Vespasian rüstet sich zur Belagerung der Hauptstadt. Tod Neros. Galba wird Kaiser. Simon, Sohn des Gioras, bildet neue Banden, besiegt die Zeloten und Idumäer, belagert vergebens Jerusalem. Galbas und Othos Tod. Weitere Eroberungen Vespasians.


Um die Einwohner Jerusalems von allen Seiten einzuschließen, errichtete Vespasian in Jericho, wie auch in Adida ein befestigtes Lager und besetzte es mit Abteilungen von Römern und Bundesgenossen.

Auch nach Gerasa sandte er ein Reitergeschwader und ein starkes Corps Fußsoldaten unter der Führung des Lucius Annius.

Schon beim ersten Angriff nahm dieser die Stadt und ließ alle jungen Männer, die sich nicht rechtzeitig geflüchtet hatten, tausend an der Zahl, über die Klinge springen, während er ihre Familien zu Gefangenen machte und ihre Habe seinen Kriegern zur Plünderung überließ. Darauf äscherte er ihre Häuser ein und wandte sich gegen die Dörfer in der Runde.

Dort floh alles, was noch Kraft hatte; was zu schwach dazu war, ereilte das Verderben; an der verlassenen Stätte ward überall Feuer angelegt.

Da auf diese Weise das ganze Bergland und gesammte Flachland von den Feinden beunruhigt wurde, war den Bewohnern Jerusalems jeder Ausweg abgeschnitten: denn die, welche zu den Römern übergehen wollten, sahen sich von den Zeloten bewacht, jene aber, welche noch nicht mit den Römern sympathisierten, konnten eben wegen des römischen Heeres nicht fliehen, da dieses bereits von allen Seiten die Stadt umklammert hielt.


Als Vespasian nach Cäsarea zurückgekehrt war und sich eben anschicken wollte, mit seiner ganzen Kriegsmacht gegen Jerusalem aufzubrechen, kam ihm die Kunde von dem gewaltsamen Ende des Nero zu, das dieser Kaiser nach einer Regierung von dreizehn Jahren und acht Tagen genommen hatte.

Weiteres über denselben zu erzählen, in welcher Weise er nämlich sein Szepter geschändet, dass er die Staatsgeschäfte den schlimmsten Subjekten, einem Nymphidius und Tigellinus und anderen nichtswürdigen Freigelassenen anvertraute, wie ihn dann eben diese Leute zu stürzen gesucht, und er, von allen seinen Leibwachen verlassen, nur von vier seiner treugebliebenen Freigelassenen begleitet, aus Rom entfloh und endlich noch im Weichbilde der Stadt sich selbst das Leben nahm, wie zuletzt auch jene, die ihn ins Verderben getrieben, nicht lange darauf ihre Strafe gefunden; was für einen Ausgang dann der Krieg in Gallien genommen, und wie Galba, zum Kaiser ausgerufen, von Spanien nach Rom herüberkam, später aber von den Soldaten als Geizhals ausgeschrien, mitten auf dem Forum in Rom meuchlings erdolcht, und an seiner Stelle Otho zum Alleinherrscher erhoben ward; vom Feldzug, den Otho hierauf gegen die Heerführer des Vitellius unternommen, und von seinem unglücklichen Ende, ferner auch von den Wirren unter Vitellius und dem Kampf um das Capitol, wie nämlich Antonius Primus und Mucianus den Vitellius sammt seinen germanischen Legionen niedergeworfen und auf diese Weise den Bürgerkrieg gedämpft haben: von all’ dem eine ausführliche und genaue Schilderung zu geben, wollte ich mir ersparen, da es noch in aller Munde und von vielen Schriftstellern, griechischen sowohl wie römischen, aufgezeichnet worden ist. Doch wollte ich wegen des geschichtlichen Zusammenhanges und um in meiner Erzählung keine Lücke zu lassen, summarisch wenigstens die einzelnen Tatsachen vorführen.

Zunächst verschob nun Vespasian den Zug nach Jerusalem und wartete mit größter Aufmerksamkeit ab, wem sich nach dem Tode Neros das Zünglein der Weltherrschaft zuneigen werde.

