Bibel-Kommentar: Der zweite Brief des Paulus an Timotheus

Diesen Brief hat Paulus kurz vor seinem Tod geschrieben, worin er seinen treuen und lieben Jünger Timotheus, den er wie einen Sohn geliebt hat, auf das freundlichste segnet, ihn in den ersten zwei Kapiteln ermahnt, dass er in der Fortpflanzung und Handhabung der reinen Lehre sich tapfer gebrauchen lassen soll, und von seinem Amt weder durch die große Mühe, noch durch die Gefahr, noch durch den Undank der Menschen sich abschrecken lassen soll. Im 3. und 4. Kapitel aber lehrt er, wie beschwerlich und gefährlich die letzte Zeit der Welt sein wird. Darum soll ein evangelischer Kirchendiener in seinem Amt nicht säumig sein, damit er wenigstens einige aus dem Verderben herausreißen kann. Daneben zeigt er an, welch große Unbeständigkeit und Schwäche des Glaubens sich bei etlichen Christen findet, die Verfolgungen erdulden müssen. Er aber sei bereit, den Tod um Christi willen zu erleiden, von dem er die ewige Belohnung dafür erwartet.


Das 1. Kapitel

  • Der Apostel Paulus beginnt, seinem Brauch nach, diesen Brief mit der Unterschrift, der Überschrift und dem apostolischen Gruß.
  • Und er erinnert Timotheus, dass er die Gnade Gottes in ihm erwecke, und das Evangelium um seiner Bande willen nicht fahren lässt, auch die Trübsal standhaft überwindet, die Form der gesunden Worte behält und das beigelegte Gut bewahrt.
  • Er beklagt sich über die Unbeständigkeit von vielen Menschen, und rühmt wiederum die Frömmigkeit und den Glauben der anderen, den sie durch die Liebe erklärt haben.

1. Paulus, ein Apostel Jesu Christi durch den Willen Gottes nach der Verheißung des Lebens in Christo Jesu:

Paulus: In diesem Kapitel rühmt Paulus den Timotheus wegen seiner rechtschaffenen Frömmigkeit, reizt ihn auch und macht ihn beherzt, dass er das Evangelium Christi beständig und unerschrocken lehrt, und das Amt eines Bischofs treu verrichtet, sich auch durch keine Gefahr kleinmütig machen lässt, noch von seinem Amt zurücktritt.

Willen Gottes: Der mich zu diesem Amt bestellt hat, denn ich bin nicht aus eigenem Gutdünken oder Vorwitz bewegt worden das apostolische Amt anzunehmen. So wie man nun dem Gesandten ebenso viel glaubt, als wenn der Fürst oder Herr, dessen Gesandter er ist, selbst sprechen würde, so sollen wir die Schriften der Apostel und Gesandten Christi nicht weniger beachten, als wenn sie Gott der Herr vom Himmel selbst geredet hätte. Aber die Lehrer, die keinen ordentlichen Auftrag haben, sollen wir nicht hören. Denn die lehren nicht nach dem Willen Gottes, sondern nach dem Willen des Teufels.

Des Lebens: Ich bin (will Paulus sagen) zum Apostelamt berufen worden, damit ich die liebliche und evangelische Verheißung vom ewigen Leben predige, die Christus uns erworben hat. Denn obwohl die Lehre des Gesetzes in der Kirche Gottes auch seinen Nutzen hat, so soll sich doch ein Kirchendiener daran erinnern, dass er ein Lehrer des Evangeliums ist. Darum soll er mit keinem geringeren Fleiß die zerschlagenen Gewissen mit den evangelischen Verheißungen aufrichten, aber die widerspenstigen Herzen mit dem Hammer des Gesetzes zerschlagen. So viel zur Unterschrift dieses Briefes, es folgt die Überschrift samt dem Gruß.

2. Meinem lieben Sohn Timotheus Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott dem Vater und Christo Jesu, unserm Herrn {1Tim 1v2}.

Sohn: Den ich in der himmlischen Lehre und in der wahren Gottseligkeit unterrichtet habe, der mir auch im Eifer, das Evangelium zu befördern und dem unsträflichen Wandel deutlich nachfolgt. So sollen auch heutzutage die jungen, angehenden Prediger dem Eifer und der Frömmigkeit ihrer getreuen Lehrmeister nachzueifern sich bemühen. So sollen sich auch die Zuhörer verhalten, die fromme und reine Kirchendiener haben.

Unserm Herrn: Dies ist der Gruß. Mit Gnade und Barmherzigkeit wird Gottes gnädige Huld und Güte gemeint, denn er ist uns nichts schuldig. Der Friede, nach der hebräischen Art zu sprechen, bezeichnet allerlei Glückseligkeit, worunter die vornehmste ist, der Friede des Gewissens. Solche Guttaten werden nicht nur von Gott dem Vater, sondern auch von seinem eingeborenen Sohn gegeben, der mit dem Vater eines Wesens ist. Weil demnach Christus unser Herr ist, der uns mit seinem Blut erlöst hat und ihm erworben hat, so ist es recht, dass wir diesen Herrn in der wahren Gottseligkeit dienen {Lk 1}.

3. Ich danke Gott dem ich diene von meinen Voreltern her in reinem Gewissen, dass ich ohne Unterlass dein gedenke in meinem Gebet Tag und Nacht {Röm 1v8 Eph 1v15 v16 Apg 23v1 24v16 26v4 Phil 3v6}.

Vorfahren: Die mich von Jugend auf gelehrt und angewiesen haben, dass ich ihm dienen sollte. Von dieser Zeit bis zum heutigen Tag habe ich mich bemüht, ein unverletztes Gewissen zu behalten, obwohl ich aus Irrtum und Unwissenheit eine Zeit lang die Kirche Gottes verfolgt habe.

Dein gedenke: Indem ich Gott wegen deiner Frömmigkeit und Aufrichtigkeit ständig lobe, dass er dich zu einem solch rechtschaffenen Christen gemacht hat und ihn bitte, er möge seine Gaben in dir bestätigen und vermehren. Es ist aber eine große Guttat Gottes, wenn jemand von Jugend auf zur Gottseligkeit erzogen worden ist. Und man soll die Kinder beizeiten daran gewöhnen, dass sie nichts gegen ihr Gewissen tun. Denn wenn sie lernen, dass Gewissen in den Wind zu schlagen und dagegen zu handeln, werden sie leicht vom Teufel zu allerlei Schlechtigkeit und Mutwillen gehetzt. Und wo es keine Furcht vor der Strafe gibt, da dürfen sie tun, was sie möchten. Man soll aber oft, nicht nur mit dem Mund, sondern auch mit dem Herzen beten. Und besonders sollen wir die Kirchendiener in unserem Gebet uns wohl befohlen sein und Gott ernsthaft anrufen, dass er sie mit seinem Geist regieren möge.

4. Und mich verlangt, dich zu sehen, wenn ich denke an deine Tränen, auf dass ich mit Freuden erfüllt werde {Apg 20v37}.

Zu sehen: Noch einmal vor meinem Tod. Denn die Frommen werden durch die Gemeinschaft und Gegenwart der Gottseligen sehr erquickt.

Tränen: Wie ungern du von mir, als deinem getreuen Lehrmeister oder geistlichen Vater geschieden bist. Darum, wenn ich an deine Liebe und Frömmigkeit denke, so möchte ich dich gerne sehen.

Erfüllt werde: In meiner Gefangenschaft. Denn die Frommen freuen sich auch inmitten einer Trübsal über die Gaben Gottes, die er seiner Kirche mild erweist.

5. Und erinnere mich des ungefärbten Glaubens in dir, welcher zuvor gewohnt hat in deiner Großmutter Lois und in deiner Mutter Eunike, bin aber gewiss, dass auch in dir {2Tim 3v15}.

Ungefärbten: Denn der Glaube soll nicht falsch oder heuchlerisch sein, der nur mit dem Mund und nicht mit dem Herzen geschieht.

Auch in dir: Denn obwohl der rechte Glaube keine erbliche Gabe Gottes ist, der durch die fleischliche Geburt fortgepflanzt wird, so findet sich doch die wahre Gottseligkeit bei einem Geschlecht in verschiedenen Nachkommen. Und Paulus sagt, dass der Glaube in den Menschen wohnt, weil er eine solche Gabe Gottes ist, die gegeben und wiederum genommen werden kann. Auch sagt er, dass er sich über den Glauben des Timotheus sicher sein kann, weil der rechte Glaube aus den Werken erkannt wird.

6. Um welcher Sache willen ich dich erinnere, dass du erweckst die Gabe Gottes, die in dir ist durch die Auflegung meiner Hände {1Thes 5v19 1Tim 4v14}.

Um: Nach dem vorausgegangenen Lob, schreitet Paulus jetzt zu einer Ermahnung. Denn fromme Herzen werden vielmehr mit Lob als mit Tadel weitergebracht.

Hände: Denn Gott hat dir vortreffliche Gaben des Heiligen Geistes beschert, als ich zusammen mit anderen Ältesten dir die Hände aufgelegt, und dich zum Predigtamt verordnet habe. Darum ermahne ich dich, dass du diese Gaben nicht unnütz bei dir herumliegen lässt, sondern sie vielmehr zum allgemeinen Nutzen der Kirche gebrauchst und anwendest. Obwohl nun heutzutage bei der Ordinierung und Einsetzung der Kirchendiener ins Predigtamt solche wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes nicht mitgeteilt werden, wie es in den ersten Kirchen geschehen ist, so ist es dennoch eine nützliche Zeremonie und dazu gut, dass der neue Kirchendiener sich auf sein Amt besinnt und die Kirche zum Gebet gereizt wird, was ohne Zweifel von Gott erhört wird. Die Kirchendiener aber, und alle anderen, sollen die Gaben Gottes nicht bei sich herumliegen lassen, und ohne Nutzen vergraben.

7. Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Zucht {Röm 8v15}.

Der Zucht: Darum sollst du, Timotheus, das Evangelium Christi unerschrocken lehren und dich bemühen, es fortzupflanzen und dich durch keine Mühe, Gefahr oder Verfolgung davon abschrecken lassen, weil uns Gott keinen furchtsamen Geist gegeben hat, dass wir die Wahrheit vor der Welt nicht bekennen dürften, sondern einen mutigen und beherzten Geist, der doch so beschaffen ist, dass er all unser Tun nach der Regel und der Richtschnur der christlichen Liebe und Zucht anstellt. Darum sollen wir solche Gaben des Heiligen Geistes in der Tat an uns spüren lassen. Die schwärmerischen Leute haben einen anderen Geist, der furchtsam ist, wenn er merkt, dass eine Gefahr vorhanden ist, er schleicht heimlich herum, verbirgt sich und brütet über seiner falschen Lehre, wie eine Henne über ihren Eiern sitzt. Wenn er aber Gelegenheit bekommt, seinen Irrtum auszubreiten und er sowohl Kraft als auch Beifall des Volkes erreicht, so bricht er mit großem Ungestüm heraus, und er denkt an keine brüderliche Liebe noch an christliche Zucht.

Nach Luther: Das Wort Zucht, welches Paulus oft verwendet meint, mäßig, säuberlich, und vernünftig in den Gebärden sich verhalten.

8. Darum so schäme dich nicht des Zeugnisses unseres Herrn noch meiner, der ich sein Gebundener bin, sondern leide dich mit dem Evangelium wie ich nach der Kraft Gottes {Röm 1v16 Eph 3v1}.

Zeugnis: Das ist: Du darfst dich des Heiligen Evangeliums von Jesus Christus, unseren Heiland, vor dieser schlechten Welt nicht schämen, wie auch nicht über meine Gefangenschaft, die mir und dir, samt allen anderen Christen eine Ehre ist, weil ich nicht wegen einer Übeltat, sondern um Christi willen leide. Denn wer sich für Christus und für sein Evangelium vor der Welt schämt, für den wird sich Christus einmal wiederum schämen vor seinem himmlischen Vater. Auch sollen wir die Trübsal nicht scheuen, die uns in der rechten Religion begegnen werden.

Kraft Gottes: Darum sollen wir, entweder allein oder mit anderen um des Evangeliums Christi willen, indem wir dies bekennen, oder uns darum bemühen, es fortzupflanzen, keine Widerwärtigkeiten zu erdulden, ausschlagen. Gott wird uns Kraft und Stärke dazu verleihen.

