Titus feiert in Cäsarea Philippi das Geburtsfest des Bruders und in Berytus das des Vaters. Neue Opfer auf der Arena. Leiden der Juden zu Antiochia.


Bei seinem längeren Aufenthalt in Cäsarea gab Titus aus Anlass des Geburtstages seines Bruders ein glanzvolles Fest, zu dessen Verherrlichung auch viele Juden dem Tode geweiht wurden. Ging doch die Zahl der hiebei von den Bestien zerrissenen, verbrannten und in den Fechterspielen gefallenen Juden noch über 2.500 hinaus! Und dennoch war das alles, ja es waren die tausendfachen Todesarten der armen Opfer in den Augen der Römer nur eine milde Strafe!

Hierauf zog der Cäsar nach Berytus, einer in Phönizien gelegenen römischen Coloniestadt, wo er ebenfalls einen längeren Aufenthalt nahm. Bei dem in dieser Zeit einfallenden Geburtsfeste seines Vaters entfaltete Titus in den luxuriösesten Schauspielen und in allen möglichen kostspieligen Unterhaltungen eine noch glänzendere Pracht, der auch, wie beim früheren Feste, eine Masse Gefangener zum Opfer fallen musste.


Um diese Zeit kamen auch die damals noch in Antiochien lebenden Juden durch schwere Anklagen in Todesgefahr. Infolge von ganz frischen Verleumdungen, die man gegen die Juden ausgestreut hatte, sowie infolge gewisser älterer Zetteleien, über die aber auch das Gras noch nicht gewachsen war, herrschte in der ganzen Stadt eine furchtbare Gährung gegen die Juden.

Ich muss über die letzteren Zetteleien ein paar Worte vorausschicken, damit die Leser der Erzählung des späteren Falles leichter folgen können.


Finden wir auch die jüdische Nation auf der ganzen bewohnten Erde überall neben den Eingebornen stark vertreten, so ist doch die Mischung in Syrien wegen der Nachbarschaft Palästinas am allerstärksten. Ganz ausnehmend zahlreich waren aber die Juden in Antiochien, was sich sowohl aus der Größe der Stadt, wie auch ganz besonders aus dem Umstande erklärt, dass die Könige nach Antiochus die Judencolonie daselbst mit ihrem Ansehen schirmten.

Antiochus, mit dem Beinamen Epiphanes, hatte freilich Jerusalem verwüstet und den Tempel geplündert, aber seine Nachfolger auf dem Throne gaben alle Weihegeschenke, soweit sie aus Erz bestanden, den Juden in Antiochien wieder zurück und ließen sie in der dortigen Synagoge aufstellen. Auch räumten sie den Juden gleiche Bürgerrechte mit den Griechen der Hauptstadt ein.

Da dieselbe gute Behandlung den Juden auch von Seite der späteren Könige zuteil wurde, so wurde die Colonie immer volkreicher und konnte mit ebenso kunstvoll gearbeiteten, wie wertvollen Weihegaben ihrem Heiligtum einen immer größeren Glanz verleihen. Ferner übte auch ihre Religion stets eine große Anziehung auf viele Griechen aus, die durch deren Annahme in gewisser Hinsicht selbst wieder ein Stück jüdischen Volkstums wurden.

Es war nun um die Zeit, wo der Krieg bereits erklärt, und Vespasian soeben in Syrien gelandet war – der Judenhass schoss überall gerade in seine üppigsten Halme – da begab sich ein gewisser Antiochus, selbst ein Jude und zwar infolge der Stellung seines Vaters, der da das Haupt aller Juden in Antiochien war, sogar ein höchst angesehener Jude, in das Theater, in dem gerade das Volk von Antiochia eine Versammlung abhielt, und machte gegen seinen eigenen Vater und die anderen Juden die Anzeige, dass sie beschlossen hätten, in einer einzigen Nacht alle Quartiere der Stadt niederzubrennen. Er brachte auch gleich in Fesseln einige auswärtige Juden mit, die an jener Verschwörung teilgenommen haben sollten.

