Bibel-Kommentar: Das Evangelium des Lukas

Hier wir durch das Wort Evangelium die ganze Geschichte Christi unseres Heilandes, auch mit seinen Predigten, in denen er entweder das Gesetz erklärt, und es von der Pharisäer verkehrter Auslegung säubert, oder aber von seinem Amt lehrt, dass er in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen. Wenn das Wort in seinem eigentlichen Verstand gebraucht wird, so ist es eine Predigt von der Vergebung der Sünden und vom ewigen Leben, das uns aus Gnaden durch und um Christi willen geschenkt wird. Lukas aber, der diese evangelische Geschichte beschreibt, ist ein Arzt aus Antiochia gewesen, dessen der Apostel Paulus gedenkt in Kolosser 4. Da er sagt: Es grüßt euch auch Lukas der Arzt, der Geliebte und Demas. Und von seiner Standhaftigkeit in der Lehre des Evangeliums, wie auch von seinen Diensten, damit er dem Apostel Paulus behilflich gewesen ist, bezeugt Paulus auch, da er spricht: Demas hat mich verlassen, und hat diese Welt lieb gewonnen, und ist nach Thessalonich gezogen, Kresenz in Galatien, Titus in Dalmatien, Lukas ist allein bei mir {2Tim 4}. Obwohl nun Lukas nicht in der Zahl der zwölf Apostel gewesen ist. So hat er doch die evangelische Geschichte und die Predigten Christi, wie er sie aus dem Mund der Apostel gehört hat, auf das Fleißigste und treu aufgezeichnet und in Schriften verfasst. Und hat die christliche Kirche dies Evangelium von Lukas angenommen, da sie dagegen andere, so unter Nikodemus, Thomas und Barnabas liegen gelassen, aus erheblichen Ursachen auch richtigerweise verworfen hat. Denn die erste Kirche, so die Apostel selbst gehört, hat die rechten und öffentlichen Schriften am besten beurteilen können.


Das 1. Kapitel

  • Der Grund für dieses Evangelium wird beschrieben und erzählt. Von der Gottseligkeit der beiden Eheleute Zacharias und Elisabeth, wie auch von der Verheißung, Empfängnis und Geburt Johannes des Täufers gehandelt wird. Auch wird angezeigt, wie es mit Johannes beschaffen sein wird. Zacharias wird wegen seines Unglaubens der Sprache eine Zeit lang beraubt. Der Engel Gabriel verkündigt der Jungfrau Maria, dass sie werde Mutter des Sohnes Gottes sein, und erklärt, wie wunderbar solche Geburt sein wird. Darauf besucht Maria die Elisabeth und preist Gott mit einem herrlichen Lobgesang. Johannes wird geboren, Zacharias bekommt seine Sprache wieder, darüber er Gott mit einem Lobgesang preist. Zum Schluss wird das Amt Johannes des Täufers beschrieben.

1. Weil sich‘s viele unterwunden haben, zu stellen die Rede von den Geschichten, so unter uns ergangen sind,

Weil: Der Evangelist Lukas setzt eine kurze Vorrede zum Eingang ein, in der er mit gebührender Bescheidenheit, aber doch recht und wahrhaftig seine Schrift rühmt, der Kirche Christi aufgibt, warnt sie auch zugleich, dass sie sich vor falschen und eingeschobenen Schriften hüten soll.

2. die uns das gegeben haben, die es von Anfang selbst gesehen und Diener des Worts gewesen sind,

Gesehen: Nämlich, die Apostel, so sie sich bei Christus aufgehalten haben.

3. habe ich‘s auch für gut angesehen, nachdem ich es alles von Anbeginn erkundet habe, dass ich es zu Dir, mein guter Theophilus, mit Fleiß ordentlich schriebe {Apg 1v1},

Angesehen: Weil unter den anderen Geschichtsschreibern eine große Ungleichheit gefunden wird, und etliche mit nicht ganz glücklichem Fortgang sich darin bemüht haben.

Schriebe: Denn ich es keineswegs für ratsam geachtet, dass man der Kirche ungewisse Sachen für gewisse unterschöbe, und habe solches dem gottseligen Leser zum Besten getan, der Gott liebt. Denn es sind alle rechtschaffenen Christen, Theologen, das ist, Liebhaber Gottes.

4. auf dass Du gewissen Grund erfährst der Lehre, in welcher Du unterrichtet bist.

Lehre: Und Taten Christi, davon Du bisher gehört hast, solches begehre ich Dir mit allem Fleiß und Treue verzeichnet, mitzuteilen. Diese Vorrede erinnert uns, dass wir nicht alle Schriften, so nicht bewährt sind, für wahrhafte und gewisse annehmen. Es ist aber kein Zweifel, dass die Apostel diese vier Evangelien, die wir heutigentags in der Kirche behalten, gelesen, und mit ihrer Zustimmung bestätigt haben. Und welche Schriften von den Aposteln bestätigt wurden, die hat die Kirche bisher daher mit großer Treue fleißig verwahrt, und auf die Nachkommen kommen lassen. Denn das Amt der Kirche ist, die falschen und eingeschobenen Schriften von den rechten zu unterscheiden. Sie hat aber darum keine Gewalt, unrechte Schriften anzunehmen oder rechte Schriften und Bücher zu verwerfen. Denn ein anderes Ding ist es, der Fürsten Handschrift und Siegel erkennen. Und ein anderes, ihnen die Gewalt nehmen, seines Fürsten Satzungen und Ordnungen zu ändern, wegtun oder falsche Dekrete unter des Fürsten Namen einzuschieben. Solches macht die Kirche Christi nicht. Aber die Kirche des Antichristen untersteht sich, solches zu tun.

5. Zu der Zeit Herodes, des Königs Judäas, waren ein Priester von der Ordnung Abia mit Namen Zacharias und sein Weib von den Töchtern Aarons, welche hieß Elisabeth.

Zu: Weil Johannes der Täufer Christi Vorläufer gewesen ist, der dem Herrn Christus Zeugnis gegeben, und bei seiner Geburt sich viel denkwürdiger Sachen zugetragen haben, hat es der Evangelist Lukas für gut angesehen, seine Geschichte mit der Empfängnis und Geburt Johannes des Täufers, als eines vortrefflichen Mannes, anzufangen.

Herodes: Der seine Herkunft nicht aus dem jüdischen Volk hatte. Weil nun Johannes eben zu dieser Zeit, als dieser Herodes im jüdischen Land das Regiment geführt und nur sechs Monate früher als Christus von der Jungfrau Maria Leib empfangen wurde. So ist daraus gewiss, dass damals die Weissagung des Patriarchen Jacobs angefangen hat erfüllt zu werden. Der gesagt, dass Christus der Siloah und Held so in die Welt kommen würde, wenn das Zepter, das heißt, die Herrschaft von Juda wäre weggenommen worden {1Mos 49}. Darum Jesus von Nazareth, dessen Vorläufer Johannes war, der versprochene Messias und Heiland der Welt ist.

Abia: Denn als der König David der Priester Ämter zu seiner Zeit austeilte, und damit es beim Gottesdienst alles ordentlich und richtig geht, hat er die Priester in vierundzwanzig Ordnungen geteilt, damit ein jeder Priester wusste, zu welcher Zeit des Jahres, und wie lange er dem Priesteramt dienen müsste. Also geschah es, dass nichts zum Gottesdienst vergessen wurde, und dennoch die Priester auch ihre Ruhe hatten, und ihrer Haushaltung daheim erledigen konnten. Es ist aber Zacharias in der achten Ordnung der Priester gewesen. Denn es war das achte Los auf Abia gefallen, da David die Ordnungen gemacht und ausgeteilt, wie zu sehen ist {1Chr 25}. Denn man soll die Ämter in der Kirche so austeilen, dass nichts vergessen wird, und die Kirchendiener ihr Amt gebührlich ausüben können, dagegen diejenigen handeln und schwer sündigen, welche um ihres Geizes willen zu zwei oder drei Pfarrstellen kaum einen Prediger bestellen, dadurch der Seelen Wohlfahrt oft versäumt wird, und die Kirchendiener mit der Arbeit zu sehr überladen werden.

Töchtern: Das heißt, von dem Stamm und Geschlecht Aarons. Denn es ist bekannt, dass auch im Alten Testament die Kirchendiener Frauen gehabt haben. Darum der römische Papst böse handelt, dass er den Kirchendienern die Ehe verboten hat. Mit diesem Gebot hat er in der Christenheit viel schändliche und abscheuliche Unzucht verursacht. So viel aber der Ehestand der Kirchendiener angeht, obwohl für sich selbst nichts daran gelegen ist, aus welchem Geschlecht sie Frauen nehmen, so sollen sie doch nach und nach eheliche und gut erzogene Personen nehmen, damit sie das Predigtamt, von wegen ihrer Frauen und ordentlichen Wandels, Stolzes und Übermut nicht verschrien machen. Und täten die Kirchendiener am allerbesten, wenn sich viel eher anderer Kirchendiener Töchter oder hinterlassene Witwen, die gut erzogen, heiraten, als dass sie reiche und schöne Frauen auswählen, denn es üben viele das Predigtamt schlecht aus.

6. Sie waren aber alle beide fromm vor Gott und gingen in allen Geboten und Satzungen des Herrn untadelig.

Fromm: Und gerecht, durch den Glauben an den versprochenen Messias gerechtfertigt, aus welchem Glauben sie ein gottseliges Leben führten. Denn die werden vor Gott gerecht geschätzt, welche an Christus glauben {Apg 3 Röm 3v4}. Wenn sie aber also durch den Glauben an Christus gerecht geworden sind, so bemühen sie sich dahin, dass sie vor den Leuten gottselig und unsträflich leben. Und obwohl damals ein unrichtiger Zustand im Volke Gottes war, nicht allein unter dem allgemeinen Mann, sondern auch unter den Priestern, so bezeugt doch die Geschichte von Zacharias und Elisabeth, wie auch von Simeon und Hanna der Propheten, dass Gott sich immer etliche Auserwählte erhalte, die wahrer Gottseligkeit sich befleißigen, wenn es auch ihrer wenig sind.

7. Und sie hatten kein Kind, denn Elisabeth war unfruchtbar; und waren beide wohl betagt.

Betagt: Dass es nach ihrem Alter gerechnet keine Hoffnung mehr gab, dass sie Kinder bekommen könnten, wenngleich die Unfruchtbarkeit zuvor nicht gewesen wäre. Denn es hat Gott gewollt, dass Johannes wider die Natur aus unfruchtbaren und betagten Eltern geboren würde, auf dass die Leute verstünden, was für ein vortrefflicher Mann es sein würde, der von Gott besonders dazu erweckt wurde, dass er große Sachen verrichten sollte. So auch Samson von unfruchtbaren Eltern gekommen ist. Sollen darum an der Leibesfrucht diejenigen nicht verzagen, welche eine lange Zeit eine unfruchtbare Ehe haben. Denn Gott ist an die natürlichen Mittel nicht gebunden. Und ist Rebecca, des Isaaks Hausfrau, viele Jahre unfruchtbar gewesen. Dennoch hat sich Gott bitten lassen, dass er den frommen Eltern Kinder beschert hat {1Mos 25},

8. Und es begab sich, da er des Priesteramts pflegte vor Gott zur Zeit seiner Ordnung

Ordnung: Er hatte nach der Ordnung den Dienst, sein Amt, auszuführen. Darum wird gesagt, es geschieht nach Gottes Willen, was in der Kirche geschieht und verrichtet wird, denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen {Mt 18}.

9. nach Gewohnheit des Priestertums, und an ihm war, dass er räuchern sollte, ging er in den Tempel des Herrn.

Tempel: Nämlich, im selben Teil des Tempels, da der goldene Altar war, darauf man das Räucherwerk anzuzünden pflegte. Wie aber solch ein Räucherwerk gemacht und zugerichtet wurde, findet man im 2. Buch Mose, Kapitel 30. Und musste solch ein Räucherwerk täglich zweimal angezündet werden, morgens und abends, wie Mose dieses gebietet. Durch das Räucherwerk wurde der Gläubigen Gebet abgebildet, welches Gott angenehm ist und erhört wird um Christi willen, in dessen Namen wir den Vater anrufen {Joh 16}. Gleichwie aber Gott ein Gräuel hat von dem Räucherwerk, welches man anzündete aus einem falschen Wahn, als ob Gott ein Gefallen daran hätte, die Priester und das Volk jedoch ein sündiges Leben mit großer Sicherheit führen {Jes 1 66}. Also hat Gott an der Erzählung der Stundengebete und am Murmeln der Psalmen ein großes Missfallen, so oft sie ohne Buße und wahrem Glauben geschehen. Welche aber noch heutigentags die Bräuche und Zeremonien in den Kirchen gebrauchen, der Meinung, dass sie den armen Seelen damit helfen wollen, die führen die Schatten des Alten Testaments zur Unzeit wieder ein und tauschen das Christentum gegen das Judentum.

10. Und die ganze Menge des Volks war draußen und betete unter der Stunde des Räucherns.

Betete: Denn das Volk, welches ernstlich zu beten pflegte, wenn das Räucherwerk angezündet wurde.

11. Es erschien ihm aber der Engel des Herrn und stand zur rechten Hand am Räucheraltar.

Stand: Es ist kein Zweifel, die heiligen Engel stehen um uns herum, so oft wir Gott mit Glauben anrufen oder ihn demütig Dank sagen.

12. Und als Zacharias ihn sah, erschrak er, und es kam ihn eine Furcht an.

Erschrak: Weil er gemerkt, dass er des allmächtigen Gottes Gesandter wäre. Denn die menschliche Natur ist in diesem Leben viel zu schwach dazu, als dass sie himmlische Gesichter ohne Schrecken ansehen könnte.

13. Aber der Engel sprach zu ihm: Fürchte Dich nicht, Zacharias; denn dein Gebet ist erhört, und dein Weib Elisabeth wird Dir einen Sohn gebären, des Namen sollst du Johannes heißen.

Dich nicht: Sondern sei vielmehr fröhlich und guten Mutes. Denn die guten Engel erscheinen nicht darum, dass sie den Frommen schaden, sondern dass sie ihnen helfen und sie trösten.

Erhört: Gott hat Deine Bitte erhört, die Du oft vom Herrn gebeten hast, dass er Dir einen Sohn bescheren möchte. Denn die Unfruchtbarkeit war vor Zeiten eine Schmach: Heutigen Tages aber wünschen sich selbst viele eine unfruchtbare Ehe, weil sie entweder Gott nicht trauen, dass er sie ernähren könne, oder dass sie die Arbeit der Erziehung nicht haben.

Elisabeth: Die bisher unfruchtbar gewesen und für welche Du oft gebetet hast, dass sie möchte fruchtbar werden. Hat darum Zacharias vor vielen Jahren Gott den Herrn gebeten um einen männlichen Erben, dass er bei sich dachte, sein Gebet sei vergebens. Aber jetzt endlich hört er, dass er nicht umsonst gebetet habe. Denn Gott verzieht häufig mit der Hilfe, dass es so scheint, als wäre unser Gebet leer ausgegangen, aber der Ausgang bezeugt es endlich, dass unser Gebet erhört ist. Darum sollen wir nicht aufhören, gute Hoffnung zu haben.

Johannes: Dieser Name heißt so viel, als Gottes Gnade. Denn es hat Johannes die lautere Gnade Gottes gegen den armen Sünder öffentlich gepredigt, und den Finger gezeigt, um welches Willen uns Gott zu Gnaden aufnimmt und mit väterlicher Güte gewoben ist.

14. Und Du wirst der Freude und Wonne haben, und viele werden sich seiner Geburt freuen.

Freuen: Dass Dir so ein vortrefflicher Sohn geboren werde, an dem Du Freude und Ehre erleben wirst, und viele, die ihn hören, werden öffentlich predigen, werden Gott Lob und Dank sagen, dass ihnen ein solcher Lehrer geboren und geschenkt wurde. Es ist aber eine große Gabe Gottes, wenn wir von den Kindern Frömmigkeit Trost und Erquickung empfangen, damit aber solches geschieht, ist viel daran gelegen, dass sie recht erzogen werden. Und sollen wir Gott loben und danken, wenn er der Kirche vortreffliche Lehrer beschert.

15. Denn er wird groß sein vor dem Herrn. Wein und starkes Getränk wird er nicht trinken und er wird noch im Mutterleibe erfüllt werden mit dem Heiligen Geist.

Groß sein: Ob ihn wohl etliche aus einem verkehrten Urteil verachten werden und ihn lästern, er sei mit dem Teufel besessen {Mt 2}. So wird er doch vor den Augen Gottes herzlich sein. Man soll aber von vortrefflichen Personen, die von Gott besonders erweckt wurden, nicht nach der boshaften Lästerer Meinung beurteilen, sondern nach den Gaben Gottes, die sie von ihm empfangen haben.

Nicht trinken: Denn er wird der Nazarener Gesetz halten, auf dass er bei dem Volk ein umso größeres Ansehen habe, und zu seinem Predigtamt, welches ihm Gott auferlegen wird, desto geschickter ist. Was aber der Nazarener Gelübde auf sich gehabt, findet man im 4. Buch Mose, 6. Kapitel. Und geschahen solche Gelübde nicht in der Meinung, dass dadurch die Sünden vor Gott abgewischt würden, sondern dass der alte Adam besser im Zaum gehalten würde, und man Gott ungehindert desto besser dienen könnte. So dauerten solche Gelübde normalerweise nur eine Zeit lang. Wenn diese Zeit vorüber war, so begaben sich die Nazarener wieder in ihren vorigen Stand. Aber die Gelübde der Mönche haben mit der Nazarener Gelübde nichts Gemeinsames. Denn sie sind nicht von Gott eingesetzt, sondern von Menschen erdacht. Und trinken die Mönche Wein. Auch gehen sie zu den Toten, oder laufen vielmehr den Leichen mit großer Menge zu, wie die Adler zum Aas fliegen. Nicht um des Gottesdienstes willen, sondern des Gewinnes wegen, deren die Nazarener nicht bedurften. Darum reimt es sich nicht, dass die Katholiken der Mönche Aberglauben mit denen der Nazarener Gelübde beschönigen.

Geist: Durch welche Anregung und Erleuchtung er seinen Erlöser Jesum Christus erkennen wird, ehe denn er und Christus aus dem Mutter Leibe auf die Welt kommen werden. Darum kann Gott auch den Kindern den Heiligen Geist und waren Glauben an Christus geben, welches er auch zu tun pflegt.

16. Und er wird der Kinder von Israel viele zu Gott, ihrem Herrn, bekehren.

Bekehren: Durch die Predigt der Buße. Denn die Predigt des göttlichen Wortes ist das Mittel oder Werkzeug, dadurch Gott die Menschen bekehrt, dass sie Buße tun und selig werden.

17. Und er wird vor ihm hergehen in Geist und Kraft des Elia, zu bekehren die Herzen der Väter zu den Kindern und die Ungläubigen zu der Klugheit der Gerechten, zuzurichten dem Herrn ein bereitet Volk {Mal 4v5 Mt 14 17v12 v13}.

Vor ihm: Vor Christus, als Gott dem Herrn. Und man hat hier ein Zeugnis der Gottheit Christi wahrzunehmen.

Bereit Volk: Das heißt, Dein Sohn Johannes wird zuvor anfangen zu predigen, ehe denn Christus der Herr sein Amt mit der Predigt des Evangeliums antreten wird. Und wird Johannes mit einem großen Eifer und wunderbarem Fortgang in der Kirche Gottes lehren, wie Elias es vor Zeiten getan hat. Und wie dieser Prophet zu seiner Zeit die Spaltungen in der Religion aufgehoben hat, da zuvor diese des Baals, andere einen anderen Gottesdienst trieben. Und hat die Eltern und Kinder zu dem einigen, wahren und ewigen Gott zu erkennen und zu ehren angewiesen. Also wird Johannes mit der Predigt der Buße und Deutung auf den Heiland Christus, die Sekten der Pharisäer und Sadduzäer, auf welche das allgemeine Volk viel hält, aufheben und seine Zuhörer von der Ungerechtigkeit zur Gottseligkeit und vom Unglauben zum Glauben an Christus bringen, auf dass sie sich in ihren Sachen weislich Rat schaffen, und durch den Glauben an den Mittler Christus vor Gott gerecht werden. Und wird also Gott ein Volk zubereiten, dass es den Erlöser Christus willig annehme. Weil demnach dies alles dem Predigtamt des Johannes des Täufers zugemessen wird, so ist daraus offenbar, dass diejenigen, welche das äußerliche Predigtamt des göttlichen Wortes gering schätzen und verächtlich davon reden, dagegen aber innerliche Offenbarungen und Einrichtungen suchen, vom Satan getrieben werden, auf dass sie den Leuten das Mittel und Werkzeug der Seligkeit, nämlich, des Predigtamtes des Wortes und Sakramentes, listig entziehen. Weil auch der Engel Gottes das Predigtamt und die Person Johannes so hoch preist, so sollen wir auf sein Zeugnis fleißig Achtung haben, als auf einen vortrefflichen Mann in der Kirche Gottes. Das Zeugnis aber Johannes ist: Jesus von Nazareth sei der eingeborene Sohn Gottes, der Messias und Heiland der Welt, das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trägt {Joh 1}. Wie auch die Predigten Elias und Johannes das Volk zu einer wahren Religion gebracht haben. Also bringt noch heutigentags das Evangelium Christi, wenn es rein und lauter gepredigt wird, die Christen von mancherlei Orden, Aberglauben, und Sekten zusammen zu einem Heiland Christo. Welches doch von denen gemeint ist, die dem Evangelium Christi glauben. Denn es ist niemals, weder zu Elias noch zu Johannes Zeiten so gut gestanden, dass jedermann die rechte Lehre von Herzen angenommen hätte.

18. Und Zacharias sprach zu dem Engel: Wobei soll ich das erkennen? Denn ich bin alt, und mein Weib ist betagt.

Und: Bis jetzt haben wir den Engel als Boten und Gesandten Gottes gehört, wie er dem Zacharias eine gute Botschaft gebracht und fröhliche Nachrichten verkündigt hat. Jetzt folgt, wie Zacharias solches aufgenommen hat.

Erkennen: Dass solche unglaublichen Sachen, die Du sagst, geschehen werden?

Bin alt: Und zum Kinderzeugen nicht mehr tauglich. So hab ich vor der Zeit, da ich noch jünger gewesen war, oft um einen Sohn Gott den Herrn gebeten, es ist aber bisher vergebens gewesen, und ich habe nichts erlangt.

Betagt: Also, dass sie des Alters wegen zu empfangen nicht mehr geschickt ist, wenngleich sie sonst von Natur unfruchtbar wäre, wie kann ich denn glauben, dass uns jetzt ein Sohn sollte geboren werden, da wir beide alt sind? Denn unser Herz ist von Natur viel zu klein dazu, als dass es die gewaltigen und herzlichen Verheißungen Gottes fassen könnte, und dürfen wir uns selber nicht so viel Gutes von Gott erhoffen, als er zu geben bereit ist.

19. Der Engel antwortete und sprach zu ihm: Ich bin Gabriel, der vor Gott steht, und bin gesandt, mit Dir zu reden, dass ich Dir solches verkündigte.

Gabriel: Der Erzengel, der Dir solches verkündigt, und nicht ein wichtiger Mensch, der Dir möchte eine vergebliche Hoffnung machen, oder mit falschen Worten zu verführen. Darum sollst Du meine Worte nicht in Zweifel ziehen.

Steht: In ständiger Bereitschaft, seinen Willen zu vollbringen. Es stehen aber viel 1000 Engel vor dem Thron Gottes, dass sie seine Befehle ausrichten {Dan 7}.

Verkündigte: Darum, obwohl die Sachen der Hoheit Dich mögen zum Nachdenken bringen, so hätte doch eines solchen Gesandten Gottes Ansehen bei Dir so groß sein sollen, dass Du mir hättest Glauben gegeben. Es werden aber die Engel ausgesandt zur Seligkeit derer, welche die ewige Erbschaft erlangen sollen {Hebr 1}.

20. Und siehe, Du wirst verstummen und nicht reden können bis auf den Tag, da dies geschehen wird, darum dass Du meinen Worten nicht geglaubt hast, welche sollen erfüllt werden zu ihrer Zeit.

Geschehen: Was ich Dir von Deinem Sohn, der geboren werden soll, verkündigt habe. Denn Gott ist dem Unglauben feind. Daneben aber wirft er uns doch nicht weg, von wegen unseres schwachen Glaubens, wie er auch hier den Zacharias nicht auf ewig verstoßen hat.

21. Und das Volk wartete auf Zacharias und verwunderte sich, dass er so lange im Tempel verzog.

Verzog: Welches er sonst nicht zu tun pflegt, dass er über die gewöhnliche Zeit wäre darin geblieben.

22. Und da er herausging, konnte er nicht mit ihnen reden. Und sie merkten, dass er ein Gesicht gesehen hatte im Tempel. Und er winkte ihnen und blieb stumm.

Zu reden: Wie er es sonst im Allgemeinen machte. Denn wenn die Priester das Volk vom Gottesdienst wollten nach Hause schicken, so sprachen sie zuvor den Segen über sie, welches beschrieben wird im 4. Buch Mose Kapitel 6.

Merkten: Dass sie aus allen diesen Umständen viel erkennen konnten.

Gesicht: Davor er sich so entsetzt hatte, dass ihm eine Zeit lang die Sprache entfallen war.

Blieb stumm: Bis auf den Tag, da Johannes beschnitten wurde. Das aber Zacharias eine Zeit lang stumm blieb, solches ist später zu großer Ehre Gottes und Bestätigung des Predigtamtes Johannes geschehen. Denn mit der Gelegenheit sind die wunderbare Empfängnis und Geburt Johannes und die vorhergegangene Botschaft des Engels Gabriel vielen bekannt geworden. Denn die Trübsale der Gottseligen dienen zur Ausbreitung der Ehre Gottes.

23. Und es begab sich, da die Zeit seines Amtes aus war, ging er heim in sein Haus.

Sein Haus: Es hat aber Zacharias seine Wohnung nicht in Jerusalem gehabt, sondern auf dem Gebirge, wie später noch in diesem Kapitel berichtet wird. Und hätte er zwar die Gelegenheit gehabt, weil er stumm geworden war, dass er schnell nach Hause gegangen wäre, und die Zeit nicht abgewartet, bis sein Amt zu Ende gewesen wäre. Aber er hat sein Amt in der Kirche Gottes treu und fleißig verrichten wollen, weil er es konnte. Solch Fleiß und Treue sollen die Kirchendiener in ihrem Amt lernen und auch tun, dass sie nicht um der geringen Ursache willen die Predigten oder Austeilung der Sakramente einstellen, und die Arbeit ihres Berufes auf andere schieben. Aber das sind doch ganz grobe Köpfe und Esel, welche von der Kirchen Einkommen großen Nutzen haben und dagegen nichts tun, als dass sie den Kragen mit Speise und Trank füllen, den Spielen erlegen sind, und den Huren nachlaufen.

24. Und nach den Tagen ward sein Weib Elisabeth schwanger und verbarg sich fünf Monate und sprach:

25. Also hat mir der Herr getan in den Tagen, da er mich angesehen hat, dass er meine Schmach unter den Menschen von mir nähme.

Getan: Dass er mich schamrot gemacht, und ich vor Scham nicht mehr unter die Leute gehen darf, bis ich es nicht mehr verbergen kann, dass ich in einem so hohen Alter schwanger geworden bin. Denn die Alten, so sie sich keiner Scham noch Zucht achten, sondern sich vielmehr des Fleisches Wollust rühmen, sind zu schimpfen, weil es den jungen Leuten auch nicht zusteht. Gleichwie aber Gott die fromme Elisabeth für etliche zum Gespött gemacht, indem er die Schmach der Unfruchtbarkeit von ihr genommen hat. Also nimmt Gott häufig ein schweres Kreuz durch ein anderes leichteres weg. Es misst aber die Elisabeth ihre Fruchtbarkeit Gott dem Herrn zu. Denn Kinder sind eine Gabe Gottes, und es liegt in keiner menschlichen Kraft, dass der Ehestand fruchtbar sei {Ps 127}.

26. Und im sechsten Monat ward der Engel Gabriel gesandt von Gott in eine Stadt in Galiläa, die heißt Nazareth,

Und: Bis jetzt ist gesagt worden von der Empfängnis Johannes des Täufers. Jetzt folgt auch, wie der Engel Gabriel die Empfängnis Christi der Jungfrau Maria verkündigt hat.

Sechsten Monat: Nach der Empfängnis Johannes des Täufers.

Nazareth: Welches eine geringe verachtete Stadt gewesen ist, gegen die anderen zu rechnen {Joh 1}.

27. zu einer Jungfrau, die vertraut war einem Manne mit Namen Joseph vom Hause David; und die Jungfrau hieß Maria.

Maria: Welche aus dem gleichen Geschlecht gebürtig gewesen ist. Es war aber zur selben Zeit das Geschlecht Davids in solch eine Armut gekommen, dass diese Jungfrau (Davids Tochter) dem Josef, einem Zimmermann zur Ehe versprochen wurde, und Josef (ein Sohn Davids mit dem Handwerk des Zimmermanns seine Nahrung suchte. Und es war Maria dem Josef vertraut, aber die Hochzeit noch nicht gewesen. So haben auch diese beiden Eheleute, wie einander, keine eheliche Beiwohnung gehabt. Darum ist Maria eine unverfälschte reine Jungfrau geblieben. Und Gott hat die arme Jungfrau Maria zur Mutter unseres Herrn Jesu Christi erwählt, nicht allein, dass die Schrift erfüllt würde, welche zuvor verkündigt hatte, dass Christus aus dem Samen Davids sollte geboren werden {2Sam 7 Jer 23v33}, sondern auch, dass er lehrte, wie der allerhöchste Gott die niedrigen geringen Menschen auf Erden gnädig ansehe, denn es sind die Frommen von Gott darum nicht verstoßen, weil sie in der Welt verachtet, und mit Füßen getreten werden.

28. Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Gegrüßt seist Du, Holdselige! Der Herr ist mit Dir, Du Gebenedeite unter den Weibern.

Kam: In einer angenommenen menschlichen Gestalt, die doch ein herzliches Ansehen hatte, und zu erkennen gab, dass er ein Gesandter Gottes wäre.

Holdselige: (Gebenedeite) Der Gott mit einer besonderen Gnade und Güte wohl gewogen ist.

Mit Dir: Er steht Dir bei mit seiner Hilfe und Gnade, und wird Dir wohltun.

Gebenedeite: Das heißt: Gott wird Dich mit besonderen Segen begaben, der niemals einer Frau widerfahren ist. Diesen missbrauchen die Katholiken täglich auf vielerlei Weise. Denn sie mit diesen Worten die Jungfrau Maria anrufen, und haben den Gruß in ein Gebet verwandelt, da doch die Anrufung Gott allein gebührt, nehmen aber dessen nicht wahr, dass solcher dem Engel und nicht uns befohlen wurde. Sie überreden sich auch selbst, wenn sie dies Gebet oft wiederholen, dass sie dadurch allerlei Unglück abwenden, Gottes Gnade und Vergebung der Sünden bekommen könnten. Welche gottlose Meinung die römischen Päpste mit vielen Ablässen (wie sie es nennen) bestätigt haben. Sie haben diesen engelischen Gruß schlecht ausgelegt, da er zum Gedächtnis der Menschwerdung des Sohnes Gottes, ohne Anrufung Marias und ohne dem zuvor angezeigten Gottlosen Aberglauben keine Bedeutung hat.

29. Da sie aber ihn sah, erschrak sie über seine Rede und gedachte: Welch ein Gruß ist das?

Ihn sah: Nämlich, den Engel des Herrn, und solchem ferner nachdachte, achtete sie sich dessen unwürdig. Denn fromme Leute halten mäßig von sich selbst.

30. Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte Dich nicht, Maria; Du hast Gnade bei Gott gefunden.

Sprach: Dass er sie begehrte zu trösten, weil er sah, wie die Jungfrau über seine Erscheinung sich entsetzt hatte.

Dich nicht: Du darfst Dich meiner Erscheinung wegen nicht fürchten. Denn ich bin nicht gekommen, dass ich Dir traurige Nachrichten verkündige, sondern bin darum da, dass ich Dir alles Gute verkündige.

Gnade gefunden: (Nach Luther) Das bedeutet: Du hast einen gnädigen Gott.

Gefunden: Du hast einen gnädigen Gott im Himmel. Es kann uns aber kein größerer Trost widerfahren, wenn wir dessen vergewissert werden, dass uns Gott gnädig und gewogen ist. So oft aber den bußfertigen Sündern das Evangelium von der Vergebung der Sünden entweder öffentlich oder im Geheimen besonders verkündigt wird, so oft will uns Gott der Herr dessen vergewissern, dass wir Gnade bei Gott gefunden haben. Eben das geschieht auch in der Austeilung des heiligen Abendmahls.

31. Siehe; Du wirst schwanger werden im Leibe und einen Sohn gebären, des Namen sollst du Jesus heißen.

Siehe: Bis hierher haben wir des Engels Gruß gehört. Jetzt folgt der Vortrag und Inhalt seiner Botschaft, um welcher Willen er besonders der Jungfrau Maria geschickt wurde.

Jesus heißen: Hier ist die Weissagung des Propheten Jesaja erfüllt worden, da er spricht (Kapitel 7): Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den sie heißen wird Immanuel, welches so viel heißt als Gott mit uns. Es nennt aber der Engel unseres Herrn den Sohn der Jungfrau, Jesus, und wegen seines Amtes. Denn Jesus heißt so viel wie als ein Seligmacher. Und setzt der Engel die Ursache solchen Namens hinzu {Mt 1}, da er zu Josef sagt: Er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden. Und nennt ihn der Prophet Jesaja richtig Immanuel, auf dass er uns seine Person zu erkennen gebe. Denn nachdem der Sohn Gottes ist Mensch geworden, von der Zeit an ist Gott und Mensch in einer Person bei uns auf Erden, weil auch er selbst, Gott und Marien Sohn gesagt hat, siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende {Mt 28}.

32. Der wird groß und ein Sohn des Höchsten genannt werden, und Gott der Herr wird ihm den Stuhl seines Vaters David geben {Esra 9 7}.

Groß: Er wird ein berühmter Mann und der allermächtigste Herr und Monarch werden im Himmel und auf Erden. Denn es ist dem Menschen Christus alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden {Mt 28}.

Sohn des: Er wird der eingeborene natürliche Sohn Gottes sein, und nicht nur an Kindes statt aufgenommen. Dies ist ein Zeugnis der Gottheit Christi, denn Christus führt keine vergeblichen Titel, wie etliche Fürsten in dieser Welt sich nennen von Ländern, die sie nie besessen, auch niemals besitzen werden.

Vaters David: Dies ist ein Zeugnis der Menschheit Christi. Denn weil David Christi Vater gewesen, so muss Christus ein wahrer Mensch sein, der seine Ankunft nach seiner menschlichen Natur aus dem Geschlecht Davids hat. Dagegen schwärmen die Schwenkfelder, welche bestreiten, dass die Menschheit Christi zum Teil von der Gottheit ihren Ursprung oder Ankunft habe.

33. Und er wird ein König sein über das Haus Jakob ewig, und seines Königreichs wird kein Ende sein {Dan 2v44 7v14 Mi 4v7}.

Haus Jakob: Das heißt: über die Kirche Gottes. Und sagt der Engel, dass Christus ein König ist, aber sein Königreich ist nicht von dieser Welt, wie er selber spricht in Johannes 18. Das heißt: Es ist kein weltliches Reich. Es wird aber gesagt, dass er über das Haus Jakob (der auch Israel geheißen) welches er mit dem Wort und Geist seiner Kirche regiert, dieses beschützt und erhält. Die richtigen Israeliten aber sind heutigentags nicht die verstockten Juden, welche Gott längst verworfen hat, sondern die an Christus glauben, sind der rechte Same Abrahams und die rechtschaffenen Israeliten {Röm 4 Gal 6}.

Kein Ende: Es wird das Reich Christi niemals zugrunde gehen, wie andere Königreiche dieser Welt, sondern wird im anderen Leben erst recht vollkommen sein. Und bringt dieses Reich Christi mit sich, Frieden des Gewissens, Gerechtigkeit und Freude in dem Heiligen Geist {Röm 14}. Darum sollen wir uns mit Fleiß daran halten, auf dass wir durch den wahren Glauben Glieder und Bürger dieses glückseligen und ewigen Reiches sein mögen, welches niemals zugrunde gehen oder aufhören wird und in dem alle Einwohner ewig glückselig sein werden.

34. Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen, weil ich von keinem Manne weiß?

Sprach: Nicht aus Unglauben, wie zuvor Zacharias, sondern mit großer Verwunderung, weil sie hörte, dass sie des Messias Mutter sein sollte, der den alten Vätern versprochen wurde, welches denn ein großes, ja das allergrößte Wunderwerk gewesen, das ihr der Engel von Christo verkündigte, der aus ihr, als einer Jungfrau sollte geboren werden, darum Maria über solcher großen Sachen richtigerweise sich verwunderte.

Weiß: Ich habe noch nie bei einem Manne geschlafen, wie soll ich denn schwanger werden?

35. Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über Dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird Dich überschatten; darum auch das Heilige, das von Dir geboren wird, wird Gottes Sohn genannt werden.

Überschatten: Denn Du wirst von keinem Mann empfangen, sondern der Heilige Geist, welcher des allerhöchsten Gottes ewige Kraft ist, wird in Dir wirken, auf dass ohne männlichen Samen aus Deinem Fleisch und Blut der allerreinste Mensch geboren werde. Es ist aber Christus vom Heiligen Geist empfangen, wie der apostolische Glaube lehrt, nicht also, dass dieser Mensch von dem Wesen des Heiligen Geistes geboren wurde, sondern er ist durch die Wirkung des Heiligen Geistes aus dem Fleisch und Blut der Jungfrau Maria erzeugt worden, auf dass er wahrhaftig Abrahams und Davids Sohn wäre. Und ist es durch eine wunderbare Wirkung des Heiligen Geistes geschehen, dass dieser Mensch nicht allein ohne männlichen Samen, (denn durch des Weibes und nicht des Mannes Samen sollte der Schlangenkopf zertreten werden), sondern auch ohne Sünde geboren werde. Solches nun hat die allerheiligste und reinste Empfängnis Christi zuwege gebracht, dass Christus ohne Sünde geblieben ist. Denn wie hätte er sonst kommen können, für andere Leute Sünden genug zu tun, wenn er selber auch ein Sünder gewesen wäre? Danach deckt seine allerheiligste Empfängnis unsere unreine Empfängnis zu, dass wir nicht von Gott verstoßen werden. Darum, weil wir in Sünden empfangen und geboren sind, wie der 51. Psalm bezeugt.

Heilige: Welches ohne alle Befleckung der Sünden Davids Same sein wird.

Genannt: Wiederholt also der Engel, was er vorher auch gesagt, auf dass wir nicht meinen, Christus, der im Leibe der Jungfrau empfangen wurde, wäre nur ein einfacher Mensch. Denn er heißt und ist auch Gottes Sohn, weil Gott und Mensch ein Christus ist, gleichwie Leib und Seele einen Menschen machen. Das bezeugt der Glaube ganz besonders von Athanasi. Und ist Gott geoffenbart im Fleisch {1Tim 3}. Da das Wort Fleisch geworden, das heißt, da der Sohn Gottes menschliche Natur an sich genommen hat.

36. Und siehe, Elisabeth, Deine Gefreundete, ist auch schwanger mit einem Sohn in ihrem Alter und geht jetzt im sechsten Monat, die im Geschrei ist, dass sie unfruchtbar sei.

Und: Auf dass der Engel der Jungfrau Maria Glauben desto mehr stärke, so gibt er ihr ein Wahrzeichen, indem er das Wunderwerk vorbringt, welches Gott an der unfruchtbaren Elisabeth getan hat, die in ihrem Alter schwanger geworden ist.

Gefreundete: Die ihre (meines Erachtens) Schwägerin gewesen ist.

37. Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich.

Unfruchtbar: Welches ein Wunderwerk ist, dass ein unfruchtbares Weib, gegen alle Ordnungen der Natur, und noch dazu im hohen Alter schwanger wird.

Kein Ding: Es ist deswegen offenbar, dass diejenigen den ersten Artikel des Glaubens (ich glaube an Gott den Allmächtigen, Vater) noch nicht wissen oder glauben, welche aus Gottlosen Mutwillen die Allmacht Gottes an philosophische Weltweise Regeln binden wollen. Wir aber sollen diesen Spruch Christi zu unserem Trost gebrauchen, so oft unser Fleisch uns zum Zweifel reizt, ob uns Gott auch wohl erretten unterhalten kann, dass wir schnell zu diesem Spruch fliehen. Bei Gott ist kein Ding unmöglich.

38. Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie Du gesagt hast. Und der Engel schied von ihr.

Magd: Und bereit, meinem Gott zu gehorchen, obwohl ich so großer Ehren mich unwürdig erkenne, dass ich eine Mutter des Messias und Heilandes der Welt werden sollte.

Gesagt hast: Dass ich in meinem Leibe den versprochen Messias empfangen soll, denn mir keine größere Guttat widerfahren kann. Wir sollen uns dem Willen Gottes auch untergeben und demütig bitten, dass Gott seine Verheißungen in uns erfüllen wolle.

Von ihr: Des Engels erinnert, wie das bei Fürsten und Herren geschieht, dass sie nach Verrichtung ihrer Geschäfte wieder zu ihrem Herren sich zur Verfügung halten, und nicht unnötig verziehen.

39. Maria aber stand auf in den Tagen und ging auf das Gebirge eilends zu der Stadt Juda

Gebirge: Da Zacharias und Elisabeth wohnten. Denn weil Maria von dem Engel verstanden hat, dass die unfruchtbare Elisabeth, ihre Verwandte, aus einer besonderen Guttat, und aufgrund göttlicher Wunderwerke schwanger geworden ist, hat sie diese besuchen wollen, auf dass sie ihr Glück wünschte, und sie der fröhlichen engelischen Botschaft von dem Messias, der aus ihr sollte geboren werden, auch teilhaftig machte, damit sie also mit freundlicher Nachricht, einer den anderen im Glauben stärkte.

Eilends: Dass sie mutig fortgegangen ist. Denn es steht den Frauen besonders zu, dass sie, wenn sie über die Felder ziehen, nicht hin und wieder herumschweifen, sondern ihre Sachen beizeiten verrichten, und sich wieder zu Hause finden. So hat auch Maria darum geeilt, auf dass sie ihren Glauben damit stärkte, was der Engel zu ihr von Elisabeth gesagt hatte. Denn man soll keine Gelegenheit den Glauben zu stärken versäumen.

40. und kam in das Haus des Zacharias und grüßte Elisabeth.

Grüßte: Es sind aber die Grüße, so von frommen Menschen geschehen, und an fromme Menschen geraten, sehr kräftig {Mt 10}.

41. Und es begab sich, als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leibe. Und Elisabeth ward des Heiligen Geistes voll

Hüpfte: Vor Freuden, von wegen der Gegenwart des Messias, der im Leibe der Jungfrau Maria bereits empfangen war. Hat also Johannes nicht allein Christus, da sie noch beide im Mutterleibe gewesen, erkannt, sondern auch mit seinem Hüpfen bereits damals dem Herrn Jesus Zeugnis gegeben, und hat solches getan aus Anregung des Heiligen Geistes. Können darum auch die Kinder den Heiligen Geist empfangen und in ihrer Kindheit Christus erkennen, darum sie auch der Taufe fähig sind.

Geistes voll: Denn es pflegt der Heilige Geist, auch dem weiblichen Geschlecht seine Gaben mitzuteilen, welches die Frauen vor der Verachtung richtigerweise befreien soll.

42. und rief laut und sprach: Gebenedeit bist Du unter den Weibern, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes.

Gebenedeit: (Nach Luther) Auf Deutsch also, gelobt bist Du.

Bist Du: Jungfrau Maria, weil Dich Gott zu hoch gewürdigt hat, dass Du eine Mutter Christi würdest.

Frucht: Der Messias, welcher nicht allein mit himmlischen Gaben geziert wird und überschüttet ist, sondern er wird auch den Fluch, der durch die Sünde entstanden, wegnehmen, und den rechten Segen, samt der ewigen Seligkeit, dem menschlichen Geschlecht wiederbringen, denn Jesus Christus ist der Same Abrahams, indem alle Völker auf Erden sollen gesegnet werden {1Mos 22 Gal 3}.

43. Und woher kommt mir das, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?

Kommt mir: Denn ich bin nicht wert, dass die mich besuchen sollte, welche meinen Herrn und Gott, den Heiland der Welt, gebären wird. Dies ist der christlichen Demut Art, dass einer den anderen gerne vorzieht.

44. Siehe, da ich die Stimme deines Grußes hörte, hüpfte mit Freuden das Kind in meinem Leibe.

Leibe: Also, dass es mit einer geistlichen Freude im Mutterleibe bezeugt hat, wie die Mutter meines Heilandes zu mir gekommen ist, und hat empfunden, dass der Messias nahe vorhanden sei, darum es sich gefreut, dass dieser bald werde geboren werden.

45. Und o selig bist Du, die Du geglaubt hast! Denn es wird vollendet werden, was Dir gesagt ist von dem Herrn.

Geglaubt: Dem Engel, der die Empfängnis des Heilandes verkündigt hat.

Vollendet: Denn wie wir glauben, so widerfährt es uns, wie die Jungfrau Maria durch den Glauben an Christus selig geworden ist, also werden auch wir durch diesen Glauben an den Heiland der Welt zum ewigen Leben erhalten {Röm 3}.

46. Und Maria sprach: Meine Seele erhebt den Herrn,

Sprach: Denn weil die Heilige Jungfrau Maria auch durch die Rede der Elisabeth, so vom Heiligen Geist kam, in ihrem Glauben gestärkt wurde, zieht sie zur Dankbarkeit nicht nach Jerusalem, das sie da opfere, sondern opfert Gott ein Lobopfer, das heißt, eine Danksagung. Wenn wir Gott den Herrn von Herzen preisen, so bringen wir ihm ein angenehmes Opfer, wie der Apostel in den Hebräern davon redet: So lasst uns nun opfern durch ihn, das Lobopfer Gott immer, das heißt, die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen {Hebr 13}.

Erhebt: Und dass ich könnte Gott dem Herrn genügend großes Lob erheben, wie er es wert ist. Ich will aber seine Güte, Wahrheit, Beständigkeit und unendliche Macht rühmen. Wir können zwar unseren Herrn Gott, wie er ist, weder höher erheben noch tiefer erniedrigen. Aber dennoch erheben wir ihn hoch, wenn wir seine Kraft und Majestät erkennen, so viel unsere Schwachheit fassen kann, und mit dankbaren Herzen ihn bei anderen preisen.

47. und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes.

Freut sich: Ich bin mit großen Freuden ganz und gar überschüttet, weil ich merke, dass mir Gott mit besonderen Gnaden gewogen ist und so für mich sorgt, dass er mich ewig selig machen will. Die Welt freut sich und frohlockt über ihre Güter, Ehre und andere vergängliche Sachen. Wir aber sollen uns dessen von Herzen freuen, dass wir einen gnädigen Gott haben, um Christi willen.

48. Denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder.

Angesehen: Der allmächtige Gott hat mich arme elende und verachtete Magd mit solchen Gnaden angesehen, dass er mich zu seines eingeborenen Sohnes Mutter haben will. Oh was für eine große Gnade und Güte Gottes ist das? Was bin ich, dass mich Gott so großer Ehren gewürdigt hat? Aber Gott, der in der Höhe wohnt, und der Allermächtigste, und mit höchster Majestät begabt ist, sieht das Niedrige gnädiglich an im Himmel und auf Erden {Ps 113}. Darum sollen wir der wahren Demut uns befleißigen.

Kind: Es werden von der Zeit an, da ich eine Mutter des Herrn und Heilandes der Welt geworden bin, alle, die an diesen Heiland glauben, bekennen müssen, dass ich die aller glücklichste unter allen Frauen bin. Und zwar ist keiner Frau auf dem ganzen Erdboden eine größere Ehre jemals widerfahren. Aber daraus folgt keineswegs, dass man die Jungfrau Maria anrufen müsse; sondern, wenn uns unsere Seligkeit zu Herzen geht und angelegen ist, so lasst uns Gottes Wort hören, diesem folgen, dann wird uns das auch zugemessen werden und angehören, was Christus sagt {Mt 12}. Wer den Willen tut meines Vaters im Himmel, der ist mein Bruder, meine Schwester und Mutter.

49. Denn er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist, und dessen Name heilig ist.

Große Dinge: Und Guttaten, die ich mit Gedanken niemals genügend begreife, viel weniger mit Worten aussprechen kann. Darum rühme und preise ich ihn einfach, so viel mir möglich ist.

Mächtig ist: Und alles vermag, was er will, daher man sich nicht verwundern muss, dass er mich seine arme und elende Magd mit solchen Gnaden angesehen hat.

Heilig ist: Also, dass nichts von ihm kann gesagt werden, welches nicht zu loben ist. Denn alle seine Werke sind heilig, gerecht und zu verwundern und zu rühmen. Hier hat man zweierlei zu merken. Erstens, dass uns Gott großer und mehr Guttaten erzeigt, als wir hätten hoffen dürfen. Zum anderen, dass alle seine Werke heilig und unsträflich sind, an denen nicht zu tadeln ist, darum sollen wir uns alle seine Werke gefallen lassen.

50. Und seine Barmherzigkeit währt immer für die und bei denen, die ihn fürchten.

Währt: Sie ist nicht unbeständig oder wankelmütig, dass sie bald einem günstig sei, bald aber wiederum ohne genügende erhebliche Ursachen denselben verstoße und verwerfe.

Fürchten: Er bleibt den frommen Eltern und ihren frommen Nachkommen mit Gnaden zugetan und gewogen, auch bis in das 1000. Glied {2Mos 20}. Aus dieser gnädigen Güte, und beständigen Barmherzigkeit Gottes sollen wir unseren Glauben stärken. Auf dass wir diesen behalten, und auf unsere Nachkommen bringen mögen, so sollen wir in die gottseligen Fußstapfen unserer Eltern treten und unsere Kinder in der wahren Gottseligkeit erziehen.