9. der uns hat selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Vorsatz und Gnade, die uns gegeben ist in Christo Jesu vor der Zeit der Welt {Eph 1v3 Tit 3v5 Röm 8v16 v25 Eph 3v9 Kol 1v26}.

Selig gemacht: Und von der ewigen Verdammnis erlöst, durch seinen eingeborenen Sohn. Darum will es uns gebühren, dass wir uns mit dem Bekenntnis des Evangeliums, und in der Geduld bei Verfolgungen uns dankbar gegenüber Gott zeigen.

Berufen: Durch das Evangelium zur Erbschaft des ewigen Lebens und will, dass wir in dieser Welt ein unsträfliches und gottseliges Leben, wie es den Heiligen zusteht, führen sollen.

Der Welt: Denn Gott hat uns um Christi willen zur ewigen Seligkeit verordnet, bevor der Grund der Welt gelegt worden ist. Darum sollen wir uns an unsere Erlösung erinnern, und für die Ehre Gottes alles zu leiden bereit sein. Denn unsere Seligkeit besteht nicht auf unserem Verdienst, sondern auf der reinen Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Und weil sie sich auf die ewige Wahl und Vorsehung Gottes gründet, so kann sie uns keine Gewalt des Teufels nehmen. Wenn wir aber unsere ewige Erwählung betrachten wollen, so müssen wir mit unseren Gedanken nicht außerhalb Christi umherschweifen. Denn die wahrhaftig an den Erlöser Christus glauben, die sind erwählt, weil es außerhalb von Christus keine Seligkeit gibt.

10. jetzt aber offenbart durch die Erscheinung unseres Heilandes Jesu Christi, der dem Tode die Macht hat genommen und das Leben und ein unvergänglich Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium {1Kor 15v55 v57 Hebr 2v14},

Erscheinung: Und seine Ankunft in dieser Welt. Denn die erste Ankunft Christi bezeugt, dass Gott die bußfertigen Sünder, wenn sie an Christus glauben, selig machen will.

Genommen: Das ist: Christus hat allen Gläubigen den Tod in einen heilsamen Schlaf verändert, dass ihnen der Tod ebenso wenig schaden kann, als wenn er ganz und gar getilgt würde. Er hat uns aber das rechte und ewige Leben wieder gebracht, indem unsere Leiber unverweslich, verklärt und geistlich sein werden. Und es wird in diesem seligen Leben nichts Unvollkommenes oder Vergängliches sein. Denn uns wird im Himmel die unvergängliche, unbefleckte und unverwelkliche Erbschaft aufbewahrt {1Petr 1}.Diese Güter widerfahren uns durch die Predigt des Evangeliums, wenn wir dieser glauben.

11. zu welchem ich gesetzt bin ein Prediger und Apostel und Lehrer der Heiden {Apg 22v21 1Kor 1v17 Gal 2v9 1Tim 2v7}.

Der Heiden: Ich rühme mich zu Recht als deren Lehrer, weil ich in meinem apostolischen Amt viele von ihnen durch die göttliche Kraft zu Christus geführt, und sich bekehrt haben. Denn diejenigen lehren heilsam, die dazu beordert wurden, das ist, ordentlich zum Predigtamt des göttlichen Wortes berufen sind.

12. Um welcher Sache willen ich solches leide, aber ich schäme mich dessen nicht; denn ich weiß, an wen ich glaube, und bin gewiss, dass er mich bewahren kann bis an jenen Tag.

Sache willen: Dass sich unter den Juden und Heiden das Evangelium Christi unerschrocken gepredigt habe, ist der einzige Grund, weswegen ich gefangen und gebunden bin.

Mich nicht: Meiner Trübsal, die ich um des Evangeliums willen erdulde, obwohl ich deswegen etliche Male mit Ruten und Geiseln geschlagen worden bin. Es soll aber von uns keiner als Mörder oder Verbrecher oder als einer, der in ein fremdes Amt greift, leiden, leidet er jedoch als ein Christ, so soll er sich nicht schämen, sondern Gott in diesem Fall ehren {1Petr 4}.

Bewahren: Nämlich die ewige Erbschaft und mein Anteil am Himmelreich, der mir bestimmt und verordnet ist.

Jenen Tag: Seiner herrlichen Ankunft. Denn die Krone der Gerechtigkeit ist für mich bereitgelegt, die mir Gott, der gerechte Richter an jenem Tag geben wird. Und solche himmlische Schätze der zukünftigen Welt kann uns niemand nehmen. Darum sollen wir in Hoffnung und Vertrauen der ewigen Wohlfahrt, die für uns vorbereitet ist, alles Widerwärtige, dass uns um Christi willen begegnet mit Geduld leiden und überwinden.

13. Halt an dem Vorbild der heilsamen Worte, die du von mir gehört hast, vom Glauben und von der Liebe in Christo Jesu {1Tim 6v3}.

Gehört hast: Denn ich habe dir den Inhalt der ganzen christlichen Lehre vorgelegt, die vornehmlich auf den beiden Punkten beruht, nämlich auf den Glauben an Christus, und auf die christliche Liebe. Darum bewahre diesen Schatz, den ich dir hinterlegt habe, fest darauf. Dies wird mit Hilfe und Beistand des Heiligen Geistes geschehen, der uns in uns wohnt, dass er uns regiert und in jede Wahrheit leitet. Deswegen soll ein Kirchendiener den Inhalt der rechten Religion wissen, besonders aber bei den Zuhörern auf den Glauben an Christus, und dringe auf die Liebe gegen Gott und dem Nächsten. Diese rechte Lehre, die er von einem reinen Lehrmeister empfangen hat, soll er standhaft behalten als den köstlichsten Schatz, und damit er dies tun kann, soll er Gott den Herrn um die Regierung seines Heiligen Geistes fleißig anrufen. Denn der himmlische Vater wird seinen Heiligen Geist denen geben, die ihn darum bitten {Lk 11}.

14. Diese gute Beilage bewahre durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt {1Tim 6v20}.

15. Das weißt du, dass sich gewendet haben von mir alle, die in Asien sind, unter welchen ist Phygellus und Hermogenes {2Tim 4v10 v16}.

Asien sind: Die ich vor langer Zeit mit großer Mühe zum christlichen Glauben bekehrt habe. Darum ist es sehr notwendig, dass du die Belange der reinen evangelischen Lehre standhaft erhältst und handhabst, weil die falschen Lehrer nicht aufhören, die himmlische Lehre zu verfälschen und unsere Zuhörer von uns abwendig zu machen. Denn die falschen Apostel, die das Gesetz und das Evangelium durcheinander mischen, verführen nicht allein die Christen in Asien und anderswo, sondern brachten auch Paulus und andere reine Lehrer in Verachtung, und sorgten dafür, dass sie von ihren Zuhörern angefeindet wurden. Darum ist es kein Wunder, wenn auch heutzutage die Herzen vieler Menschen durch die Wiedertäufer, Schwenkfelder, Zwinglianer und Jesuiten von den reinen Kirchendiener des Evangeliums abwendig gemacht werden. Die sich aber so betrügen und verführen lassen, die sollten sich des Spruchs Christi erinnern: Wer beharrt bis ans Ende, der wird selig werden {Mt 24}.

16. Der Herr gebe Barmherzigkeit dem Hause Onesiphorus; denn er hat mich oft erquickt und hat sich meiner Ketten nicht geschämt {2Tim 4v10 Apg 28v20 Eph 6v20},

Der: So wie Paulus zuvor sich zu Recht über die Unbeständigkeit von vielen beklagt hat, so rühmt er das Personal des Onesiphorus, dass im wahren Glauben ausgeharrt hatte, und mit Werken der Liebe das Elend des Apostel Paulus gelindert hatte.

Haus: Oder Personal, das fromm war und in der christlichen Religion eine wunderbare Standhaftigkeit gezeigt hat. Dies möge Gott mit seiner Gnade auch weiterhin behüten. Denn obwohl wir bisweilen meinen, wir wären allein und verlassen, sowie sich auch Elias beklagt hatte, so erhält sich Gott doch ständig eine Kirche unter vielen irrigen, Gottlosen und verruchten Menschen.

Erquickt: In meinen Trübsalen und Verfolgungen, indem er mir Trost gespendet und geholfen hat. Denn Gott mildert die Trübsal der Frommen durch andere fromme Menschen.

Nicht geschämt: Sondern mich in meinem Elend im Gefängnis freundlich besucht hat. In diesem Fall ist er denen sehr ungleich gewesen, wovon das alte Sprichwort sagt: Freunde in der Not gehen 25 auf ein Lot, wenn es aber hart auf hart kommt, so gehen 50 von ihnen auf ein Quäntchen.

17. sondern da er zu Rom war, suchte er mich aufs fleißigste und fand mich.

18. Der Herr gebe ihm, dass er finde Barmherzigkeit bei dem Herrn an jenem Tage! Und wie viel er mir zu Ephesus gedient hat, weißt du am besten.

Jenem Tag: Dass er die fröhliche Stimme Christi hört. Kommt her ihr Gesegneten meines Vaters, erbt das Reich, dass für euch bereitet ist {Mt 25}. Es sind aber die Wünsche der Frommen vor Gott sehr kräftig {Mt 10}.

Gedient hat: Und was er mir für große Guttaten erwiesen hat.

Am besten: Es ist unnötig, noch weiter davon zu erzählen. Es rühmt aber Paulus den Dienst des Onesiphorus um uns zu lehren, von Herzen dankbar zu sein, damit wir die empfangenen Wohltaten nicht mit Stillschweigen vergraben.


Das 2. Kapitel

  • Der Apostel zeigt an, wie sich Timotheus in die Verwaltung seines Amtes schicken soll.
  • Und er macht ihn beherzt, dass er die Arbeit ohne Verdruss anfassen soll und die Verfolgungen standhaft überwindet.
  • Er verbietet Wortgefechte und das ehrgeizige Diskutieren von den Reden und Wörtern.
  • Er gibt einen guten Ratschlag für das Ärgernis, das bei etlichen über die Verfälschung der Lehre und dem verkehrten Wandel entstehen kann.
  • Insbesondere zählt er etliche Tugenden auf, von denen er will, dass sie Timotheus von sich scheinen lassen soll.

1. So sei nun stark, mein Sohn, durch die Gnade in Christo Jesu!

So: Auch in diesem Kapitel ermahnt Paulus den Timotheus, dass es sich vom Bekenntnis des Evangeliums durch keine Trübsal oder Gefahr abtreiben lässt, sondern sein Amt in der Kirche Gottes wie ein treuer Bischof anpackt, tapfer verrichtet, und das unnütze und nichtige Wortgefecht meiden soll.

Stark: Halte dich mannhaft und zeige dich in deinem bischöflichen Amt unerschrocken durch die Gnade des Heiligen Geistes, die dir Christus bis dahin mitgeteilt hat, und auch in Zukunft mitteilen wird. Denn man soll die Christen mit Ermahnungen aufmuntern, dass sie die Aufgaben ihres Berufs fleißig verrichten und gleichzeitig sollen sie auch erinnert werden, dass die Gnade des Heiligen Geistes dazu nötig ist, die durch das Gebet erlangt wird.

2. Und was du von mir gehört hast durch viel Zeugen, das befiehl treuen Menschen, die da tüchtig sind, auch andere zu lehren {1Tim 3v2 2Tim 2v24 Tit 1v9}.

Viel Zeugen: Ich habe dir das Predigtamt in Gegenwart glaubwürdiger und ansehnlicher Männer befohlen und dir treu vorgehalten, was du lehren und wie du die Kirche regieren sollst.

Treuen Menschen: Deren Frömmigkeit, Eifer, Aufrichtigkeit und Fleiß dir wohl bekannt ist.

Tüchtig sind: Nach deiner und nach anderer Menschen Auffassung. Denn es sind nicht alle, die die rechte Religion annehmen auch darum mit der Gabe zu lehren und zu predigen versehen. Darum soll man ständig andere unterrichten, die entweder mit der Zeit unsere Stelle einnehmen können oder sie mit Nutzen zu anderen Kirchen schicken, damit sie diese lehren und regieren. Man soll aber solche erwählen, die auch lehren können.

