Augustus verteilt das Reich des Herodes unter dessen Kinder.


Archelaus bekam unterdessen in Rom einen neuen Process und zwar mit den Juden, die noch vor dem Ausbruch der Empörung mit Erlaubnis des Varus eine Gesandtschaft nach Rom geschickt hatten, um wegen der Erlangung der Autonomie für die Nation Schritte zu tun. Es waren ihrer fünfzig zu diesem Zwecke nach Rom gekommen, denen sich jedoch von den in Rom lebenden Juden noch über 8.000 Bittsteller beigesellten.

Augustus versammelte nun die höchsten Staatsbeamten mit seinem Freundeskreise zu einer Sitzung in dem Apollotempel auf dem Palatin, der eine höchsteigene Schöpfung des Kaisers und darum mit wunderbarer Pracht ausgestattet war. Gegenwärtig war die ebenerwähnte jüdische Menge mit den Gesandten an ihrer Spitze, ihr gegenüber hatte sich Archelaus mit seinen Freunden aufgestellt, während die Partei seiner Verwandten sich von beiden abseits hielt, weil sie es einerseits aus Hass und Neid gegen Archelaus nicht über sich gewinnen konnten, sich ihm anzuschließen, andererseits jedoch auch die Ungnade des Kaisers fürchten mussten, falls sie sich vor ihm in Mitte der Ankläger sehen ließen.

Außer den Genannten hatte sich auch Philippus, der Bruder des Archelaus, eingefunden, nachdem er von dem wohlmeinenden Varus die Anregung, wie auch ein ehrenvolles Geleite für diese Reise erhalten hatte, die einen zweifachen Zweck verfolgen sollte, nämlich einmal den Archelaus in seinem Kampfe um die Krone zu unterstützen oder, falls der Kaiser die Herrschaft des Herodes unter alle seine Nachkommen teilen sollte, ihm selbst auch einen Anteil daran von seiner Gnade zu verschaffen.


Nach Erteilung des Wortes ergingen sich die Ankläger zuerst ausführlich über die Freveltaten des Herodes: „Nicht unter einem König,“ sagten sie, „sind wir gestanden, sondern unter einem der grausamsten Tyrannen, die es je gegeben hat. Hat er ja doch den größten Teil des Volkes zur Schlachtbank geführt, die Überlebenden aber in einer Weise tractiert, dass man die Ermordeten noch glücklich preisen musste.

Denn nicht zu reden davon, dass er einzelne Untertanen an ihrem physischen Leibe mit seinen Folterwerkzeugen schinden ließ, hat er selbst ganze Städte, sozusagen, ausgeschunden: ja bis aufs Blut hat er die eigenen Städte ausgesaugt, um mit dem erpressten Gelde die heidnischen Städte zu verschönern und das Mark unseres Landes an wildfremde Nationen zu verschwenden.

Von seinem alten Wohlstand und seiner altväterlichen Strenge hat er das Volk in den Abgrund der tiefsten Armut und Sittenverderbnis hinabgestoßen: mit einem Worte: wir Juden haben innerhalb weniger Jahre unter Herodes eine größere Summe von Leiden durchgemacht, als unsere während der Regierung des Xerxes heimgekehrten Ahnen die ganze Zeit über seit ihrer Rückkehr aus Babylon erduldet haben.

Durch das fortwährende Unglück abgestumpft, haben wir uns sogar so weit erniedrigt, dass wir es über uns gebracht haben, aus freien Stücken die bitter empfundene Knechtschaft selbst erblich zu machen, indem wir den Archelaus, den Sprössling eines solchen Wüterichs, nach dem Tode seines Vaters unaufgefordert »König« tituliert, an seiner Trauer über das Ableben des Herodes Anteil genommen und ihm zu seiner Thronbesteigung Glück gewünscht haben.

Dieser Mensch nun hat im Gegenteil, gleichsam als wollte er sich alle Mühe geben, um nicht als Bastard des Herodes angesehen zu werden, den Weg zum Throne mit dem Blute von 3.000 Bürgern bespritzt, und die Leichenmassen, die er am hohen Festtage im Heiligtum angehäuft, das waren seine erste glänzende Opfergabe um eine gottgesegnete Regierung!

