Buch-Rezension: Die Pilgerreise

Die Pilgerreise

Autor:

Die "Pilgerreise" John Bunyans ist der Klassiker der christlichen Literatur!

Dieses Buch des englischen Kesselflickers war nicht nur bahnbrechend für die englische Literatur der Neuzeit, bedeutsamer ist, dass es seit seinem ersten Erscheinen 1678/84 bis heute den Glauben und die Frömmigkeit vieler Christen weit über England hinaus beeinflußt und geprägt hat.

Die allegorische Geschichte von Christian beschreibt seinen Weg von seinem alten Leben fernab von Gott bis zu seinem Eintritt in die himmlische Stadt. Auf diesem Weg lernt er viele Menschen kennen und findet Freunde wie auch Feinde. Er hat mit Hindernissen und Widerständen zu kämpfen, aber erfährt dabei immer wieder den Beistand Gottes.

Der erstmals 1678 erschienene Text wurde für diese Ausgabe sprachlich neu bearbeitet und enthält auch den 2. Teil "Christines Pilgerreise".

JOHN BUNYAN (1628-1688) lebte im unruhigen, bürgerkriegserschütterten England des 17. Jahrhunderts. Von Beruf eigentlich Kesselflicker, begann Bunyan nach seiner Hinwendung zum Glauben zu predigen, wofür er bewundert, aber auch verfolgt wurde. Da er sich weigerte, mit dem Predigen aufzuhören, saß er über zwölf Jahre im Gefängnis. Dort entstand auch die "Pilgerreise", eines der meistübersetzten Werke der Weltliteratur.

 Kategorie: Romane, Thriller

  Verlag: SCM R. Brockhaus
  Jahr: 2015
  ISBN: 978-3-417-26462-3
  Seiten: 288
 €    Preis: 14,95 Euro
Buch-Rezension: Die Pilgerreise

Die Pilgerreise

Autor:

Der Weg ist das Ziel.“ Das behaupte zumindest Konfuzius. Es mag sein, dass diese Aussage für einige Wege, die man geht, zutrifft. Doch diese Idee auf den Lebensweg zu übertragen, kann fatale Folgen haben. John Bunyan fand in der Bibel eine andere Beschreibung des Lebensweges: „Geht ein durch die enge Pforte! Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der ins Verderben führt; und viele sind es, die da hineingehen. Denn die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind es, die ihn finden“ (Mt. 7,13-14). Welches Ziel du erreichst, hängt davon ab, welchen Weg du gehst. Die Bibel kennt nur zwei Ziele, die auf zwei verschiedenen Wegen erreicht werden. Das hier von Jesus verwendete Bild legt John Bunyan seinem Werk „Die Pilgerreise zur seligen Ewigkeit“ zugrunde (so lautet der Titel der ersten deutschen Übersetzung. Seine allegorische Erzählung, die zuerst 1678/1684 erschien, erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Ich möchte hier die aktuelle und sprachlich neu bearbeitete deutsche Ausgabe von 2012 aus dem SCM R. Brockhaus Verlag besprechen.

Doch zunächst möchte ich im ersten Teil einige Gründe nennen, warum ich das Buch Die Pilgerreise empfehle. Im zweiten Teil gehe ich dann näher auf neue Ausgabe ein.

Gründe, warum ich die Pilgerreise empfehle.

1. John Bunyan hat mit der Pilgerreise ein zeitloses Werk geschaffen. Die über 300 jährige Geschichte und ca. 200 Übersetzungen in verschiedene Sprachen beweisen die zeitlose und universelle Bedeutung dieses Buches weit über Europa hinaus. Doch, wer sich im Bekanntenkreis oder in der Gemeinde unter den jungen Menschen umhört, wird vermutlich feststellen, dass nur sehr wenige dieses Buch gelesen haben. Diese Neuausgabe hat die sprachliche Barriere beseitigt, so dass einem vergnügten und erbaulichen Lesen nichts mehr im Wege stehen sollte. Ich wünsche dem deutschsprachigen Raum eine erneute Beschäftigung mit diesem bewährten und zeitlosen Buch.

2. Die Pilgerreise enthält eine tiefsinnige biblische Allegorie. Die Personen und Orte tragen charakteristische Namen, wie z.B. Stur, Willig, Schmeichler, Hoffnungsvoll oder Sumpf der Verzagtheit, Zweifelsburg und die lieblichen Berge. Da eine Allegorie immer bildhaft arbeitet, ist die Pilgerreise für Menschen fast allen Altersstufen zugänglich. Wer jedoch die Bibel weniger gut kennt, wird mit der Allegorie Bunyans an einigen Stellen Schwierigkeiten haben. Die Bilder sind nämlich fest in der Bibel verwurzelt und vom Gedankengut der Bibel durchtränkt. Es gibt kaum eine Seite in diesem Buch, die nicht auf ein Zitat oder ein Bild aus der Bibel verweist oder anspielt. Die weite Verbreitung der Pilgerreise liegt vermutlich aber auch gerade darin, dass sie ohne solide Bibelkenntnis verstanden und durchs Lesen Interesse an der Bibel geweckt wird.

