sich ihm Tag für Tag eine große Anzahl von Juden sowohl aus der Gegend von Jericho, wie auch aus anderen Teilen des Landes an, die sich zum Teil vom Hasse gegen Antigonus leiten ließen, zum Teile auch durch das Waffenglück des Herodes an seine Fahnen gefesselt wurden, während die allermeisten nur eine blinde Lust am Umsturze herbeitrieb. So zauderte Herodes nicht länger mehr, dem Feinde eine Schlacht anzubieten, obwohl auch die Armee des Pappus sich keineswegs durch die Stärke und das Feuer des herodianischen Heeres eingeschüchtert zeigte, sondern entschlossen ihm entgegenzog.

In dem nun folgenden Treffen hielten zwar die dem Herodes nicht unmittelbar gegenüberstehenden Abteilungen einige Zeit Stand, während Herodes, der sich aus Zorn über die Ermordung seines Bruders tollkühn in das dichteste Kampfgewühl gestürzt hatte, um sich jetzt einmal an den Urhebern dieses Todes persönlich rächen zu können, rasch den ihm gegenüberstehenden Teil geschlagen hatte und nun hinter diesem her sich auf die einzelnen noch unerschüttert gebliebenen Massen warf, bis er alle vor sich herjagte.

Es war nur mehr ein ungeheures Schlachten, da die Feinde dicht zusammengedrängt gegen das Dorf hingestoßen wurden, aus dem sie gekommen waren, indes Herodes mit aller Macht auf die Hintersten eindrang und unzählige niederstreckte. Gleichzeitig mit den flüchtenden Feinden stürmte auch Herodes in das Dorf, wo jedes Haus von Bewaffneten vollgesteckt war und selbst die flachen Dächer von Verteidigern strotzten.

Nachdem Herodes die draußen Stehenden abgetan hatte, legte er die Häuser bloß, um auch die darinnen Befindlichen herauszubekommen. Auf die meisten ließ er einfach das Dachgebälke herunterschleudern und tödtete sie so massenweise, während die wenigen, die aus den Trümmern noch hervorkriechen konnten, um zu fliehen, gerade in die gezückten Schwerter der draußen wartenden Soldaten liefen, und so hoch türmte sich der Wall von Leichen, dass selbst den Siegern damit die Wege verrammelt wurden. Angesichts einer solchen Schlappe hörte natürlich jeder Widerstand von Seite der Feinde auf, die denn auch nach einigen Versuchen, sich abermals zu größeren Haufen zu sammeln, beim Anblick des im Dorfe angerichteten Blutbades sich fliehend in alle Winde zerstreuten. Sicher wäre auch Herodes, ermutigt durch diesen Sieg, sofort auf Jerusalem losgegangen, wenn er nicht durch ein sehr stürmisches Winterwetter zurückgehalten worden wäre. Dieser Umstand allein verhinderte die völlige Ausnützung des Sieges von Seite des Herodes und den sofortigen gänzlichen Sturz des Antigonus, der sich damals schon mit dem Plane trug, die Hauptstadt preiszugeben.


Herodes begab sich gegen Abend, nachdem er bereits seine erschöpften Freunde ihrer Erholung überlassen hatte, selbst noch ganz schweißbedeckt vom Waffengange und nur allzu einfach, wie der gemeinste Soldat, nämlich nur von einem einzigen Diener begleitet, in ein Bad. Gerade in dem Augenblicke nun, wo er in die Badestube treten wollte, läuft hart vor ihm einer von den Feinden mit dem Schwert in der Hand heraus, dann ein zweiter, ein dritter und noch mehrere nacheinander.

Sie hatten sich nämlich in voller Rüstung aus der Schlacht in die Badestube geflüchtet und sich einstweilen daselbst verkrochen und gut versteckt: als sie aber des Königs ansichtig geworden, liefen sie jetzt, vor Entsetzen außer sich, obschon Herodes bereits Waffen und Wehr abgelegt hatte, zitternd an ihm vorüber und eilten nach den Ausgängen. Leider war von den anderen Kriegern zufällig kein einziger zur Stelle, um die Männer zu packen, Herodes aber war natürlich zu Tode froh, dass er selbst noch so gut davongekommen, und so entrannen sie alle.


Am Morgen nach der Schlacht ließ Herodes dem Pappus, dem Feldherrn des Antigonus, der im Treffen geblieben war, den Kopf abschneiden und schickte ihn an seinen Bruder Pheroras zur Genugtuung für ihren ermordeten Bruder: Denn Pappus war es, der den Josephus vernichtet hatte.

Als dann der Winter zu Ende gierig, zog er gegen Jerusalem und führte sein Heer hart an die Mauern – er zählte eben das dritte Jahr, seit er in Rom zum König erklärt worden war. Sein Lager schlug er im Angesichte des Tempels, weil hier ein guter Angriffspunkt und genau jene Stelle war, wo früher auch Pompejus die Stadt erstürmt hatte. Er verteilte zunächst die Schanzarbeiten unter die einzelnen Truppenkörper, ließ im Weichbilde der Stadt alle Bäume fällen und befahl dann, drei Angriffswälle aufzuschütten und Türme auf ihnen zu bauen. Darauf überließ er den tatkräftigsten seiner Freunde die Fortsetzung der Arbeiten und begab sich nach Samaria, um die Tochter Alexanders, des Sohnes von Aristobulus, die mit ihm, wie wir schon bemerkt haben, verlobt war, heimzuführen. Seine Hochzeit sollte auf diese Weise die Staffage zur blutigen Belagerung bilden: so leicht und verächtlich nahm er bereits seine Gegner.


Nach der Heirat kehrte er mit einem noch größeren Heere nach Jerusalem zurück. Mit ihm vereinigte sich jetzt auch Sosius an der Spitze einer sehr bedeutenden Armee aus Reitern und Fußgängern, welche er durch das Binnenland vorausgesendet hatte, während er für seine Person den Weg über Phönizien gewählt hatte.

Die gesammte vereinigte Macht, bestehend aus eilf Legionen Fußvolk und 6.000 Reitern, abgesehen von den Hilfscorps aus Syrien, die ein nicht unbeträchtliches Contingent ausmachten, lagerte sich in der Nähe der nördlichen Mauer unter der obersten Leitung des Königs Herodes, der sich in seiner Proclamation auf das Ernennungsdecret des Senates stützte, während der römische Kommandant Sosius sich auf den Befehl des Antonius berief, das ihm unterstehende Heer dem Herodes zuzuführen.