Als er dann vernahm, dass Galba Alleinherrscher geworden sei, wollte er doch den Feldzug nicht früher eröffnen, bevor auch der neue Kaiser ihm eine diesbezügliche Weisung übermittelt haben würde, und sandte, um ihm seine Huldigung zu bezeigen und den kaiserlichen Bescheid hinsichtlich der Juden einzuholen, seinen eigenen Sohn Titus an ihn ab. Dem Titus schloss sich auf dieser Seefahrt zum Kaiser aus dem gleichen Grunde auch König Agrippa an.

Während sie aber unter Benützung von Kriegsschiffen eben Achaja passierten, welchen Weg sie wegen der Winterszeit wählten, hatte schon den Galba nach einer Regierung von nur sieben Monaten und ebensovielen Tagen ein gewaltsamer Tod ereilt. Sein Szepter übernahm Otho, der nur auf dem Wege der Usurpation in den Besitz der höchstens Gewalt gelangt war.

Ohne sich nun im geringsten durch diese Umwälzung einschüchtern zu lassen, beschloss Agrippa, seine Fahrt nach Rom fortzusetzen, Titus aber fuhr, wie auf einen höheren Wink, von Hellas nach Syrien zurück und kam schleunigst wieder zu seinem Vater nach Cäsarea.

Mit größter Spannung verfolgten dort beide die Weltlage, da es sich ja um nichts geringeres, als um die Erschütterung der römischen Herrschaft handelte, und ließen infolgedessen den Jüdischen Krieg ganz aus den Augen, indem sie in ihrer Angst um das eigene Vaterland einen Angriff auf das fremde Land für unzeitgemäß hielten.


Dafür erhob sich aber ein anderer blutiger Sturm gegen Jerusalem, den ein gewisser Simon, Sohn des Gioras, ein gebürtiger Gerasener erregte. Ein ganz junger Mann noch, tat er es zwar an Verschlagenheit dem Johannes, der schon vor ihm die Hauptstadt unter seiner Faust hielt, nicht gleich, war ihm aber an Körperkraft und Verwegenheit überlegen.

Letzteres war auch der Grund gewesen, warum er vom Hohenpriester Ananus aus dem Bezirk von Akrabatene, wo er unumgeschränkt schaltete, verjagt worden war, worauf er sich zu dem in Masada, hausenden Raubgesindel begab.

Dieses traute ihm anfangs selber nicht recht und erlaubte ihm, wie den Frauen, die er mitgebracht hatte, nur den unteren Teil der Veste zu beziehen, während sie selbst im oberen ihre Behausung hatten.

Weil sich aber gleich und gleich gern gesellt, und man auf ihn bauen zu können glaubte, durfte er darum später auch mit ihnen auf Raubzüge ausgehen und tat sein Redlichstes in der Verwüstung der Umgebung von Masada.

Doch gelang es seiner Überredungskunst nicht, sie zu einem größeren Schlage zu bewegen. Denn an den Aufenthalt in der Festung gewöhnt, wollten sie sich, wie die wilden Tiere von ihren Höhlen, nicht allzuweit entfernen.

Doch Simons Gedanken gingen auf die Herrschaft, und nur großen Zielen wollte er nachjagen. Kaum hatte er darum vom Tode des Ananus gehört, als er sich auch wieder von seinen bisherigen Genossen trennte und ins Bergland von Judäa zog, wo er durch seine Versprechungen, den Sklaven die Freiheit, den Freien aber Kriegsbeute zu verschaffen, alles Gesindel weit und breit um sich sammelte.


Als seine Schar bereits eine beträchtliche Stärke erlangt hatte, begann er Streifzüge auf die Dörfer des Berglandes zu unternehmen, und wagte sich endlich, da sich stets mehr und mehr ihm anschlossen, auch auf das flache Land hinab.

Selbst eigentlichen Städten war er schon furchtbar, weshalb sogar viele angesehene Personen angesichts seiner Macht und seines reißenden Waffenglückes sich in seinen unheilvollen Bann ziehen ließen, so dass Simons Heer sich schon nicht mehr aus bloßen Sklaven oder Banditen, sondern auch aus einer nicht unbedeutenden Anzahl von Bürgern recrutierte und wie eine disziplinierte königliche Truppenmacht sich ausnahm.

