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Predigten zu Lukas 22,61

"Und der Herr wandte sich um und blickte Petrus an; und Petrus gedachte an das Wort des Herrn, wie er zu ihm sagte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen."

Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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"Und der Herr wandte sich um und sah Petrus an. Da erinnerte sich Petrus an das Wort des Herrn."

Welch ein Anblick muss das für Petrus gewesen sein! Das Angesicht unseres Herrn trug die Spuren von Gethsemane. Sein Körper muss erschöpft gewesen sein, und seine ganze Erscheinung bot ein Bild des Leidens. Wenn ein Bild des Schmerzensmannes hätte gezeichnet werden sollen, so wäre dies der geeignete Augenblick gewesen, als sich der Herr umdrehte und Petrus ansah. Beim Fackellicht und der flackernden Flamme des Feuers im Hofe sah Petrus den leidenden Herrn, und dieses Bild grub sich tief in seine Seele ein. Er erblickte den Mann, den er liebte, wie er ihn nie zuvor gesehen hatte.

Es war derselbe Herr, mit dem Petrus auf dem Berg der Verklärung gewesen war. Obwohl das Antlitz des Herrn mit Blut befleckt war, so konnte Petrus doch erkennen, dass es derselbe Mann war, mit dem er drei Jahre lang vertraut gelebt hatte.

All dies muss in einem Augenblick die Seele des Petrus durchzuckt haben, und ich wundere mich nicht, dass er in der Erinnerung daran hinausging und bitterlich weinte. Er liebte seinen Herrn ja wirklich. Mit seinem Herzen hatte er den Herrn nicht verleugnet, sondern mit seiner vorschnellen Zunge. Nun zerfloss sein Herz vor Traurigkeit, dass er einen solchen Freund verleugnet hatte.

Der Herr machte Petrus keinen Vorwurf. Ein Blick genügte, um Petrus seine Torheit und des Meisters überlegene Weisheit deutlich zu machen. Wir lesen, dass Petrus an die Worte Jesu dachte: "Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen!" Der Herr frischte mit seinem Blick das Gedächtnis des Petrus auf und richtete eine Mahnung an sein Gewissen. Aber dennoch war in den Augen des Herrn nur vergebende Liebe zu lesen, die ausdrückte: "Petrus, ich liebe dich dennoch! Du hast mich verleugnet, aber ich habe dich je und je geliebt und dir nicht den Rücken zugewandt."

Wenn ich daran denke, was mein Herz am ehesten brechen würde, wenn ich meinen Herrn so verleugnet hätte, so meine ich, wenn er zu mir spräche: "Wenn du mich auch verleugnet hast, liebe ich dich dennoch."


Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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"Und der Herr wandte sich um und sah Petrus an. Da erinnerte sich Petrus an das Wort des Herrn ... Und er ging hinaus und weinte bitterlich."

Die Wiederherstellung des Petrus wurde durch zwei äußere Mittel herbeigeführt. Ich denke gern an die seltsame Verbindung: das Krähen des Hahnes und der Blick des Herrn.

Ich sehe in diesem armen Hahn ein passendes Bild für mich selbst. Mein Predigen ist ein armseliges Krähen; aber ich hoffe, dass sich des Meisters Blick mit meiner schwachen Predigt verbinden wird.

Wenn du ausgehst und versuchst, eine Seele für Christus zu gewinnen, dann sage dir dabei: "Ich selbst bin unfähig, ein hartes, aufrührerisches Herz zu schmelzen; aber der Herr kann meine Worte gebrauchen."

In dem Blick des Herrn erkenne ich zuerst seine sorgende Liebe. Der Herr ist gebunden, er wird angeklagt, man hat ihn ins Gesicht geschlagen, aber seine Gedanken sind bei dem irrenden Petrus.

Gelobt sei sein Name, dass er immer ein Auge für sein Volk hat, ob er nun verachtet oder verherrlicht ist!

Ich betrachte gern seine grenzenlose Herablassung. Hätte unser Herr seinen Blick auf Johannes gerichtet, so würde uns das nicht verwundern. Aber der Herr blickt auf den, von dem wir uns unwillkürlich abgewandt hätten, nachdem er sich so jämmerlich betragen hat. Dass der Herr der Herrlichkeit einen Jünger ansieht, der ihn verleugnet hat, ist grenzenlose Herablassung.