3. Bunyans Menschenkenntnis ist überwältigend. Man kann davon ausgehen, dass die Pilgerreise viele autobiografische Elemente enthält. Beim Vergleich seiner Autobiografie „Überreiche Gnade“ mit der Pilgerreise lassen sich einige Parallelen aufweisen. Bemerkenswert ist allerdings, dass seine subjektiven Erfahrungen sich mit den Erfahrungen aller Menschen decken, die mit dem Evangelium in Berührung kommen und auf dem schmalen Weg zum himmlischen Land unterwegs sind. Der Leser sieht sein eigenes Leben wie in einem Spiegel. Die eigenen Schwächen und Fallen werden einem bewusst, aber auch immer der Ausweg und die überreiche Gnade, die in den schwachen Sündern täglich am Wirken ist.

4. Bunyan schrieb nicht nur Weltliteratur, sondern ein Erbauungsbuch für seine Gemeinde. Als solches will es auch gelesen werden. Am besten sollte man die Pilgerreise mindestens zwei Mal lesen. Das erste Mal könnte man sie literarisch lesen, um in eine andere Welt einzutauchen, die Sprache zu genießen und den Handlungsverlauf zu verstehen. Das zweite Mal sollte man sie zur Erbauung lesen. Hilfreich ist dafür eine Ausgabe mit Verweisen auf die zahlreichen Bibelstellen. Mit einer aufgeschlagenen Bibel sind die allegorischen Bilder leicht verständlich und auf die eigene Lebenswirklichkeit anwendbar. Auf diese Weise zieht man den größten Nutzen aus diesem Buch.

5. Die Pilgerreise ist nicht Fantasy, sondern eine allegorische Erbauungsliteratur.Ich bin mir bewusst, dass die Pilgerreise fantastische Elemente enthält. Und doch unterscheidet sich die Pilgerreise ganz stark von der (christlichen) Fantasy-Literatur, wie sie in den letzten Jahren verstärkt an Beliebtheit gewinnt. Mir ist auch klar, dass es keine allgemeingültige Definition von Fantasy gibt. Und doch möchte ich behaupten, dass die Pilgerreise nicht Fantasy ist. Ich möchte hier nur auf einen sehr deutlichen Unterschied eingehen. Die Verwendung von Allegorie intendiert immer eine eindeutige Interpretation und Anwendbarkeit der Geschichte. Fantastische Literatur möchte genau diese Eindeutigkeit umgehen. Tolkien beispielsweise distanzierte sich bewusst von der allegorischen Interpretation von Herr der Ringe (siehe sein Vorwort zur revidierten Ausgabe von 1966). Auch Lewis wollte bei Narnia keine eindeutige Interpretation dem Leser mit auf den Weg geben. Im Gegensatz dazu beabsichtigte Bunyan explizit eine eindeutige Interpretation der Pilgerreise mithilfe der Bibel. Hinzu kommt, dass die fantastischen Elemente in der Pilgerreise einen deutlich kleineren Anteil einnehmen als die realistischen und lediglich Mittel zu einem bestimmten Zweck sind. Die Pilgerreise führt uns auf allen Seiten zur Bibel hin und ist somit auf das Evangelium fokussiert, während viele neuzeitliche Fantasy-Romane pluralistisch ausgerichtet sind und diverse Interpretationen zulassen. Und wenn sie christliche Motive enthalten, findet man darin zusätzlich esoterische oder gar okkulte Elemente. Die Pilgerreise ist frei davon und deswegen empfehlenswert.

Im zweiten Teil möchte ich einige Vor- und Nachteile der sprachlichen Neubearbeitung nennen und auf das Vorwort von Johannes Falk eingehen.


Im ersten Teil der Buchbesprechung habe ich einige Gründe genannt, warum ich das Buch Die Pilgerreise von John Bunyan gut finde und jedem empfehlen kann. Im zweiten Teil gehe ich auf die sprachliche Neubearbeitung der Pilgerreise ein, die dieses Jahr im SCM R. Brockhaus Verlag erschienen ist. Wenn ich Vergleiche anstelle, beziehe ich mich auf die ältere Ausgabe von 1998. Weil dieser Artikel recht lang geworden ist, werde ich im nächsten Beitrag auf das Vorwort von Johannes Falk eingehen. Hier also die Vor- und Nachteile der sprachlichen Neubearbeitung.