3. Leide dich als ein guter Streiter Jesu Christi!

Leide dich: Denn es will dir nicht gebühren, dass du den Verfolgungen entweichen möchtest, die dein Beruf mit sich bringt, weil du der oberste Hauptmann Jesu Christi als geistlicher Soldat bist. Was wäre das aber für ein Soldat, der gar keine Gefahren im Krieg ausstehen möchte? Es sollen deswegen die Kirchendiener wissen, dass sie vor anderen vorne an die Spitze in der Schlachtordnung gestellt sind, damit sie gegen das Reich des Satans tapfer streiten und die Grenzen des Reichs Christi weit und breit ausdehnen. Darum sollen sie dazu bereit und beherzt sein, alle Mühen auf sich zu nehmen, und Gefahren auszustehen.

4. Kein Kriegsmann flicht sich in Händel der Nahrung, auf dass er gefalle dem, der ihn angenommen hat.

Kein: Der Apostel fügt eine ernsthafte Ermahnung hinzu, als wollte er sagen: Die sich in den Krieg begeben, pflegen allgemein zur gleichen Zeit keinen Handel zu betreiben, oder Äcker anzubauen oder ein Handwerk zu verrichten, damit sie Geld damit verdienen, und sich zusammen mit ihren Angehörigen in der Form mit Nahrung versehen, sondern sie handeln so, dass sie ihrem Hauptmann und Obersten, von dem sie angenommen worden sind, gefallen können, indem sie seinem Befehl fleißig und treu nachkommen. Sie zweifeln auch nicht daran, dass der Hauptmann Nahrung, Besoldung und Belohnung für sie besorgen wird. So reicht es auch im Krieg nicht aus, dass sich jemand im Streit tapfer verhält und sich gegen den Feind gebrauchen lässt. Denn nicht alle, die streiten, sondern die recht nach dem Befehl ihres Obersten und mit beherzten Mut gegen den Feind kämpfen, werden mit Geschenken und Belohnungen geehrt. So soll sich auch ein Kirchendiener nicht in solche Streitereien mischen, die dazu dienen, das man viel Gut und Geld zusammenschart, und unterdessen die Geschäfte seines Berufs außer Acht lassen, oder diese doch mit geringem Ernst und Eifer verrichtet, sondern er soll seine geistliche Kriegsführung allen anderen Sachen vorziehen. Und wie es nicht damit ausgerichtet ist, dass man kämpft, wenn man nicht richtig kämpft, so werden die Kirchendiener keine Belohnung ihre Arbeit empfangen, die ihr Amt in der Kirche entweder Unrecht oder mit kaltem Herzen und fahrlässig verrichtet haben. Dies sollten diejenigen wohl bedenken, die die ganze Woche kein Buch ansehen, sondern sich mit anderen Sachen beschäftigen, und am Sonntag eine seltsame und durcheinander geworfene Predigt dem gemeinen, einfachen Volk, das ihnen anbefohlen ist, vorsprechen.

5. Und so jemand auch kämpft, wird er doch nicht gekrönt, er kämpfe denn recht.

6. Es soll aber der Ackermann, der den Acker baut, der Früchte am ersten genießen. Merke, was ich sage!

Es soll: Weil Timotheus hätte sagen können: Muss ich denn umsonst arbeiten? Und wer wird mich mit der notwendigen Nahrung versehen, wenn ich ständig mit den Kirchengeschäften umgehen soll? Dieser Einrede kommt Paulus zuvor und sagt: So wie es Gott der Herr will, dass der Bauer die Frucht seiner Arbeit vor den anderen genießt, so will er auch, dass die Kirchendiener für ihre Arbeit ihre Nahrung von der Kirche empfangen, die sie mit der gottseligen Lehre auf dem Acker des Herrn anbauen. Darum sollst du es richtig verstehen, was ich vorhin gesagt habe, dass ein rechtschaffener Soldat sich nicht damit beschäftigt, wie er seine Nahrung erwerben kann, damit du selbst nicht zu kurz kommst. Aber Gott der Herr wird dich mit seinem Geist regieren, dass du zu keiner Seite hinzu weit ausschreitest. So wie es nun einem Kirchendiener zusteht, dass er wacker und fleißig in seinem Amt ist, so soll die Kirche ihre Dankbarkeit gegenüber den treuen Lehrern und Seelsorgern erklären, dass sie nicht mit ihrem Personal Hunger und Mangel leiden, die den anderen die himmlische Weide im Übermaß vorstellen.

7. Der Herr aber wird dir in allen Dingen Verstand geben.

8. Halt im Gedächtnis Jesum Christus, der auferstanden ist von den Toten, aus dem Samen Davids, nach meinem Evangelium,

Halt: Der Apostel Paulus ermahnt Timotheus, nicht nur große Arbeit auszustehen, sondern auch die Verfolgungen zu erleiden, als wollte er sagen: Fasse dir selbst ein Herz gegen die Trübsal und die Verfolgungen aus dem Evangelium, das ich bisher gepredigt habe, und das du auch von mir gelernt hast. Ich habe gelehrt, dass Christus, der aus dem Geschlecht Davids als wahrer Mensch geboren, und unser Bruder ist, nicht nur für unsere Sünden gestorben, sondern auch vom Tod wieder auferstanden ist und den Tod so überwunden hat, dass er den Frommen nicht schaden kann. Denn auch sie werden zur ewigen Unsterblichkeit wieder auferstehen. Darum, auch wenn wir aus Dankbarkeit um Christi willen sterben müssen, so werden wir doch dabei keinen Verlust erleiden, denn wer sein Leben um Christi willen verliert, der wird es finden {Mt 10}. Deshalb soll uns das Evangelium Christi beherzt machen, wenn es notwendig ist, dass wir den Tod leiden müssen.

9. über welchem ich leide bis an die Bande als ein Übeltäter. Aber Gottes Wort ist nicht gebunden.

Übeltäter: Denn ich habe über dem Evangelium mancherlei Trübsal erduldet, und bin auch schließlich ins Gefängnis geworfen worden, als wenn ich eine große Übeltat begangen hätte, wo ich mir doch keiner bösen Sache bewusst bin. Denn die Kinder dieser Welt plagen die unschuldigen Christen und lassen daneben viele böse Buben und lasterhafte Menschen frei ausgehen.

Nicht gebunden: Obgleich ich gefangen bin, dass unterdessen die Lehre des Evangeliums in der Welt nicht ausgebreitet werden könnte. Denn obwohl die Verfolger der Wahrheit hoffen, dass sie den Lauf des Evangeliums mit Gefangenschaft und körperlichen Strafen behindern können, so ist es doch vergebens. Denn Christus dringt mit seinem Evangelium gegen ihren Willen durch.

10. Darum dulde ich alles um der Auserwählten willen, auf dass auch sie die Seligkeit erlangen in Christo Jesu mit ewiger Herrlichkeit {2Kor 4v15 Kol 1v24}.

Alles: Was mir über dem Evangelium Christi widerwärtiges begegnet ist habe ich bis hierhin alles, neben der vielen Arbeit und der großen Mühe in der Fortpflanzung des Evangeliums, erduldet und überstanden, damit die Auserwählten zur Erkenntnis der Wahrheit kämen, und ich erleide auch jetzt die Gefangenschaft, widersetzte mich nicht, zu sterben und das Leben darüber zu verlieren, damit die Auserwählten, wenn sie meine Standhaftigkeit in der christlichen Religion sehen, auch im wahren Glauben standhaft ausharren und die ewige Herrlichkeit, die Christus ihnen erworben hat, erlangen. Paulus wollte aber mit diesen Worten nicht lehren, dass er etwas für die Kirche gelitten hätte, wodurch ihre Sünden abgebüßt und bezahlt würden. Dies sei allein Christi Aufgabe gewesen. Sondern er erinnert daran, dass die Seligkeit unseres Nächsten uns dermaßen angelegen sein soll, dass, wenn es unsere Aufgabe erfordert, wir uns auch nicht weigern zu sterben, wenn dadurch die Seligkeit anderer Menschen gefördert werden kann.

11. Das ist je gewiss wahr: Sterben wir mit, so werden wir mit leben {Röm 6v5 8v17 2Kor 4v10 1Petr 4v13};

Das: Paulus fährt weiter fort, Timotheus zur Beständigkeit im Bekenntnis der reinen Lehre zu ermahnen.

Leben: Und der ewigen Freude mit ihm teilhaftig werde. Denn Christus sagt: Vater, ich will, dass wo ich bin, auch die sind, die du mir gegeben hast {Joh 17}.

12. dulden wir, so werden wir mit herrschen; verleugnen wir, so wird er uns auch verleugnen {Lk 12v9}.

Auch verleugnen: Vor seinem himmlischen Vater. Denn wer Frau, Kinder und Güter oder auch sein eigenes Leben mehr liebt, als Christus, der ist es nicht wert, dass er mit Christus regiert {Mt 10v33}.

13. Glauben wir nicht, so bleibt er treu; er kann sich selbst nicht verleugnen {Röm 3v3}.

Treu: Und wahrhaftig in seinen Verheißungen, dass er sie nicht aufhebt oder widerruft.

Nicht leugnen: Es würde so aussehen, dass Christus sich selbst verleugnet, wenn er auf der einen Seite von den Verheißungen abweichen würde, in denen er den bußfertigen Sündern Verzeihung versprochen hat. Darum, obwohl wir gelegentlich vom Glauben abweichen und ihn verlieren so bleibt er doch nichtsdestotrotz beständig, um seine evangelische Verheißung einzuhalten, dass er denen, die rechtschaffene Buße tun die Sünden verzeiht, und sie in Gnade wieder aufnimmt. Denn Christus sagt nicht zu den Sündern, die sich wieder zu ihm bekehren: Du hast mir nicht den Glauben gehalten, darum will ich dir wiederum nicht Glauben halten, dass ich dich selig mache. Es mischt aber Paulus diesen Trost noch eine ernsthafte Ermahnung mit unter, damit die, die aus der Schwäche des Fleisches fallen könnten und durch die Buße wieder aufstehen möchten, nicht verzweifeln. Denn wir sollen diese ständig wahrnehmen, damit sie nicht letztendlich ins ewige Verderben fallen, die der Satan in eine schwere Sünde gestürzt hat. Das hat auch Johannes mit seinen Zuhörern behandelt, als er sagte: Meine Kinder, dies schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt. (Gleich darauf folgt der Trost). Oder auch wenn jemand sündigt, haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, der gerecht ist, und dieser ist die Versöhnung für unsere Sünden, nicht allein nur für unsere, sondern auch für die Sünden der ganzen Welt {1Joh 2}.

14. Solches erinnere sie und bezeuge vor dem Herrn, dass sie nicht um Worte zanken, welches nichts nütze ist, denn zu verkehren, die da zuhören {1Tim 6v4}.

Erinnere sie: Deine Gehilfen und Zuhörer, und halte es Ihnen mit Ernst vor, damit sie aus Furcht der Strafe die christliche Religion nicht fahren lassen, wenn sie aber gefallen sind, dass sie nicht verzagen.

Bezeuge: Dass du sie mit einer öffentlichen Beschuldigung ernsthaft ermahnst.

Worte zanken: Denn wo man sich in geistlichen und göttlichen Handlungen in der Sache einig ist, da soll man nicht um Wörter streiten, weil aus solchen Diskussionen und Streitereien die Zuhörer nicht gebessert, sondern vielmehr geärgert werden, sich selbst ans Zanken gewöhnen, und unterdessen das, was zur wahren Gottseligkeit dienlich ist, nicht beachten. Es verbietet Paulus jedoch nicht, dass ein Kirchendiener die Ketzer nicht mit Diskussionen überwinden könnte. Doch soll man damit maßhalten, nach der Lehre: Einen ketzerischen Menschen meide, wenn er das eine und das andere Mal ermahnt worden ist {Tit 3}. Es erscheint aber an dieser Stelle, dass bereits zu den Zeiten Apostels Paulus es etliche gegeben hat, die sich mit spitzfindigen Fragen und Diskussionen und um ihre Kunst zu zeigen, sich hervorgetan haben. Diese Torheit ist für die Kirchen sehr schädlich.

15. Befleißige dich, Gott zu erzeigen einen rechtschaffenen, unsträflichen Arbeiter, der da recht teile das Wort der Wahrheit.

