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Predigten zu Lukas 16,23

"Und in dem Hades seine Augen aufschlagend, als er in Qualen war, sieht er Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoße."

Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Vom Wiedersehen sprechen die Menschen oft, wenn der Tod sie trennt, und es geht mir nicht anders als den anderen, ich denke auch oft ans Wiedersehen. Auch Jesus spricht hier von einem Wiedersehen, freilich nicht nur vom Wiedersehen alter Bekannter. Der Reiche sieht auch Neues. Jetzt sieht er Abraham, von dem er nur gehört hat, dass er sein Vater sei und dass er seinen Anteil an Gott von Abraham her besitze. Nun wird, was er gehört hat, Wahrnehmung. Denn er sieht, dass Abraham die von seinen Söhnen zu sich nimmt, die die Engel zu ihm tragen. Er sieht aber auch Lazarus, den er oft gesehen hat, solange er am Torbau seines Hauses lag. Denn es ist zwischen ihm und Lazarus eine Verbundenheit entstanden, die der Tod nicht löst. Beim Reichen entstand diese Verbindung durch seine Schuld und Schuld weckt Erinnerung und führt zum Wiedersehen. Ich will auch jetzt, lieber Herr, ernstlich auf dich hören, obwohl ich vor den Gedanken erschrecke, dass das Verschulden uns Menschen mit einem Band aneinander bindet, das nicht einmal der Tod zersprengen kann. Schuld kann zwischen uns nur dann entstehen, wenn du uns in der irdischen Zeit zusammenführtest. Deine Gnade hat uns zusammengebracht, damit wir aneinander deinen guten Willen tun. Wer ihn nicht tut, den bindet nun die Schuld mit dem anderen zusammen und das ist ein Band, das durch Gottes Gesetz unzerreißbare Festigkeit bekommt. Nun darf ich aber fortfahren und sagen: auch die Liebe bindet uns zusammen nach deinem festen und wirksamen Gesetz. Schafft nicht auch sie die unvergängliche Berührung? Bringt nicht auch sie uns das Wiedersehen? Dann aber ist das Wiedersehen selig, wenn du, Herr Christus, dabei bist und wir uns an deinem Tisch und Fest begegnen. Wir haben nicht Abraham zum Vater. Für uns bist du der Anfänger und Vollender des Lebens. Darum verlangt unser Hoffen für uns und für alle unsere Lieben nach deiner Versichtbarung.

Ich kann mit meinen Gedanken und Wünschen nicht nur im Gegenwärtigen verweilen. So hast Du es uns verordnet, heiliger Gott, dass wir vorwärts schauen, nicht in das Grab hinein, sondern in das Leben hinauf, und es ist Dein Wille, dass das, was Du uns jetzt gibst, unser ewiges Leben und unser ewiges Eigentum werde. Wir empfangen von Dir kein größeres Eigentum als die Menschen, die Du uns anvertraust. Mache uns füreinander zum ewigen Segen. Amen.


Autor: Hermann Bezzel (*18.05.1861; † 08.06.1917) deutscher lutherischer Theologe
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Als er nun in der Hölle und in der Qual war, hob er seine Augen auf und sah Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß.

Er sieht das Glück des Lazarus und wird es nie erreichen. Er kennt die Quelle, die dem Lazarus zurauscht, erquickend, bleibend, verneuend, ermutigend, stärkend; er sieht die Blumen, die an dieser Quelle gepflanzt und hingestreut sind; er sieht sie und soll sie nicht erreichen. Wenn nur die Fingerspitze angefeuchtet wäre, so würde er erquickt. Nur ein Wort des Trostes aus dem Munde des Lazarus, es wäre ihm Freude. Wie groß muss die Seligkeit sein, dass ein Verlorener ein Atom von ihr schon als Glück wertet! Wie herrlich muss die Heimat sein, wenn der letzte und leiseste Gruß von ihr einem die Hölle erleuchten und erhellen könnte!