Bei dieser Mitteilung kannte der Zorn des Volkes keine Grenze mehr. Mit allem Ungestüm forderte man die sofortige Verbrennung der eingelieferten Juden, die auch gleich an Ort und Stelle alle miteinander den Flammentod erlitten.

Nun stürmte alles gegen die Judencolonie, um ja schnell genug die Schuldigen der verdienten Strafe zuzuführen und so die gefährdete Vaterstadt noch zu retten.

Antiochus machte dabei den Hetzer und glaubte sogar durch die Entrichtung eines Opfers nach griechischer Weise dem Volke einen Beweis von seinem Gesinnungswechsel und seinem gründlichen Abscheu vor dem Judentum geben zu müssen; ja, er ging soweit, die Heiden aufzufordern, sie sollten alle Juden zu demselben Schritte zwingen, da sich dann die Mordbrenner durch ihren Widerstand verraten würden. Wirklich versuchten die Antiochener das Mittel, und das Ende war, dass nur wenige Juden sich ihrer Forderung fügten, während die Mehrzahl für ihre Weigerung den Tod erlitt.

Damit noch nicht zufrieden, ließ sich Antiochus vom römischen Statthalter Soldaten geben und setzte damit seinen Mitbürgern in der ärgsten Weise zu, um auch ihre Sabbatsruhe zu stören und sie mit aller Gewalt zu zwingen, den siebenten Tag durch die verschiedensten knechtlichen Arbeiten zu enteiligen.

Er terrorisierte die Juden derart, dass nicht bloß in Antiochia, sondern unter dem von dort ausgehenden Drucke auch in anderen Städten, für einige Zeit wenigstens, die Sabbatsfeier ganz verschwand.


Diesen traurigen Ereignissen, welche um die genannte Zeit über die Juden von Antiochia hereinbrachen, folgte bald wieder ein neuer Unglücksschlag, den wir gleich anfangs angedeutet und zu dessen Verständnis wir auch das eben erzählte vorausgeschickt haben.

In Antiochien war eine Feuersbrunst ausgebrochen, welche das bekannte viereckige Forum, das Stadthaus, das Archiv und die Basiliken verzehrte und sich über die ganze Stadt zu verbreiten drohte, so dass man selbst mit Aufbietung aller Kräfte den Flammen nur mit genauer Not Einhalt tun konnte. Diesen Brand legte nun Antiochus den Juden zur Last, und gewiss hätten sich die Einwohner der Stadt, auch wenn sie nicht bereits von früher her gegen die Juden einen Groll gehabt hätten, schon infolge der durch die Feuersbrunst hervorgerufenen Aufregung sofort von der Verleumdung einnehmen lassen. Um so leichter musste es also Antiochus werden, aus den früheren Zetteleien seine jetzige Behauptung den Einwohnern plausibel zu machen, was ihm in einer Weise gelang, dass die Antiochener sich fast selbst einredeten, die Juden mit Brandfackeln an ihren Gebäuden gesehen zu haben.

Nicht anders, als wären alle toll geworden, wollten sie sich schon mit fanatischer Wut auf die Opfer der Verleumdung werfen, als es noch dem Legaten Cnejus Collega, freilich mit Mühe, gelang, ihren Ungestüm zu zügeln und seine Forderung durchzusetzen, dahingehend, man möge doch zunächst an den Kaiser Vespasian einen Bericht über die letzten Vorfälle abgehen lassen.

Es war nämlich damals der Statthalter von Syrien Cäsennius Pätus schon auf dem Wege vom Kaiser her, aber noch immer nicht in Antiochien eingetroffen.

Als nun Collega die Sache sorgfältiger untersuchen ließ, kam er auf die Wahrheit: kein einziger von den Juden, denen Antiochus die Schuld gab, hatte auch nur den geringsten Anteil an der Verschwörung genommen; vielmehr war das Ganze nur das Werk etlicher Taugenichtse, die sich vor Schulden nicht mehr zu helfen wussten und der Meinung waren, wenn sie den Markt mit den öffentlichen Archiven niederbrennen würden, wären sie aller Forderungen ledig.

Solange nun dieser Process noch in der Schwebe war, mussten die Juden in furchtbarer Spannung der kommenden Dinge harren.