Kein Wunder, wenn dann die wenigen, die so viele Quälereien noch überdauert haben, endlich einmal gegen ihr grausames Schicksal Front gemacht haben und jetzt nach Kampfesbrauch statt des Rückens den Peinigern die Zähne weisen wollen. Doch möchten wir euch, o Römer, bitten: Erbarmt euch der Volksreste, die in Judäa noch geblieben sind, und werfet doch wenigstens das, was von unserer Nation noch übrig ist, nicht ihren grausamen Henkern hin!

Schlaget unser Land zu Syrien und gebet ihm nur eigene Landpfleger: wir werden dann den Beweis liefern, dass die gegenwärtig als Empörer und Kampfhähne angeschwärzten Juden einer gerechten Regierung sich ganz gut zu fügen wissen.

Mit dieser Bitte beendeten die Juden ihre Anklagerede. Jetzt stand Nikolaus auf und wies nicht bloß die gegen den König erhobenen Anwürfe als nichtig zurück, sondern erhob auch gegen die Nation selbst den Vorwurf angestammter Unlenksamkeit und Unbotmäßigkeit gegen ihre Könige. Dabei teilte der Redner auch Seitenhiebe an jene Verwandten des Archelaus aus, welche zu der Partei der Ankläger übergetreten waren.


Nachdem so der Kaiser beide Teile einvernommen hatte, hob er für einstweilen ohne Entscheid die Sitzung auf. Nach Verlauf weniger Tage aber verlieh er dem Archelaus die Hälfte des Königreichs mit dem Titel eines Ethnarchen und versprach ihm, ihn auch zum König zu machen, wenn er sich bewähren würde.

Die andere Hälfte teilte er in zwei Tetrarchien, die er an zwei andere Söhne des Herodes vergab, die eine nämlich an Philippus, die andere an den Antipas, der dem Archelaus die Krone streitig gemacht hatte.

Unter die Herrschaft des Antipas kamen Peräa und Galiläa mit einem jährlichen Einkommen von 200 Talenten. Batanäa, Trachonitis, Auranitis und einige Gebietsteile von der Herrschaft des Zeno, nämlich die Gegend um Jamnia herum, mit einem Erträgnis von 100 Talenten bekam Philippus.

Zur Ethnarchie des Archelaus gehörte Idumäa, ganz Judäa und Samaria, welch’ letzteres Gebiet indes als Anerkennung seiner guten Haltung während des allgemeinen Aufstandes ein Viertel der Steuern nachgelassen bekam.

Er erhielt überdies die Herrschaft über die Städte Stratonsturm, Sebaste, Joppe und Jerusalem, nicht aber über die eigentlichen Griechenstädte, wie Gaza, Gadara und Hippus, die der Kaiser vielmehr bei dieser Gelegenheit vom Herodianischen Reiche wieder abzweigte und mit Syrien vereinigte. Das dem Archelaus verliehene Gebiet warf ein Erträgnis von 400 Talenten ab.

Salome erhielt, abgesehen von den sonstigen Vermächtnissen des Königs, die Bestätigung als Herrin von Jamnia, Azotus und Phasaelis, wozu ihr Augustus noch den königlichen Palast in Askalon schenkte. Alles in Allem hatte sie daraus ein Einkommen von 60 Talenten. Ihre Herrschaft sollte jedoch nach dem Willen des Kaisers von der Ethnarchie des Archelaus abhängig sein.

Von den übrigen Nachkommen des Herodes kam jeder in den Besitz dessen, was ihm testamentarisch hinterlassen worden war. Zwei noch unvermählten Töchtern des Königs schenkte indes der Kaiser außer diesen väterlichen Legaten noch 500.000 Silberdenare und gab sie den Söhnen des Pheroras zur Ehe.

Nach der Zuweisung der einzelnen Herrschaftsgebiete verteilte endlich der Kaiser unter die Familie des Herodes sogar das ihm selbst vom König vermachte Geschenk von 1.000 Talenten und suchte sich für seine Person nur einige minderwertige Juwelen als Andenken an den Hingegangenen aus.