1. Sie ist ideal zum Vorlesen.

Wer schon ein Mal die ältere Ausgabe der Pilgerreise jemanden vorlesen musste, wird gemerkt haben, dass sie dafür nicht so gut geeignet ist. Holprig ist es vor allem bei den vielen Dialogen. Hier zuerst ein Auszug aus der alten Ausgabe (S.153):

Kurze Zeit später sahen sie in der Ferne jemanden, der ihnen auf der Straße entgegenkam. „Dort vorn ist ein Mann, der Zion den Rücken gekehrt hat“, sagte Christ zu seinem Gefährten, „und er kommt uns entgegen.“

Hoffnungsvoll: „Ich sehe ihn. Laß uns diesmal gut aufpassen, ob er nicht auch ein Schmeichler ist.“

Der Mann kam immer näher, bis er schließlich vor ihnen stand. Sein Name war Atheist, und er fragte sie, wohin sie wollten.

Christ: „Wir sind unterwegs zum Berg Zion.“

Da brach Atheist in lautes Gelächter aus.

Christ: „Warum lachst du so?“

Atheist: „Ich lache, weil ich sehe, was für Dummköpfe ihr seid, eine so mühselige Reise auf euch zu nehmen, wo ihr doch am Ende für all eure Mühe nichts als die Reise selbst bekommen werdet.“

Christ: „Warum sagst du das? Meinst du, man wird uns nicht aufnehmen?“

Atheist: „Aufnehmen? Diesen Ort, von dem ihr träumt, gibt es überhaupt nicht, auf der ganzen Welt nicht.“

Christ: „Aber in der zukünftigen Welt.“

Die gleiche Passage jetzt aus der überarbeiteten Fassung. Die wörtliche Rede ist hier anders verarbeitet (S. 134):

Nach einer Weile erblickten die Pilger in der Ferne einen Mann, der ihnen langsam und ganz allein auf der Straße entgegenkam.

„Der Mann hat Zion den Rücken gekehrt“, sagte Christian. Er kommt uns entgegen.“

„Ich sehe ihn. Lass uns jetzt vorsichtig sein“, riet Hoffnungsvoll. „Vielleicht ist er auch ein Verführer.“

Als der Mann bei ihnen angekommen war, erfuhren sie, dass sein Name Atheist war. Er fragte sie, wohin sie gingen.

„Wir gehen zum Berg Zion“, sagte Christian.

Daraufhin brach Atheist in lautes Gelächter aus.

„Warum lachst du?“

„Ich lache über eure Dämlichkeit, dass ihr eine so anstrengende Reise unternehmt. Für alle eure Mühe werdet ihr keinen anderen Lohn bekommen als den Rückweg für den Heimweg.“

„Wieso?“, fragte Christian, „glaubst du denn, wir würden dort nicht angenommen?“

„Angenommen?“, wiederholte Atheist. „Die Stadt, von der ihr träumt, ist in der ganzen Welt nicht zu finden.“

„Aber doch in der zukünftigen Welt.“

2. Einige Namen von Personen und Orten wurden geändert.

Aus Christ wurde Christian, wie der die Hauptperson im ersten Teil auch im englischen Original heißt. Doch warum Stur jetzt Eigensinnig heißt, Willig zu Gefügig und Weltklug in Weltlich umbenannt wurde kann ich nicht ganz nachvollziehen. Einige Namen wurden zu Recht an die heutige Sprache angepasst. Aus Simpel, Faul und Dünkel wurden Einfach, Faul und Vermessen. Der Markt der Eitelkeiten heißt jetzt Markt der Nichtigkeiten. Nur Zion heißt immer noch Zion. Mit diesen Änderungen kann man leben, auch wenn ich es bevorzugt hätte, wenn die Eigennamen behutsamer und an nur wenigen Stellen geändert worden wären.

Aus dem obigen Dialog ist auch ersichtlich, dass in der neuen Ausgabe die Eigennamen nicht mehr kursiv gesetzt sind. Das finde ich schade, denn so ist das Auffinden der Namen schwieriger und die besondere Namensgebung ist nicht mehr so auffällig.