51. Er übt Gewalt mit seinem Arm und zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn.

Sinn: Es zeigt Gott seine unüberwindliche Gewalt auch darin, dass er die Stolzen und Übermächtigen, welche in ihren Herzen mit hohen Gedanken umgehen, zerstreut, zuschanden und zunichtemacht. Darum, wenn die Tyrannen sich miteinander wieder die Kirche Gottes verbinden, dass sie diese vertilgen wollen, und grausame Anschläge dagegen machen, so sollen wir ein gutes Vertrauen zu Gott haben, denn des Herrn Hand ist nicht so kraftlos, verkürzt oder zerbrochen, dass Gott mit seiner unendlichen Gewalt solcher Grausamkeit und dem stolzen Hochmut der übermäßigen und aufgeblasenen Menschen nicht steuern könnte.

52. Er stößt die Gewaltigen vom Stuhl und erhebt die Niedrigen.

Stößt: Denn welche ihre Macht missbrauchen und Grausamkeit damit üben, die werden von Gott gestürzt, welche aber sich Gott demütig befehlen, die werden erhöht. Denn Gott widersteht den Hoffärtigen, aber den Demütigen gibt er Gnade {1Petr 5}.

53. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer.

Hungrigen: Welche sich und alle Angehörigen Gott befehlen.

Reichen: Welche ihr Vertrauen auf den Reichtum setzen und meinen, sie bedürfen Gottes Hilfe nicht, die verlässt er und entzieht ihnen seinen Segen, dass sie darüber in Armut geraten, und der göttlichen Guttaten beraubt werden. Dieser Spruch soll die Hungrigen trösten und die, so sie Überfluss haben, in der Furcht Gottes behalten. Denn es ist Gott dem Herrn beides ganz leicht zu tun, einen Armen reich zu machen und einen Reichen allen seinen Güter zu berauben, wie die tägliche Erfahrung solches bezeugt.

54. Er denkt der Barmherzigkeit und hilft seinem Diener Israel auf,

Denkt: Denn es hat etliche Jahre das Ansehen gehabt, als ob Gott seines Volkes Israel vergessen hätte bei so großem Jammer, damit dies Volk eine Zeit lang unterdrückt wurde. Aber jetzt sieht er aus seiner unermesslichen Barmherzigkeit dieses Volk wiederum mit Gnaden an und sendet ihnen den versprochenen Heiland der Welt. Denn wenn Gott im Unfall nicht bald hilft, so meinen wir, er habe uns vergessen und sorge nicht mehr für uns. Aber zur rechten Zeit beweist er mit der Tat, dass er alle die mit Gnaden ansehe, welche ihm vertrauen.

55. wie er geredet hat unsern Vätern, Abraham und seinem Samen ewig {1Mos 17v7 3Mos 26v42}.

Vätern: Denen er den Messias verheißen hat. Besonders aber hat er Abraham versprochen, dass er ihm seine gottseligen Nachkommen alle miteinander, um des Messias willen, wolle zu Gnaden aufnehmen, und ihnen alles Gute erzeigen zeitlich und ewig. Solches hält und leistet er jetzt treu. Denn ob es sich manchmal so ansehen lässt, als ob Gott mit der Erfüllung seiner Verheißung verzieht, so sollen wir doch wissen, dass er der Allerwahrhaftigste ist, und uns reichlich versorgen werde. Dieser Lobgesang der Jungfrau Maria soll uns dazu dienen, dass wir auch lernen, Gott zu rühmen um seiner Güte und unendlichen Allmacht willen, damit er die Elenden und Verlassenen ansieht und die Demütigen erhöht, und den auch wegen seiner Beständigkeit und Wahrheit, damit er seine Verheißungen erfüllt. Desgleichen soll er uns die Furcht Gottes lehren, dass wir uns ihm nicht widersetzen, oder uns gegen ihn erheben, auf das wir nicht zerstreut und von dem Stand, darin er uns aus seiner Guttat gesetzt hat, gestürzt und verstoßen werden.

56. Und Maria blieb bei ihr drei Monate; danach kehrte sie wiederum heim.

Monate: Bis Elisabeth fast nahe zur Zeit ihrer Geburt gekommen war. Welche Zeit über Elisabeth und Maria mit gottseligen Gesprächen von dem Messias sich oft und viel belustigt haben. Es bestätigen aber die gottseligen Gespräche und mehren unseren Glauben, wie Paulus bezeugt {Röm 1}.

57. Und für Elisabeth kam ihre Zeit, dass sie gebären sollte; und sie gebar einen Sohn.

58. Und ihre Nachbarn und Gefreundeten hörten, dass der Herr große Barmherzigkeit an ihr getan hatte, und freuten sich mit ihr.

Getan: Das heißt: Dass sie Gott mit besonderen Gnaden angesehen hätte, indem er die Schmach der Unfruchtbarkeit von ihr genommen und ihr einen lieben Sohn bescherte, der ein heiliger Mann werden sollte.

Freuten: Dass sie den frommen Eltern ihr gutes Glück von Herzen gönnten. Denn wir sollen auf unseren Nächsten nicht neidisch sein, wenn es ihm gut geht, sondern uns viel mehr und dazu von Herzen mit ihm freuen, welches die christliche Liebe von uns fordert {1Kor 13}.

59. Und es begab sich, am achten Tage kamen sie, zu beschneiden das Kindlein, und hießen ihn nach seinem Vater Zacharias.

Kindlein: Den Sohn Zacharias. Gleichwie aber vorzeiten die Beschneidung nötig war, nach dem Befehl {1Mos 17}. Wenn ein Knabe nicht an der Vorhaut seines Fleisches beschnitten wurde, dessen Seele sollte ausgerottet werden aus seinem Volk. Darum, dass es meinen Bund unterlassen hat: Also ist heutigentags die Taufe zum höchsten nötig, wenn man sie haben kann. Nach dem Spruch Christi. Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen {Joh 3}. Und wie die Beschneidung bezeugt, dass die Kinder in den Bund und zu Gnaden Gottes aufgenommen würden. Also macht die Taufe uns zu Erben des Himmelreiches.

Hießen ihn: Weil es Brauch war, dass man in der Beschneidung den Kindern auch den Namen gab.

60. Aber seine Mutter antwortete und sprach: Mitnichten, sondern er soll Johannes heißen!

Heißen: Denn es hat ohne allen Zweifel Zacharias der Elisabeth in Schriften zu verstehen gegeben, was ihm vom Engel verkündigt und des Kindes Namen befohlen wurde.

61. Und sie sprachen zu ihr: Ist doch niemand in deiner Freundschaft, der also heiße.

Also heiße: Warum wählst Du denn nicht viel mehr einen Namen, der in Deinem Geschlecht gebräuchlich ist? Es machte aber die Elisabeth richtig. Denn es können die Frauen auch häufig gute Ratschläge geben, daher auch Gott dem Abraham in einem besonderen Fall befohlen, dass er der Sara folgen sollte {1Mos 21}.

62. Und sie winkten seinem Vater, wie er ihn wollte heißen lassen.

63. Und er forderte ein Täfelein, schrieb und sprach: Er heißt Johannes. Und sie verwunderten sich alle.

Verwunderten: Weil Zacharias und Elisabeth sich über des Kindes Namen so einig waren, da doch solcher Name in ihrem Geschlecht nicht gebräuchlich war, daher sie ihnen die Rechnung machten, dass aus Anregung des Heiligen Geistes dieser Name dem Kinde von beiden Eltern gegeben würde. Der Name aber Johannes, welcher bei uns Deutschen ganz gebräuchlich ist, soll uns der Gnaden Gottes erinnern, damit der uns um Christi willen gewogen ist, welchen Johannes gepredigt, und als das Lamm Gottes mit Fingern gezeigt hat. Obwohl es uns freisteht, dass wir unseren Kindern Namen mögen geben, wie es uns gefällt, so tun jedoch die richtig, welche ihre Kinder also nennen, dass beide Eltern und Kinder der Guttaten Gottes bei ihren Namen sich erinnern können, oder aber, dass die Kinder zur gottseligen Nachfolge eine Erinnerung ist, derjenigen, welcher Namen sie führen.

64. Und alsbald ward sein Mund und seine Zunge aufgetan, und redete und lobte Gott.

Sein Mund: Nämlich, des Zacharias, der zuvor stumm gewesen war.

Lobte Gott: Dass er ihm einen Sohn beschert, und die Sprache wiedergegeben hatte. Denn es ist die Sprache eine besondere große Guttat Gottes, der wir nicht so unnütz zu schandbaren oder lästerlichen Sachen missbrauchen, sondern zum Lob des göttlichen Namens und zur Erbauung des Nächsten richtig gebrauchen sollen.

65. Und es kam eine Furcht über alle Nachbarn und diese Geschichte ward ruchbar auf dem ganzen jüdischen Gebirge.

Nachbarn: Welche sich über solche großen und wunderbaren Sachen entsetzten und merkten, dass Gott mit der Geburt des Sohnes Zacharias etwas Neues und Großes vorhätte.

66. Und alle, die es hörten, nahmen es zu Herzen und sprachen: Was, meinst Du, will aus dem Kindlein werden? Denn die Hand des Herrn

Werden: Gewisslich wird er einen vortrefflichen Mann geben.

Mit ihm: Man spürte so viel, dass Gott mit seiner Gnade bei dem Kinde besonders wäre, und ihm seinen Segen gebe. Daher die Eltern sehr erfreut wurden, da sie zuvor ganz traurig gewesen wegen ihrer unfruchtbaren Ehe, und dass der Vater Zacharias seiner Sprache eine Zeit lang müsse beraubt sein. Denn der Frommen Kreuz gewinnt endlich einen fröhlichen Ausgang, darum sollen wir in Widerwärtigkeit gute Hoffnung haben.

67. Und sein Vater Zacharias ward des Heiligen Geistes voll, weissagte und sprach:

Volk: Er ist mit einem prophetischen Geist begabt worden, dass er die Weissagung der Heiligen Schrift von Christo erklären, und von zukünftigen Sachen weissagen konnte.

Sprach: Es hat aber Zacharias Gott den Herrn gepriesen, dass er seine Verheißung von der Sendung des Messias erfüllt, und dass er ihm seinen Sohn Johannes beschert, der vortreffliche und nützliche Sachen in der Kirche ausrichten würde. Doch weissagt er viel mehr von Christo als von seinem Sohn Johannes. Und sind die göttlichen Lobgesänge, so sie aus rechtschaffenen Herzen entspringen, Gott das angenehmste Opfer, wie der 69. Psalm solches bestätigt: Ich will den Namen Gottes loben mit einem Lied, und will ihn hoch ehren mit Dank. Das wird dem Herrn sehr gefallen wie ein Klang der Hörner und Harfen.

68. Gelobt sei der Herr, der Gott Israels; denn er hat besucht und erlöst sein Volk;

Gott Israel: Der dem israelitischen Volk bis daher mit besonderen Gnaden gewogen gewesen ist. Heute aber sind die Christen die rechten Israeliten.

Besucht: Er hat sein Volk gnädig und väterlich heimgesucht (wie ein Vater seinen kranken oder gefangenen Sohn besuchen möchte, dass er ihn erlöse), damit das Volk Gottes vom Tode, Teufel und von der Hölle erlöst würde, und das äußerliche Unglück ihm auch zur Seligkeit diente. Es besucht uns aber Gott heutigentags mit besonderen Gnaden, in dem er uns sein Evangelium gibt, durch welches wir von unserer Erlösung durch Christus vergewissert werden, und im Gewissen Friede und Ruhe bekommen.

69. und hat uns aufgerichtet ein Horn des Heils in dem Hause seines Dieners David {1Sam 2v10 Ps 89v25 132v17 Hes 29v21}.

Des Heils: Ein heilsames Reich. Und redet Zacharias von der Erlösung, die damals in der Nähe war, als von Sachen, die bereits geschehen wären, um das Glaubens Gewissheit willen.

Hause: Das heißt: Aus dem Geschlecht Davids hat uns Gott einen mächtigen und selig machenden König hervorgebracht, auf den unsere Eltern so lange und viele Jahre gewartet haben. Denn der König Christus bringt allen Menschen die ewige Seligkeit, so viel an ihn glauben. Was ansonsten die weltlichen Könige angeht, wenn sie gleich dem Regiment gut vorstehen, so können sie doch nur leibliche und zeitliche Guttaten ihren Untertanen erzeigen, sofern sie nicht zugleich auch den wahren Gottesdienst handhaben. Etliche aber, welche entweder falsche Gottesdienste verteidigen oder sonst tyrannisch regieren, sind nicht Hörner des Heils, sondern Hörner des Verderbens. Denn sie richten ein Regiment zugrunde und stürzen viel tausend Seelen ins Verderben.

70. Als er vorzeiten geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten:

Propheten: Welche vor etlichen hundert Jahren davon geweissagt haben, dass Gott den Messias senden wolle, solches erfüllt und leistet er jetzt mit der Tat. Denn Gott ist wahrhaftig in seinen Verheißungen. Darum sollen wir auf diese Erfüllung mit Geduld warten, auch wenn es häufig das Ansehen hat, dass überhaupt nichts geschieht.

71. dass er uns errettete von unsern Feinden und von der Hand aller, die uns hassen,

Errettet: Solche Errettung und Erlösung will er uns jetzt durch den Messias geben.

Feinden: Unsere ärgsten Feinde aber sind die Sünde, der Teufel, die Welt und die Hölle. Wer darum an Christus glaubt, dem können alle solche Feinde nicht schaden.

72. und die Barmherzigkeit erzeigte unsern Vätern und gedächte an seinen heiligen Bund

Erzeigte: Dass er nach seiner großen Barmherzigkeit mit uns handle, und gnädig mit uns umginge.

Bund: Dass er sich seines Gnadenbundes wiederum erinnerte, und die Verheißung erfüllte, die er unseren Eltern als gute Hoffnung gemacht hatte.

73. und an den Eid, den er geschworen hat unserm Vater Abraham, uns zu geben,

Abraham: Da er zu ihm gesagt: Ich habe bei mir selbst geschworen, spricht der Herr, weil Du solches getan und Deinen einigen Sohn nicht verschont hast, dass ich Deinen Samen segnen und mehren will, wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des Meeres, und Dein Same soll besitzen die Tore seiner Feinde: Und durch Deinen Samen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden {1Mos 22}. Der erste Bund Gottes, oder das Alte Testament, welches auf das Gesetz Mose gemacht worden ist, aber nicht für alle Zeit, weil es auf die Erfüllung des Gesetzes bestand, welches niemand leisten konnte: Aber das Neue Testament gründet sich auf die gnadenreiche Verheißung der göttlichen Güte und Barmherzigkeit, so allen denen festbleibt, die an Christus glauben. Und in Kraft und Wirkung (also zu reden) des Neuen Testaments sind die Heiligen Väter im Alten Testament selig geworden. Denn Christi Guttaten gehen über alle Zeiten der Welt. Darum spricht Johannes in der Offenbarung, das Lamm sei geschlachtet worden von Anfang der Welt {Off 13}.

74. dass wir, erlöst aus der Hand unserer Feinde, ihm dienten ohne Furcht unser Leben lang

Ohne Furcht: Sicher, und ohne Schrecken. Es ist dies aber eine geistliche Sicherheit, da wir mit ruhigem Gewissen, so aus dem Evangelium entspringt, Gott dienen. Wir sind auch nicht darum durch Christus erlöst, dass wir den Lüsten des Fleisches nachhängen, sondern dass wir dienen sollen. Denn Christus ist für alle gestorben, spricht Paulus, auf dass die, so da leben, künftig nicht ihnen selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist {2Kor 5}.

75. in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die ihm gefällig ist.

Gefällig ist: Es gefällt aber Gott die Heiligkeit, welche er in seinem Wort vorgeschrieben hat. Und soll die ganze Zeit unseres Lebens zum Gehorsam gegen Gott angerichtet werden. Denn es ist genug, dass wir die vergangene Zeit das Leben zugebracht haben nach heidnischem Willen, da wir wandelten in Mutwillen und Lüsten. Wie der Apostel Petrus recht ermahnt, im 1. Petri, 4. Kapitel.

76. Und Du, Kindlein, wirst ein Prophet des Höchsten heißen; Du wirst vor dem Herrn hergehen, dass Du seinen Weg bereitest.

Und: Jetzt weissagt Zacharias von seinem Sohn Johannes mit wenigen Worten auch etwas und wendet sich danach bald wieder zu der Person Christi.

Heißen: Es werden alle Frommen bekennen, dass Du von Gott dem israelitischen Volk zum Propheten gesandt bist.

Bereitest: Du wirst vor Christo anfangen, die Buße und Vergebung der Sünden zu predigen und von Christo lehren, und ihm das Volk vorbereiten, das es später Christus desto williger annehme. Auf das darum die Leute den Heiland Christus mit Willen aufnehmen, so ist es nötig, dass sie zuvor zur Erkenntnis ihrer Sünden gebracht werden.

77. und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk, die da ist in Vergebung ihrer Sünden,

Erkenntnis des Heils: (Nach Luther) Dass sie wissen sollen, wie sie selig werden müssen. Nicht durch die Werke des Gesetzes, sondern durch Vergebung der Sünden.

Gebest: Das heißt: Gott wird Dich als einen Prediger ausschicken, dass Du dem Volk Gottes den Weg zeigst zu der wahren und ewigen Seligkeit. Hier hat man zweierlei zu beachten: Erstlich, dass der Kirchendiener, sofern er die rechte Lehre führt, den Leuten den rechten Weg zeigen kann, wie sie zur Seligkeit kommen müssen. Danach, dass unser Heil nicht steht auf unsere Verdienste, sondern auf die Vergebung der Sünden. Darum auch Paulus mit David sagt, selig sind die, welchen ihre Ungerechtigkeiten vergeben sind. Selig ist der Mann, welchem Gott keine Sünde zurechnet {Ps 32 Röm 4}.

78. durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, durch welche uns besucht hat der Aufgang aus der Höhe,

Gottes: Der sich aus herzlicher Liebe und Zuneigung unser, wie eine Mutter ihres Kindes, das sie am Leibe getragen, erbarmt. Wir können darum mit unserem Verdienst nichts, sondern müssen es alles der Barmherzigkeit Gottes zuschreiben.

Besucht: Das heißt: Es ist aus solcher unaussprechlichen Barmherzigkeit auch das gekommen, dass der Sohn Gottes, der die Sonne der Gerechtigkeit ist, uns besucht, auf dass er und selig mache, und ist aus dem Schoß seines Vaters vom Himmel hergekommen, dass er unsere Seligkeit zuwege bringe. Dieser Spruch gibt der ewigen Gottheit Christi Zeugnis.

Aufgang: (Nach Luther) Christus nach der Gottheit, ist der Aufgang in der Höhe vom Vater.

79. auf dass er erscheine denen, die da sitzen in Finsternis und Schatten des Todes und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens {Esra 9v2}.

Erscheine: Denn der Sohn Gottes, als die Sonne der Gerechtigkeit, erleuchtet und erquickt mit seinem Evangelium die Menschen, welche in der traurigen Finsternis ihres geängstigten Gewissens sitzen, und zeigt durch das Evangelium Weg und Weise, wie unser Gewissen den rechten Frieden und Ruhe erlangen kann, nämlich durch den Glauben an ihn. Bis so weit geht der Lobgesang Zacharias, den wir uns zu unserem Trost und unserer Besserung uns zunutze machen sollen.

80. Und das Kindlein wuchs und ward stark im Geist und war in der Wüste, bis dass er sollte hervortreten vor das Volk Israel {Mt 3v1 Lk 3v1}.

Im Geist: Das heißt: Die Gaben des Heiligen Geistes nahmen in ihm zu.

Wüste: Nachdem er aus seinen kindlichen Jahren gekommen, hat er sich an wüste Orte begeben, wo er mit göttlichen Gedanken umgegangen ist. Sein Kleid ist ein Kleid aus Kamelhaaren, und hatte einen ledernen Gürtel um seine Lenden gehabt, und Heuschrecken und wildem Honig zur Speise gebraucht {Mt 3}. In welchem Stand und Tun er geblieben ist, bis es Zeit gewesen ist, dass er hervorgetreten ist, und den Israeliten gepredigt hat, welches geschehen ist im 30. Jahr seines Alters. Es hat aber Johannes nicht darum in der Wüste sich aufgehalten, dass er seine oder andere Leute Sünden damit begehrte zu büßen, oder dass er eine neue Weise zu leben, nämlich, den Einsiedlerstand anfinge, sondern vielmehr, dass er mit einer so harten und rauen Art zu leben ihm ein Zeichen machte, bei dem israelitischen Volk (denn die Juden, von einer solchen strengen Art zu leben viel hielten), und nach seinem Zeugnis von Christus mehr gelte. Wir werden uns in der Gestalt in der Wüste richtig aufhalten, wenn wir mitten in der Welt von den weltlichen und fleischlichen Lüsten uns abziehen, dass wir diesen nicht nachgehen. Im 1. Petrus wie im 2. und wenn wir die Welt also gebrauchen, dass wir diese nicht missbrauchen {1Kor 7}.


Das 2. Kapitel

  • Die ganze Welt wird unter dem Kaiser Augustus gezählt und geschätzt. Der Welt Heiland wird zu Bethlehem geboren. Seine Geburt wird den Hirten von den Engeln verkündigt, welche einen Lobgesang Gottes dazu tun. Christus wird beschnitten. Maria stellt sich unter das Gesetz vor der Kinderbetten Reinigung. Sie nimmt Christus auf den Arm, preist Gott, und weissagt von Christo. Hanna weissagt auch. Christus nimmt zu am Leib und Verstand bei Gott und den Menschen. Als er zwölf Jahre alt geworden war, befragt er sich mit den Lehren zu Jerusalem im Tempel.

1. Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot vom Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.

Es: Jetzt wird von der Geburt unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi berichtet.

Augustus: Welcher Name so viel heißt, als ein glücklicher Regent.

Geschätzt: Damit man einem jeden eine Schätzung (Steuer) auferlegen könnte, nach seinem Vermögen und Geschlecht. Denn es waren damals Judäa und Syrien in der Römer Gewalt, nachdem die Juden Pompeji bezwungen hatten. Und war der König im jüdischen Lande Herodes kein Monarch, sondern der Römer Diener, denn die Römer die obere Herrschaft über das jüdische Land hatten.

Nach Luther: Schätzen ist hier, dass ein jeglicher nach seiner Art angeben musste, wie viel Vermögen er hatte.

2. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war.

Diese Schätzung: Von der auch Josephus, ein jüdischer Geschichtsschreiber, geschrieben hat.

Erste: So im jüdischen Lande geschah: Denn die Römer hatten zuvor den Juden nie eine Schätzung auferlegt.

Syrien war: Diese Umstände alle miteinander sind darum mit solchem Fleiß beschrieben, auf dass man daraus ersehen kann, wie die Juden zu dieser Zeit ihre Herrschaft ganz und gar verloren hatten, darum es eben die richtige Zeit gewesen ist, da der Welt Heiland kommen sollte, nach der Weissagung des Patriarchen Jakob {1Mos 49}.

3. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.

Seine Stadt: Nämlich die vornehmste oder Hauptstadt seines Geschlechtes und Stammes, in welcher er geboren war, auf dass er seinen Namen einschreiben ließ, und anzeigte, was er für Einkommen hätte, davon er später den Römern die Steuern zahlte.

4. Da machte sich auch auf Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war,

5. auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger.

War schwanger: Zwar nicht vom Josef, sondern durch die Wirkung des Heiligen Geistes. Es ist aber aus Gottes besonderer Bestimmung geschehen, dass Josef seine vertraute Frau mit sich genommen hat, auf dass bei dieser Gelegenheit Christus zu Bethlehem geboren wurde. Und in dem der römische Kaiser seinen Sachen nachgeht, so erfüllte unterdes Gott seine Verheißungen, die er den Vätern getan hat. Denn die Welt nimmt sich ein Ding vor, das unser Gott daneben viel und anderes und Besseres verrichtet. Man soll aber auch von dem Josef seinen willigen Gehorsam lernen, der dem Kaiser den Zins (Steuern) gibt, obwohl dieser ein Heide gewesen ist. Darum sollen wir heutigentags vielmehr der christlichen Obrigkeit ohne Widerspenstigkeit geben, was ihr gebührt.

6. Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte.

7. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

Ersten Sohn: Welches nicht den Verstand hat, als ob Maria nicht noch mehr Kinder geboren hat, sondern dass sie vor diesem keinen anderen geboren hatte. Dem Erstgeborenen aber gebührt vom Alter her das Priestertum und Königreich, und zwei Teile vom Erbe aller väterlichen Güter. Darum ist Christus unser König und Hohepriester, und ein wahrer Mensch ist, so übertrifft er doch alle anderen Menschen ganz weit an Weisheit, Macht, Ehre und Herrlichkeit. Es ist aber der Heiland damals in die Welt gekommen, da es den Anschein hatte, als wäre es um das jüdische Volk geschehen, weil die Israeliten von den Römern mit einer schweren Dienstbarkeit unterdrückt wurden. Denn Gott steht den Seinen zur rechten Zeit bei. Und hat der Sohn Gottes, welcher der allerreichste, allermächtigste, allerweiseste und ewige Gott, mit seinem Vater eines Wesens ist, hat die menschliche Natur an sich genommen, dass er des Menschen Sohn geworden ist, auf dass wir Kinder Gottes würden. Denn er hat denen Macht gegeben, Kinder Gottes zu werden, alle die an seinen Namen glauben {Joh 1}.

In Windeln: So gut sie gekonnt hat, am fremden Ort und in großer Armut.

Keinen Raum: Denn weil diese Gäste arm waren, wurden sie in einen Stall gewiesen, auf dass man anderen Reicheren und Stattlicheren bessere Orte in der Herberge geben konnte. Es hat aber der Sohn Gottes um unseretwillen nicht allein wahre menschliche Natur, sondern auch Knechtsgestalt an sich genommen, und ist um unseretwillen arm geworden, da er reich war, auf dass wir durch seine Armut reich würden {1Kor 8}. Und hat Christus in solcher seiner Armut und Erniedrigung unsere Sünden, besonders aber den Überfluss gebüßt, mit welchem wir Gott oft schwer erzürnen. So sollen auch die Krippe und der Stall den Armen einen Trost geben, die wegen ihrer Armut im Stall und auf Stroh liegen und schlafen müssen. Denn wir sollen lernen, wie gut wir es haben, wenn die Welt uns verachtet und uns in einen Winkel stopft.

8. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde.

Hirten: Denn die Geburt des Heilandes Christi ist diesen zuerst bekannt gemacht worden. Denn bei Gott ist kein Ansehen der Person, darum die Könige und Hohepriester übergangen wurden, und den Hirten zuerst die Geburt Christi verkündigt wird, und sind die vor Gott nicht verstoßen, welche von den Leuten geringschätzig geachtet werden. Es wird aber auch Christus den Hirten geoffenbart, nicht dass sie faulenzen und müßiggehen, oder dem Suff erliegen, sondern die in ihrem Beruf fleißig sind und wachen, denn welche in ihrem Beruf treu und fromm sind, denen gibt Gott die Gaben des Heiligen Geistes reichlich.

9. Und siehe des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie, und sie fürchteten sich sehr.

Leuchtet: Sie empfanden, dass eine himmlische Majestät und Herrlichkeit um sie her war.

Fürchteten: Wegen eben dieser Ursache ist es auch nötig, dass wir durch den Tod wiederum erneuert werden, auf dass wir die himmlische Herrlichkeit erdulden können, welche unser Fleisch in der Schwachheit dieses Lebens nicht ertragen kann.

10. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird;

Euch nicht: Es ist keine Gefahr vorhanden, der ihr euch zu besorgen hättet. Denn die guten Engel erscheinen nicht darum, dass sie den Frommen schaden, sondern dass sie ihnen Gutes erzeigen, und sie trösten.

11. denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.

Stadt David: Nämlich, zu Bethlehem, welches Davids Vaterland gewesen ist, da ist der versprochene Messias, der Herr Himmels und der Erden geboren. Und wir sollen uns dies gut merken, dass hier gesagt wird, Christus sei ein Heiland und kein Richter, und sei aller Heiland, über den jedermann sich freuen soll. Welcher, ob er wohl in der Krippe gelegen, dennoch unser Herr und Gott ist, der auch in der angenommenen Menschheit alle Gewalt im Himmel und auf Erden hat {Mt 28}.

12. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.

Gewickelt: Es ist aber Christus auch heutigentags in geringen Sachen, wie in Windeln gewickelt, darin er gefunden wird, nämlich, im Worte des Evangeliums, in der Taufe, und dem Abendmahl des Herrn, denn dort teilt er uns gegenwärtig seine himmlischen Güter aus.

13. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:

Lobten: Mit einem himmlischen Lobgesang, dass der Welt Heiland den Menschen geschenkt wäre. Denn die Engel freuen sich über der Menschen Seligkeit und befördern diese, nachdem ihr Beruf es beweist, aber dennoch wollen sie der Ursache wegen nicht angebetet werden, wie Johannes in der Offenbarung bezeugt (Kapitel 22).

14. Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!

Höhe: Der allerhöchste Gott muss immer gelobt sein, welcher mit höchster Majestät und Gewalt regiert.

Friede: Zwischen Gott und den Menschen, weil der Messias geboren ist, der das menschliche Geschlecht mit Gott wiederum versöhnen wird.

Wohlgefallen: Die Menschen sollen sich freuen und fröhlich sein über solch große Güte Gottes, dass er über das menschliche Geschlecht sich erbarme, und den Erlöser gesandt hat. Weil demnach die Engel Gott den Herrn über die Geburt Christi gelobt haben, jedoch solchen Erlöser nicht bedurften, wie viel mehr will es uns gebühren, dass wir Gott den Herrn von ganzem Herzen rühmen, preisen, die nun durch Christus vom ewigen Tode erlöst sind? Und so oft unser Gewissen von wegen unserer begangenen Sünden uns anklagt, so sollen wir daran denken, dass durch Christus der Friede auf Erden zwischen Gott und den Menschen gemacht wurde. Und sollen uns von Herzen darüber freuen und fröhlich sein, dass uns armen Sündern der Heiland Christus geschenkt wurde, auch durch keine Widerwärtigkeit und solche innerliche geistliche Freude aus dem Herzen reißen lassen.

Nach Luther: Dass die Menschen davon Lust und Liebe haben werden gegen Gott, und untereinander, und dasselbe mit Dank annehmen, und darüber alles mit Freuden lassen und leiden.

15. Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat.

Sehen: Dass wir es in der Tat erfahren, wissen und erkennen, was sich dort zugetragen hat, und Gott der Herr durch seinen Engel uns verkündigen will. Denn man soll die Mittel nicht verachten, welche zur Stärkung unseres Glaubens dienlich sind. Und wer aus Glauben um Christi willen seine Sachen in den Wind schlägt, wie hier die Hirten ihre Herde nicht geachtet haben, der wird Gottes Schutz erkennen und empfinden, so viel solches zur Ehre des göttlichen Namens und zu unserer Seligkeit förderlich ist.

16. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Joseph, dazu das Kind in der Krippe liegen.

Eilend: Mit großer Freude und sehnlichem Verlangen, den Messias zu sehen.

Krippe liegen: Die sie sich an der Anmut Christi nicht geärgert haben, wie aus dem Folgenden zu sehen ist. Also sollen wir uns auch nicht daran stoßen, wenn wir sehen, wie das Reich Christi in dieser Welt kein großes äußerliches Ansehen oder stattliche königliche Pracht hat.

17. Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kind gesagt war.

Gesehen: Nämlich, die Hirten mit ihren Augen, was sie zuvor mit ihren Ohren von dem Engel des Herrn gehört und die Sache recht erfahren hatten.

18. Und alle, vor die es kam, wunderten sich der Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten.

Wunderten: Dennoch liest man von keinem, der von wegen solcher Geburt des Messias nach Bethlehem gezogen wäre, auf dass er auch sehe, was der Engel des Herrn und die Hirten verkündigt hatten. Denn es ist bei vielen Menschen die Fahrlässigkeit in geistlichen Sachen so groß, dass sie um ihrer Seelen Wohlfahrt willen nicht gerne aus ihrem Hause gehen. Solche Undankbarkeit ist der ewigen Verdammnis schuldig.

19. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.

Bewegte: Sie führte sich wiederum zu Gemüte die Botschaft des Engels Gabriel von der Empfängnis Christi, desgleichen die Erscheinung des Engels, der Josef ermahnte, dass er die Jungfrau Maria das Heilands Mutter nicht verlassen sollte, und diese Botschaft des Engels samt dem Lobgesang der himmlischen Heerscharen, davon die Hirten gesagt hatten: Welches, da sie alles gegeneinander bedacht, ihren Glauben von Christo sehr gestärkt hat. Also sollen auch wir die Schriften von dem Heiland Christi bedenken, wohl zu Herzen fassen und betrachten, auf dass wir in der Erkenntnis Gottes täglich zunehmen, und im Glauben immer stärker werden.

20. Und die Hirten kehrten wieder um, preisten und lobten Gott um alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

Gesagt war: Denn sie hatten alles so vorgefunden, wie es ihnen der Engel verkündigt hatte. Es ist aber Gott ein angenehmes Opfer, wenn wir seinen Namen preisen {Hebr 13}.

21. Und da acht Tage um waren, dass das Kind beschnitten würde, da ward sein Name genannt Jesus, welcher genannt war von dem Engel, ehe denn er im Mutterleibe empfangen ward.

Beschnitten wurde: Nach Ausweisung des Gesetzes, da haben die Eltern solches nicht aufschieben wollen. Es bedurfte zwar Christus der Beschneidung nicht, welche darum eingesetzt war, dass sie die Beschnittenen der Gnade Gottes vergewisserten, und diese erinnerten, wie sie den alten Adam töten sollten, dessen Christus aber nicht nötig war, als der eingeborene und liebste Sohn Gottes, der in keiner Sünde empfangen wurde. Aber er hat sich beschneiden lassen wollen, auf dass er sich in der Gestalt dem Gesetz freiwillig unterworfen hat. Denn wer sich beschneiden lässt, der ist das ganze Gesetz zu halten schuldig, wie Paulus zu den Galatern schreibt. Er hat sich aber darum dem Gesetz unterworfen, auf dass er uns vom Fluch des Gesetzes erlöste. Darum Paulus spricht: Da die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, von einem Weibe geboren, und unter das Gesetz getan, auf dass er die, so unter dem Gesetz waren, erlöste, dass wir die Kindschaft empfingen {Gal 4}. Er wollte beschnitten werden, als ob er ein Sünder wäre, auf dass er bezeugte, wie er fremde Sünden zu versöhnen auf sich genommen hätte.

Engel: Gabriel. Der zu der Jungfrau Maria gesagt hatte: Siehe, Du wirst schwanger werden im Leibe, und einen Sohn gebären, dessen Name soll Jesus heißen {Lk 1}. Warum aber Christo sollte Jesus genannt werden, lehrt der Engel des Herrn, der dem Joseph im Traum erschien und gesagt, sie (Deine Frau Maria) wird einen Sohn gebären, des Namen sollst Du Jesus heißen, denn er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden {Mt 1}. So oft wir darum den Namen Jesus nennen hören, so oft sollen wir uns erinnern, dass wir durch ihn von unseren Sünden erlöst sind, und darum sollen wir die Dankbarkeit nicht vergessen.

22. Und da die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz Moses kamen, brachten sie ihn gen Jerusalem, das sie ihn darstellten dem Herrn

Ihrer Reinigung: Christi und Maria. Nicht dass Christus einer Reinigung bedurfte, oder dass Maria durch ihre Geburt wäre verunreinigt worden, sondern es redet die Schrift hier nach der Menschen Art, welche meinten, es wäre Christus nach dem allgemeinen Lauf der Natur, wie alle anderen Menschen, empfangen und geboren worden.

Darstellten: Als den Erstgeborenen, und ihn mit fünf Sekel Silber, das heißt, mit drei Taler von den Priestern lösten. Denn die erstgeborenen Söhne, sofern sie nicht Leviten, so zum Gottesdienst verpflichtet waren, musste man mit der angezeigten Summe Geldes lösen {4Mos 18}. Und das war der Grund, warum die Eltern ihr Kind Jesum nach Jerusalem brachten.

23. (wie denn geschrieben steht in dem Gesetz des Herrn: Allerlei Männlein, das zum ersten die Mutter bricht, soll dem Herrn geheiligt heißen) {2Mos 13v2 5Mos 8v17 18v15 v16 4Mos 8v17 18v5 15v6},

Geheiligt: Dass es entweder zum Gottesdienst gebraucht, oder mit Geld wiederum gelöst werde. Welches Geld danach zur Unterhaltung des Gottesdienstes verwendet wurde. Und wenn es ein solches Tier war, das man opfern durfte, als ein Kalb oder Widder oder Bock, so wurde es geopfert, war es aber ein Tier, das man nicht opfern durfte, so musste man es entweder mit Geld von den Priestern lösen oder es erwürgen{2Mos 13}. Und ist diese Opferung der Erstgeborenen eingesetzt worden zum Gedächtnis der göttlichen Guttat, da Gott in einer Nacht alle Erstgeburt der Ägypter erwürgte, welches geschah, damit sie die Kinder Israel frei von sich ausziehen lassen, da sie dieselben zuvor mit harter Dienstbarkeit beschwert hatten {2Mos 12 4Mos 8}. Die Tötung aber der Erstgeborenen bedeutet auch, dass unsere erste Geburt, da wir als Sünder geboren werden, nicht allein dem zeitlichen, sondern auch dem ewigen Tode unterworfen ist. Aber die Heiligung der Erstgeborenen deutet auf die Heiligkeit Christi, um welches willen uns Gott zu Gnaden aufnimmt, damit wir nicht wegen unserer ersten Geburt verdammt werden. Und ist Christus wahrhaftig der allerheiligste Erstgeborene gewesen, dem der Vorzug in allem gebührt. Denn er ist der Erstgeborene vor allen Kreaturen, vom Vater in Ewigkeit her geboren. Auch ist er der Erstgeborene, weil er von einer reinen und unverfälschten Jungfrau geboren wurde. Ja, er ist der Erstgeborene von den Toten, das heißt, er ist der Erste von denen, die vom Tode zum seligen Leben erstanden und zur himmlischen Herrlichkeit eingegangen sind. Darum sollen wir diesen unseren erstgeborenen Bruder Jesum Christus ehren und so von ihm denken, als dass durch ihn auch in die Zahl der Erstgeborenen aufgenommen werden, denen die ewige und himmlische Herrschaft bereitet ist {Hebr 12}.

24. und dass sie gäben das Opfer, nachdem gesagt ist im Gesetz des Herrn, ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben.

Und: Folgt der andere Grund, um welcher Willen Maria nach Jerusalem gezogen ist.

Gesetz: {3Mos 12} Welches forderte, dass die reiche Wöchnerin, so sie konnte, ein Schaf, oder ein paar Turteltauben oder andere junge Tauben zum Opfer bringen, die Armen aber nur ein paar Turteltauben oder zwei junge Tauben; Maria und Josef, weil sie arm gewesen sind, ein paar Turteltauben zum Opfer gebracht haben. Denn es sollte Christus in Armut geboren werden, auf dass wir durch seine Armut reich würden {2Kor 8}: Es hatte aber die Reinigung der Wöchnerin nicht die Meinung, wie im Gesetz geboten, dass dadurch würde zu verstehen gegeben, der Ehestand wäre ein unreiner Stand, sondern, dass damit angezeigt würde, die Eheleute sind mit Sünden behaftet, daher es auch kommt, dass die Kinder in Sünden empfangen und geboren werden, darum das Opfer Christi nötig gewesen ist, durch welches unsere unreine Empfängnis und Geburt gereinigt wurde, damit wir um derselben willen nicht verdammt würden. Und hat Christus sich um unseretwillen diesem Gesetz unterworfen, und gelitten, dass man ihn für unrein gehalten, da er doch der Allerreinste gewesen ist, auf dass er unsere Unreinlichkeit wegnehme, und wir durch seine Reinigkeit für heilig gehalten würden. Die Tauben oder Turteltauben hat Gott befohlen zu opfern, auf dass die Eheleute der Keuschheit, ehelichen Treue und Liebe sich dabei zu erinnern hätten. Denn es wird unter diesen Vögeln kein Ehebruch gespürt, sondern sie zeigen einander alle Liebe und Treue und erziehen ihre Jungen mit großer Sorge und Herrlichkeit, davon man auch beim Plinius in seinem 10. Kapitel 34 nachlesen kann. Weil demnach Gott selbst im Alten Testament vor Zeiten den Frauen eine gewisse Zeit zur Kindheit bestimmt {3Mos 12}, in deren sie der ehelichen Beiwohnung sich enthalten mussten, so werden die Ehemänner dabei erinnert, dass sie in diesem Stück der Ehrbarkeit und natürlichen Ordnung sich gemäß verhalten sollen. Denn welche entweder in der Zeit der Wöchnerin oder auch sonst, wenn die Frauen ihre monatlichen Krankheiten haben, nichtsdestoweniger wissentlich sich zu ihnen tun, die handeln übel und verwahrlosen ihrer selbst und ihrer Frauen Gesundheit, zeugen auch elende gebrechliche oder auch wohl gar aussätzige Kinder. Aber doch soll man es auch nicht so halten, wie vorzeiten bei etlichen ein falscher Wahn gewesen ist, weil die Wöchnerinnen in dieser Zeit unter des Teufels Gewalt sind. Denn Paulus spricht: Das Weib wird selig durch Kinder gebären, so sie bleibt im Glauben, und in der Liebe, und in der Heiligung, samt der Zucht {1Tim 2}.

25. Und siehe, ein Mensch war zu Jerusalem mit Namen Simeon; und derselbe Mensch war fromm und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels; und der Heilige Geist war in ihm.

Und siehe: Gleichwie Christus, da er neu geboren wurde, den Hirten in der Krippe gezeigt worden ist. Also ist nach dem beendeten Kindbett, eben dieser Heiland, dem frommen Simeon, und der Propheten Hanna gesagt, im Tempel zu Jerusalem, davon jetzt berichtet wird.

Fromm: Denn er durch den Glauben an den Messias gerecht geworden ist, und führt aus solchem Glauben ein gottseliges Leben. Welches Lob besser ist, denn wenn man große und stattliche Gebäude mit viel Kosten aufrichtet oder andere Gebilde zu Ehren setzen lässt.

Wartet: Er hatte ein herzliches Verlangen nach dem zukünftigen Messias, von dem er wusste, dass er des Volkes Gottes Trost sein würde, besonders in großen Anfechtungen und unseligen Zeiten. Denn Christus ist kein Tyrann, sondern ein Tröster allen, die an ihn glauben.

In ihm: Also, dass er ohne die allgemeine Gabe des Heiligen Geistes, dadurch er seiner ewigen Seligkeit wegen in Gewissheit war, auch die Gabe der Weissagung hatte und von künftigen Sachen zuvor kündigen konnte.

26. Und ihm war eine Antwort geworden von dem Heiligen Geist, er sollte den Tod nicht sehen, er hätte denn zuvor den Christ des Herrn gesehen.

Antwort: Er war durch eine innerliche Erleuchtung des Heiligen Geistes in seinem Herzen vergewissert, dass er nicht sterben würde, er hätte denn zuvor den Sohn Gottes im Fleisch gesehen, und von dem er wusste, dass es der Messias sein würde, so mit dem Freudenöl des Heiligen Geistes gesalbt, und uns geschenkt worden ist, dass er unser Prophet und Lehrer {5Mos 18}. Und der Hohepriester {Ps 110} unser König und Beschützer sein würde.

27. Und kam auf Anregen des Geistes in den Tempel. Und da die Eltern das Kind Jesus in den Tempel brachten, dass sie für ihn täten, wie man pflegt nach dem Gesetz,

Kam: Eben zur selben Zeit, da Josef, Maria und das Kind Jesu im Tempel waren.

Eltern: Denn es wird Josef hier für Christi Vater gerechnet, nicht dass er ihn gezeugt, sondern weil er ihn erzogen hat.

Täten: Wie zuvor ausführlich angezeigt wurde, da ist eben Simeon auch im Tempel gewesen, und hat aus Erleuchtung des Heiligen Geistes seinen Seligmacher Jesum sofort erkannt.

28. da nahm er ihn auf seine Arme und lobte Gott und sprach:

Arme: Hat also Simeon Christus, da er noch in Knechtsgestalt gewesen ist, auf seine Arme genommen. Wir sollen den verklärten Christus mit Glauben in unsere Herzen schließen und von dem uns geoffenbarten Erlöser Gott ewig Lob und Dank sagen.

Sprach: Also, dass der Heilige Geist durch seinen Mund redete.

29. Herr, nun lässt Du Deinen Diener im Frieden fahren, wie Du gesagt hast;

Frieden fahren: Denn ich will jetzt mit ruhigem Gewissen gerne sterben, wenn Dir es Herr gefällig ist. (Nach Luther) Das heißt: Nun will ich fröhlich sterben.

30. denn meine Augen haben Deinen Heiland gesehen,

Gesehen: Es ist mir das Glück widerfahren. Darauf ich lange gewartet habe, dass ich mit leiblichen Augen Deinen Heiland gesehen habe, den Du der ganzen Welt versprochen hast {Jes 52}. Obwohl nun solches nicht einem jeden gebührt, dass er Christus mit leiblichen Augen im Fleisch in diesem Leben sehen könnte. Jedoch, welche den Heiland Christus mit den Augen des Glaubens ansehen und erkennen, die können mit einem friedlichen Gewissen sterben wie dieser Simeon. Denn Christus sagt, die sind auch selig, welche nicht sehen, und doch glauben {Joh 20}.

31. welchen Du bereitet hast vor allen Völkern,

Allen Völkern: Denn Du hast diesen Heiland nicht nur dem jüdischen Volk allein gegeben, sondern willst, dass alle Völker mit Glauben ihn anschauen sollen, auf dass sie ihn für ihren Heiland erkennen, und selig werden. Es sollen darum alle Menschen diesen Christus annehmen, auf dass sie Vergebung der Sünden und das ewige Leben erlangen.

32. ein Licht, zu erleuchten die Heiden, und zum Preis Deines Volks Israel.

Erleuchten: Wie vorzeiten der Prophet Jesaja verkündigt hat (Kapitel 42,49 und 60). Denn wenn Christus aus dem Evangelium richtig erkannt, und mit Glauben ergriffen wird, so vertreibt er die Traurigkeit der Trübsal, Anfechtung, Verzweiflung und ewigen Verdammnis, dass sie nicht mehr schaden können, und bringt die ewige himmlische Freude allen, die an ihn glauben; es sind gleich Juden oder Heiden.

Preis: Denn Christus ist des israelitischen Volkes Ruhm, Ehre und Preis, weil er seine menschliche Natur aus diesem Volk angenommen, und den Israeliten zuerst zum Heiland verheißen und geschenkt wurde, denn kein König oder Herr in der ganzen Welt kann sich vergleichen, viel weniger es tun könnte. Solcher Ehre aber machen die Ungläubigen sich selber unwürdig und berauben sich derer, darum sie auch von Gott verstoßen werden.

33. Und sein Vater und seine Mutter wunderten sich des, dass von ihm geredet ward.

Vater: Josef, nicht der Geburt, sondern der Erziehung wegen.

Geredet ward: Durch Simeon, von dem Kind, das nämlich sein Zeugnis, mit dem, was zuvor der Engel und die Hirten gesagt, total übereinstimmte. Denn wenn der Glaube die Übereinstimmung der Lehre und Zeugnis von Christo sieht, so verwundert er sich darüber, und wird gewaltig dadurch gestärkt.

34. Und Simeon segnete sie und sprach zu Maria, seiner Mutter: Siehe, dieser wird gesetzt zu einem Fall und Auferstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird {Röm 9v33 1Petr 2v8}.

Segnete: Er hat den Eltern und dem Kind alles Gute und Gottes väterlichen Schutz gewünscht.

Fall und: Es wird dieser Heiland den Ungläubigen ein Anstoß und Ärgernis und den Gläubigen ein Trost sein. Denn welche wider Christus mutwillig anlaufen und ihn mit Glauben nicht erkennen oder annehmen wollen, die stoßen sich an ihm, als an einen Eckstein, dass sie fallen und umkommen, wie Jesaja bezeugt (Kapitel 8). Welche aber an ihn glauben, die richten sich mit Glauben an ihm auf und werden auf ihn, als einen starken Grund und Eckstein erbaut, dass sie vor Gottes Gericht und in Anfechtungen bestehen können und ewig selig werden, wie der Prophet bezeugt in Kapitel 28.

Zeichen: Christus wird ein Zeichen sein, zu dem man zielen wird, und werden viel durch die Unterdrückung des Evangeliums Christi einen Ruhm erjagen wollen, oder auch meinen, große Reichtümer dadurch zu erlangen, in der Summe, es wird jedermann an ihm wollen zum Ritter werden. (Es laufen aber auch gegen Christus an, die Tyrannen, Ketzer, und der Ketzer Vorreiter, die Philosophen, oder Weltweisen und Narren, welche ihre philosophischen Regeln, die sie aus der Natur geschöpft, mit geistlichen Sachen vermischen). Darum soll sich keiner eines langwierigen Friedens und einer langwierigen Ruhe in der Kirche Gottes trösten.

35. (und es wird ein Schwert durch Deine Seele dringen), auf dass vieler Herzen Gedanken offenbar werden.

Dringend: Du wirst dann deinen liebsten Sohn in großer Pein und Marter sehen, welches Dir einen solchen Schmerz verursachen wird, als wenn ein zweischneidiges Schwert Dir durch Mark und Bein ginge.

Offenbar: Wenn nämlich, dein Sohn, der Messias, wird Verfolgung leiden, da wird man die Leute kennenlernen, wie sie gegen ihm gesinnt sind. Gleichwie aber die Mutter Gottes, Maria, die der Herr Christus ganz lieb hatte, dennoch große Trübsal hat ausstehen müssen. Also geschieht es oft, dass, je lieber einer unseren Herrn Gott ist, ihm größeres Unglück geschieht. Und offenbaren die Verfolgungen der Menschen Herzen, also dass man sieht, wie viele, die man für die besten gehalten, Christus verlassen, und andere, zu denen man wenig oder gar keine Hoffnung gehabt, hervortreten und Christus bekennen mit Gefahr des Leibes und der Güter.

36. Und es war eine Prophetin, Hanna, eine Tochter Phanuels, vom Geschlecht Asser; die war wohl betagt und hatte gelebt sieben Jahre mit ihrem Manne nach ihrer Jungfrauenschaft

Und: Bis daher haben wir von dem frommen alten Simeon vernommen, wie er von Christo geweissagt hat. Jetzt lasst uns auch hören von einer Witwe, die eine Prophetin gewesen ist, von Christo auch Zeugnis gegeben hat. Weil sie aus Erleuchtung des Heiligen Geistes gewusst, dass die Zeit des Messias vorhanden wäre.