Befleißige dich: Und strebe danach, dass du dich selbst vor den Augen Gottes als ein treuer und bewährter Arbeiter darstellst, der seine Aufgabe so verrichtet, dass er vor Gott und vor den Menschen gut bestehen kann. Beachte, dass du die himmlische Lehre recht und ordentlich abhandelst und nicht untereinander vermischst, was unterschieden sein soll, noch was zusammengehört, trennst und voneinander reißt. Es hat den Anschein, als ob der Apostel damit auf die Priester des Alten Testaments hinweist, die die Opfer auf eine besondere Art kunstvoll zerlegten. Und die Kirchendiener werden erinnert, dass sie deutlich und unterschiedlich ihre Lehre vorbringen sollen, und die Hauptstücke der christlichen Lehre ordentlich abhandeln, und dass eine mit dem anderen nicht verwirren, wie im Papsttum eine solche Verwirrung des Gesetzes und des Evangeliums stattgefunden hat, wo man das Evangelium in das Gesetz verwandelt hat. Eine solche Verwirrung und Unordnung gibt es auch, wenn die Sakramentierer die Sakramente des alten und des Neuen Testamentes miteinander vermischen, und aus der Lehre von den Sakramenten des Alten Testaments anzeigen wollten, was man von den Sakramenten des Neuen Testamentes halten und glauben soll. Die gleiche Verwirrung findet sich auch bei den Wiedertäufern, wenn sie, was Christus von der eigenen Rache zu meiden gelehrt hat, auch auf das Amt der Obrigkeit deuten, und dergleichen andere Dinge mehr, die sich nicht zusammenreimen. Darum ist es notwendig, dass man in der göttlichen Lehre einen Unterschied macht, der jedoch auch vorsichtig gehandhabt werden soll. Und die Kirchendiener sollen nicht nur vor Augen dienen, sondern von Herzen in der Kirche ihr Amt verrichten und wissen, dass Gott alles gegenwärtig sieht.

Teile: Nach Luther: Dass er nicht das Gesetz und das Evangelium miteinander vermischt, sondern treibe das Gesetz gegen die Rohen, Harten, Bösen und werfe sie unter das weltliche Recht oder in den Bann. Aber die Blöden, Betrübten, Frommen tröste er mit dem Evangelium.

16. Des ungeistlichen; losen Geschwätzes entschlage dich; denn es hilft viel zum ungöttlichen Wesen {1Tim 6v20}.

Entschlage dich: Und verhüte, dass du mit Lehren denen nicht nachfolgst, die um geistliche Sachen, die dazu nichtig und falsch sind, nicht unter die christliche Religion mit einmischen und diese so verfälschen. Denn dadurch werden die Zuhörer nicht gebessert, sondern vielmehr schlechter und böser gemacht. Und ein solcher Sauerteig der Lehre schleicht in der Kirche immer weiter herum, dass viele davon eingenommen werden. So wie die Krankheit, die man den Krebs nennt, im menschlichen Leib immer weiter um sich greift und die Glieder mit einem tödlichen Gift verdirbt. Solche gottlosen Menschen sind Hymenäus und Philetus, die die christliche Lehre von der Auferstehung der Toten verfälscht haben und die Auferstehung nicht auf den Leib, sondern nur auf die Seele deuten, als ob die Auferstehung der Toten durchaus nichts anderes sei als eine Verbesserung des Wandels vom Bösen zum Guten. Diese verfehlen nicht nur den Zweck der Wahrheit sehr weit, sondern verführen auch andere und haben bereits etliche verdorben, dass sie die Reinheit der christlichen Religion verloren und in verdammenswerte Irrtümer gefallen sind. Das ungeistliche, lose Geschwätz nennt Paulus an dieser Stelle die falsche und gottlose Lehre, wodurch die Reinheit der christlichen Religion verfälscht und verdorben wird. Dies wird in der Kirche ausgesprochen, wenn entweder die Lehrer oder die Zuhörer unter das Wort Gottes menschliche Fantasien und Gedanken aus der Philosophie oder Naturwissenschaft mit untermischen. Solch eine falsche Lehre macht auch gottlose und ungeistliche Herzen. Und es bleibt dies nicht nur bei einem oder zweien, sondern es kriecht in der Kirche heimlich herum und vergiftet einen großen Teil derer, ehe es die Lehrer gewahr werden. Die ungeistliche und falsche Lehre kommt aber den Seelen zu ihrem eigenen Verderben, besonders die, die gegen den Grund der christlichen Religion streitet. Darum soll ein Kirchendiener über die Herde, die ihm anbefohlen ist, fleißig wachen.

17. Und ihr Wort frisst um sich wie der Krebs, unter welchen ist Hymenäus und Philetus {1Tim 1v20},

18. welche der Wahrheit gefehlt haben und sagen, die Auferstehung sei schon geschehen, und haben etlicher Glauben verkehrt {1Kor 15v12}.

19. Aber der feste Grund Gottes besteht und hat dieses Siegel: Der Herr kennt die Seinen, und: Es trete ab von Ungerechtigkeit, wer den Namen Christi nennt {4Mos 16v5 v21 v26 Joh 13v18 Röm 8v29}.

Aber: An dieser Stelle hätte jemand einwenden können: Wenn es so zugeht, wer kann denn dann selig werden? Und wer kann es ausreichend abwehren, dass nicht etliche Glieder der Kirchen heimlich mit einer falschen Lehre eingenommen werden? Dem setzt Paulus einen Trost entgegen und sagt: Der Grund ist bei Gott fest und unbeweglich, und wie ein Siegel, womit die Briefe oder Ausschreibungen bestätigt werden, dass Gott alle am besten kennt, die er zum ewigen Leben verordnet hat. Die darunter fallen, die werden entweder durch eine falsche Lehre nicht verführt, oder verharren doch in einem verdammenswerten Irrtum bis ans Ende. Jedoch, wer sich dazu bekennt, dass er Christus angehört, der hüte sich vor aller Verfälschung der Lehre und vor verkehrtem Wandel auf das fleißigste. Denn die gottlose Lehre und ein lasterhaftes Leben können nicht bei einem wahren und selig machenden Glauben sein.

Nennt: Nach Luther: Das ist: Predigt, rühmt und anruft.

20. In einem großen Hause aber sind nicht allein goldene und silberne Gefäße, sondern auch hölzerne und irdene und etliche zu Ehren, etliche aber zu Unehren {Röm 9v21}.

In: Damit sich keiner wundert, wie es möglich ist, dass in der Kirche Gottes, die doch sein Haus ist, es böse und gottlose Menschen unter den Frommen gibt, so verweist der Apostel Paulus mit einem Gleichnis auf dieses Ärgernis.

Zur Unehre: Nachdem sie zu der einen oder anderen Handlung gebraucht werden. Denn ein goldener oder silberner Becher wird zu einer anderen Sache verwendet, als ein anderes Geschirr. So sind auch in dem großen Haus Gottes, die seine Kirche ist viele und mancherlei Geschäfte, nämlich fromme und gottselige und dann auch böse und gottlose Menschen. Und die guten Geschäfte werden bei Gott in hohem Wert gehalten, durch deren Erhaltung und Seligmachung Gott der Herr seine Barmherzigkeit erklärt. Die minderwertigen und unreinen Geschäfte werden jedoch von Gott verachtet, er wirft sie zu seiner Zeit weg und zeigt in ihrer Strafe seine Gerechtigkeit.

21. So nun jemand sich reinigt von solchen Leuten, der wird ein geheiligtes Fass sein zu Ehren, dem Hausherrn brauchbar und zu allem guten Werk bereitet.

Solchen Leuten: Die in der Lehre und im Wandel verdorben sind, dass er sich von ihrer falschen Lehre und ihrem gottlosen Wandel abzieht.

Fass sein: Und unter die köstlichen Gefäße gerechnet werden.

Bereitet: Dass Gott ein solches Gefäß wie einen sauberen und guten Hausrat gebrauchen und dadurch allerlei gute Werke verrichten kann. Die deswegen von den Irrtümern abstehen und ihr Leben bessern, die werden wegen der vorangegangenen Irrtümer und Übertretungen von Gott nicht verworfen, sondern in Gnade aufgenommen und unter die heiligen und reinen Gefäße gezählt und aufbewahrt.

22. Flieh die Lüste der Jugend! Jage aber nach der Gerechtigkeit, dem Glauben, der Liebe, dem Frieden mit allen, die den Herrn anrufen von reinem Herzen.

Der Jugend: Wozu die Jugend besonders geneigt ist, wie zum Beispiel Unzucht, Völlerei, Üppigkeit und dergleichen. Denn jedes Alter hat seine besonderen Mängel, zu denen sie vor anderen geneigt sind. Den Kindern hängt die Widerspenstigkeit an, die jungen Gesellen werden von der Unzucht gereizt, das männliche Alter wird mit dem Ehrgeiz geplagt, alte Menschen sind geizig und mürrisch, darum sollen wir uns vor denen umso fleißiger hüten, von denen wir, nach Gelegenheit des Alters, am meisten angefochten und gereizt werden.

Gerechtigkeit: Dass du in all deinen Handlungen dem nachstrebt, was recht und billig ist. Diese und die folgenden Tugenden stehen jedem Christen, besonders aber einem Kirchendiener gut zu Gesicht.

Glauben: Dass du dich mit festem Vertrauen auf die Barmherzigkeit und Güte Gottes verlässt. Unter dem Wort Glauben wird auch die Hoffnung mit inbegriffen.

Liebe: Dass du deinen Nächsten von Herzen alles Gute zu erweisen dich bemühst.

Friede: Dass du friedlich leben möchtest mit denen, die Christus aus reinem Herzen dienen. Mit denen aber, die die christliche Religion verkehren und verfälschen, kann und soll ein getreuer Kirchendiener keinen Frieden halten.

23. Aber der törichten und unnützen Fragen entschlage dich; denn du weißt, dass sie nur Zank gebären {1Tim 1v4 4v7 Tit 3v9}.

Unnütze Fragen: Die weder zur guten Zucht dienen noch der heilsamen Lehre ähnlich sind.

Nach Luther: Die weder zur Lehre noch zur Besserung des Lebens dienen.

Zank gebären: Und nichts erbauen. Es ist aber der Vorwitz und der Mutwillen der Menschen sehr groß, dass sie, was ihnen Gott zu lernen vorgibt, und was auch nützlich und notwendig ist, zu wissen, allgemein verachten und hingegen Dinge wissen möchten, die zu nichts nutze sind, und auch nicht notwendig. Daher wird zu Recht gesagt: Was wir benötigen wissen wir nicht, weil wir unnötige Sachen gelernt haben.

24. Ein Knecht aber des Herrn soll nicht zänkisch sein, sondern freundlich gegen jedermann, lehrhaft, der die Bösen tragen kann mit Sanftmut {1Tim 3v2 Tit 1v9}.

Lehrhaft: Der gut und verständlich lehren kann, auch zum Lehren geneigter ist, als zum Streiten.

Mit Sanftmut: Denn mit denen, die der Wahrheit aus Unwissenheit widerstreben, muss man langsam und vorsichtig umgehen, in der Hoffnung, Gott werde ihnen die Gnade seines Heiligen Geistes verleihen, dass sie zu Gott bekehrt werden und die Wahrheit der himmlischen Lehre erkennen und annehmen.

25. und strafe die Widerspenstigen, ob ihnen Gott einmal Buße gäbe die Wahrheit zu erkennen,

26. und wieder nüchtern würden aus des Teufels Strick, von dem sie gefangen sind zu seinem Willen.

Gefangen sind: Denn die Menschen, die in Irrtümern stecken und damit geblendet worden sind, sind wahrhaftig in die Fallstricke des Teufels verwickelt, woraus sie sich selbst nicht befreien können, und der Satan führt sie nach seinem Wohlgefallen gefangen herum, wohin er will, von einem Irrtum zum anderen, wie auch von einer Sünde in die andere. Darum sollen wir Gott anrufen, dass er uns nicht in die Stricke des Teufels fallen lässt. Diejenigen aber, die darin gefangen sind, sollen wir mit dem Wort Gottes und durch das Gebet, herauszuwickeln und freizumachen uns bemühen. Dies wird uns umso leichter gelingen, wenn wir bereit sind, viel mehr zu lehren, als zu streiten. Doch gelegentlich werden die Lehrer von einem göttlichen Eifer aufgebracht, dass sie die Feinde der reinen Lehre mit großem Ernst anfahren. Dies sollte jedoch selten geschehen.


