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Predigten zu Lukas 23,43

"Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Das zweite Kreuzeswort

"Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein."

Der hier angeredete Schächer war - menschlich gesehen - ein unglücklicher und hoffnungsloser Fall. Seine Vergangenheit war verfehlt, sein Ruf vor der Welt verdorben, die Folgen seines Irrwegs waren nicht zu ändern. Ein qualvoller Tod stand vor ihm. Diesen ärmsten Menschen erfüllte das obige Heilandswort mit wunderbarem Trost und gab ihm eine lebendige Hoffnung. Es machte ihn reicher und glücklicher als sämtliche Spötter, die das Kreuz umstanden. Warum?

Dieses Wort gab ihm eine dreifache Gewissheit in sein Herz:

1. Die Gewissheit des Ortes, an den er gelangen würde

Der Schächer stand vor der Ewigkeit. Wie ein finsteres, unbekanntes Land lag jene andere Welt vor ihm. Welches Los mochte ihm dort bevorstehen? An welchen Ort würde er kommen?

Schaute er auf sein vergangenes verpfuschtes Leben, so war er der untersten Hölle wert.

Nun aber gibt ihm der, dem alles Gericht vom Vater übergeben ist, völlige Klarheit, dass er nicht an einen Strafort, auch nicht an einen Reinigungsort, sondern in das Paradies kommen werde. Welch eine frohe Botschaft! Ihm, dem tief gesunkenen Sünder, soll der Garten Gottes geöffnet werden, den einst die gefallenen Menschen nicht mehr betreten durften. Kein Cherub mit dem blossen hauenden Schwert (1. Mose 3, 24) wird den Eingang verwehren; denn der, welcher über allen Cherubim steht, heißt ihn hineingehen. Dieser sterbende Verbrecher, der seine irdische Heimat nie wieder sehen wird, schaut durch dieses Heilandswort eine neue Heimat vor sich, die besser ist als irgendein Heim auf der Erde.

2. Die Gewissheit der Gesellschaft, in der er sich befinden würde

Was soll der schönste Ort, was nützt selbst das Paradies, wenn dort nicht die rechte Gemeinschaft ist? Man kann wie Lot in eine Gegend ziehen, die wie ein Garten Gottes aussieht (1. Mose 13, 10), und doch eine qualvolle Zeit dort durchleben, wenn die Gesellschaft daselbst nicht gut ist. Hätte der Schächer im Paradies Leute angetroffen, die sich stolz und verächtlich von ihm abgewandt und ihn seine Vergangenheit hätten fühlen lassen, so wäre ihm dieser herrliche Garten eine Hölle geworden. Das aber sollte nicht der Fall sein. Es wurde ihm eine Gesellschaft zugesichert, die nicht stolz und hochmütig, sondern "sanftmütig und von Herzen demütig" (Mt. 11, 29) war.

Die beiden Worte "mit mir" gaben dem Schächer die Garantie, dass er mit Jesus selbst in jener andern Welt Gemeinschaft haben würde. Welch eine Gnade! Der Schächer war ein Mann, der wegen seiner Übeltaten aus der menschlichen Gesellschaft ausgestossen worden war. Dieses Menschen wollte sich Jesus im Paradies nicht schämen! Der, vor dem alles Himmelsheer sich beugt, wollte sich dort mit einem früheren Raubmörder zeigen! Wenn irgend ein Wort Evangelium enthält, dann dieses! Die Gesellschaft Jesu war die höchste Ehre für den, der seine Ehre verloren hatte. Sie war aber auch der herrlichste Genuss.

Schon hier - in seiner letzten Lebensstunde - hatte der Schächer erfahren, welcher Segen von der Nähe Jesu ausging. Durch ihn war er zur Umkehr und zum Glauben geführt worden. Ihm verdankte er alles, was er hatte. Dieser Heiland, der seine verlorene Erdenzeit noch zurecht gebracht hatte durch seine Gnade, wollte auch drüben bei ihm sein. Das war genug. Mehr brauchte er nicht. Wem die Gesellschaft Jesu hienieden das Liebste in der Welt geworden ist, wer das Glück und den Reichtum seiner Nähe und Gemeinschaft kennenlernen durfte, der kann auf die Kenntnis der Einzelheiten der künftigen Welt verzichten, wenn dies eine nur feststeht: Ich darf bei meinem Herrn sein. Diese Zuversicht wurde dem Schächer geschenkt.