Das Gebiet, das er verheerte, war der Kreis von Akrabatene und alles Land bis Großidumäa. Zu diesem Zwecke hatte er auch bei einem Dorfe, namens Nain, Befestigungswerke angelegt, hinter die er sich zur Zeit der Gefahr verschanzte, während er in der sogenannten Pharanschlucht viele dort vorhandene Höhlen, die er teils hatte erweitern lassen, teils aber schon geräumig genug vorgefunden hatte, zu Schatzkammern und förmlichen Diebsspeichern benützte.

Hier wurden von ihm auch die geraubten Früchte aufgestapelt, und hatten die meisten seiner Banden daselbst ihren Aufenthalt. Es war ihm aber offenbar nur um eine tüchtige Vorübung für seine Bande und ihre Ausrüstung zu tun, bevor er den entscheidenden Schlag gegen Jerusalem führen wollte.


Die Zeloten, welche einen Handstreich von Seite des Simon besorgten, gedachten jetzt dem für sie immer bedrohlicher sich gestaltenden Anwachsen seiner Macht zuvorzukommen und rückten mit dem größten Teil ihrer Leute kampfgerüstet aus der Hauptstadt. Allein Simon, der ihnen entgegen kam, brachte ihnen in dem sich nun entspinnenden Gefechte schwere Verluste bei und warf sie schließlich auf die Hauptstadt zurück.

Da er sich indes zu einem Angriff auf die Mauern noch nicht stark genug fühlte, musste er davon Abstand nehmen, machte aber dafür den Versuch, zunächst Idumäa in seine Gewalt zu bekommen. So zog er denn mit 20.000 Bewaffneten gegen die Grenzen dieses Gebietes.

In aller Eile scharten jetzt die Idumäerfürsten die tüchtigsten Krieger des Landes um sich, beiläufig 25.000 Mann, während sie durch die übrigen Haus und Hof gegen die Raubzüge der Sicarier von Masada bewachen ließen, und erwarteten Simon an der Grenze.

Hier stieß er auch wirklich mit ihnen zusammen und rang mit ihnen einen ganzen Tag, musste sich aber endlich, ohne Sieger geworden zu sein, allerdings auch selbst unbesiegt, von der Wahlstatt trennen und zog sich nach seinem Nain zurück, indes die Idumäer sich in ihre Heimatsdörfer zerstreuten.

Doch dauerte es nicht lange, dass Simon einen neuen Einfall, diesmal mit noch größerer Macht, in das Idumäerland versuchte. Da er sein Lager gerade bei einem Dorfe, namens Thekoa, aufgeschlagen hatte, in dessen Nähe sich die Burg Herodium befand, sandte er einen gewissen Eleazar aus der Zahl seiner Gefährten an die Besatzung derselben mit der Aufgabe ab, dieselbe zur Auslieferung der Veste zu bestimmen.

Die Wachen, die von dem eigentlichen Zwecke seines Kommens keine Ahnung hatten, ließen ihn ohne alle Umstände ein: kaum aber hatte er nur ein Wort von „Übergabe“ hören lassen, als sie auch schon das Schwert zogen und hinter ihm her waren, bis er keinen Ausweg zur Flucht mehr fand und sich von der Höhe der Mauer in die unter ihr gähnende Schlucht hinabstürzte, wo er auf der Stelle todt blieb.

Was nun die Idumäer betrifft, so hatten sie von der Macht des Simon von früher her einen gewaltigen Respekt bekommen und hielten es für zweckmäßig, vor einem neuen Zusammenstoße erst die Stärke des feindlichen Heeres auszukundschaften.


Für diese Aufgabe bot einer ihrer Anführer, namens Jakobus, freiwillig seine Dienste an, freilich nur darum, weil er einen verräterischen Anschlag im Schilde führte.

Kaum war er nämlich von dem Dorfe Alurus, bei welchem eben das Heer der Idumäer vereinigt lag, aufgebrochen, als er sich auch schon direkt zu Simon begab und mit ihm zunächst ein Abkommen wegen Auslieferung seiner engeren Heimat traf, wofür er von Simon die eidliche Zusicherung empfing, dass er für seine Person die ehrenvolle Stelle, die er dort bekleidete, immer behalten dürfe. Er gab übrigens Simon auch das Versprechen, ihm bei der Unterwerfung der anderen Teile Idumäas behilflich sein zu wollen.