Das 3. Kapitel

  • Paulus weissagt, was bald nach seinem Tod für ein Zustand in der Kirche vorhanden sein wird. Und er beschreibt die Heuchler und die Verstockten nach ihrer Art und dem gemeinsamen Kennzeichen, setzt auch Beispiele solcher schädlichen Menschen hinzu.
  • Danach rühmt er Timotheus wegen seiner Geduld in Trübsalen.
  • Er ermahnt ihn auch, dass er die einmal angenommene Lehre standhaft bekennen und die Heilige Schrift, der er ein herrliches Lob verleiht, fleißig studieren soll.

1. Das sollst du aber wissen, dass in den letzten Tagen werden gräuliche Zeiten kommen {Eph 5v16 1Tim 4v1 2Petr 3v3 Jud 1v18}.

Das: Paulus verkündigte zuvor, wie die Bosheit der Menschen im letzten Teil der Welt sein wird und ermahnt nicht nur Timotheus, sondern auch alle getreuen Kirchendiener zur gottseligen Beständigkeit, dass sie dennoch unter so viel Unrecht ihr Amt unverdrossen verrichten sollen.

Letzten Tage: Wenn die Welt sich ihrem Ende nähern wird.

Gräuliche Zeit: Wenn denjenigen, die gottselig leben wollen, besonders aber den frommen Kirchendienern viele beschwerliche Dinge begegnen werden. Denn je näher die Welt ihrem Ende entgegengeht, umso schlimmer wird sie.

2. Denn es werden Menschen sein, die von sich selbst halten, geizig, ruhmsüchtig, hoffärtig, Lästerer, den Eltern ungehorsam, undankbar, ungeistlich,

Selbst halten: Sie gefallen sich selbst sehr gut, und alles was sie tun erscheint ihnen richtig, und sie möchten keinen Meister über sich haben.

Geizig: Der Geiz ist aber eine Wurzel allen Übels {1Tim 6}.

Ruhmsüchtig: Diese halten mehr auf sich selbst, als es sich gebührt und verachten andere neben sich.

Lästerer: Die die Bosheit ihrer Herzen mit gottlosen und lasterhaften Reden von Religionssachen zu erkennen geben. Sie reden auch von der Obrigkeit und anderen frommen Menschen schimpflich und verächtlich.

Ungehorsam: Man kann aber nicht glauben, dass diejenigen Gott fürchten, die sich dem Joch ihrer Eltern entziehen und ihnen keine Ehre erweisen.

Undankbar: Gegenüber den Wohltätern. Die Undankbarkeit aber ist das schändlichste Laster, und man kann jemanden nicht schlimmer schimpfen, als wenn man ihn undankbar nennt.

Ungeistlich: Die alle Scham abgelegt haben und denen keine Bosheit zu groß ist.

3. störrig, unversöhnlich, Schänder, unkeusch, wild, ungütig,

Störrisch: Die alle guten Neigungen, die von Gott der Natur eingepflanzt sind aus dem Sinn schlagen. Denn diese achten weder auf die Eltern, noch auf Frau oder Kinder, auch nicht auf andere Verwandte, sodass sie auch gegen diese grausame Wüterei betreiben.

Unversöhnlich: Wenn sie einmal erzürnt sind, legen sie die Feindschaft und die Rachgier nicht ab.

Schänder: Oder Verleumder, die, was recht und gut geredet oder getan ist in böser Weise verkehren und alle auf das Schlechteste deuten, bisweilen auch gewaltige Lügen mit unterstreuen.

Unkeusch: Die sich mit allerlei Unzucht beflecken und weder innerhalb noch außerhalb der Ehe Keuschheit halten.

Wilde: Die sich zu keiner Barmherzigkeit bewegen lassen noch Mitleid mit anderen Menschen in ihrer Trübsal haben.

Ungütig: Die nichts Gutes tun wollen, und sich nicht um fromme Menschen verdient machen möchten.

4. Verräter, Frevler, aufgeblasen, die mehr lieben Wollust denn Gott,

Verräter: Die heimlichen Dinge und Sachen, die man verschweigen sollte, und die mit großem Schaden, oder auch mit großer Gefahr des Nächsten einhergehen, anderen offenbaren, denen es nicht gebührt, dies zu wissen, und die unschuldigen Menschen in die Hände ihrer Feinde ausliefern. Diese sind denen gleich, die es heimlich mit den Feinden der reinen Lehre halten, und mit ihnen unter einer Decke stecken.

Frevler: Die unbedacht hereinplatzen, reden und tun dürfen, was ihnen in den Sinn kommt, ungeachtet, ob ihnen daraus ein Schaden entsteht oder nicht.

Aufgeblasen: Die mit einer vermeintlichen Weisheit, Kunst, Reichtum oder Gewalt prangen und sich nichts sagen lassen oder sich nicht belehren lassen, sondern mit großem Stolz und Übermut sich über die anderen erheben.

Denn Gott: Es sind solche, die mit Fleiß und aus freiem Willen viel lieber Gottes Kunst und Gnade verlieren wollen, als auf die zeitliche Wollust zu verzichten. Darum verleugnen sie auch bisweilen die rechte Religion, nur damit sie entweder ihre Wollust behalten, oder eine neue erlangen.

5. die da haben den Schein eines gottseligen Wesens, aber seine Kraft verleugnen sie. Und solche meide {Tit 1v16}!

Schein: Sie wollen nicht dafür angesehen werden, als ob sie der Gottseligkeit den Rücken gewendet hätten und sich zu der Rotte der Sicheren geschlagen hätten, stellen sich nach außen hin fromm, geben aber mit ihren Handlungen ausreichend zu verstehen, dass in ihrem Herzen der rechte Glaube nicht fest ein gewurzelt ist. Denn es ist nicht derjenige fromm, der sich mit Worten fromm stellt, jedoch mit der Tat ein gottloses Gemüt zu erkennen gibt. Paulus spricht an dieser Stelle jedoch nicht nur von den einfachen Zuhörern, sondern auch und zwar besonders von den Sektierern, die sich zu lehren unterstanden, wo sie doch keinen ordentlichen Beruf haben, so wie heutzutage die Irrgeister, wie die Wiedertäufer und Schwenkfelder es auch sind.

6. Aus denselben sind, die hin und her in die Häuser schleichen und führen die Weiblein gefangen, die mit Sünden beladen sind und mit mancherlei Lüsten fahren,

Schleichen: Und dort ihre falsche Lehre heimlich ausbreiten.

Lüsten fahren: Das ist: Die bisher ihren bösen Begierden auf mancherlei Weise nachgegangen sind. Solche Frauen und ihres gleichen närrischen Menschen, geben den verführerischen Lehrern Gehör, und sind sie einmal Anhänger von diesem, bald darauf von einem anderen, obwohl diese nicht die gleiche Lehre führen.

7. lernen immerdar und können nimmer zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.

Wahrheit kommen: Sondern nehmen jetzt diese, dann jene Lehre an und verfehlen unterdessen die reine evangelische Lehre. Dies pflegt auch heutzutage noch zu geschehen. Denn weil etliche, nach der geoffenbarten reinen Lehre des Evangeliums dennoch eine Zeit lang ein unordentliches Wesen und Leben geführt haben, und in den oben gemeldeten Lastern gelegen waren, werden sie einmal wie in einer Entzückung bekehrt, wie sie es meinen, das bedeutet: Sie werden Wiedertäufer oder Schwenkfelder, und enthalten sich zwar öffentlich von den aufgezählten Lastern, daneben aber verachten sie alle anderen Leute mit großem Stolz und Übermut, die ihren schwärmerischen Fantasien keinen Beifall zollen, und halten sie für lasterhafte, gottlose Menschen. Deren Bekehrung ist also so beschaffen, als wenn früher aus einem Zöllner ein Pharisäer geworden wäre, also aus einem rohen Menschen ein Heuchler. Danach schleichen diese Heuchler in der Kirche heimlich herum und predigen bei Dunkelheit in den Häusern, oder bei Tag in den Wäldern und überreden die elenden Leute, die sich mit großen Lastern besudelt haben, zu einer solchen Bekehrung, wie sie ihnen auch geschehen ist. Wenn also diese vom Satan so geblendet sind, so werden sie von einem Irrtum in den anderen gestürzt, und fallen von einer Sekte zur anderen und wieder zurück, in der Meinung, sie würden eine bessere und heiligere finden. Sie ähneln anderen vorwitzigen Menschen, indem sie etliche Bücher aus den Sekten mit großer Begierde, aber ohne rechten Grund und Verstand lesen, weil sie der rechten Lehre überdrüssig geworden sind, und schließlich so weit kommen, dass sie nicht wissen, was sie glauben oder was sie verwerfen sollen. Und dies widerfährt ihnen aus gerechtem Urteil Gottes, weil sie mit dem Brot des Himmels (der reinen Lehre des Evangeliums) nicht zufrieden sind, sondern sie möchten Fleisch, das bedeutet, eine fleischliche Lehre, die ihrer fleischlichen Vernunft besser zusagt.

8. Gleicherweise aber, wie Jannes und Jambres dem Mose widerstanden, also widerstehen auch diese der Wahrheit; es sind Menschen von zerrütteten Sinnen, untüchtig zum Glauben {2Mos 7v11 Röm 1v28 1Tim 6v5}.

Widerstanden: Indem sie mit ihrer teuflischen Verblendung dem äußeren Anschein nach dem Moses etliche Wunderwerke nachgemacht hatten, und den König Pharao so blenden, dass er dem Wort Gottes, welches ihm Mose vorhielt, weder glaubte noch gehorchte.

Der Wahrheit: Mit ihrem unnützen Geschwätz und ihren hochtrabenden Worten, dass sie ihre Zuhörer, die sie einmal betört haben, in dem von Ihnen empfangenen Irrtum halten. So groß ist die Halsstarrigkeit der sektiererischen Menschen, dass sie wahrhaft geblendet auch den öffentlichen Zeugnissen der Schrift nicht glauben, sondern verstockt sind wie der Pharao, und sich von ihren falschen Vorstellungen nicht abwendig machen lassen. Darum befiehlt Paulus, dass man einen ketzerischen Menschen, wenn er ein und das andere Mal ermahnt worden ist, meiden soll {Tit 3}. Was aber die Zauberer betrifft, so werden diese zwar in der Heiligen Schrift des Alten Testamentes nicht erwähnt, aber Paulus hat sie zweifellos aus einer anderen Schrift oder aus einer allgemeinen Sage mit aufgeführt. Jedoch ist damit der Schrift nichts genommen, und es fehlt darin nichts, was uns zu unserer Seligkeit zu wissen nötig ist.

Zerrütteten Sinnen: Solche Menschen, die wie die Schlangen herumschleichen, und das Ansehen haben, als wären sie verändert und erstarrt. Denn ihr Gemüt wird so sehr verkehrt, dass diejenigen, die sie zuvor gekannt haben, sagen, sie müssen wohl nicht mehr recht bei Sinnen sind, weil sie keine Rede mehr ordentlich vorbringen oder verstehen können. An vielen wird auch das äußere Ansehen ganz anders, dass man aus ihrem Gesicht und ihren Gebärden leicht abnehmen kann, was es für Schwindelhirne sind.

Untüchtig: Sie sind nicht mehr so veranlagt, dass sie dem Wort Gottes glauben könnten. Denn was sich mit ihren gefassten Wahnvorstellungen nicht reimt, das verwerfen sie, oder tun so, als hätten sie es nicht gehört. So können auch die Zwinglianer, Wiedertäufer und Schwenkfelder den Worten Christi nicht glauben, wenn er sagt: Das ist mein Leib.

9. Aber sie werden es die Länge nicht treiben; denn ihre Torheit wird offenbar werden jedermann, gleichwie auch jener war {2Mos 7v12 8v18 9v11}.

Nicht treiben: Und die Menschen mit ihrer Heuchelei und falschen Lehre nicht ständig betrügen.

Torheit: In geistlichen Sachen, in denen sie ebenso wenig verstehen, wie ein Narr in weltlichen.

Offenbar werden: Und an den Tag gekommen, damit sie von verständigen und fremden Menschen erkannt und gemieden werden.

