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Predigten zu Philipper 3,12

"Nicht dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet sei; ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möge, indem ich auch von Christo [Jesu] ergriffen bin."

Autor: John F. MacArthur (* 19.06.1939) US-amerikanischer Pastor, Prediger, Theologe und Autor
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NICHT DAS, WAS ICH SEIN SOLLTE

W ir sind noch nicht das, was wir sein sollten, sein können oder sein werden, wenn wir den Herrn von Angesicht zu Angesicht sehen werden. Wir gehen in den geistlichen Wettlauf mit einem gewissen Gefühl von Unzufriedenheit. Paulus startete seinen Lauf mit dem Bewusstsein, dass er das Ziel noch nicht erreicht hat.

Ich kann Paulus’ Aussage nur bestätigen. Nach Jahren im Glauben und Dienst ist mir nur allzu klar, dass ich noch nicht bin, was ich sein sollte. Es geht mir wie jedem anderen Gläubigen: Ich bin ständig im Begriff zu wachsen. Wer meint, mit seinem geistlichen Wachstum zufrieden sein zu können, hat einen gefährlichen Punkt erreicht. Wahrscheinlich wärst du dann der Sünde gegenüber abgestumpft und versuchtest, dein Verhalten zu rechtfertigen, anstatt dass du deine Schwäche bekennen und Hilfe suchen würdest.

Geistliches Wachstum kann mit einem Wettlauf verglichen werden – der Läufer kennt die vor ihm liegende Distanz und gibt sein Äußerstes bis zum Erreichen der Ziellinie. Paulus strebte Vollkommenheit an und ließ sich in seinem Eifer, das gesteckte Ziel zu erreichen, nicht davon ablenken, dass er es noch nicht geschafft hatte. Lass auch du dich nicht ablenken.


Autor: John F. MacArthur (* 19.06.1939) US-amerikanischer Pastor, Prediger, Theologe und Autor
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VOLLER EINSATZ

Geistliches Wachstum ist nicht nur eine Nebenbeschäftigung – es sollte unser Hauptanliegen sein. Das aus dem Griechischen übersetzte „nachjagen“ beschreibt einen Sprinter, einen aggressiven, energiegeladenen Wettkämpfer. Paulus lief das Rennen mit vollem Einsatz und verlangte seinen geistlichen Muskeln das Letzte ab (vgl. 1Kor 9,24-27). Er fordert uns auf, ebenfalls „den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen“ (1Tim 6,12).

Paulus war nicht der einzige Verfechter dieser Sicht. Der Schreiber des Hebräerbriefes sagt: „Deshalb lasst nun auch uns, da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben, jede Bürde und die uns so leicht umstrickende Sünde ablegen und mit Ausdauer laufen den vor uns liegenden Wettlauf “ (Hebr 12,1).

Unsere Lebensaufgabe besteht darin, Christus ähnlicher zu werden. Der Wettlauf erfordert vollen Einsatz und die von Gott bereitgestellten Gnadenmittel.


Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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Nur nicht sich fertig dünken!

"Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei. Ich jage ihm aber nach, ob ich's ergreifen möchte."

