10.798 biblische Andachten und Predigten von Spurgeon, MacArthur, MacDonald, Christlieb, Eichhorn, Hofacker, Zinzendorf, Luther ...

Predigten zu Matthäus 26,50

"Jesus aber sprach zu ihm: Freund, wozu bist du gekommen! Dann traten sie herzu und legten die Hände an Jesum und griffen ihn."

Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
Zitate von Charles Haddon Spurgeon anzeigen

"Jesus aber sprach zu ihm: Freund, wozu bist du hier?"

Das erste Wort, das Jesus zu Judas sprach, nachdem ihn der Verräter geküsst hatte, war "Freund". Beachte das! Nicht "du hassenswerter Bösewicht", sondern: "Freund, wozu bist du hier?"

Ach, wenn irgend etwas Gutes in Judas übriggeblieben wäre, so wäre es jetzt zum Vorschein gekommen. Wäre er nicht ein unverbesserlicher Verräter gewesen, so hätte sein Geiz in diesem Augenblick seine Macht verlieren müssen, und er hätte gerufen: "Mein Herr! Ich bin gekommen, dich zu verraten; aber dein Gruss hat mein Herz gewonnen. Wenn du gebunden werden musst, so will ich mit dir gebunden werden. Ich bekenne dir meine Schuld."

Unser Herr fügt noch einige Worte hinzu, und in ihnen liegt ein Vorwurf. Aber beachtet, wie freundlich sie dennoch klingen: "Judas, mit einem Kuss verrätst du des Menschen Sohn?" Ich kann mir vorstellen, dass Tränen in seinen Augen zu sehen waren und dass seine Stimme bebte, als er seinen vertrauten Freund und Bekannten so anredete: "Verrätst du, mein Judas, mein Schatzmeister, den Sohn des Menschen, deinen leidenden, trauernden Freund, der nicht hat, wo er sein Haupt hinlegen kann? Entweihst du das zärtlichste aller Liebeszeichen?"

Wäre Judas nicht verstockt gewesen, so hätte er auf sein Antlitz niederfallen müssen, um zu rufen: "Nein, ich kann dich nicht verraten, du leidender Sohn des Menschen! Entfliehe dieser blutdürstigen Schar und verzeihe deinem verräterischen Jünger!"

Ich möchte, dass ihr in euren stillen Betrachtungen die Augen auf euren Herrn richtet, wie er von den Menschen verachtet und verworfen wurde. Umgürtet die Lenden eurer Gesinnung und haltet es nicht für etwas Seltsames, wenn dieses schwere Leiden über euch kommen sollte. Aber seid entschlossen, niemals den Herrn zu verraten, wie es dieser sonst so hervorragende Jünger tat, sondern durch des Herrn Gnade in Schande und Leid an ihm zu hängen und ihm zu folgen - wenn es sein muss selbst bis zum Tod.


Autor: Wilhelm Busch (* 27.03.1897; † 20.06.1966) deutscher evangelischer Pfarrer, Prediger und Schriftsteller
Zitate von Wilhelm Busch anzeigen

Erschütternder Augenblick! Selbst die rohen Kriegsknechte stehen eine Weile betroffen. Die Jünger begreifen noch gar nicht recht, was hier eigentlich gespielt wird. Und zwischen all den vielen Menschen stehen in dem düsteren Fackellicht Jesus und Judas einander gegenüber. Judas hat dem Heiland den Verräterkuß gegeben. Und nun sieht Jesus ihn an. Und sagt ein kurzes Sätzlein — ein Sätzlein, so ergreifend, daß es den Judas in Verzweiflung treibt: „Mein Freund..."

„Mein Freund..." Wer den Herrn Jesus kennt, der weiß: Jesus macht keine leeren Worte. Er, der die Wahrheit ist, lügt auch nicht mit einer Silbe. Und nun nennt Er den Judas Seinen Freund! Das ist also ernst gemeint. Er kündigt dem Judas die Freundschaft nicht. Er hört nicht auf, dem Judas Sein Herz zu schenken. Ströme der Liebe, göttlicher Liebe, fluten dem Judas entgegen.

Aber Judas ist nicht mehr imstande, sein Herz dieser Liebe zu öffnen. Er hat alle Schleusen verrammelt und geschlossen. So ist.das zwischen den Menschen und Jesus! Jesus hört nicht auf, uns zu lieben. Und wenn wir Ihn verraten und aufs neue kreuzigen! Er liebt uns — unermeßlich. Aber sollten wir — wenn wir den Judas sehen — nicht erschrecken vor der Möglichkeit, daß wir diese Liebe nicht mehr fassen können? Daß uns doch das Herz glühte über der Liebe des Sohnes Gottes! Amen.