Auf das hin wurde er von Simon wie ein Freund bewirtet, und dabei sein Ehrgeiz noch durch die glänzendsten Verheißungen geschwellt. Nachdem er nun wieder zu den Seinen zurückgekehrt war, suchte er vor allem eine vielfach übertriebene Vorstellung von der Stärke des Feindes durch seine Lügenberichte zu erwecken.

Hierauf knüpfte er mit den einzelnen Anführern, wie auch mit dem Heere selbst, aber nur immer mit einem kleinen Kreise, freundliche Gespräche an und brachte wirklich viele dahin, dass sie Simon aufzunehmen und ohne Widerstand ihm die Oberherrschaft zu überlassen bereit waren.

Aber noch während er mit der Durchführung seines Planes beschäftigt war, rief er auch schon durch seine Boten Simon herbei, indem er ihm versprach, die Idumäer zersprengen zu wollen. Das tat er auch.

Denn als das Heer des Simon schon nahe war, war Jakob der erste, der auf sein Pferd sprang und mit dem gewonnenen verräterischen Anhang die Flucht ergriff. Ein panischer Schrecken befiel bei diesem Anblick die große Masse des Heeres, und bevor es noch zum Schlagen kam, hatte sich schon Alles aus Reih und Glied gelöst und war auf der vollen Flucht nach der Heimat.


Simon, der auf diese Art wider alles Erwarten ohne einen Schwertstreich über die Grenze Idumäas rücken konnte, nahm nun zuvörderst durch einen plötzlichen Angriff die Stadt Hebron weg, wo er sehr reiche Beute gewann und Früchte in Hülle und Fülle zum Plündern fand.

Nach den Überlieferungen der Eingebornen soll Hebron nicht bloß die älteste unter den dortigen Städten, sondern sogar noch älter sein, als Memphis in Ägypten, da man für Hebron ein Alter von von 2.300 Jahren ausgerechnet hat.

Nach alten Berichten war sie auch der Wohnort Abrahams, des Stammvaters der Juden, nach seiner Auswanderung aus Mesopotamien, wie auch von Hebron weg seine Nachkommen nach Ägypten hinabgezogen sein sollen.

Noch zur Stunde zeigt man in diesem Städtchen ihre Grabmonumente, die aus dem feinsten Marmor in herrlicher Arbeit gehauen sind.

Sechs Stadien von der Stadt zeigt man einen ungeheuren Terebinthenbaum, der nach der Sage schon seit den Tagen der Schöpfung stehen soll.

Von Hebron weg nahm Simon seinen Weg durch ganz Idumäa, wobei er nicht bloß die Dorfschaften und Städte verwüstete, sondern auch das ganze offene Land aussog, da nicht einmal die Lebensmittel mehr für die Masse seiner Leute hinreichten, indem ihm außer den Bewaffneten noch 40.000 Menschen Gefolgschaft leisteten.

Außer der notwendigen Brandschatzung für das Heer war es noch die Grausamkeit seines Anführers und sein Hass gegen das Idumäervolk, unter welchen das Land bis zur völligen Verödung zu leiden hatte.

Gleichwie man unter einem Heuschreckenschwarm einen ganzen Wald hinterher vollständig kahl gefressen sehen kann, ebenso blieb im Rücken des Heeres von Simon nur mehr eine Wüstenei!

Was man anzünden konnte, ward verbrannt, was man untergraben konnte, demoliert, was aber auf dem Felde stand, entweder niedergetreten und so vernichtet oder abgeweidet, und der Culturboden durch die darüber marschierenden Massen noch härter gestampft, als es die unfruchtbare Steppe war. Um es kurz zu sagen, nicht einmal eine Spur verriet, dass hier vor der Verwüstung jemals fruchtbares Land gewesen.


Diese Ereignisse in Idumäa brachten die Zeloten in eine neue Aufregung, und da sie sich nicht getrauten, dem Simon im offenen Felde entgegenzutreten, legten sie sich wenigstens an den Pässen auf die Lauer, und fingen auch wirklich die Frau des Simon mit einer zahlreichen Dienerschaft dort ab.

Mit einer Freude, die nicht größer hätte sein können, wenn sie Simon selbst bekommen hätten, kehrten sie mit dem Fang nach der Hauptstadt zurück und erwarteten nun, dass Simon in Bälde die Waffen niederlegen und flehentlich um die Herausgabe seiner Frau ansuchen würde.