Genau übersetzt lauten die Worte: "Nicht, dass ich schon vollendet bin." Zu den Vollkommenen rechnet sich der Apostel (Vers 15). Aber vollendet ist er noch nicht. Er befindet sich noch nicht am Ziel. Er hat das künftige Kleinod noch nicht in der Hand, sondern noch einen Weg vor sich. Er ist noch im Lauf und im Kampf begriffen. Vor seiner Seele steht die furchtbare Möglichkeit, verworfen zu werden (1. Kor. 9, 27). Es liegen noch Proben vor ihm, vor allem die Hauptprobe, das Lebensende, das für ihn der Märtyrertod war. Er hat in der Schule seines Heilandes noch nicht alle Lektionen durchgemacht. Es gibt auch für ihn noch zu lernen (2. Kor. 1, 9). Vollkommen sollen wir sein, aber nicht fertig, solange wir im Leib leben. Man begegnet öfters Christen, die etwas Fertiges an sich haben. Wenn man sie hört, hat man den Eindruck, als seien sie über alle Schwierigkeiten hinweg. Das ist kein Zeichen von Reife, sondern von Unreife. In den ersten Gnadentagen ist man in der Tat wie hinübergehoben über die Versuchungen und Hemmnisse. Leicht bildet man sich dann allzuviel ein. Im Lauf der Zeit regen sich die alten bösen Neigungen und Leidenschaften oft viel stärker als im unbekehrten Zustand. Dann muss man schmerzlich innewerden, dass man noch lange nicht am Ziel ist, sondern in heißem Kampf steht. Eine Frau, die in schwere innere Dunkelheit geraten war, erzählte mir, sie habe nach ihrer Bekehrung gemeint, das Beten sei nun überflüssig. Eben dies war der Grund der inneren Verfinsterung, die über sie kam. Nein, wer von Jesus ergriffen worden ist, muss immer neue und tiefere Erfahrungen von seiner Lebensmacht, aber auch von seinem Sterben machen. Des Apostels beständiges Bemühen war, allezeit in Christo erfunden zu werden. Die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden möchte er immer tiefer erkennen und seinem Tod gleichförmiger werden durch ein gründliches Absterben des alten Menschen. Er hat den Heiland, um ihn immer völliger zu ergreifen, in ihn hineinzuwachsen und ihn zu besitzen. Was er ist, wird er täglich auf's neue. Im Glauben sind wir gerecht, rein und heilig in Christo. Wir haben alles in ihm. Aber wir überblicken unseren Besitz noch lange nicht völlig. Noch weniger machen wir schon den ganzen Gebrauch von ihm. Da gilt es fortzuschreiten von Stufe zu Stufe. Das wahre Christentum ist ein merkwürdiges Ineinander von Ruhe und Bewegung. Man ruht in der Gnade und in der Gewissheit des Kindesstandes. Aber zugleich schreitet man unablässig vorwärts und legt niemals die Hände in den Schoss, macht die Gnade nicht zu einem Ruhekissen. Wer sich zur Ruhe setzt, wird bald verarmen. Wenn wir auch durch Übung und anhaltende Treue zur Überwindung der Sünde kommen, liegt doch immer noch vor uns ein weites Gebiet, das wir noch nicht durchmessen haben. Es ist das Gebiet der Liebe. Wer wird da fertig? Wer bleibt nicht immer Schuldner?


Autor: Watchman Nee (* 04.11.1903; † 30.05.1972) chinesischer Prediger
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"Ich jage ihm nach, ob ich es auch ergreifen möge, in dem ich von Christus ergriffen bin."

Kein Herr hat so viele Diener wie unser Herr; und für jeden hat er eine angemessene Arbeit. Auch die kleine Magd war zur Stelle, um vor Naeman, als er dessen bedurfte, Zeugnis abzulegen. Viele unter uns sind allerdings unzufrieden mit der Stellung, die Gott ihnen zugewiesen hat, und murren. Wir selber täten gern dieses, aber Gott will von uns jenes; wir haben den Ehrgeiz, ihm hier zu dienen, aber Gottes Plan liegt woanders. Wen wir vor solchen Divergenzen stehen, sollten wir bedenken, dass Gottes Absichten mit uns bis vor unsere Bekehrung zurückgehen; schon ehe wir geboren waren, hat er in seiner Voraussicht unsere Lebensumstände bereitet und unseren Weg bestimmt. Gott tut nie etwas unvermittelt; immer hat er alles schon seit sehr, sehr langem vorbereitet. Bei dem, wozu Gott uns beruft, gibt es weder einen Grund zum Murren noch zum Stolzsein. Ebensowenig brauchen wir andere Menschen zu beneiden, denn deren Vorzüge haben nichts mit uns zu tun. Wenn wir auf unser Leben zurückblicken, können wir uns nur neigen und dankbar erkennen, dass alles von Gott vorbereitet und gefügt war. Wir brauchen keine Angst zu haben, es sei uns etwas entgangen. Diese Gewissheit gibt wahre Ruhe.


Autor: William MacDonald (* 07.01.1917; † 25.12.2007) US-amerikanischer Prediger der Brüdergemeinden
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"Nicht dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet sei."

Gestern sahen wir, dass unser Verhalten unserem Bekenntnis entsprechen sollte. Um dieses Thema aber ausgewogen darzustellen, müssen wir noch zwei Anmerkungen hinzufügen.