3. Verweise zu Schriftstellen fehlen.

In meiner alten Ausgabe schätze ich sehr die Schriftstellenverweise. Der erste Teil enthält 286 und der zweite 157 Endnoten zu Bibelstellen. Diese Masse beeindruckt mich und hat mich immer wieder überrascht. Spurgeon, der die Pilgerreise jedes Jahr las, schreibt über Bunyan:

„Wenn du etwas von ihm liest, dann ist es fast so, als läsest du die Bibel selbst. Er las und studierte die Authorized Version, die, wie ich urteile, nicht verbessert werden kann, bis Christus wiederkommt. Er hat die Bibel gelesen, bis seine ganze Sprache von ihr durchtränkt war. Und wenn das, was er geschrieben hat, auch eine faszinierende Dichtung ist, so fühle ich doch, wenn wir seine Pilgerreise – die beste aller Prosadichtungen – in die Hand nehmen, jedes Mal: „Dieser Mann ist ja eine lebende Bibel!“ Wo immer du ihn auch anzapfst, wirst du feststellen: Sein Blut ist Biblin, die Essenz der Bibel selbst. Er kann nicht sprechen, ohne ein Bibelwort zu zitieren, denn seine Seele ist voll des Wortes Gottes.“

Dieser Eindruck wird in der neuen Ausgabe geschwächt, weil die Bibelzitate zum einen oft nicht wörtlich übersetzt und die Schriftstellen nicht in den laufenden Text oder in die Fußnoten mit aufgenommen wurden. Im Anhang findet man zwar ein thematisches Bibelstellenverzeichnis, aus dem aber nicht der Bezug zu den jeweiligen Passagen ersichtlich ist.

4. Bunyans Poesie wurde an vielen Stellen gestrichen.

Die ältere Ausgabe und auch das englische Original beginnen mit einer poetischen Apologie des Buches. Die deutsche Übersetzung der englischen Poesie ist meiner Ansicht nach ein Meisterstück. Exemplarisch zitiere ich hier fünf Zeilen aus seiner Rechtfertigung, die dem modernen Leser durchaus zumutbar sind:

Die Heil’ge Schrift, so wag‘ ich zu behaupten,
in Stil und Ausdruck Maßstab des Erlaubten,
ist überall so voll von Dingen
(Allegorien und Bildern), und doch springen
aus jenem Buche Lichter ohnegleichen,
dass unsre finstre Nacht dem Tag muss weichen.

Bunyan verwendet Poesie meistens dann, wenn er etwas Wichtiges zusammenfassen oder zu einem neuen Thema wechseln möchte. Schade, dass in der neuen Ausgabe die meisten Reime gestrichen wurden. Interessanterweise hat man die kurzen Gedichte im zweiten Teil an vielen Stellen doch aufgenommen.

Fazit

Den Übersetzern ist ein gutes Werk gelungen. Die sehr leserfreundliche Neuausgabe, ist trotz einigen Kürzungen und Veränderungen eine adäquate Übersetzung eines Klassikers gelungen, der es auch heute noch verdient, gelesen zu werden. Die beschriebenen Änderungen und Weglassungen werden nur denjenigen auffallen, die die älteren Ausgaben kennen. Und trotzdem finde ich es schade, dass die neu hinzukommenden Pilgerreise-Leser auf einige Privilegien verzichten müssen.


Hier folgt nun der dritte und letzte Teil meiner Buchbesprechung des neu aufgelegten und sprachlich überarbeitetem Klassikers Die Pilgerreise von John Bunyan.

Trotz einiger Kritikpunkte bin ich von der neuen Ausgabe begeistert. Sie liest sich flüssig und ist leicht verständlich. Die zusätzlichen Kapitelüberschriften teilen die ehemals recht langen Kapitel in leicht zu bewältigende Sinnabschnitte ein. Das ansprechend gestaltete Cover gibt dem Buch eine würdige Hülle, die ich mit immer wieder gerne anschaue. Die Hardcoverausgabe liegt gut in der Hand und wird auch nach mehrmaligem Lesen nicht zerfleddert aussehen. Außerdem kann ich die Pilgerreise auch auf meinem Reader als E-Book lesen, kann darin bequem nach Passagen suchen und habe sie überall dabei.

Einige Anmerkungen zum Vorwort von Johannes Falk

Ein wegweisendes Vorwort zu einem über 300 Jahre alten Bestseller zu schreiben, erfordert eine solide Kenntnis des Inhalts, des Autors und der Rezeptionsgeschichte. Auch wenn ich weit davon entfernt bin, ein John-Bunyan-Experte zu sein, gibt es einige Sätze im Vorwort, die meiner Meinung nach nicht korrekt sein können. Johannes Falk schreibt:

Ich weiß, dass die Generationen vor uns das Buch teilweise als ein theologisches Dogma betrachteten. Nicht wenige erklärten die Pilgerreise neben der Bibel zum wichtigsten religiösen Buch. Nicht umsonst gehört es zur christlichen Weltliteratur. Ich kenne viele Menschen, die mit diesem Klassiker großgeworden sind und denen diese Theologie eingetrichtert wurde. Die Welt ist böse, das Leben ist kein Zuckerschlecken, du darfst keinen Spaß haben, es gilt nur darauf hinzuleben, den schmalen und beschwerlichen Weg in den Himmel zu gehen. Auch ich wurde so geprägt. Ich denke aber, dass wir John Bunyan damit unrecht tun würden.