Der aber kannte kein Mitleid, sondern einzig nur das Gefühl der Rache für diesen Raub. So erschien er dicht vor den Mauern und ließ wie eine Bestie, dies man nur verwundet hat, nachdem er seine Feinde nicht mehr erreichen konnte, an den nächstbesten, die er traf, seinen Grimm aus.

Denn mochte sich wer immer, z. B. nur um Kräuter oder ein dürres Holz zu sammeln, vor die Tore hinauswagen, auch Wehrlose und alte Leute, so ließ ihn Simon gefangen nehmen und martervoll hinrichten: fast hätte er in seinem maßlosen Grimme auch seine Zähne ins Fleisch seiner Opfer gehackt!

Vielen ließ er nur die Hände abhauen und schickte sie in diesem Zustand wieder in die Stadt zurück, weil er damit seinen Feinden Entsetzen einzuflößen und gleichzeitig das Volk gegen die eigentlichen Schuldigen aufzubringen gedachte.

Den Verstümmelten war von Simon bedeutet worden, den Einwohnern zu sagen, dass er bei Gott, dem allsehenden Herrn, es ihnen feierlich zuschwöre, er werde, falls sie nicht ehestens ihm sein Weib zurückgäben, nach Zertrümmerung der Mauer alle Bewohner ohne jede Rücksicht auf das Alter, Unschuldige und Schuldige durcheinander, in derselben Weise verstümmeln lassen.

Das machte nicht bloß auf das Volk, sondern selbst auf die Zeloten einen niederschmetternden Eindruck, und man sandte ihm die Frau zurück. Das begütigte Simon, und er hielt jetzt mit seinem ewigen Morden ein wenig inne.


Aber nicht bloß in Judäa, sondern auch auf Italiens Boden herrschte Aufruhr und Bürgerkrieg.

Nachdem Galba mitten auf dem römischen Forum niedergestoßen worden, musste auch der zum Kaiser ausgerufene Otho gegen seinen Rivalen Vitellius, den die Legionen in Germanien auf den Schild erhoben hatten, das Schwert ziehen.

Bei Bedriacum in Gallien kam es zwischen ihm und den Feldherrn des Vitellius, Valens und Cäcina, zur Schlacht. Am ersten Tage war der Vorteil auf Seite Othos, am zweiten dagegen auf Seite der Vitellianer.

Nach vielem Blutvergießen gab sich Otho in Brixellum, wo ihm seine Niederlage zu Ohren gekommen war, selbst den Tod, nachdem er nur drei Monate und zwei Tage die höchste Gewalt inne gehabt hatte.

Othos Truppen gingen zu den Feldherrn des Vitellius über, der nunmehr mit seiner Heeresmacht nach Rom hinabzog.

Um diese Zeit brach auch Vespasian am fünften des Monates Däsius neuerdings von Cäsarea auf, um seinen Angriff gegen die noch nicht unterworfenen Bezirke von Judäa zu richten.

Er zog in das Bergland hinauf und bemächtigte sich des sogenannten Gophnitischen Kreises und jenes von Akrabatene, hierauf der kleineren Städte Bethel und Ephraim, in die er Truppen legte. Bei dieser Gelegenheit ritt Vespasian bis Jerusalem heran. Viele, die in seine Hände gerieten, mussten sterben, viele wurden Kriegsgefangene.

Cerealis, einer von den Unterfeldherrn Vespasians, verwüstete in seinem Auftrages mit einer Abteilung Reiterei und Fußvolk das sogenannte obere Idumäa, wo er das Städtchen Kaphethra, eigentlich nur ein elendes Nest, im ersten Angriff nahm und verbrannte, während er ein anderes, namens Kapharabis, regelrecht belagern musste.

Da seine Mauer sehr stark war, so erwartete er, dass er hier längere Zeit werde verlieren müssen, als man ihm plötzlich von drinnen die Tore öffnete, und die Bewohner sich mit ölzweigen nahten, um sich den Römern zu ergeben.

Nachdem er ihre Unterwerfung entgegengenommen, rückte er gegen eine andere Stadt, das altehrwürdige Hebron, das, wie ich früher gesagt, im Bergland, nicht weit von Jerusalem, liegt. Erst nach einem förmlichen Sturm gelangte er in die Stadt, wo er die ganze mannbare Bevölkerung, die er antraf, niederhauen ließ; die Stadt selbst gab er den Flammen preis.