Zuerst müssen wir einsehen, dass wir die Wahrheit Gottes niemals vollständig und vollkommen ausleben werden, solange wir in dieser Welt sind. Auch wenn wir unser Bestes gegeben haben, müssen wir immer noch bekennen, dass wir unnütze Knechte sind. Doch dürfen wir diese Tatsache nicht als Entschuldigung für Versagen oder gar Mittelmässigkeit gebrauchen: Wir sind verpflichtet, die Kluft zwischen unseren Lippen und unserem Leben ständig mehr und mehr zu schließen.

Eine zweite Überlegung ist dies: Die Botschaft ist immer grösser als der Bote, wer immer dieser auch sei. Andrew Murray sagte: "Wir werden als Diener des Herrn früher oder später auch einmal Worte predigen müssen, die wir selbst nicht immer zu verwirklichen in der Lage sind." Fünfunddreissig Jahre, nachdem er das Buch "Bleibe in Jesus" verfasst hatte, schrieb er: "Ich möchte, dass Sie verstehen, dass ein Prediger oder christlicher Autor oft geführt sein kann, mehr zu sagen, als er selbst erfahren hat. Ich hatte damals nicht all das erfahren, wovon ich schrieb. Ich kann auch jetzt nicht sagen, dass ich es schon alles erfahren habe."

Die Wahrheit Gottes ist gewaltig und erhaben. Sie ist so unendlich hoch, dass wir, wie Guy King schreibt, "Angst haben müssten, sie durch unsere Berührung zu verderben" . Aber muss sie für immer ungepredigt bleiben, nur weil wir ihre erhabenen Gipfel nicht erreichen? Nein, im Gegenteil, wir verkündigen sie, auch wenn wir dadurch das Urteil über uns selbst sprechen. Das Ausmass, in dem wir mit unserer Erfahrung hinter ihr zurückbleiben, machen wir dann zum beständigen Sehnen und Trachten unserer Herzen.

Noch einmal müssen wir betonen, dass wir diese Überlegungen niemals als Entschuldigung für ein Betragen, das des Herrn unwürdig ist, hernehmen dürfen. Aber sie sollten uns von ungerechtfertigter Verurteilung eines echten Mannes Gottes abhalten, nur weil seine Botschaft manchmal in Höhen stürmt, die er selbst nicht erreicht hat. Und sie sollten uns davor bewahren, mit dem ganzen Ratschluss Gottes zurückzuhalten, auch wenn wir ihn nicht in seiner ganzen Tiefe und Höhe erfahren haben. Gott kennt unsere Herzen. Er weiss, ob wir praktizierende Heuchler sind oder leidenschaftlich nach Höherem streben.


Autor: Carl Olof Rosenius (* 03.02.1816; † 24.02.1868) schwedischer Laienprediger und Initiator einer neuevangelischen schwedischen Erweckungsbewegung

"Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei."

Dr. Swebelius sagt: "Das Gesetz ist von Natur einigermassen erkannt, das Evangelium aber ist ein Geheimnis, das aller Vernunft verborgen ist." Dr. Luther sagt: "Das Evangelium ist der Christen allerschwerste Kunst und höchste Weisheit, worin sie ihr ganzes Leben lang Schüler verbleiben; aber"doch widerfährt demselben eben die leidige Plage, dass keine Kunst leichter und so bald ausgelernt zu sein scheint als diese, dass, wenn jemand es einmal gehört oder gelesen hat, wähnt er gleich, Meister und Doktor darin zu sein, und will nun etwas anderes, etwas Neues hören."

Solche eingebildeten Vollgelehrten sollten sich darin wiedererkennen, dass sie nicht oft an das Evangelium denken und nicht bedenken, wie sie Gott und den, den Er gesandt hat, sowie die großen Geheimnisse der Versöhnung immer besser kennenlernen könnten. Auch trachten sie nicht danach, etwas davon zu hören oder zu lesen und dabei Gott um das Licht des Geistes zu bitten, sondern im Gegenteil, wenn etwas recht Evangelisches vorkommt, dann warten sie mit einer gewissen Ungeduld auf den Schluss, um etwas anderes zu erhalten. Solche pflegen auch zu denken und zu sprechen: "Wohl weiss ich, was ich glauben soll, wohl kenne ich die Gnade Gottes, sie ist ein für allemal gegeben, mit dieser Sache ist alles wohl und gut. Aber wie wir sein und was wir tun sollen, daran gibt es genügend zu denken, da fehlt es immer, lasst uns etwas davon hören."