Jener war: Der Betrug der ägyptischen Zauberer. Denn diese Zauberer konnten keine Läuse hervorbringen, wie es Moses getan hatte, sondern mussten von den Wunderwerken Moses bekennen, dass es göttliche Werke waren und sagten: Das ist Gottes Finger {2Mos 8}. Und als Moses es schaffte, dass die Ägypter böse Ausschläge bekamen, wurden auch die Zauberer mit solchen Ausschlägen heftig geplagt, und konnten nicht (so sagt es die Schrift) vor Moses stehen wegen ihrer Ausschläge, die an ihnen waren {2Mos 9}. So hat auch der Ausgang schließlich ergeben, wie schädlich die Blendungen der Zauberer gewesen sind, womit sie den König Pharao beteuerten, dass wegen dessen Verstocktheit beinahe ganz Ägypten untergegangen wäre, bevor er das Volk Israel freigelassen hatte. Denn obwohl die Sektierer eine Zeit lang viele blenden und verführen, so wird doch mit der Zeit ihre Bosheit und ihr Betrug an den Tag kommen. So ist die unsinnige Weise und die Fantasien der Wiedertäufer jedermann in der Belagerung in Münster offenbar geworden, als man augenscheinlich sehen konnte, wie die Wiedertäufer von einem aufrührerischen und schandlosen Teufel getrieben worden sind. Auch die Torheit anderer Ketzer ist zum Teil offenbar geworden, dass sie einen abscheulichen Namen auf der Erde hinterlassen haben, und zum Teil wird es noch an den Tag kommen.

10. Du aber hast erfahren meine Lehre, meine Weise, meine Meinung, meinen Glauben, meine Langmut, meine Liebe, meine Geduld,

Du aber: Paulus verweist den Timotheus auf sein Beispiel, dem er folgen soll, weil er in der himmlischen Wahrheit bestanden und unsträflich gelebt hat, und viele Widerwärtigkeiten für die Ehre Christi standhaft, und mit Geduld überwunden hat.

Meine Lehre: Welche dir in allen Artikeln am besten bekannt ist, darin verharre beständig.

Weise: Wie ich mich sowohl nach dem Verstand als auch nach den Gelegenheiten meiner Zuhörer gerichtet habe, dass sie es begreifen konnten.

Meinung: Und Vorsatz, dass ich nichts, als die Ehre Christi und die Erbauung der Kirche gesucht habe.

Glauben: An Christus, wie ich diesen beständig behalten habe.

Langmut: Die Bösen zu dulden, ob sie sich nicht bessern und frömmer werden könnten.

Liebe: Womit ich mich bemüht habe, allen zu dienen und jedermann Gutes zu tun.

Geduld: In Widerwärtigkeiten, die dir auch nicht unbekannt ist.

11. meine Verfolgung, meine Leiden, welche mir widerfahren sind zu Antiochien, zu Ikonien, zu Lystra, welche Verfolgung ich da ertrug: und aus allen hat mich der Herr erlöst {Apg 13v50 14v1 v2 v5 v19}.

Verfolgung: Die ich an vielen Orten erlitten und überstanden habe.

Leiden: Die mir heftig zugesetzt haben, und die ich um Christi willen erduldet habe.

Lystra: Wo ich durch die Anstiftung der Juden von Antiochia und Ikonien gesteinigt worden bin {Apg 14}.

Erlöst: Dass ich bis hierhin noch in keiner Gefahr oder Trübsal zugrunde gegangen bin. Derselbe gütige Vater im Himmel wird auch dir beistehen, sofern du nur das Evangelium standhaft und rein lehrst, gottselig lebst und dich nicht weigerst, die Verfolgungen um Christi willen mit standhaften Gemüt auszustehen. Deswegen soll ein Diener des göttlichen Wortes recht lehren, sich nach dem Verstand seiner Zuhörer richten, sich um die Ehre Christi und die Erbauung der Kirche allein bemühen, seinen Glauben vor der Welt unerschrocken bekennen, die Bösen dulden in der Hoffnung auf ihre Besserung, sich langmütig erzeigen, die Liebe gegenüber dem Nächsten in der Tat beweisen, Geduld in Widerwärtigkeiten behalten, die Verfolgungen um Christi und der Gerechtigkeit willen auszustehen, bereit sein, und schließlich sich in seinem ganzen Leben so verhalten, dass die anderen Kirchendiener und seine Zuhörer ihm sicher und löblich folgen können. Er soll aber dessen sicher sein, dass er Gott als Beistand und Schutz hat, der ihn zur ewigen Freude und Seligkeit bringen wird.

12. Und alle, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, müssen Verfolgung leiden {Ps 34v20 Apg 14v22}.

Und alle: Dies fügt Paulus hinzu, damit nicht jemand glauben könnte, es stünde nur allein den Kirchendienern zu, dass sie Verfolgungen erleiden müssten. Denn diejenigen, die sich ihrem Heiland Christus vollständig ergeben haben, dass sie an ihn glauben, und nach seinem Willen ein gottseliges Leben führen, die werden von der Welt angefochten und geplagt. Und obwohl in der Kirche nicht ständig eine äußere Verfolgung wegen der Lehre des Evangeliums geschieht, denn Gott gibt der Kirche zuweilen etliche Jahre lang auch Frieden und Ruhe, so hasst die Welt jedoch die rechten Christen immer, weswegen sie allerlei Widerwärtigkeiten ausstehen müssen, wenn auch keine öffentliche Verfolgung wegen der Religion vorhanden ist. Und wo die Kinder dieser Welt den rechten Christen auf die Füße treten können, da tun sie es.

13. Mit den bösen Menschen aber und verführerischen wird es je länger, je ärger, verführen und werden verführt.

Bösen Menschen: Die verkehrt und verstockt sind und in deren Herzen keine wahre Gottseligkeit mehr ist.

Verführerischen: Welche sich entweder falsche Lehren ausdenken, oder solche, die von anderen ausgedacht worden sind, verbreiten.

Werde verführt: Denn die von anderen in einen Irrtum verführt worden sind, die behalten ihn nicht für sich selbst alleine, sondern möchten auch andere dazu verführen. Die deswegen in diesem Stück verkehrt sind, dass ihnen nicht mehr zu helfen ist, die sollen von der Kirche ausgeschlossen und in den Bann getan werden, damit sich andere vor ihnen hüten können. Und dies geschieht allgemein, dass die in einen Irrtum geraten sind, danach in viele andere Irrtümer fallen. Denn ein Irrtum bleibt selten allein.

14. Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast und dir vertraut ist, weil du weißt, von wem du gelernt hast.

Vertraut ist: Nämlich die Geheimnisse der christlichen Religion, dass du sie deinen Zuhörern vorhältst und erklärst.

Gelernt hast: Nämlich von dem, der in den dritten Himmel entzückt worden ist und seine Lehre mit herrlichen Wunderwerken bestätigt hat (hier meint Paulus sich selbst). Darum kannst du dich auf diese Lehre fest gründen. Denn von einem Kirchendiener wird gefordert, dass er standhaft ist, und nicht aus Leichtfertigkeit von einer Lehre zur anderen abweicht, oder wegen eines Gewinns, und dass er zu großen Ehren kommen könnte, bald diese, bald jene Lehre annimmt.

15. Und weil du von Kind auf die Heilige Schrift weißt, kann dich dieselbe unterweisen zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesum.

Kind auf: Denn die Mutter des Timotheus war ein jüdisches, gottseliges Weib gewesen, weshalb sie ihren Sohn in den prophetischen Schriften fleißig unterrichten ließ.

Christus Jesus: Denn dieser Glaube bringt die ewige Seligkeit mit sich, wodurch wir an Christus, unseren Mittler, glauben. Und die Schriften des Alten Testaments zeigen keinen anderen Weg zum Himmel, als die im Neuen Testament, weil sie uns zu einen Mittler Christus weisen. Doch wird es im Neuen Testament heller und deutlicher gelesen, was im Alten Testament etwas dunkel vorgebracht worden ist. Und die Eltern handeln löblich, die ihre Kinder von Jugend an die Heilige Bibel zum Lesen vorlegen. Denn so hören sie später die Predigten des göttlichen Wortes mit umso größerem Nutzen.

16. Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nutze zur Lehre, zur Strafe, zur Besserung, zur Züchtigung in der Gerechtigkeit {2Petr 1v20 v21},

Denn: Jetzt rühmt Paulus die Heilige Schrift allgemein, sowohl die prophetischen und apostolischen Schriften des Alten und Neuen Testaments.

Zur Lehre: Was man in Religionssachen glauben und wie man gottselig leben soll.

Strafe: Die Irrtümer und Sünden, die sich in der Kirche finden.

Besserung: Bei denen, die eine Besserung nötig haben.

Gerechtigkeit: Dass die Christen unterrichtet werden, wie jeder in seinem Beruf gottselig leben muss, damit er ein gerechtes und unsträfliches Leben führt.

17. dass ein Mensch Gottes sei vollkommen, zu allem guten Werk geschickt.

Geschickt: Das ist: Damit ein gottseliger Mensch, der von Gott wieder geboren und an Kindes statt aufgenommen worden ist sich darauf gefasst macht, Gutes zu tun und zu bewirken, wo und wann ihm die Gelegenheit an die Hand gegeben wird. Dass er nicht nur in einem Stück recht handelt, und sich in anderen Sachen anders verhält, als es einem aufrichtigen Christen zusteht. Denn es sind die nicht zu loben, in denen sich etliche Tugenden sehen lassen, in denen jedoch die Laster so streiten, dass man nur schwer beurteilen kann ob in einem solchen Menschen die Laster, oder die Tugenden den Vorzug haben. Und mit diesem Spruch werden auch die Schwenkfelder widerlegt, die den Gebrauch der Heiligen Schrift gering schätzen, als ob sie zum gottseligen Unterricht und zur Besserung eines Menschen nichts nützen würde. Auch wird hier das Unrecht der Katholiken bewiesen, die leugnen, dass alles in der Heiligen Schrift steht, was zur heilsamen Erkenntnis Gottes und wie man ein gottseliges Leben führen soll, ausreicht. Und darum geben sie vor, man müsse zu den Menschensatzungen Zuflucht suchen. Es sollen sich aber auch die Prediger erinnern, dass dieser Nutzen der Heiligen Schrift, von dem Paulus hier erzählt, nicht den weltlichen und heidnischen Büchern zugemessen werden, sondern der Heiligen Schrift, die von Gott eingegeben worden ist. Darum sollen sie sich mäßigen, die weltlichen Schriften vorzuziehen, jedoch sich bemühen, die Zeugnisse der Heiligen Schrift vorzubringen und darin gut geübt zu sein


Das 4. Kapitel

  • Der Apostel fährt noch weiter fort, Timotheus zu ermahnen, dass er in seinem Predigtamt nichts versäumt, sondern seinem Amt fleißig nachkommt.
  • Danach zeigt er an, dass das Ende seines Lebens nicht mehr weit ist und erinnert Timotheus die Verrichtung einiger besonderer Geschäfte.
  • So beklagt er sich auch über viele, die einesteils von der rechten Religion abgefallen sind, eines Teils bei der Verfolgung Pauli sich nicht standhaft genug gezeigt haben, als es Christen gebührt hätte.
  • Danach beschließt er diesen Brief seinem Brauch nach mit Grüßen.

1. So bezeuge ich nun vor Gott und dem Herrn Jesu Christo, der da zukünftig ist, zu richten die Lebendigen und die Toten, mit seiner Erscheinung und mit seinem Reich {Apg 10v42 1Tim 5v11 6v13}.

Jesus Christus: Seinem eingeborenen Sohn. Als wollte er sagen: Ich ermahne dich ernsthaft, vor dem Angesicht Gottes und unseres Heilandes, und befehle dir, dass du mit der reinen Lehre deinem Amt fleißig nachkommst nicht nur in Zeiten, wenn es den anderen gerade passt, sondern auch an den Orten und bei den Gelegenheiten, wo etliche naseweise Menschen meinen, es geschehe zur Unzeit. Und du sollst dich erinnern, dass du wegen der Verwaltung deines Amtes bei der Erscheinung des gerechten Richters, Jesus Christus, Rechenschaft wirst geben müssen und auch, sofern du als ein treuer und fleißiger Knecht befunden wirst, die ewige Belohnung im himmlischen Reich Christi empfangen wirst. Dieses ernste Zeugnis Paulus erinnert alle Kirchendiener, dass sie ihr Amt nicht fahrlässig oder schläfrig verrichten sollen, denn sie werden für die Seelen ihrer Zuhörer Gott gegenüber Rechenschaft geben müssen {Hebr 13} und für ihren Fleiß die Belohnungen empfangen {Dan 12}. Darum sollen sie alle Gelegenheiten nutzen, zu lehren und zu ermahnen und ihre Zuhörer zu verbessern, entweder viele zur gleichen Zeit, oder einen allein und dies mit einem Fleiß wahrnehmen, wie es einem treuen Hirten zusteht. Denn diejenigen verrichten ihr Amt nicht recht, die auf der Kanzel mit großem Eifer dem Ansehen nach auf die Laster schelten, danach aber in einzelnen Gesprächen und Zusammenkünften diese mit keinem einzigen Wort verwerfen, ja viel eher noch dazu lachen und so ihre Zuhörer darin bestärken.

