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Predigten zu Psalm 126,1

"{Ein Stufenlied.} Als der HERR die Gefangenen Zions zurückführte, waren wir wie Träumende."

Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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Die Heiden vernahmen die Lieder Israels, und die Besseren unter ihnen errieten bald den Grund von Israels Freude. Der HERR war ihnen als Gott Israels bekannt, und Ihm schrieben die anderen Völker die Befreiung Seines Volkes zu, wobei ihnen bewusst war, dass es keine Kleinigkeit war, was der HERR da für Israel getan hatte. Denn es war nirgends und niemals geschehen, dass ein verschlepptes Volk an seinen früheren Wohnort zurückgebracht wurde. Diese Fremden waren keine Träumer; wenn sie auch nur Zuschauer und nicht Teilhaber an dieser überraschenden Gnade waren, so sahen sie doch deutlich, was geschehen war, und schrieben dies zu Recht dem großen Geber aller guten Gaben zu. Es ist etwas Wunderbares, wenn Heilige die Sünder dazu bringen, von der Barmherzigkeit Gottes zu reden, und genauso segensreich ist es, wenn Heilige, die sich in der Welt verlaufen haben, davon hören, was der Herr an Seiner Gemeinde getan hat, um sich danach zu entschließen, ihre Gefangenschaft zu verlassen und sich mit dem Volk Gottes zu vereinigen. Ach, mein lieber Leser, der HERR hat tatsächlich wunderbare Dinge an Seinen Auserwählten getan, und dieses »Große« wird unter allen intelligenten Geschöpfen das Thema ewigen Lobgesangs sein.

So wie der HERR nach langer Trockenheit Wasserfluten in die trockenen Betten morgenländischer Flüsse sendet, so kann Er unsere verdorrten und müden Geister mit Fluten heiliger Freude füllen. Der HERR kann das für jeden von uns tun, und Er kann es sofort tun; denn für Ihn ist nichts zu schwer. Es ist gut für uns, wie in Vers 4 zu beten und unsere Sache dem vorzutragen, der uns über alle Maßen segnen kann. Lasst uns die Vergangenheit nicht vergessen, aber angesichts unserer gegenwärtigen Nöte lasst uns zum Herrn fliehen und Ihn bitten, das für uns zu tun, was wir unmöglich selbst für uns tun können und was auch keine andere Macht für uns tun könnte. Israel kam tatsächlich aus Babylon zurück, und es war, als ergösse sich eine Flut von Menschen nach Zion. Plötzlich füllten die Menschen wieder die Vorhöfe des Tempels. In den letzten Tagen werden alle in Strömen in ihr eigenes Land zurückkehren und es wieder bevölkern. Gleich mächtigen reißenden Wassern werden die Nationen am Tag Seiner Gnade zu dem Herrn strömen. Möge die vom Herrn festgesetzte Zeit bald da sein! Das gegenwärtige Herzeleid muss nicht als Dauerzustand betrachtet werden; es ist keinesfalls das Ende, sondern führt das Ende herbei. Tränen sind unsere Aussaat; Jubel wird unsere Ernte sein. Gäbe es keine Tränensaat, würde es auch keine Jubelernte geben. Lasst uns an der Arbeit bleiben in der Zeit des Säens und Kraft in der hier so klar gegebenen Verheißung finden. Die Verheißung ist allen gleich sicher, den Arbeitenden, den Wartenden und den Weinenden. Alle können sicher sein, dass es so kommen wird: »Zu Seiner Zeit werden wir ernten.«


Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Der Glaube, sagte Paulus, bleibt, nicht die Erkenntnis. Darum geht es uns wie der Psalmist es sagt. Kommt Gottes Hilfe, so kommt es uns vor, wir träumen. Wir sind völlig überrascht, weil alles anders kommt, als wir dachten. Dann fallen alle unsere Vorstellungen um und unser Hoffen und Weissagen ist als Stückwerk erwiesen, als die Rede eines Kindes, das, solange es Kind ist, denkt und spricht wie ein Kind. Aber der Glaube bleibt und bekommt seine Bewährung eben dadurch, dass die Gefangenen Zions dann, wenn die Erlösung für sie kommt, wie Träumende sind, die es nicht begreifen können, dass Gottes Gnade so reich und seine Hilfe so herrlich ist. Dann empfangen sie, worauf ihr Glaube gewartet hat. Weil wir nicht undankbar sind, wenn wir unser irdisches Leben eine Gefangenschaft heißen, dürfen wir unsere Verheißung auch mit jener Stunde verbinden, die uns durch die enge Pforte des Todes führt. Dorthin reicht kein Auge und kein Ohr vernahm die Kunde von dem, was Gott uns dann bereiten wird. Aber auch unser gegenwärtiger Umgang mit Gott bringt unserem Psalm mannigfache Bestätigung. Was gibt es doch für ein Staunen, wenn es uns gegeben wird, nicht unsere Sünde anzuschauen, sondern auch Gottes Vergeben wahrzunehmen. Dann zerbrechen alle unsere Meinungen über das, was uns helfen könne, worin unsere Buße und Heiligung bestehen müsse, und wir nehmen wahr, dass Gott größer ist als unser Herz. Und wie erstaunen wir, wenn uns einmal Jesus begegnet und uns sichtbar wird: er ist mein Herr! Dann fallen alle unsere frommen und unfrommen Gedanken ab, die wir vorher hatten, und ein tiefes Erstaunen beginnt, aus dem uns das erwächst, dass unser Mund voll Rühmens wird.

Du richtest unser Angesicht, Herr, Gott, nach vorn. Du stellst mich freilich in den heutigen Tag, damit ich ihm gebe, was ihm gehört. Aber Deines Reiches ganze Kraft und ganze Herrlichkeit steht noch vor uns und unsere Gedanken fassen nicht, was kommen wird. Dein Wort heißt uns aber hoffen, und das ist Deiner Gnade Zeichen und Geschenk. Amen.