Aser: Welcher Stamm unter dem israelitischen Volk nicht besonders berühmt war, dennoch hat Gott aus demselben die Prophetin Hanna erweckt, der er die Geburt seines eingeborenen Sohnes geoffenbart hat. Denn was töricht ist vor der Welt (spricht der Apostel Paulus), das hat Gott erwählt, auf dass er die Weisen zuschanden mache. Und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, dass er zuschanden mache, was stark ist {1Kor 1}.

37. und war nun eine Witwe bei vierundachtzig Jahren; die kam nimmer vom Tempel, diente Gott mit Fasten und Beten Tag und Nacht.

Jahren: Ist also zuerst eine Jungfrau, danach eine gottselige schwangere Frau und endlich eine heilige Witwe gewesen. Denn die Jungfrauenschaft und der Ehestand und der Witwenstand gefallen Gott, wenn die Personen Gott gefallen, das heißt, wenn sie fromm sind.

Und Nacht: Sie war früh und spät beim Gottesdienst, dem sie sich ergeben hatte. Es hatte aber die Hanna nicht in der Meinung gefastet und gebetet, dass sie mit solchen Werken ihre oder andere Leute Sünden begehrt hat abzubauen, sondern sie hat darum gefastet, damit sie desto eifriger beten konnte, und hat gebeten, für ihre und des ganzen Volkes Wohlfahrt, da sie ohne Zweifel zu Gott dem Herrn oft gebetet, dass er den versprochenen Messias und Heiland der Welt bald schicken wollte. Obwohl es nun nicht allen Witwen nötig ist, dass sie täglich beim Gottesdienst sein müssen, so gebührt es doch den Witwen besonders und immer, dass sie der Gottseligkeit und Keuschheit sich befleißigen. Und, sagt Paulus, die jungen Witwen sollten heiraten, auf dass sie den Widersacher nicht Grund zum Lästern geben {1Tim 5}. Aber denen, die eines gestandenen Alters sind und in dem Witwenstand begehren zu bleiben, schreibt Paulus diese Regel vor, da er also spricht, welche eine rechte Witwe und einsam ist, die setze ihre Hoffnung auf Gott und halte am Gebet, Nacht und Tag.

38. Die trat auch hinzu zu derselben Stunde und preiste den Herrn und redete von ihm zu allen, die da auf die Erlösung zu Jerusalem warteten {Mk 15v43 Jes 52v9}.

Stunde: Da Jesus in den Tempel gebracht wurde und von Simeon erkannt wurde.

Preiste: Da nämlich Simeon seinen Lobgesang und die Weissagung von Christo beendet, fing sie auch an, und sagte Gott Lob und Dank, dass er den Messias gesandt hätte.

Warteten: Denn es waren etliche fromme Leute zu Jerusalem, die auf die Zukunft des Messias, der das menschliche Geschlecht erlösen würde, mit Verlangen warteten. Denen hat die Prophetin Hanna verkündigt, dass Christus nun geboren wäre, und hatte sie ihn im Tempel gesehen. Denn welche von Christo einen Trost empfangen, die machen desselben auch ihren Nächsten teilhaftig. Hier sehen wir, wie Gott auch in der allergrößten Zerrüttung und Unrichtigkeit der Religion, dennoch sich ein Häuflein und eine Kirche erhalte, an den Orten, da das Evangelium gepredigt wird.

39. Und da sie es alles vollendet hatten nach dem Gesetz des Herrn, kehrten sie wieder nach Galiläa zu ihrer Stadt Nazareth.

Vollendet: So viel zwar die Zeremonien der Reinigung, und Lösung ihres Erstgeborene Sohnes damals betreffen.

Nazareth: Wo Josef und Maria zur selben Zeit wohnten.

40. Aber das Kind wuchs und ward stark im Geist, voller Weisheit; und Gottes Gnade war bei ihm.

Im Geist: Er nahm zu an Kräften und Gaben des Leibes und Gemütes.

Voller Weisheit: Es wurde ein besonderer Verstand an ihm gespürt, der nach und nach, je länger je mehr, hervortat.

Bei ihm: Man sah deutlich, wie Gott diesem Kind mit großen Gnaden beiwohnte. Nach der Reinigung Maria ist die Flucht in Ägypten erfolgt. Wie lange aber diese gedauert, meldet die Heilige Schrift ausdrücklich nicht. Darauf geht die nächste Geschichte ein. Was aber müßige Mönche von der Kindheit Christi erdichtet haben, das lassen wir als Fabelwerke und Narrendinge fahren. Wir sollen wissen, dass zwar die ganze Gottheit in dem Kind Christo leibhaftig gewohnt, vom ersten Tage seiner Empfängnis an, und haben dennoch nicht sofort alle Gaben des Heiligen Geistes an ihm hervorgeleuchtet, sondern sie haben sich von Tag zu Tag je mehr und mehr an ihm erzeigt. Denn Christus hat um unseretwillen Knechtsgestalt an sich genommen, darunter er seine Majestät zum größten Teil verborgen hat, auf dass er also für das menschliche Geschlecht genug tun und sterben könnte.

41. Und seine Eltern gingen alle Jahre gen Jerusalem auf das Osterfest {5Mos 16}.

Alle Jahr: Sie haben aber solche Reise nicht aus einem Aberglauben vorgenommen, dass sie dadurch gemeint, ihre und andere Leute Sünden zu büßen; sondern auf dass sie dem Gesetz Gottes Gehorsam leisteten, welches befahl, dass alle Israeliten, die männlich waren, im Jahr dreimal auf die hohen Feste nach Jerusalem kämen. Nämlich, auf das Osterfest, Pfingstfest und Laubhüttenfest {5Mos 16}. Wir ziehen dann recht nach Jerusalem, wenn wir in die Kirche gehen, wo das Wort Gottes gelehrt und die Sakramente nach der Einsetzung Christi gereicht werden.

42. Und da er zwölf Jahre alt war, gingen sie hinauf gen Jerusalem nach Gewohnheit des Festes.

43. Und da die Tage vollendet waren, und sie wieder nach Hause gingen, blieb das Kind Jesus zu Jerusalem; und seine Eltern wussten es nicht.

Wussten es nicht: Dass ihr Kind Jesus in Jerusalem zurückgeblieben war. Welches eine große Fahrlässigkeit an Josef und Maria gewesen war, die nicht zu entschuldigen ist, dass sie aus der Stadt gingen, und hatten das Kind Jesum noch nicht bei sich.

44. Sie meinten aber, er wäre unter den Gefährten, und kamen eine Tagereise und suchten ihn unter den Gefreundeten und Bekannten.

Gefährten: Die von Nazareth in großer Anzahl mit ihnen nach Jerusalem gezogen waren. Darum glaubten die Eltern, er würde mit unter den Leuten sein, wie Nachbarn oder Bekannte.

Suchten ihn: Als sie des ersten Tages in die Herberge kamen.

45. Und da sie ihn nicht fanden, gingen sie wiederum gen Jerusalem und suchten ihn.

Gen Jerusalem: Mit großer Traurigkeit und Kummer. Da ihnen ohne Zweifel eingefallen war, es möchte des Herodes Sohn, der wie sein Vater war, dass Kind Jesum mit List hätte wegführen und heimlich umbringen lassen. So hatten sie auch deshalb ein böses Gewissen, dass sie auf den Sohn Gottes und Messias nicht besser Acht gehabt, der ihnen doch untergeben und befohlen wurde. Denn die Eltern tun der Sachen oft auf beiden Seiten zu viel. Zum ersten sind sie zu sicher, oder nehmen die Kinder nicht mit gebührendem Fleiß wahr, weil sie nicht bedenken, was für einen großen Schatz ihnen Gott befohlen hatte. Danach, wenn den Kindern etwas zustößt, oder dass sie nicht bald gefunden werden, so wollen sie bald verzagen. Gerade, als ob Gott für die Kinder nicht sorgte, und einem jeden Kind nicht seine heiligen Engel gegeben hätte, sie zu behüten.

46. Und begab sich, nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel sitzen mitten unter den Lehrern, dass er ihnen zuhörte und sie fragte.

Drei Tagen: Diese Zeit hat den geängstigten Eltern wie drei Jahre gedauert.

Zuhörte: Wie sie das Wort Gottes lehrten und erklärten.

Fragte: So klug, wie es auch die Allergelehrtesten taten.

47. Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich seines Verstandes und seiner Antwort.

Antwort: Darin die göttliche Weisheit hervorleuchtete. Denn obwohl Christus in der Knechtsgestalt war, so hat es ihm doch gefallen, ein Stück von seiner Gottheit hervorleuchten zu lassen, dass, welche wollten, verstehen könnten, dass etwas mehr an ihm wäre, als ein einfacher Mensch. Welche aber begehren, glücklich zu werden, die sollen diesen anrufen, der voller Weisheit seines Heiligen Geistes Gaben mitteilen kann, wem er will.

48. Und da sie ihn sahen, entsetzten sie sich. Und seine Mutter sprach zu ihm: Mein Sohn, warum hast Du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben Dich mit Schmerzen gesucht.

Sahen: Nämlich, Josef und Maria das Kind Jesum mitten unter den Lehrern sitzen und sich mit ihnen befragen.

Entsetzten: Was das bedeutete und wie ein solches Kind sich dürfe unterstehen, mit den klugen und berühmten Männern von großen wichtigen Sachen zu reden.

Das getan: Dass Du uns so große Sorge und Angst gemacht hast?

Dein Vater: Der dein Pflegevater, aber nicht natürlicher Vater ist.

Gesucht: Jetzt ganze drei Tage. Du aber hast Dich von uns gekehrt, darum wir in großes Herzeleid gekommen sind. Also werden diese bekümmert, welche Christus ihren Heiland eine Zeit lang in ihrem Gewissen verlieren, bis sie ihn wiederfinden. Sie finden ihn aber im Tempel unter den Lehrern; das ist, im Predigtamt des göttlichen Wortes und der Sakramente.

49. Und er sprach zu ihnen: Was ist es, dass ihr mich gesucht habt? Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist {Joh 4v34 17v4}?

Was ist es: Was hat sich zugetragen, dass ihr mich so ängstlich gesucht habt, da ich doch im Tempel geblieben bin? Und beschuldigt mich dessen, woran ihr selber schuldig seid. Ihr seid in eurem Amt fahrlässig gewesen, da ihr auf mich hättet sollen gewartet haben, da ich hingegen meinem Amt treulich gefolgt und getan, was mir zu dieser Zeit meines Amtes wegen gebühren soll.

Vaters ist: Mein himmlischer Vater hat mich zum Propheten und Lehrer seiner Kirche verordnet. Wo sollte man mich denn suchen, wenn nicht im Tempel Gottes unter den Lehrern? Ich habe ja eine Probe meines Predigtamtes getan, welches ich in ein paar Jahre öffentlich führen soll. Es widerspricht aber hier Christus seinen Eltern nicht in der Meinung, dass er die Kinder lehren wollte, wie sie sich ihren Eltern widersetzen sollen, sondern dass er uns erinnere, man müsse Gott mehr gehorchen, denn den Menschen {Apg 5}.

50. Und sie verstanden das Wort nicht, das er mit ihnen redete.

Wort nicht: Denn die Erkenntnis Gottes nimmt je länger je mehr zu, und versteht man nicht alles auf einmal.

51. Und er ging mit ihnen hinab und kam gen Nazareth und war ihnen untertan. Und seine Mutter behielt alle diese Worte in ihrem Herzen.

Untertan: Dass er seinen Vater Josef helfen wird bei der Arbeit, denn bei Markus 6, wird er ein Zimmermann genannt, darum ist anzunehmen, dass Christus bis ins 30. Jahr seines Alters das Zimmerhandwerk gelernt und betrieben hat. Und hat Christus seinen Eltern sich wiederum unterwürfig gemacht, auf dass er mit solchem Gehorsam, den er nicht schuldig war, vor der Kinder Ungehorsam seinem himmlischen Vater genug täte, und dass er die Kinder mit seinem Beispiel ermahnte, wie sie sollen den Eltern Gehorsam und ihnen nach ihrem Vermögen behilflich sein. Und hat Christus mit seinem Handwerk alle ehrlichen Handwerker geheiligt, also, dass ein frommer Mensch sich solchen Standes, wenn die Gelegenheit sich ergibt, nicht schämen darf.

Herzen: Sie hatte die Rede wohl bedacht, die sie von Christus gehört hatte, obwohl sie nicht alles verstanden hat. Denn es ist gut und nützlich, dass man das Wort Gottes fleißig lerne und zu Herzen fasse, wenn man auch nicht alles sofort versteht. Denn ein Tag belehrt den anderen.

52. Und Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen.

Menschen: Dass die Gaben des Heiligen Geistes vor Gott und den Menschen sich von Tag zu Tag mehren in ihm und hervortreten. Welches doch dem nicht zuwider ist oder gehindert hat, dass nicht die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig in ihm gewohnt hat. Denn ein anderes ist es, die Gottheit besitzen, und wieder ein anderes, die Gottheit zeigen. Das Erste hat er immer gehabt, das andere hat er hervorgetan, und sehen lassen, wenn es nötig gewesen ist. Wir sollen aber den Herrn Jesum bitten, dass er uns gebe, damit auch wir täglich zunehmen und uns verbessern.


Das 3. Kapitel

  • Johannes tritt in sein Predigtamt. Er gebraucht neben der Predigt auch die Taufe der Buße, unterrichtet die Zöllner, Kriegsleute, und das ganze Volk, wie sie recht leben sollen. Er gibt Christus ein herrliches Zeugnis. Wird von Herodes ins Gefängnis gelegt. Tauft Christus. Dessen Geschlechtsregister vom Evangelisten Lukas beschrieben wird.

1. In dem fünfzehnten Jahr des Kaisertums Kaisers Tiberius, da Pontius Pilatus Landpfleger in Judäa war und Herodes ein Vierfürst in Galiläa und sein Bruder Philippus ein Vierfürst in Ituräa und in der Gegend Trachonitis und Lysanias ein Vierfürst zu Abilene,

In: Im 1. Kapitel hat der Evangelist Lukas die Empfängnis und Geburt Johannes des Täufers beschrieben: Jetzt berichtet er auch von seinem Amt, zu lehren und zu taufen. Und rechnet er die Zeit genau und fleißig aus, nicht allein, auf dass die Erzählung der Umstände der Wahrheit Zeugnis gebe, sondern auch auf dass wir verstehen, wie Johannes damals von Christus, der bereits vorhanden war, zu predigen angefangen hat, da die Römer das jüdische Land und alles in der Nachbarschaft herum unter ihrem Gebiet hatten. Denn Christus sollte zu der Zeit kommen, wenn das Zepter von Juda wäre weggenommen worden, nach der Weissagung des Patriarchen Jacobs {1Mos 49}. Johannes Lehre und Predigtamt aber beschreiben auch Matthäus im 3. Kapitel, und Markus im 1. Kapitel.

Tiberius: Dieser Tiberius III. ein Kaiser gewesen ist, vom Julio zu rechnen.

Landpfleger: Der von den Römern dahin gesetzt war, dass er dem jüdischen Lande vorstehen sollte.

Herodes: Des großen Herodes Sohn, der die unschuldigen Kinder erwürgen lassen hat. Und ist deren keiner als weltliche Obrigkeiten der Israeliten genannt worden, der israelitischer Abstammung gewesen ist. Es war aber zuerst Archeläus, der seinem Vater, dem großen Herodes, im Regiment gefolgt ist. Aber weil er ebenso ein großer Tyrannen gewesen ist wie sein Vater, haben ihm die Römer das Königreich genommen, und ist Judäa und Galiläa unter Regenten aufgeteilt worden, welche Lukas hier nennt, unter denen etliche des großen Herodes Söhne gewesen sind. Denn weil der große Herodes Christus, den himmlischen König, nicht leiden wollte, so hat er auch das Königreich Juda nicht können ganz auf seine Kinder und Nachkommen bringen. Denn welche Christus aus dieser Welt begehren zu verstoßen, die stürzt er wiederum von ihrem Thron, oder lässt ihnen doch keine Ruhe.

2. da Hannas und Kaiphas Hohepriester waren: Da geschah der Befehl Gottes zu Johannes, des Zacharias Sohn, in der Wüste.

Hannas und Kaiphas: Welche beide als Schwäger verwandt waren, also dass einer um den anderen das Hohepriesteramt versah, vielleicht ein Jahr um das andere. Es war aber dies der göttlichen Ordnung zuwider, denn es sollte nur ein einziger Hohepriester eingesetzt werden, der die ganze Zeit seines Lebens im Amt bleiben sollte. Aber die unruhigen Leute verkehren durch ihre Ehrfurcht zum Geld, also aus Geiz alle guten und heilsamen Ordnungen.

Wüste: Wo er sich das vorige Jahr in der Wüste aufgehalten hatte, ist er von Gott dem Herrn ohne Zweifel durch einen Engel berufen worden, dass er sein Predigtamt anfangen sollte. Zuvor aber hatte Johannes zu predigen nicht öffentlich auftreten wollen, und predigen, ehe es ihm befohlen wurde. Denn es soll sich keiner freventlich oder mit bösen Praktiken einbringen, wo er nicht in ordentlicherweise zum Predigtamt berufen wird. Es ist aber der ordentliche Beruf zweierlei: Einer geschieht ohne Mittel von Gott, wie der Propheten, Johannes des Täufers, und der Apostel gewesen, der andere durch Mittel, wie Titus, Timotheus und dergleichen, welche durch die Apostel mit Zustimmung der Kirchen dem Predigtamt vorgesetzt wurden. Es bringen sich aber auch die nicht mit Gewalt ein, welche die Heilige Schrift wohl studiert und gelernt haben, und danach der Kirche ihren Dienst anbieten, sich auch derjenigen Urteile unterwerfen, denen die Wahl der Kirchendiener von der Kirche übergeben wurde.

3. Und er kam in alle Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden {Mt 3v1 Mk 1v4}.

Der Buße: Das heißt: Er ermahnt die Leute am selben Ort, dass sie ihre Sünden erkennen und beweinen und Gott demütig um Verzeihung bitten sollten, dazu ihr Leben bessern, auf dass sie nicht von dem ernsten Zorn Gottes unterdrückt und aufgerieben würden. Der hieß sie aber ein gutes Vertrauen zu der Gnade und Barmherzigkeit Gottes zu haben, der die Sünden um Christi willen verzeiht, von dem er sagte, dass dieser das Lamm Gottes wäre, welches der Welt Sünde trüge, und erinnerte sie, dass sie zur Stärkung ihres Glaubens sich taufen ließen. Denn es werden mit der Taufe die Sünden abgewaschen nach dem Spruch des Apostels Paulus: Er hat die Kirche gereinigt durch das Wasserbad im Wort {Eph 5}. In der Taufe werden wir wiedergeboren und erlangen die ewige Seligkeit. Denn also spricht Paulus: Nicht um der Werke willen der Gerechtigkeit, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit macht er uns selig durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes {Tit 3}.

4. wie geschrieben steht in dem Buch der Reden Jesaja, des Propheten, der da sagt: Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige richtig {Mt 3v3 Mk 1v3 Joh 1v23}!

Sagt: Kapitel 40. Da er von Johannes dem Täufer weissagt.

Bereitet: Auf solche Meinung wird nämlich die Stimme sich zeigen.

Herrn: Jesu Christi. Dabei man die Gottheit Christi zu beachten hat, weil er daher Jehova genannt wird.

Richtig: Macht einen ebenen und geraden Weg, auf dass der Messias ohne Hindernis von euch empfangen werde.

5. Alle Täler sollen voll werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden; und was krumm ist, soll richtig werden und was uneben ist, soll schlechter Weg werden.

6. Und alles Fleisch wird den Heiland Gottes sehen.

Sehen: Mit leiblichen Augen, der uns von Gott gesandt wurde. Das heißt: Bald auf Johannes, wird der Herr, Jehova, Gott, Jesus Christus, der Welt Heiland selber kommen und das Volk lehren, dass sie alle den Gott selber sehen werden und reden hören. Und gleichwie man mit allem Fleiß gerüstet ist, wenn ein großer Herr an einen Ort einziehen will, dass er einen richtigen, ebenen, und sauberen Einzug habe ohne Hindernis. Also will euch auch gebühren, dass ihr dem Herrn und ewigen allmächtigen Gott, Jesus Christus, euren Heiland auf seine Zukunft den Weg bereitet. Es wird ihm aber der Weg so bereitet, wenn die Menschen aus dem Gesetz Gottes ihre sündliche Natur und vielfältigen schweren Misshandlungen erkennen, den hohen Mut und stolzen Wahn eigener Gerechtigkeit sinken und die krumme Heuchelei fahren lassen. Und wenn die, so im tiefen Schlamm der Sünden sich gewälzt haben, hervorkommen und Buße tun, zu denen zieht der Heiland Christus ein.

7. Da sprach er zu dem Volk, das hinausging, dass es sich von ihm taufen ließe: Ihr Otterngezüchte, wer hat denn euch gewiesen, dass ihr dem zukünftigen Zorn entrinnen werdet?

Da: Jetzt werden etliche besondere Predigten vom Johannes erzählt.

Volk: Darunter auch die Pharisäer und Sadduzäer waren, wie Matthäus bezeugt in Kapitel 3., auf welche die folgende scharfe Strafpredigt besonders gerichtet ist.

Otterngezüchte: Die ihr euch vergebens eurer frommen Eltern wie Abraham und andere Patriarchen rühmt, da ihr doch nichts an euch habt, dass sich ihnen gleicht, sondern ihr voller Gift, Bosheit und Grausamkeit steckt.

Zorn: Gottes. Der alle Unbußfertigen in das ewige Verderben stürzen wird. Hier sollen die Zuhörer lernen, dass der Kirchendiener scharfe und ernste Strafpredigten, sofern sie wahr sind, für keine Schmachreden zu halten sind, sondern als gutherzige Erinnerungen sollen angenommen werden, die ihnen zum Besten gemeint sind, auf dass sie in Sünde nicht ewig verderben. Und sehen wir auch, wie diejenigen, so sie Buße tun, dem Zorn Gottes entkommen, obwohl sie ihn zuvor mit ihren Sünden schwer beleidigt haben.

8. Seht zu, tut rechtschaffene Früchte der Buße und nehmt euch nicht vor zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken.

Rechtschaffene: Bringt solche guten Früchte, wie einem Menschen gebührt, der sich ernsthaft zu Gott bekehrt hat, und beweist mit euren guten Werken und gottseligem Wandel, dass es euch mit der Buße ein Ernst und keine Heuchelei gewesen ist. Denn welche da sagen, dass sie Buße tun, und bessern doch ihr Leben nicht, die betrügen nicht Gott, sondern sich selbst. Die guten Früchte aber der Buße sind nicht heuchlerische Werke von Menschen erdacht, sondern die Tugenden und guten Werke, so im Gesetz Gottes von uns gefordert werden.

Zum Vater: Denn ich weiß, dass ihr euch dessen überhebt, und eine besondere Pracht damit treibt, dass ihr von dem Patriarchen Abraham eure Herkunft habt. Dieser war Gott sehr angenehm gewesen, und ihr meint nun, Gott werde euch nicht verstoßen, wenn ihr gleich in eurer Heuchelei und Sünden fortfahrt. Denn wie wollte Gott seines heiligen Volkes, das Abrahams Kinder, entbehren können? Aber ihr steht ganz weit daneben. Denn Gott bedarf euer nicht. Er kann sich leicht neue Kinder erwecken, die er an eurer statt annimmt, und euch verstoßen. Und sind die nicht für Abrahams Kinder zu halten, welche nach ihrer fleischlichen Geburt von Abraham herkommen, sondern welche des Abrahams Glauben an den Messias haben und in seine gottseligen Fußstapfen treten. Und würde Gott aus Steinen Menschen erschaffen und sie zu Abrahams Erben im Reich Gottes machen, als dass er euch Heuchler und verkehrten Leute länger dulde, wo ihr nicht mit ernst Buße tut. So soll sich darum niemand seiner Eltern Frömmigkeit willen, sich der Gunst und Gnade Gottes trösten, es sei denn, dass er den gleichen Beispielen folgt. Also geben auch die ihren Unverstand an den Tag, welche ihre Eltern als vortrefflich adelig rühmen, wenn sie nicht auch ihr Geschlecht mit dem rechten Adel, das heißt, mit herrlichen Tugenden zieren.

9. Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; welcher Baum nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und in das Feuer geworfen.

Gelegt: Die göttliche Rache ist nahe vor der Tür, welche für alle diejenigen Verderben und den Tod bringen wird. Viele verstellen sich, dass sie von Herzen Buße täten. Denn welche nicht wahrhaftig von den Irrtümern und Lastern abstehen, die sind wie ein unbrauchbarer Baum, der nur den Platz einnimmt, und zu sonst nichts nütze ist, ja vielmehr andere hindert. Solche rottet Gott aus und wirft sie in das ewige höllische Feuer, nimmt sie oft plötzlich von der Erde weg zur Zeit, wenn sie es am wenigsten erhoffen. Darum sollen wir uns hüten, dass wir nicht böse und unfruchtbare Bäume sind.

10. Und das Volk fragte ihn und sprach: Was sollen wir denn tun?

Tun?: Die weil Du uns sagst rechtschaffene Früchte der Buße tun, so sage uns, mit welchen Werken wir unsere Buße bezeugen müssen.

11. Er antwortete und sprach zu ihnen: Wer zwei Röcke hat, der gebe dem, der keinen hat; und wer Speise hat, tue auch also.

Auch also: Gebt euch in den Werken der Liebe gegen den Nächsten hin. Denn die Liebe ist eine Frucht der wahren Buße. Und lehrt uns der Apostel Paulus, was Johannes meint, und der rechte Verstand seiner Worte sind, da er spricht: So einer willig ist (dem Nächsten zu helfen), so ist er angenehm, nachdem er hat, nicht nachdem er nicht hat. Nicht geschieht das in der Meinung, dass die anderen Ruhe haben und ihre Trübsal, sondern dass es gleich sei (das heißt, dass einer dem anderen helfe, wie es der Umstand erfordert). So diene euer Überfluss ihrem Mangel, dieser teuren Zeit lang {2Kor 8}. Darum, an welchen Sachen wir Überfluss haben, damit sollen wir den Armen in der Not helfen, und wenn es die hohe Not erfordert, bevor wir einen Bruder verderben oder hungers sterben ließen, sollen wir ihm auch zu Hilfe kommen, denn wir wissen ja, was uns selbst nötig ist, gleichwie die arme Witwe, die zwei kleine Geldstücke in den Gotteskasten gelegt hat, von welcher Christus sagt, dass sie mehr denn alle anderen hineingelegt habe, weil die anderen von ihrem Überfluss eingelegt hatten, sie aber alles, was sie gehabt hatte, eingelegt {Lk 21}.

12. Es kamen auch die Zöllner, dass sie sich taufen ließen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun?

Taufen ließen: Denn sie begehrten, Buße zu tun und ihren Glauben von Vergebung der Sünden mit dem Empfang der Taufe zu stärken.

Wir tun?: Dass wir rechtschaffene Früchte der Buße tun? Wie müssen wir unseren vorigen Wandel verbessern?

13. Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, denn gesetzt ist.

Gesetzt ist: Denn die Zöllner kauften den Zoll von den Römern für ein bestimmtes Geld. Und wenn nun ein Stück war, das man verzollen sollte, so handelten sie doch solcher Ordnung oft zuwider. Und durch diesen Gewinn vergrößerten sie mit Betrug ihre Güter. Daher betrachtete das Volk sie als Räuber. Darum befiehlt ihnen {Joh 4}, dass sie solchen Betrug lassen sollten, sagt ihnen aber nicht, dass sie das Zollamt aufgeben sollten, sondern nur vom Betrug abstehen. So ist es nicht nötig, dass ein Kaufmann, Handwerker, oder der mit fremdem Geld umgeht, seinen Beruf fahren lasse, sich einen anderen Beruf suche; sondern daran liegt es, dass man sich vom Geiz und Betrug abwendet, und in einem solchen Stand, der für sich selbst nicht sündig ist, ehrbar und recht lebe. Welcher Stand und Wandel aber für sich selbst Sünde ist, wie Räuberei, Unzucht, dass man sich damit will ernähren, oder dergleichen, davon soll man abstehen.

14. Da fragten ihn auch die, Kriegsleute und sprachen: Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemand Gewalt noch Unrecht und lasst euch begnügen an eurem Solde.

Wir tun: Dass wir Früchte bringen, wie es den Bußfertigen zusteht.

Gewalt: Die ihr schützen sollt, oder denen ihr Unterdrückung antut, weder Fug noch Recht habt. Treibt nicht Mutwillen und seid Tyrannen gegen diese Leute, tut nicht, was euch nicht befohlen ist. Aus dieser Erinnerung des Johannes ist zu erkennen, mit was für Untugenden auch zur selben Zeit der größte Teil der Kriegsleute behaftet gewesen ist, dass sie den Fremden sowohl als den Feinden zu sehr lästig gewesen sind. Jedoch verwirft Johannes der Täufer das Kriegswesen nicht, obwohl er ein scharfer Bußprediger gewesen ist. Denn er sagt ihnen nicht, dass sie die Waffen von sich werfen und dem Ackerbau oder anderen Geschäften folgen sollen, sondern begehrt nur allein von ihnen, dass sie nichts gegen oder außer ihrem Beruf tun sollen. Darum schwärmen die Wiedertäufer, welche bestreiten, dass ein Christ in den Krieg ziehen dürfe.

Nach Luther: Gewalt ist ein öffentlicher Frevel, Unrecht, wenn man mit bösen Tücken dem anderen sein Recht entzieht und seine Sache verkehrt.

15. Als aber das Volk im Wahn war und dachten alle in ihren Herzen von Johannes, ob er vielleicht Christus wäre,

Christus wäre: Auf den sie warteten. Denn weil die Juden sahen, wie Johannes so einen heiligen Wandel führte, meinten sie, er wäre der Messias und maßen ihm also mehr zu, denn ihm gebührte. Denn der allgemeine Haufen hält oft kein Maß und erhebt einen entweder ganz in den Himmel, oder verstößt ihn in die unterste Hölle. In diesem Irrtum steckten auch die, die aus Johannes Christus machen, welche einer Person oder einem Werk solche Sachen zuschreiben, die allein dem Mittler Christo zusteht. Wie die, welche aus den Heiligen Fürbitter bei Gott machen und dem Messopfer oder Klosterorden eine Bezahlung der Sünden zumessen.

16. antwortete Johannes und sprach zu allen: Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber ein Stärkerer nach mir, dem ich nicht genügend bin, dass ich die Riemen seiner Schuhe auflöse; der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen {Mt 3v11 Mk 1v8 Joh 1v26 Apg 1v5 2v2 2v16}.

Antwortet: Da er merkte, was man von ihm hielte, und begehrte, ihnen einen solchen Irrtum auszureden.

Wasser: Und bekräftige mit diesem Sakrament euren Glauben von Vergebung der Sünden, aber ich bin nicht Christus, sondern sein Diener.

Kommt: Nämlich. In kurzer Zeit, dass es nicht lange dauern wird, dann wird der Messias und versprochene Heiland unter euch auftreten.

Stärker: Der nicht allein die Taufe des Wassers geben wird, sondern auch den Heiligen Geist über die Gläubigen ausgießen kann.

Auflöse: So viel höher an Würde und Gewalt ist er als ich, dass ich mich nicht würdig achte, ihm den geringsten und verächtlichsten Dienst zu leisten.

Taufen: Das heißt: Er wird über etliche von euch die wunderbare Gabe des Heiligen Geistes ausgießen, welcher in Gestalt von feurigen Zungen am Pfingsttage erscheinen wird. Des Johannes Demut ist hier zu loben und nachzufolgen, dass er die Ehre nicht erkennen oder annehmen will, die ihm nicht gebührte. Also nehmen die Heiligen den Ehrendienst auch nicht an, welcher Gott allein gebührt, darum werden sie mit der Anrufung nicht geehrt. Es macht aber Johannes keinen Unterschied zwischen seiner und der Apostel Taufe, da sie auch mit Wasser getauft haben, sondern er unterscheidet seine Person von der Person Christi. Denn Johannes konnte mit Wasser taufen. Aber den Heiligen Geist konnte er nicht am Pfingsttage über die Apostel und andere Gläubigen ausgießen. Denn es war allein Christi Werk. Es macht auch Johannes einen Unterschied unter der Taufe des Wassers, der durch die Menschen abgewaschen und neu geboren werden, und unter den wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes, welche in der ersten Kirche etlichen Gläubigen mitgeteilt wurden. Solche Gaben sind in der Kirche geblieben, bis die Lehre des Evangeliums genügend bestätigt wurde. Danach haben sie aufgehört. Die feurigen Zungen sind erschienen, auf dass dadurch zu verstehen gegeben würde, wie die Lehre der Apostel als ein Feuer durch der Menschen Herzen dringt und sie mit der wahren und heilsamen Erkenntnis Gottes des Herrn erleuchtet, auch der Menschen Herzen anzünde, Gott und die Menschen zu lieben. Sonst ist unter der Taufe Johannes und der Apostel, wenn sie mit Wasser getauft, kein Unterschied gewesen. Da aber in der Apostelgeschichte gemeldet wird, wie etliche Männer, zuvor mit der Taufe Johannes getauft gewesen, wieder sind getauft worden, ist nicht so zu verstehen, dass man sie wiederum mit Wasser begossen hat, statt das durch die Auflegung der Hände die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes ihnen mitgeteilt wurden, wie man zur selben Zeit nach Art der hebräischen Sprache sich taufen hieß. Welche Meinung man mit dem, was am selben Ort später folgt, bestätigt wird, da es also lautet: Und da Paulus die Hände auf sie legte, kam der Heilige Geist auf sie und redete mit Zungen und weissagte {Apg 19}. Dies war die Taufe des Feuers, davon an diesem Ort Johannes der Täufer redet. Dass aber solche Männer mit Wasser wiederum sind getauft worden, steht nirgends.

17. In desselben Hand ist die Worfschaufel; und er wird seine Tenne fegen und wird den Weizen in seiner Scheuer sammeln und die Spreu wird er mit ewigem Feuer verbrennen.

Fegen: Wie die zu tun pflegen, welche die ausgedroschenen Früchte vom Spreu absondern. Es fängt aber Christus dann seine Tenne an zu fegen, auf dass er die Spreu von dem Weizen absondere, wenn er das Predigtamt des Evangeliums an einem Ort anrichtet. Denn welche erwählt sind, die werden also zu Christus bekehrt und glauben dem Evangelium, schmücken auch ihr Bekenntnis des Glaubens mit einem gottseligen Wandel. Weil aber in der äußerlichen Kirche etliche Heuchler sind und in diese Welt sich mit untermengen, so wird Christus den Weizen von der Spreu vollkommen absondern, wenn er die Frommen zur Rechten und die Bösen zur Linken stellen wird. Und wird zu denen, die zur Rechten stehen, sagen, kommt her, ihr Gesegneten, in das Reich meines Vaters; denen zur Linken aber wird er sagen, geht hin, ihr Verfluchten, in das höllische Feuer. Darum sollen wir fleißig darauf Achtung haben, dass wir keine Spreu, das heißt, Unbußfertige oder Heuchler sind. Denn die Strafe der Gottlosen wird ewig dauern, dass ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht verlöscht {Mk 9}.

18. Und viel, anderes mehr ermahnte und verkündigte er dem Volk.

Viel anderes: Denn er nicht nur das gepredigt, was jetzt erzählt wurde. Sondern er hat seine Zuhörer mit vielen Worten und häufig ermahnt, dass sie wahre und ernstliche Buße tun sollten. Und hat ihnen auch dabei das Evangelium gepredigt, dass der Messias der ganzen Welt Sünden büßen und das menschliche Geschlecht mit Gott wiederum versöhnen würde. Denn man soll die Lehre des Gesetzes und des Evangeliums miteinander treiben, aber nicht untereinander mengen.

19. Herodes aber der Vierfürst, da er von ihm gestraft ward um der Herodias willen, seines Bruders Weib, und um alles Übels willen, das Herodes tat

Bruders: Philippi, die er ihm entführt und zur Ehe genommen hatte, wieder alle natürlichen und weltlichen Rechte.

Übels willen: Denn es hat Herodes ein ganz gottloses Leben geführt.

20. über das alles legte er Johannes gefangen.

Gefangen: Und hat ihn über einige Zeit danach enthaupten lassen, wie der Evangelist Markus es beschreibt im Kapitel 6. Es ist aber eines rechtschaffenen Kirchendieners Amt, dass er der Zuhörer Sünden, ohne Ansehen der Personen, strafe. Dadurch doch die Verstockten nicht gebessert werden, dass sie viel mehr ärger werden, und Sünde auf Sünde häufen. Dagegen bringen die Kirchendiener in dieser Welt nichts mehr davon als Hass und Verfolgungen. Aber sie sollen die himmlischen Belohnungen von Christus im anderen Leben erwarten. Und ist des Herodes Strafe auch nicht ausgeblieben. Denn da er des Aretas Tochter, weil er die Herodias genommen, verstoßen, hat Aretas solche Ungerechtigkeiten, die seiner Tochter widerfahren, mit Krieg gerächt und das Herodes Kriegsheer geschlagen. Da auch Herodes und Herodias miteinander nach Rom gezogen sind, auf dass sie die königliche Würde erlangten, ist ihnen allerdings das Gegenteil begegnet, denn sie wurden nach Leon in Frankreich ins Elend geschickt.

21. Und es begab sich, da sich alles Volk taufen ließ, und Jesus auch getauft war und betete, dass sich der Himmel auftat.

Taufen ließ: Da ist auch Jesus an den Jordan zu Johannes gekommen und hat begehrt, sich von ihm taufen zu lassen. Johannes aber hat sich dagegen gewehrt, mit dem Einwand, er wäre zu gering dazu, dass er den Messias taufen sollte, und dachte, es wäre richtiger, dass er von Christus getauft würde. Als aber Christus darauf bestand und von ihm getauft werden wollte, hat er es zugelassen {Mt 3 Mk 1}. Es hat aber Christus die Taufe angenommen, nicht dass er diese für seine Person bedurfte, ebenso wenig wie die Beschneidung, sondern er hat mit seinem Beispiel die Taufe, ja das ganze Predigtamt, als ein Werkzeug zur Seligkeit bestätigt und auch damit einweihen wollen. Dass aber Christus in seinem Erwachsenen Alter getauft wurde, gibt den Wiedertäufern keinen Vorschub, indem sie daher bestreiten wollten, man müsste die Kinder nicht taufen, sondern warten, bis sie groß sind. Denn es war die Taufe zur Zeit seiner Kindheit nicht eingesetzt, wie hätte er denn in seiner Kindheit getauft werden sollen? Er ist aber beschnitten worden, da er acht Tage alt gewesen ist. So galt die Beschneidung damals so viel, wie bei uns heutigentags die Taufe.

22. Und der Heilige Geist fuhr hernieder in leiblicher Gestalt auf ihn wie eine Taube, und eine Stimme kam aus dem Himmel, die sprach: Du bist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.

Taube: Es hat aber der Heilige Geist in der Gestalt einer Taube erscheinen wollen, anzuzeigen, dass er in den Leuten, in welchen er wohnt, eine gottselige Einfalt und Aufrichtigkeit verursache, ohne Bosheit und Bitterkeit. Und ist auf Christus sichtbar gekommen, auf dass wir daraus erlernen, wie der Mensch Christus den Heiligen Geist nicht nach dem Maß empfangen habe, sondern dass alle Gaben des Heiligen Geistes auf das Vollkommenste diesem Menschen mitgeteilt wurden. Darum Christus nicht unter die Zahl anderer heilige Leute zu rechnen ist, sondern er übertrifft auch die allerheiligsten Menschen über alle Maße.

Lieber Sohn: Mein eingeborener ewiger Sohn, den ich von Ewigkeit her geboren habe, alle anderen Menschen habe ich nur aus Gnaden an Kindes statt aufgenommen. Dich aber liebe ich so, dass ich auch um deinetwillen alle, die an Dich glauben, zu Gnaden aufnehmen und sie zu Erben des Himmelreiches machen will. Denn weil ihn Gott vor allen anderen einen lieben Sohn nennt, so zeigt er damit an, dass er mit ihm ewiger Gott sei. Und wird niemand von Gott zu Gnaden aufgenommen, ohne allein durch diesen geliebten Sohn. Danach soll man auch die Offenbarung der Heiligen Dreifaltigkeit beachten. Des Vaters Stimme wird vom Himmel gehört. Der Sohn steht in der angenommenen menschlichen Natur am Jordan, der Heilige Geist erscheint in der Gestalt einer Taube. Diese Erscheinung der Heiligen Dreifaltigkeit bei der Taufe Christi bezeugt, dass Gott in einem Wesen und drei Personen auch bei unserer Taufe ist, und vergewissert uns durch die Taufe, dass er uns um seines lieben Sohnes willen zu Gnaden aufnehme, und erkenne uns für Erben des ewigen Lebens. Es hat auch mit dieser Erscheinung die ganze Heilige Dreifaltigkeit lehren wollen, dass dieser Jesus der Christus oder Messias und Heiland der Welt, der verheißene König und Prophet und Priester sei, so er mit dem Heiligen Geist gesalbt wurde.

23. Und Jesus ging in das dreißigste Jahr und ward gehalten für einen Sohn Josephs, welcher war ein Sohn Elis,

Gehalten: Die Christus nicht recht kannten, meinten nichts anderes, denn er wäre von Josef gezeugt worden.

Sohn Eli: Nämlich also, dass er sein Schwiegermuttersohn gewesen ist. Denn Eli war der Jungfrau Maria Vater. Und fängt Lukas hier an, das Geschlechtsregister Christi zu erzählen, dadurch er anzeigt, dass Jesus von Nazareth der versprochene Messias sei, von dem die Propheten zuvor geweissagt und verkündigt hatten, dass er aus dem Geschlecht Abrahams und Davids sollte geboren werden. Und ist dieses Geschlechtsregister nicht unter die jüdischen Geschlechtsregister zu zählen, welche Paulus verwirft, als die nur unnütz und eitel sind {Tit 3}, da etliche bekehrte Juden von ihren Eltern und von dem Vorzug der israelitischen Stämme und Geschlecht viel Ruhm trieben und darüber stritten. So haben auch der großen Herren und vornehmen Personen Geschlechtsregister ihren Nutzen von wegen der Erbschaft, oder andere Ursachen wegen. Gleichwie aber der Evangelist Matthäus das Geschlechtsregister Christi von Abraham und David durch Salomons Linie führt bis auf den Josef, der Jungfrau Maria vertrauten Ehemann: Weil es zur gleichen Zeit keinen Streit darüber gab und jedermann wusste, dass beide, Josef und Maria, aus dem Stamm Juda gebürtig waren, und darum beide Personen zu des Abrahams und Davids Nachkommen gehörten: Also führt Lukas das Geschlechtsregister Christi von Josefs Schwager, der Jungfrau Maria Vater, der Eli hieß, aufwärts, durch Nathan, des Davids anderen Sohn, zu Abraham, und durch desselben Patriarchen Vorfahren ferner bis auf Adam. Und sind die recht daran, welche es dafür halten, dass Eli der Jungfrau Maria Vater gewesen ist, der mit einem anderen Namen auch Jojakim geheißen, weil beide Namen einerlei Bedeutung haben, und einen hohen und vortrefflichen bedeuten. So sagt Lukas zu Anfang dieses Geschlechtsregisters im griechischen Text nicht, dass Josef des Eli Sohn gewesen, sondern einfach, der war das Eli, gleichwie er zum Beschluss von Adam auch nicht sagt, dass er Gottes Sohn gewesen ist, sondern einfach der war Gottes, obwohl bei den mittleren Personen, das Wörtlein Sohn recht verstanden wird. Wenn wir dies gefasst haben, so ist der Verstand des ganzen Geschlechtsregisters an ihm selber leicht. Es ist also nicht nötig, dass man mit Erklärung der Namen oder Erzählung ihrer Geschichten viel Zeit verbringen, sonderlich, weil ihrer viele Taten und Handeln in der Heiligen Schrift nicht gefunden werden. Das aber in dem Geschlechtsregister Christi viel erzählt werden, von denen man in der Schrift liest, dass sie in schwere Sünde gefallen, haben wir daraus zu lernen, dass der Sohn Gottes habe darum menschliche Natur an sich genommen, auf dass er die bußfertigen Sünder selig mache {1Tim 1}. Denn Christus erkennt alle die, so sie an ihn glauben, für seine Brüder und Schwestern {Mt 12}.

24. der war ein Sohn Matthats, der war ein Sohn Levis, der war ein Sohn Melchis, der war ein Sohn Jannas, der war ein Sohn Josephs,

25. der war ein Sohn des Mattathias, der war ein Sohn des Amos, der war ein Sohn Nahums, der war ein Sohn Eslis, der war ein Sohn Nanges,

26. der war ein Sohn Maaths, der war ein Sohn des Mattathias, der war ein Sohn Semeis, der war ein Sohn Josephs, der war ein Sohn Judas,

27. der war ein Sohn Johannas, der war ein Sohn Resias, der war ein Sohn Zorobabels, der war ein Sohn Salathiels, der war ein Sohn Neris,

28. der war ein Sohn Melchis, der war ein Sohn Addis, der war ein Sohn Komas, der war ein Sohn Elmodams, der war ein Sohn Hers,

29. der war ein Sohn Joses, der war ein Sohn Eliezers, der war ein Sohn Jorems, der war ein Sohn Matthas, der war ein Sohn Levis,

30. der war ein Sohn Simeons, der war ein Sohn Judas, der war ein Sohn Josephs, der war ein Sohn Jonams, der war ein Sohn Eliakims,

31. der war ein Sohn Meleas, der war ein Sohn Menams, der war ein Sohn Mattathans, der war ein Sohn Nathans, der war ein Sohn Davids,

32. der war ein Sohn Jesses, der war ein Sohn Obeds, der war ein Sohn des Boas, der war ein Sohn Salmons, der war ein Sohn Nahassons,

33. der war ein Sohn Amminadabs, der war ein Sohn Arams, der war ein Sohn Esroms, der war ein Sohn des Phares, der war ein Sohn Judas,

34. der war ein Sohn Jakobs, der war ein Sohn Isaaks, der war ein Sohn Abrahams, der war ein Sohn Tharas, der war ein Sohn Nahors,

35. der war ein Sohn Saruchs, der war ein Sohn Ragahus, der war ein Sohn Phalegs, der war ein Sohn Ebers, der war ein Sohn Salas,

36. (der war ein Sohn Kainans,: der war ein Sohn Arphachsads, der war ein Sohn Sems, der war ein Sohn Noahs, der war ein Sohn Lamechs,

37. der war ein Sohn Mathusalahs, der war ein Sohn Enochs, der war ein Sohn Jareds, der war ein Sohn Maleleels, der war ein Sohn Kainans,

38. der war ein Sohn des Enos, der war ein Sohn Seths, der war ein Sohn Adams, der war Gottes.

War Gottes: Nämlich, seine Kreatur und der erste Mensch, den Gott erschaffen hat, von welchem das ganze menschliche Geschlecht kommt.


Das 4. Kapitel

1. Jesus aber, voll Heiligen Geistes, kam wieder von dem Jordan und ward vom Geist in die Wüste geführt

Jordan: Denn er war von einem göttlichen und inbrünstigem Eifer getrieben, das Predigtamt des Evangeliums anzufangen. Und es zeigten sich an ihm hohe Gaben des Heiligen Geistes, die zum Predigtamt notwendig sind. Denn welche zum Predigtamt von Gott berufen werden, die rüstet er auch mit Gaben aus, so viel sie bedürfen.

Geist: Aus Anregung des Heiligen Geistes ging Christus in die Wüste, dass er mit Betrachtung großer wichtiger Sachen dort eine Zeit lang sich aufhielte, und danach mit desto größerem Ansehen öffentlich auftrete. Davon wird auch berichtet in Matthäus 4 und Markus 1. Denn Christus ist nicht aus eigener Willkür, sondern aus Antrieb des Heiligen Geistes in die Wüste gekommen, darin er viel und große Anfechtungen gehabt hat. Wir werden auch nach der empfangenen Taufe in die Wüste dieser Welt geführt, und dort unter den gottlosen Leuten, wie bei wilden Tieren, unter den Teufeln, mancherlei Gefahr unterworfen. Aber Gott ist bei uns. Doch soll sich keiner außerhalb seines Berufs in unnötige Gefahr begeben.

2. und ward vierzig Tage lang von dem Teufel versucht. Und er aß nichts in diesen Tagen. Und da sie ein Ende hatten, hungerte ihn danach.

Aß nichts: Denn es hat Christus in dieser Zeit so viel zu tun gehabt, gegen des Teufels Anfechtungen sich zu wehren, dass er weder zu essen noch zu trinken begehrt. Was es aber für Versuchungen gewesen, wird in der Schrift nicht berichtet. Es sind aber ohne Zweifel viele und mancherlei gewesen. Und hat Christus, da er das Predigtamt in der Kirche öffentlich zu lehren anfangen wollte, zuvor einen Kampf mit dem Teufel aufstehen müssen. Denn es ist denen, die andere lehren sollen, nützlich, dass sie mit Versuchung bewährt werden. Darum die Alten gesagt haben, lesen, beten, betrachten und versucht werden, das macht einen guten Prediger. Dass aber Christus ganze vierzig Tage gefastet hat, ist ein besonderes Wunderwerk gewesen, wie das Mose und Elia Fasten, welche auch so lange gedauert haben. Und ist einem anderen solches nachzutun unmöglich. Darum die Katholiken unrecht darin sind, dass sie zur Nachfolge dieses wunderbaren Fastens vierzig Tage vor Ostern, Fleisch, Butter, Eier und dergleichen zu essen verboten haben.

Hungerte: Diese Gelegenheit hat der Teufel wahrgenommen, und hat sie schnell erwischt, dass er ihn noch in eine schwere Versuchung geführt, als zuvor je geschehen. Denn der Satan in einer wunderbaren Geschwindigkeit, dass er einen in Versuchung bringt, und hat auf die Zeit und alle Umstände Achtung. Wenn er denn sieht, dass einer in Gefahr, Traurigkeit oder Sorge steht, da richtet er eine große Bedrückung gegen ihn, dass er ihm einen Stoß gebe, und, wenn möglich, seinen Glauben ganz zunichtemachte.