Vermutlich gibt es nur sehr wenige, die Bunyans Buch als Dogma betrachten. Nicht einmal Spurgeon, der die Pilgerreise jedes Jahr las, tat es und fand sie an einigen Stellen sogar fehlerhaft und irreführend (nachzulesen HIER). Sicher kann dieser Klassiker missbraucht werden, wie jedes andere Buch auch. Doch kann ich nicht nachvollziehen, wie jemand darunter leidet, dem die Theologie der Pilgerreise „eingetrichtert“ wurde. Das würde nämlich gegen die enorme Beliebtheit des Buches sprechen. Und was ist falsch von dem, was dem Autor des Vorwortes eingetrichtert wurde?

  • Die Welt ist böse. Und tatsächlich ist sie es, denn sonst müsste Christian nicht aus der Stadt Verderben fliehen.
  • Das Leben ist kein Zuckerschlecken. Das Leben, als Nachfolger Christi ist mit Mühen und Hindernissen verbunden. Es kann durchaus auch mal Zeiten der Ruhe und der Akzeptanz geben, doch niemals dauerhaft.
  • Du darfst keinen Spaß haben. Das ist salopp ausgedrückt und ich sehe darin keinen Bezug zur Pilgerreise. Auf dem Markt der Eitelkeiten sollte man auf jeden Fall nicht Zucker schlecken.
  • Es gilt nur darauf hinzuleben, den schmalen und beschwerlichen Weg in den Himmel zu gehen. Diese Prägung ist biblisch und auch ganz im Sinne von Bunyan. Nein, wir tun ihm damit nicht unrecht, wenn wir diese Theologie anderen „eintrichtern“, oder besser vermitteln.

Es ist noch eine weitere Aussage im Vorwort, mit der ich nicht konform gehen kann. Mit diesem Statement wird John Bunyan auf jeden Fall unrecht getan:

Vor allem gilt es aber auch, das Buch künstlerisch zu betrachten. Die Pilgerreise von John Bunyan ist kein theologisches Buch, sondern immer noch ein Roman, eine wunderbare Geschichte, ein fantasievoll erzähltes Kunstwerk, mit einer wichtigen Botschaft: Es geht um mehr! Es geht um Höheres! Das, was wir suchen, kann uns diese Welt nicht geben.

Die Pilgerreise ist zwar ein Roman, aber vor allem ist es ein theologisches Buch. Ich möchte einige Zeilen aus Bunyans Rechtfertigung für sein Buch zitieren. Dabei wird die Absicht des Autors ersichtlich:

Ist es nicht schlecht, in solchem Stil zu schreiben?
Und dabei dennoch bei dem Ziel zu bleiben:
des Lesers Heil warum soll das nicht gehen? […]

Doch feste Speise braucht das Gotteskind.
Milch macht uns schwach; Metaphern machen blind.

Ja feste Speise bringen muss ein jeder,
der in dem Namen Gottes greift zur Feder.
Doch fehlt mir denn die Festigkeit, nur weil
ich in Metaphern spreche? Ist das Heil
nicht ausgeschmückt in biblischen Berichten
durch Typen, Schatten, bildhafte Geschichten. […]

Der Dialekt, in dem das Buch geschrieben,
ist so, wie ihn die schlichten Leute lieben:
Er hört sich neu an und enthält doch nur
das Wort des Evangeliums rein und pur.

Sicher darf man die Pilgerreise auch als Roman lesen und genießen, ohne in die Materie tiefer einzusteigen. Doch wer es wagt dieses Buch zur geistlichen Erbauung zu lesen, profitiert von einem reichen Erfahrungsfundus des Autors und lernt wichtige Lektionen für die Nachfolge. Für Thomas Baumann, der ein Nachwort zu der Ausgabe der Pilgerreise von 1998 schrieb, ist die Pilgerreise ein „klassisches Erbauungsbuch“. Auch im 21. Jahrhundert sollte dieses wertvolle Buch in diese Kategorie eingeordnet werden. Ich wünsche, dass es wieder unser Denken und Handeln prägt, wie es in den vergangenen Jahrhunderten auch der Fall war. Vielleicht wird sich dann das wiederholen, was Thomas Baumann in dem bereits erwähnten Nachwort als kennzeichnend für christliche Haushalte vergangener Zeiten beschrieb:

Die erste deutsche Übersetzung erschien 1685, bis 1802 wurden acht weitere deutsche Ausgaben veröffentlicht. Wie es in England wenig fromme Haushalte gab, in denen dieses Buch fehlte, so gehörte es seit dem 18. Jahrhundert zum Kernbestand pietistischer Bücherborde und hat besonders im Spätpietismus und in der Erweckungsbewegung des 19. Jahrhunderts auch Sprache und Form der Frömmigkeit mit geprägt.