3. Die Gewissheit der Zeit, wann er in den Besitz der großen Freude kommen würde

Der Schächer wäre gewiss zufrieden gewesen, wenn Jesus ihm für eine ferne Zukunftszeit das herrliche Ziel in Aussicht gestellt hätte. Aber er bekommt mehr. "Heute" noch soll ihm dies alles zuteil werden. Welch eine Kürze der Frist! Nicht nach langen Jahren der Läuterung würde er dereinst würdig werden. Nein, heute noch, wo er am Verbrecherkreuz hing, heute noch, wo ihn die Menschen verachteten oder bedauerten, heute noch, wo er öffentlich als Auswurf der menschlichen Gesellschaft am Pranger stand, soll er in diese Ehre und Herrlichkeit einrücken.

Keine Bedingungen sind an dieses so schnelle günstige Los geknüpft. Bei Jesus gibt es freie und völlige Gnade. Mit einem "Wahrlich, ich sage dir" bekräftigt der Herr diese seine Verheißung. Sie steht felsenfest, und keiner kann daran rütteln. Wer beim Heiland und seiner Vergebung gläubige Zuflucht sucht, geht in der Stunde seines irdischen Abschieds sofort zu ihm in die Herrlichkeit. Solche Gnade ist ein Born, an dem der ärmste Sünder den Durst seiner Seele stillen darf. Sie lädt alle ohne Ausnahme ein: "Wendet euch zu dem, der den Schächer annahm! Er erfüllt die Hoffnungslosesten mit der seligsten Hoffnung.


Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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Das Gnadenwunder am Schächer (III)

"Wahrlich, ich sage dir, heute wirst du mit mir im Paradiese sein!"

Jesus gibt ihm eine ganz feste und bestimmte Zusage. Er setzt noch ein "Wahrlich" hinzu wie ein Siegel, das aufgedrückt wird. Sein Wort ist unverbrüchlich. Eher fallen Erde und Himmel dahin, als dass er seine Verheißung bricht. Nun wusste es der Schächer ganz gewiss: Ich bin bei Gott angenommen, und ich werde zu ihm kommen. Sein Leib war in einer Hölle der Schmerzen, aber seine Seele im Himmel. Leiden ohne Trost ist schrecklich. Leiden mit dem Trost der Liebe Gottes ist nicht allzuschwer. - Allerdings musste die Heilsgewissheit des Schächers einige Proben bestehen. Der Ruf Jesu: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" konnte ihn stutzig machen. Wie? Der Jesus, der mir den Weg zu Gott aufgeschlossen hat, ist nun selbst von Gott verlassen? Was wird nun aus mir? Doch die zwei letzten Worte Jesu am Kreuz gaben wieder Trost. - Nun kam aber eine neue Probe. Der Herr Jesus verschied. Und nun war der Schächer allein und konnte sich nicht mehr an seiner sichtbaren Gegenwart stärken und aufrichten. Sein Glaube war nun bloss auf das Wort angewiesen, das ihm der Heiland gesagt hatte. Doch das muss genügen. Die Gefühle wechseln. Der Glaube muss sich darum auf das immer gleiche und nicht wankende Wort der Verheißung verlassen. Glaube, der sonst keine Stützen hat als das Wort, ist vollendeter Glaube.

- Dann kam die letzte Probe. Ihm und seinem Genossen wurden von den Soldaten die Beine mit Knüppeln zerschmettert. Sie wurden totgeschlagen wie Hunde. Es war das Gegenteil von einem sanften Ende. Doch er wusste:

"Ich komme ins Paradies." Ein sogenannter sanfter Tod ist noch lange kein seliges Ende. Oft müssen gerade Gotteskinder zuletzt noch schwer leiden. Die Hauptsache ist die feste Gewissheit der bevorstehenden seligen Heimkehr. Zu ihr können wir ebenso gelangen wie der Schächer. Wir müssen uns nur ganz neben ihn stellen in dem Bewusstsein, dass wir um kein Haar besser sind als er. Wir müssen ferner wie er allein auf die Gnade bauen, die den Sünder ohne jedes eigene Verdienst selig macht, und an dieser Gnade festhalten bis ans Ende. - Die Begnadigung des Schächers ist von alters her ein Trost für solche, die noch in der letzten Stunde zum Heiland kommen. Es ist wirklich wahr: Wer in aufrichtiger Buße ihm naht, für den ist es nie zu spät. - Doch das Beispiel des Schächers kann auch missbraucht werden zu gefährlicher Sicherheit. Hüten wir uns vor dem Gedanken: Es eilt nicht! Es ist noch Zeit, Gnade zu erlangen auch kurz vor Torschluss! Vergessen wir nicht, dass der Schächer auf Golgatha zum ersten Mal mit Jesus in Berührung kam! Und bei dieser ersten Begegnung ergab er sich ihm. Wie oft ist Jesus uns schon nahegetreten! Je öfter wir das Ohr dem Ruf der Gnade verschließen, desto tauber werden wir. Wer die Bekehrung aufschiebt, versperrt sich am Ende den Weg dazu. Gott lässt sich nicht spotten (Spr. 1, 24 - 28). Es gilt zuzugreifen, sobald uns der Herr nahekommt.