Nun kommen sie gerade deshalb nie zum rechten Tun, zur rechten Lust und Kraft, weil sie nie das kennenlernen, was ihnen vor allen Dingen fehlt, nämlich das Leben, die rechte Bekehrung und der rechte Glaube. Sie empfinden nicht, wie ganz verloren es mit uns und unserem Tun ist; sie sind nie recht an sich selbst verzweifelt. Auch haben sie nicht erfahren, was der Glaube besagen will, oder was der Glaube und die Gnade wirken; sonst würden sie nicht sagen, dass sie genug davon hätten. Dann würden sie, wie das Wort und die Erfahrung lehren, eher denken: Wenn ich nur Gott und Seine Gnade kenne, dann wird wohl Lust und Kraft zum Guten folgen, wie Johannes sagt: "Wer nicht liebhat, der kennt Gott nicht; denn Gott ist die Liebe." Kennten sie Gott, will er sagen, dann würden sie wohl lieben, ja, brennend werden vor Liebe und Gottesfurcht. Denn Gott ist eine so große und brennende Liebe, dass niemand Ihn kennen kann, ohne von Ihm zur Liebe entzündet zu werden. Und die Liebe ist die Mutter aller guten Werke, die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung.

Kurz, diejenigen, welche wähnen, das Evangelium genügend erfasst zu haben, haben noch nicht die ersten Buchstaben gelernt. Der Apostel sagt: "So sich jemand dünken lässt, er wisse etwas, der weiss noch nichts, wie er wissen soll." Dies ist besonders auf die Erkenntnis des Evangeliums anwendbar. Es enthält doch viele Dinge, die mancher nicht zu glauben vermag. Wem es leicht wird, es zu glauben, der sieht gewiss nicht, was es enthält. Zwar meint er, es zu sehen und er meint es so bestimmt, dass er tausend Eide darauf schwören wollte, aber sein ganzes Wesen leugnet es. Luther sagt sehr wahr: "Wer sowohl recht fassen als auch glauben könnte, was das Evangelium enthält, der würde nicht mehr hier auf Erden leben können, sondern vor überaus großer Freude sterben mögen". Wahrlich, man würde nicht so kalt, so starr und ungeistlich sein, wie jene ausgelernten und satten Geister es sind. Es würde nicht so schwerfallen, Christus zu folgen, Christus zu lieben, Ihn zu bekennen und Ihm zu dienen, zu leiden und zu entsagen, wenn man das recht glaubte, was das Evangelium enthält.

Aber hier ist eine der Hauptursachen, weshalb viele, obwohl sie immer lernen, doch nie zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Jesus sprach: "Niemand kennt den Väter, denn nur der Sohn und wem es der Sohn will offenbaren." Wenn der Sohn es einem Menschen nicht offenbaren will, dann ist alles für denselben vergeblich. Eben vorher hatte Christus gesagt, welchen Er es nicht offenbaren wollte: "Du hast solches den Weisen und den Klugen verborgen," d. h. denjenigen, die meinen, dass sie nur durch ihr Studieren das Evangelium begreifen können. Viele hören und lesen das Evangelium wie eine weltliche Wissenschaft, ohne sich dabei vor Gott zu beugen; Ihm aber hat es gefallen, es solchen zu verbergen.. "Ja, Vater, denn es ist also wohlgefällig vor Dir." - Paulus war wohl ein Meister, das Evangelium richtig und deutlich zu erklären und auszulegen; aber er meinte nicht, dass es für das Volk genug sei, wenn es nur seine Predigten hörte und seine Briefe las, sondern er sah alles noch so ganz von der "Offenbarung Gottes", von "Seinem Mitteilen des Geistes der Weisheit und der Offenbarung" abhängen, dass er Gott unausgesetzt für seine Gemeinden anrief. Es gibt Menschen, die nie nötig haben, Gott so anzurufen und sich vor Ihm zu beugen, die auch nicht fleißig und angelegentlich im Worte Gottes nach der Erkenntnis des Evangeliums suchen, sondern schon genug im voraus wissen; während doch die größten Heiligen und Glaubenshelden trotz ihres vielen Studierens und Betens bekannt haben, dass sie es noch nicht vollkommen ergriffen hätten, vielmehr demselben nachtrachteten. Wie hängt dies alles zusammen? Ja, wie anders, als dass diese, Ausgelernten, die alles genügend zu verstehen meinen, vom Teufel bezaubert, blind und tot sind und jetzt erst die ersten Buchstaben lernen müssen. Möchten sie das beizeiten bedenken!