 Die Rezension/Kritik stammt von: NIMM UND LIES
 Kategorie: Romane, Thriller

  Verlag: SCM R. Brockhaus
  Jahr: 2015
  ISBN: 978-3-417-26462-3
  Seiten: 288
 €    Preis: 14,95 Euro
Buch-Rezension: Die Pilgerreise

Die Pilgerreise

Autor:

Die „Pilgerreise“ gehört zu den Klassikern unter christlichen Büchern. Schon als Kind wurde mir dieses Buch empfohlen. Vielleicht habe ich es damals auch gelesen. So richtig erinnern konnte ich mich aber nicht, als ich es jetzt im Urlaub las. Es ist ein Buch aus dem 17. Jahrhundert, das auch die Kenntnis der christlichen Lehre des Neuen Testaments aus dieser Zeit widerspiegelt. Es ist keine Betrachtung, sondern eine Erzählung, die wie ein interessanter und lehrreicher Traum geschildert wird ...

Das Buch „Pilgerreise“ ist vielen Christen bis heute ein Begriff. Auch mit dem Namen John Bunyan können viele noch etwas anfangen. Aber in welchen Umständen lebte dieser Schriftsteller eigentlich?

John Bunyan

1628 wurde Bunyan in der Nähe von Bedford in Elstow (England) geboren. Er kam in ärmlichen Verhältnissen zur Welt: Sein Vater war ein umherziehender Kesselflicker und Pfannenschmied. Als Jugendlicher scheint John der Rädelsführer seiner Altersgenossen in Streichen wie Beraubung der Obstgärten und Wilddieberei gewesen zu sein.

Mit 10 Jahren ...

Mit Gott hatte er in dieser Zeit nichts zu tun. Aber schon in seinem 10. Lebensjahr wurde er von schreckhaften Träumen und vom Gedanken an die Qualen der Hölle geängstigt. Aber zur Bekehrung führte ihn das nicht. Zwar bewahrte ihn Gott verschiedentlich auf eindrückliche Weise – zweimal war er dem Ertrinken nahe. Eines Tages schlug er sogar in Selbstüberschätzung eine Giftschlange, die über den Weg glitt. Da sie durch den Schlag wie betäubt war, riss er ihr mit einem Stock den Rachen auf und brach mit bloßer Hand die Giftzähne aus, ohne sich zu verletzen.

Mit 17 Jahren ...

Mit ungefähr 17 Jahren ließ er sich als Soldat anwerben. Auch dort bewahrte ihn Gott auf bemerkenswerte Weise. Einmal bat ihn ein Kamerad bei der Belagerung von Leicester, an seiner Statt den Posten beziehen zu dürfen. Kurz nach der Ablösung wurde dieser von einer Kugel getötet. John hatte zwar den Eindruck, dass Gott etwas mit ihm vor hatte – aber noch immer bekehrte er sich nicht.

Mit 20 Jahren ...

Als er 20 Jahre alt war, heiratete er auf den Rat seiner Freunde hin ein armes Waisenmädchen. Die Freunde meinten, dass diese Veränderung eine günstige Wirkung auf seinen bisher weltlichen Lebenswandel ausüben würde. Und tatsächlich, durch das einzige, was sie mit in die Ehe brachte, zwei Bücher, fand er zu Gott: „Des gewöhnlichen Mannes Fußpfad zum Himmel“ und „Die Übung in der Gottseligkeit“. Zwar hatten diese Bücher zunächst nur die Wirkung, dass Bunyan sonntags Gottesdienste besuchte. Aber eine dort gehörte Predigt traf sein Gewissen. Dennoch blieb er bei einem ausgelassenen Leben, bis ihn eines Tages, als er in der Straße wild herum fluchte, eine Nachbarin, die selbst in einem schlechten Ruf stand, ernst zurechtwies. Nun fing Bunyan tatsächlich an, in der Bibel zu lesen.