Ich sehe in dem Blick des Herrn auch eine freundliche Weisheit. Er wusste am besten, was Petrus nötig hatte. So sprach er nicht zu ihm, sondern sah ihn an. Er hatte früher zu ihm gesprochen, und diese Stimme hatte ihn zum Menschen fischer gemacht. Jesus hatte Petrus die Hand gereicht, um ihn vor dem Ertrinken zu bewahren. Aber diesmal gibt er ihm weder Stimme noch Hand, sondern das, was Petrus jetzt braucht: Der Herr blickte Petrus an.

Wie weise wählt der Herr stets die Art, in welcher er seine Liebe ausdrückt, um das Beste in uns zu bewirken. Keine Worte hätten ausdrücken können, was in diesem Blick des Erbarmens lag.


Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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Wiederaufrichtung durch den barmherzigen Heiland

"Der Herr wandte sich und sah Petrus an, und Petrus gedachte an des Herrn Wort, wie er zu ihm gesagt hatte."

Der Herr richtete den gefallenen Jünger wieder auf. Schon vor seinem Fall hatte er für ihn gebeten, dass sein Glaube nicht aufhören möchte. Und jetzt, als er im Hof des Hohenpriesters an ihm vorübergeführt wurde, wandte er sich nach ihm um. Jesus war nicht so tief versunken in den eigenen Jammer, dass er keinen Blick mehr für den Jünger übrig hatte. Er ließ es ihn auch nicht entgelten, dass er ihn eben so schnöde verleugnet hatte. Es hiess bei ihm nicht: Magst du von mir nichts wissen, so bin auch ich für dich nicht mehr da. Er sah ihn an mit einem ernsten und doch nicht durchbohrenden Blick, sondern mit einem Blick tiefen Erbarmens. Der ging dem Jünger durch und durch und weckte ihn aus dem Taumel und der dumpfen Betäubung. Er kam zur Besinnung und gedachte an das vergessene Wort des Meisters: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Da fiel seine Sünde mit ganzer Wucht auf ihn. Doch durfte er sich sagen: Der Heiland hat mich noch nicht weggeworfen, er will doch noch etwas von mir wissen, hat er doch einen Blick suchender Liebe nach mir gesendet. Da schmolz sein Herz, er ging hinaus und weinte bitterlich. - Der Heiland wirft einen gefallenen Jünger nicht gleich weg. Er hat für Petrus schon vor seinem Fall gebetet, dass sein Glaube nicht aufhöre, dass er nicht ende in der Nacht der Verzweiflung wie Judas. So haben auch wir ihn, wenn wir sündigen, als Fürsprecher beim Vater. Er lässt auch auf uns, wenn wir uns verirrt haben, einen Blick fallen, der uns zur Ernüchterung bringt. - Der Seher Johannes sieht das Lamm Gottes mit sieben Augen. Es sind die sieben Geister Gottes, die vom erhöhten Heiland ausstrahlen. Seine Augen senden Geistesblicke. Bald beunruhigen und erschrecken sie, wenn sie uns etwas aufdecken, was verwerflich ist. Bald sind es Gnadenblicke, die ein Herz trösten, das um seine Sünde bekümmert ist. Solche Geistesblicke machen uns das Wort, das wir hören, eindrucksvoll, so dass es ganz persönlich zu uns spricht. Oder sie bewirken, dass uns ein früher aufgenommenes Wort in den Sinn kommt und Licht in der Seele verbreitet. - Jesus entzieht uns seine Blicke nicht, wenn wir, wie Petrus, vom Bösen überrumpelt worden sind. Dieser Jünger hat zwar mit vollem Bewusstsein, aber doch nicht vorsätzlich gesündigt, wie Judas oder auch Ananias und Saphira. Seine große Verfehlung und die noch grössere Gnade, die er erlebte, machten Petrus barmherzig und setzten ihn in den Stand, schwache und fehlende Brüder zu stärken im Glauben an die Gnade. Wie Jesus sich nach ihm umwandte und ihn nicht kalt seinem Schicksal überließ, so kehrte auch er sich später zu den fallenden Brüdern, um ihnen aufzuhelfen. Durch Erfahrung unserer Schwachheit und der unendlich großen Gnade werden wir erst wahrhaft priesterlich gesinnt gegen die fehlenden Brüder.


