Buch-Rezension: Der heilige Hafen - Wie uns die Ehe näher zu Gott bringt (Edition Aufatmen)

Der heilige Hafen

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Bereits der Titel des Buches und auch der Originaltitel “Sacred marriage” deuten auf die zentrale Thematik des Buches hin: Das große Ziel Gottes mit der Ehe. Sie soll uns nicht primär glücklich machen, sondern uns näher zu Ihm bringen. Der Leser wird in den klar strukturierten 12 Kapiteln Stück für Stück durch das geführt, was die Ehe letztlich ist, nämlich "der Ruf in ein ganz neues, selbstloses Leben." (S.13)

Die einzelnen Kapitel behandeln unterschiedliche Bereiche des Ehelebens und zeigen auf, wie Herausforderungen und persönliche Differenzen uns reifen lassen können. Zum Beispiel stellt uns die Ehe vor die heilige Pflicht, einander zu achten; und das gerade dann, wenn der "Lack" abfällt. Dies ist ein Akt der Reife. Den Partner verstehen wollen ist eine bewusste geistliche Übung. Viele Krisen geschehen aufgrund falscher Erwartungen von der Ehe bzw. vom Partner. Jedem christlichen Paar müsse grundsätzlich klar sein:

Männer, ihr seid mit einer gefallenen Frau in einer zerbrochenen Welt verheiratet. Frauen, ihr seid mit einem sündigen Mann in einer sündigen Welt verheiratet.“ (S.46)

Heiligung durch die Ehe und in der Ehe ist ein Prozess: Es erfordert die Bereitschaft, mit der eigenen Sünde konfrontiert zu werden; denn über kurz oder lang wird dich dein Ehepartner ungeschminkt mit deinen Schwächen sehen. Der Autor stellt hier interessante Zusammenhänge her. Er ist der Auffassung, dass hinter ehelicher Unzufriedenheit immer unbereinigte Sünde steckt. Das ist ein Nährboden für Affären und führt häufig zu folgender Aussage: "Wir haben uns auseinandergelebt". Dahinter steckt aber der fehlende Mut, sich den eigenen Schwächen zu stellen. Es ist leichter, vor der eigenen Sünde zu fliehen. Und plötzlich fühlt man sich zu wem anderen hingezogen, der nur deine tollen Seiten kennt.

Doch genau in diesem Bereich kann ein Ehepaar wachsen und reifen: Einerseits lernt man Demut, indem die eigenen Fehler mit Gottes Hilfe angegangen werden. Andererseits sind die Fehler des Partners eine Übung, um Vergebung und bedingungslose Annahme zu lernen. Heiligung braucht Zeit; Charakterstärke wie Beharrlichkeit und Geduld müssen über Jahre entwickelt werden.

Heiligung ist viel mehr als eine Neigung zu gelegentlichen guten Taten; sie ist ein verbindlicher Lebensstil der immer neuen Hingabe an Gott.“ (S.82)

In dem 10. Kapitel mit dem Titel "Sexuelle Heiligung. Was Sex in der Ehe für unseren Glauben und Charakter tun kann“ wird aufgezeigt, dass Sexualität und Heiligung miteinander versöhnt werden können bzw. sollen. Denn Gott hat uns zur Ganzheitlichkeit geschaffen, daher hat er ein volles Ja zu unserer Sexualität und will in diesen Bereich ganz miteinbezogen werden. Der Autor erklärt, warum er dieses Thema recht ausführlich behandeln will: Im Mittelalter war in christlichen Kreisen die vorherrschende Meinung, dass ein geistlicher Christ ehelos und keusch leben müsse. Ein zölibatärer Lebensstil wurde also mit Geistlichkeit gleichgesetzt. Bis heute, beschreibt er, hat die Sexualität "den Geruch des Unanständigen." (S.59) Dies kann auf das griechische Weltbild mit der Trennung zwischen Geist und Körper zurückgeführt werden. Das jüdische Weltbild jedoch ist ganzheitlich, wie schon am Anfang von Genesis deutlich wird:

Gottes Gebot an Adam und Eva... sich zu mehren, ist eine ausdrückliche Aufforderung zum Geschlechtsverkehr, aber unsere religiöse Verklemmung flüstert uns ein, dass ein echt heiliger Mensch doch nichts mit Sex zu tun haben kann.“ (S.147)

Der Autor ermutigt, diese Verklemmung abzulegen, und zwar biblisch begründet: Wir preisen Gott durch unsere Leidenschaft füreinander, eine Frau durch ihr Verlangen zu ihrem Mann: „Wir dienen einem Gott, der voll Leidenschaft und tiefer Gefühle ist.“ (S.168)

In diesem und allen Bereichen in der Ehe soll eines klar sein: Es geht nicht primär um eine Handlung, sondern um die geistliche Dimension: zwei geheiligte Körper geben sich füreinander. Zwei Visionen werden vereinigt, zwei Menschen geben sich zum Dienst für die Welt.

Sein Fazit: „Wenn wir bewusst, entschlossen und als Menschen, die Gott dienen wollen, in die Ehe gehen, wird sie uns so prägen und umgestalten, wie wenige andere Dinge im Leben dies tun können. Sie wird uns vor Gottes Thron führen.“ (S.191)

Mir gefällt, dass der Autor von Anfang bis Ende nicht von einer Seite vom Pferd fällt. Er könnte nur einen Bereich hervorheben wie beispielsweise die Ehe als geistliche Disziplin, die völlig anstrengend und mühsam ist. Oder er könnte sich in der Aufzählung von Techniken verfangen, wie die Ehe zu funktionieren hat. Oder er könnte mit seiner Erfahrung in der Eheberatung prahlen und seine menschlichen Lösungsansätze vorstellen. Aber all das ist nicht zu erkennen. Er zeigt vielmehr realistisch auf, worauf man sich in der Ehe achten muss und er betont immer wieder, welch wunderbares Geschenk Gottes der Ehestand ist. Er schöpft bei seinen Darlegungen aus seinem reichen Erfahrungsschatz seiner Beratungstätigkeit, aber noch viel mehr aus dem Schatz des Wortes Gottes. Mit vielen passenden Bibelstellen untermauert er die angeführten Prinzipien.

Das Buch eignet sich gut zur Ehevorbereitung, auch wenn es keine konkrete Anleitung zur Partnerwahl gibt. Und es dient als Ratgeber für verheiratete Paare und zeigt die Voraussetzungen für eine stabile, erfüllte und gottgefällige Ehe. Auch nach dem Durchlesen kann man es immer wieder hernehmen und Abschnitte wiederholen. Eine solide Abhandlung eines wichtigen und guten Themas.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Daniela Regez
 Kategorie: Ehe, Familie, Beziehung, Liebe

  Verlag: SCM R. Brockhaus
  Jahr: 2015
  ISBN: 978-3417266252
  Seiten: 216
 €    Preis: 14,95 Euro

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