3. Der Teufel aber sprach zu ihm: Bist Du Gottes Sohn, so sprich zu dem Stein, dass er Brot werde.

Brot werde: Als wollte er sprechen: Du meinst nichts anderes, denn Du bist Gottes Sohn, und hast zwar solches auch am Jordan gehört, aber die Stimme hat Dich verführt und betrogen. Denn wenn Gott dein Vater wäre, so würde er Dich bestimmt nicht in dieser ungeheuren Wüste bleiben lassen, da Du zum Schluss verhungern und sterben wirst. Es sei denn, dass Du aus diesen Steinen, die eine große Anzahl da vor Dir liegen, Brot machen könntest, welches Dir nicht möglich sein wird. Mit eben solcher Anfechtung macht sich der Satan auch an uns, in dem er aus dem Mangel nötiger Sachen und Abgang der Nahrung uns schließen lässt, wir sind nicht Gottes Kinder und Erben des Himmels, denn sonst würde Gott besser für uns sorgen. Aber wir sollen aus diesem Beispiel Christi lernen, wie man dem Satan begegnen und ihn wegtreiben muss.

4. Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht allein vom Brot, sondern von einem jeglichen Wort Gottes.

Wort Gottes: So oft darum uns der Satan angreift, so sollen wir ihm mit dem Schwert des Geistes, nämlich mit dem Worte Gottes widerstehen {Eph 6}. Es wird aber dieser Spruch, dessen Meinung Christus hier kurz anzieht {5Mos 8}, so vorgebracht: Er (der Herr) demütigt Dich (das israelitische Volk) und ließ Dich hungern (in der Wüste) und speiste Dich (danach) mit Manna, das Du und Deine Väter nie gekannt hatten, auf dass er Dir kundtäte, dass der Mensch nicht lebt vom Brot allein, sondern von allem, das aus dem Munde des Herrn geht. Das heißt, Gott ließ Dich eine Zeit lang in der Wüste Hunger leiden, aber er hat Dich darum nicht verlassen, denn weil er Dich aus Ägypten gerufen und verheißen hatte, Dir alle väterliche Gutwilligkeit zu erzeigen, so war er an sein Wort gebunden gewesen und hatte Brot vom Himmel gegeben. Also (will Christus sagen) weil ich aus Gottes Fügung in diese Wüste gebracht wurde, so zweifele ich nicht. Es wird Gott, mein himmlischer Vater, mich versorgen und unterhalten, wenn auch kein Brot vorhanden ist. Denn Gott kann wohl Brot schaffen, wenn es nötig ist, gleichwie er den Israeliten in der Wüste Brot vom Himmel gegeben hat. So oft wir darum der Nahrung wegen sorgfältig sind, sollen wir uns unseres Berufes erinnern und der Verheißungen Gottes gedenken, dass er uns ernähren und kleiden will {Mt 6}; und nicht zweifeln, er werde uns unseren Lebensunterhalt verschaffen, wenngleich wir keine äußerlichen Mittel sehen. Wir haben in der Heiligen Schrift viele Beispiele von Elia, Elisa und anderen solchen Zeugen. Wenn aber etliche Fromme am Hunger sterben, was ganz selten geschieht, so muss man sie unter die Märtyrer zählen, denen Gott die besondere Trübsal dieses Lebens mit desto größerer Herrlichkeit im Himmel belohnen wird.

5. Und der Teufel führte ihn auf einen hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der ganzen Welt in einem Augenblick

Augenblick: Denn der Satan ist ein wunderbarer Künstler und schneller Gaukler, es ist aber diese Versuchung vom Evangelisten Lukas gesetzt worden. Denn sie darum stehen sollte, weil kein Zweifel ist, der Satan ist von Christus gewichen, und hat ihn verlassen, da er zu ihm gesagt: Heb Dich weg von mir Satan. Aber diese Ungleichheit der Ordnung wegen unter den Evangelisten macht darum keine Streitereien in der Lehre, denn auch bei den weltlichen Geschichtsschreibern ist es häufig so, dass vorher erzählt wird, was später geschehen ist.

6. und sprach zu ihm: Alle diese Macht will ich Dir geben und ihre Herrlichkeit; denn sie ist mir übergeben, und ich gebe sie, welchem ich will.

Geben: Ich will Dich zu dem allermächtigsten Monarchen in der ganzen Welt machen, der alle anderen, so jemals gelebt, an Majestät und Herrlichkeit übertreffen soll.

Ich will: Das heißt, meisterlich gelogen. Denn die Herrschaften der Welt sind nicht in der Gewalt des Teufels, dass er sie geben könnte, wen er wollte, sondern solche Macht ist Gottes und nicht des Teufels, wie Daniel bezeugt, da er sagt: Auf das Du weißt, dass der Höchste Gewalt hat über der Menschen Königreiche, und gebe sie, wem er will {Dan 4}. Es wird zwar der Satan an einem anderen Ort von Christus selbst der Fürst dieser Welt genannt, aber nicht in der Meinung, dass er diese in seiner Gewalt hat, und damit umgehe, wie er will, sondern dass er der gottlosen Leute Sinn und Herzen regiere, auf dass sie seiner Bosheit dienen.

7. So Du nun mich willst anbeten, so soll es alles dein sein.

Anbeten: Und göttliche Ehre erzeigen. Also widerfährt es heutigentags vielen, dass wenn der Satan sie sonst nicht beikommen kann, so verspricht er ihnen große Güter, Herrschaften, stattliche Ämter und weiß nicht, was für eine weltliche Majestät und Glückseligkeit, wenn sie sich in seinem Willen ergeben und eine falsche gottlose Religion annehmen. Denn das heißt, nichts anderes, als den Satan anbeten. Weil die falschen Gottesdienste, wenngleich sie noch so schön sind, aber dem Worte Gottes widerstreben, nichts anderes sind, als Teufelsdienst, nach dem Spruch des 106. Psalms: Und sie opferten ihre Söhne und ihre Töchter den Teufeln, da doch die Israeliten meinten, dass sie mit der Opferung ihrer Kinder dem Gott Israels einen angenehmen Dienst täten. Wenn aber der Satan viele gute Dinge verspricht, so ist es doch alles miteinander schändlich erlogen. Denn er verheißt mehr, als er leisten kann und will, und spottet danach den elenden Leuten, die im Glauben, und durch solche Anfechtungen sich zu augenscheinlicher Abgötterei treiben lassen. Es beten aber auch die den Satan an, um großen Reichtum, Ehre und sonstigen glücklichen Fortgang zu erlangen, die sich wider ihrem Gewissen der Ungerechtigkeit und anderen Lastern ergeben.

8. Jesus antwortete ihm und sprach: Heb‘ Dich weg von mir, Satan! Es steht geschrieben: Du sollst Gott, deinen Herrn, anbeten und ihm allein dienen.

Weg: Mach Dich in den Abgrund der Hölle, wohin Du gehörst.

Dienen: Diese Worte stehen im 5. Buch Mose Kapitel 6,15/10,12. Das Anbeten und andere Gottesdienste stehen allein Gott zu und können von keiner Kreatur ohne schreckliche Abgötterei und große Gotteslästerung erzeigt werden. Es wird aber hier von der weltlichen Huldigung und Ehre nicht geredet, wie man jetzt vor trefflichen Leuten der Ehren wegen die Knie gebeugt oder auch auf die Knie vor ihnen fällt, sie um Gnade oder Hilfe anruft und sich ihnen unterwirft, aber doch daneben sie für Menschen hält und erkennt, und ihnen nichts Göttliches zumisst. Welche aber die verstorbenen Heiligen oder Engel anrufen oder anbeten oder vor Bildern niederfallen und sie anbeten, die begehen eine Abgötterei und legen die Ehre, so allein Gott gebührt, den Kreaturen zu. Darum auch der Engel von Johannes nicht wollte angebetet werden {Apg 22}. Und Petrus, der Apostel, hat sich von Kornelius nicht anbeten lassen wollen {Apg 10}. So hat das Anbeten der Bilder in der Heiligen Schrift einen bösen Namen und wird von den Propheten auf das Schärfste verworfen. Und kann der römischen Sophisten Unterscheidung zwischen dem Heiligendienst und Gottesdienst sie von der Abgötterei nicht freisprechen. Denn man fragt nicht, wie sie das Anbeten nennen, sondern was sie tun und begehren, wenn sie die Bilder oder Heiligen anbeten. Denn sie bitten solche Dinge, die man von Gott allein bitten soll. Christus aber soll man ganz, als Gott und Mensch, anbeten, weil die Menschheit Christi von dem Sohn Gottes in Einigkeit der Person aufgenommen wurde.

9. Und er führte ihn gen Jerusalem und stellte ihn auf des Tempels Zinne und sprach zu ihm: Bist Du Gottes Sohn, so lass Dich von hier hinunter;

Und: Die jetzt folgende Versuchung ist in der Ordnung der anderen gewesen.

Zinne: Es waren aber die Dächer und Zinnen im jüdischen Land so, dass man darauf gehen konnte.

Hinunter: Flieg vom Tempel hinab auf die Erde, dass es jedermann sehe. Solches wird Dir bei dem Volk ein großes Ansehen machen, und wirst dadurch einen berühmten Namen bekommen. Denn wenn der Teufel uns mit Kleinmütigkeit der Nahrung oder anderer Sachen wegen nicht stürzen kann, so untersteht er sich dagegen, uns zu Hoffart und Vermessenheit zu treiben, dass wir aus Begierde und Verlangen nach eigener Ehre solche Dinge uns unterstehen und anfangen dürfen, die nicht unser Beruf sind, und darum wir keine Verheißung der göttlichen Hilfe oder des Beistandes haben. Darum sollen wir uns hüten, dass uns der Satan mit unserer Verwegenheit nicht verführe.

10. denn es steht geschrieben: Er wird befehlen seinen Engeln von Dir, dass sie Dich bewahren

Geschrieben: Der Teufel missbraucht auch die Zeugnisse der Heiligen Schrift, auf dass er Christus möge überreden.

11. und auf den Händen tragen, auf dass Du nicht etwa deinen Fuß an einen Stein stoßest.

Stoßest: Dieser Spruch steht im Psalm 91 und lautet von Wort zu Wort also: Denn er hat seinen Engeln befohlen über Dir, dass sie Dich behüten auf allen Deinen Wegen, dass sie Dich auf den Händen tragen, und Du Deinen Fuß nicht an einen Stein stößt. Es hat aber Gott mit diesem Spruch den Schutz der heiligen Engel uns versprochen, auf unseren Wegen, das heißt, wenn wir in unserem Beruf wandeln, und nicht, wenn wir aus unserem Beruf schreiten und uns in unnötige Gefahr begeben. Wir lernen auch aus diesem Vorbringen des Teufels, wie listig er die Heilige Schrift benutzt, uns in einen fremden Verstand zu verkehren pflegt. Darum soll man alle Umstände gut erwägen, auf dass uns der Satan nicht betrügt. Aber Christus setzte ihm einfach einen anderen Spruch der Heiligen Schrift entgegen, dadurch des vorigen rechter und eigentlicher Verstand erklärt wird.

12. Jesus antwortete und sprach zu ihm: Es ist gesagt: Du sollst Gott, deinen Herrn, nicht versuchen.

Versuchen: Dieses Zeugnis steht in der Heiligen Schrift im 5. Buch Mose. Es wird aber Gott auf mancherlei Weise versucht, sonderlich aber, wenn wir die ordentlichen Mittel, welche zu unserer zeitlichen und ewigen Wohlfahrt dienlich sind, beachten und in den Wind schlagen, dabei dennoch einen glücklichen Fortgang in unserem Tun erhoffen und meinen, Gott sei uns verbunden, dass er uns in unserer Vermessenheit müsse Glück geben. Wir sollen aber bei dem Beispiel Christi lernen, die Schrift durch Schrift recht zu erklären. Denn wenn man die Sprüche gegeneinander hält, so wird die Schrift dadurch verständlicher und besser erklärt.

13. Und da der Teufel alle Versuchung vollendet hatte, wich er von ihm eine Zeit lang.

Zeit lang: Denn er hat sich zu unterschiedlichen Zeiten und oft an Christus gemacht und mit den vorigen oder neuen Versuchungen ihn angefochten. Und lässt Gott uns eine Zeit lang von den Anfechtungen in Ruhe, dass wir uns wiederum erholen können, um desto mutiger zu sein, die neuen Anfechtungen des Teufels auszustehen und zu überwinden. Denn der Satan wartet nicht lange, der untersteht sich auch mit stetigen Anfechtungen unsere Herzen zu ermüden. Aber der Sieg Christi wird uns zugerechnet, denn wir überwinden nicht immer. Und weil Christus erfahren hat, was es ist, vom Satan versucht zu werden, so weiß er auch, wie er uns in der Gefahr der Versuchungen zur Hilfe kommen soll {Hebr 7}.

14. Und Jesus kam wieder in des Geistes Kraft nach Galiläa; und das Gerücht erscholl von ihm durch alle umliegenden Orte.

Galiläa: Wo er sein Predigtamt anfangen wollte. Darum des Satans Toben ihn nicht kleinmütig oder furchtsam gemacht, sondern sein Eifer hat ihn angetrieben, sein Amt anzutreten. Er ist nach den überwundenen Anfechtungen nur größer und inbrünstiger geworden. Denn die Versuchungen, wenn man sie überstanden hat, machen einen Menschen nur mutiger und freudiger, dass er Gott mehr traut als zuvor {Röm 5}. Es hat aber Christus das Evangelium vom Himmelreich zuerst in Galiläer gepredigt und dort herrliche Wunderwerke zur Bestätigung seiner himmlischen Lehre getan, wie Matthäus bezeugt (Kapitel 4). Und solches hatte auch der Prophet Jesaja zuvor verkündigt (Kapitel 9).

Erscholl: Dass die Leute überall zu ihm liefen, um seine Predigten zu hören. Und sie brachten kranke Personen zu ihm, dass er sie gesund machte. Es war aber Galiläa damals von Judäa verachtet und unwert gehalten. Darum gibt Gott bisweilen sein Wort den Ländern und Völkern, die in keinem großen Ansehen sind, da er unterdes die mächtigsten und berühmtesten Königreiche fahren lässt. Und weil der Herr Christus selber das Predigtamt, das Evangelium auf sich genommen, hat er eben damit lehren wollen, dass die Predigt des Evangeliums das Mittel sei, welches zur Seligkeit des menschlichen Geschlechtes verordnet wurde. Denn das Evangelium ist eine Kraft Gottes, selig zu machen alle die, die daran glauben {Röm 1}

15. Und er lehrte in ihren Schulen und wurde von jedermann gepriesen.

Schulen: Wo die Juden zusammenkamen, Gottes Wort zu hören, und das allgemeine Gebet sprechen. Und obwohl Christus häufig auch an einsamen Orten dem Volk, so sie zusammengelaufen waren, gepredigt, so hat er doch häufiger an öffentlichen Orten, wie in den Schulen und im Tempel zu Jerusalem gelehrt. Denn die himmlische Wahrheit scheut das Licht nicht. Darum soll man die Schleicher, als da sind die Wiedertäufer, Schwenkfelder und ihresgleichen, so sie in Winkeln und in Wäldern predigen, meiden. Denn wer Böses tut, der hasst das Licht, wie Christus spricht {Joh 3}.

Gepriesen: Die rühmten diesen neuen Lehrer sehr hoch. Besonders aber verwunderten sie sich über seine Wunderwerke und breiteten diese aus. Also geschieht es, wenn das Evangelium an einem Ort zu predigen angefangen wird, so sind die Leute ganz eifrig, lassen aber später nach, bis sie am Ende ganz kalt sind, wenn sie der gesunden Lehre überdrüssig geworden und ihnen die Ohren nach neue Lehre jucken.

16. Und er kam nach Nazareth, da er erzogen war, und ging in die Schule nach seiner Gewohnheit am Sabbattage und stand auf und wollte lesen {Mt 13v53 v54 Mk 6v1}.

Nazareth: Denn weil Christi Vaterland in Galiläer gelegen war, hat er zugleich aus natürlicher und göttlicher Liebe zu seinem Vaterland (darin er erzogen, aber nicht geboren) die himmlischen Schätze des Evangeliums seinen Landsleuten mitteilen wollen. Also sollen wir unserem Vaterland zeitliche und ewige Wohlfahrt zu befördern uns befleißigen.

Schule: Denn wir sollen uns zu der Versammlung der Kirchen halten, auf dass wir mit ihnen das Wort Gottes handeln, betrachten und unser Gebet verrichten. Welche aber solche gottseligen Versammlungen verachten, die geraten in schändliche Sekten oder in ein rohes und wildes Leben.

Lesen: Und ein Stück aus der Heiligen Schrift erklären.

17. Da ward ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht. Und da er das Buch herumwarf, fand er den Ort, da geschrieben steht:

Gereicht: Denn es hatte Christus bereits aus dem Gerücht seiner Predigten und Wunderwerke auch bei seinen Landsleuten ein Ansehen bekommen, dass sie ihn begehrten zu hören. Darum hat man ihm einen Platz in der Schule gegeben zum Lehren. Wie auch später zu Antiochia Paulus und Barnabas in den Schulen zugelassen wurden, etwas zum Volk zu reden. Denn gleichwie bei uns häufig ein fremder Prediger gehört wird oder in öffentlichen Gesprächen und Unterredungen von vornehmen Leuten begehrt wird, dass sie mögen etwas vorbringen zur Unterrichtung der Jugend, so wurden damals in den Judenschulen diejenigen gehört, welche sonst nicht ordentlicherweise am selben Ort zu lehren pflegten. Dass aber ein einfältiger Mensch, der nicht gelehrt ist und zum Predigen weder berufen noch gefordert wurde, aufstehen sollte, und einem Prediger hineinreden, solches ist aller guten Ordnung entgegen. Denn Gott ist ein Gott der Ordnung und nicht der Unordnung. Und da Paulus sagt, dass ein Lehrer schweige und dem anderen, welchem etwas Besseres geoffenbart wurde, zuhören solle, redet er dort ausdrücklich von den Propheten, das heißt, von denen, die in der Kirche zu lehren berufen wurden und mit der Gabe, die Heilige Schrift auszulegen, geziert sind. Jedoch soll man solche Gewohnheit heutigentags bei den Predigten nicht einführen, denn es hat Gott seiner Kirche in diesem Tun die Freiheit gelassen, dass sie eine Ordnung unter den Lehrern anrichten möge nach der Gestalt der Wörter, Zeit und Personen. Und wenn man solche alte Gewohnheit heutigentags wieder einführen sollte, würden durch mutwillige und eigensinnige Köpfe große Unordnung entstehen.

Steht: Kapitel 61. Es ist aber dieser Spruch eine herrliche Weissagung von Christo und hat den Verstand: Ich, Jesus Christus, bin von Gott nach meiner Menschheit mit dem Heiligen Geist auf das Allerreichlichste begabt worden, als den ich nicht nach dem Maß wie andere Menschen empfangen habe, und bin gesalbt mit dem geistlichen Freudenöl, nämlich mit dem Heiligen Geist, zum Priester, König und obersten Propheten, dass ich das Evangelium predigen soll, von der Gnade meines himmlischen Vaters für das menschliche Geschlecht, den elenden und armen Menschen, die durch die Empfindung des Zornes Gottes mit dem Gewissen geängstigt und von der schweren Last der Sünden und dem Fluch des Gesetzes gedrückt werden: Denn die sind die richtig geistlich Armen: Auf dass ich nun diese tröste und mit der allerlieblichsten Predigt des Evangeliums ihre zerschlagenen und verwundeten Herzen von den Schrecken des göttlichen Gerichtes verbinde und heile. So will nun mein himmlischer Vater, dass ich ihnen predige die Vergebung der Sünden und Erlösung aus dem Gefängnis des Todes von der Hölle. Diese meine Predigten des Evangeliums bringen das recht fröhliche und angenehme Jubeljahr mit sich, darin ihre geistlichen Schulden ihnen nachgelassen werden, und sie die ewige Erbschaft des himmlischen Lebens, so sie durch die Sünde verloren hatten, wieder empfangen. Denn Gott wird durch mich Rache üben an den Feinden des menschlichen Geschlechts, Tod, Teufel und Hölle. Ich werde dem Tod ein Tod und der Hölle eine Pestilenz sein {Hos 13}. Diese Weissagung lehrt uns von dem Amt Christi, dass er unser Erlöser ist, und ist gekommen, das Evangelium zu predigen. Darum der Geist, welcher die Herzen, so sie ihre Sünde fühlen und darum geängstigt und zerschlagen sind, noch mehr schreckt und betrügt, obgleich er die Heilige Schrift dazu gebraucht, ist nicht der Geist Christi, sondern ein böser Geist, dem man kein Gehör geben soll. So viel aber das Jubeljahr betrifft, welches im Alten Testament eingesetzt wurde {3Mos 25}, hat dieses auch seinen äußerlichen Nutzen im jüdischen Regiment gehabt, weil nun dieses aufgehoben und zerstört ist, so geht uns solches Jubeljahr heutigentags nicht mehr an, denn allein, dass wir wissen, dass es vor Zeiten auf die geistliche Schuld, nämlich Vergebung der Sünden gedeutet, und dass wir zur himmlischen Erbschaft wiederum einen Zutritt hätten. Aber der Katholiken Jubeljahr ist nichts als eine Einnahme von Geld, von welchen Künsten und Praktiken des römischen Papstes, der Apostel Petrus geweissagt hat, da er spricht: Sie werden an euch hantieren durch Geiz mit erdichteten Worten {2Petr 2}.

18. Der Geist des Herrn ist bei mir, weil er mich gesalbt hat und gesandt, zu verkündigen das Evangelium den Armen, zu heilen die zerstoßenen Herzen, zu predigen den Gefangenen, dass sie los sein sollen, und den Blinden das Gesicht und den Zerschlagenen, dass sie frei und ledig sein sollen,

19. und zu predigen das angenehme Jahr des Herrn.

20. Und als er das Buch zutat, gab er es dem Diener und setzte sich. Und aller Augen, die in der Schule waren, sahen auf ihn.

Auf ihn: Und begehrten, eine herrliche Predigt von ihm zu hören, weil das Gerücht vor sie gekommen war, dass er an anderen Orten mit großer Verwunderung der Zuhörer gepredigt hatte.

21. Und er fing an, zu sagen zu ihnen: Heute ist diese Schrift erfüllt vor euren Ohren.

Erfüllt: Und hat ihnen zugleich den Spruch des Propheten Jesaja erklärt, von der Gnade und Barmherzigkeit Gottes gegen das menschliche Geschlecht, dass Gott der Vater wolle seinen gerechten Zorn fallen lassen, und den bußfertigen Sündern verzeihen, ihnen auch die Erbschaft des Himmelreiches aus Gnaden schenken. So hat er weiter gelehrt, dass er der Prophet ist, der von Gott darum gesandt wurde, damit er die fröhliche Botschaft des Evangeliums ihnen und anderen brächte. Welches ihnen sicherlich eine ganz liebliche und angenehme Predigt gewesen ist.

22. Und sie gaben alle Zeugnis von ihm und wunderten sich der holdseligen Worte, die aus seinem Munde gingen, und sprachen: Ist das nicht Josephs Sohn {Mt 13v55 Mk 6v3}?

Zeugnis: Dass er eine gottselige und heilige Lehre vorbrächte von dem gnädigen Willen Gottes gegen die armen Sünder.

Wort: Die voller Trost waren. Denn die evangelischen Predigten sind nicht allein den zerschlagenen Herzen, sondern auch den fleischlichen sicheren Menschen angenehm und schlagen ihnen wohl zu, weil sie dadurch des Fleisches Freiheit suchen, wenn sie hören, dass Gott geneigt ist, den Sündern zu vergeben.

Josephs Sohn: Denn sie wussten oder glaubten nicht, dass er vom Heiligen Geist empfangen wurde. Und da sie ihn zuerst gelobt und gepriesen hatten, so fangen sie gleich darauf an, bevor sie aus der Schule voneinandergehen, seine Herkunft, sein Geschlecht und seinen Stand zu betrachten, dass er bis daher das Zimmerhandwerk bei ihnen getrieben. Darum ändern sie ihre vorige Meinung, und aus der Verwunderung wird eine Verachtung. Sie fangen an, den sie zuvor hochgeachtet und gerühmt, jetzt zu verkleinern und verächtlich von ihm zu reden. So große Unbeständigkeit findet sich bei dem allgemeinen Volk besonders in Religionssachen.

Nach Luther: Wie geht es zu, dass Josefs Sohn so lehren und reden kann, der arme Zimmerknecht?

23. Und er sprach zu ihnen: Ihr werdet freilich zu mir sagen dies Sprichwort: Arzt, hilf Dir selber! Denn wie große Dinge haben wir gehört zu Kapernaum geschehen. Tue auch also hier in deinem Vaterlande!

Sprach: Dass er ihre Leichtfertigkeit, Undankbarkeit und Bosheit ernst gescholten hat.

Vaterland: Dass Du die Stadt Kapernaum mit Deinen Wunderwerken berühmt machst, wie viel mehr gebührt Dir es, dass Du solche Guttaten deinem Vaterland erzeigst.

24. Er aber sprach: Wahrlich, ich sage euch, kein Prophet ist angenehm in seinem Vaterlande {Mt 13v57 Mk 6v4 Joh 4v44}.

Kein Prophet: Es sind die berühmten Lehrer in ihrem Vaterland in keinem Ansehen, darum sie von wegen des Unglaubens ihren Landsleuten dort nicht mit großem Nutzen lehren können. Es ist aber eine große Undankbarkeit von den Leuten, dass sie ihre Mitbürger nach ihrer Kindheit beurteilen, die sie mit ihnen zugebracht haben, und nicht viel mehr von ihnen urteilen nach den Gaben, damit sie von Gott geziert sind. Darum berauben solche aus ihrer eigenen Schuld sich der Guttaten, die sie erlangen könnten, wenn sie vortreffliche Leute in Ehren hielten.

25. Aber in der Wahrheit sage ich euch: Es waren viel Witwen in Israel zu Elias Zeiten, da der Himmel verschlossen war drei Jahre und sechs Monden, da eine große Teuerung (Hungersnot) war im ganzen Lande;

26. und zu deren keiner ward Elia gesandt denn allein nach Sarepta der Sidonier, zu einer Witwe.

Gesandt: Dass er sie mit ihrem Personal in der großen Hungersnot durch ein Wunderwerk erhielte.

Sarepta: Außerhalb der Grenzen des Landes Israel. Da sie nur wenig Mehl und Öl hatte, und sich und ihrem Sohn das letzte Essen davon zubereiten wollte, und danach des Hungers wegen des Todes erwartete. Da wurde ihr befohlen, dass sie zuvor dem Propheten ein Essen zubereiten sollte mit der Verheißung, es würde ihr an Mehl und Öl nicht mangeln, solange die teure Zeit dauerte. Wenn sie dem Propheten glauben würde, dass sie in der Teuerung mit ihrem Sohn erhalten würde {1Sam 17}. Diese Witwe hat einen starken Glauben gehabt, dass sie dem Propheten Gottes geglaubt und ihn geehrt hat, den die Israeliten, seine Landsleute, hassten und verfolgten. Darum auch die Guttat so des Propheten Landsleute hätte widerfahren können, was an dieser fremden Frau geschehen ist. Denn wenn die treuen Kirchendiener an einem Ort in großer Verachtung sind, so werden sie entweder durch den Tod weggenommen oder an andere Orte gebracht. Und es werden die undankbaren Zuhörer großen Guttaten sowohl leiblichen als geistlichen beraubt.

Zeiten: Da dieser Prophet im Königreich Israel das Predigtamt führte.

27. Und viel Aussätzige waren in Israel zu des Propheten Elisa Zeiten; und der keiner ward gereinigt denn allein Naeman aus Syrien.

Aus Syrien: Der kein Israeliter vom Geschlecht und ein Hauptmann des heidnischen Königs in Syrien war, dieser glaubte, dass er durch den Propheten Elisa könnte vom Aussatz rein gemacht werden, darum da er auf Befehl des Propheten sich siebenmal im Jordan gebadet hat, ist er rein geworden, darauf er auch die Abgötterei gelassen hat und den wahren Gott weiter geehrt hat {2Sam 5}. Trotzdem aber ist aus der großen Anzahl der Aussätzigen in Israel keiner gewesen, der solche Guttat von dem Propheten, als seinem Landsmann, begehrt, oder darum gebeten hätte. Darum weil der Prophet von den seinen verachtet wurde, so ist die Guttat den aussätzigen Israeliten nicht widerfahren, was dem Syrer, einem Ausländer begegnet ist. Also hindert ihr Bürger von Nazareth (will Christus sagen), als meine Landsleute, euch selbst mit eurem Unglauben, Undank und eurer Bosheit, dass ich euch solche Guttaten nicht erzeigen kann, die andere von mir bisher bekommen haben. Denn obwohl Gott nach seiner unendlichen Allmacht auch den Ungläubigen Gutes tun kann, so wird doch ordentlicherweise derjenigen Glaube gefordert, die eine Guttat von Gott empfangen wollen. Gleichwie ein Hausvater, wenn er zu den seinen ins Haus gehen will, einen Schlüssel haben muss, obwohl er, wenn es nötig wäre, auch die Tür mit Gewalt aufbrechen könnte.

28. Und sie wurden voll Zorns alle, die in der Schule waren, da sie das hörten,

Voll Zorns: Da sie vernahmen, dass mit diesen Worten Christi auf ihrer Bosheit gedeutet würde, da erkannten sie ihre Sünde noch nicht, dass sie auch einen bitteren Hass und Neid wider ihn fassten. Darum findet man wenig, die der Kirchendiener Strafpredigten mit Geduld aufnehmen und darauf bedacht wären, wie sie ihre Mängel verbessern wollten.

29. und standen auf und stießen ihn zur Stadt hinaus und führten ihn auf einen Hügel des Berges, darauf ihre Stadt gebaut war, dass sie ihn hinabstürzten.

Stürzten: Sollen darum fromme Kirchendiener zur Verfolgung sich gefasst machen.

30. Aber er ging mitten durch sie hinweg.

Hinweg: Und entkam auf wunderbare Weise aus ihren Händen, dass sie nicht gewusst, wo er geblieben oder hingegangen wäre. Und es ist wohl zu glauben, dass er sich unsichtbar gemacht, und verschwunden, wie nach seiner Auferstehung es bei den Jüngern zu Emmaus geschehen ist. Obwohl nun heutigentags die Kirchendiener oder auch andere Christen in den Verfolgungen nicht wunderbarerweise erhalten werden, so werden sie doch in wunderbarerweise aus der Gefahr errettet, bis sie ihren Lauf vollendet, am Ende durch den zeitlichen Tod zum ewigen Leben eingehen.

31. Und kam gen Kapernaum in die Stadt Galiläas, und lehrte sie an den Sabbaten {Mt 4v13} Kapernaum: Wo er zur selben Zeit mit mehreren Andachten gehört wurde. Denn wenn das Wort Gottes an einem Ort verachtet wird, so findet es am anderen Ort Platz, da es einen größeren Wert hat. Und wenn auch der Nazarener Undankbarkeit und Bosheit groß war, so rächt sich doch Christus nicht an ihnen, sondern stellt Gott die Sache und Rache auf eine andere Zeit. Denn wir sollen die uns zugefügte Schmach und Unbilligkeit nicht rächen, sondern die Rache Gott befehlen {Röm 12}.

32. Und sie verwunderten sich seiner Lehre; denn seine Rede war gewaltig.

Gewaltig: Es hatte einen Nachdruck, was er predigte, und ging den Leuten tief zu herzen. Es waren nicht lose unnütze Dinge und Geschwätz, wie die Pharisäer und Schriftgelehrten trieben, denn diese, wenn sie von guten Werken lehren sollten, so handelten sie vom Händewaschen, von dem Zehnten des Kümmel, Dill und dergleichen Kinderwerk. Wenn sie davon lehren sollten, wie man Vergebung der Sünden erlangen müsste, so wiesen sie das Volk zu den Opfern, aber vom Glauben an den Messias lehrten sie nicht. Dagegen, wenn Christus von guten Werken lehren wollte, so erklärte er das Gesetz recht und eigentlich, wenn er von Vergebung der Sünden handelte, so unterrichtet er seine Zuhörer von der Gnade Gottes, die ihnen um des Messias willen gegeben würde. Darum sollen die Kirchendiener darauf sehen, dass sie nicht ihre Träume oder selbst erdachten Meinungen und Sinne in den Predigten dem Volk vorbringen, noch sich dahin befleißigen, dass sie das Lob der guten Redekunst davon bringen, sondern sie sollen das Gesetz und Evangelium deutlich und verständlich aus Heiliger Schrift erklären. Denn die Heilige Schrift ist das Instrument und Werkzeug, dadurch Gott in der Zuhörer Herzen wirken will.

33. Und es war ein Mensch in der Schule, besessen mit einem unsauberen Teufel. Und der schrie laut

Und: Es hat Christus so gemacht, dass er seine Lehre mit Wunderwerken bestätigt hat. Darum lasst uns ein herrliches Wunderwerk hören, dass er in der Schule zu Kapernaum getan hat, davon Markus auch im 1. Kapitel berichtet.

Besessenen: Obwohl nicht alle gottlosen Menschen vom Teufel so besessen sind, dass sie ihrer Söhne beraubt werden, so sind doch alle Gottlosen in Wahrheit des Teufels Leibeigene, welche er mit seinen Stricken verwickelt und herumführt, dass sie weder Gott recht ehren noch ihrer ewigen Seligkeit achten. Doch gerade diese Menschen werden in der Welt für verständig gehalten, da doch ihre Sachen viel Ärger stehen, als wenn sie nicht bei Sinnen wären.

Schrie: Nämlich, der Teufel, durch den Mund des besessenen Menschen.

34. und sprach: Halt, was haben wir mit Dir zu schaffen, Jesus von Nazareth? Du bist gekommen, uns zu verderben. Ich weiß, wer Du bist, nämlich der Heilige Gottes.

Verderben: Denn der Sohn Gottes ist gekommen, dass er die Werke des Teufels zerstöre {1Joh 3}.

Heilige Gottes: Des Messias, Gottes Sohn und der Welt Heiland.

35. Und Jesus bedrohte ihn und sprach: Verstumme und fahre aus von ihm! Und der Teufel warf ihn mitten unter sie und fuhr von ihm aus und tat ihm keinen Schaden.

Verstumme: Denn es hat Christus das Teufels Zeugnis nicht wollen hören oder annehmen, weil er ein Lügengeist ist, und Wahrheit mit der Lüge untereinander zu vermischen pflegt, oder sagt doch bisweilen die Wahrheit nur darum, auf dass er sie verdächtig mache. Darum sind die Katholiken großen Narren, dass sie ihres Franziskus Heiligkeit und viel andere päpstliche Lehrpunkte durch der Teufel Zeugnis zu beweisen sich unterstehen.

Warf: Also dass der Teufel sich stellte, als wollte er den armen Menschen ganz ums Leben bringen.

Schaden: Obwohl er mit der Gewalt des Teufels zu Boden geworfen wurde, so hat er ihn doch nicht mehr beschädigen können. Wenn darum der Teufel von einem Ort ausweichen muss, weil man seine falschen Lehren ausmustert, so wütet und tobt er schrecklich und stellt sich, als wollte er Himmel und Erde ineinander werfen. Aber er muss endlich dem Heiligen Geist Platz machen, und sollte er darüber zerbrechen.

36. Und es kam eine Furcht über sie alle, und redeten miteinander und sprachen: Was ist das für ein Ding? Er gebietet mit Macht und Gewalt den unsauberen Geistern, und sie fahren aus.

Furcht: Sie entsetzten sich über solche großen Wunderwerke.

Mit Macht: Wir sehen, dass er mit einem solchen Ansehen und Gewalt den Teufeln gebietet, dass sie ihm gehorchen müssen, wenn sie es auch ungern tun. Denn Christus ist ein Überwinder des Teufels, so können auch die Christen, mit der Hilfe Christi, den Satan unter ihre Füße treten {Röm 16}.

37. Und es erscholl sein Geschrei in alle Örter des umliegenden Landes.

Landes: Also, dass viele daraus richtig geschlossen haben, dies ist der verheißene Messias. Denn dies ist der Nutzen aus den Wunderwerken Christi, dass wir glauben, Jesus sei Christus der Welt Heiland und dass wir durch den Glauben das ewige Leben haben in seinem Namen {Joh 20}.

38. Und er stand auf aus der Schule und kam in Simons Haus. Und Simons Schwiegermuttermutter war mit einem harten Fieber behaftet; und sie baten ihn für sie.

Simons Haus: Der mit Zunahmen Petrus hieß, und später zum Apostelamt berufen wurde, davon auch Matthäus im 8. Kapitel und Markus im 1. Kapitel schreibt. Denn es scheut sich Gott nicht in armer Leute Häuser zu gehen und mit seiner Gnade bei den Kranken und holdseligen Leuten einzukehren, denn er sorgt für sie, sofern sie nur fromm sind.

Für sie: Dass er sie sollte gesund machen. Es ist aber die Freundlichkeit und Gottseligkeit in diesem Personal zu loben und nachzufolgen, dass sie für ein altes betagtes und krankes Weib bitten, damit diese möchte wieder gesund werden. Heutigen Tages werden viel gefunden, die fast alle alten Weiber verachten und wünschen, dass sie sie schnell möchten loswerde, besonders aber haben die Schwiegermuttereltern keinen Wert. Darum man allgemein ein gottloses Sprichwort macht, dass die Schwiegermuttereltern gut sind, es wachse denn Gras über sie. Da sollen die Schwiegermuttereltern und andere alte Menschen sich befleißigen, dass sie dem Personal im Haus nicht lästig sind, welches geschieht, wenn sie sich nicht mürrisch oder störrisch zeigen.

39. Und er trat zu ihr und gebot dem Fieber, und es verließ sie. Und bald stand sie auf und diente ihnen.

Gebot: Es hat aber Christus den Krankheiten wie auch den Wind und das Meer, so doch leblose Dinge sind, geboten auf dass er zeigte, wie er alle Kreaturen in seiner Gewalt hätte, und hat auch zu verstehen gegeben, dass ihm unsere Unfälle nicht gefallen und er sie von uns nehmen will.

Diente: Auch dass sie sich dankbar gegen Christo erzeigte für die empfangenen Guttaten und Gesundheit des Leibes. Denn wenn Gott uns unsere vorige Gesundheit wiedergibt, so sollen wir mit allem Fleiß danach trachten, dass wir Gott dem Herrn in unserem Beruf fleißig dienen.

40. Und da die Sonne untergegangen war, alle die, so Kranke hatten mit mancherlei Seuchen, brachten sie zu ihm. Und er legte auf einem jeglichen die Hände und machte sie gesund.

Zu ihm: Nämlich, zu Christo. Auf dass er sie heilte und gesund machte, wie auch Matthäus im 8. und Markus im 1. Kapitel bezeugen, denn es hatten die Leute gehört, dass Christus in des Petrus Haus gekommen war. Sie kamen aber um dieselbe Zeit, da man sich hätte zur Ruhe begeben sollen. Darum sollen wir es dulden, wenn manchmal etliche unsere Hilfe zu ungelegener Zeit begehren, und sollen es entweder der Not zu schreiben oder es ihrer Unhöflichkeit und Einfalt verzeihen.

Hände: Gleichwie aber Christus nicht nur mit Worten, sondern auch mit Auflegung der Hände die Krankheiten vertrieben hat, so heilt er heutigentags unsere Seele mit dem Worte des Evangeliums und der Sakramente wie mit seinen allerheiligsten Händen.

41. Es fuhren auch die Teufel aus von vielen, schrien und sprachen: Du bist Christus, der Sohn Gottes. Und er bedrohte sie und ließ sie nicht reden; denn sie wussten, dass er Christus war.

Nicht reden: Von Johannes dem Täufer, als einem heiligen Mann, hat es Christus geschehen lassen, dass dieser das Zeugnis geben durfte, dass er der Messias wäre. Aber der Teufel Zeugnisse hat er verworfen. Denn man soll die Wahrheit nicht vom Teufel, der ein Lügengeist ist, lernen. Es ist aber ein jedes Wunderwerk Christi ein besonderes Siegel, damit Christus die Lehre des Evangeliums bestätigt hat.

42. Da es aber Tag ward, ging er hinaus an eine wüste Stätte; und das Volk suchte ihn, und kamen zu ihm und sie hielten ihn auf, dass er nicht von ihnen ginge.

Wüste Stätte: Damit er dort ein wenig ruhte und mit dem Gebet wenig Hindernisse hätte. Denn wir sollen von den Geschäften auch ruhen und zu den Verrichtungen unseres Berufes das Gebet gebrauchen, auch dass wir mit desto mehr Nutzen arbeiten können.

Ginge: Sie baten ihn, dass er bei ihnen bliebe, auf dass sie einen solchen vortrefflichen und berühmten Lehrer und Arzt wider allerlei Krankheit und Anliegen immer bei sich haben möchten. Denn der meiste Teil der Leute suchen vielmehr leibliche als geistliche Güter bei dem Evangelium Christi.

43. Er aber sprach zu ihnen: Ich muss auch andern Städten das Evangelium predigen vom Reich Gottes; denn dazu bin ich gesandt {Mk 1v38}.

Gesandt: Von meinem himmlischen Vater in dieser Welt. Und es fordert mein Beruf, dass ich auch anderen Leuten durch die Predigt des Evangeliums das Himmelreich anbiete. Denn obwohl Christus an diesem Ort hätte können in großen Ehren und Ansehen sein und von den Leuten hochgehalten werden, so hat er doch viel mehr auf seinen Beruf gesehen, der ihn an einen anderen Ort forderte. Darum wollte er diese Leute verlassen, um auch anderen Menschen den Schaden nehmen. Also sollen die Kirchendiener sich nicht nur nach bequemen Orten umsehen, wo man sie groß hält, sondern ihren Beruf beachten, was er mit sich bringe, und in dem Stande sie sich finden lassen, in welchen sie Gott gesetzt hat, wenn sie auch gleich Hass und Verfolgung davon haben. Denn ihre Treue wird ihnen im Himmel belohnt werden.

44. Und er predigte in den Schulen Galiläa


Das 5. Kapitel

  • Christus lehrt das Volk auf dem Schiff. Petrus und seine Gesellen, die die ganze Nacht vergebens gearbeitet, machen einen reichen Fischzug. Christus reinigt einen Aussätzigen. Begibt sich in die Wüste, um zu beten. Heilt einen Gichtbrüchigen. Beruft Matthäus zum Apostelamt, als er am Zoll sitzt. Die Pharisäer ärgern sich darüber, dass Christus mit den Sündern umgeht. Danach hat er mit den Pharisäern und Schriftgelehrten einen Streit über dem Geldkasten und der christlichen Freiheit.

1. Es begab sich aber, da sich das Volk zu ihm drang, zu hören das Wort Gottes, und er stand am See Genezareth {Mt 4v18 Mk 1v16}.

Drang: Nämlich zu Christo, und da er sich vorsehen musste, dass ihn die Leute nicht ins Wasser drückten, weil ein jeder der Nächste bei ihm sein wollte, auf dass er ihn gut hören könnte, wie er predigte. Obwohl nun Christus, nach seiner Allmacht, hätte können hoch in der Luft stehen oder auf dem Meer wandeln, damit sich niemand zu ihm drängeln müsste. Jedoch, weil zu dieser Zeit sein Beruf solches nicht erforderte, so hat er viel lieber die ordentlichen Mittel gebrauchen wollen, als seine Majestät, besonders da er in der Knechtsgestalt war. Und sind zwar diese Zuhörer etlichermaßen unbescheiden gewesen, aber doch ist der Eifer zu loben, dass sie sich gefreut haben, Gottes Wort zu hören. Heute finden sich nicht viele, die um der Predigt willen in die Kirche gehen. Aber das Wort Gottes bringt den wahren und beständigen Trost, und denjenigen die sich um die Seligkeit bemühen, denn sie hören das Wort Gottes gern, weil es ein Mittel oder Werkzeug ist, dadurch der wahre und lebendige Glaube kommt, erhalten und gemehrt wird.

2. und sah zwei Schiffe am See stehen; die Fischer aber waren ausgetreten und wuschen ihre Netze;

Fischer: Dieses waren Petrus, Jakobus und Johannes, die später zum Apostelamt berufen wurden.

3. trat er in der Schiffe eines, welches Simons war, und bat ihn, dass er es ein wenig vom Lande führte. Und er setzte sich und lehrte das Volk aus dem Schiff.

Führte: Auf dass er vom Volk nicht so bedrängt würde. Aber hier sieht man des Herrn Christi Demut, der ein Herr des Himmels und der Erde ist, dass er seine Jünger bittet, denen er doch hätte befehlen können. Darum, was wir mit Bitten oder freundlichem Worten erreichen können, das sollen wir nicht mit harten Worten fordern.

Das Volk: Welches ihm ganz fleißig zuhörte. Was aber Christus zu lehren und zu predigen pflegte, das kann man aus den Predigten leicht erkennen, die von den Evangelisten beschrieben wurden. Denn er hat das Gesetz erklärt und das Evangelium gelehrt von der gnadenreichen Vergebung der Sünden. Die Prediger aber sind im Schiff, das ist, allerlei Gefahr unterworfen, und die Zuhörer auf dem trockenen Lande, die um der Religion willen sind nicht so großer Gefahr.

4. Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu Simon: Fahre auf die Höhe, und werft eure Netze aus, dass ihr einen Zug tut.

Zug tut: Denn man soll zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit suchen, die Predigten hören und danach arbeiten, so wird das übrige, was zur Unterhaltung dieses zeitlichen Lebens nötig ist, uns alles zugeworfen werden.

5. Und Simon antwortete und sprach zu ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort will ich das Netz auswerfen.

Gefangen: Denn es ist umsonst, dass man früh aufsteht, und es sich mit der Arbeit sauer werden lässt, wenn uns Gott nicht mit seinem Segen beisteht {Ps 127}.

Auswerfen: Und hoffe, es werde nicht so leer ausgehen, wie es bisher geschehen ist.

6. Und da sie das taten, fingen sie eine große Menge Fische; und ihr Netz zerriss.

Menge: Darum sollen die Kirchendiener, weltliche Obrigkeiten und Hausväter nicht aufhören, in ihrem Beruf fleißig zu arbeiten, wenn es auch eine Zeit lang das Ansehen hat, als gehe es nicht nach ihrem Willen und sei alle ihre Mühe und Arbeit vergebens. Denn zu seiner Zeit wird Gott einen glücklichen Fortgang geben.

Zerriss: Denn wenn uns ein Glück geschieht, so mischt doch Gott immer etwas Widerwärtiges mit unter, auf dass wir uns unseres großen Glückes nicht zu sehr überheben. Die Fische aber, so das Netz zerriss, bedeuten die Ketzer, welche die Heilige Schrift mit ihren verkehrten Auslegungen zerreißen, und von anderen Gottseligen sich absondern, auch sich selber unwürdig machen, die zum Tisch des Herrn kämen.

7. Und sie winkten ihren Gesellen, die im andern Schiff waren, dass sie kämen und hülfen ihnen ziehen. Und sie kamen und füllten beide Schiffe voll, also dass sie sanken.

Gesellen: Etlichen anderen Aposteln, die auf Gewinn und Verlust mit ihnen arbeiteten. Also sollen auch die Kirchendiener einander die Hand bieten, die Ketzer einzutreiben.

Sanken: Und die Gefahr war, dass sie nicht etwa mit dem Schiff und den Fischen wegen der großen Last möchten zugrunde gehen. Denn wir werden häufig von dem guten Glück mit Haufen überfallen, also so, dass wir auch eben in die gleiche Gefahr kommen.

8. Da das Simon Petrus sah, fiel er Jesu zu den Knien und sprach: Herr, gehe von mir hinaus; ich bin ein sündiger Mensch.

Sündiger: Und bin nicht wert, dass ich den allerheiligsten und gerechtesten Sohn Gottes bei mir im Schiff haben soll. Denn so oft wir unsere Sünden im Gewissen ohne Betrachtung des Evangeliums empfinden, so oft begehren wir von Gott zu fliehen, da wir doch viel mehr zu seiner Barmherzigkeit Zuflucht suchen sollten.

9. Denn es war ihn ein Schrecken ankommen und alle, die mit ihm waren, über diesen Fischzug, den sie miteinander getan hatten;

Mit ihm: Welche sich nicht weniger als andere über solchen ungewöhnlichen Handel entsetzt hatte.

10. desgleichen auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, Simons Gesellen. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte Dich nicht; denn von nun an wirst Du Menschen fangen.

Gesellen: Die sich eben sowohl, als die anderen gefürchtet haben.

Menschen: Denn gleichwie die Fische mit dem Garn ans Ufer gezogen werden, also werden die Menschen durch das Wort des Evangeliums aus der Welt zum Hort oder Hafen des himmlischen Vaterlandes gebracht.

11. Und sie führten die Schiffe zu Lande und verließen alles und folgten ihm nach.

Ihm: Denn obwohl sie bereits von Christus zuvor auch berufen waren, wie Matthäus im 4. Kapitel bezeugt, so hatten sie sich doch wieder zur Fischerei gewendet, was etliche Male geschehen ist. Und weil sich Christus um den See Genezareth aufhielt, so konnten sie der Fischerei zugleich mit tätig werden, wenn er aber von ihrem Vaterland an andere Orte wegzöge, so ließen sie alles stehen, und folgten ihm nach. Dies Beispiel der Apostel sollen wir dergestalt nachtun, dass wir uns durch keine Sache daran hindern lassen, wenn wir unserem Beruf ausüben sollen, sondern denselben mit Fleiß ausüben. Was aber besondere Taten der Heiligen sind, die muss man nicht alle nachtun, außer es wird einem etwas Besonderes befohlen.

12. Und es begab sich, da er in einer Stadt war, siehe, da war ein Mann voll Aussatzes. Da der Jesum sah, fiel er auf sein Angesicht und bat ihn und sprach: Herr, willst Du, so kannst Du mich reinigen.

Und: Folgt nun ein anderes Wunderwerk von einem Aussätzigen, der gereinigt wurde, davon auch Markus im 1. Kapitel berichtet.

Aussatz: Es ist aber der Aussatz eine Strafe der Sünden {5Mos 28}.