2. Predige das Wort; halt an, es sei zu rechter Zeit oder zur Unzeit; strafe, drohe, ermahne mit aller Geduld und Lehre {2Tim 2v25}!

Strafe: Die, die in der Lehre irren oder im Leben und Wandel sich mit Sünden beflecken.

Drohe, ermahne: Dass du bald ernsthaft bald sanft mit deinen Zuhörern umgehst, je nachdem, wie es notwendig ist.

Und Lehre: Denn deine Predigten und Ermahnungen sollen voll heilsamer Lehre sein und nicht nur Worte, sondern auch in der Tat lehrhaft sein. Und ein Prediger muss gleichsam sich in vielerlei Gestalten verändern, dass er einmal ernsthaft schimpft, dann wiederum freundlich und mild ermahnt. Und seine Rede soll so aufgestellt sein, dass man spürt, wie er mit einer besonderen Geduld und Langmut weiterhin auf die Bekehrung der Irrenden und Sünder noch gute Hoffnung hat. Die Strafpredigten und Ermahnungen sollen jedoch einen guten und beständigen Grund haben. Denn die viele Worte machen und keine Ordnung in ihrer Rede halten, die werden zwar von den Unerfahrenen für beredt gehalten, aber daneben erbauen sie die Kirche sehr wenig.

3. Denn es wird eine Zeit sein, da sie die heilsame Lehre nicht leiden werden, sondern nach ihren eigenen Lüsten werden sie sich selbst Lehrer aufladen, nach dem ihnen die Ohren jucken;

Nicht leiden: Es werden etliche Zuhörer der reinen und gesunden Lehre des Evangeliums überdrüssig werden und diese nicht mehr hören wollen. Darum werden sie sich andere Lehrer suchen, die solche Dinge lehren, die ihrer Vernunft mehr zusagen und nicht gegen ihre bösen Lüste streiten, sondern mit diesen übereinstimmen. Denn sie werden solche juckenden Ohren haben, die etwas Neues hören möchten, darum werden sie viel mehr der falschen Lehre und dem unnützen Geschwätz, als der Wahrheit Gehör schenken. Dieses Jucken der Ohren macht heutzutage in Deutschland, dass viele lieber einen Zwinglianer oder einen Schwenkfelder oder einem ungelehrten Wiedertäufer, als einen reinen Lehrer des Evangeliums hören. Dies hat auch dazu geführt, dass früher im Papsttum allerlei Märchen vom Fegefeuer und von den Wunderzeichen der Heiligen angehäuft wurden, wie sie in den Legenden beschrieben werden, weil die Prediger merkten, dass ihre Zuhörer auf solche Geschichten Lust hatten. Aber sie sind danach beide, sowohl Lehrer als auch Zuhörer von Gott mit Blindheit gestraft worden.

4. und werden die Ohren von der Wahrheit wenden und sich zu den Fabeln kehren.

5. Du aber sei nüchtern allenthalben. Leide dich, tu das Werk eines evangelischen Predigers, richte dein Amt redlich aus {2Tim 1v8 2v3 v8 v21 Eph 4v11}.

Allenthalben: Beachte in allen Stücken deines Amtes fleißig die Wohlfahrt deiner Herde und verhüte, dass durch deine Fahrlässigkeit keine falsche Lehre oder ein rohes Leben in der Kirchen einreißt. Denn obwohl wir nicht jedes Übel verhüten können, so sollen wir uns doch darum bemühen, dass die Schuld nicht auf uns liegen bleibt, oder auf unserer Seite etwas versäumt wird.

Leide dich: Wenn du dein Amt verrichtest, so leide mit standhaften Gemüt, was dir darüber begegnet und was dir Gott an Leid schickt. Denn die Undankbarkeit der Welt gegenüber den frommen und treuen Hirten ist sehr groß.

Redlich aus: Das Evangelium zu lehren und fortzupflanzen, damit du mit einer besonderen Freude und Standhaftigkeit deinem, dir an befohlenen Amt, Genüge tust. Es soll sich aber jeder auf seine Aufgabe besinnen und in diesem Geschäft nicht schläfrig sein, sondern es mit großem Fleiß und Sorge verrichten.

6. Denn ich werde schon geopfert, und die Zeit meines Abscheidens ist vorhanden {Phil 2v17}.

Schon geopfert: Darum ermahne ich dich umso mehr und umso fleißiger, dass du über die Wohlfahrt der Kirche wachst, weil es so sein wird, dass ich in Kürze als ein Opfer um Christi willen, den ich gepredigt habe, geschlachtet werde. Denn es wird nicht mehr lange dauern, dann werde ich aus diesem Leben scheiden. Darum sollst du in Zukunft meine Stelle vertreten, dass du die Sorge und die Mühe im Predigtamt auf dich nimmst, die ich bisher ausgestanden habe. Und Paulus wusste aus einer besonderen Offenbarung, wie er in kurzer Zeit auf Befehl des Tyrannen Nero ums Leben gebracht werden würde. Wir aber, denen die Stunde des Todes unbekannt ist, sollen ständig zu einem gottseligen Abschied aus diesem Leben bereit sein. Und obwohl der Tod der Heiligen vor den Augen Gottes wertgeschätzt wird, dass es ein heiliges Opfer ist, wenn sie um der Ehre Christi willen geopfert und erwürgt werden, und sie sich deshalb auch zu Recht zu freuen haben, sündigen jedoch die Tyrannen schwer, die unschuldiges Blut vergießen und sie werden deswegen in der Hölle ewige Pein erleiden müssen.

7. Ich habe einen guten Kampf gekämpft; ich habe den Lauf vollendet; ich habe Glauben gehalten {1Kor 9v25 1Tim 6v12 1Kor 9v24 v26 Phil 3v14 Hebr 12v1}.

Gekämpft: In meinem evangelischen Predigtamt gegen das Wüten und Toben des Satans, wie auch in vielen anderen Bereichen meines Lebens. Darum bin ich bereit zu sterben, wenn es Gott gefällt.

Glauben gehalten: Meinem Gott, indem ich von der reinen Lehre nicht abgewichen bin, noch mein Amt fahrlässig verrichtet habe.

8. künftig ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der Herr an jenem Tage, der gerechte Richter, geben wird, nicht mir aber allein, sondern auch allen, die seine Erscheinung liebhaben.

Krone: Nämlich die ewige Herrlichkeit, die denen widerfahren wird, die aus Glauben gerechtfertigt worden sind und ein gerechtes Leben führen.

Gerechte Richter: Der am Tag seiner herrlichen Ankunft jedem nach seinen Werken geben wird.

Lieb haben: Und sich freuen, dass Christus wiederkommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten, und dass er seine Auserwählten mit himmlischer Herrlichkeit beschenkt. Aber auch jeder Christ hat seinen Kampf und seinen geistlichen Streit gegen sein verdorbenes Fleisch, gegen die Welt und gegen den Teufel. Darum sollen wir mit Freude und mit standhaftem Gemüt kämpfen, und jeder soll mit Fleiß die Aufgaben seines Berufs fleißig vollenden, und Gott dem Herrn bis ans Ende seines Lebens den Glauben halten, dass er nicht von der rechten Religion und der wahren Gottseligkeit abweicht, so werden wir mit ewiger und himmlischer Herrlichkeit gekrönt werden. Und obwohl ein Unterschied der zukünftigen ewigen Herrlichkeit sein wird, so werden doch alle, die auf die herrliche Ankunft Christi wahrhaft hoffen, die ewige Seligkeit erlangen, womit sie zufrieden sein werden und den anderen ihre größere Herrlichkeit nicht missgönnen. Und obwohl Gott der Herr seine Gaben in uns krönt und unsere Treue und unseren Fleiß in jener Welt belohnen wird, so folgt doch keineswegs daraus, dass wir durch die Werke gerechtfertigt und selig werden. Denn wir müssen zuvor, bevor wir etwas Gutes bewirken können durch den Glauben gerechtfertigt sein und zu Erben des Himmelreichs aufgeschrieben worden sein. Denn die guten Werke gehen nicht vor dem gerecht und selig machenden Glauben her, sondern sie folgen ihm nach.

9. Fleißige dich, dass du bald zu mir kommst.

Fleißige: Jetzt mischt Paulus etwas von seiner besonderen Sache mit unter, worin sich auch etwas findet, dass für die Unterweisung der Kirche dienlich ist.

Kommst: Damit ich dich segne, bevor ich sterbe und ich dir noch von einigen Sachen etwas Berichte. Denn die Christen werden durch die Gesellschaft der Frommen, die sie herzlich lieben, sehr erfreut. Daher sagt der Patriarch Jakob von seinem Sohn Joseph: Ich will hin und ihn sehen, bevor ich sterbe {1Mos 45}. So pflegt auch das, an was sich die Eltern oder Freunde kurz vor ihrem Tod erinnern tief zu Herzen zu gehen und einem Menschen lang im Gedächtnis zu bleiben, und sein Gemüt heftiger als etwas anderes zu bewegen.

10. Denn Demas hat mich verlassen und diese Welt lieb gewonnen und ist gen Thessalonich gezogen, Krescens nach Galatien, Titus nach Dalmatien.

Verlassen: In einer Zeit, wo ich ihn am meisten gebraucht hätte, obwohl er sich früher in meinem Dienst oft gebrauchen ließ.

Lieb gewonnen: Weil er die Verfolgungen scheute und danach trachtete, wie er in dieser Welt gut zurecht käme, damit er hier auf Erden gut leben könnte und sich unterdessen wenig um die christliche Religion kümmerte, die er doch angenommen hatte. Darum sollen wir Gott bitten, dass er uns mit seinem Heiligen Geist regiert und erhält, damit wir uns weder durch die Grausamkeiten der Verfolgungen, noch durch die Freundschaft und Wollust dieser Welt vom rechten Weg der Seligkeit abführen lassen. Denn nicht der, der gut angefangen hat, sondern wer bis ans Ende beharrt, wird selig werden {Mt 24}.

In Galatien: Dorthin ist der aus anderen Gründen gezogen.

Titus: Der ein frommer und treuer Diener des Evangeliums ist, der ist auch nach meinem Wunsch verreist.

11. Lukas ist allein bei mir. Markus nimm zu dir und bringe ihn mit dir; denn er ist mir nützlich zum Dienst {Kol 4v14}.

Bei mir: Der mein stetiger Gefährte und Freund gewesen ist in all meinen Reisen und Trübsal, dieser dient mir und verschafft mit Fleiß, was zur Beförderung des Evangeliums dienlich sein kann. Denn Gott beschert uns treue Freunde, die mit ihren Diensten, die sie uns erweisen und unser Elend lindern.

Zum Dienst: Er kann mir helfen, weil ich in diesem Gefängnis bin und ich kann seine Dienste nützlich gebrauchen. Wenn dies eben dieser Johannes Markus ist, den Paulus früher nicht zum Gefährten mit sich nehmen wollte, weil er etwas träge in der Fortpflanzung des Evangeliums gewesen ist {Apg 13 16}, so werden wir hierbei daran erinnert, dass es geschehen kann, dass die, die am Anfang in der Religionssache etwas schwach sind, danach mit größerem Eifer das Evangelium nicht nur bekennen, sondern auch fördern. Darum soll man sie nicht verstoßen, sondern aufnehmen und ihre Dienste gebrauchen, wenn sie anfangen, ihr Amt treu zu tun.

12. Tychikus habe ich gen Ephesus gesandt.

Gesandt: Damit er, wenn du zu mir kommst, mittlerweile auf die Kirche aufpasst, damit nichts Ungebührliches darin geschieht. Denn wir sollen auch in unserer Abwesenheit für die Wohlfahrt der Kirche Sorgfalt aufwenden, und wenn wir nicht anders können wenigstens mit unserem Gebet ihren Wohlstand Gott dem Herrn vortragen.

13. Den Mantel, den ich zu Troas ließ bei Karpo, bringe mit, wenn du kommst und die Bücher, sonderlich aber das Pergament {Apg 16v8 20v6 2Kor 2v12}.

