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Predigten zu Philipper 2,6

"welcher, da er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein,"

Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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Christi Demutssinn im Gegensatz zum gewalttätigen, räuberischen Sinn

"Jesus Christus, ob er wohl in göttlicher Gestalt war, hielt er's nicht für einen Raub, Gott gleich sein."

In uns wohnt von Natur ein räuberischer Sinn. Er ist in uns gekommen durch den Sündenfall. Schon zuvor ist ein Engelfürst zum Räuber geworden. Ihn gelüstete nach der geschaffenen Welt, die in ihrer ursprünglichen, gottgeschaffenen Pracht vor seinen Augen stand. Er wollte sie an sich bringen als einen Raub und sich zu ihrem Herrn machen. Das führte zu seinem Sturz. Er wollte sich selbst erhöhen und ist darum erniedrigt worden. Er ist allerdings immer noch ein Fürst und Machthaber. Er heißt sogar der "Gott dieser Welt". Aber er herrscht nur in der Finsternis, soweit die Sünde reicht. Er hat in der Welt nur Macht, soweit sie in der Sünde lebt und durch die Sünde verderbt ist. Er hat die Gewalt des Todes, aber nicht des Lebens. Dieser Erzräuber hat uns alle mit seinem Sinn angesteckt. "Ihr werdet sein wie Gott", flüsterte er den ersten Menschen zu. Und so raffte der Mensch eigenwillig ein Gut an sich, welches Gott für ihn in Aussicht genommen hatte. Er soll an der göttlichen Natur teilhaben, aber das Ziel nur erreichen auf dem Weg demütigen Gehorsams. Er soll sich seine hohe Würde schenken lassen, nicht aber eigenwillig an sich ziehen wie einen Raub. Das ist nun leider seitdem der Charakter des Menschen: er will an sich raffen, was ihm beliebt. Er möchte alles für sich haben auf Kosten anderer. Er will aus sich etwas machen, sich emporschwingen und andere womöglich unterkriegen. Durch die ganze Menschheitsgeschichte bis in die neueste Zeit beobachten wir den Gegensatz der herrschenden und der beherrschten Klasse, der Unterdrücker und der Unterdrückten. In der Neuzeit ist der Kapitalismus mächtig in die Höhe gekommen. Die wirtschaftlich Starken suchen die Schwachen möglichst auszubeuten. Man meint, wenn die Arbeiter das Heft in die Hand bekämen, würde es anders und besser werden. Seltsamer Irrtum! Sind die, welche bisher unterdrückt waren, etwa andere Menschen? Haben sie nicht denselben Sinn und dasselbe Bestreben in sich? Wollen sie nicht auch ihrem bisherigen Zwingherrn den Fuß auf den Nacken setzen? Reden sie nicht selbst von irgendwelcher Diktatur? Der räuberische Sinn ist und bleibt der Grundfehler unserer ererbten Natur. Man will nicht loslassen, was man einmal hat, sondern hält es krampfhaft fest. Und was man nicht hat, das sucht man mit allen Mitteln zu erringen. Man scheut vor Unrecht nicht zurück, geht rücksichtslos durch, stösst weg und tritt nieder, was sich in den Weg stellt. Dies steckt so tief drinnen, dass die meisten sich gar nicht denken können, dass es jemand anders machen könnte. Als der Heiland am Kreuz hing, riefen sie ihm zu: "Hilf dir selbst, steig herab!" Von einem freiwilligen Verzicht aus Gehorsam hatten diese Menschen keine Ahnung. So sind wir. Wie ganz anders hat der Herr Jesus es uns vorgelebt!


Autor: Ludwig Hofacker (* 15.04.1798; † 18.11.1828) deutscher evangelischer Pfarrer
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Wer das recht bedenkt und glaubt, der kann nicht anders, er muß in rechtes Staunen über diese tiefe Erniedrigung des eingebornen Sohnes vom Vater hineinversinken. Das beugt nieder; das beugt auf die Knie vor ihm; das zerschmelzt und zerbricht alle Hurtigkeit unseres hochmütigen Herzens. Sieh, liebe Seele, das Kind, das in Windeln gewickelt in der Krippe liegt in Bethlehem; das Kind, das nicht denken, keine Begriffe zusammenfassen kann, endlich lallen, endlich Worte hervorstammeln, endlich reden lernt; der Knabe, den du in Jerusalem siehest, dieser wahrhaftige Knabe, der Jüngling, der Mann Jesus, der wahrhaftige Mensch, siehe, das ist dein Gott, der Gott aller Götter. Das ist Der, so die Sterne herausführet nach ihrer Zahl, das ist Der, vor den David hinsteht und spricht: »Was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, daß du dich seiner annimmst?« Das ist Der, zu dem Abraham sagt: »... ich habe mich unterwunden, zu reden mit dem Herrn, wiewohl ich Erde und Asche bin.« Das ist Der, vor dem alle Engel anbeten und zu dessen Füßen die Ältesten, die um seinen Thron sind, ihre Kronen hinwerfen, weil er allein der Krone und der Ehre würdig ist. Und woher diese Verwandlung? Woher dieses tiefe Herabsteigen in unsere Menschheit? Dies hat die Liebe getan, die Liebe zu uns.