Auch drei Frauen, die er einmal durch eine berufliche Aufgabe in Bedford traf und die von der neuen Geburt und dem Werk Gottes sprachen (all das war ihm zu hoch, machte ihn aber fragend), brachten ihn dazu, die Bibel ernsthaft zu lesen. Aber es dauerte noch zwei weitere Jahre, bis er Frieden mit Gott fand. Die genannten Frauen brachten ihn dann mit dem Seelsorger John Gifford zusammen, der selbst einen ähnlichen Weg von Sünden und Verirrungen und inneren Kämpfen zur Buße und zum Glauben gegangen war.

In dieser Zeit fiel ihm ein Buch von Martin Luther in die Hände: die Erklärung des Briefes an die Galater. Dadurch bekam er Heilsgewissheit und konnte von nun an ein freudiges Leben mit Gott führen.

1660 begann in England eine Reihe von Verfolgungen gegen Christen, die nicht dem anglikanisch-katholischen Glauben anhingen, so dass Bunyan, inzwischen ein begabter und engagierter Prediger, ins Gefängnis kam. 12 Jahre war er insgesamt im Gefängnis. In dieser Zeit schrieb er die Pilgerreise. Auch wenn er danach wieder frei kam und weiter für Gott wirken konnte, wurde er auch in der folgenden Zeit nochmals gefangengenommen. Immer wieder setzte er sich für andere Christen ein.

Mit 60 Jahren ...

In Verbindung mit einem Besuchsdienst – er versöhnte einen Vater mit seinem Sohn – kam John Bunyan in einen heftigen Regen und erkältete sich so stark, dass er starkes Fieber bekam. Davon erholte er sich nicht mehr, so dass er schon im Jahr 1688 zu seinem Herrn und Retter heimging.

Die Pilgerreise

In dem Buch „Pilgerreise zur seligen Ewigkeit“ schildert John Bunyan einen fiktiven Traum. Da er mit einer Höhle beginnt – seinem Gefängnis zu Bedford, in dem er diese Pilgerreise verfasste – sollte es sozusagen ein Traum als Bild seiner eigenen Geschichte sein.

Der Traum

Er „träumt“ von einem Mann, der aus der Stadt Verderben kommt und durch die Botschaft desEvangelisten zur Umkehr geführt wird. Sein Name: Christ. Von dieser Stadt ausgehend beginnt seine Pilgerreise, die ihn über die enge Pforte zum Kreuz führt. Dort verliert er seine schwere Last, die seine Reise bis zu diesem Punkt sehr erschwert hat. Über den Berg der Beschwerde, das Tal der Demütigung und des Todesschattens, den Markt der Eitelkeiten, eine Silbergrube, liebliche Berge, einen bezaubernden Grund führt sein Weg zuletzt durch die Fluten der letzten Trübsal zur himmlischen Stadt. Immer wieder kann er in Gasthäusern der Ruhe und des Friedens auftanken, wo er Gläubige findet, die ihn ermuntern.

Während seiner Pilgerreise trifft er die unterschiedlichsten Gestalten. Es sind gläubige, treue Leute wie Beistand, Gutwillig, Ausleger, Geduld, Gottesfurcht, aber auch ungläubige und untreue Menschen, die unter anderem die Namen Störrisch, Willig, Weltklug, Höflich, Gesetzlich, Begierde, Misstrauisch, Furchtsam, usw. tragen. Darunter sind auch positive Eigenschaften wie Höflichkeit und Willigkeit – aber weil diese nicht mit Glauben verbunden sind, handelt es sich um Ungläubige. Die Gläubigen ermutigen ihn, treu zu bleiben bis zum Schluss, um das Ziel der himmlischen Pforte zu erreichen. Die anderen versuchen, ihn von diesem geraden und schmalen Weg abzubringen.

Auch wenn sich Christ immer mal wieder von dem richtigen Weg abbringen lässt und dabei schwere, aber hilfreiche Prüfungen erlebt, erreicht er am Ende doch die himmlische Pforte, um dort ewiges Glück zu genießen. Während sich seine Frau und seine Kinder zu Beginn nicht entschließen konnten, mit ihm zu gehen und sich zu bekehren, kann man dann im zweiten Teil nachlesen, dass sie diesen Schritt doch noch getan haben, nachdem sie gehört haben, dass er diese himmlische Pforte erreicht hat. Die Durchquerung der Fluten der letzten Trübsal stellt dabei den Tod dar, durch den ein Gläubiger die Herrlichkeit erreicht.

