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Predigten zu Psalm 137,1

"An den Flüssen Babels, da saßen wir und weinten, indem wir Zions gedachten."

Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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Froh, die lauten Straßen hinter sich gelassen zu haben, suchten die Gefangenen das Flussufer auf, wo es schien, als könnten die strömenden Wasser ihren Tränen Mitgefühl entgegenbringen. Es war ein kleiner Trost, die Menschenmengen los zu sein und ein wenig Raum zum Atemholen zu finden, und so setzten sie sich nieder, um ein wenig auszuruhen und sich über ihren Kummer zu trösten. Sie saßen in kleinen Gruppen und klagten gemeinsam, wobei sich ihre Erinnerungen mit ihren Tränen mischten. Alles erinnerte Israel hier an die Verbannung von der heiligen Stadt, an ihre Knechtschaft im Schatten des Bel- Tempels und an ihre Hilflosigkeit gegenüber einem grimmigen Feind. Und darum saßen die Söhne und Töchter Israels da in ihrem Kummer. Nichts sonst hätte ihren tapferen Geist bezwungen; aber die Erinnerung an den Tempel ihres Gottes, an den Palast ihres Königs und an das Zentrum ihres völkischen Lebens konnten sie nicht ertragen. Alles, was sie erfreute, war völlig zerstört, und darum weinten sie – die starken Männer weinten, die lieblichen Sänger weinten! Sie weinten nicht, wenn sie an die Grausamkeiten Babels dachten; die schreckliche Unterdrückung ließ ihre Tränen versiegen und machte ihre Herzen glühend vor Zorn; aber wenn ihnen die geliebte Stadt ihrer hohen Festfeiern in den Sinn kam, konnten sie die Tränenflut nicht zurückhalten. Wahre Gläubige trauern auf gleiche Weise, wenn sie erkennen, wie verdorben die Gemeinde ist, und sie sich außerstande sehen, ihr zu helfen. Wir können alles andere besser ertragen als das. In dieser unserer Zeit verwüstet das Babylon des Irrtums die Stadt Gottes, und die Herzen der Getreuen sind schwer verwundet, wenn sie sehen, wie die Wahrheit in den Straßen stirbt und der Unglaube unter den bekennenden Knechten des Herrn überhand nimmt. Wir protestieren dagegen; aber es scheint vergeblich zu sein; denn die Menge ist wie toll hinter ihren Götzen her. Wir sollten im Stillen über die Wunde Zions weinen; es ist das Wenigste, was wir tun können. Vielleicht wird es sich zeigen, dass es das Beste ist, was zu machen war. Wir sollten uns auch hinsetzen und ernstlich überlegen, was wir tun können. Auf jeden Fall sollten wir Herz und Sinn auf die Gemeinde Gottes richten, die uns so teuer ist, und ihrer gedenken. Die Leichtfertigen mögen das vergessen; aber uns ist Zion ins Herz gegraben, und ihr Wohlergehen ist unser Hauptanliegen.

Die Sänger verwünschen sich, ewiges Schweigen möge über ihren Mund kommen, wenn sie je vergessen sollten, Jerusalem Babylon vorzuziehen. Die Zitherspieler und die Sänger waren eines Sinnes: Die Feinde des Herrn sollten weder ihr fröhliches Spiel noch ihre Lieder hören. Der heiligen Stadt, der Königin ihrer Seelen, sollte stets ihr erster Gedanke gehören. Eher wollten sie verstummen, als ihre geweihten Hymnen zu entehren und ihren Unterdrückern Anlass zu geben, sich über ihren Gottesdienst lustig zu machen.

Wenn das die Haltung der verbannten Juden ihrer Heimat gegenüber war, wie viel mehr sollten wir die Gemeinde Gottes lieben, deren Kinder und Bürger wir sind. Wie eifersüchtig sollten wir über ihrer Ehre wachen, wie begeistert sollten wir auf ihr Wohlergehen bedacht sein!