Reinigen: Ich weiß, dass Du eine solche göttliche Gewalt hast, dass Du mich vom Aussatz reinigen kannst, wenn Du nur willst. So hoffe ich aber, dass Du es nicht allein könntest, sondern auch wolltest. Dass uns aber Gott helfen kann, lernen wir aus dem ersten Artikel unseres christlichen Glaubens, da wir bekennen: Ich glaube an Gott den Allmächtigen Vater. Dass er auch helfen will, wissen wir aus dem 2. Artikel: Und an Jesum Christus etc. Denn der erste Artikel lehrt von der Allmacht Gottes, der zweite von seiner Gnade und Güte gegen das menschliche Geschlecht. Doch sollen wir, um zeitliche Güter zu bekommen, mit dem Anhang bitten, dass uns Gott zu Hilfe komme, wenn er will, wenn es zu seiner Ehre und zu unserer ewigen Wohlfahrt dienlich ist.

13. Und er streckte die Hand aus und rührte ihn an und sprach: Ich will‘s tun; sei gereinigt! Und alsbald ging der Aussatz von ihm.

Will‘s tun: Ich will Dich gesund und von deinem Aussatz erlösen.

Von ihm: Denn das Wort Christi ist allmächtig, dass es alsbald da sein wird, und geschehen muss, was er gesagt hat. Er kann nicht lügen und betrügen. Darum ist es eine große Bosheit, dass man daran zweifeln wollte, ob es geschehen könne oder nicht, was er versprochen hat.

14. Und er gebot ihm, dass er es niemand sagen sollte; sondern gehe hin und zeige Dich dem Priester und opfere für Deine Reinigung, wie Mose geboten hat, ihnen zum Zeugnis.

Niemand sagen: Wie er gereinigt wurde, bis die Priester von ihm beurteilt hätten, ob er vom Aussatz befreit oder rein wäre.

Priester: Dass dieser ihn rein spreche. Denn damals war es im Gesetz Mose den Priestern geboten, dass sie von den Aussätzigen urteilen sollten {3Mos 13 14}. Heute aber steht solches den Ärzten zu, welches auch seine richtigen Ursachen hat.

Zeugnis: Auf das, wenn sie solche Wunderwerke sehen, vor Gott keine Entschuldigung haben, da sie mich für ihren Messias, und der Welt Heiland nicht erkennen wollen. Dass aber Christus den Aussätzigen zu den Priestern schickt, damit sie nach dem Gesetz von seiner Reinigkeit urteilen, lehrt er damit, wie man gute Satzungen und Ordnungen halten soll. Jedoch ist es ein ungereimtes Ding, dass die Katholiken hieraus schließen wollen, man müsse den Priestern alle Sünden beichten, damit sie von dem geistlichen Aussatz urteilen können. Denn ein solcher Artikel der Religion, wie sie die Ohrenbeichte begründen, kann sich auf kein Gleichnis gründen, weil kein ausdrückliches Gebot Gottes davon vorhanden ist. Die Opfer aber der Aussätzigen geschahen zum Teil zur Versöhnung der Sünden und zum Teil, um ihre Dankbarkeit damit zu bezeugen. Denn welche eine beständige und wahrhafte Gesundheit genießen wollen, die müssen mit Gott versöhnt sein, auf dass nicht nach der äußerlichen Errettung ein größerer Unfall folge. Und wenn wir erlöst wurden, so sind wir auch schuldig, Gott dafür zu danken. Diese Dankbarkeit besteht auf dem Lobpreis des Namens Gottes und einem gottseligen Wandel, darin wir Gott und dem Nächsten dienen. Diese Opfer sind Gott angenehm {Hebr 13}.

15. Es kam aber die Sage von ihm immer weiter hinaus; und kam viel Volks zusammen, dass sie hörten und durch ihn gesund würden von ihren Krankheiten.

Weiter hinaus: Denn obwohl Christus nicht aus Ehrgeiz nach einem berühmten Namen trachtete, so wurde doch das Gerücht von seinen Wunderzeichen hin und wieder ausgebreitet. Denn wer der Ehre flieht, dem folgt sie nach. Wer aber ihr nachjagt, von dem flieht sie.

Hörten: Seine heilsamen Predigten. Wir hören dann Christus, wenn man uns sein Wort predigt, nach dem Spruch: Wer euch hört, der hört mich {Lk 10}. Und wenn wir mit einem Unglück überfallen werden, so sollen wir mit dem Gebet zu ihm fliehen, so wird er tun, nachdem er weiß, was uns nützlich sein wird.

16. Er aber entwich in die Wüste und betete.

Entwich: Nach dem er treu gelehrt und ihrer viele gesund gemacht hatte, begehrte er, von seiner Arbeit sich wiederum zu erholen und zugleich für den guten Fortgang der Kirchen Wohlfahrt, und seines Predigtamtes zu beten. Was er aber gebetet, kann man aus seinem langen Gebet genügend erkennen, welches Johannes im 17. Kapitel von Wort zu Wort beschrieben hat. Wir mögen auch wohl von unserer Arbeit uns erholen und wiederum eine Erquickung suchen, sollen aber auch des Gebetes nicht vergessen.

17. Und es begab, sich auf einen Tag, dass er lehrte, und saßen da die Pharisäer und Schriftgelehrten, die da kamen, waren aus allen Märkten in Galiläa und Judäa und von Jerusalem. Und die Kraft des Herrn ging von ihm und half jedermann.

Lehrte: Das Volk, in einem Hause zu Kapernaum, nachdem er aus der Wüste gekommen war, wie auch Matthäus im 9. und Markus im 2. Kapitel berichten.

Märkten: Aus vielen Städten desselben Landes. Sie waren aber nicht darum gekommen, dass sie begehrten, etwas von ihm zu lernen, sondern dass sie ihn verlästern möchten. Doch sollen wir nichtsdestoweniger reden und tun, was nützlich und heilsam ist, und uns von den Lästerungen nicht abhalten lassen.

Jedermann: Welche zu ihm gebracht wurden und seiner Hilfe bedurfte, an denen zeigte sich die göttliche Kraft Christi. Denn obwohl die Macht, allerlei Krankheiten zu heilen, Christo immer als einen Menschen gegeben war, so ließ sie sich doch als dann besonders sehen, wenn er es wollte und sein Beruf solches erforderte.

18. Und siehe, etliche Männer brachten einen Menschen auf einem Bette, der war gichtbrüchig; und sie suchten, wie sie ihn hineinbrächten und vor ihn legten {Mt 9v2 Mk 2v3}.

Gichtbrüchig: Dass er an allen Gliedern gelähmt war, und diese nicht bewegen konnte.

Legten: Ohne Zweifel in der Hoffnung, Christus würde sich seiner erbarmen und dem elenden Menschen helfen.

19. Und da sie vor dem Volk nicht fanden, an welchem Ort sie ihn hineinbrächten, stiegen sie auf das Dach und ließen ihn durch die Ziegel hernieder mit dem Bettlein, mitten unter sie, vor Jesus.

Volk: Welches den Platz des Hauses und die Tür bereits eingenommen hatte, dass niemand weder aus noch eingehen konnte, da mussten sie auf eine andere Gelegenheit bedacht sein, wie sie ihn zu Christo brächten. Viele drängeln sich heutigentags nicht so in die Kirche und unter die Predigt. Auf diesen Verdruss oder vielmehr Ekel wird einmal ein schrecklicher Hunger des göttlichen Wortes folgen {Am 8}.

Dach: Denn die Dächer in Judäa und Galiläa waren eben, dass man darauf gehen konnte.

Ziegel: Die sie weggenommen hatten, und also das Dach aufgedeckt hatten. Dieses Beispiel der Liebe soll uns bewegen, dass wir uns der elenden Leute, die fremder Hilfe bedürfen, wie der Kranken und Kinder, mit Fleiß annehmen sollen.

20. Und da er ihren Glauben sah, sprach er zu ihm: Mensch, Deine Sünden sind Dir vergeben.

Glauben sah: Nahm er sich vor, ihm zu helfen. Denn der fremde Glaube kann uns in zweierlei Wegen nützlich sein. Erstens erlangt er zeitliche Guttaten, auch denen, die noch keinen eigenen Glauben haben. Und durch ein gottseliges Gebet bekommen auch die einen Glauben, die zuvor keinen gehabt haben, auf dass auch sie glauben und selig werden.

Vergeben: Wenn Dir diese nachgelassen sind, so wird es mit deiner Krankheit auch besser werden. Denn weil die eigentliche und hauptsächliche Ursache aller Krankheiten die Sünde ist, so erfordert die Not, dass man die Heilung der Krankheiten mit dem Nachlassen der Sünden und mit der Verzeihung anfange. Der große Haufen tut heutigentags das Gegenteil und gebraucht zuerst die äußerliche Arznei, ja auch wohl ungebührliche Mittel der Zauberei. Wenn nun solches alles umsonst ist und wenn es nicht hilft, so suchen sie zuerst die Versöhnung mit Gott, da doch solches hätte zuerst geschehen sollen.

21. Und die Schriftgelehrten und Pharisäer fingen an zu denken und sprachen: Wer ist der, dass er Gotteslästerung redet? Wer kann Sünden vergeben denn allein Gott?

Allein Gott: Was misst sich dieser Mensch selber zu, was alleine Gott zusteht. Denn sie verstanden, dass Christus nicht nur als ein Kirchendiener diesem Menschen die Vergebung der Sünden verkündigt, sondern dass er ihm dieselben aus eigener Gewalt vergebe, welches allein Gottes Werk ist. Darum dachten sie, dass Christus mit dieser Tat sich die wahre Gottheit zuschreibt. In welchem Stück sie witziger gewesen, sind als die Arianer, welche Christi Sprüche, die von seiner Gottheit reden, unterstehen sie zu verdunkeln und zu vernichten, und somit nicht bestätigten. Aber die Pharisäer und Schriftgelehrten irrten sich in dem, dass sie Christus für einen Menschen und nicht für Gott hielten. Darum ärgerten sie sich über seine Rede. Denn es glauben weniger an die Gottheit Christi, als sie es mit dem Munde bekennen.

22. Da aber Jesus ihre Gedanken merkte, antwortete er und sprach zu ihnen: Was denkt ihr in euren Herzen?

23. Welches ist leichter zu sagen: Dir sind Deine Sünden vergeben oder zu sagen: Stehe auf und wandle?

24. Auf dass ihr aber wisst, dass des Menschen Sohn Macht hat, auf Erden Sünden zu vergeben, sprach er zu dem Gichtbrüchigen: Ich sage Dir, stehe auf und hebe dein Bettlein auf; und gehe heim.

Macht hat: So will ich solches mit einem Wunderwerk beweisen und zeigen.

Bettlein: Welches Dich lange genug getragen hat. Auf dass jedermann sehen und spüren kann, wie Du in einem Augenblick gesund geworden bist. Es hat aber Christus den Pharisäern wollen so viel zu verstehen geben: Ich kenne eure bösen Gedanken gut, wenngleich ihr sie nicht herauslasst, so weiß ich auch, dass es euch nicht erscheint als ein göttliches Werk, diesen Gichtbrüchigen plötzlich und mit einem Wort, dazu aus eigener Gewalt, zu heilen, als einem Menschen die Sünde zu vergeben. Ja ihr haltet jenes für größer als dieses. Auf dass ich euch darum überzeuge, dass ich, Gott und Mensch, Macht habe, den Menschen die Sünden zu verzeihen, nun, so will ich es mit einem solchen Wunderwerk bezeugen, welches ihr bekennen müsst, dass es allerdings ein göttliches Werk ist. Darum sollen wir wissen, dass Christus, auch nach seiner Menschheit, von wegen der persönlichen Vereinigung, der Menschen Gedanken bekannt sind, und sollen zu ihm, unserem Bruder, in unseren Ängsten seufzen, so wird er uns zu Hilfe kommen. Wir sollen aber die Heuchelei von ganzem Herzen fliehen und den unreinen Gedanken nicht nachhängen. Denn er sieht auch, was wir denken. Und sollen glauben, dass dieser, unser Bruder, weil er Gott und Mensch in einer Person ist, könne und wolle uns unsere Sünden aus göttlicher Gewalt vergeben. Die Kirchendiener aber vergeben die Sünden aus fremder, nämlich aus Christi Gewalt, das heißt, sie verkündigen uns Vergebung der Sünden, und ist eine solche Vergebung im Himmel bestätigt. Nach dem Spruch Christi. Welchen ihr die Sünde vergebt, denen sind sie vergeben {Joh 20}.

25. Und alsbald stand er auf vor ihren Augen und hob das Bettlein auf, darauf er gelegen war, und ging heim und preiste Gott.

Preiste: Denn es gebührt uns, dass wir den Namen Gottes preisen für die empfangenen Guttaten. Aber es sind viele, die nach den empfangenen Guttaten tun, als ob sie stumm wären. Diese Undankbarkeit wird Gott schwer rächen, wenn sie nicht Buße tun.

26. Und sie entsetzten sich alle und preisten Gott und wurden voll Furcht und sprachen: Wir haben heute seltsame Dinge gesehen.

Seltsame Dinge: Die unserer Vernunft ungewöhnlich vorkommen und wir nicht hätten glauben dürfen, wenn wir es nicht gesehen hätten. Denn es sind in Religionssachen viele Dinge, die mit der Vernunft nicht übereinstimmen, darum sie sich daran ärgert. Aber der Glaube soll unsere Vernunft unter dem Gehorsam Christi gefangen nehmen.

27. Und danach ging er aus und sah einen Zöllner mit Namen Levi am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach!

Und: Jetzt folgt die Berufung Matthäus zum Apostelamt, davon auch in Matthäus 9 und Markus 2 geschrieben steht.

Levi: Der sonst Matthäus geheißen und danach ein Apostel und Evangelist geworden ist. Denn er hat zwei Namen gehabt.

Folge mir: Und lass Deinen jetzigen Stand fahren, auf dass Du mein Jünger und ständiger Gefährte bist, und ein Zeuge meiner Reden und Taten. Obwohl nun die Zöllner damals schon wegen ihres Geizes und Wuchers bei den Leuten einen schlechten Ruf hatten, so war doch das Zollamt selber keine Sünde, wenn sie nur nach der Lehre Johannes des Täufers nicht mehr gefordert hätten, als ihnen von der Obrigkeit befohlen war. Da wird aber Matthäus gefordert, dass er in das Apostelamt gesetzt werde. Also beruft Gott häufig einen von einem Stand und Amt zum anderen. Welche aber für sich, selbst ohne ordentliche Berufung durch mancherlei Ämter wechseln und meinen ihr Leben zu verbessern, die sind am Ende die Unglücklichsten, daher das Sprichwort entstanden, siebzehn Berufe, achtzehn Unglücke.

28. Und er verließ alles, stand auf und folgte ihm nach.

Verließ alles: Was ein Großes gewesen ist, dass Matthäus, der solch ein gutes Amt um Christi willen aufgegeben hat. Und wir werden bei diesem Beispiel erinnert, dass wir nicht den eigenen Nutzen suchen sollen, uns daran hindern lassen, wenn wir Christus folgen wollen. Aber etliche folgen viel lieber einer fetten Küche.

29. Und Levi richtete ihm ein großes Mahl zu in seinem Hause; und viel Zöllner und andere saßen mit ihm zu Tisch.

Großes Mahl: Womit er seinem Herrn und Meister Christo eine Ehre tat und so seinem Personal und seinen Freunden einen Abschied gab, weil er mit Christus immer reisen würde. Es sind aber die Gastmahle für sich selbst unserem Herrn und Gott nicht zuwider, wenn das Übermaß und die Völlerei vermieden werden.

Mit ihm: Nämlich, mit Christo und seinen Jüngern. Es ist aber bei solchen Sündern gute Hoffnung, die mit den Kirchendienern begehren umzugehen, auf dass sie diese hören und sich dadurch bessern.

30. Und die Schriftgelehrten und Pharisäer murrten wider seine Jünger und sprachen: Warum esst und trinkt ihr mit den Zöllnern und Sündern?

Warum: Ist das nicht ein Zeichen, dass durch solche Leute Gemeinschaft ihr und euer Meister, es mit ihnen haltet, und sie in ihrer Bosheit stärkt, weil ihr mit ihnen esst, da ihr sie vielmehr meiden solltet, auf dass sie schamrot werden? Diese Rede hatte zwar einen feinen Schein, aber es waren nichts als Lästerungen, und finden die Heuchler immer etwas, das sie an frommen und gottseligen Leuten tadeln. Und indem sie andere als Sünder hochmütig verachten, erkennen sie ihre eigene innerliche Unreinigkeit nicht, darum sie auch in ihrer Heuchelei verderben wie ein Kranker, der mit einer innerlichen verborgenen Krankheit behaftet ist, dass ihm niemand helfen kann.

31. Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken.

Die Kranken: Darum müssen ja die Ärzte mit den Kranken umgehen, wie sollen sie anders gesund werden: Also, weil diese Leute verwundete Gewissen haben, so ist es richtig, dass ich, als ihr geistlicher Arzt, diese heile. Denn Christus ist unser Seelenarzt, auf dass er mit der Lehre des Evangeliums und mit seinem Geist unsere Krankheiten heilt. Darum sollen wir uns willig und geduldig in seine Kur begeben, und um der Bitterkeit willen des Kreuzes seine heilsame Arznei nicht verwerfen.

32. Ich bin gekommen, zu rufen die Sünder zur Buße und nicht die Gerechten.

Kommen: Ich bin darum von meinem himmlischen Vater in diese Welt gesandt worden, auf dass ich die Sünder durch das Predigtamt des Evangeliums zur Buße ermuntere, damit sie die Vergebung der Sünden und die ewige Seligkeit erlangen, die ihnen im Evangelium angeboten wird. Es hat aber Christus hiermit nicht lehren wollen, als ob etliche so gerecht wären, dass sie keine Buße bedürften. Denn es empfinden auch die Wiedergeborenen ein Gesetz in ihren Gliedern, das dem Gesetz Gottes widerstrebt {Röm 7}. Sondern er hat damit zu verstehen geben wollen, dass die Heuchler, welche sich selber für gerecht halten, und andere übermütig verachten, der angebotenen Seligkeit nicht fähig sind. Denn weil sie voller heuchlerischer Gerechtigkeit stecken, so nehmen sie die wahre Gerechtigkeit des Glaubens nicht an.

33. Sie aber sprachen zu ihm: Warum fasten Johannes Jünger so oft und beten so viel, desgleichen der Pharisäer Jünger, aber Deine Jünger essen und trinken?

Sie aber: Nämlich die Pharisäer und Schriftgelehrten, welche einen neuen Streit mit Christo anfangen über dem Fasten, wie bei auch Matthäus 9, und Markus 2 berichtet wird.

Und trinken: Eben zur selben Zeit, da Johannes und der Pharisäer Jünger ihren Leib kasteien. Wenn Du also als ein vortrefflicher Lehrer angesehen sein willst, so sollst Du auch Deinen Jüngern eine strenge und ernste Weise zu leben vorschreiben. Man muss aber hier wissen, dass der Jünger Johannes des Täufers zweierlei gewesen sind. Denn etliche haben Johannes von der wahren Buße und von dem Heiland Christo hören predigen, die haben ihm geglaubt, Buße getan und sich zu Christo gehalten, wenn sie auch nicht immer bei ihm waren, wie die anderen Apostel. Von diesen Jüngern wird hier nicht geredet. Danach waren andere, die hörten zwar Johannes den Täufer und verbesserten auch vielleicht etwas in ihrem Wandel, weil sie über seinen strengen Wandel und sein hartes Leben sich verwunderten, und begehrten ihm nachzufolgen. Aber seine Predigten von Christo achteten sie nicht, dass sie sich zu Christo der Welt Heiland gefunden hätten. Diese meinten, die wahre Gottseligkeit bestünde in vielen Kasteien und langen Gebeten. Von solchen Jüngern Johannes wird hier gesagt, welche sich seines Namens rühmten, und das vornehmste, so er lehrte, nicht beachteten. Also verwundern sich die Katholiken heutigentags über die heiligen Taten und tun ihnen nach wie die Affen, verachten aber dabei ihre Lehre, obwohl sie Christus für den einzigen Mittler bekennen. Wir sehen auch hier wieder einmal, wie die Heuchler sich immer etwas vornehmen, dass sie an gottseligen und frommen Leuten tadeln, wie die Pharisäer Christi tadelten, dass sie nicht auch fasteten.

34. Er sprach aber zu ihnen: Ihr könnt die Hochzeitleute nicht zum Fasten treiben, solange der Bräutigam bei ihnen ist.

Treiben: Als wollte er sprechen: Gleichwie es nicht gebräuchlich ist, dass die Gäste bei der Hochzeit fasten oder traurig sind, solange die Hochzeit dauert. Denn das gehört in eine andere Zeit zur Freude, und eine Zeit zum Leid. Und soll man die Zeiten nicht aus Unverstand durcheinanderbringen. Eben also verhält es sich auch jetziger Zeit mit meinen Jüngern, welche mich als ihren Messias und Bräutigam der Kirche erkannt haben. Darum freuen sie sich richtigerweise und sind fröhlich, wie die bei einer Hochzeit sich finden, und soll man in solcher Hochzeit kein Fasten von ihnen fordern. Wenn ich aber einmal werde von ihnen genommen, so werden sie bei ihrer Traurigkeit genug zu fasten finden und Traurigkeit haben. Darum sollt ihr ihnen diese Freude, die ihnen Gott eine Zeit lang gönnt, nicht missgönnen. Ist also die glückselige Zeit, da uns Gott viel und große Guttaten erzeigt, einer Hochzeit gleich, da man in Ehren wohl mag fröhlich sein. Wir sollen aber doch daneben uns erinnern, dass die Hochzeiten auf dieser Erde einen solchen Ausgang gewinnen, dass traurige und beschwerliche Zeiten darauf folgen, weil keine beständige Glückseligkeit auf dieser Welt ist. Darum sollen wir also das Böse geduldig tragen, so uns Gott zuschickt, wenn wir zuvor das Gute von der Hand des Herrn empfangen haben. Es soll sich aber keiner selbst ein unnötiges Kreuz auflegen.

35. Es wird aber die Zeit kommen, dass der Bräutigam von ihnen genommen wird; dann werden sie fasten.

36. Und er sagte zu ihnen ein Gleichnis: Niemand flickt einen Lappen vom neuen Kleid auf ein altes Kleid; wo anders, so reißt das neue, und der Lappen vom neuen reimt sich nicht auf das alte {Mt 9v16 Mk 2v21}.

Gleichnis: Damit er sich und seine Jünger verantwortet und der Pharisäer und Schriftgelehrten samt ihresgleichen abergläubischen Leuten Heuchelei gewaltig herausstreicht.

37. Und niemand fasst Most in alte Schläuche; sonst zerreißt der Most die Schläuche und wird verschüttet, und die Schläuche kommen um.

Und niemand: Beide Gleichnisse haben die gleiche Bedeutung. Denn es will Christus so viel sagen: Ihr Pharisäer seid alte Lappen und alte Schläuche und könnt die Lehre von der christlichen Freiheit in den äußerlichen Sachen weder fassen noch dulden. Sondern es verdrießt euch sehr übel und es ärgert euch, wenn ihr etwas Neues hört oder seht, das mit euren alten pharisäischen Satzungen und Zeremonien nicht übereinstimmt. Darum lassen wir euch eure alten Gewohnheiten, dazu ihr so große Lust habt. Denn in einen Kuhstall gehört Stroh, und was sollen Teppiche im Kuhstall? Aber meine Jünger sind neue Leute, so sie durch die Taufe und aus dem Wort des Evangeliums wiedergeboren sind, die können die evangelische Lehre und christliche Freiheit richtig gebrauchen. Darum lasst ihnen ihre Freiheit und behaltet eure abergläubischen Satzungen, welche so gut sind wie ihr selbst. Auf dass also gleich und gleich beisammen bleibe. Denn es wird dies alles miteinander, was hier Christus sagt, in spöttischer Weise vorgebracht. Und verwundere ich mich (spricht Christus) nicht so sehr darüber, dass euch euer Altes viel mehr gefällt, denn mein Neues. Denn ihr habt euer Maul an den alten Wein gewöhnt, dass ihr ihn dem guten Neuen vorzieht, und seid in euren alten Wahn so verhärtet, dass euch nichts gefällt, welches nicht nach euren pharisäischen Satzungen schmeckt. Denn sie werden durch die reine Lehre des Evangeliums, welche neu vorkommt, und den rechtmäßigen Gebrauch der christlichen Freiheit, also geärgert, dass sie sich darum nicht bessern. Und schmeckt jenen nichts, das nicht mit ihren pharisäischen Menschen Satzungen übereinstimmt. Darum ziehen sie das Böse dem Guten vor, nicht aus rechtem Verstand, sondern aus einer bösen Gewohnheit, dadurch ihr Geschmack so verdorben wird, dass sie das Gute und den neuen Wein des Evangeliums, der die Gewissen fröhlich macht, nicht trinken mögen. Aber der alte Wein, so er mit der Philosophie und den Menschensatzungen gewässert ist, schmeckt ihnen besser, dass sie ihn in Mengen in sich schütten, bis sie davon geistlich betrunken werden.

38. Sondern den Most soll man in neue Schläuche fassen, so werden sie beide behalten.

39. Und niemand ist, der vom Alten trinkt, und wolle bald des Neuen; denn er spricht: Der Alte ist milder.


Das 6. Kapitel

  • Als die Jünger am Sabbat Ähren ausraufen, wird ihnen solches von den Pharisäern übel ausgelegt, aber Christus verantwortet sie. Und bringt eine dürre Hand am Sabbat wieder zurecht. Er wählt danach die zwölf Apostel, und erzählt mancherlei Seligkeiten und Flüche. Danach gibt er etliche christliche Regeln, wie man nämlich den Feind lieben, sich selbst nicht rächen, Barmherzigkeit üben, das Schändliche urteilen, meiden, Unrecht verzeihen, freigiebig sein, die Heuchelei und den pharisäischen Wahn, einer besonderen Vollkommenheit fliehen und endlich, wie man das Wort Gottes fleißig hören und danach leben soll.

1. Und es begab sich an einem Sabbat, dass er durchs Getreide ging; und seine Jünger rauften Ähren aus und aßen und rieben sie mit den Händen.

Und: Christus hat mit den Pharisäern immer im Streit liegen müssen, weil sie sich nur darauf bedachten, wie sie Christi und seiner Apostel Reden und Taten belasten möchten, dessen etliche Beispiele in diesem Kapitel gefunden werden. Davon auch Matthäus im 12. Kapitel Vers 1 und Markus 2,23 schreiben.

Sabbat: Dieser Sabbat war kein Samstag, sondern ein anderer Tag eines vornehmen Festes, der auch heiliggehalten wurde. Denn die Juden hatten hohe Feste, die mehrere Tage hintereinander dauerten, obwohl der erste und achte Tag der vornehmste war. Es hat aber Gott der Herr damals die Feste darum eingesetzt, damit das Volk an die göttlichen Guttaten erinnert würde und von den vornehmsten Artikeln der Religion gründlichen Bericht empfingen. So feiern wir heutigentags recht das Fest der Menschwerdung Christi, Ostern, Pfingsten, Dreifaltigkeit und andere; darauf die vornehmsten Artikel der christlichen Religion ausführlich erklärt und auch auf einen höheren Ort gestellt, den Leuten desto besser eingebildet werden.

Rauften: Indem sie beim Gehen aßen, weil ihnen hungerte, wie es auch die anderen Evangelisten bezeugen. Es war aber im Gesetz Mose einem Wandersmann unter dem jüdischen Volk zugelassen, dass er auf der Reise durfte Ähren ausraufen und das Korn essen {5Mos 23}. Darum, da die Pharisäer die Taten an sich selbst nicht als Unrecht vorbringen konnten, nahmen sie die Gelegenheit der Zeit wahr, auf dass sie etwas zu verlästern hätten.

2. Etliche aber der Pharisäer sprachen zu ihnen: Warum tut ihr, was sich nicht ziemt zu tun an den Sabbaten?

Nicht ziemt: Denn weil Gott befohlen hatte, dass man die bürgerlichen und häuslichen Geschäfte am Sabbat unterlassen sollte, auf dass man Raum und Platz hätte, Gottes Wort zu hören und die Sakramente zu gebrauchen, so verstanden es die abergläubischen Juden so, als müsste man am Sabbat überhaupt nichts tun. Denn die Heuchler dringen auf die Zeremonien und äußerlichen Satzungen am allermeisten, aber in den natürlichen Gesetzen lassen sie schnell etwas nach. Also meinen die Katholiken, es ist eine viel größere Sünde, am Sonntag eine Arbeit zu verrichten, als sich am selben Tage vollzusaufen. Ja, sie treiben die Menschensatzungen viel mehr und heftiger als die Gebote Gottes. Denn wenn jemand im Papsttum Hurerei treibt, oder einen Ehebruch begeht, der kommt mit einer leichten Strafe davon, wenn auch an etlichen Orten solche Sünden gestraft werden. Aber wenn einer in der Fastenzeit Fleisch ist, so wird er sehr gestraft und mit einer Geldstrafe dazu belastet, oder muss es sogar mit dem Leben büßen, das heißt, Mücken sieben und Kamele schlucken, wie Christus sagt in Matthäus 21.

3. Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Habt ihr nicht das gelesen, was David tat, da ihn hungerte, und die mit ihm waren {1Sam 21v6}:

Gelesen: Seid ihr in der Heiligen Schrift so übel unterrichtet, dass ihr von dieser Tat nicht besser urteilen könnt.

Tat: In der Stadt Nobe, da er auf der Flucht war.

4. wie er zum Hause Gottes einging und nahm die Schaubrote und aß und gab auch denen, die mit ihm waren, die doch niemand durfte essen ohne die Priester alleine?

Schaubrote: Das waren heilige Brote und wurden jede Woche frisch gewechselt, auf dem goldenen Tisch in der Stiftshütte.

Priester: Die vom Geschlecht Aaron gekommen waren {3Mos 24}. Da doch weder David noch seine Gesellen vom priesterlichen Stamm waren. Aber es wurde ihm entschuldigt als eine Not, weil die Gefahr vorhanden war, dass er sonst mit seinen Gesellen im Elend hätte Müssen des hungers sterben. Darum er in den Gesetzen der Zeremonien die richtige Freiheit für sich gebraucht hat, und diese ganze Geschichte erzählt wird 1. Samuel 21. In tatsächlicher Not haben die Satzungen der Zeremonien kein Gesetz, aber in den Dingen, die zum Gesetz der Natur gehören, nichts nachgelassen. Wie zum Beispiel, dass man am Feiertag eine Arbeit tut, wenn es die Not erfordert, ist nicht unrecht. Aber Hurerei treiben oder die Ehe brechen, ist niemals richtig. Man soll aber auch gute und nützliche Kirchenordnungen halten, so viel man kann, um mehr Richtigkeit und Ruhe willen, um viele Ungelegenheiten zu verhüten.

5. Und sprach zu ihnen: Des Menschen Sohn ist ein Herr auch des Sabbats.

Sabbats: Als wollte er sprechen: Ich habe die Macht, in den Zeremonien Satzungen etwas nachzulassen. Denn es hatte Christus bereits mit vielen Wunderwerken bezeugt, dass er der ewige Sohn Gottes und wahre Gott wäre. Darum er auch Macht gehabt hat, in den Ordnungen zu wählen, die er durch Mose gestellt hatte. Obwohl nun die christliche Freiheit nicht erfordert, dass man die Festtage abergläubischerweise halten müsste, so tun doch auch die übel, welche die Werktage über Müßiggehen und später am Feiertag erledigen wollen, was sie die ganze Woche versäumt haben.

6. Es geschah aber auf einen andern Sabbat, dass er ging in die Schule und lehrte. Und da war ein Mensch, des rechte Hand war verdorrt.

Es: Folgt ein anderer und dem vorigen nicht gar ungleicher Streit zwischen Christo und den Pharisäern vom Sabbat, diese Geschichte erzählen auch Matthäus 12 und Markus 2.

Lehrte: Wie er es denn oft zu tun pflegte. Denn welche das Licht scheuen und im Winkel predigen, dass sie ihre Religion nicht öffentlich bekennen dürfen, die soll man nicht hören. Es hat aber Christus das Wort Gottes gelehrt, weil die Lehre des Gesetzes und des Evangeliums das ordentliche Mittel und Werkzeug ist, dadurch die Menschen zu Gott bekehrt werden.

Verdorrt: Also, dass er sie nicht bewegen noch etwas damit ausrichten konnte. Solche Mängel sind oft Strafen der Sünden, dabei auch wir, so wir diese ansehen, uns der Sünden, die eine Ursache alles Bösen sind, erinnern sollen, auf dass wir uns vor Gott demütigen, und mit einem gottseligen Gebet um Verzeihung und Linderung unseres Übels bitten. Es ist aber denen die rechte Hand zu kurz, welche Gutes zu tun allerdings gleichsam erstarrt sind.

7. Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer hielten auf ihn, ob er auch heilen würde am Sabbat, auf dass sie eine Sache wider ihn fänden.

Fänden: Es ist aber kein Wunder, wenn diejenigen mit keiner wahren und heilsamen Erkenntnis Christi erleuchtet werden, welche nur danach trachten, wie sie das Evangelium Christi verlästern möchten.

8. Er aber merkte ihre Gedanken und sprach zu dem Menschen mit der dürren Hand: Stehe auf und tritt hervor! Und er stand auf und trat dahin.

Merkte: Denn Christus ist ein Herzenskundiger, weil er Gott und Mensch in einer Person ist. Darum rufen wir ihn richtigerweise an, weil er um unser Seufzen weiß.

Hervor: Denn Christus wollte seine Wunderwerke nicht im Verborgenen tun, dass man daran zweifeln möchte: Wie viele päpstliche Wunderwerke sind, von denen gesagt wird, dass sie im Winkel geschehen, da sie sich doch aber nie begeben oder zugetragen haben? Vor diesen lügenhaften Zeichen und Wunder warnt uns der Apostel Paulus im 2. Thessalonicher 2.

9. Da sprach Jesus zu ihnen: Ich frage euch: Was ziemt sich zu tun an den Sabbaten, Gutes oder Böses, das Leben erhalten oder verderben?

Frage: Darauf ihr mir eine Antwort geben sollt. Es ist aber aus dieser Frage Christi zu erkennen, dass, wenn man einen Menschen versäumt, den man erhalten könnte, sei solches eben so viel, als wenn man ihn umbrächte. Und wenn man nichts Gutes tut, man aber die Gelegenheit hat, sei es ebenso viel, als wenn man etwas Übles täte, weil kein Mittel dazwischen sein kann, wie aus dieser Frage Christi klar zu erkennen ist. Darum sollen wir uns aufmuntern lassen, dass wir unserem Nächsten Gutes tun, damit wir nicht als Totschläger vor Gott geachtet werden.

10. Und er sah sie alle umher an und sprach zu dem Menschen: Strecke aus Deine Hand! Und er tat es. Da ward ihm seine Hand wieder zurechtgebracht, gesund wie die andere.

Umher an: Mit großem Ernst, dadurch er ihnen ihres Herzens Bosheit und Halsstarrigkeit zu verstehen gab, dass sie ihm nicht zu antworten wussten, und trotzdem ihr Unrecht nicht erkennen wollten.

Gesund: Weil demnach Christus diesen Menschen am Sabbat gesund gemacht hat, so wird der Sabbat nicht gebrochen, wenn wir dem Nächsten in der Not zu Hilfe kommen. Wir lernen auch, dass wir die Gottlosen Lästerungen nicht beachten sollen, wenn wir wissen, was wir tun, was unser Beruf mitbringt. Wir sollen aber Gott bitten, dass er uns unsere dürre Hand wolle wiederum zurechtbringen, auf dass wir uns in guten Werken üben können, zu seiner Ehre und des Nächsten nutzen.

11. Sie aber wurden ganz unsinnig und beredeten sich miteinander, was sie ihm tun wollten.

Tun wollten: Dass sie ihn bei nächster Gelegenheit aus dem Wege räumten, damit nicht ein großes Ansehen durch seine Wunderwerke bei dem Volk entstehe. Denn wenn die Wahrheit am hellsten leuchtet, so werden doch die Verstockten dadurch nicht gebessert, sondern nur geärgert und giftiger. Und stellen die Heuchler den frommen Lehrern mit List nach, können ihnen aber doch nicht schaden, bis die Frommen den Lauf ihres Berufes vollendet haben.

12. Es begab sich aber zu der Zeit, dass er ging auf einen Berg, zu beten; und er blieb über Nacht in dem Gebet zu Gott.

Es: Jetzt erzählt der Evangelist, wie Christus aus dem ganzen Haufen seiner Jünger zwölf Apostel erwählt habe, welche er sie bei seinen Zeiten in das jüdische Land ausgeschickt, sie später aber, nach seiner Auferstehung, in die ganze Welt auszusenden im Sinn hatte. Solches erzählen auch Matthäus im 10. und Markus im 3. Kapitel.

Über Nacht: Dass er die ganze Nacht zu seinem himmlischen Vater innig betete. Denn wenn man Kirchendiener erwählen soll, so muss man Gott anrufen, dass er der Wähler Menschen Herzen regiere, und soll man auch bitten, dass ihr Predigtamt durch den Heiligen Geist kräftig sein möge zu vieler Menschen ewige Wohlfahrt.

13. Und da es Tag ward, rief er seine Jünger und erwählte ihrer zwölf, welche er auch Apostel nannte:

Zwölf: Die Zahl der zwölf Zeugen war bei den Hebräern genügend zur Bestätigung hoher wichtiger Sachen. Darum es auch zur Gewissheit des Neuen Testamentes genügend war, zwölf glaubwürdige Zeugen zu erwählen, die alles gegenwärtig sehen und den Augenschein einnehmen. Josua nahm zwölf Steine aus dem Jordan und richtete sie auf als ständige Zeugen des Wunderwerkes, dass Gott die Israeliten trockenen Fußes durch den Jordan geführt hatte {Jos 4}. Im Römischen Reich sind sieben Zeugen genug zur Befestigung eines Testaments. Es waren aber die Apostel Gesandte, welche der Welt die gnädige Versöhnung Gottes mit dem menschlichen Geschlecht um des Mittlers Christi willen anboten. Wer darum dieser Gesandten Lehre glaubte, der glaubt Gott selbst und wird nicht betrogen. Denn wer euch hört, der hört mich, spricht Christus in Lukas.

14. Simon, welchen er Petrus nannte, und Andreas, seinen Bruder, Jakobus und Johannes, Philippus und Bartholomäus,

Petrus: Was auf Deutsch heißt, als ein Fels. Dieser Name wurde ihm nicht darum gegeben, als ob er der Fels wäre, auf den die Kirche Christi erbaut würde. Denn solche Ehre gebührt dem Herrn Christus allein. Er ist darum so genannt worden, weil er (nach seinem Fall) das Evangelium von dem wahren Fels Christo mit großer Standhaftigkeit und Freudigkeit fortpflanzen würde, und wer auf diesen mit Glauben sich verlässt, der wird nicht verloren werden ewig.

15. Matthäus und Thomas, Jakobus, des Alphäus Sohn, Simon, genannt Zelotes, 16. Judas, des Jakobus Sohn und Judas Ischariot, den Verräter.

Judas: Der sonst auch Lebbeus und Thaddeus hieß. So hatte zwar Thaddeus den Namen vom Lob, gleichwie Judas, also dass beide Namen eine Bedeutung haben. Und weil Judas des Patriarchen Jacobs Sohn (oder vielmehr Christus, der aus dem gleichen Geschlecht sollte geboren werden) in des gemachten Patriarchen Weissagung {1Mos 49} mit einem Löwen verglichen wird, so haben sie häufig auch diejenigen, welche Juda geheißen, Lebbeus genannt, denn Levi heißt ein Löwe.

Verräter: Des Verräters Juda Erwähnung zum Apostelamt lehrt uns, dass wir die Leute brauchen müssen, nach Gelegenheit der gegenwärtigen Gaben Gottes, die an ihnen gesehen und gespürt werden. Und dient uns dies Beispiel auch zum Trost, wenn häufig diejenigen, denen wir große Sachen befehlen, uns nicht glauben und später abfallen. Wir sollen uns auch nicht ärgern, wenn häufig aus einem Kirchendiener des Evangeliums, da er gleich ein ganz vortrefflicher Mann ist, ein Verräter und Verfolger der rechten Religion wird. Es hat aber Christus diese zwölf Apostel mit einer ausführlichen Erinnerung unterrichtet, wie sie sich in dem Beruf ihres Apostelamtes zu verhalten haben, und sie ermahnt, dass sie die Verfolgungen geduldig tragen sollen. Diese Predigt Christi wird beschrieben in Matthäus 10. Und hat Christus zum Apostelamt nicht Könige, Fürsten oder vornehme Weltweise Leute genommen, sondern Fischer und Zöllner, die er treu unterwiesen und danach mit vortrefflichen Gaben des Heiligen Geistes ausgerüstet hat, auf dass er die Weisheit und Macht dieser Welt zuschanden machte, indem er durch unansehnliche Personen den Weltkreis unterworfen gemacht hat. Und scheint die Majestät, Allmacht und Weisheit Gottes besonders hervor, dass er durch unachtsame geringe Menschen, als durch solche Werkzeuge, die gar nicht tauglich zu solchen Sachen zu sein scheinen, die größten Sachen verrichtet hat.

16. Judam, Jacobs Sohn, und Judam Ischarioth, den Verräter.

17. Und er ging hernieder mit ihnen und trat auf einen Platz im Felde, und der Haufen seiner Jünger und eine große Menge des Volks von allem jüdischen Lande und Jerusalem und Tyrus und Sidon, am Meer gelegen,

Hernieder: Vom Berge, nachdem er den Jüngern allen notwendigen Unterricht mitgeteilt hatte, wie sie sich zu verhalten haben.

Tyrus und Sidon: Welche berühmte Handelsstädte waren, am Mittelmeer gelegen. Denn es war das Gerücht von der Lehre Christi und seinen Wunderzeichen weit und breit erschollen.

18. die da gekommen waren, ihn zu hören, und dass sie geheilt würden von ihren Seuchen, und die von unsauberen Geistern umgetrieben wurden, die wurden gesund.

Zu hören: Wir hören dann Christus, wenn wir sein Wort lauter und rein predigen hören.

Seuchen: Wenn wir darum mit Krankheiten oder anderen widerwärtigen Zuständen überfallen werden, sollen wir zuerst mit unserem Gebet zu Christus uns halten und von ihm Hilfe begehren, so wird er unser Unglück entweder ganz wegnehmen oder es doch so lindern, dass wir es ertragen können {1Kor 10}.

Geistern: Denn Christus ist ein Überwinder des Satans und hat ihm die Gewalt genommen, welchen er von wegen der Sünde über das menschliche Geschlecht gehabt hat.

19. Und alles Volk begehrte, ihn anzurühren, denn es ging Kraft von ihm; und heilte sie alle.

Sie alle: Die Hilfe und Rat bei ihm suchten. Diese Wunderzeichen alle miteinander sind Siegel der Lehre Christi gewesen, damit diese dadurch bestätigt sind, dass man heutigentags keiner neuen Wunderwerke mehr bedarf. Und bezeugen so viel Heilungen der Krankheiten, dass Christus der rechte und beste Arzt der Seele und des Leibes ist. Sie erinnern uns, dass ein jeder seine Gaben, die er von Gott empfangen hat, anwende zu seines Namens Ehre und des Nächsten Wohlfahrt.

20. Und er hob seine Augen auf über seine Jünger und sprach: Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer.

Jünger: Die er besonders mit der folgenden Predigt unterrichten wollte. Denn obwohl er ungelehrte und unerfahrene Leute zu Aposteln erwählt, so hat er sie doch nicht also unverständig von sich in die ganze Welt geschickt, sondern sie zuvor treu unterwiesen und mit dem Heiligen Geist am Pfingsttage begabt. Darum sind die Wiedertäufer nicht wohl bei Sinnen, dass sie aus einer närrischen Nachfolge sich des Lehramtes unterstehen, ehe sie es selbst gelernt haben, auch mit keinen Gaben, die notwendig das Predigtamt erfordert, zu diesem Amt gestellt.

Sprach: Wie später folgt. Es begreift aber diese Predigt Christi etliche Stücke in sich, die wir nacheinander ansehen wollen. Und hat Christus solche Predigt ohne allen Zweifel getan in der Gegenwart vieler tausend Menschen, ist auch der nicht ganz ungleich, welches in Matthäus 5,6, und 7 beschrieben wird, und doch nicht einerlei noch auf eine Zeit ist gehalten worden, wie aus allen Umständen leicht zu erkennen ist. Denn die Predigt bei Matthäus ist lang, und ein ganzes Jahr zuvor geschehen, ehe Christus die zwölf Apostel erwählt und ausgesondert hat.

Armen: Am Anfang hat Christus dem Volk diesen falschen Wahn ausreden wollen, da sie gemeint haben, wer in dieser Welt kein Glück habe, der sei bei Gott auch nicht gut angesehen und kein Kind Gottes. Denen es aber auf Erden gut geht, die sind vor anderen bei Gott lieb und wert gehalten. Ein solcher falscher Wahn, den damals die Priester und Sadduzäer angenommen hatten, steckt noch in vielen Herzen. Gleichwie auch des Hiobs Freunde aus seinem Unfall falsch geschlossen, Gott wäre ihm feind, wegen seiner großen Sünden, die er begangen hat. Aber Christus nennt solche unglückhaften Leute selig, nämlich, wenn sie fromm sind. Gleichwie er wiederum durch die, so in dieser Welt Glück haben, die Gottlosen versteht, welche nur danach trachten, wie sie auf Erden ein gutes Leben haben können und sich alles wohl sein lassen. Obwohl nun die Armut für sich selbst eine Strafe der Sünden ist, wie aller andere menschliche Jammer, so wird es doch den Frommen zum Besten, dass sie unter dem Joch der Armut in wahrer Demut behalten werden, desto emsiger nach dem Himmlischen trachten und nicht dem Mammon dienen. Solchen frommen Armen, die all ihr Vertrauen auf Christus setzen und ein Verlangen nach dem anderen Leben haben, ist das Himmelreich bereitet. Um dieser Hoffnung willen sie die Armut geduldig tragen sollen.

21. Selig seid ihr, die ihr hier hungert; denn ihr sollt satt werden. Selig seid ihr, die ihr hier weint; denn ihr werdet lachen {Ps 126v5 v6}.

Satt werden: Die Dürftigkeit der Frommen in diesem Leben soll mit ewigem Überfluss vergolten werden. Denn im anderen Leben wird den Frommen nichts mangeln, weil Gott alles in allem sein wird.

Lachen: Denn der Frommen zeitliches Leid wird in ewige Freude verändert werden. Da Gott alle Tränen von ihren Augen abwischen wird.

22. Selig seid ihr, so euch die Menschen hassen und euch absondern und schelten euch und verwerfen euren Namen als einen bösen um des Menschensohns willen.

Absondern: Von anderen Leuten, entweder durch den Bann oder mit Vertreibung ins Elend als Ketzer und Verführer des menschlichen Geschlechtes, die man unter fromme Leute nicht dulden solle.

Schelten: Dass sie euch mit Schmachworten angreifen, und alles Übels nachreden.

Namen: Dass sie auch nichts von euch hören mögen, sondern euch verfluchen, als die schlimmsten Buben.

Sohns willen: Nicht um irgendeiner Misshandlung willen, die ihr getan hättet, sondern um der Ursache willen, dass ihr an mich glaubt, und mein Evangelium vor der Welt bekennt.

23. Freut euch alsdann und hüpft; denn siehe, euer Lohn ist groß im Himmel. Desgleichen taten ihre Väter den Propheten auch.

Hüpft: Vor Freuden, was euch solches alles um meinetwillen widerfährt.

Ist groß: Es wird euch alles reichlich belohnt werden, was ihr um meinetwillen auf Erden ausgestanden und erlitten habt.

Propheten auch: Ihr seid es nicht allein, die um der rechten Religion willen Schmach und Verfolgung leiden. Denn die Ahnen haben es mit den heiligen Propheten Gottes nicht besser gemacht. In dieser Zunft seid ihr auch, darum werdet ihr mit ihnen der himmlischen Belohnung teilhaftig werden, die den Propheten in jener Welt bereitet ist. Wenn wir darum um der reinen Lehre willen des Evangeliums Verfolgung leiden, so sollen wir uns nicht daran ärgern, als wäre es etwas Neues, und darum an der Wahrheit der himmlischen Lehre in keinem Wege zweifeln, sondern dadurch vielmehr im Glauben gestärkt werden, wenn wir sehen, dass uns eben das Gleiche begegnet, über dem Bekenntnis der reinen Lehre, was dem Propheten, Christo, und den Aposteln begegnet ist. Und sollen uns des Kreuzes Christi nicht schämen, noch viel weniger verdrießen lassen, wenn wir um der Wahrheit und Gerechtigkeit willen bedrängt werden. Wir sollen uns aber hüten, dass wir nicht um einer Missetat willen gestraft werden. Denn also spricht der Apostel Petrus: Niemand unter euch leide als ein Mörder oder Dieb oder Übeltäter oder der in ein fremdes Amt greift, leidet er aber als ein Christ, so schäme er sich nicht {1Petr 4}. Wir sollen uns aber der himmlischen Belohnung trösten, die uns verheißen ist, und wenn wir kämpfen, uns versprochen ist. Und wird die ewige Seligkeit ein Lohn oder Belohnung im Himmel genannt, nicht dass wir sie mit unseren Werken verdienen: Denn die Seligkeit ist eine Gabe Gottes, so sie uns aus dem Glauben und nicht aus den Werken widerfährt, auf dass sich nicht jemand rühme {Eph 2}. Sondern es wird das ewige Leben darum ein Lohn genannt, weil es die Gottseligkeit und erlittene Trübsal vergilt, allerdings wie gutherzige Eltern ihren Kindern Belohnungen verheißen und schenken, welches alles doch aus lauter Gutwilligkeit der Eltern kommt. Denn die Kinder sind Erben der väterlichen Güter, nicht weil sie dies oder jenes getan haben, sondern weil sie von den Eltern geboren worden sind. Daneben sollen wir wissen, dass Gott nicht allein in jenem Leben, sondern auch oft noch in dieser Welt der frommen Trübsal in Glückseligkeit verändere.

24. Aber dagegen wehe euch Reichen!, denn ihr habt euren Trost dahin.

Aber: Jetzt lehrt Christus, dass die Gottlosen nicht darum im anderen Leben es desto besser haben werden, weil es ihnen in diesem Leben so gut geht.