Aufruf zu einem Leben in Gottesfurcht und Heiligung

Dieses Buch soll uns Christen aufrütteln, dass wir ein Leben in Gottesfurcht und Heiligung führen sollen, wenn wir uns bekehrt haben. Wir können nicht einfach so weiterleben wie vorher, sondern müssen ein Leben der Weihe für Gott führen. Bunyan zeigt deutlich, dass viele Einflüsse auf uns einwirken, die uns von diesem Weg der Nachfolge Jesu abbringen wollen und können.

Er warnt uns eindringlich davor, den Weg der Enthaltsamkeit und Hingabe für Christus aufzugeben. Diese Mahnung ist von unschätzbarem Wert, weil gerade in der heutigen Zeit zuweilen der Gedanke vorherrscht: einmal bekehrt, immer bekehrt, also kann ich in meinem Leben tun und lassen, was ich will.

Gnade und Verantwortung nicht vermischen!

Allerdings überzieht John Bunyan das Bild und geht über die Lehre der Schrift hinaus. Das mag der Kenntnis der damaligen Zeit geschuldet sein, in der er lebte. Denn in dieser nachreformatorischen Zeit kannte man nicht die Belehrungen, die wir im Wesentlichen aus der gewaltigen Erweckungszeit des 19. Jahrhunderts bis heute kennen. Dadurch ist sein Buch zum Teil leider irreführend. Das Bild der engen und breiten Pforte ist der Bergpredigt (Mt 7) entlehnt. Dieses Bild aber spricht von Jüngerschaft, nicht von Bekehrung. Beides ist ein Teil der Wahrheit Gottes. Wer aber beide Bereiche miteinander vermischt, kommt wie Bunyan zu falschen Schlussfolgerungen.

Das Evangelium der Gnade Gottes ...

Gott lässt sein Evangelium bis heute verkündigen, damit Menschen sich bekehren. Wer sich bekehrt hat und den Herrn Jesus als Retter angenommen hat, besitzt ewiges Leben (Joh 3,16). Dieses Leben kann er nie wieder verlieren.

... und Jüngerschaft

Darüber hinaus ruft uns der Herr zur Jüngerschaft auf. Als Jünger kann man versagen und das von Gott vorgestellte Ziel verfehlen. Dadurch verunehren wir Gott. Das aber bedeutet nicht, dass man vom Glauben abgefallen ist und verloren geht. Natürlich ist fraglich, ob jemand, der sich komplett von Gott und dem Weg des Glaubens abwendet, jemals bekehrt war. Wer aber wie Demas (2. Tim 4,10), der auch in der Pilgerreise vorkommt, den jetzigen Zeitlauf liebgewinnt, ist damit nicht vom Glauben abgefallen, wie John Bunyan es ausdrücklich sagt. Auch wenn der Autor des Buches daran festhält, dass man nur aus Gnade gerettet wird, verbindet er die Pilgerreise doch damit, dass nur derjenige im Himmel ankommen wird, der bis zum Ende treu bleibt. Dann aber würde unsere Errettung der Seele doch von uns abhängen, was das Werk des Herrn Jesus entwertet, ja ungültig macht.

Bibelverse im Kontext lesen!

Ein zweiter Schwachpunkt dieses Buches ist die Weise, wie viele Bibelstellen zitiert werden. So schön es ist, dass man in diesem Buch mit vielen Bibelversen konfrontiert wird, so muss man leider feststellen, dass manche aus ihrem Zusammenhang gerissen und auf Christen angewendet werden, obwohl sie mit uns Christen und unserer Zeit nichts zu tun haben. So tritt beispielsweise ein Engel des Abgrunds, Apollyon, auf (Off 9,11), der mit der christlichen Zeit überhaupt nichts zu tun hat. Das ist nur ein Beispiel von vielen, wo Verse aus dem Alten Testament ohne Einschränkungen auf uns bezogen werden.

Trotz Schwächen: Es lohnt sich!

Trotz dieser Schwächen ist das Buch „Pilgerreise“ auch heute noch sehr lesenwert. Denn wir alle haben nötig, motiviert zu werden, dem Herrn Jesus treu und gehorsam zu dienen. Vielleicht wird man als Leser manchmal denken: Hier wiederholt sich aber manches. Dennoch sind die vielen guten Eigenschaften und die in zumindest gleichem Maß genannten negativen Eigenschaften der handelnden Personen, aber auch die lehrreichen Gespräche, die sie miteinander führen, ein guter Anlass, unser eigenes Leben zu überprüfen. Wenn wir uns durch die genannten Fehler des Buches nicht irritieren lassen, kann man großen Gewinn daraus ziehen.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Manuel Seibel
 Kategorie: Romane, Thriller

  Verlag: SCM R. Brockhaus
  Jahr: 2015
  ISBN: 978-3-417-26462-3
  Seiten: 288
 €    Preis: 14,95 Euro

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