Da auf solche Weise bereits Alles, mit Ausnahme von Herodium, Masada und Machärus, wo die Banditen sich festgesetzt hatten, in den Händen der Römer war, bildete nunmehr Jerusalem für sie das nächste Angriffsobjekt.


Was den Simon betrifft, so war er, nachdem er sich seine Frau aus den Zeloten herausgeholt hatte, wieder zu den Trümmern des Idumäervolkes zurückgekehrt und eröffnete nun eine allgemeine Treibjagd auf die Nation, die viele aus ihr zur Flucht nach Jerusalem zwang.

Doch folgte ihnen Simon auch nach der Hauptstadt, deren Mauern er zum zweitenmal umschloss. Alle Feldarbeiter, die bei ihrem Gang vor die Stadt hinaus in seine Hände fielen, ließ er niederstoßen.

Von außen war jetzt das Volk von den Römern und noch mehr von Simon bedroht, im Innern aber von einem Feinde, der schlimmer war, als beide, von den Zeloten, unter welchen sich wieder die galiläische Bande durch ihre Erfindungsgabe im Schlechten und die Verwegenheit in der Ausführung hervortat.

Denn da sie es gewesen, die dem Johannes zur Macht verholfen hatten, so musste sie Johannes seinerseits wieder aus der gewonnenen Machtfülle dafür bezahlen, indem er ihnen alles zu tun erlaubte, was sich ein jeder nur wünschte.

Ihre Raublust kannte denn auch keine Grenzen, und ein Vergnügen war es für sie, die reichen Häuser zu durchstöbern, die Männer zu morden und die Frauen zu entehren.

Noch bedeckt vom Blute der Opfer, vertranken sie deren erbeutete Habe und entblödeten sich nicht, in ihrem Übermute sich wie die Weiber zu geberden, indem sie sich das Haar gar zierlich kämmten, Frauenkleider anlegten, mit wohlriechenden Salben sich begossen und, um sich schöner zu machen, auch die Augen mit Schminke untermalten;

Aber sie ahmten nicht bloß die Putzsucht der Frauen, sondern; auch deren geschlechtlichen Umgang nach und verfielen in ihrer maßloßen Ausschweifung auf die verbotensten Lüste, in denen sie sich wälzten als wäre die Stadt ein einziges großes Buhlenhaus, und mit deren unsauberen Werken sie die ganze Stadt besudelten.

So weibisch ihr Aussehen, so blutgierig war ihre Hand, und während sie sich in tänzelndem Schritte nahten, wandelten sie sich urplötzlich in feindliche Krieger, und aus den geckenhaften purpurgefärbten Oberkleidern blitzten Dolche auf, mit denen sie den nächstbesten durchbohrten.

Wer dem Johannes entkam, den empfing der noch mordgierigere Simon, und wer glücklich dem Tyrannen innerhalb der Mauer entwischt war, ward vom Tyrannen vor den Toren umgebracht.

Wer jetzt an ein Überlaufen zu den Römern dachte, dem war nun jeder Ausweg abgeschnitten.


Jetzt brach aber gegen Johannes von Seite seines eigenen bewaffneten Anhanges eine Meuterei los, indem sich das idumäische Element darin von dem Tyrannen lossagte und sowohl aus Neid gegen seine Macht, wie auch aus Hass wegen seiner Grausamkeit ihn zu stürzen versuchte.

Bei dem nun folgenden Zusammenstoß streckten die Idumäer viele Zeloten nieder, die übrigen jagten sie nach dem von der Grapte, einer Verwandten des Königs Izates von Adiabene erbauten Königshof, drangen gleichzeitig mit ihnen dort ein und warfen die Zeloten auch von da hinaus gegen den Tempel zurück, worauf sie plündernd über die Schätze des Johannes herfielen.

Denn der obbemeldete Palast diente dem Johannes zur Residenz, wie auch zur Schatzkammer für die Beute seiner Tyrannei.

Unterdessen hatten sich die in der ganzen Stadt zerstreuten Scharen der Zeloten im Tempel um die geflüchteten Kameraden gesammelt, und Johannes rüstete sich an ihrer Spitze bereits zu einem Ausfalle auf das Volk und die Idumäer.