Bringe mit: Damit ich ihn im bevorstehenden Winter brauchen kann.

Bücher: Bring mir die auch mit, die ich dort gelassen habe. Denn obwohl Paulus wusste, dass sein Lebensende nahte, so wollte er dennoch lesen und schreiben, damit er die Zeit, die er noch zu leben übrig hatte, nicht vergebens verbringen würde. Vor solch einem gottseligen Fleiß Paulus sollten die faulen Leute schamrot werden, besonders aber, wenn sie Kirchendiener sind, die im Müßiggang faulenzen, wo sie doch täglich zur Erbauung der Kirche und für sich selbst viel lernen könnten.

14. Alexander, der Schmied hat mir viel Böses bewiesen; der Herr bezahle ihm nach seinen Werken {1Tim 1v20}!

15. Vor welchem hüte du dich auch; denn er hat unseren Worten sehr widerstanden.

Sehr widerstanden: Denn obwohl er dafür gehalten und angesehen werden wollte, als ob er sich zur christlichen Religion bekennen würde, so ist er doch in einen Irrtum verfallen und hat meiner reinen Lehre mit giftigem Herzen widersprochen. Darum musst du den Kontakt zu ihm nicht suchen und dich vor ihm vorsehen, weil er nicht besser, sondern je länger umso schlimmer und boshafter geworden ist. Gott möge ihn nach seinem Verdienst strafen. Dieses gräuliche Verfluchen Paulus war keine fleischliche Rache, sondern ein Eifer, der vom Heiligen Geist im Herzen des Apostels entzündet worden ist gegen einen halsstarrigen und verstockten Menschen, der die reine Lehre des Evangeliums lästerte. Und solche Flüche gehen nicht leer ab. Man muss aber die Bosheit der Menschen gelegentlich ans Licht bringen, nicht, weil man Lust hat, ihre Bosheit herauszuschreien, sondern damit sich fromme Menschen vor diesen bösen Menschen hüten können, was ein Werk der christlichen Liebe ist. Und dieser Alexander ist ein rechtes Muster und Abbild der schwärmerischen und abgefallenen Mamelucken, die die rechten Lehrer und die reine himmlische Lehre feindselig angreifen und verlästern. Mit solchen Menschen soll man kein Wort wechseln, weil ihnen nicht zu helfen ist und sie viele Dinge gegen ihr eigenes Gewissen reden und handeln dürfen.

16. In meiner ersten Verantwortung stand niemand bei mir, sondern sie verließen mich alle. Es sei ihnen nicht zugerechnet!

In: Mit den vorigen Worten hat sich Paulus über einen heftigen Feind und Widersacher des Evangeliums beklagt. Jetzt berichtet er auch von der Schwäche seiner Mitbrüder in der Verfolgung.

Niemand: Von allen christlichen Brüdern war nicht einer bereit gewesen, mit mir ins Richthaus zu gehen, dass er mir mit gutem Rat beigestanden wäre, oder meine Sache vor Gericht vertreten hätte, sondern sie haben sich alle vor der Gefahr gesorgt und den Kopf aus der Schlinge gezogen.

Nicht zugerechnet: Zur Verdammnis, von Gott dem Herrn. Denn ich habe gespürt, dass sie es nicht aus Bosheit, sondern aus Schwäche getan haben. Es ist aber unser Fleisch sehr schwach, wenn ihm eine Gefahr vor Augen steht, wenn es nicht vom Heiligen Geist gestärkt wird. Und wir sollen unseren Mitbrüdern ihre Schwächen verzeihen und auch nach dem Beispiel Paulus für sie bitten.

17. Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich, auf das durch mich die Predigt bestätigt würde, und alle Heiden hörten. Und ich bin erlöst von des Löwen Rachen.

Stärkte mich: Mit seinem Heiligen Geist, sodass ich meine Sache vor dem Kaiser Nero so handhaben konnte, dass er mich freisprach. Denn wo die menschliche Hilfe aufhört, da beginnt die göttliche. Mein Vater und meine Mutter (sagt David) verlassen mich, aber der Herr nimmt mich auf {Ps 27}. Daraus sehen wir, wie die Verheißung Christi wahrhaftig ist, wenn er sagt: Wenn sie euch nun verhaften werden, dass ihr wegen des Evangeliums vor Königen und Fürsten geführt werdet, so sollt ihr nicht in Sorge sein, wie oder was ihr reden sollt, denn es wird euch zu der Zeit gegeben werden, was ihr reden sollt. Denn ihr seid es nicht, die redet, sondern es ist der Geist eures Vaters, der in euch redet {Mt 10 Mk 13}.

Bestätigt: Darum bin ich aus der bestandenen Lebensgefahr damals errettet worden, damit ich meinen Lauf mit der Ausbreitung des Evangeliums unter den Heiden vollenden konnte und viele Heiden durch mich das Evangelium hörten. Denn die Kirchengeschichte berichtet, dass Paulus nach der ersten Anklage und dem Freispruch freigelassen worden ist und noch jahrelang außerhalb Roms das Evangelium gepredigt hat, danach aber wiederum ergriffen und gefangen genommen, und schließlich geköpft worden ist. Es werden aber die Christen deswegen gelegentlich gezwungen, dass sie wegen der Religion vor dem Gericht ihre Sache verteidigen müssen, damit die Gewissheit der himmlischen Lehre auch denen bekannt wird, die zuvor nicht recht davon gehalten haben und auf diese Weise die Lehre des Evangeliums weiter ausgebreitet wird, auch die Schwachen in der rechten Religion, die sie geschmeckt haben, bestätigt werde. Wir werden aber aus der Gefahr erlöst, damit wir in diesem Leben Gott und dem Nächsten länger dienen können. Und Paulus bezeichnet den Kaiser Nero als einen Löwen, wegen seiner Grausamkeit. Denn die Tyrannen sind wie die grausamen Bestien, die am Blut der Feinde eine Freude haben und sich vom Blut ernähren. Es enthält sich aber Paulus von dem Namen des Tyrannen, damit er uns erinnert, wie wir auch von einer tyrannischen Obrigkeit vorsichtig und behutsam reden und schreiben sollen, damit wir uns nicht in unnötige Gefahr begeben. Denn die Bezeichnung Löwe kann verstanden werden, wie man will, in gutem und bösen, weil ein Löwe neben seiner Grausamkeit auch mutig und beherzt ist.

18. Der Herr aber wird mich erlösen von allem Übel und aushelfen zu seinem himmlischen Reich; welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Allem Übel: Denn ich weiß sehr wohl, dass die Erlösung aus dem Rachen des Löwen nur für kurze Zeit stattgefunden hat, weil ich von neuem und wiederum in Gefahr gekommen bin, und ich werde dazu keines natürlichen Todes, sondern um Christi willen unter der Hand des Henkers sterben. Aber es tröstet mich wiederum, dass mich Gott durch den zeitlichen Tod von allem Übel und aller Trübsal vollkommen erlösen wird, und im Tod zur himmlischen Herrlichkeit erhalten, und mich in sein ewiges Reich führen wird, dem ich dafür ewig Lob und Dank sage und sagen will. Deshalb werden wir dann wahrhaft und beständig von allem Übel erlöst, wenn wir durch den Tod ins himmlische Leben versetzt worden sind. Und obwohl uns Gott in diesem Leben viel Trübsal erfahren lässt, so werden wir doch auch mitten in Trübsal und in der Gefahr unseren Gott und Herrn preisen, der uns für würdig erachtet, dass wir das Kreuz Christi auf uns nehmen und unserem Heiland nachfolgen, weil diese Zeit des Leidens der Herrlichkeit nicht wert ist, die an uns offenbart werden soll {Röm 8}.

19. Grüße Priska und Aquila und das Haus Onesiphorus {Apg 18v2 1Kor 16v19 2Tim 1v16}.

Grüße: Es folgen jetzt zum Schluss die Grüße.

Priska und Aquila: Die beiden frommen und gottseligen Eheleute, die sich um die Kirche Gottes wohl verdient gemacht haben.

Haus Onesiphorus: Oder Personal, das du von mir auch freundlich grüßen möchtest.

20. Erastus blieb zu Korinth; Trophimus aber ließ ich zu Milet krank {Apg 19v22 Röm 16v21 Apg 20v4 v15 21v29}.

Zu Korinth: Der zur Zeit dieser Kirche vorstand, und der dich diesmal nicht grüßen lässt, weil er nicht bei mir ist.

Krank: Als ich nach Rom reiste, darum habe ich diesen jetzt auch nicht bei mir. Trophimus ist aber ohne jeden Zweifel ein sehr frommer Mann gewesen und in Milet von einer schweren Krankheit überfallen und aufgehalten worden, dass er dem Apostel Paulus in der Fortpflanzung des Evangeliums nicht dienen oder behilflich sein konnte. Dieses Beispiel soll man denen zum Trost vorhalten, die mit beschwerlichen oder langwierigen Krankheiten behaftet sind, dass sie ihr Amt in der Kirche, in der Polizei oder Haushaltung nicht verrichten können, obwohl sie es gern tun möchten. Denn sie werden nichtsdestoweniger von Gott geliebt, als wenn sie mit all den größten Geschäften sich abmühen würden. So leisten sie eben damit Gott dem Herrn einen wohlgefälligen Gehorsam, wenn sie die Beschwerden der Krankheit geduldig erleiden. Wenn wir aber gesund und stark sind, sollen wir in unserem Beruf fleißig arbeiten, doch so, dass wir uns nicht selbst unsere Kräfte in zu kurzer Zeit schwächen.

21. Tu Fleiß, das du vor dem Winter kommst. Es grüßt dich Eubulus und Pudens und Linus und Klaudia und alle Brüder.

Kommst: Zu mir. Denn so wirst du angenehmer und bequemer reisen können und mich sicher finden. So sollen auch wir das, was wir tun wollen, zur rechten Zeit unversäumt verrichten, damit wir nicht für uns selbst und für andere einen Verdruss und Ungelegenheiten verursachen und die guten Gelegenheiten dabei versäumen.

Alle Brüder: Die in Rom sind. Wenn aber gottseligen Menschen Grüße an fromme Leute schicken, so gehen diese nicht vergebens ab, sondern sind sehr kräftig {Mt 10}.

22. Der Herr Jesus Christus sei mit deinem Geiste! Die Gnade sei mit euch! Amen.

Deinem Geist: Dass er dein Gemüt mit seinem Heiligen Geist regiert, damit du redest und tust, was zu seiner Ehre und sowohl zu deiner als auch zur Wohlfahrt der Kirche dienlich ist. Denn wenn uns Christus mit seinem Geist nicht regiert, so werden wir nichts Gutes ausrichten, wie es Christus selbst sagt: Ohne mich könnt ihr nichts tun {Joh 15}.

Mit Euch: Sodass Gott der Herr nicht nur dich, sondern auch deine Kirche, die dir anbefohlen ist und andere Kirchendiener mit seiner Gnade ansieht und nach seiner unendlichen Güte stets beschützt.

Amen: Das geschehe, ja es wird gewiss geschehen. Wir sollen uns aber nichts Lieberes wünschen, als Gottes Huld und Gnade und nicht zweifeln, er ist der einzige, gütige Gott für uns, die wir an Christus glauben und uns mit ständiger Gnade gewogen. Diesem wahren Gott sei Lob, Ehre und Preis in alle Ewigkeit, Amen.

Wurde dargestellt: Der Apostel Paulus hat diesen Brief an Timotheus geschrieben, als die Zeit nahe war, dass er zum zweiten Mal vor dem kaiserlichen Gericht erscheinen musste und angeklagt wurde. Viele, die, wenn sie in zeitlicher Gefahr stecken achten die Ehre Gottes oder die Wohlfahrt anderer Leute wenig, sondern bemühen sich nur darum, wie sie der bevorstehenden Gefahr entrinnen können. Paulus aber, als er in höchster Lebensgefahr stand, beachtet in seinem Brief, dass die Ehre Gottes und die Seligkeit der Kirchen gefördert wird. Darum sollen wir auch mitten in unserer Trübsal so viel wie möglich damit umgehen, was zur Ehre Gottes und zur Wohlfahrt des Nächsten dienlich sein kann. Eine solch gottselige und christliche Sorgfalt wird Gott im anderen Leben mit himmlischen Belohnungen vergelten.