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Predigten zu Matthäus 5,7

"Glückselig die Barmherzigen, denn ihnen wird Barmherzigkeit widerfahren."

Autor: Ludwig Hofacker (* 15.04.1798; † 18.11.1828) deutscher evangelischer Pfarrer
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Man ist mit nichts leichter in der Welt fertig, als mit dem wohltuenden und schmeichelhaften Zeugnis über sich selbst, daß man barmherzig sei. Man sieht, hört, liest etwas von einem Elenden, Hilflosen, der unter dieser oder jener Last des Lebens seufze, es regt sich Mitleiden im Herzen, man greift in seine Geldkasse hinein, in welcher, ich will sagen 1000 Taler liegen, und nimmt einen halben Gulden oder noch mehr heraus, und gibt sich dann das löbliche Zeugnis: o wenn nur alle Menschen so ein gutes Herz hätten wie ich. - Andere haben von Natur ein weiches empfindsames Wesen, sie können kein Tier, geschweige denn einen Menschen leiden sehen, sie weichen dem ihr Gefühl angreifenden Anblick entweder aus oder suchen sich des unangenehmen Eindrucks durch eine schnelle Hilfe zu entledigen, und diese Empfindsamkeit, die nirgends anders als in ihrem Körper oder Temperament ihren Grund hat, nennen sie Barmherzigkeit. Wie aber, wenn du mit deinen zarten oder verzärtelten Empfindungen Hand ans Werk legen, wenn du wie der barmherzige Samariter den verwundeten, blutenden, halbtoten Menschen solltest auf dein Tier laden, deine zarten Hände mit Blut oder Eiter beflecken, würde deine Barmherzigkeit nicht vielleicht in Unbarmherzigkeit sich verkehren? Und welche empörende Sprache können die empfindsamen Leute führen, wenn ein Mensch sich selbst ins Unglück gebracht hat; ein solcher armer Mitbruder hat doppelten Anspruch auf deine Barmherzigkeit und Mitleiden, denn er trägt zu seinem Unglück noch die Schuld, aber da heißt es: er ist keiner Unterstützung wert, es ist ihm recht geschehen, er hat das Unglück verdient. -Wahre Barmherzigkeit ist eben nur, wo wahre Wiedergeburt ist, wo der Hauptgrundsatz des Herzens ist: mir ist Erbarmung widerfahren. Wer erkannt hat, daß das Blut Jesu Christi für alle Sünder um Barmherzigkeit schreit, wer weiß, was es heißt, aus einem verfluchten Sünder ein Kind Gottes werden, und das alles aus lauter purer Gnade und Barmherzigkeit, der kann sich zwar auch auf Augenblicke vergessen, aber im Grund seines Herzens bleibt eine tiefe Beugung, und diese Beugung spricht sich aus in herzlichem Erbarmen über die notleidenden und in herzlichem Mitleiden gegen die fehlenden Brüder.

Um eins, mein Jesu, bitt ich dich, um das laß dich erbitten: Dein Herz, dein Herz, das gib in mich, ein Herz von guten Sitten; ein Herz, das wie ein kleines Kind, keusch, niedrig, gütig, rein, gelind, einfältig und bedächtig; ein Herz, das heimlich Leide trägt, das sich in Staub und Asche legt, ein Herz in Liebe mächtig.

Ein Herz, das Gott in Lauterkeit und seine Kinder liebe; ein Herz, das sanfte Folgsamkeit und wahre Demut übe; ein Herz, das mäßig, wachsam, klug, das ohne Murren, ohn Betrug, mit dem wohl auszukommen; ein Herz, das allenthalben frei und gar von nichts gefangen sei, die Liebe ausgenommen.


Autor: Elias Schrenk (* 19.09.1831; † 21.10.1913) deutscher Theologe und Erweckungsprediger des Pietismus

Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

In allen Seligpreisungen preist der Herr die Betreffenden selig im Blick auf die ihnen gegebene Verheißung: der Barmherzige wird Barmherzigkeit erlangen, darum ist er selig zu preisen. Von der Sünderin sagt der Heiland in Lukas 7,47: ihr sind viele Sünden vergeben, denn sie hat viel geliebet, das heißt: an ihrer großen Liebe sieht man, dass ihr viel vergeben ist. Wir erwerben die Vergebung nicht durch unsere Liebe, sondern durch die Vergebung der Sünden bekommen wir das Vermögen zu lieben. So erlangen wir auch nicht Barmherzigkeit von Seiten unseres Gottes durch unsere Barmherzigkeit gegen Mitmenschen, sondern durch unsere Erfahrung göttlichen Erbarmens lernen und vermögen auch wir Barmherzigkeit zu üben, und diese unsere Übung der Barmherzigkeit gegen unsere Mitmenschen hat dann wieder Verheißung göttlicher Barmherzigkeit. Auch dann, wenn wir singen können: mir ist Erbarmung widerfahren, sind und bleiben wir auf Gottes Erbarmen angewiesen, wie ja auch Paulus seinem treuen Schüler Timotheus nicht nur Gnade und Friede, sondern auch Barmherzigkeit von Gott dem Vater und unserem Herrn Jesu Christo wünscht 1. Tim. 1,2; 2. Tim. 1,2. Und Judas sagt in Vers 21: wartet auf die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesu Christi zum ewigen Leben. Den Pharisäern, die so viel auf Gesetzesgerechtigkeit hielten, musste der Herr in Matth. 23,23 den Vorwurf machen, dass sie die wichtigeren Dinge des Gesetzes dahinten lassen: das Gericht, die Barmherzigkeit und den Glauben. Auch in unsern Tagen muss der Herr vielen denselben Vorwurf machen. Ungerechtigkeit und Hartherzigkeit haben eine große Schuld an der allgemeinen Unzufriedenheit unseres Geschlechtes. Jakobus sagt in Kap. 2,13: es wird ein unbarmherziges Gericht über den gehen, der nicht Barmherzigkeit getan hat. Ist Gott der Vater der Barmherzigkeit 2. Korinth. 1,3, so haben wir unsere Gotteskindschaft durch Barmherzigkeit gegen unsere Brüder zu beweisen. Ohne sie betrügen wir uns selbst. Schöpfen wir täglich aus Gottes Erbarmen in Christo Jesu, und stehen wir dann priesterlich hinein, in das große Krankenhaus unseres Volkes, seine Wunden zu verbinden.

Barmherziger Hoherpriester! Heile mich von aller Unbarmherzigkeit, und lass mich stets eingedenk sein der durch Dich erfahrenen Barmherzigkeit. Amen