Wie schwer ist's auszulernen, Was hier auf Erden ist; Im Nahen und im Fernen, Was ihr Gelehrten wisst! Doch ist nicht auszugründen, Wie schwer die Schule fällt, Das edle Nichts zu finden, Das Nichts, das Gott erwählt.


Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Als Jesus seinen Verfolger rief, begann Paulus einen Lauf, für den er seine ganze Kraft verwendete. Sein Lauf hat ihn weit bis nach Rom geführt, aber auch dort noch nicht an das Ziel gebracht. Er dachte bei diesem Urteil nicht nur an seine Arbeit, dass sie weit hinter dem zurückblieb, was seine Liebe begehrte, sondern auch an seinen eigenen Christenstand. Sein eigener Anteil an der Gnade Jesu war auch jetzt noch am Ende seines Lebens das Ziel, nach dem er sich mit allem, was er ist und kann, verlangend streckt. Denn er hing seine Arbeit nicht nur von außen an sein Christenleben an, als bliebe sie innerlich seinem eigensten Wollen fremd. Sein Werk war ganz eins mit Ihm. Unvollendete Arbeit ist unvollendetes Leben. Ist sein Dienst noch nicht ans Ziel gelangt, so heißt das, er selbst ist noch nicht am Ziel. Es gab für Paulus keinen vollendeten Besitz des Heils, ohne dass der Dienst vollendet wird. Damit gab er die Haltung des Glaubenden nicht auf, im Gegenteil, weil er der Glaubende ist, denkt er so, strebt er so, läuft er so, als der, der noch nicht fertig ist. Denn als Glaubender hat er sein Leben in die Hand seines Herrn gelegt und nicht in sich selbst gesucht. Darum bedarf er zum Eingang in sein Reich das Urteil des Herrn über seinen Dienst und dieses steht noch vor ihm und hängt von der Vollendung seines Werkes ab. Es reicht nicht aus, dass er einst den Glauben gehabt hat. Jetzt muss er ihn haben und morgen und er kann ihn nicht haben, wenn er seinen Lauf einstellt und seinen Dienst preisgibt. Er rechnete darauf, dass sein Verhalten der Christenheit seltsam scheine und unverständlich bleibe. Die entgegengesetzte Betrachtung des Lebens liegt uns so nah. Indem wir zum Glauben gelangten, ist unser Verhältnis zu Gott geklärt und befestigt. Was fehlt uns noch? Es gibt darum für viele nur einen hellen Tag in ihrem Leben, den, an dem sie bekehrt wurden; davon zehren sie ihr Leben lang. Deshalb vermuten sie, Paulus rede hier von seiner Sündhaftigkeit. Wie könnte er noch unfertig sein, wenn ihn nicht seine Sünden demütigten? Wäre er sündlos geworden, so verweilte er statt und ruhig bei sich selbst. So sprechen aber nur die, die nicht wissen, was Glaube ist. Sie bewegen sich freilich nur dann, wenn die Pein und der Fluch der Sünde sie aufscheucht. Paulus aber sah auf den Reichtum Jesu, der alles überragt, was Paulus erlebt und erreicht hat, sah auf Gottes Ziel, das hoch über dem steht, was er im Gehorsam seines treuen Dienstes vollbracht hat. Darum blieb er der, der nicht ruhte, sondern lief, und nicht in sich, sondern vor sich den Grund seines Heils und Lebens sah.

O Vater, Du kannst uns bewegen, dass wir vergessen, was hinter uns liegt, und uns dorthin wenden, wohin Dein Ruf uns leitet und Deine Verheißung uns zieht, weil dort Deine Herrlichkeit leuchtet und Dein Wille herrscht. Amen.