Dies hat er alles uns getan, sein große Lieb zu zeigen an: Des freu sich alle Christenheit, und dank es ihm in Ewigkeit! Herr, tief erniedrigter Jesus, laß von deiner Erniedrigung, daß du ein Mensch, ja ein Knecht warst, heute einen Segen auf uns hochmütige Sünder herabfließen! Laß beizeiten alle andre Eitelkeiten mir aus den Gedanken gehn! Will sich fremde Luft erregen und zur Sünde mich bewegen, laß mich auf dein Kripplein sehn - wo du, König, dem die Erde untertänig und der Himmel eigen ist, so gar elend und auf Wegen, die kein Mensch betreten mögen, bei uns eingekehret bist. Amen!


Autor: Hermann Bezzel (*18.05.1861; † 08.06.1917) deutscher lutherischer Theologe
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Jesus Christus, ob er wohl in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an.

Sieh, dein Heiland, auf dem der Strahl der ewigen Klarheit ruhte, also dass zwischen dem Vater und ihm kein Unterschied war denn zwischen dem Redenden und seinem Wort, der Heiland, in dem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnte, die von ihm ausstrahlte und zu ihm zurückleuchtete, der da in göttlicher Seinsweise war, wie die Ewigkeiten bezeugen und alle Engel rühmen und alle Himmel geschaut haben, der hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich sein: Er hat diese Herrlichkeit nicht wie eine Beute an sich gedrückt, die er nicht loslassen konnte, mit deren Aufgabe er selbst zu sein aufhörte oder das zu sein aufhörte, was er war, sondern in der majestätischen Freiheit, mit der er die Gottheit als sein Eigentum besaß, hat er dieses Herrlichkeitsglanzes sich entäußert. Wem der Glanz geliehen ist und geborgt, der hütet sein ängstlich, dass er ihn nicht verliere, aber der, der den Glanz als sein Wesen hat, der hat ihn nicht wie eine Beute ängstlich bei sich bewahrt, noch hat er mit ihm gleichsam rühmend und triumphierend gespielt, also dass aller Augen auf ihn gerichtet gewesen wären, sondern er entäußerte sich selbst. Niemand konnte ihn zwingen, nichts konnte ihn bestimmen, als ein Herr des Glanzes, als ein König der Herrlichkeit entäußerte er sich selbst, gab diesen Glanz dahin in das Dunkel der Sünde, opferte diese Herrlichkeit für die Wüste gottentfremdeten Lebens, nahm sich alles dieses Glanzes und all dieser Pracht weiter nicht an und nahm Knechtsgestalt an.


Autor: Elias Schrenk (* 19.09.1831; † 21.10.1913) deutscher Theologe und Erweckungsprediger des Pietismus

Welcher, ob er wohl in göttlicher Gestalt war, hielt er es nicht für einen Raub, Gott gleich sein, sondern äußerte sich selbst, und nahm Knechtsgestalt an, ward gleich wie ein anderer Mensch, und an Gebärden als ein Mensch erfunden.

Was Paulus hier göttliche Gestalt nennt, heißt er in Koloss. 1,15 Ebenbild des unsichtbaren Gottes, und ähnlich drückt sich der Hebräerbrief in Kap. 1,3 aus. Unser Herr Jesus Christus, der Abglanz der Herrlichkeit Gottes, entäußerte sich selbst, er begab sich der göttlichen Gestalt, Macht und Herrlichkeit und nahm Knechtsgestalt an. Der Satan wollte Gott gleich sein und verführte den Menschen durch Lüge, auch sein zu wollen wie Gott. Diesem Raub gegenüber hat unser Heiland freiwillig, aus Liebe zu uns, sich dessen begeben, was Satan Gott rauben wollte, aber nie rauben kann. Zwar hat er sich nie der Gottessohnschaft begeben, er blieb Gottes Sohn, auch als der Menschensohn. Aber er lebte in solcher Niedrigkeit, Armut und Selbstverleugnung, dass er fortwährend in Knechtesart blieb, in der er diente, statt sich dienen zu lassen. Er hat seine Gottessohnschaft nie gebraucht, um sich der täglichen Armut, Niedrigkeit und Schmach zu entledigen. Wenn er zuweilen etwas von seiner göttlichen Herrlichkeit durchblicken ließ, so geschah es zur Verherrlichung des Vaters, aber nie um sich irgend ein Leiden, oder eine Verleugnung zu ersparen. Hatte er ja doch bis zu seinem Tode um des Bekenntnisses seiner Gottessohnschaft willen zu leiden. In dieser Knechtsgestalt ist er erschienen, um der Heiland von uns hochmütigen, herrschsüchtigen, anspruchsvollen, leidensscheuen Menschen zu werden. Er ist uns gleich geworden und hat unsere Gefühle gehabt, unsere Erfahrungen gemacht, unsere Versuchungen erlebt, die Sünde ausgenommen, um unser Hoherpriester zu werden. Je mehr wir diese Knechtsgestalt anschauen, desto klarer wird es uns, warum meistens nur die Armen, Elenden, Gedrückten und Gebeugten zum Heiland kommen. Ach, es wird den „Edeln nach dem Fleisch“ gar schwer, an Jesu Knechtsgestalt Gefallen zu finden. Gefällt sie dir?

Ja, Du demütiger Heiland! Du armer verachteter Menschensohn! Du Mann in der Dornenkrone hast mir das Herz genommen. Werde mir immer köstlicher, immer unentbehrlicher. Amen