Letztere konnten sich einer gewissen Besorgnis nicht erwehren, nicht etwa vor einem offenen Angriff der Zeloten, dem sie sich ja überlegen fühlten, sondern vielmehr bei dem Gedanken an ihre zu allem fähige Stimmung, in der sie des Nachts möglicherweise aus dem Tempel herabschleichen und unter einem allgemeinen Gemetzel die Stadt an allen Ecken in Brand stecken konnten.

Man hielt darum eine gemeinsame Beratung mit den Hohenpriestern, wie man sich am besten gegen einen solchen Überfall schützen könnte.

Gott aber ließ nun gerade diese Pläne zu ihrem Verderben ausschlagen, indem das Heilmittel, das sie sich zu ihrer Rettung ausdachten, noch schlimmer war, als der Tod. Um sich nämlich den Johannes vom Halse zu schaffen, beschloss man, den Simon aufzunehmen und sich auf diese Weise mit vielem Bitten und Flehen – einen zweiten Tyrannen aufzuhalsen.

Dieser Beschluss ward auch zur Tat. Man schickte den Hohenpriester Matthias zu Simon hinaus und ließ den Gefürchteten bitten, in die Stadt zu kommen, eine Bitte, die auch von jenen Bürgern Jerusalems unterstützt wurde, welche sich vor den Zeloten aus der Stadt hatten flüchten müssen, und die jetzt wieder zu Haus und Habe kommen wollten.

Mit stolzer Herablassung nahm Simon die angebotene Herrschaft an und hielt darauf, vom Volke als Retter und Schirmer gefeiert, seinen Einzug in die Stadt, scheinbar in der Absicht, Jerusalem von den Zeloten zu befreien:

sobald er aber mit seinem Heere drinnen war, nahm er einzig nur auf die eigene Herrschaft Bedacht, und galten ihm jene, die ihn herbeigerufen, nicht weniger als Feinde, wie diejenigen, gegen welcher er zu Hilfe gerufen worden war.


So hatte denn Simon im dritten Jahre des Krieges, im Monate Xanthikus, Jerusalem in seine Gewalt gebracht. Johannes aber und der Zelotenhaufe, denen jetzt der Weg aus dem Tempel in die Stadt abgeschnitten, und dazu die in letzterer gewonnene Beute verloren gegangen war, da die Anhänger Simons auf der Stelle ihre Kostbarkeiten geplündert hatten, befanden sich in einer sehr schwierigen Lage.

Unter Beihilfe des Volkes unternahm nun auch Simon einen Sturm auf das Heiligtum, bei welchem jedoch die Zeloten von den Säulenhallen und Zinnen herab so kräftig sich der Angreifer erwehrten, dass eine Menge von den Leuten Simons ins Gras beißen, viele davon verwundet in die Stadt hinabgetragen werden mussten, da die Zeloten von oben herab einen leichten und sicheren Schuss hatten.

Zu der schon von Natur aus vorteilhaften Lage kamen dann noch vier gewaltige Türme, welche die Zeloten zu dem Ende bauten, um von einem noch höheren Punkte aus ihre Wurfgeschosse schleudern zu können: einen bauten sie an der nordöstlichen Ecke des Tempels, den zweiten gerade oberhalb des Xystus, den dritten bei einer anderen Ecke gegenüber der Unterstadt, der letzte endlich ward auf der Zinne der Pastophorien errichtet, an der Stelle, wo nach alter Sitte immer der Priester stand, der mit einem Trompetensignal den Eintritt des Sabbates am Abend zuvor ankündigte, und so auch wieder sein Ende zur nächsten Vesperzeit, um durch das erste Zeichen das Volk auf die Arbeitsruhe, durch das andere auf die wieder beginnende Arbeitszeit aufmerksam zumachen.

Auf diese Türme verteilten sie Katapulten und Ballistenmaschinen, Bogenschützen und Schleuderer.

Jetzt musste freilich Simon seine Belagerung immer lässiger betreiben, da dem größten Teil seiner Leute der Mut gebrochen war. Doch konnte er dank seinen überlegenen Kräften den Zeloten wenigstens die Wage halten. Was er aber nicht verhindern konnte, das war, dass ihm die weitertragenden Wurfmaschinen viele seiner Kämpfer niederschossen.