Dahin: Darum wartet in jenem Leben Angst und Not auf euch. Denn die Reichen, welche ihr Vertrauen auf die zeitlichen Güter setzen, und nur allein danach trachten, wie sie ihr ganzes Leben in zeitlichen Wolllüsten zubringen mögen, aber dagegen Gott nicht recht erkennen, noch denselben mit seinem gottseligen Wandel begehren zu ehren, die sind des Teufels Leibeigene. Und haben ihren Himmel (also zu reden) hier auf Erden, darum ist ihnen nach diesem Leben die Hölle bereitet. Denn sie haben ihr Gutes empfangen in ihrem Leben {Lk 15}.

25. Wehe euch, die ihr voll seid!, denn euch wird hungern. Wehe euch, die ihr hier lacht!, denn ihr werdet weinen und heulen.

Hungern: Denn die Gottlosen, so sie hier in allem Überfluss leben, und doch von ihren Gütern nichts aus Glauben zu Gottes Ehre geben, noch aus Liebe den Armen zu Hilfe kommen, werden in jener Welt mit Hunger und Durst geplagt werden. Wie der reiche Prasser, welcher in der Hölle nur ein Tröpflein Wassers begehrte, dass er seine Zunge kühlen möchte, so ihm aber abgeschlagen wurde {Lk 16}.

Heulen: Denn welche hier in Üppigkeit und verbotenen Wolllüsten leben und ihres Nächsten Not nicht lassen sich zu Herzen gehen, die werden dort in die äußerste Finsternis verstoßen werden, da nichts denn Heulen und Zähneklappern sein wird, da ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht verlöscht. Daneben soll man auch wissen, dass der Gottlosen Strafen nicht immer bis in jene Welt aufgeschoben werden, sondern es werden die Gottlosen häufig auch in diesem Leben mit schrecklichen Strafen überfallen, auf dass sie gleichsam einen Vorgeschmack der Hölle empfinden.

26. Wehe euch, wenn euch jedermann wohlredet! Desgleichen taten ihre Väter den falschen Propheten auch.

Wohlredet: Dass ihr jedermann wohl gefallen möchtet, und die Kinder dieser Welt viel von euch halten.

Falschen Propheten: Welche damals in großem Ansehen waren unter dem israelitischen Volk, dahin dagegen die rechten Propheten angefeindet wurden und in der Gefahr des Leibes und Lebens stehen mussten. Als, zur Zeit des Königs Ahab wurden die Gottlosen Baals Priester von der königlichen Tafel gespeist, aber die richtigen Propheten des Herrn mussten sich verkriechen und in den Höhlen verstecken, dort sich mit Brot und Wasser unterhalten, damit sie nicht umkämen {1Kön 18}. Es will doch Christus damit aber nicht verworfen haben, dass einer von euch bei den Leuten einen ehrlichen Namen zu erlangen sich befleißigt, denn wir sollen uns hüten, dass man mit der Wahrheit uns nichts Böses nachsagen möge, damit der Name Gottes um unseretwillen nicht verlästert werde. Aber das verwirft Christus, wenn sich jemand so nach der Welt richtet, sowohl in Religionssachen, als im äußerlichen Wandel, dass er den abgöttischen und gottlosen Leuten gefallen möchte. Von welcher Gunst der Leute Paulus spricht: Gedenke ich, den Menschen gefällig zu sein? Wenn ich den Menschen noch gefällig wäre, so wäre ich Christi Knecht nicht {Gal 1}. Darum sollen wir uns so halten, dass wir Gott gefallen, wenngleich wir den Menschen ein Missfallen daran tun.

27. Aber ich sage euch, die ihr zuhört: Liebt eure Feinde; tut denen wohl, die euch hassen {Mt 5v44 Röm 12v20};

Aber: Jetzt erklärt Christus das Gesetz von der Liebe des Nächsten, welches die Pharisäer und Schriftgelehrten mit ihren verkehrten Auslegungen gefälscht hatten. Also, dass die Leute meinten, sie hätten dem Gesetz genuggetan, wenn sie die Freunde liebten und ihnen Gutes täten. Es ist aber mit dem Wörtlein Nächster nicht nur der Freund, sondern auch der Feind gemeint.

Zuhört: Was ich jetzt predige und lehre, auf dass ihr solches tut, was ihr von mir hören werdet. Und hat Christus mit diesen Worten seine Zuhörer aufmuntern wollen, dass sie wüssten, er redet mit ihnen, und nicht meinten, was er vorbrächte, ginge nur andere Leute an. Denn viele Zuhörer geben auf die Predigten so acht, als ob es sie nichts anginge, was man predigte, sondern denken und deuten es nur auf andere Leute. Darum sollen wir fleißig darauf bedacht sein, was uns Christus sagt, und Gott um Hilfe anrufen, dass wir es auch leisten können.

28. segnet die, so sie euch verfluchen; bittet für die, so sie euch beleidigen.

Verfluchen: Und alles Übel wünschen, denen wünscht ihr Gutes dagegen.

Bittet: Ruft Gott an, dass er ihnen ihre Sünde verzeihen wolle, die euch mit Worten und Werken schwer beleidigt haben. Dies ist kein neues Gesetz, so ist es auch nicht nur ein guter Rat, dem man mit gutem Gewissen nachkommen möchte oder nicht; sondern es ist eben das Gebot Gottes, welches geschrieben steht im 3. Mose, 19. Du sollst deinen Nächsten lieben wie Dich selbst. Das aber durch des nächsten Name auch der Feind zu verstehen sei, lehrt Christus in dem Gleichnis vom Samariter {Lk 10}. Und damit niemand meint, diese Erklärung des Nächsten sei nur des Neuen und nicht auch des Alten Testamentes, so steht im Gesetz Mose von dieser Sache ausdrücklich also: Wenn Du Deines Feindes Ochsen oder Esel begegnest, dass er sich verlaufen hat, so sollst Du ihm diese wieder zuführen. Wenn Du dessen, der Dich hasst, Esel siehst unter seiner Last liegen, hüte Dich, und lass ihn nicht, sondern versäume gern das Deine um seinetwillen {2Mos 23}. Es hat aber allein Christus seine Feinde vollkommen geliebt: Und können die wiedergeborenen Menschen mit Hilfe und Beistand des Heiligen Geistes auch etwas in diesem Stück leisten, welches die Beispiele Mose und Paulus bezeugen, deren jeder für die ewige Seligkeit seines Volkes auch verdammt zu werden sich nicht geweigert hat {2Mos 23 Röm 9}. Weil es aber uns sehr schwer ankommt, dass wir dem Feind verzeihen, wenn er uns beleidigt hat, will schweigen, dass sie im sollten Gutes tun, so sollen wir Gott bitten, dass er mit seinem Heiligen Geiste unserer Schwachheit helfen möge.

29. Und wer Dich schlägt auf einen Backen, dem biete den andern auch dar; und wer Dir den Mantel nimmt, dem wehre nicht auch den Rock {Mt 5v39 1Kor 6v7}.

Auch dar: Weil unser Fleisch nicht allein ungern verzeiht, sondern auch sich rächen und Böses mit dem Bösen, oder wohl ärgern, zu vergelten begehrt, so will Christus mit diesen Worten uns von der Rache abmahnen, denn es ist nicht die Meinung, dass wir ungerechte Leute dazu reizen und locken sollen, damit sie uns eine Schmach über die anderen antun, sondern er will, dass wir mit der Rachgierigkeit uns zurückhalten sollen, dass wir, ehe wir Böses mit Bösem wiederum wollten vergelten, bereit sein sollen, von Neuem mehr Ungerechtigkeit und Übel zu leiden. Daneben aber ist es nicht verboten, doch ohne Hass des Nächsten, die empfangene Schmach der Obrigkeit zu melden und Schutz von ihr zu begehren. Also beruft sich Paulus auf den römischen Kaiser {Apg 25}.

Rock: Mit diesen Worten will Christus nicht, dass wir boshaften Leuten unsere Güter zu rauben noch mehr Anlass geben, und sie dazu reizen sollten, sondern er verbietet, dass wir unsere Güter nicht mit Gewalt und durch ungebührliche Mittel (wie ihrer viel tun) zu behalten und sich unterstehen. Wenn aber jemand den Streit, welchen er mit dem Nächsten der zeitlichen Güter wegen hat, der Obrigkeit nach den Gesetzen, wie es richtig ist, zu entscheiden, mit ruhigen Herzen und ohne Rachgier nach Gesetz und Ordnung behandelt, so sündigt er nicht. Wenn wir aber auch sehen, dass wir keine Billigkeit oder Handhabung der Gerechtigkeit erhalten können, so sollen wir die Sache geduldig Gott befehlen, und die Beraubung der Güter mit Geduld leiden. Darum tun diejenigen Unrecht, welche um der zeitlichen Güter willen, so sie ihnen genommen wurden, austreten, und dem Widersacher oder auch der Obrigkeit drohen.

30. Wer Dich bittet, dem gib; und wer Dir das Deine nimmt, da fordere es nicht wieder {Spr 3v27 1Joh 3v17}.

Dem gib: Mit diesen Worten verbietet Christus den Geiz: Als da sind, die das Geld zu lieb haben, wenn sie einem Armen etwas geben oder einem dürftigen Freunde helfen sollen, so halten sie an sich und suchen allerlei Ausflüchte, warum sie solches zu tun nicht schuldig sind. Er hat, sprechen sie, dass Seine vertan, warum sollte ich ihm jetzt von dem Meinen helfen? Oder, er geht mich nichts an. Er hat andere Freunde, Verwandte. Die sollen ihm helfen. In der Summe, der Geiz ist hier ganz scharfsinnig. Aber wir sollen diese Entschuldigungen beiseitestellen und des Nächsten Not und Elend betrachten und Hilfe tun. Doch nicht so, dass es ihm gut gehe und uns übel. Denn unser Überdruss soll der anderen Mangel dienen, wie Paulus lehrt {2Kor 8}. Den faulen Bäuchen aber, die da wohl arbeiten könnten, wenn sie nur wollten, soll man nichts geben, auf dass sie notgedrungen vom Müßiggang abstehen. Denn wer nicht arbeiten will, spricht Paulus, der soll auch nicht essen {2Thes 2}.

Nicht wieder: Mit rachgierigem Gemüt und ungebührlicherweise. Denn etliche sind in der Forderung der genommen Sachen zu streng, dass sie nicht allein, was sie verloren, bis auf den letzten Taler mit Trotz wiederbegehren, sondern auch noch mehr zurückfordern, weil sie den empfangenen Schaden so hoch schätzen; welches einem Christen nicht gebührt.

31. Und wie ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, also tut ihnen gleich auch ihr.

Ihr wollt: Dies ist die allervollkommenste Regel, welche mit wenig Worten alle Dienste begreift, die wir dem Nächsten zu zeigen schuldig sind, und steht auch in Matthäus 7,12. Denn es hat ja keiner gern, dass ihm vom anderen Unrecht geschieht. Darum sollen wir auch niemand Unrecht tun. Jedermann aber begehrt und wünscht, dass man ihm die Werke der christlichen Liebe erzeigt, besonders wenn er in Gefahr steckt. Darum sollen wir dem Nächsten auch solche Guttaten leisten, besonders wenn es die Not erfordert.

32. Und so ihr liebt, die euch lieben, was für Dank habt ihr davon? Denn die Sünder lieben auch ihre Liebhaber {Mt 5v46}.

Dank: Was meint ihr, was für eine Belohnung ihr für solchen Dienst oder gezeigte Freundschaft, ihr von Gott erwarten könnt? Sicherlich keine. Denn ihr habt doch bisher nichts Besonderes oder Vortreffliches getan, dass nicht auch gottlose und lasterhafte Leute machen, welche auch einander dienen und einem Gesellen zeigen, dass sie Gleiches wieder empfangen. Denn es halten auch die Mörder und Diebe eine Gerechtigkeit, oder vielmehr die Schatten der Gerechtigkeit unter sich. Darum will Christus mit diesen Worten anzeigen, dass es nicht genug ist, den Freunden Gutes zu tun, die sich um uns wohl oder doch nicht übel verdient haben. Diese falsche Meinung ist tief in den Menschenherzen eingewurzelt. Und will zwar Gott, dass wir Guttaten mit Guttaten, dazu reichlich vergelten sollen, auf dass wir nicht jemand undankbar sind für die empfangenen Wohltaten. Aber er will auch, dass wir es nicht dabei sollen bleiben lassen. Denn es wird von einem Christen Menschen mehr gefordert, als was ein ehrbarer und freigiebige Heide auch zu leisten pflegt.

33. Und wenn ihr euren Wohltätern wohltut, was für einen Dank habt ihr davon? Denn die Sünder tun das auch.

34. Und wenn ihr leihet, von denen ihr hofft zu nehmen, was für einen Dank habt ihr davon? Denn die Sünder leihen den Sündern auch, auf dass sie Gleiches wieder nehmen {5Mos 15v8 Mt 5v42}.

Wieder nehmen: Dass man ihnen wieder so viel gebe, als sie geliehen haben. Geschieht also mit solchem Tun noch nichts Besonderes, dass zu loben und rühmen wert wäre.

35. Doch aber liebt eure Feinde; tut wohl und leiht, dass ihr nichts dafür hofft, so wird euer Lohn groß sein, und werdet Kinder des Allerhöchsten sein. Denn er ist gütig über die Undankbaren und Bösen.

Feinde: Denn das fordert Gott von euch im Gesetz.

Nach Luther: Wer seinem Feinde leiht oder wohltut, der soll wissen, dass er nichts dafür hoffen noch erwarten darf, das tut aber niemand anders denn ein Christ.

Hofft: Von denen ihr nie eine Guttat empfangen habt, oder auch zukünftig nicht hoffen könnt. Und wenn es des Nächsten höchste Notdurft also fordert, so sollt ihr auch leihen, dazu besorgen, dass euch weder die Summe noch Zinsen wiedergegeben werden. Und zwar tun es häufig rechtschaffene Christen, dass sie etliche Male den Leuten leihen, wo sie nicht hoffen können, dass ihnen je wieder ein Geldstück gegeben werde, dennoch wollen sie lieber das Geld verlieren, als den Nächsten verlassen; und wenn ihnen in gleichen Fällen etwas wiedergegeben wird, so halten sie es für lauter Gewinn, als ob sie eine verlorene Sache wiedergefunden hätten. Diese Worte Christi, da er sagt, dass er nichts dafür hoffe, werden gegen die jährlichen Zinsen oder Renten nicht recht angezogen, wenn ein rechtmäßiger Vertrag des Kaufens und Verkaufens besteht, vom römischen Kaiser und allen Ständen des Reiches zugelassen, dass nämlich von 100 Stück jährlich 5 gegeben und genommen werden, doch also, dass der Gläubiger nicht Macht habe, die Hauptsumme wieder zu fordern, wenn es ihm gefällt, sondern wenn es dem Schuldner gelegen ist. So ein Vertrag ist auf Rechtmäßigkeit gegründet. Denn es ist richtig, dass der, welcher seines Geldes in Mangel stehen muss und keine Güter darum kaufen kann, dennoch einen Nutzen davon habe, gleichwie auch der andere mit seinem Nutzen solch Geld gebraucht. Und ist ein solcher Vertrag kein Wucher zu nennen, wenn man recht und eigentlich von den Sachen reden will, so ist auch aus allen Umständen dieses Textes klar, dass Christus nicht davon handelt, was man über die Hauptsumme gibt oder nimmt, sondern von der Hauptsumme selbst, die man aus christlicher Liebe häufig darlegen und vorstrecken soll, auf dass wir unseren Nächsten nicht verlassen.

Groß sei: Denn Gott belohnt die Werke der Liebe in dieser und der zukünftigen Welt, welche wir um seinetwillen dem Nächsten tun.

Allerhöchsten: Die Leute werden dabei erkennen, dass ihr rechtschaffene Kinder Gottes seid, die nicht aus der Art schlagen.

Ist gütig: Der viel böse und undankbare Menschen ernährt, welche keiner Guttat Gottes würdig wären. Dessen Art und Eigenschaften werdet ihr nachfolgen, wenn ihr nicht nur denen Gutes tut, die sich wohl um euch verdient haben, sondern auch denen, die euch beleidigt und zuwider getan haben.

36. Darum seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.

Barmherzig: Damit, dass ihr zur Folge der Güte eures himmlischen Vaters nicht darauf seht, was die Leute wohl verdient hätten, sondern was ihre Not und Elend erfordern. Denn wir sollen Gottes Sinn, also zu reden, nicht nach unserem Sinn und Verstand urteilen, sondern unseren Kopf nach der Gleichheit der göttlichen Güte richten, auf das erscheine, wie das Ebenbild Gottes, so wir verloren hatten, in uns wiederum erneuert wird.

37. Richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr auch nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben.

Richtet nicht: Mit diesen Worten will Christus der Leute allgemeine Gebrechen abhelfen, da man mit einem zu schnellen Urteil von des Nächsten reden und tun verurteilt, und die Sachen häufig aufs Übelste deutet.

Verdammt: Mit der gleichen Meinung wie im vorigen, nur etwas deutlicher erklärt. Denn welche freventlich über andere Leute Reden und Taten urteilen, und dieselben verdammen, wo sie doch zu keinem Richter bestellt wurden, auch nicht alle Umstände genügend erwogen haben, und also des Nächsten guten Namen verkleinern, oder auch an Leib und Gut, mit einem solchen schnellen Urteil ihm schaden. Die werden aus dem gerechten Urteil Gottes von anderen eben wiederum auch leiden müssen, dass sie durch ein öffentliches Urteil unterdrückt werden. Und wenn sie nicht Buße tun, so werden sie auch dem gestrengen und gerechten Gericht Gottes nicht entgehen: Denn sie sündigen gegen das achte Gebot, welches gebietet, dass wir nicht sollen falsch Zeugnis reden wider unseren Nächsten. Doch damit ist nicht verboten, dass die Kirchendiener nicht sollten von der falschen Lehre, wenn sie diese gegen dem Worte Gottes fleißig gehalten haben, urteilen und diese verdammen, denn das hat Christus selbst auch getan, so haben es auch getan die Propheten und Apostel. Ebenso wenig als er auch mit diesen Worten der Obrigkeit Amt will aufgehoben haben, deren eigentliches Amt es ist, die Bösen zu urteilen und zu verdammen, dass sie bestraft werden. Denn solches zu tun erfordert die Schrift von der Obrigkeit mehrmals: Ja, es ist keinem Christen gewährt, dass er nicht dürfte von der Gottlosen Lehre und falschen Gottesdienste aus dem Worte Gottes urteilen und diese verdammen. Denn wenn man die falsche Lehre als reißende Wölfe meiden soll, so muss man auch von ihnen urteilen und sie verdammen.

Vergebt: Nämlich den Menschen ihre Missgriffe, damit sie euch beleidigt haben.

Vergeben: Denn wenn wir dem Nächsten seine Sünden verzeihen, so wird auch der himmlische Vater uns unsere Sünden um Christi willen verzeihen. Sollen wir darum mit unserem Nächsten nicht nach der Strenge verfahren, auch in weltlichen Sachen und Schulden, sondern gelinde und Güte dem Ernst vorziehen, so werden wir auch einen gnädigen Gott gegen uns empfinden. Es hebt aber dieser Spruch das Amt der Obrigkeit oder Hausväter ebenso wenig als der vorigen auf, obwohl sie auch die Schärfe des Rechts mit Mäßigkeit urteilen sollen.

38. Gebt, so wird euch gegeben. Ein voll, gedrückt, gerüttelt und überflüssig Maß wird man in euren Schoß geben; denn eben mit dem Maß, da ihr mit messt, wird man euch wieder messen.

Gegeben: Es wird euch solches nicht arm machen, wenn ihr euren Nächsten reichlich gebt und behilflich seid. Sondern Gott wird schaffen, dass andere sich wiederum freigiebig gegen euch erzeigen. Ja, Gott der Herr wird eure gottselige Freigebigkeit mit seinem reichen Segen erstatten.

Schoß geben: Ich glaube, dass dieses zu der Zeit eine allgemeine Form (Sprichwort) im Sprichwort zu reden gewesen. Damit wollte man zu verstehen geben, dass es Gott reichlich vergütet, wenn jemand gegen seinen Nächsten aus Gutherzigkeit sich freigiebig erzeige.

Wieder messen: Das ist auch nach einem Sprichwort geredet. Wer darum kleinlich gibt, der wird nicht viel wieder empfangen, wer aber reichlich ausgibt, der wird auch reichen Segen empfangen. Denn also redet der Apostel Paulus von diesen Sachen: Wer kärglich sät, der wird auch kärglich ernten, und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen, das ist reichlich {2Kor 9}. Darum ist der rechte Weg, reich zu werden nicht der, dass man geizig und knauserig ist, sondern wenn man wohltätig und freigebig ist, doch nach eines jeden Vermögen. Denn es ist ein großer Unterschied zwischen der Freigebigkeit und Verschwendung.

39. Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Mag auch ein Blinder einem Blinden den Weg weisen? Werden sie nicht alle beide in die Grube fallen {Mt 15v14}?

Und: Jetzt macht Christus eine kurze Ermahnung, dass seine Zuhörer durch die falsche Auslegung des Gesetzes sich nicht verführen ließen, welche die Pharisäer und Schriftgelehrten aufgebracht hatten.

Fallen?: Denn wenn ihr wollt den Pharisäern und Schriftgelehrten als blinden Führern und Lehrmeistern folgen, so werden sie euch mit sich in die Grube der Verdammnis stürzen. Denn welche die falsche Lehre, so in den vornehmsten Hauptartikeln der Religion irren, hören und ihnen folgen, die geraten mit den Verführern ins Verderben. Dass aber Gott vor Zeiten unter der Pharisäer Verfälschungen und später im Papsttum auch Tausende Menschen erhalten wird, dass sie entweder auf menschliche Verdienste sich nicht verlassen oder doch solch ein Vertrauen im Totenbett von sich geworfen und allein auf Christus, den einigen Mittler ihre Hoffnung, gesetzt haben und also selig geworden sind, ist nicht ein geringes Wunderwerk, als da Gott des Daniels drei Gesellen mitten in einem feurigen Ofen unversehrt erhalten hat {Dan 3}. Unterdessen sollen wir aber die reine Lehre mit höchstem Fleiß zu behalten uns bemühen, auch dass wir das Mittel nicht verlieren, dadurch wir die Seligkeit erlangen können und Gott nicht versuchen. Stehen darum die ihren Kindern übel vor, welche sie in ihrer zarten Jugend, wenn sie noch nicht zu ihrem völligen Verstand gekommen sind, an solche Orte schicken, wo die falsche Religion gelehrt wird. Denn sie eben so tun, als wenn einer sein Kind ins Feuer wirft und danach Gott bittet, er wollte es nicht verbrennen lassen.

40. Der Jünger ist nicht über seinen Meister; wenn der Jünger ist wie sein Meister, so ist er vollkommen {Mt 10v24 Joh 13v16}.

Jünger: (Nach Luther) Das heißt: Wenn es dem Jünger geht wie dem Meister, so ist es recht.

Meister: Darum sollt ihr die falschen Lehrer, Pharisäer und andere, die das Gesetz mit einer falschen Auslegung verkehren, nicht hören. Denn ihr werdet dadurch nicht gelehrter noch besser werden, als es die Lehrer selbst sind. Heuchelei werdet ihr zwar lernen, wie sie auch Heuchler sind, aber keine rechte Gottseligkeit, weil ein Jünger aus seines Lehrmeisters Unterrichtung nicht gelehrter werden kann als der Lehrmeister selbst; und hält man es so, dass er aufs Höchste gekommen ist, wenn er so weise wie sein Meister ist. Wenn ihr darum den Pharisäern als Lehrmeister folgen wollt, so werdet ihr ebenso werden, wie auch sie sind, und niemals zur wahren Erkenntnis eurer und Gottes kommen. Denn die pharisäischen Lehre, wie auch die päpstliche, blendet die Menschen mit dem Wahn eigener Gerechtigkeit und mit dem Schein der menschlichen Satzungen, dass sie den rechten Weg der Seligkeit zu Christo, den einzigen Mittler, nicht sehen können. Und welche die falsche Lehre hören, werde nicht besser noch verständiger als ihre Lehrmeister sein. Darum soll man sich wohl vorsehen, von welchen Lehrmeistern wir uns unterrichten lassen.

41. Was siehst Du aber einen Splitter in deines Bruders Auge, und des Balkens in deinem Auge wirst Du nicht gewahr {Mt 7v3}?

Was: Christus wendet wieder zur Erklärung des Gesetzes, besonders aber des achten Gebotes, welches verbietet, dass wir des Nächsten guten Namen mit unserem allzu schnellen und freien Urteil nicht verschrien machen sollen, mit einem guten Gleichnis an, wie unrecht solche handeln.

Nicht gewahr: Denn auch diejenigen, welche so scharfsinnig sind (ihrer Meinung nach), dass sie anderer Leute Fehler und Mängel schnell sehen können, mit diesen selber mit großen Lastern behaftet sind, die sie jedoch nicht sehen.

42. Oder wie kannst Du sagen zu deinem Bruder: Halt stille, Bruder! Ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen; und Du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du Heuchler! Zieh zuvor den Balken aus deinem Auge und siehe zu, dass Du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst.

Ziehst: Es verbietet Christus hier allerdings nicht, dass man dem Nächsten nicht sein Unrecht anzeigen und ihn zum Guten weisen sollte (besonders, wenn er solches Amtes zu tun schuldig ist), bis einer selbst von allen Mängeln und Schwachheiten des Fleisches befreit ist, denn sonst dürfte keiner dem anderen etwas sagen. Sondern er hat uns erinnern wollen, wenn uns eine Lust ankommt, andere zu beschimpfen und ihnen übel nachzureden, dass wir zuerst in uns selber gehen, und sehen, ob wir an uns selber nicht mehr Ursache zu tadeln und zu beschimpfen finden, und sollen unsere eigenen Mängel zuvor so verbessern, uns zu unterstehen, als dass wir anderer Leute Fehler und Mängel ausschreien wollten, da es unser Beruf nicht erfordert.

43. Denn es ist kein guter Baum, der faule Frucht trage, und kein fauler Baum, der gute Frucht trage {Mt 7v17 12v33}.

Trage: Also (will Christus sagen) wird an den Lästerungen, damit man des Nächsten Wandel ohne Not ausschreit, eines Menschen boshaftes und giftiges Gemüt erkannt, wie der Baum an den Früchten. Und geschieht es, dass indem einer fremde Laster ausschreit, er seine eigene Bosheit an den Tag bringt, und sich selbst mehr als den Nächsten beleidigt. Es ist darum der kein frommer Mensch, aus welchem Mund giftige Verleumdungen gehört werden.

44. Ein jeglicher Baum wird an seiner eigenen Frucht erkannt. Denn man liest nicht Feigen von den Dornen auch, so liest man nicht Trauben von den Hecken.

Erkannt: Wer darum des Nächsten Missgriffe aus gottseligem Herzen zudeckt und sie mit einer gütigen Rede, so viel er mit gutem Gewissen tun kann, wo nicht alles, doch zum größten Teil entschuldigt, das ist ein frommer Mensch.

Hecken: Sondern wie es mit dem Baum oder dem Gebüsch beschaffen ist, nachdem ist auch die Frucht. Wenn Du darum willst für fromm angesehen werden, so bringe gute Früchte.

45. Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus dem guten Schatz seines Herzens; und ein böser Mensch bringt Böses hervor aus dem bösen Schatz seines Herzens. Denn wessen das Herz voll ist, dessen geht der Mund über.

Guter Mensch: Christus erklärt die Sache noch weiter mit einem anderen Gleichnis, welches er auch gegen der Pharisäer Lästerungen gebraucht {Mt 12}.

Guten Schatz: Gerade als wenn jemand einen verborgenen Schatz auftut und daraus Gold, Silber, Edelsteine, Wein, Korn oder dergleichen hervorzieht.

Böses hervor: Als wenn jemand falsches Geld, schlechte Edelsteine, Gift und anderes zeigt. Kann man darum aus dem, was hervorgebracht wird, erkennen und sehen, was es für ein Schatz ist. Also ist auch die Rede ein Zeichen und ein Zeichen des Gemüts, dass die giftigen Lästerungen und Verleumdungen, dazu ein Mensch Lust hat, zu verstehen geben, es sei ein gottloser und boshafter Mensch. Wie wiederum eine freundliche Rede, die auf des Nächsten Erbauung und Nutzen gerichtet, ist ein frommes und gottseliges Gemüt. Es wird aber hier nicht gesagt, von dem gottseligen Eifer der Propheten, Apostel und anderen Kirchendiener, da sie auf der falschen Lehrer Irrtümer oder auf der Zuhörer Laster heftig schimpfen und die Sache mit rechten Namen nennen, dessen man in den prophetischen Schriften viele Beispiele hat; sondern es verwirft Christus hier die allgemeine Unart, da einer von dem anderen ohne triftige Gründe böses redet.

Über: Denn es kann das Herz seine Bosheit nicht immer verbergen, sondern lässt manchmal böse, unflätige oder unnütze Sachen durch den Mund herausfahren, damit das Menschenherz sich selber verrät, wie es beschaffen ist. Weil wir aber aus Gott wiedergeboren sind, so sollen wir es unserem alten Adam nicht zulassen, dass er böse, giftige, unflätige oder Gottlose Reden ausstoße. Sondern wir sollen unser Fleisch töten und von heilsamen Sachen reden, wie es den Kindern Gottes zusteht.

46. Was heißt ihr mich aber Herr, Herr, und tut nicht, was ich euch sage?

Was: Jetzt beschließt Christus seine Predigt fast mit den gleichen Worten, damit er auch die geendet hat, welche in Matthäus 5,6 und 7 gelesen wird. Welches zwar kein Wunder ist. Denn es handelt ein Kirchendiener auch zu unterschiedlichen Zeiten von einerlei Sachen und braucht dazu einerlei Beweise und Gleichnisse. Es erinnert uns aber Christus, dass wir nicht meinen, wir haben in unserem Amt genug getan, wenn wir die reine Lehre hören und uns über sie verwundern, daneben aber dieser Lehre nicht folgen, sondern wir sollen Gottes Wort so hören, dass wir es auch zu unserem Nutzen gebrauchen, und was wir gelernt haben, mit der Tat ins Werk zu richten, ernstlich uns befleißigen.

Herr: Dass ihr mir einen Ehrentitel gebt, als ob ihr mich für einen göttlichen Lehrer erkennt.

47. Wer zu mir kommt und hört meine Rede und tut sie, den will ich euch zeigen, wem er gleich ist.

Wer: Christus setzt ein Gleichnis hinzu, welches nicht allein zur Erklärung des Gesetzes gehört, sondern auch zu der ganzen göttlichen Lehre, darunter das Evangelium ein vornehmes Stück ist.

48. Er ist gleich einem Menschen, der ein Haus baute und grub tief und legte den Grund auf den Fels. Da aber Gewässer kam, da riss der Strom zum Hause zu und mochte es nicht bewegen; denn es war auf den Fels gegründet.

Gewässer: Welches von vielem Regen und Unwetter angelaufen war.

Gegründet: Also bauen die, welche das Evangelium Christi mit wahrem Glauben annehmen und den Geboten Gottes von Herzen gehorsam sich befleißigen. Diese werden in den Anfechtungen und wenn sie den göttlichen Zorn empfinden, wie auch in anderen Unfällen durch den Heiligen Geist, in wahrem Glauben bis ans Ende erhalten und erlangen die ewige Seligkeit.

49. Wer aber hört und nicht tut, der ist gleich einem Menschen, der ein Haus baute auf die Erde ohne Grund; und der Strom riss zu ihm zu, und es fiel bald, und das Haus gewann einen großen Riss.

Nicht tut: Meine Worte, die ich ihm gebiete. Ich gebiete ihm aber, dass er an mich glauben soll.

Fiel bald: Dieses Haus, das dem Anstoß des Ungewitters und Wassers nicht widerstehen konnte.

Großen Riss: Also dass es in einen Haufen fiel und zugrunde ging. Solch einen Bau führen diejenigen, welche zwar das Evangelium hören, aber diesem nicht glauben, noch ihr Leben nach dem vorgeschriebenen Worte Gottes begehren auszurichten; sie sind entweder Heuchler oder rohe, sichere Leute. Wenn dann diese mit schweren Anfechtungen überfallen werden oder sonst in ein Unglück geraten, ehe sie sich wahrhaftig zu Gott bekehren, so verzweifeln sie und fallen ins ewige Verderben. Welches ein schrecklicher Fall ist, davor wir uns mit höchstem Fleiß hüten sollen.


Das 7. Kapitel

  • Christus macht den Knecht eines Hauptmanns gesund und erweckt den Sohn einer Witwe zu Nain. Johannes schickt zwei seiner Jünger zu Christus, dass sie ihn für den Heiland der Welt erkennen. Dazu Christus Johannes ein herzliches Lob gibt. Er schimpft auch diejenigen ganz heftig, die bisher weder ihm noch dem Johannes folgen wollen. Speist mit einem Pharisäer, der Simon genannt wird. Eine sündige Frau netzt des Herrn Christi Füße mit ihren Tränen und trocknet sie mit dem Haar ihres Kopfes. Darauf Christus dem Ärgernis begegnet, welches man darüber gehabt hat, dass Christus die Sünderin zu sich gelassen hat.

1. Nachdem er aber vor dem Volk ausgeredet hatte, ging er gen Kapernaum.

Ausgeredet: Dass er die Predigt beendet, welche er vor einer großen Menge des Volkes gehalten hat, wie sie im vorigen Kapitel beschrieben wurde.

2. Und eines Hauptmanns Knecht lag todkrank, den er werthielt.

Todkrank: Also, dass man um die Erhaltung seines Lebens keine Hoffnung hatte.

3. Da er aber von Jesu hörte, sandte er die Ältesten der Juden zu ihm und bat ihn, dass er käme und seinen Knecht gesund machte.

Hörte: Dass er so viele Wunder getan hatte, und den Kranken gerne hilft, die es von ihm begehrten, so hat er ein Vertrauen zu ihm gehabt. Er würde seinen Knecht auch wieder gesund machen.

Ältesten: Die vornehmsten Ratsherren der Stadt Kapernaum. Denn er hatte eine solch große Demut und Scham, dass er sich nicht wert achtete, dass er Christus selbst ansprechen wollte. Es ist aber dieses Wunderwerk, das der Evangelist Lukas jetzt erzählt, in vielen Umständen dem fast gleich, welches Matthäus im 8. Kapitel beschreibt: Jedoch wenn man das fleißig beachtet, so befindet sich in etlichen Umständen ein großer Unterschied, der nicht vermuten lässt, dass dieses eine andere Geschichte ist, die Lukas hier vorbringt, da hier andere Orte genannt werden als bei Matthäus. Es waren aber die Hauptleute, so sie in Judäa und Galiläa wohnten, heidnische Leute, und von den Römern mit einer gewissen Anzahl Kriegsknechte an diese Orte geschickt, damit sie das Volk unter der Römer gehorsam behielten. Aber, so viel aus der evangelischen Geschichte abzunehmen ist, haben viele die israelitische Religion angenommen, obwohl sie nicht beschnitten waren, also, dass sie die heidnische Abgötterei verlassen, und den wahren Gott erkannt haben, unter denen sich auch dieser Hauptmann befand. Denn Gott schickt häufig Gottlose und ungläubige Kriegsleute in ein Land, wo die richtige Religion gelehrt wird, auf dass sich dort diese zum wahren Gott bekehren und Glieder seiner Kirche werden, welche sie auszurotten oder doch zu plagen zuvor willens gewesen sind. So wunderbar ist Gott in seinen Werken. Da auch der Hauptmann um seinen Knecht besorgt gewesen ist, mussten die Herren dabei lernen, dass sie ihrer Diener Wohlfahrt sich angelegen lassen sein sollten: Die Knechte aber sollen sich so zeigen, dass sie lieb und wertgehalten werden.

4. Da sie aber zu Jesu kamen, baten sie ihn mit Fleiß und sprachen: Er ist es wert, dass Du ihm das erzeigst;

Sie: Nämlich, die ältesten oder vornehmsten Ratsherren zu Kapernaum.

Mit Fleiß: Dass er des Hauptmanns Knecht wollte gesund machen.

Erzeigst: Wegen seiner Frömmigkeit und Freundlichkeit ist es richtig, dass Du diesem Hauptmann Gutes tust.

5. denn er hat unser Volk lieb, und die Schule hat er uns erbaut.

Schule: In dieser wurde die Heilige Schrift gehört und erklärt, Gott angerufen und gepriesen.

Erbaut: Auf seine Kosten. Dieser Hauptmann wird am Jüngsten Tage aufstehen und diejenigen verdammen, welche nicht nur die Kirche, Schulen und Pfarrhäuser verfallen lassen, welches ihnen des Amtes wegen gebührt, dass sie diese im Bau erhalten sollten; sondern sie reißen auch noch darüber der Kirchen Einkünfte zu sich und wenden es zu ihren eigenen Nutzen an.

6. Jesus aber ging mit ihnen hin. Da sie aber nun nicht ferne von dem Hause waren, sandte der Hauptmann Freunde zu ihm und ließ ihm sagen: Ach Herr, bemühe Dich nicht! Ich bin nicht wert, dass Du unter mein Dach gehst;

Dich nicht: Es ist nicht nötig, dass Du Dir Mühe machst, und zu mir ins Haus kommt.

Nicht wert: Weil ich von den gottlosen Heiden meine Herkunft habe und dazu ein sündiger Mensch, auch ein Soldat, bin. Du aber bist der Sohn Gottes, Messias und aller vortrefflichste Prophet von Gott gesandt, darum ich mich der Ehre nicht würdig achte, dass Du solltest zu mir in mein Haus kommen.

7. darum ich auch mich selbst nicht würdig geachtet habe, dass ich zu Dir käme; sondern sprich ein Wort, so wird mein Knabe gesund.

Käme: Sondern ich habe die ältesten der Juden zu Dir geschickt. Diese Demut des Hauptmanns, der dazu ein Soldat gewesen ist, sollen wir von ihm lernen. Aber, hilf lieber Gott, wie wenig findet man heutigentags Soldaten und Hauptmänner, die in einer solchen Bescheidenheit sind.

Ein Wort: Dass mein Knecht wieder gesund werden soll, so wird es geschehen. Denn Christi Worte sind gewiss und kräftig, welche mehr sagen, als dass sie es im Herzen geglaubt werden.

8. Denn auch ich bin ein Mensch, der Obrigkeit untertan, und habe Kriegsknechte unter mir und spreche zu einem: Gehe hin! So geht er hin, und zum andern: Komm her! So kommt er, und zu meinem Knecht: Tu das! So tut er‘s.

Untertan: Ich habe über mir eine Obrigkeit, gegen welche ich zu rechnen ein Knecht und Diener bin.

Unter mir: Welche mich für ihren Herren erkennen, obwohl ich einen Höheren über mir habe.

Tut er‘s: Wie viel mehr (will er sagen), kannst Du mit einem Wort ausrichten, was Du willst, der Du Gottes Sohn und der Messias, der Welt Heiland, bist, weil mein Wort gegen die, die mir untergeben sind, so viel gilt. So ist es recht und gut geschlossen, wenn wir Gottes Gewalt, als den Größeren, aus unserer geringen Gewalt lernen erkennen. Denn was ist unsere Gewalt gegen Gottes Gewalt? Dennoch sehen wir, was ein Mensch (mit der Hilfe Gottes) ausrichten kann. Warum wollten wir denn an der Allmacht Gottes zweifeln? Es soll uns aber auch dieser Gehorsam der Knechte des Hauptmanns erinnern, dass der Gehorsam sehr nötig ist und sein muss. Denn ohne dies kann kein Regiment oder Haushalt bestehen, wo ein jeder tut, was er will, und einem jeden alles freisteht.

9. Da aber Jesus das hörte, verwunderte er sich sein, und wandte sich um und sprach zu dem Volk, das ihm nachfolgte: Ich sage euch, solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden.

Verwundert: Nach seiner Menschheit und in seiner Knechtsgestalt.

Nicht gefunden: Weil die Israeliten zum größten Teil nicht wirklich an Christus glaubten, und sie waren entweder in einem losen Leben oder im pharisäischen Wahn ersoffen; und war fast nichts an ihnen, das den heiligen Patriarchen, von denen sie dem Fleisch nach gekommen waren, gleich wäre, sondern schlugen aus der Art. Denn es ist zur wahren Gottseligkeit nicht genug, dass man fromme Eltern gehabt hat. Und so rühmt die katholische Kirche heutigentags vergeblich sich der ersten Kirche, welche der Apostel Paulus gepflanzt hat, weil sie von seinem Glauben und seiner Frömmigkeit so weit entfernt ist, als die gottlosen Juden von dem Patriarchen Abraham.

10. Und da die Gesandten wiederum nach Hause kamen, fanden sie den kranken Knecht gesund.

Gesund: Hat also Christus des Hauptmanns Glauben, welchen er zur Erlangung seines Knechtes Gesundheit genommen, bestätigt und ist ihm geschehen, wie er geglaubt hat. Denn der Glaube bekommt alles, was er glaubt. Und so lehrt uns diese Hauptmanns Frömmigkeit, dass nicht alle Kriegsleute gottlos sind, wie auch, dass das Kriegswesen an sich selbst nicht Sünde ist. Denn weder Johannes noch Christus oder die Apostel solchen Hauptleuten befohlen hat, dass sie ihren Beruf und das Kriegswesen unterlassen sollen.

11. Und es begab sich danach, dass er in eine Stadt mit Namen Nain ging; und seiner Jünger gingen viel mit ihm und viel Volks.

Und: Jetzt folgt ein sehr tröstliches Wunderwerk, besonders für Witwen und betrübte Leute.

Viel: Nicht nur die zwölf Apostel, sondern auch eine große Anzahl anderer frommer und gutherziger Leute, die ihn mit Fleiß und Eifer hörten: Derer etliche (auch ohne die Apostel) Christus ausgesandt hatte das Evangelium zu predigen.

Viel Volk: Welches Christus das Geleit gab, weil es durch seine Wunderzeichen sich hatte bewegen lassen.

12. Als er aber nahe an das Stadttor kam, siehe, da trug man einen Toten heraus, der ein einziger Sohn war seiner Mutter, und sie war eine Witwe. Und viel Volks aus der Stadt ging mit ihr.

Mit ihr: Dass sie die Leiche in der Art des Landes zum Grabe begleiteten, und mit der Witwe ein herzliches Mitleiden trugen, über den tödlichen Abgang ihres einzigen Sohnes. Denn vor Zeiten waren die Begräbnisse außerhalb von den Städten, welches zwar heute auch noch an vielen Orten so geordnet ist. Und sollen solche Orte sauber und ehrlich gehalten werden, weil sie der Frommen Schlafkammern sind, die dort die selige Auferstehung erwarten. Das Beispiel aber dieser Witwe, die zuvor ihren Mann verloren, und später auch ihren einzigen Sohn verlor, lehrt uns, wie Gott die Seinen häufig mit viel Unglück überfallen lässt, daraus er sie doch wiederum errettet. Und werden wir auch hier erinnert, dass wir mit den Bekümmerten ein Mitleiden haben sollen und ihr Elend zu lindern uns bemühen. Auch soll man über die Toten Leid tragen. Denn das bringt die menschliche Natur ohnehin mit und muss man doch in der Traurigkeit Maß halten, auf dass wir nicht den Heiden gleich werden, welche an die Auferstehung der Toten nicht glauben {1Thes 4}.

13. Und da sie der Herr sah, jammerte ihn derselben, und sprach zu ihr: Weine nicht.

Jammerte: Denn Gott sorgt für die Witwen, wie auch für alle betrübten und bekümmerten Personen, die sich vor ihm demütigen, denen er bereit ist, zu helfen.

14. Und trat hinzu und rührte den Sarg an. Und die Träger standen. Und er sprach: Jüngling, ich sage Dir, steh auf!

Rührte: Damit er zu verstehen gab, dass man stillstehen sollte.

Standen: Weil sie merkten, dass Christus etwas Besonderes im Sinn hätte. Also sollen wir von der Sorge und Angst uns hin und wieder freimachen, auf dass wir Gott dem Herrn Platz lassen, mit uns zu handeln.

15. Und der Tote richtete sich auf und fing an zu reden. Und er gab ihn seiner Mutter.

Zu reden: Also, dass es jedermann bekannt wurde, er wäre wieder lebendig geworden.

Mutter: Welche durch Christi Guttat ihren einzigen Sohn über all ihr Hoffen wiederbekommen hatte. Denn Gott kann überschwänglich tun, über alles, das wir bitten oder verstehen {Eph 3}. Darum sollen wir seiner Güte und Allmacht trauen. Und hat man hier auch des Menschen Christi göttliche Kraft und Majestät zu beachten, der mit seiner Stimme aus eigener und nicht aus fremder Gewalt die Toten kann wieder lebendig mache.

16. Und es kam sie alle eine Furcht an und preisten Gott und sprachen: Es ist ein großer Prophet unter uns aufgestanden, und: Gott hat sein Volk heimgesucht.

Furcht an: Also, dass sie sich über solche großen Wunderwerke heftig entsetzten.

Preisten: Denn man soll die Werke Gottes betrachten und seine Güte und Majestät preisen.

Heimgesucht: Indem er uns seinen so herrlichen Propheten geschickt hat, von welchem wir glauben, dass er eben dieser ist, den Gott vor Zeiten durch Mose verheißen hat {3Mos 18}. Darum nehmen wir daraus, dass uns Gott mit väterlichem Willen und Gnaden wohl gewogen ist. Und haben diese Leute recht geurteilt, dass Jesus der Prophet ist, der von Mose verheißen wurde {3Mos 18}. Darum sollen wir diesen Propheten hören und ihm glauben {Mt 17}. So oft auch Gott treue und vortreffliche Lehrer schickt, sollen wir solche herrlichen Guttaten Gottes mit dankbaren Herzen erkennen und es dafürhalten, dass uns Gott mit besonderen Gnaden ansieht. Wir müssen aber diesen Lehrern folgen, auch dass wir sie nicht zu unserer Verdammnis hören.

17. Und diese Rede von ihm erscholl in das ganze jüdische Land und in alle umliegenden Länder.

Von ihm: Nämlich, von Jesu, wie er einen verstorbenen Jüngling von den Toten erweckt hatte.

Erscholl: Denn auf herrliche Taten folgen für sich selbst ein gutes Gerücht und berühmter Name.

18. Und es verkündigten Johannes seine Jünger das alles. Und er rief zu sich seiner Jünger zwei

Das alles: Was Christus getan hat, und wie er sich einen großen Namen machte. Es war aber Johannes zu diesem Zeitpunkt bereits im Gefängnis, wie es Matthäus in Kapitel zwei meldet, der auch dieses beschrieben hat, was hier erzählt wird. Und waren die Jünger Johannes dem Herrn Jesus Christus nicht so gut gesinnt, weil sie Sorge hatten, es möchte dadurch, dass Christus so berühmt würde, ihrem Lehrmeister Johannes an seinem Ansehen etwas verloren gehen. Denn man findet Leute, die glauben aus einem verkehrten Wahn an ihre Lehrer so viel und hoch, dass sie andere, die doch mehr und herrlichere Gaben haben, Ruhm und Lob, aus einem unzeitigen Eifer Begehren zu verdunkeln.

19. und sandte sie zu Jesu und ließ ihm sagen: Bist Du, der da kommen soll, oder sollen wir eines andern warten?

Zwei: Die er im Namen aller seiner Jünger zu Christus schickte. Denn da Johannes merkte, dass seine Jünger zu viel auf ihn hielten, und Christus nicht recht erkennen wollten, hat er mit großem Fleiß danach getrachtet, wie er es zuwege bringen könnte, dass sie Christus für den Messias annehmen.

Kommen soll: In die Welt, nämlich, der versprochene Messias und Heiland der Welt. Es hatte aber Johannes keinen Zweifel, wenn diese beiden Jünger zu Christus kämen, dass sie solche Dinge von ihm sehen und hören würden, welche genügend bezeugten, dass er der Messias und Heiland der Welt wäre, wie auch Geschehen ist. Denn es zweifelte Johannes an der Person Christi ganz und gar nicht, wie er denn schon im Mutterleib erkannte, und später des Vaters Stimme von ihm am Jordan gehört hatte; sondern er sah dahin, wie er auch seine Jünger zur Erkenntnis Christi bringen möchten. Und ist aller Hausväter Amt und Beruf, dass sie ihre Kinder und ihr Personal zu Christus schicken, damit sie diesen richtig erkennen. Welches geschieht, wenn man sie zur Predigt schickt und dass sie des heiligen Abendmahls teilhaftig werden. Man soll aber von Johannes die Freundlichkeit und Lindigkeit lernen, der seine Jünger, als unverständige Leute, mit einer besonderen Bescheidenheit dahin schickte, dass sie den gefassten Irrtum möchten fallen lassen, als ob Jesus nicht der Messias wäre.

20. Da aber die Männer zu ihm kamen, sprachen sie: Johannes der Täufer hat uns zu Dir gesandt und lässt Dir sagen: Bist Du, der da kommen soll, oder sollen wir eines andern warten?

Kommen soll: Der versprochene Messias und Heiland der Welt.

21. Zu derselben Stunde aber machte er viele gesund von Seuchen und Plagen und bösen Geistern und viel Blinden schenkte er das Gesicht.

Gesicht: Also, dass da Johannes Gesandte selber solche Wunderwerke sahen, und durch Gottes besondere Schickung zu Rechter Zeit angekommen waren. Denn es geschieht in menschlichen Sachen nichts aus Zufall, sondern es wird alles von dem aller weisesten Gott so ein jedes zu seiner Zeit geordnet, dass es zu seiner Ehre und der Auserwählten Wohlfahrt geschieht. Und fällt auch kein Sperling auf die Erde, ohne den Willen unseres lieben himmlischen Vaters (Matthäus im 10. Kapitel).

22. Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht hin und verkündigt Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Die Blinden sehen, die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein, die Tauben hören, die Toten stehen auf, den Armen wird das Evangelium gepredigt;

Zu ihnen: Nämlich, zu den Jüngern Johannes, mit welchen Christus ebenso fein und glimpflich umging, wie es zuvor Johannes getan hatte, auf dass sie weiter keinen Grund hätten, an der Person Christi zu zweifeln.

Gehört habt: So wird er darum Anlass genug haben, dass er euch lehre, wer ich sei, ob man mich für den Messias halten soll oder nicht. Es will aber Christus viel lieber, dass sein Lob von Johannes gepriesen werde, als dass er sich selber rühmen sollte. Mit diesem Beispiel wird uns gelehrt, dass wir unser Lob nicht selber ausschreien sollen.