Autor: Hermann Friedrich Kohlbrügge (* 15.08.1803; † 05.03.1875) niederländischer reformierter Theologe

Was haben wir mehr zu beachten: Schächers Gnade oder Schächers Glauben? Darauf antworten wir: Schächers Glauben. Hinter Schächers Gnade versteckt sich manchmal die Arglist der Eigengerechtigkeit, und die spricht so: Komme ich mit dem Meinen, was ich jetzt habe, nicht durch, so ist doch endlich bei Gott Schächers Gnade da, und dann wird mir diese zuletzt noch immer zu gute kommen können. Das ist mit andern Worten: So arg sieht es mit mir noch nicht aus als mit dem Schächer. Will man Beweise, so stecke man die Hand nur in den Busen und frage sich selbst, ob man sich nicht immerdar schmeichelt: Ich meine es doch besser als der da, bin auch besser. Und will man solches dennoch nicht bekennen, so werden uns unsere eigenen Worte verdammen müssen, wenn wir uns nur etwa ins Gedächtnis rufen wollen, wie wir noch gestern oder vorgestern über diesen oder jenen unserer Nächsten uns ausgelassen haben. Wer Schächers Gnade will, der sei auch wahrhaftig ein Schächer und bekenne mit Paulo: Mir, dem vornehmsten Sünder, ist Barmherzigkeit widerfahren, sonst ist es ein Wort der Lippen und nicht Wahrheit im Innern. Der Schächer hat im Glauben geschrien: Herr, gedenke an mich, und so ist die ganze Erfüllung des Gesetzes bei ihm gewesen, die Liebe Gottes und des Nächsten, er hat fürstlich von Christo gepredigt und allen die Wahrheit vorgehalten, wo kein Mensch anders den Mund auftat, als um seines Christi zu spotten.

Des Bundes Blut erwies die erste Kraft
am Schächer, der noch in der letzten Stunde
durch wahre Buß und Glauben Gnade fand,
für alle Sünden ward nun Rat geschafft.
Doch ist aus Tausend einem dies geschehn,
so ist dem sichern Fleisch nichts eingeräumet:
der andre Schächer musst zu Grunde gehn,
weil er die rechte Gnadenzeit versäumet.


Autor: Wilhelm Busch (* 27.03.1897; † 20.06.1966) deutscher evangelischer Pfarrer, Prediger und Schriftsteller
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Hier sehen wir das größte Wunder von Golgatha: Der Ausgeschlossene schließt auf!

Ausgeschlossen ist Jesus, wie nie ein Mensch ausgeschlossen war. Die Menschen haben Ihn aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen. „Die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht." Die Erde hat keinen Raum mehr für den Sohn Gottes. Schon bei der Geburt blieb Ihm nur der geringste Raum: ein Stall. Nun ist Er ganz ausgeschlossen: Zwischen Himmel und Erde hängt der Sterbende. Und auch der Himmel hat Ihn ausgestoßen. Gott warf unser aller Sünden auf Ihn. Nun ruft der Sündenbeladene – und doch Schuldlose: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!" Ja – es ist unfassbar und doch wahr: Auch der Himmel hat Ihn, den Sohn, ausgeschlossen, damit Er an unserer Statt ganz von Gott verlassen sei.

So war niemals ein Mensch ausgeschlossen von Himmel und Erde, von Gott und Menschen, wie Jesus, als Er am Kreuze hing. Und dieser Ausgestoßene schließt dem. bußfertigen Schächer den Himmel auf! Er tut es. Und Er ist der Einzige, der es tun kann. „Er hat die Schlüssel Davids. Er tut auf, und niemand schließt zu. Und er schließt zu, und niemand tut auf", sagt Offenbarung 3 von Jesus. Es gibt auch für uns keinen anderen, der uns wirklich auftun könnte, als „das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt". Amen.


Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Als der Gekreuzigte Jesus bat, machte Jesus noch einmal sein Wort gültig; nach deinem Glauben geschehe dir. Noch einmal machte er aus dem Glauben die Gemeinschaft mit ihm und er gab seiner Gemeinschaft die Vollständigkeit, da er den Gekreuzigten heute mit sich ins Paradies einführt. Vom Paradies sprach er mit ihm, vom Ort der Gerechten, in den sie nach ihrem Tod eingehen, nicht vom jüngsten Tag und der Auferstehung der Toten, nicht von seinem Kommen in herrschender Macht und Vollendung des göttlichen Reichs, damit der Sterbende wisse, dass nichts ihn von Jesus trennen wird. Auf denselben Grund hat Jesus die Hoffnung aller seiner Jünger gestellt. „Du kommst einst zu deinem königlichen Werk“, hatte der Gekreuzigte gehofft und alle Jünger hofften es mit ihm. Das war das wunderbare Ziel, das über allem, was sie taten und litten, leuchtete. Wann kommst du mit deinem Reich? Dieser Frage blieb die Antwort versagt. Keiner von denen, die Jesus nachfolgten, hat es unternommen, für sie die Antwort zu finden. Sie warteten, wie die Glaubenden es tun, auf Gottes Werk. Warum legte sich zwischen sie und ihr Ziel noch ein langer Weg. Er führte sie in die Arbeit und das Leiden hinein; doch davor erschraken die Jünger nicht. Er ist bei uns, sagten sie. Es kam aber nicht nur das Leiden, sondern auch der Tod zu ihnen. Auch das ängstigte sie nicht und kein Zweifel zerriss ihre Seele. Sie konnten sterben, auch wenn der Herr in seiner Herrlichkeit noch nicht gekommen war. Denn wer Ihm glaubt, gehört Ihm und ist bei Ihm, wo Er ist, sei es im Himmel oder auf Erden, sei es im Paradies oder in der Gottesstadt der neuen Welt. Sie kannten den Willen Jesu, dass die, die der Vater ihm gegeben hat, da seien, wo Er ist, und seine Herrlichkeit sehen. Eine andere Sicherung für ihre Hoffnung begehrten die Jünger nicht und meinten nicht, sie werde fester, wenn sie sie durch ihre eigenen Gedanken stützten. Sie fragten nicht, wo sich wohl das Paradies befinde und was Jesu Werk an denen sei, die dort geborgen waren. Sie schickten auch ihre Gedanken nicht in die himmlische Stadt hinauf, als ob sie wissen müssten, wie ihnen dort am Ende ihrer Wanderschaft die Heimat bereitet sei. Auf den, den sie kannten, schauten sie, auf ihren Herrn, und glaubten an seinen Namen und wussten, dass ihr Glaube sie mit ihm verband an jedem Ort und zu jeder Zeit, im Leben und im Tod, im Leib und ohne den Leib, in seiner Verborgenheit und in seiner offenbaren Herrlichkeit, in der vergehenden und in der ewigen Welt. Was macht das Band, das uns mit Jesus eint, so stark? Die Treue Jesu macht es fest.

Du wurdest, o Jesus, als Du unter das Gericht gestellt warst, zum Zeugen der Gnade und in der Todesnot zum Spender des Lebens. So hast Du an Deinem Kreuz den Vater verklärt. Amen.


Autor: Hermann Bezzel (*18.05.1861; † 08.06.1917) deutscher lutherischer Theologe
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Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein.

Wenn unser Volk um Schächergnade bittet, da es sich schuldig und manche Heimsuchung wohl verdient bekennt, den Unwert seiner Taten und den Strafwert seiner Verfehlungen einmütig zugesteht, soll ihm der Trost des für seine Sünde in den Tod gegebenen Herrn werden: heute und allezeit mit mir! Wo die Seele des Volkes, deine und meine Seele mit Jesu sind, da ist Paradies mitten in der Wüste und Freude trotz des Leibes und Gesundung, Leben und Seligkeit. Ohne die Segensnähe des Heilandes wandeln sich die Stätten großer Gnaden in Klagen, die Taten Gottes in Fluch, die Reformation zur Revolution, das Edelgut der Freiheit in knechtende Ketten, die Geschichte ins Gericht.


Autor: Elias Schrenk (* 19.09.1831; † 21.10.1913) deutscher Theologe und Erweckungsprediger des Pietismus

Wahrlich, ich sage dir, heute wirst du mit mir im Paradiese sein.

