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Predigten zu Lukas 18,10

"Zwei Menschen gingen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer und der andere ein Zöllner."

Autor: Martin Luther (* 10.11.1483; † 18.02.1546) theologischer Urheber der Reformation
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Zweierlei Gebet

Der Herr Christus hat uns selbst das Gleichnis über den Pharisäer und den Zöllner erzählt, die beide im Tempel beten wollten. Der Pharisäer kommt zu Gott mit seinen Werken und sagt: »Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die anderen Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich habe« (Lk 18,11-12). O, welch ein »gewaltiger Heiliger«! Niemand kann ihm etwas nachsagen außer seiner abgöttischen Vermessenheit und seinem Hochmut. Er kommt tatsächlich daherstolziert und rühmt nicht die Gnade, sondern sein eigenes Fasten und seine guten Werke.

Irgendwo dahinten steht der arme Zöllner, der weder Verdienste noch Werke vorzeigen kann und nichts vorzubringen weiß, als dass er freiheraus bekennt, ein Sünder zu sein. Und er kommt ebendeshalb und bittet um Gnade und hat nichts zu bringen, sondern muss sich nur alles von Gott schenken lassen. Nach Christi unfehlbarem Urteil ist dieser Zöllner gerechtfertigt nach Hause gegangen, während der Pharisäer mitsamt seiner Heiligkeit und seinen Werken verdammt blieb – nicht einmal wert, dem Zöllner das Wasser zu reichen.


Autor: Ludwig Hofacker (* 15.04.1798; † 18.11.1828) deutscher evangelischer Pfarrer
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Beten heißt mit Gott reden, mit Gott dem Allwissenden, der Herzen und Nieren kennt, der die innersten Gedanken meines Herzens kennt, vor dem ich bin wie ich bin, vor dem mich anders darstellen, als ich bin, als ich mich fühle, als mir mein Geist selber Zeugnis gibt, - mir nichts helfen, sondern nur meine Schuld vergrößern würde. Der Pharisäer und der Zöllner haben gebetet; haben sie sich auch so hingestellt vor Gott, wie sie waren? Der Zöllner - ja; der Pharisäer nicht ganz. Zwar wenn nur ein Teil unserer Chri- sten so aufrichtig wäre wie er, es würde anders mit uns aussehen, unser böses Herz würde sich offenbaren, wir würden es dann mit Händen greifen können, daß wir nicht so sind, wie wir sein sollten. Man ist gewöhnlich nicht so aufrichtig gegen Gott. Das eine Mal will man nicht so schlecht sein, das andere Mal nicht so brav, als man sich fühlt, das letztere eben deswegen nicht, weil man das Gleichnis von dem Pharisäer und Zöllner kennt. - Auch das wäre noch nicht das Fehlerhafte an dem Gebet des Pharisäers gewesen, daß er Gott für das Gute dankte, das er an sich sah. Warum sollte denn ein Mensch, der die Kraft der Gnade an sich erfahren, den der Herr aus dem Tod der Sünde und der Eitelkeit herausgerissen, ihm nicht dafür innigst danken wollen und danken dürfen? Das ist ja höchste Pflicht. Nein, was das Gebet des Pharisäers zur Sünde machte, das war die Selbstgerechtigkeit und Verachtung anderer (V. 9), in der er gefangen war. Diese Selbstgerechtigkeit aber ist viel tiefer in unsern Herzen gewurzelt, als man gewöhnlich weiß. Man kann alles aufgegeben, um Christi willen alles verleugnet haben, man kann alle seine Habe den Armen geben um Christi willen, und doch ist im Hintergrund des Herzens noch ein Pharisäer, der sich in diesen Dingen spiegelt und wohlgefällt, und dieser Pharisäer verhindert die wahre Bekehrung, das wahre kindliche Zunahen zum Gnadenthron Gottes, dieser tritt zwischen Gott und dich hinein und läßt dich die Kraft des Todes Christi nicht schmecken, dich zu keiner Gewißheit der Vergebung deiner Sünden kommen. O lasset uns den Herrn bitten, daß er uns vom Pharisäertum losmache!

Wie bin ich dir so fremd! Wie bin ich dir so fern! Die Sünde trennet uns; mein Heiland, ach wie gern war ich einst ganz erlöst von aller Eigenheit, um nur zu leben dir in Zeit und Ewigkeit!

Ich bin mir selbst zur Last, ich mag mich nicht ansehn; wann werd ich, Herr, in dich im Glauben übergehn? Du helles Lebenslicht, geh kräftig auf in mir, daß meine Finsternis verschlungen werd in dir!

Ach wann wird's doch geschehn, daß ich in reiner Liebe zu dir, Allwürdiger, durch deines Geistes Triebe, mich selbst und was ich kann und habe, ganz in dir, o meines Wesens Ziel, einst seliglich verlier.