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Predigten zu 1. Mose 9,21

"Und er trank von dem Weine und ward trunken, und er entblößte sich in seinem Zelte."

Autor: Jakob Kroeker (* 1872; † 12.12.1948) wichtigster Vertreter des freikirchlichen russländischen Protestantismus
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"Noah aber begann und legte als Landmann einen Weinberg an. Als er aber von dem Weine trank, war er trunken und entblösste sich in seiner Hütte." 1.Mose 9,21.

Einst war Noah stark gewesen, wie ein Fels einem ganzen Zeitalter gegenüberzustehen, das sich berauschte an den großen Kulturschöpfungen seines eigenen Geistes. Derselbe Noah fiel aber, als er auf der aus dem Gericht neu erstandenen Erde seinen Weinstock ziehen und dessen Früchte geniessen durfte. In seinem Herzen und in seinem Leben hatte er zwar die Dinge gerichtet, die seinen Zeitgenossen zum Gericht gereichten. Sein Fall machte aber offenbar, dass er als erlöster Mensch, wenn auch in viel feinerer Form, zu denselben Sünden fähig war. Ja, vielleicht darf man ganz allgemein die große Wahrheit feststellen, dass bisher in der Heilsgeschichte der erlöste Mensch am ersten fiel durch Berauschung an den Schöpfungen der eigenen Hand und an den Segnungen jenes neuen Bodens, auf den er sich durch eine Gottestat verpflanzt sah.

Noah flüchtete ins Zelt, als er wahrnahm, dass der Genuss von dem Segen des Weinstockes ungewollte Wirkungen bei ihm ausgelöst hatten. Wäre nicht Ham in seiner Pietätlosigkeit dem Vater in sein Zelt nachgegangen, dann hätte vielleicht niemand Noahs Fall gesehen. Jedoch, was Noah seiner Zeit tat, indem er, um seinen Rausch zu verbergen, ins Zelt flüchtete, ist später in der Geschichte lange nicht immer von dem erlösten Menschen getan worden. Wie oft führte der Rausch auf irgendeinem Gebiete des religiösen und geistlichen Lebens ebenfalls zu all den schmerzlichen Erscheinungen, mit denen ein solcher im natürlichen Leben verbunden sein kann.

Und Gott ließ Noahs Fall zu. Ja, Er musste ihn zulassen, um seinen Knecht tiefer erlösen zu können. Wir stehen hier wieder vor einem der größten Geheimnisse der Erlösung. Der Mensch gelangt zur Erlösung von seinem unerlösten Wesen vielfach erst auf Grund seines Falles. Im Fall wird sichtbar, inwieweit noch eigene Kräfte, die er nicht bewusst gerichtet hat, in ihm wirksam sind.

Petrus konnte von seinem Selbstbewusstsein erst erlöst werden, nachdem er den Herrn dreimal verleugnet hatte. Solange der gerettete Mensch all das Unheilige seines Wesens, das er mit durch das Gericht über das Fleisch hindurchgerettet hat, unter die Herrschaft des Geistes stellt, wird es nicht sichtbar. Sobald aber der Geist vor einer seelischen Berauschung weichen und zurücktreten muss, tritt es in seiner ganzen Hässlichkeit in die Erscheinung.

Aber der Herr selbst überwacht solche Sichtungsstunden für seine Jünger, damit ihr Glaube nicht aufhöre. Was Er erreichen will, ist die Sonderung des Weizens von der Spreu. Erlöste sollen erlöster werden von dem, was sie unbewusst aus der alten Welt in die neue mit hinübergerettet haben.