Den Armen: Den betrübten und geängstigten Gewissen wird die fröhliche Nachricht von der Vergebung der Sünden verkündigt.

23. und selig ist, der sich nicht ärgert an mir.

Nicht ärgert: Denn es gibt viele, die sich an meiner Person ärgern werden durch meine Demut, Armut und dass ich mit den Sündern umgehe, sie so geärgert, dass sie nicht glauben, dass ich der Messias bin. Mit dieser Antwort hat Christus auf drei prophetische Sprüche gedeutet, die von dem Messias deuten, auf dass er Johannes Anlass gebe, diese seinen Jüngern zu erklären und auf Christi Person auszulegen. Der erste wird gelesen in Jesaja 35 mit den Worten: Seid getrost, fürchtet euch nicht, seht euer Gott, der kommt zur Rache, (merkt ihr, dass Christus Gott ist) der da vergibt, kommt, und wird euch helfen. Dann werden der blinden Augen aufgetan werden, und der Tauben Ohren werden geöffnet werden. Dann werden die Lahmen gehen, wie ein Hirsch, und der stummen Zunge wird Lob sagen. Der andere Spruch steht im selben Propheten im 61. Kapitel und lautet also: Der Geist des Herrn ist über mir, darum hat mich der Herr gesalbt. Er hat mich gesandt, den Elenden zu predigen. Der dritte findet sich auch im gleichen Propheten in Kapitel 8. Heiligt den Herrn Zebaot, den lasst eure Furcht und Schrecken sein, so wird er eine Heiligung sein, aber ein Stein des Anstoßens und ein Fels des Ärgernisses den zwei Häusern Israel, zum Strick und Fall den Bürgern zu Jerusalem, dass viele sich daran stoßen, fallen, zerbrechen und gefangen werden. Die ersten beiden Zeugnisse lehren ausdrücklich, dass Jesus von Nazareth, der diese Weissagungen mit seinen Wunderwerken und Predigten erfüllt hat, der wahre Messias ist, der Welt Heiland. Der letzte Spruch warnt und erinnert uns, dass wir uns durch Ärgernisse von dem Evangelium Christi nicht abschrecken lassen. Es werden aber viel und mancherlei auch große Ärgernisse im Reich Christi geschehen: Etliche ärgern sich an den Verfolgungen und schlechtem Ansehen des Reiches Christi hier auf Erden. Andere stoßen sich an den Spaltungen, die in der Kirche geschehen, und an den Lastern oder Fällen derjenigen, die sich zum Evangelium Christi bekennen. Aber man soll nicht auf solche äußerlichen Dinge, sondern auf das Wort Gottes sehen, so werden die Ärgernisse aufhören.

24. Da aber die Boten des Johannes hingingen, fing Jesus an, zu reden zu dem Volk von Johannes: Was seid ihr hinausgegangen in die Wüste zu sehen? Wolltet ihr ein Rohr sehen, das vom Winde bewegt wird?

Von Johannes: Und erinnerte sie, dass sie sich zu Gemüte führen sollten, was für ein vortrefflicher Mann Johannes wäre. Denn er ist aus dem Grund von Gott gesandt worden, dass er bezeugen sollte, Jesus wäre der Messias, so war es richtig, dass seine Person, als eines glaubwürdigen Zeugen, gerühmt würde, damit auf sein Zeugnis desto mehr gehalten würde.

Bewegt: Als wollte er sprechen: Ihr habt sicherlich eine solche Unbeständigkeit an Johannes nicht gespürt und gesehen, sondern was er einmal gelehrt hat, das hat er immer gelehrt. Er hat aber in seinen Predigten gesagt: Er ist nicht der Messias, sondern ein anderer ist es, der auch bald anfangen würde, in der Kirche Gottes zu lehren. Auf welchen er aber mit Worten gedeutet, ja auch mit dem Finger gezeigt hat, ist euch nicht unbekannt. Warum glaubt ihr denn seinem Zeugnis nicht, welches er mir gegeben hat, und beständig dabeigeblieben ist? Es sollen darum die Kirchendiener kein Rohr sein, die sich vom Winde hin und her treiben und bewegen lassen, sondern die himmlische Wahrheit beständig lehren. Und sollen die Zuhörer sich auch nicht von einem jeden Wind der Lehre und treiben lassen, sondern bei der einmal erkannten Wahrheit immer beharren {Eph 4}.

25. Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet ihr einen Menschen sehen in weichen Kleidern? Seht, die in herrlichen Kleidern und Lüsten leben, die sind in den königlichen Höfen.

Zu sehen: In der Wüste, wo ihr dem Johannes nachgelaufen seid.

Weichen: Zarter und köstlicher als Seide, Samt und dergleichen. Aber ihr habt an Johannes solches nicht gefunden, der solche Pracht geachtet hätte, davon die Welt so viel hält. Oder der den Lüsten des Fleisches nachgegangen wäre, sondern er hat ein hartes und strenges Leben geführt und mit einer Kleidung von Kamelhaaren sich begnügen lassen, auch eine einfache Speise zu sich genommen, wie Heuschrecken und wilden Honig. Darum, weil ihr Juden sonst auf ein solches Leben viel zu halten pflegt, so sollte es richtig viel bei Johannes gelten, dass ihr seinem Zeugnis glaubt. Obwohl nun die Kirchendiener zu solchem strengen Leben, wie es Johannes der Täufer geführt hat, nicht verbunden sind. Auch weder Christus noch die Apostel es ihm nachgetan haben, so sollen sie doch ein mäßiges Leben führen, sich befleißigen und genügen lassen, dass sie die Kirche Gottes mit Überdruss in der Speise und Kleidung nicht ärgern.

26. Oder was seid ihr ausgegangen zu sehen? Wolltet ihr einen Propheten sehen? Ja, ich sage euch, der da mehr ist denn ein Prophet.

Mehr ist: Ihr habt mehr als einen gewöhnlichen Propheten gesehen und gehört, da ihr zu Johannes hinausgegangen sei.

27. Er ist‘s, von dem geschrieben steht: Siehe, ich sende meinen Engel vor deinem Angesicht her, der da bereiten soll deinen Weg vor Dir.

Geschrieben steht: Im Propheten Maleachi im 3. Kapitel.

Ich: Spricht Gott der Vater zu seinem eingeborenen Sohn.

Bereiten: Er soll mit seinen Predigten die Leute aufmuntern, dass sie Buße tun, und später Dich, ihren Erlöser, mit Freuden aufnehmen. Wir sehen hier, wie Christus seine Lehre mit Zeugnissen der Schrift bestätigt, welches von allen reinen Lehren der Kirche auch so geschehen soll. Man muss aber die Leute mit der Predigt des Gesetzes vorbereiten, auf dass sie ihre Sünden erkennen, und den Versöhner selbst, Christus, mit Willen annehmen.

28. Denn ich sage euch, dass unter denen, die von Weibern geboren sind, ist kein größerer Prophet als Johannes der Täufer; der aber kleiner ist im Reich Gottes, der ist größer denn er.

Kein größerer: Denn obwohl vorher vortreffliche Propheten gelebt haben, so übertrifft sie dieser doch weit, weil von diesem Propheten oder Lehrer etliche andere Propheten, wie Jesaja, Maleachi und weitere geweissagt haben. Dieser ist auch ein Vorbild des berühmten Propheten Elias gewesen. Und was das Allergrößte und Vornehmste ist, so haben die vorigen Propheten von dem über etliche tausend Jahre zukünftigen Messias geweissagt. Dieser aber hat gelehrt, dass der Messias gegenwärtig vorhanden ist. Auf diesen hat er auch mit dem Finger gezeigt und hat den Messias getauft, welche Ehre keinem der anderen Propheten jemals widerfahren ist. Je größere Ehre und Würde nun Johannes der Täufer hat, so viel gültiger wir seinem Zeugnis von Christus beachten sollen.

Kleiner: Nämlich, ich, der ich bisher im Predigtamt für geringer gehalten worden bin, als Johannes der Täufer, weil die einfachen Leute ihn wegen seines strengen Wandels mir eine Zeit vorgezogen haben, bin größer als er. Denn ich bin der Herr und Sohn Gottes, er aber ist Gottes Knecht: Er ist um meinetwillen gekommen, und nicht ich um seinetwillen. Diese kurze Erinnerung hat Christus darum hinzusetzen wollen, auf dass Johannes nicht höher als Christus gehalten würde. Wir sollen darum die Heiligen ehren und hochheben, dass wir sie dennoch Christus unseren Erlöser nicht gleich schätzen. Wir sollen aber dem Glauben der Heiligen an Christus folgen, wie auch ihren unsträflichen Wandel und Geduld im Kreuz von ihnen lernen.

29. Und alles Volk, das ihn hörte, und die Zöllner gaben Gott recht und ließen sich taufen mit der Taufe des Johannes.

Und: Weil der Evangelist Johannes des Täufers gedacht, so tut er daneben kurz die Meldung, mit was für Nutzen und Fortgang Johannes der Täufer gelehrt hat, bevor er von Herodes ins Gefängnis geworfen wurde.

Ihn hört: Nämlich, Johannes, wie er predigte und die Leute zur Buße ermahnte.

Recht: Dass sie ihre Sünden bekannten, damit sie ewiger Schmach und Verdammnis verdient hätten, und gaben Gott allein das Lob der Gerechtigkeit, Heiligkeit, Güte und Gnade, von dem sie ohne ihr Verdienst zu Gnaden aufgenommen würden, Vergebung der Sünden und ewiges Leben erlangten, und haben zur Bestätigung ihres Glaubens sich von Johannes taufen lassen, welche darum sich vor Gott demütigen, und bekennen, dass sie die Hölle verdient haben, glauben aber, dass sie allein durch die Barmherzigkeit Gottes selig werden, die geben Gott seine Ehre. Aber die Heuchler, welche meinen, sie wollen durch ihre eigenen Verdienste gerecht werden, verachten Gottes Güte und lästern den Mittler Christus.

30. Aber die Pharisäer und Schriftgelehrten verachteten Gottes Rat wider sich selbst und ließen sich nicht von ihm taufen.

Verachteten: Denn sie waren so stolz und aufgeblasen, dass sie meinten, sie bräuchten das Predigtamt Johannes nicht, welches doch aus Gottes allerweisestem Rat zu der Menschen Seligkeit eingesetzt war. So überredeten sie sich selbst, dass sie keine Buße nötig hätten, weil sie voller Heiligkeit und guter Werke steckten, begehrten auch nicht den Empfang der Taufe des Johannes zur Vergebung ihrer Sünden, wollten auch nicht gewiss werden, weil sie ihre Sünden, die sie begangen hatten, mit Opfern und vielen pharisäischen Handlungen (wie z.B. Waschungen) längst nach ihrer Meinung getan hätten. Aber sie haben das Predigtamt Johannes verachtet gegen sich selbst, das heißt, mit ihrem großen Schaden und Verlust der ewigen Seligkeit. Welche heutigentags das Predigtamt des Evangeliums verachten und den Gebrauch der Sakramente, wie sie von Christus eingesetzt wurden, versäumen, die verachten auch Gottes Rat gegen sich selbst. Denn das ist Gottes Rat, dass die Menschen mit dem Wort des Evangeliums erleuchtet, und durch die Taufe wiedergeboren werden, auch mit dem Sakrament des Abendmahls ihren Glauben stärken, auf dass sie die ewige Seligkeit erlangen. Wer solche Mittel, so von Gott selber eingesetzt sind, verachtet, der verachtet seine Seligkeit.

31. Aber der Herr sprach: Wem soll ich die Menschen dieses Geschlechts vergleichen, und wem sind sie gleich?

Aber: Jetzt wendet sich der Evangelist wiederum zu der Predigt Christi, die er von der Person und dem Predigtamt Johannes des Täufers zum Volk gehalten hat, und führt sie zum Ende. Es schimpft aber Christus heftig auf die diejenigen, welche weder durch Johannes des Täufers, noch seine (Christi) Predigten bis daher sich dahin bewegen lassen, dass sie wahrhaftig Buße getan hätten. Davon auch im 2. Kapitel Matthäus geschrieben steht.

32. Sie sind gleich den Kindern, die auf dem Markt sitzen und rufen gegeneinander und sprechen: Wir haben euch gepfiffen, und ihr habt nicht getanzt; wir haben euch geklagt, und ihr habt nicht geweint.

Nicht geweint: Die Meinung dieser Worte ist: Die Kinder, so auf den Gassen müßig sind und spielen, pflegen zusammen einen solchen Gesang zu singen, darin der Menschen Halsstarrigkeit beschuldigt wird, dass man sie weder mit traurigen noch mit fröhlichen Sachen zur Verbesserung des Lebens bringen kann. Dieser Gesang reimt sich auf die widerspenstigen Leute sehr gut.

33. Denn Johannes der Täufer ist gekommen und aß nicht Brot und trank keinen Wein, so sagt ihr: Er hat den Teufel.

Keinen Wein: Sondern behalf sich mit Heuschrecken und wildem Honig, und löschte den Durst mit Wasser, also, dass ihr nicht klagen könnt, dieser Lehrer wäre in zeitlichen Wolllüsten ergeben. Denn es hätte keiner ein so strenges Leben führen mögen, als er geführt hat. Aber was hat er damit bei euch ausgerichtet? Natürlich nichts anderes, denn da ihr sprecht: Der Mensch ist nicht ganz bei Sinnen, sondern wird vom Teufel getrieben, dass er hinaus in die Wüste läuft, und dort viel lieber in der Einöde unter den wilden Tieren sich aufhält, als dass er unter guten Leuten, Pharisäern und Schriftgelehrten umginge.

34. Des Menschen Sohn ist gekommen, isst und trinkt, so sagt ihr: Siehe, der Mensch ist ein Fresser und Weinsäufer, der Zöllner und Sünder Freund.

Und trinken: Er braucht Speise und Trank wie andere Leute, geht auch zu Gastmahlen und Hochzeiten und hält sich gegen jedermann freundlich.

Freund: Ein solcher, der auch mit den allerschlechtesten Menschen umgeht. Daraus ist leicht zu erkennen, wer er sein muss. Dies sind (spricht Christus), eure Lästerungen, damit ihr mein und Johannes des Täufers Predigtamt in boshafter Weise schändet und verlästert. Darum hat Gott damals zugleich die zwei allerbesten Lehrer in die Welt gesendet, welche beide einerlei Lehre geführt haben, aber eine unterschiedliche Weise zu leben gehalten, waren aber doch beide die Allerheiligsten. Welches darum geschehen ist, auf dass die Juden keinen Grund oder eine Entschuldigung ihres Lebens vorzuwenden hätten. Denn wenn einem des Johannes strenges Leben nicht gefällt, so konnte er Christus den Allersanftmütigsten und Freundlichsten hören. Wollte den einem Christi so gewöhnlicher Wandel anfangs nicht zusagen, so konnte er Johannes den Täufer hören, der ein abgesondertes und hartes Leben führte. Aber die sturen und widerspenstigen Leute haben sich weder des einen noch des anderen bedacht. Darum soll man nicht die Gedanken schöpfen, dass man irgendwann einmal solch einen Lehrer finden könnte, der jedermann gefiele, ob sie wohl beide im Wandel und in der Lehre unsträflich waren. Denn die Gottlosen denken sich immer mit großem Fleiß etwas aus, damit sie ihre Bosheit und Halsstarrigkeit beschönigen. Aber solche Entschuldigungen werden einmal vor Gottes Gericht nicht bestehen können.

35. Und die Weisheit muss sich rechtfertigen lassen von allen ihren Kindern.

Kindern: Welches ja ein verdammlicher Handel ist, dass ich, als der Sohn Gottes und des himmlischen Vaters ewige Weisheit, der durch den die Welt erschaffen wurde {Spr 8}, muss gerechtfertigt, beschimpft und gelästert werden, von denen, die mich als einen gütigen Vater mit aller Ehrerbietung annehmen und hören sollten. Hier hat man zu merken, dass Christus die Weisheit des Vaters ist, dadurch alles erschaffen wurde {Joh 1}. Darum ist Christus nach seiner Gottheit keine Kreatur, sondern der Schöpfer und ewiger Gott, eines Wesens mit dem Vater. Weil aber der Sohn Gottes der Menschen böse Nachreden nicht hat entledigt sein können, wie viel weniger werden wir uns desgleichen nicht entledigen können, ganz gleichwie wir uns verhalten. Und sind die, so in vornehmen Ämtern sitzen, besonders solchem Unheil unterworfen, dass ihnen von den Leuten übel nachgeredet wird, aber sie müssen sich durch der Menschen Bosheit und Undankbarkeit nicht lassen abschrecken, dass sie nicht treu in ihrem Amt fortfahren wollten, und sollen die Belohnung von Gott erwarten.

36. Es bat ihn aber der Pharisäer einer, dass er mit ihm äße: Und er ging hinein in des Pharisäers Haus und setzte sich zu Tische.

Es: Jetzt folgt eine sehr denkwürdige Geschichte von einer sündigen Frau, die sich zu Christus bekehrt hat.

Äße: Und hat ihn ohne Zweifel darum geladen, dass der Pharisäer sich erkundigte, was Christus reden oder tun würde, auch, dass er begehrte, ihm eine Ehre zu erweisen, denn dass er dem Herrn Christus nicht gut gewogen gewesen ist, liest man aus dem Folgenden. Denn es stellen sich auch die Heuchler häufig freundlich und gut gegen die rechten Lehrer.

Setzte sich: Denn man mag wohl mit denen essen, die in der Religion mit uns nicht einig sind, doch soll man sich hüten, dass wir gegen die Wahrheit denen nicht zu gefallen reden, die uns zu Gast geladen haben.

37. Und siehe, ein Weib war in der Stadt, die war eine Sünderin. Da die vernahm, dass er zu Tische saß in des Pharisäers Hause, brachte sie ein Glas mit Salben

Sünderin: Eine öffentliche, bekannte und berüchtigte Frau, von welcher etliche die Meinung hatten, dass es Maria Magdalena gewesen ist. Und war im jüdischen und galiläische Land die Zucht und Ehrbarkeit sehr in Verruf gekommen. Indem sie das Gesetz nicht beachteten {3Mos 23}. Es soll keine Hure sein unter den Töchtern Israel und kein Wucher unter den Söhnen Israel. Und ist es noch heutigentags zu beklagen, dass durch die Bischöfe und weltlicher Obrigkeit Fahrlässigkeit es so gekommen ist, dass im Christentum (unter dem Katholiken) an etlichen Orten öffentliche Hurenhäuser geduldet werden, als Schulen der Unzucht.

Salben: Denn die orientalischen Völker brauchten gern gute riechende Salben und Öle.

Nach Luther: Das heißt, mit köstlichem Wasser.

38. und trat hinten zu seinen Füßen und weinte und fing an, seine Füße zu netzen mit Tränen und mit den Haaren ihres Haupts zu trocknen; und küsste seine Füße und salbte sie mit Salben.

Hinten zu: Weil sie vor Furcht und Scham Christus nicht ins Gesicht sehen durfte.

Tränen: Dass sie über ihre Sünden herzliche Reue und Leid trug, und diese auch mit ernst beweinte, glaubte aber doch an den Messias, dass sie von ihm und durch ihn Vergebung der Sünden bekommen würde, zweifelte auch nicht, wenn sie die Lossprechung der Sünden von ihm hörte, dass sie auch im Himmel von allen ihren Sünden würde frei sein. Denn nachdem diese sündige Frau Christi Predigten gehört und seine Wunderwerke gesehen hat, ist sie in sich gegangen und hat ein großes Missfallen über ihr bisher geführtes unordentliches Leben gehabt, welches sie mit ihren Tränen bezeugt, in der ungezweifelten Hoffnung und Zuversicht, sie würde Trost von ihm empfangen. Denn es war überall bekannt, wie freundlich Christus mit den bußfertigen Sündern umging. Darum soll man an den Sündern nicht verzagen, wenngleich sie sehr übel gelebt haben. Denn große Sünder, große Reuer. Es sehen ihn aber die Sünder dann am allerbesten, wenn sie ihre Sünden erkennen, bereuen und mit einem Vorsatz der Besserung aus Glauben zu ihrem Erlöser Christus fliehen und glauben, dass er um seinetwillen ihnen alle Sünden verzeihen werde.

39. Da aber das der Pharisäer sah, der ihn geladen hatte, sprach er bei sich selbst und sagte: Wenn dieser ein Prophet wäre, so wüsste er, wer und welch ein Weib das ist, die ihn anrührt; denn sie ist eine Sünderin.

Sünderin: Eine öffentliche Hure, welche man bei einer ordentlichen Mahlzeit nicht dulden sollte. Denn es hat dem Pharisäer sehr übel verdrossen, dass Christus dieses schamlose Weib nicht von sich gestoßen hatte, und er dadurch dachte, dass dieser kein Prophet sein könnte, welcher im Geist dieses schamlose Weib nicht erkennen konnte, dass mit so vielen Lastern besudelt wäre. Es sah aber der gottlose Heuchler die Buße nicht in des Weibes Herzen. Heutigen Tages sündigen ihrer viel in gleichen Fällen sehr schrecklich, besonders aber die Wiedertäufer, welche, wenn sie sehen, dass einer gefallen ist, so verdammen sie ihn schnell und denken nicht, dass er vielleicht noch am gleichen Tage, da er gesündigt, mit Tränen von Gott Vergebung bekommen hat. Sie verdammen aber nicht nur mit großem Mutwillen und Frevel die Personen, deren Übertretungen sie gesehen, sondern auch die ganze Kirche darin solche Übertreter geduldet werden, und das Abendmahl, wenn sie sich zur Buße bekennen, ihnen gereicht wird. Solche heuchlerischen Wiedertäufer können wir mit diesen pharisäischen Heuchlern vergleichen.

40. Jesus antwortete und sprach zu ihm: Simon, ich habe Dir etwas zu sagen. Er aber sprach: Meister, sage an!

Antwortete: Auch des Pharisäers Gedanken, die er ihm mit einem ordentlichen Gleichnis widerlegt. Denn es sind Christus auch der Menschen Gedanken bekannt, weil er ein Herzenskundiger ist.

Sage an: Was Du willst. Hierauf redet Christus folgende Worte.

41. Es hatte ein Wucherer zwei Schuldner. Einer war schuldig fünfhundert Groschen, der andere fünfzig.

42. Da sie aber nicht hatten zu bezahlen, schenkte er es beiden. Sage an, welcher unter denen wird ihn am meisten lieben?

43. Simon antwortete und sprach: Ich achte, dem er am meisten geschenkt hat. Er aber sprach zu ihm: Du hast recht gerichtet.

44. Und er wandte sich zu dem Weibe und sprach zu Simon: Siehst Du dies Weib? Ich bin kommen in dein Haus, Du hast mir nicht Wasser gegeben zu meinen Füßen; diese aber hat meine Füße mit Tränen genetzt und mit den Haaren ihres Haupts getrocknet.

Dies Weib: Als wollte er sprechen: Lieber betrachte, wie viel mehr diese Sünderin mich, als ihren Messias und Erlöser, der ich ihre Sünden vergebe, liebe, als Dich der Du Dich so heilig zu sein hältst.

Kommen: Nicht für mich selber, sondern weil Du mich zu Gast geladen hast.

Füßen: Und hast Du die Höflichkeit gegen mich nicht gebraucht, die sonst in diesem Lande gebräuchlich ist, dass Du mir, die Füße hättest waschen lassen vor dem Essen.

45. Du hast mir keinen Kuss gegeben; diese aber, nachdem sie hereingekommen ist, hat sie nicht abgelassen, meine Füße zu küssen.

Keinen Kuss: Wie es sonst in diesem Lande Brauch ist, dass man gute Freunde mit einem Kuss zu empfangen pflegt.

46. Du hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt; sie aber hat meine Füße mit Salben gesalbt.

Haupt nicht: Welches man doch bei köstlichen Mahlzeiten zu tun pflegt.

47. Darum sage ich Dir: Ihr sind viel Sünden vergeben, denn sie hat viel geliebt. Welchem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig.

Vergeben: Von mir, von Gott. Denn obwohl sie sehr schwer gesündigt hat, so verzeihe ich doch alle ihre Sünden, weil sie Buße tut, und mich viel geliebt hat.

Liebt wenig: Darum, weil dieses Weib große Liebe bezeugt, dass ihr alle Sünden vergeben sind, wer bist denn Du, dass Du in Deinem Herzen darfst diese Frau die Sünden böse aufdrücken? Denn man soll denen ihre Misshandlungen nicht vorwerfen, welche durch wahre Buße Verzeihung von Gott bekommen haben. Die Katholiken sind nicht ganz bei Sinnen, dass sie aus diesen Worten Christi schließen, unsere Liebe sei die Ursache, um welcher Willen uns Gott die Sünde vergebe, da doch dieser ganze Text dagegen ist und ausdrücklich bezeugt. Unsere Liebe ist nicht die Ursache, sondern ein Werk, dass sie auf die Vergebung der Sünden folgt. Denn wir lieben Gott, weil uns unsere Sünden bereits vergeben sind, und lieben nicht, dass sie uns vergeben werden.

48. Und er sprach zu ihr: Dir sind Deine Sünden vergeben.

Vergeben: Denn obwohl dieser Frau in Wahrheit bereits vor Gott die Sünden vergeben waren, welches sie auch in ihrem Herzen geglaubt, obwohl solcher Glaube noch schwach gewesen ist; so hat doch Christus mit seiner Absolution ihren Glauben stärken und bestätigen wollen. Also, obwohl kein Zweifel ist, dass allen bußfertigen Sündern, die an Christus glauben, ihre Sünden bei Gott bereits geschenkt und nachgelassen sind, so sollen wir doch auch, wenn es geschehen kann, die Absolution von einem Kirchendiener anhören, auf dass unser Glaube mehr gestärkt werde. Denn wir haben von dieser Sache eine ganz holdselige und tröstliche Verheißung des Herrn Christi: Welchen ihr die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben (Johannes im 20. Kapitel).

49. Da fingen an, die mit ihm zu Tisch saßen, und sprachen bei sich selbst: Wer ist dieser, der auch die Sünden vergibt?

Saßen: So ohne Zweifel auch viele Pharisäer und Schriftgelehrten gewesen sind.

Vergibt: Welches Gott allein zusteht: Warum misst sich denn dieser Mensch selbst eine göttliche Gewalt zu? Solche pharisäischen Lästerer sind auch heutigentags, welche leugnen, dass Christus, auch nach seiner Menschheit, Macht hat, auf Erden die Sünden zu vergeben. Die sind in ihrem Herzen rechte Splitterrichter. Denn sie teilen die Wirkungen in Christus und haben nicht bedacht, dass die göttliche und menschliche Natur in Christus nur eine Person ist.

50. Er aber sprach zu dem Weibe: Dein Glaube hat Dir geholfen; gehe hin mit Frieden!

Geholfen: Weil Du geglaubt hast, dass ich, als der Messias, Dir die Sünde verzeihen werde, so hast Du Vergebung der Sünden bekommen, und Deiner Seelen Rat geschafft.

Mit Frieden: Sei guten Mutes und in deinem Gewissen ruhig. Denn Gott wird deiner Sünde nicht mehr gedenken. Wer darum an Christus wahrhaftig glaubt, der bekommt Vergebung aller seiner Sünden. Denn also spricht Petrus von Christo: Diesem geben alle Propheten Zeugnis, das in seinen Namen Vergebung der Sünden erfolgen soll, allen, die an ihn glauben {Apg 10}. Wenn uns darum die Sünden vergeben wurden und wir die Absolution bereits gehört haben, so sollen wir uns vom Satan in unserem Gewissen nicht irremachen lassen, wenn er uns unsere Sünden vorwerfen wollte, sondern ihn zum Abgrund der Hölle von uns weisen. Denn Christus hat zu der bußfertigen Sünderin, ja, auch zu allen bußfertigen Sündern gesagt: Gehe hin mit Frieden.


Das 8. Kapitel

  • Etliche gottselige Frauen tun Christus und seinen Jüngern Handreichung von ihren Gütern. Christus bringt ein Gleichnis vom Samen, der nicht überall Frucht trägt, und legt es aus. Erinnert auch die Kirchendiener mit dem Gleichnis vom Licht, so es auf dem Leuchter gestellt wird, dass sie ihr Amt richtig verrichten sollen. Zeigt danach an, welche er für seine Mutter und Brüder erkennt. Gebietet dem Meer und Wind, dass sie müssen still sein. Treibt aus einem besessenen Menschen eine Legion Teufel. Die Gardarener wollen Christus nicht haben. Er macht ein Mädchen lebendig und hilft einer blutflüssigen Frau bei ihrer Krankheit.

1. Und es begab sich danach, dass er reiste durch Städte und Märkte und predigte und verkündigte das Evangelium vom Reich Gottes, und die Zwölf mit ihm,

Reich Gottes: Das allen Bußfertigen offenstände, wenngleich sie mit noch so großen Sünden Gott beleidigt hätten. Wir sehen hier, wie Christus sich nicht geschont hat, damit er sein Amt gebührend ausrichte. Diesen Fleiß sollen wir in unserem Beruf auch lernen. Man soll aber Gottes Güte erkennen und rühmen, dass er die verlorenen Schafe mit dem Predigtamt sucht, welche sonst niemals selbst wieder zu dem Schafstall Christi kommen könnten. Und sollen wir auch mit Fleiß machen, auf dass wir die Irrenden wiederum zurechtbringen. Man soll weiter auch beachten, dass Christus sein geistliches Reich nicht mit Waffen, sondern mit dem Predigtamt eingenommen hat.

Zwölf: Nämlich, die zwölf Apostel, welche zum einen Teil Fischer, zum anderen Teil Zöllner gewesen waren, gaben ihm das Geleit.

2. dazu etliche Weiber, die er gesund hatte gemacht von den bösen Geistern und Krankheiten, nämlich Maria, die da Magdalena heißt, von welcher waren sieben Teufel ausgefahren,

3. und Johanna, das Weib Chusas, des Pflegers des Herodes, und Susanna und viel andere, die ihm Handreichung taten von ihrer Habe.

Viel andere: Unter denen die vorgenannten ohne Zweifel bekannt gewesen waren.

Taten: Auf dass sie sich auch dankbar erzeigten für die Wohltaten, so sie von Christus empfangen hatten. Wir sollen Gott auch dankbar sein für so viele und große göttliche Guttaten, die er uns erzeigt hat, und dem Predigtamt reichlich nach unserem Vermögen behilflich sein. Denn wer einen Propheten aufnimmt in eines Propheten Namen, der wird eines Propheten Lohn empfangen {Mt 10}. Auch sollen wir den Armen zu Hilfe kommen. Denn Christus wird an jenem Tage sagen, was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan {Mt 25}. Es hat aber Christus von diesen Frauen seinen Unterhalt angenommen, auf dass er lehrte, wie es richtig sei, dass die, so dem Predigtamt vorstehen, vom Predigtamt leben sollen {1Kor 9}. Und welche ihr Amt in ihrem Beruf treu verrichten, die versorgt Gott mit Speise und Nahrung.

4. Da nun viel Volks beieinander war und aus den Städten zu ihm eilte, sprach er durch ein Gleichnis:

Gleichnis: Was es für eine Ursache mit dem Predigtamt in dieser Welt hätte. Denn weil Christus viele und mancherlei Zuhörer gehabt hat, da er das Evangelium gelehrt, und ohne Zweifel ihrer viel der evangelischen Lehre missbraucht haben zu der Freiheit des Fleisches, so hat Christus mit einem seiner Gleichnisse solchem Ärgernis begegnen wollen, welches daher entsteht, dass etliche aus dem Evangelium nicht gebessert, sondern häufig nur ärger werden, und lehrt, dass die Schuld nicht des Samens, des Wortes Gottes ist, sondern der Menschen Herzen, welche die himmlische Lehre nicht recht annehmen wollen. Dieses Gleichnis mit derselben Erklärung findet man auch bei Matthäus im 13. und bei Markus im 4. Kapitel.

5. Es ging ein Sämann aus, zu säen seinen Samen; und indem er säte, fiel etliches an den Weg und ward vertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen es auf.

Sämann: Weil Christus dieses Gleichnis später selber auslegt, wollen wir uns hier die Auslegung ersparen.

6. Und etliches fiel auf den Fels; und da es aufging, verdorrte es, darum dass es nicht Saft hatte.

Saft: Daher es sollte befeuchtet werden, und also wachsen, darum es auch ohne Frucht geblieben ist.

7. Und etliches fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten es.

8. Und etliches fiel auf ein gutes Land; und es ging auf und trug hundertfältige Frucht. Da er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre!

Höre: Das heißt: Wer die Gabe von Gott hat, dass er fassen und verstehen kann, was ich sage, der mag wohl gut darauf achthaben, dass er es behalte. Denn man soll in Anhörung des göttlichen Wortes nicht schläfrig sein.

9. Es fragten ihn aber seine Jünger und sprachen, was dieses Gleichnis wäre.

10. Er aber sprach: Euch ist‘s gegeben, zu wissen das Geheimnis des Reichs Gottes; den andern aber in Gleichnissen, dass sie es nicht sehen, ob sie es schon sehen, und nicht verstehen, ob sie es schon hören.

Schon hören: Diese Worte Christi muss man recht ansehen und bedenken: Denn Christus hat zweierlei Hörer. Die Ersten sind, welche sich lehren lassen und die himmlische Wahrheit lieb haben. In welcher Gruppe nicht nur die Apostel, sondern auch andere gottselige zu rechnen sind, welche Christus mit Fleiß und aus einem herzlichen Verlangen nach der ewigen Seligkeit zugehört haben. Diese, obwohl sie nicht so bald die Erklärung der Gleichnisse von Christus gehört, so haben sie doch solche später von den Aposteln lernen können. Die anderen Zuhörer hat der Vorwitz dahin getrieben, dass sie Christi Predigten angehört hatten, haben aber ihre Seligkeit mit keinem rechten Ernst angenommen. Diese haben zwar die Gleichnisse Christi gehört, aber sie weder verstanden, noch zu verstehen begehrt. Darum es aus gerechtem Urteil Gottes geschehen ist, dass sie in Anhörung des göttlichen Wortes keinen Verstand daraus geschöpft haben, und ebenso viel gewesen, als wenn sie es nicht gehört hätten. Besonders sie auch seine Wunderwerke gesehen, und dennoch nicht geglaubt, dass dieser Jesus der versprochene Messias und Heiland der Welt wäre. Darum es ebenso viel war, als wenn sie nichts gesehen hätten, denn sie sahen es, und sahen es doch nicht richtig. Und zwar, wie es mit den meisten Teil der Zuhörer Christi so beschaffen gewesen ist, lehrt eben dieses Gleichnis, nämlich, dass sie gottlos und verrucht gewesen sind, welches, da der Herr Christus leiden und sterben soll, sich wohl gezeigt hat, als sie mit großem ungestüm geschrien haben: Kreuzige, kreuzige ihn. Welche darum die himmlische Wahrheit nicht von Herzen lieben, dass sie selig werden, die werden aus dem gerechten Urteil Gottes in einen verkehrten Sinn gegeben, dass sie die Wahrheit nicht erkennen oder verstehen, sondern sich in Irrtümer verwickeln und verderben {2Thes 2}.

11. Das aber ist das Gleichnis (so müsst ihr es Verstehen) das Wort Gottes.

Wort Gottes: Wenn darum das Wort Gottes gepredigt wird, so wird ein geistlicher Same ausgestreut. Denn man soll den Zuhörern keine menschlichen Träume, sondern Gottes Worte in den Predigten vorbringen. Was geschieht aber, wenngleich das Wort Gottes rein gepredigt wird? Da geht es sehr ungleich zu, wie aus dem Folgenden zu sehen ist.

12. Die aber an dem Wege sind, das sind, die es hören; danach kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihrem Herzen, auf dass sie nicht glauben und selig werden.

Nicht glauben: Denn welche nur allein das Wort, dazu ohne Gedanken, hören, und es nicht zu Herzen fassen oder betrachten wissen, dass sie daraus möchten gebessert werden, die vergessen wiederum, was sie zuvor mit Ohren gehört haben. Darum sollen wir die gehörten Predigten oder auch andere gottselige Erinnerungen wohl zu Herzen nehmen, und auch darüber nachdenken, auf dass der Teufel uns das Wort nicht wieder aus dem Herzen und Gedanken reißt.

13. Die aber auf dem Fels sind die: Wenn sie es hören, nehmen sie das Wort mit Freuden an. Und die haben nicht Wurzel: Eine Zeit lang glauben sie und zu der Zeit der Anfechtung fallen sie ab.

Freuden an: Die evangelischen Predigten gefallen ihnen wohl, weil sie so holdselig sind, und dem Ansehen nach ein freies Leben mit sich bringen.

Nicht Wurzel: Das Wort Gottes wurzelt nicht tief ein in ihren Herzen, darum sie nur eine Zeit lang sich zum christlichen Glauben bekennen.

Sie ab: Und bleiben in den Anfechtungen und Verfolgungen nicht beständig. Solche sind, die der Tyranerei überdrüssig geworden sind, und das Evangelium Christi mit freudigen Herzen aufnehmen, damit sie die christliche Freiheit teilhaftig sein mögen, und so die mörderischen Plagen der Gewissen loswerden, die im Papsttum gewesen sind. Diese versprechen ihnen lauter Glück bei dem Evangelium und bereiten sie nicht darauf vor, dass sie bei dem Evangelium Verfolgungen ausstehen müssen. Wenn ihnen dann später das Gegenteil begegnet, dass sie an Leib und Gütern darüber in Gefahr kommen, so lassen sie das Evangelium fahren. Aber ein Christ soll die Trübsal zu leiden bereit sein, sonst wird er nicht bestehen.

14. Das aber unter die Dornen fiel, sind die, so es hören und gehen hin unter den Sorgen, Reichtum und Wollust dieses Lebens und ersticken und bringen keine Frucht.

Hören: Und denken ihm auch eine Weile nach, also dass es ein wenig in ihnen wurzelt, bringen aber doch nicht Frucht.

Gehen hin: Auf dem breiten Weg, der zum Verderben führt.

Ersticken: Wie ein Same, der unter Dornen aufwächst. Denn welche nicht besonders und zuerst danach trachten, dass sie das ewige Leben erlangen, und Gott in ihrem Beruf treu dienen mögen, die verwickeln sich allmählich in die Sorgen dieser Welt, und hängen ihr Herz an den Reichtum, welchen sie zu sehr lieben, vertiefen sich auch in den Wolllüsten so, dass sie die in ihnen angefangene Frömmigkeit nicht allein allmählich nachlässt, sondern auch völlig verlöscht. Darum sollen wir für das Zeitliche so sorgen, dass wir darüber das Ewige nicht verlieren: Und macht das der irdischen Freude so weit nachhängen, dass wir der himmlischen dabei nicht vergessen. Wenn uns auch Reichtum zufällt, sollen wir mit dem Herzen nicht daran kleben, sondern in der Furcht Gottes beständig verharren, auf dass der Same des göttlichen Wortes unter solchen Dornen nicht erstickt.

15. Das aber auf dem guten Lande sind, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld.

In Geduld: Denn welche das Wort Gottes mit reinem Herzen hören, auf dass sie Gott recht erkennen, in der Gottseligkeit ehren und des ewigen Lebens teilhaftig werden möchten, die suchen zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und lassen die anderen weltlichen Sorgen für diese gottselige Sorgfalt zurück, lieben auch die zeitlichen Güter und Wolllüsten nicht mehr als Gott ihren Herrn. Darum bringen sie vielfältige gute Früchte und tun täglich viele gute Werke, weil sie all ihr Tun zu Gottes Ehre und des Nächsten Wohlfahrt richten. So sind auch immer etliche fruchtbarer als andere, nach den Gaben, die sie empfangen haben, und nach der Gelegenheit eines jeden Berufes, darin er lebt. Es wird aber von ihnen gesagt, dass sie in Geduld Frucht bringen, weil einem Christen vielfältige Geduld sehr nötig tut, damit er durch die Anfechtungen, Bosheit, und Undankbarkeit gottloser Leute von der wahren Gottseligkeit sich nicht abtreiben lässt. Auf dass wir darum in Geduld bei der wahren Gottseligkeit beständig verharren, so sollen wir das Wort Gottes, welches vielfältigen Trost in sich fasst, fleißig hören und des Herrn Abendmahl oft, aber doch würdig gebrauchen. Obwohl nun zu Anfang, wenn das Evangelium gepredigt wird, etliche noch kein gutes Land sind, so ist es doch Gott nicht unmöglich, dass er daraus ein gutes Land machen kann. Denn er kann einen harten Weg mit dem Fluch des Gesetzes im Gewissen so stürzen, dass ein solcher Mensch das Evangelium annimmt und behält. Er kann den harten Fels mit dem Hammer seines Wortes zerschlagen und mit seinem Heiligen Geiste befeuchten, dass er ein fruchtbares Land werde. Er kann auch die Dornen der Sorgen dieser Welt, des Reichtums, und der Wollüste, der schweren Anfechtungen, der Verluste zeitlicher Güter oder Krankheiten also ausreißen, dass der gute Same nicht mehr erstickt wird. Daneben aber, wenn wir sehen, dass bei dem größten Teil der Menschen das gepredigte Evangelium Christi und die Worte nicht Frucht bringen, so sollen wir darum nicht an der Wahrheit der Lehre zweifeln. Denn der Same des göttlichen Wortes ist gut, aber die Schuld müssen wir den Zuhörern zumessen, die den Samen nicht so, wie sie sollten, aufnehmen. Denn dies ist der Zweck, und dahin geht dies Gleichnis, dadurch der Katholiken, Wiedertäufer und Schwenkfelder Irrtum ganz herrlich niedergelegt wird, welche vorgeben, dass wir in unseren Kirchen die reine Lehre nicht haben, weil keine guten Früchte dabei gesehen werden. Indem sie doch auch die Unwahrheit reden. Denn es sind nicht alle unsere Zuhörer böse.

16. Niemand aber zündet ein Licht an und bedeckt es mit einem Gefäß oder setzt es unter eine Bank, sondern er setzt es auf einen Leuchter, auf dass wer hineingeht, das Licht sehe.

Niemand: Diese Erinnerung geht besonders die Kirchendiener an, welche Christus ermahnt, dass sie die Geheimnisse der christlichen Religion mit Fleiß lernen sollen, weil es ihr Amt ist, andere zu lehren. Davon auch Markus im 4. Kapitel schreibt.

Sehe: Und sein genießen können. Denn die Kirchendiener werden in der Heiligen Schrift unterrichtet, nicht in der Meinung, dass nur sie das Geheimnis des Himmelreiches wissen sollen, sondern dass sie anderen den Weg zum ewigen Leben zeigen. Und welche in der Kirche angesehen sind, die sollen sich bemühen, dass sie nicht allein in der reinen Lehre, sondern auch mit einem guten Beispiel des Lebens ihren Zuhörern vorstehen. Es sollen aber alle Christen mit dem Bekenntnis des reinen Glaubens und ehrbaren Wandels leuchten, auf dass die Leute ihre guten Werke sehen, und den Vater im Himmel preisen {Mt 5}. Denn also werden viele dazu gelockt, dass sie die gottselige Lehre annehmen, gleichwie sie wiederum mit Schanden und Lastern vom Evangelium abgeschreckt werden.

17. Denn es ist nichts verborgen, was nicht offenbar werde, auch nichts Heimliches, was nicht bekannt werde und an den Tag komme.

Komme: Dies Sprichwort deutet Christus hier auf sein Vorhaben, als wollte er sprechen: Mein Evangelium ist ein Geheimnis, welches vor der Welt verborgen gewesen (wie Paulus redet). Nun aber offenbart ist seinen Heiligen, welchen Gott gewollt hat kund zu tun, welcher da sei der herrliche Reichtum dieses Geheimnisses unter den Heiden {Kol 1}. Weil darum die Zeit jetzt nötig ist, da die Lehre des Evangeliums, so vor der Zeit verborgen gewesen, soll geoffenbart und nicht allein den Juden, sondern auch den Heiden durch euch öffentlich vorgetragen werden, so ist es nötig, dass ihr diese Lehre lernt, damit ihr sie anderen recht erklären könnt. Denn wer selber nichts Rechtes gelernt hat, der wird andere nicht viel Gutes lehren können. Weil aber auch das alles einmal verborgen war, soll es nun offenbar werden, so sollen wir uns hüten, dass wir nicht Schändliches begehen, in der Meinung, dass wir es verbergen wollten. Denn es werden am Jüngsten Gericht alle Taten und Gedanken aller Menschen offenbar werden, aber derer nicht, welchen ihre Übertretungen vergeben und Sünden bedeckt sind {Ps 32}.

18. So seht nun darauf, wie ihr hört! Denn wer da hat, dem wird gegeben; wer aber nicht hat, von dem wird genommen, auch was er meint zu haben.

So: Christus fährt noch weiter fort, seine Jünger zu ermahnen, dass sie die himmlische Wahrheit fleißig lernen sollen.

Hört: Auf dass ihr meine Worte nicht lasst an euren Ohren vorbeigehen, und sie nicht recht versteht.

Zu haben: Als wollte er sagen: Es ist sonst ein allgemeines Sprichwort, das man den Reichen gibt, und den Armen nimmt, welches auch hier in diesem Handel nicht unrecht geredet ist. Denn wer durch fleißiges Hören und Lernen des göttlichen Wortes, die wahre Erkenntnis Gottes und den Verstand der himmlischen Geheimnisse bekommen hat, dem wird Gott seine Gaben mehren, dass er immer zunehme, und an himmlischen Schätzen reicher werde. Wer aber aus Unachtsamkeit und Fahrlässigkeit wenig oder nichts gelernt hat, der wird auch solches, was er meint, dass er es gelernt habe und wisse, nach und nach verlieren, bis er wiederum in die vorige Finsternis, darin er vor der Zeit gesteckt, aus dem gerechten Urteil Gottes verwickelt werde. So sollen wir darum dahin sehen, dass wir mit fleißigem Beten und Betrachten die Erkenntnisse der göttlichen Geheimnisse in uns vermehren.

19. Es gingen aber hinzu seine Mutter und Brüder und konnten vor dem Volk nicht zu ihm kommen {Mt 12v46 Mk 3v13}.

Brüder: Das heißt: Seine Eltern oder Verwandten, welche der Evangelist nach der Art der hebräischen Sprache Brüder nennt.

Nicht zu: Denn es predigte Christus gerade, als die Verwandten in treffen wollten, und es war zur ungelegenen Zeit, und war die Forderung nicht ohne Sünde des Ehrgeizes gewesen, denn sie den Herrn Christus in seiner Predigt nicht hätten ehren sollen. Wir werden aber bei diesem Beispiel an die Jungfrau Maria erinnert, dass auch heilige Leute den alten Adam noch mit sich herumschleppen und sündigen können, darum müssen sie mit anderen bitten, vergib uns unsere Schuld.

20. Und es ward ihm angesagt: Deine Mutter und Deine Brüder stehen draußen und wollen Dich sehen.

Dich sehen: Und sprechen, begehren darum, dass Du zu ihnen wolltest hinausgehen.

21. Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Meine Mutter und meine Brüder sind diese, die Gottes Wort hören und tun.

Und tun: Er ist also vor Ende der Predigt nicht zu ihnen gegangen. Mit welchem Beispiel Christus doch nicht lehren wollte, dass man die Eltern verachten, und die Verwandten sich nicht annehmen sollte. Sondern dass wir uns durch Eltern, Verwandte oder Freunde von unserem Amt nicht abhalten lassen sollen. Und dient diese Antwort Christi allen denen zum Trost, die dem Evangelium glauben, und aus solchem Glauben ein gottseliges Leben zu führen sich befleißigen, dass sie Christus geistlich verwandt, und deswegen ihm sehr lieb sind. Warum wolltest Du Dir denn nicht alles Gutes zu deinem Bruder Christi versehen, der Dich inniglich lieb hat?

22. Und es begab sich auf der Tage einen, dass er in ein Schiff trat samt seinen Jüngern. Und er sprach zu ihnen: Lasst uns über den See fahren! Sie stießen vom Lande {Mt 8v27}.

23. Und da sie schifften, schlief er ein. Und es kam ein Windwirbel auf den See; und die Wellen überfielen sie, und standen in großer Gefahr.

Überfielen: Also, dass ein starker Wind die Wasserwellen mit solcher Gewalt ins Schiff trieb, dass sie nicht anders meinten, denn es würde das Schiff davon versinken, und müssten sie alle ersaufen. Denn welche mit Christo ins Schiff treten, das heißt, die ihrem Beruf in der Gottseligkeit folgen, die geraten häufig in große Gefahr, werden aber auf wunderbare Weise daraus erlöst.

24. Da traten sie zu ihm und weckten ihn auf und sprachen: Meister, Meister, wir verderben! Da stand er auf und bedrohte den Wind und die Woge des Wassers; und es ließ ab und ward eine Stille.

Verderben: Wenn Du uns nicht zu Hilfe kommst. Denn wir sollen Gott mit unserem Gebet aufwecken, dass er uns in unserer Not zu Hilfe kommt. Und wir denken oft, dass Christus schlafe, wenn es uns übel geht, da er doch weder schläft, noch schlummert, der der Hüter Israels ist {Ps 121}.

Stille: Mit diesem Wunderwerk hat Christus angezeigt, dass er ein Herr des Meeres und der Winde, ja aller Kreaturen ist, und vergewissert uns, dass er schreckliche Unwetter bald stillen kann, und will uns in der Gefahr nicht verlassen.

25. Er sprach aber zu ihnen: Wo ist euer Glaube? Sie fürchteten sich aber und verwunderten sich und sprachen untereinander: Wer ist dieser? Denn er gebietet dem Wind und dem Wasser, und sie sind ihm gehorsam.

Glaube: Warum seid ihr so verzagt? Meint ihr, ich würde es zulassen, dass ihr umkommt? Oder zweifelt ihr an meiner unendlichen Macht, die ihr doch schon so oft gespürt habt? Denn unser Fleisch ist in der Gefahr ganz zaghaft, darum sollen wir unseren Glauben mit dem Gebrauch des heiligen Abendmahls stärken. Damit wir in Widerwärtigkeiten beherzt sein können.

Fürchteten: Weil sie sich über diese schnelle Veränderung des Wetters auf Christi Bedrohung entsetzten.