Autor: Hermann Friedrich Kohlbrügge (* 15.08.1803; † 05.03.1875) niederländischer reformierter Theologe

O den Blick dieses leidenden und treuen Heilandes in das frech sündigende Herz hinein, wer kann diesen Blick vergessen, wobei es denn hieß und heißt: Wer ist gerecht, du oder ich? Wer macht dich nun selig, du oder ich? Wer ist die Wahrheit? Wer und in wem ist das Leben? – Es gibt so manches, was einem hart und fremd deucht in der Liebe Christi, und auch in dem, den die Liebe Christi dringt, und der deshalb lediglich ihn predigt, auf dass diese Liebe in uns vollkommen sei. Aber ein derber Hieb aus liebendem Herzen ist doch heilsamer als ein Honigkuchen mit Ungerechtigkeit. Mancher von euch dünkt sich mit dem Rock des Heils bekleidet und er ist dennoch nackt. Mancher von euch meint siebzig Schuh gewachsen zu sein, und er ist kaum gepflanzt, und es wird bei ihm noch übersommern und überwintern müssen, auf dass es sich herausstelle, es sei eine Pflanze des Vaters in den Himmeln. Das sage ich nicht, um einem Angst einzujagen, sondern wider alle Anmaßung sage ich es; denn wer segnet sich nicht in seinem Herzen und sagt nicht: Ich bin's? – Die Liebe Christi aber, die ist es, und wir sind nichts, und das soll uns wohl hundertmal gesagt sein. Wollte man es nur glauben, so würde so vieles nicht vorfallen, womit am Ende der Name Gottes gelästert wird. – Wohl uns mit dem Blick des Herrn! Er hat weder Ruhe noch Rast, bevor er uns in seiner Ruhe geborgen und uns getröstet hat. Er hat an sein schwaches Häuflein gedacht, da er vor Kaiphas stand und zum Tode verurteilt, auch jämmerlich geschlagen wurde, da er am Kreuz hing, da er im Grabe lag, da er auferstanden war. Wer will nun verdammen?

Hat Petrus dreimal dich aus Furchtsamkeit
verleugnet und damit dein Herz durchstochen,
ach, wie viel öfter hab' ich Treu gebrochen!
Doch ist es mir, o Herr, wie Petro leid,
und darum hast du den treulosen Knecht
beständig noch zu lieben fortgefahren.
Ach, bring mich auch, wenn ich verirrt, zurecht;
lass deinen Geist dies schwache Rohr bewahren!


Autor: Wilhelm Busch (* 27.03.1897; † 20.06.1966) deutscher evangelischer Pfarrer, Prediger und Schriftsteller
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Wilde, hohnlachende Gesichter schauen auf den Petrus. Wütend fährt er einen Knecht des Hohenpriesters an: „Was sagst du da? Ich gehöre auch zu dem Jesus, den sie da drinnen im Palast des Hohenpriesters verhören?! Bei Gott! Mensch, ich weiß nicht, was du sagst! Ich kenne den Menschen nicht." – Und alsbald krähte der Hahn.

„Und der Herr wandte sich und sah Petrus an." Was liegt nicht alles in diesem Blick Jesu! Traurigkeit über die Untreue des Treuesten; Erbarmen mit dem schwachen Menschenherz; Liebe, die den Verlaufenen zurechtbringt; ernste Forderung, nun Schluss zu machen mit diesem unwürdigen Treiben.

„… und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich." Es ist doch etwas Großes, wie hier Jesus über Seinen Jünger wacht. Während Er selbst in die dunkle Nacht du Leidens geht, macht Er an Seinem Jünger die Verheißung wahr: „Ich will dich mit meinen Augen leiten."

Aber schön ist es auch, dass Petrus sich von Jesu Blick zur Buße rufen lässt. So hat Jesus auch den Judas angesehen. Aber der hat sein Herz verstockt. Und wir? In der „Johannes-Passion" von Johann Sebastian Bach findet sich ein unbekannter Choralvers: „Petrus, der nicht denkt zurück / seinen Gott verneinet / der doch auf den ersten Blick / bitterlich jetzt weinet. / Jesu, blicke mich auch an / wenn ich nicht will büßen. / Wenn ich Böses hab' getan / rühre mein Gewissen." Jesu Augen, die uns zur rechten Stunde ansehen – und ein Herz, das sich von Seinen Augen leiten lässt –: So mag es wohl geschehen, dass ein verlorenes, irrendes Menschenherz doch schließlich zurechtkommt und noch etwas wird „zu Lobe seiner Herrlichkeit". Amen.