Besonders inhaltsreiche Aussprüche leitet der Herr oft ein mit einem „Wahrlich,“ so auch obiges Wort. Mit solcher Versicherung will er erstlich unsere Aufmerksamkeit in besonderem Sinn erwecken und zweitens unsern Glauben stärken, so dass wir sein Wort mit völliger Gewissheit fassen sollen. Das ist seine Absicht auch bei obigem Wort, das für die Gemeinde des Herrn eine köstliche Perle ist und bleibt. Es gehört zu den größten Glaubensausgaben von uns armen Menschenkindern, ein volles Verständnis von dem Wort Gnade, freie Gnade zu bekommen. Der selbstgerechte Mensch versteht nichts von dem Wort Gnade, er sucht Verdienst. Vernichtet Gott durch seinen Geist die Selbstgerechtigkeit des Menschen, so sieht dieser zunächst nur seine Schuld, aber nicht die Gnade Gottes. Offenbart er ihm seine Gnade in Jesu Christo dem Gekreuzigten zur Vergebung der Sünden, so freut sich der Mensch in der Gnade. Aber auch dann haben wir noch viel zu lernen an dem Inhalt des wunderbaren Wortes Gnade. Jeder Schritt, den wir vorwärts tun, ist Gnade. Alles, was Gott an uns tut, von der Erweckung an, bis wir am Ziele sein werden, ist lauter Gnade. Ja, wir können sagen, dass unsere ganze Lebensaufgabe darin besteht, völlig verstehen zu lernen, was freie Gnade sei. Die ganze Höhe und Tiefe derselben werden wir aber erst in der Ewigkeit erkennen. Die Gnade ist so frei, so mächtig, so allgenugsam, dass sie den bußfertigen Verbrecher sofort vom Galgen hinweg in das Paradies bringt. Sie tut in einer Stunde an einem bußfertigen Sünderherzen das ganze Werk, das nötig ist, ihn sieghaft in das Reich seliger Geister zu versetzen, in dem Jesus wandelt, in dem die Lebensbäume an dem Lebensstrom grünen, wo man ewig geborgen ist. Welche Herrlichkeit erschließt uns des Heilands „Wahrlich“ an den Schächer!

Ja, Deine Gnade will ich rühmen! Du krönest mit Gnade und Barmherzigkeit. Lass sie mein Lebenselement sein und bleiben und gib, dass sie mir auch im letzten Stündlein nicht verdunkelt werde. Amen


Autor: Frederick Brotherton Meyer (* 08.04.1847; † 28.03.1929) englischer Baptistenpastor

Wahrlich, ich sage dir: heute wirst du mit mir im Paradiese sein

1. Heute!

Bittest du mich, deiner zu gedenken an jenem noch fernen Tage, da das Reich, dessen Grund ich eben jetzt lege, zu dem alles überwindenden, siegreichen Königreich geworden sein wird? Du brauchst nicht so lange zu warten. Ich sage dir: heute noch, wenn jene Sonne, die jetzt über unseren Häuptern brennt, im Westen untersinkt, wenn unsere Kreuze lange Schatten werfen werden, und die Menge Volks nach Hause gegangen sein wird – dann wirst du bei mir sein, wo die Sonne nicht mehr des Tages leuchten wird, noch der Mond des Nachts, wo der HErr selbst dein ewiges Licht sein wird.

2. Du wirst bei mir sein

Verlangst du bloß, dass ich deiner gedenke, dass ich dir einen Blick zuwerfe; dass ich auf einen kurzen Augenblick deine Stimme und dein Angesicht mir wieder vergegenwärtige? – Du wirst bei mir sein, denn ich werde dich erwarten auf der Schwelle meiner Heimat. Die Scharen, die mich begleiten werden, die werden dich an meiner Seite sehen, als den Einzigen, der in meiner Todesnot das dunkle Tal mit mir durchschritt, und der nun mit mir auf den Pfaden ewiger, lichter Herrlichkeit wandeln darf.

3. Im Paradiese

Jetzt eben erobere ich das Paradies zurück; alles, was verloren wurde, wird zurückerstattet. In wenigen Stunden wird der Schlüssel des Paradieses in meiner Hand sein; in wenigen Stunden wirst du mit mir dort wandeln in der Abendkühle, und der Engel, der einst Adam hinausgetrieben hat, wird darüber wachen, dass die Schlange nicht mehr hineindringe, um Schaden zu tun.

4. Wahrlich, ich sage es dir

Alles dieses ist sicher verbürgt. O du zitternde Seele, die du dich zu mir geflüchtet hast, und dich hältst an der dir angebotenen Hoffnung, fürchte dich nicht!