Ist dieser?: Nicht dass sie, die Jünger, zweifelten, wer Jesus sein möchte, sondern sie rühmten seine Majestät und Allmacht mit Verwunderung, und durch dieses Beispiel in ihrem Glauben umso mehr gestärkt wurden, dass sie in der Erkenntnis Christi zugenommen haben. Denn so oft wir eine Guttat von Gott empfangen, so soll unser Glaube größer werden, dass wir fest glauben, mehr als zuvor. Denn der wahre Glaube hat seine unterschiedlichen Grade, dass er immer zunimmt.

26. Und sie schifften fort in die Gegend der Gadarener, welche ist Galiläa gegenüber.

Und: Jetzt folgt ein anderes großes Wunderwerk, welches auch Markus im 5. Kapitel beschreibt.

27. Und als er austrat auf das Land, begegnete ihm ein Mann aus der Stadt, der hatte Teufel von langer Zeit her und tat keine Kleider an und blieb in keinem Hause, sondern in den Gräbern.

28. Da er aber Jesum sah, schrie er und fiel vor ihm nieder und rief laut und sprach:

Schrie: Nämlich, der Satan, durch den Mund des besessenen Menschen.

Sohn Gottes: Der Satan bekennt hier die Wahrheit, aber nicht in der Meinung, dass er Christ die Ehre begehre zu befördern, sondern viel mehr, dass er ihn verdächtig mache. Darum auch weder Christus noch seine Apostel sein Zeugnis annehmen wollten, sondern haben ihn vielmehr befohlen still zu sein. Denn man soll den Teufel als einen Lügengeist nicht hören, der rede gleich durch Zauberer oder gehe herum in der Gestalt der verstorbenen Seelen. Besonders er immer danach trachtet, wie er uns betrügen und schaden möge.

29. Denn er gebot dem unsauberen Geist, dass er von dem Menschen ausführe; denn er hatte ihn lange Zeit geplagt. Und er war mit Ketten gebunden und mit Fesseln gefangen; und zerriss die Bande und ward getrieben von dem Teufel in die Wüsten.

Geplagt: Und hat ihn angetrieben, dass er sich selber mit Steinen beworfen hat, wie es Matthäus bezeugt im 5. Kapitel. Darum Christus sich über diesen armen Menschen erbarmt hat und die Teufel ausfahren ließ.

Wüste: Und auf den Bergen, wo er sich aufhielt und ein schreckliches Geschrei machte, dass ihn niemand bezwingen konnte. So ist des Teufels Bosheit, dass er diejenigen, welche er in seiner Gewalt hat, dahin treibt, dass sie sich selber beschädigen. Darum sollen wir Gott bitten, dass wir der Tyrannei des Satans nicht unterworfen werden, und unsere Leiber, welche Tempel des Heiligen Geistes sind, rein behalten, auf dass nicht der Geist Gottes um unseren Sünden willen von uns weiche, und der Satan seine Stelle einnehmen.

30. Und Jesus fragte ihn und sprach: Wie heißest Du? Er sprach: Legion. Denn es waren viele Teufel in ihn gefahren.

Legion: Welches der Satan aus dem besessenen Menschen geantwortet hat. Denn er hatte dem Sohn Gottes die Wahrheit bekennen müssen, obwohl er es ungern getan hat. Eine Legion hat bei den Römern nach etlicher Meinung 6000 Leute und 730 Reiter. So müssen wir verstehen, dass eine große Anzahl Teufel in diesem Menschen war. Denn es ist nicht nur ein Engel gefallen, sondern eine unzählige Menge, die zu Teufeln geworden sind. Weil wir also somit viel Feinde haben, die stets danach trachten unserer Wohlfahrt Leiber und Seelen zu vernichten, wie sie uns Schaden zufügen, so sollen wir nicht sicher sein, sondern Gott unsere Seligkeit mit einem inbrünstigen Gebet befehlen und ein gottseliges Leben führen, auf dass nicht unsere Hüter, die heiligen Engel, von uns weichen.

31. Und sie baten ihn, dass er sie nicht hieße in die Tiefe fahren.

Tiefe: In den Abgrund der Hölle, damit sie nicht vor der Zeit darin gequält würden.

32. Es war aber dort eine große Herde Säue auf der Weide auf dem Berge. Und sie baten ihn, dass er ihnen erlaubte, in sie zu fahren. Und er erlaubte es ihnen.

Erlaubte: Denn obwohl der Satan ein sehr mächtiger Feind ist, so hat er doch über kein unvernünftiges Tier Gewalt, viel weniger über einen Menschen, wenn es ihm Gott nicht gestattet.

33. Da fuhren die Teufel aus von dem Menschen und fuhren in die Säue. Und die Herde stürzte sich mit einem Sturm in den See und ersoff.

Ersoffen: Mit dieser Tat wird angezeigt, wie geneigt die Teufel bereit sind, Schaden zu tun, also dass, wenn sie den Menschen nicht können beikommen, dennoch das Vieh zu verderben begehren. Es ließ aber Christus geschehen, dass die Gardearena solchen Verlust und Schaden litten, damit offenbar würde, ob sie eines armen Menschen Wohlfahrt oder ihre Säue höher achteten. Sonst hat Christus keinen Gefallen, wenn die Leute Schaden erleiden.

34. Da aber die Hirten sahen, was da geschah, flohen sie und verkündigten es in der Stadt und in den Dörfern.

35. Da gingen sie hinaus, zu sehen, was da geschehen war; und kamen zu Jesu und fanden den Menschen, von welchem die Teufel ausgefahren waren, sitzend zu den Füßen Jesu, bekleidet und vernünftig; und erschraken.

Füßen Jesu: Aus diesem und dem Folgenden ist zu erkennen, dass dieser Besessene ein frommer Mensch gewesen ist. Und es kann wohl geschehen, dass dem Teufel über eines Menschen Leib Gewalt gegeben wird, da er doch seiner Seele nichts schaden kann, obwohl sie der Vernunft und des Verstandes eine Zeit lang beraubt sind. Wenn darum die besessenen oder auch wahnsinnigen Leute etwas Böses reden oder tun, so ist es ihnen nicht zuzurechnen. Denn der Glaube kann durch den Heiligen Geist im Herzen wohl erhalten werden, wenn auch keine Vernunft da ist. Gleichwie auch die Unsinnigkeit, so aus einer Krankheit oder des Alters wegen entsteht, eines Christen Menschen Glauben nicht umstößt.

36. Und die es gesehen hatten, verkündigten es ihnen, wie der Besessene war gesund geworden.

37. Und es bat ihn die ganze Menge der umliegenden Länder der Gadarener, dass er von ihnen ginge. Denn es war sie eine große Furcht auf sie gekommen. Und er trat in das Schiff und wandte wieder um.

Furcht gekommen: Weil sie sich noch eines größeren Verlustes ihrer Güter besorgten, es hätten diese Gardearena auch andere Kranke und Besessene Menschen zu Christus bringen sollen, dass er ihnen hülfe. Und einen solchen vortrefflichen Propheten bitten, dass er bei ihnen bliebe, öffentlich predigte, und den rechten Weg zur ewigen Seligkeit zeigte. Aber weil sie über den Verlust etlicher Säue erschrocken waren, so tun sie deren keines, sondern jagen Christus von sich. Denn viele Leute achten die Säue mehr, das heißt, ihren zeitlichen Nutzen, als dass sie ihre ewige Wohlfahrt sich angelegen lassen sein sollten.

Wieder um: In ein anderes Land. Wir sollen uns hüten, dass wir Christus nicht von uns treiben, sondern die himmlischen Güter allen Zeitlichen zu jeder Zeit weit vorziehen.

38. Es bat ihn aber der Mann, von dem die Teufel ausgefahren waren, dass er bei ihm möchte sein. Aber Jesus ließ ihn von sich und sprach:

Bei ihm: Nämlich, bei Christus, seinem Wohltäter, mit dem er täglich begehrte umzugehen.

39. Gehe wieder heim und sage, wie große Dinge Dir Gott getan hat. Und er ging hin und predigte durch die ganze Stadt, wie große Dinge ihm Jesus getan hatte.

Getan hat: Denn es soll wohl ein jeder darauf achten, dass er tue, was sein Beruf fordert.

Ganze Stadt: Der Gardearena. Denn es gebührt sich immer, dass wir Gott von Herzen dankbar sind für die Wohltaten, so wir von Gott empfangen haben.

40. Und es begab sich, da Jesus wiederkam, nahm ihn das Volk auf; denn sie warteten alle auf ihn.

Und: Jetzt folgen zwei Wunderwerke, die Christus bald hintereinander getan hat, dass eine an einer blutflüssigen Frau, das andere an der Tochter des Jairus. Beide Geschichten werden auch beschrieben bei Markus im 5. Kapitel.

Auf ihn: Mit großem Verlangen. Denn wenn das Evangelium an einem Ort verstoßen wird, so wird es am anderen Ort mit desto größerer Begierde angenommen.

41. Und siehe, da kam ein Mann mit Namen Jairus, der ein Oberster der Schule war, und fiel Jesu zu den Füßen und bat ihn, dass er wollte in sein Haus kommen:

Oberster: Er war der Vornehmste in der Versammlung der Juden, wenn man zur Anhörung des göttlichen Wortes und zum Gebet zusammenkam.

42. Denn er hatte eine einige Tochter bei zwölf Jahren, die lag in den letzten Zügen. Und da er hinging, drang ihn das Volk.

Zügen: Darum bat Jairus, dass Christus bald käme und sie wieder gesund machte, ehe denn ihr die Seele ausginge. Es ist aber bekannt, wie der meiste Teil unter den vornehmsten Juden gegen Christo gesinnt gewesen ist, dass sie ihn angefeindet und gehasst haben. Dennoch hat dieser Oberste, weil ihn die Not seiner Tochter getrieben hat, bei Christus Hilfe gesucht. Denn Gott treibt die Leute oft durch Unglück oder schwere Anfechtungen dahin, dass sie zu dem Mittler Christo ihre Zuflucht haben, da sie sonst des Herrn Christi nicht achteten. Es ist aber auch die väterliche Liebe und Zuneigung des Jairus gegen seine Tochter zu loben, dass er für ihre Gesundheit so ängstlich ist. Denn die Eltern sollen ihre Kinder lieben und für sie sorgen. Und welche ihre Kinder nicht genügend beachten, die sind ärger als die wilden Tiere. Auch sollen wir es so halten, dass die väterliche Zuneigung Gottes gegen uns viel inbrünstiger und heftiger ist, als irgendeines Vaters oder irgendeiner Mutter in dieser Welt gegen ihren eingeborenen Sohn.

Drang ihn: Denn es folgte Christo eine große Menge Volk nach, dass sie das Wunderwerk sehen möchten, welches Christus an des Jairus Tochter tun würde. Aber ehe er bis zu des Jairus Haus gelangt, ist auf dem Wege noch ein anderes Wunderwerk geschehen.

43. Und ein Weib hatte den Blutgang zwölf Jahre gehabt; die hatte alle ihre Nahrung an die Ärzte gewandt und konnte von niemand geheilt werden.

Gehabt: Bereits eine lange Zeit, mit großem Nachteil ihrer Gesundheit und ihrem leiblichen Wohl.

Gewandt: Auf dass sie ihre Gesundheit wiederbekommen möchte. Es wird aber hier die Arznei nicht verachtet, welche Gottes Gabe ist, sondern es wird gelehrt, dass nicht alle Krankheiten mit der Arznei vertrieben werden können. Daher richtig gesagt wird, es liegt nicht immer an dem Arzt, dass der Kranke gesund werde. Wo aber alle menschliche Hilfe zu Ende ist, da geht Gottes Hilfe an: Und sündigen die nicht, welche die Arznei gebrauchen, sondern die mehr Hoffnung zu den Ärzten, als zu Gott haben. Besonders solches dem König Assad mit ernstlichen Worten gesagt wird {2Chr 16}.

44. Die trat hinzu von hinten und rührte seines Kleides Saum an; und alsbald stand ihr der Blutgang.

Von hinten: Weil sie sich schämte, ihr Anliegen öffentlich zu bekennen.

Rührte: Aus Eingeben des Heiligen Geistes. Also, dass sie eine starke Zuversicht zu Christo hatte, und hoffte, sie könnten nur durch das Anrühren seines Kleides gesund werden.

Stand: Dass der dauernde verdrießliche und schmerzliche Fluss aufhörte. Denn Gott heilt auch unserer heimlichen Krankheiten, deren wir uns schämen. Dass aber etliche aus diesem Beispiel schließen wollen, die Gesundheit könne durch das Anrühren der heiligen Gebeine oder des Heiligtums (wie man es nennt) zuwege gebracht werden, ist ein ganz ungereimter Handel. Denn dies folgt nicht daraus. Die Frau ist durch das Anrühren der Kleider Christi zur selben Zeit gesund geworden, da die Wunderzeichen zur Bestätigung des Evangeliums nötig waren. Darum kann nicht gesagt werden, dass, welche der Heiligen Gebeine anrühren, ihre Gesundheit wiederbekommen. Ich will jetzt nicht reden von dem großen Betrug, der bei der Schau der heiligen Gebeine geschieht.

45. Und Jesus sprach: Wer hat mich angerührt? Da sie aber alle leugneten, sprach Petrus, und die mit ihm waren: Meister, das Volk drängt und drückt Dich, und Du sprichst: Wer hat mich angerührt?

Angerührt: Sollte es ein Wunder sein, dass Dich jemand anrührt, weil ein solches Gedränge um Dich her ist?

46. Jesus aber sprach: Es hat mich jemand angerührt; denn ich fühle, dass eine Kraft von mir gegangen ist.

Kraft: Ich weiß, dass mich jemand auf eine andere Weise angerührt hat, als es sonst zu geschehen pflegt. Denn es ist eine Person durch das Anrühren meiner Kleider gesund geworden.

47. Da aber das Weib sah, dass es nicht verborgen war, kam sie mit Zittern und fiel vor ihm nieder und verkündigte vor allem Volk, aus welcher Ursache sie ihn hätte angerührt, und wie sie wäre alsbald gesund geworden.

Nicht verborgen: Ist also diese Frau wegen des heimlichen Anrührens schamrot geworden, auf dass sie später mit größerem Lob und Ruhm geziert würde, wegen der wunderbaren Hilfe, die sie von dem Sohn Gottes bekommen hatte. Denn Gott lässt häufig einen zu Spott und Schanden werden, auf dass er ihn später desto herrlicher mache.

48. Er aber sprach zu ihr: Sei getrost, meine Tochter; Dein Glaube hat Dir geholfen; gehe hin mit Frieden!

Getrost: Und behalte ihn in der guten Hoffnung Deiner Gesundheit wegen.

Tochter: Denn Christus ist väterlich gegen uns gesinnt.

Geholfen: Dass Du bist gesund geworden, darum gib Dich zufrieden, es wird mit Deiner Gesundheit einen Bestand haben. Besonders aber sollst Du Dich dessen trösten, dass Du einen gnädigen Gott hast. Denn der Glaube erlangt von Gott, was er begehrt (Markus 3. Kapitel).

49. Da er noch redete, kam einer vom Personal des Obersten der Schule und sprach zu ihm: Deine Tochter ist gestorben; bemühe den Meister nicht.

Da: Jetzt folgt der übrige Teil von der Geschichte mit des Jairus Tochter, wie es damit ausgegangen ist.

Bemühe: Sei ihm nicht mehr lästig, dass er mit Dir ins Haus gehen wollte, denn es ist aus mit Deiner Tochter, und er kann nicht mehr helfen. Denn wenn die menschliche Vernunft sieht, dass kein Mittel zu helfen mehr vorhanden ist, so glaubt sie nicht, dass Gott noch helfen könnte.

50. Da aber Jesus das hörte, antwortete er ihm und sprach: Fürchte Dich nicht! Glaube nur, so wird sie gesund.

Dich nicht: Sei nicht so kleinmütig, und verzage an Deiner Tochter Gesundheit nicht.

Gesund: Sie wird wieder lebendig werden, und ihre vorige Gesundheit wiederum bekommen. Denn Gott stärkt in den Anfechtungen und in der Trübsal unseren Glauben mit seinem Wort und Geist, auf dass der schwache Glaube nicht ganz hinfalle und erlösche.

51. Da er aber in das Haus kam, ließ er niemand hineingehen denn Petrus und Jakobus und Johannes und des Kindes Vater und Mutter.

Haus: Nämlich, des Obersten, da das verstorbene Mädchen lag.

Niemand: Von dem Volk, dass ihm folgte, auch nicht seine Jünger alle, auf dass es nicht ein Ansehen gewinnen möchte, als täte er es zum Schein, und wollte dadurch gesehen werden. Denn wir sollen mit den Gaben Gottes keine Pracht betreiben.

Und Mutter: Welche genannt wird, als Zeuge des folgenden Wunderwerkes, dass man es glaubte.

52. Sie weinten aber alle und klagten um sie. Er aber sprach: Weint nicht! Sie ist nicht gestorben, sondern sie schläft.

Alle: Die in diesem Hause zugegen waren, von des Obersten Personal.

Klagten Sie: Nämlich, des verstorbenen Mädchens, welches ohne Zweifel eine züchtige und fromme Jungfrau gewesen ist, darum sie von den Hausgenossen und jedermann, der sie gekannt, lieb und wertgehalten wurde, darum sie auch jetzt über ihren Tod so viel Leid hatten, weil sie nicht anders meinten, denn es wäre jetzt für immer um sie geschehen. Denn die menschliche Vernunft sieht nur auf das gegenwärtige Unglück, und hat nicht einen Blick auf die göttliche Hilfe.

Schläft: Weil ich sie genauso leicht wieder auferwecken will, als wenn einer vom Schlaf erwacht. Denn der Frommen Tod ist nur ein Schlaf.

53. Und sie verlachten ihn, wussten wohl, dass sie gestorben war.

Verlachten: Es meinten aber die törichten Leute, dass Christus könnte zwischen einem schlafenden und toten Menschen keinen Unterschied spüren. Denn die menschliche Vernunft spottet heimlich bei sich selbst der Reden und Taten Christi.

54. Er aber trieb sie alle hinaus, nahm sie bei der Hand und rief und sprach: Kind, stehe auf!

Alle hinaus: Ausgenommen die drei zuvor genannten Apostel, und die Eltern des Kindes.

55. Und ihr Geist kam wieder, und sie stand alsbald auf. Und er befahl, man sollte ihr zu essen geben.

Kam wieder: Die Seele fand sich wieder zu ihrem Leibe. Denn Christi Wort ist allmächtig.

Zu essen: Auf dass man nun eigentlich wüsste, dass sie wahrhaftig lebte. Denn Christi und der Apostel Wunderwerke, damit die Lehre des Evangeliums bestätigt wurde, sind keine Wendungen oder Betrügereien gewesen, wie der Katholiken Wunderwerke, damit sie ihre Abgötterei zu bestätigen sich unterstanden haben. Und ist Jesus Christus ein Herr des Todes, dass er ihn vertreiben kann; der wird auch unsere Leiber zur ewigen Seligkeit auferwecken.

56. Und ihre Eltern entsetzten sich. Er aber gebot ihnen, dass sie niemand sagten, was geschehen war.

Entsetzten sich: Über dem großen Wunderwerk und der unverhoffter Guttat Christi. Denn Gott tut uns mehr Gutes, als wir hoffen dürfen.

Geschehen war: Nämlich, wie er durch ein Wunderwerk ihre Tochter von dem Tode wiederum erweckt hätte. Es hat aber Christus zu unterschiedlichen Malen die Ausbreitung seiner Wunderwerke verboten, nicht dass sie immer sollten verborgen bleiben, und in Vergessenheit geraten, sondern dass er nicht in einen Verdacht käme, als wollte er das Volk an sich hängen und sich einmal für einen König aufwerfen. Denn man soll bösem Argwohn, so viel dessen immer möglich, meiden. Weil nicht wenig daran gelegen ist, dass wir unter den Leuten ein gutes Gerücht haben, damit dem Evangelium Christi kein Schandfleck angehängt werde.


Das 9. Kapitel

  • Christus schickt die Apostel aus, das Evangelium zu predigen. Herodes fürchtet sich vor ihm. Christus lehrt das Volk und heilt mancherlei Krankheiten. Speist mit fünf Broten und zwei Fischen tausend Menschen. Erkundigt sich bei den Aposteln, was die Leute für eine Meinung von ihm haben. Er fordert standhafte Bekenner der Wahrheit. Wird auf dem Berge verklärt. Treibt einen Teufel aus, den die Jünger nicht austreiben konnten. Die Jünger zanken um ihre Stellung. Sie legen Christo eine Frage vor von einem Teufel, den die Jünger nicht austreiben konnten. Die Samariter wollen Christus nicht zu sich lassen. Andere bieten sich an, Christus zu folgen, auf unterschiedliche Weise.

1. Er forderte aber die Zwölfe zusammen und gab ihnen Gewalt und Macht über alle Teufel und dass sie Seuchen heilen konnten.

Die Zwölfe: Nämlich, die Apostel, die er ins jüdische Land ausschickte. Denn es hatte Christus sich zwölf Jünger erwählt, nicht allein, dass sie glaubwürdige Zeugen wären, alles was Christus lehren, tun und leiden würde; sondern auch, dass sie einmal als Apostel arbeiteten. Darum, auf dass der Sache ein Anfang gemacht würde, so hat sie Christus, auch noch vor seinem Leiden und seiner Auferstehung ins jüdische Land geschickt, und zwar hier zum wiederholten Male. Denn die erste Aussendung wird beschrieben in Matthäus 10. Dieser Letzten aber, von der Lukas hier schreibt, gedenkt auch Markus im 5. Kapitel. Und erinnert uns Christus mit diesem Beispiel, das wir auch unseren Gehilfen etliche Geschäfte sollen verrichten lassen, so hat er uns auch lehren wollen, dass man die verlorenen Schafe mit dem Predigtamt des Evangeliums suchen müsse, auf dass sie Buße tun und selig werden. Und er bestätigt mit dieser Aussendung das Predigtamt gegen der Enthusiasten Schwärmereien, welche vorgeben, dass sich die Menschen ohne das äußerliche Predigtamt zu Gott bekehrt werden.

Macht: Er verleihe ihnen geistliche Kraft und Stärke, dass sie die Teufel austreiben konnten.

Heilen konnten: Und mit solchen Wunderwerken ihre Predigten glaubwürdig machten. Es sind aber dies auch besondere Berufungen der Apostel gewesen, weil sie die Gaben des Heiligen Geistes noch nicht so reichlich empfangen hatten, als ihnen später am Pfingsttag mitgeteilt wurden. Es waren also die Wunderwerke der Apostel auch ihre Empfehlungsbriefe (wie man es nennt), welche den Aposteln ein Ansehen machten, auf dass man ihren Predigten glaubte. Und sind heutigentags alle Wunderwerke Christi und der Apostel Siegel, damit die Lehre des Evangeliums bestätigt wird.

2. Und sandte sie aus, zu predigen das Reich Gottes und zu heilen die Kranken.

Sandte sie: Je zwei und zwei, wie Markus bezeugt.

Kranken: Das heißt: Er befahl ihnen, dass sie sollten die Leute zur Buße ermahnen, und ihnen das Reich Gottes anbieten, wenn sie würden Buße tun und an den Messias der Welt Heiland glauben; gebot ihnen zugleich, dass sie die Lehre mit Wunderwerken bestätigen sollten. Denn im Predigtamt des Evangeliums werden den Leuten heimliche Schätze angeboten, und wird ihnen der Himmel geöffnet. Darum soll niemand diese Gelegenheit, die ewige Seligkeit zu erlangen, versäumen.

3. Und sprach zu ihnen: Ihr sollt nichts mit euch nehmen auf den Weg, weder Stab noch Tasche noch Brot noch Geld; es soll auch einer nicht zwei Röcke haben.

Sprach: Dass er ihnen eine Instruktion oder Unterricht gab, wie sie sich zu solcher Abfertigung rüsten mussten, und in ihrer Verrichtung verhalten sollten.

Weg: Es ist nötig, dass ihr sorgfältig mit der Aufgabe umgeht, wie der Fürsten die Gesandten zu tun pflegen, welche mit vielen Kleidern sich beschweren und häufig etliche Tage oder Wochen damit zubringen, bis sie nach ihrer Meinung und Bedenken alle notwendigen Sachen zur Reise sich beschaffen, dessen bedürft ihr alles nicht.

Stab: Den auch die Gesandten der Fürsten künstlich bearbeitet haben, damit sie so an ihrer Aufgabe erkannt würden. Ihr aber könnt solches auf dem Wege finden und mit weniger Mühe reisen.

Taschen: In welchen sich bei den Gesandten der Fürsten viele Sachen befanden. Solches aber bedürft ihr nicht.

Geld: Dass ihr auf dem Wege nötige Sachen dafür kaufen könnt.

Zwei Röcke: Die ihr zu eurer Tracht wechseln wolltet. Solche und dergleichen Sachen stellt den weltlichen Gesandten heim. Denn es wird euch auf den Wege nichts mangeln, sondern wo ihr hinkommt und Wunderzeichen tun werdet mit der Heilung der Kranken, da wird euch bald alles getan werden, alles dessen, was ihr bedürft: So fordert mein geistliches Reich solche Pracht nicht, wie die Gesandten treiben, wenn sie von Fürsten und Herren abgefertigt wurden. Man muss aber hier dieses Gebot Christi, welches er den Aposteln besonders gegeben hat, nicht so deuten, als wenn er damit allen Kirchendienern eine allgemeine Regel vorschreiben würde, dass sie der zuvor genannten Sachen keines besitzen, oder auf der Reise mit sich nehmen dürften. Denn sie können heute nicht mit Wunderzeichen ihre nötige Nahrung erlangen. Jedoch wird dadurch angezeigt, dass Gott die treuen Kirchendiener mit Nahrung und Kleidung versehen will, und werden sie erinnert, dass sie das Amt ihres Berufes zu berichten nicht ausschlagen sollen, wenngleich sie nicht alles, was sie meinen zu benötigen, alsbald bei sich haben. Denn Gott wird für sie sorgen.

4. Und wo ihr in ein Haus geht, da bleibt, bis ihr von dort zieht.

Zieht: Wenn ihr in eine Stadt oder in ein Dorf kommt, so fragt, wo dort ein Gottesfürchtiger Mann wohnt, bei dem kehrt ein. Denn es waren vor Zeiten keine öffentlichen Wirtshäuser wie heutigentags, sondern fromme und gutherzige Personen nahmen die fremden Gäste und Wanderer auf, häufig um des Geldes willen, dass sie die Kosten erstatteten. Manchmal nahmen sie auch nichts von ihnen, je nachdem, was es für Leute und Personen waren. Wenn ihr darum bei jemand Herberge findet, spricht Christus, so ändert sie nicht, sondern wo ihr einmal eingekehrt seid, da geht, nachdem ihr euer Geschäft verrichtet habt, hinaus in eine andere Stadt oder in ein anderes Dorf, auf dass ihr nicht durch die vielfältigen Veränderungen der Herberge euch in einen Verdacht bringt, als ginget ihr viel lieber dem guten Leben nach, als dass ihr die Erweiterung des Reiches Gottes sucht. Denn welche ohne erheblichen Grund die Personen, deren sie gebrauchen, oft ändern und damit umwechseln, die geraten in den Argwohn, dass sie leichtfertig und unleidlich sind. Als da sind, welche die Kirchendiener oder Knechte und Mägde, Diener oder auch ihrer Herren, oder mit den Handwerksleuten oft umwechseln.

5. Und welche euch nicht aufnehmen, da geht aus von derselben Stadt und schüttelt auch den Staub ab von euren Füßen zu einem Zeugnis über sie.

Über sie: Dass wir also mit diesen Zeremonien öffentlich bezeugen, wie sie schreckliche Strafen und die ewige Verdammnis verdienen und zu erwarten haben. Es sieht aber gleich so aus, dass es daher bei dem jüdischen Volk ein alter Brauch gewesen ist, damit sie haben zu verstehen gegeben, dass ein solches Volk so verflucht sei, dass fromme Leute nicht gerne wollten, dass ein Staubkorn von diesem Lande an ihren Füßen hängen bliebe, damit sie nicht dadurch verunreinigt, und ihrer Strafe möchte teilhaftig werden. Denn es steht auch bei Paulus und Barnabas geschrieben, dass sie zu Theorien den Staub von ihren Füßen geschüttelt haben über die halsstarrigen Juden und Verächter des Evangeliums {Apg 13}. Wie wir nun heutigentags dieser Zeremonien nicht notwendig sind, so lernen wir doch hieraus, dass man die diejenigen dem göttlichen Gericht befehlen muss, welche dem Evangelium halsstarrig widerstreben, und soll man (so viel immer möglich) sich ihrer Gemeinschaft enthalten, auf dass wir nicht auch in die Strafe mit ihnen verwickelt werden.

6. Und sie gingen hinaus und durchzogen die Märkte, predigten das Evangelium und machten gesund an allen Enden.

Enden: Wo sie hinkamen, da brachten sie die fröhliche Botschaft des Evangeliums mit sich, dass der himmlische Vater allen bußfertigen Sündern, die an den Messias glauben, alle Sünden zu verzeihen bereit wäre, und bestätigten diese Lehre mit Wunderzeichen. Denn obwohl auch die Lehre des Gesetzes in der Kirche notwendig ist, so ist doch die Predigt des Evangeliums von Christus viel nötiger. Denn das Gesetz tötet, das Evangelium aber macht lebendig. Ist das Gesetz ohne das Evangelium, so treibt es zur Verzweiflung. Das Evangelium aber bringt den gewissen rechten beständigen Trost. Es ist aber die Lehre des Evangeliums durch Christi und der Apostel Wunderzeichen dermaßen bestätigt, dass man heutigentags keiner Wunderzeichen mehr bedarf. Auch ist der Apostel Gutwilligkeit zu loben, welche uns nachzufolgen ansteht, dass sie die gefährliche Botschaft zu verrichten, sich nicht gescheut haben. Denn ein Wunder ist es, dass sie nicht von den Hohepriestern und Pharisäern ins Gefängnis geworfen oder am Leibe gestraft wurden. Aber man soll dem göttlichen Beruf folgen und den Ausgang Gott befehlen, der hat alle Haare unseres Kopfes gezählt, davon keines fallen wird, ohne unseres himmlischen Vaters Willen.

7. Es kam aber vor Herodes, den Vierfürsten, alles, was durch ihn geschah; und er besorgte sich, dieweil von etlichen gesagt ward: Johannes ist von den Toten auferstanden;

Es kam: Denn nachdem Christus viele Wunderwerke getan, und auch die Apostel durch ihre Wunderwerke, die sie in seinem Namen taten, bekannt wurden, wurde das Gerücht von ihnen je länger je mehr ausgebreitet, wie Matthäus im Kapitel 14 und Markus im 6. Kapitel erzählen.

Besorgte: Dass der Tyrann seinetwegen in Zweifel stand, wer dieser Jesus sein möchte, der so große Wunderwerke täte.

Gesagt wurde: Und unter dem einfachen Mann mancherlei Urteil von Christo gefiel.

Auferstanden: Darum, weil er von Gott von den Toten auferweckt wurde, so tut er so große Wunderzeichen.

8. von etlichen aber: Elia ist erschienen; von etlichen aber: Es ist der alten Propheten einer auferstanden.

Erschienen: Denn weil der Prophet Maleachi in Kapitel drei geweissagt hatte und gesagt: Siehe, ich will euch senden den Propheten Elia, ehe denn da komme der große und schreckliche Tag des Herrn. So waren viele der Meinung, es wäre solches von des Elia Person zu verstehen, der zur Zeit des Königs Ahab gelebt und lebendig in den Himmel aufgenommen wurde. Sie merkten und wussten nicht, dass solche Weissagung von Johannes dem Täufer redet, der in Geist und Kraft Elia eine Reformierung in der Kirche anrichten würde.

Alten Propheten: Als Jesaja, Jeremia oder irgendein anderer, darum tut er jetzt solche Wunderzeichen. Denn es sind ja immer viele und mancherlei irrige Meinungen von Christus in der Kirche ausgestreut worden, die durch treue Kirchendiener widerlegt werden müssen.

9. Und Herodes sprach: Johannes, den habe ich enthauptet; wer ist aber dieser, von dem ich solches höre? Und begehrte, ihn zu sehen.

Solches höre: Nämlich solche wunderlichen Dinge. Es besorgte sich aber Herodes, dass Christus nicht etwa Johannes der Täufer sein möchte, und von den Toten auferstanden wäre, wie die anderen Evangelisten deutlich zu verstehen gaben. Der jetzt, weil er so große Wunderwerke täte, sich vielleicht an ihm rächen würde und eine Unruhe in seinem Königreich erregen. Denn ein böses Gewissen ist furchtsam und erschrickt auch vor einem rauschenden Blatt.

Zu sehen: Auf dass er erkennen könnte, ob es Johannes der Täufer wäre, den er hatte enthaupten lassen, oder ein anderer. Und auch, dass er den mit eigenen Augen sehen möchte, von dem so große Dinge gesagt würden. Ob nun Christus wohl nicht verborgen war, was Herodes begehrte, so hat er doch nicht wollen vor ihm kommen. Herodes hat ihn mit Gewalt auch nicht dürfen holen lassen, damit kein Tumult unter dem Volk entstünde. Denn man soll den Gottlosen in ihrem Vorwitz nicht willens werden, wenngleich sie noch so hoch angesehen und gewaltig sind.

10. Und die Apostel kamen wieder und erzählten ihm, wie große Dinge sie getan hatten. Und er nahm sie zu sich und entwich besonders in eine Wüste bei der Stadt, die da heißt Bethsaida.

Getan: Mit was für großen Nutzen und glücklichem Fortgang sie das Evangelium gepredigt hatten, und was für große Wunderzeichen sie in seinem Namen getan haben, wie auch Markus im 6. Kapitel erzählt. Denn Gottes ist durch das Predigtamt des Evangeliums kräftig, damit es den Kirchen gut geht.

Bethsaida: In dieser Stadt wollte Christus, dass seine Jünger von ihrer Arbeit sich erholen sollten. Denn es will Gott, dass wir uns von der Arbeit erholen, das war auch der Grund, warum vorzeiten der Sabbat eingesetzt wurde {3Mos 5}.

11. Da das Volk des inne ward, zog es ihm nach. Und er ließ sie zu sich und sagte ihnen vom Reich Gottes und machte gesund, die es bedurften. Aber der Tag fing an sich zu neigen.

Inne ward: Wo er wäre. Denn er konnte nicht lange verborgen bleiben, auch wenn er sich an einen einsamen Ort begeben hatte, und mit seinen Jüngern dort ruhen wollte.

Ihm nach: Auf dass sie seine Predigten hörten und seine Wunderzeichen sahen.

Reich Gottes: Dass er ihnen predigte, in welchergestalt sie Bürger und Erben des Himmelreiches werden könnten, und ermahnte, dass sie von dieser Welt Eitelkeit abstehen, dagegen aber die ewige und himmlische Wohlfahrt zu erlangen sich befleißigen sollten.

Bedurften: Über welche er sich erbarmt (wie Matthäus 14 und Markus 6 melden). Wir sollen darum nicht ungeduldig darüber werden, wenn wir von unserer Ruhe wieder zu den Geschäften und zur Arbeit gezogen werden. Denn es wird uns einmal die selige und ewige Ruhe im anderen Leben geschenkt werden, da wir von allen Mühen und Beschwerden befreit sind. Ferner werden wir auch erinnert, was es für ein notwendiges und heilsames Ding ist um des Predigtamtes des göttlichen Wortes in der Kirche, weil Christus selber gepredigt hat. Sein Mitleiden aber gegen das Volk zeigt an, wie väterlich und freundlich er auch noch heutigentags gegen uns gesinnt ist in unseren Trübsalen. Denn obwohl er nach seiner Auferstehung die Gestalt des Knechtes abgelegt hat, so hat er doch sein väterliches Herz gegen uns nicht geändert.

12. Da traten zu ihm die Zwölf und sprachen zu ihm: Lass das Volk von Dir, dass sie hingehen in die Märkte umher und in die Dörfer, dass sie Herberge und Speise finden; denn wir sind hier in der Wüste.

Da: Jetzt folgt ein großes und herrliches Wunderwerk Christi, welches auch die drei anderen Evangelisten, Matthäus 14, Markus 6 und Johannes 6 beschreiben. Wie Christus mit wenig Brot und Fischen viel 1000 Mann gespeist habe, eben in dieser Wüste, da er, wie kurz zuvor gemeldet, gepredigt und die Kranken gesund gemacht hatte.

Lass: Die Jünger machen ihrem Herrn und Meister eine Mahnung, gerade, als ob er nicht gewusst hätte, wie er sich verhalten sollte; denn es kommen auch fromme und Gottesfürchtige Leute aus menschlicher Schwachheit auf solche Torheit, dass sie meinen, sie könnten Gott die allerbeste Weise vorschreiben, wie er diese Welt regieren sollte, wenn ihnen Gott nur folgen wollte.

13. Er aber sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen. Sie sprachen: Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische; es sei denn, dass wir hingehen sollen und Speise kaufen für so großes Volk.

Gebt ihr: Mit diesen Worten wollte Jesus die Jünger versuchen, auf das bekannt würde, was für einen schwachen Glauben sie hätten. So meldet der Evangelist Johannes, wie Christus mit Philippus ein besonderes Gespräch gehalten hat, und ihn auch um Rat gefragt, und gesagt: Woher nehmen wir Brot, dass diese essen? Darauf ihm Philippus zur Antwort gegeben hat, 200 Pfennig Brot ist nicht genug für alle, dass ein jeglicher ein wenig nehme. Denn die menschliche Vernunft macht nach ihrer Anlage immer eine Rechnung, wie viel Korn, Mehl, oder Brot zu so viel 1000 Menschen gehöre, sie rechnet aber nicht dazu den Segen Gottes, der doch das aller vornehmste, und anstatt vieler 1000 Eimer ist.

14. (Denn es waren bei fünftausend Mann.: Er sprach aber zu seinen Jüngern: Lasst sie sich setzen bei Schichten, je fünfzig und fünfzig.

Schichten: Also, dass immer 50 an einem Haufen geordnet wurden, denn so konnte man sie besser zählen und die Speise viel besser austeilen. So ist Gott ein Liebhaber der Ordnung und hasst alle Unordnung.

15. Und sie taten also und setzten sich alle.

Taten also: Nämlich, die Apostel, dass sie die Leute nach dieser Ordnung sitzen ließen, obwohl sie nach ihrer Vernunft und ihrem Urteil sich besorgen mögen, dass sie nicht mit Christus für eine solch große Menge mit Schimpf und Spott bestehen würden. Aber man soll Gott gehorchen, und ihm das gute Ende befehlen.

Setzten sich: Denn wir sollen auch auf Gottes Segen warten, wenn wir unser Amt tun. Tue Du, was Dir Gott befiehlt, und lass ihn sorgen.

16. Da nahm er die fünf Brote und zwei Fische und sah auf gen Himmel und dankte darüber, brach sie und gab sie den Jüngern, dass sie dem Volk vorlegten.

Gen Himmel: Dass er die Majestät des himmlischen Vaters und Herrn des Himmels und der Erde betrachtete.

Dankte: Für die Brote und Fische, die vorhanden waren, und bat ihn, dass er sie segnen wollte, auf dass sie für so viel tausend genug sein möchten. Das ist das rechte Gebet, das man zu Tisch sprechen soll. Es hat Christus den Vater um den Segen angerufen, weil er damals in der Gestalt eines Knechtes war, da er doch das wenige, darum er bat, hätte selber auch leisten können und in der Wahrheit auch leistete. Er hat aber mit seinem Beispiel lehren wollen, dass, wenn wir essen, mit dem zufrieden sein sollen, was vorhanden ist, und Gott bitten, dass er das Gegenwärtige segnen wolle, damit wir dadurch recht ernährt werden. Denn die Speise nährt nicht, es sei denn der Segen Gottes ist dabei, wie man in Notzeiten sieht.

17. Und sie aßen und wurden alle satt; und wurden aufgehoben, was ihnen über blieb von Brocken, zwölf Körbe.

Alle satt: Es hat aber Christus mit diesem Wunderwerk nicht allein die Lehre des Evangeliums bestätigen wollen, sondern auch die Gottlosen und ängstlichen Sorgen von der Nahrung uns aus dem Herzen reißen, damit wir seiner Güte und Allmacht trauen.

Zwölf Körbe: Also ist mehr übergeblieben, denn am Anfang gewesen ist. Also geschieht es, dass häufig neue Eheleute nach der Hochzeit kaum noch Geld übrighaben, und ernähren doch aus Gottes Segen später ein großes Personal; sie hinterlassen auch ihren Kindern genügend Erbschaft. Danach lehrt uns dieses Beispiel, das wir, was wir übrighaben, nicht unnütz verschwenden sollen, sondern es auf die künftige Not behalten. Johannes setzte hinzu, dass die Leute, da sie dies Wunderwerk gesehen hatten, Christus wollten zum König machen, und sagten, das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll. Denn die Welt wünscht sich einen solchen Christus, bei dem sie in Müßiggang gut leben könnten, und der ihnen alles reichlich ohne Mühe gebe. Darum viele, wenn sie sehen, dass sie bei dem Bekenntnis des Evangeliums nicht reich werden können oder hervorkommen, so lassen sie die reine Lehre fahren und gehen zur Abgötterei und in fette Küchen.

18. Und es begab sich, da er allein war, und betete und seine Jünger bei ihm, fragte er sie und sprach: Wer, sagen die Leute, dass ich sei?

Bei ihm: Nach dem beendeten Gebet; er hat aber damals seinen himmlischen Vater gebeten, für die Kirche und für die Ausbreitung seines Reiches, welches auch wir so tun sollen, dass einer dem anderen mit seinem Gebet behilflich ist, und um die Erweiterung des Reiches Christi Gott bitte. Es wird mit diesem Beispiel das allgemeine Gebet nicht verboten, sondern die einsamen Gebete werden damit gerühmt, weil man dadurch nicht begehrt, gesehen zu werden, und es wird gezeigt, dass wir unser Anliegen ganz ungehindert in den Schoß des himmlischen Vaters ausschütten können.

Ich sei: Solches fragte er nicht aus Ehrgeiz, dass er hören wolle, was die Leute von ihm halten, sondern auf dass er aus dem Bekenntnis der Apostel einen Grund bekomme, sie im Rechten Glauben zu stärken, weil die Zeit seines Leidens und Sterbens nahe war, wie am Ende dieses Kapitels gesagt wird. Solches erzählen auch Matthäus im 16. und Markus im 18. Kapitel. Gleichwie aber Christus aus richtiger Ursache wegen fragt, was andere von ihm halten. Also sind die zu tadeln, welche darum begehren zu wissen, was andere von ihnen urteilen, auf dass sie sich mit einem Ruhm kitzeln. Aber sie hören auch, was sie nicht gern hören wollen.

19. Sie antworteten und sprachen: Sie sagen, Du seist Johannes der Täufer; etliche aber, Du bist Elia; etliche aber, es ist der alten Propheten einer auferstanden.

Alten Propheten: Wie Jesaja, Jeremia und dergleichen einer. Denn es sind immer viele Meinungen der Leute von Christo und von den vornehmsten Artikeln des Glaubens gewesen, und werden auch wohl bleiben, solange die Welt steht. Darum tun die nicht recht, welche auf eine überall gute Einigkeit in der Religion vor dem Jüngsten Tage hoffen, und sollen wir uns an dem begnügen lassen, dass unter denen eine gottselige Einigkeit ist, die von Christo recht halten.

20. Er aber sprach zu ihnen: Wer sagt ihr aber, dass ich sei? Da antwortete Petrus und sprach: Du bist der Christus Gottes.

Sagt ihr: Denn es ist nötig, dass ein jeder seinen eigenen und rechten Glauben an Christus habe, weil der Gerechte seines Glaubens leben wird {Röm 2}.

Christus Gottes: Solches glauben und bekennen wir, dass Du der Sohn Gottes bist. Der aber erkennt Christus recht, wer seine Person und sein Amt recht erkennt. So viel seine Person betrifft, sollen wir in ihm zwei Naturen erkennen, die unzertrennlich miteinander vereinigt sind, die göttliche und die menschliche. Sein Amt aber ist, dass er ist Jesus, Messias, der Welt Heiland, mit dem Heiligen Geist gesalbt zum König, Hohepriester, und Propheten, oder unser Lehrer.

21. Und er bedrohte sie und gebot, dass sie das niemand sagten,

Niemand sagten: Dass er der Sohn Gottes, und Christus wäre, weil es noch nicht an der Zeit war, dass sie ihn öffentlich ausriefen, er wäre der Messias. Was aber Christus sonst Petrus zur Antwort gegeben, und ihm die Schlüssel des Himmelreiches versprochen hat, findet man bei Matthäus, der es sehr weitläufig beschreibt, welches hier zu wiederholen der Kürze wegen unterlassen wird.

22. und sprach: Denn des Menschen Sohn muss noch viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohepriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und am dritten Tage auferstehen.

Ältesten: Vom Rat zu Jerusalem. Wenn aber die Juden Christus recht erkannt hätten, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. Wie wäre aber dann das menschliche Geschlecht erlöst worden, wenn Christus nicht gelitten hätte? So hat er auch der Ursache wegen nicht gewollt, dass seine Jünger öffentlich sagten, er wäre der Messias, weil sie noch in dem fleischlichen Wahn steckten, Christus würde weltlicherweise herrschen. Darum hätten sie viel eher einen Aufruhr erregt, als Christi Reich zu erweitern. Denn was einer noch nicht richtig gelernt hat, das kann er andere nicht richtig lehren.

23. Da sprach er zu ihnen allen: Wer mir folgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach.

Ihnen allen: Auf dass keiner meinte, er würde von dem Kreuz tragen befreit sein.

Folgen will: Dass wer will mein Jünger sein, und mit mir der ewigen Seligkeit teilhaftig werden, der muss nicht seinen Nutzen und nur gutes Leben suchen, sondern sich immer mir ergeben und befehlen; also, dass er bereit ist, um meinetwillen alles zu verlassen und in den Wind zu schlagen, was ihm in diesem Leben am liebsten ist, und die Trübsal mit Geduld tragen, welche ihm mein himmlischer Vater auflegen wird. Dazu nicht nur ein oder zwei Tage, sondern die ganze Zeit seines Lebens, und folge meinem Beispiel nach, sowohl im gottseligen Wandel, als in billiger Duldung des Kreuzes, so viel ihm immer möglich ist. Welches aber nicht geschehen kann, wenn wir nicht wahrhaftig an Christus glauben. Und ist dies nicht nur den Aposteln, sondern allen Christen gesagt: Wir verleugnen aber dann uns selber, nicht wenn wir uns in die Klöster verkriechen, sondern wenn wir uns dem Willen Gottes ergeben. Es soll sich auch niemand selber ein Kreuz auflegen, sondern das, welches ihm von Gott aufgelegt wird, geduldig tragen, und er sei täglich bereit, die Trübsal auszustehen, wenn es unserem Herrn Gott gefällig ist. Es soll sich auch keiner weder durch der Wollüste Lieblichkeit, noch durch der Verfolgung Bitterkeit von Christo abwenden lassen, sondern durch viel Trübsal mit Christo ins Himmelreich kommen. {Apg 14}

24. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es erhalten.

Erhalten: Dass, wer mit Verleugnung des Evangeliums Christi sein Leben meint zu fristen, der wird es ewig verlieren. Denn obwohl er eine kurze Zeit dem zeitlichen Tode entgeht, so wird er doch dem ewigen Tode und der Verdammnis nicht entrinnen. Wer aber lieber sein Leben darüber zu lassen begehrt, als dass er das Evangelium verleugnen wollte, der kann zwar (wenn es Gott zulässt) das zeitliche Leben verlieren, aber er wird dagegen in Ewigkeit leben und der immerwährenden Freude genießen.

25. Und welchen Nutzen hätte der Mensch, ob er die ganze Welt gewönne, und verlöre sich selbst oder beschädigte sich selbst?

Welchen Nutzen: Christus setzt noch mehr Gründe hinzu, warum wir von dem Bekenntnis des Evangeliums uns durch keine Gefahr abschrecken lassen sollen. Denn was wäre das für ein Gewinn, wenn man eine kurze Zeit die ganze Welt besäße (welches doch noch keinem Menschen widerfahren ist) und daneben ewig verloren wäre? Und ist die ganze Welt nicht so viel wert, als eine einzige Seele, die verloren und ewig verdammt wird. Aber es sind viele ganz von Sinnen, dass sie lieber ihre Seelen verlieren wollen, als ein paar Geldstücke zurücklassen oder einer kurzen Wollust sich enthalten.

26. Wer sich aber mein und meiner Worte schämt, dessen wird sich des Menschen Sohn auch schämen, wenn er kommen wird in seiner Herrlichkeit und seines Vaters und der heiligen Engel.

Schämt: Mit diesen Worten erklärt sich Christus noch deutlicher, dass er sagt: Wer sich seines Heilandes Christi und dessen heiligem Evangelium schämt, eines solchen abtrünnigen Verleugners und Mamelucken wird sich Christus wiederum auch schämen, und wenn er in unendlicher Majestät und Herrlichkeit wiederkommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten, also, dass er solche Verleugner nicht für seine Miterben erkennen will. Jedoch, wenn jemand aus Schwachheit des Fleisches Christus verleugnet, und aber solche seine Sünde ernstlich bereut und beweint, auch mit wahrem Glauben sich wieder zu Christus kehrt, und weiter standhaft ihn bekennt, der wird wie Petrus erhalten und selig werden. Denn Petrus hatte Christus auch verleugnet, ist aber wieder umgekehrt.

27. Ich sage euch aber wahrlich, dass etliche sind von denen, die hier stehen, die den Tod nicht schmecken werden, bis dass sie das Reich Gottes sehen.

Nicht schmecken: Das heißt: Es werden etliche von meinen Aposteln nicht sterben, bis sie zuvor einen Geschmack vom ewigen Leben und der himmlischen Herrlichkeit empfangen haben. Dies hat Christus auf Petrus, Jakobus und Johannes geredet, die nach wenigen Tagen Christus sehen würden, in himmlischer Majestät verklärt. Gleichwie aber Christus seinen drei Jüngern einen Geschmack der ewigen Freude und einen Blick ins ewige Leben hat machen lassen, so zeigte er etlichen (aber doch wenigen) in diesem Leben häufig etwas von der ewigen Seligkeit. Das ist auch dem Apostel Paulus geschehen als er in den dritten Himmel und ins Paradies verzückt wurde {2Kor 12}.

28. Und es begab sich nach diesen Reden bei acht Tagen, dass er zu sich nahm Petrus, Johannes und Jakobus und ging auf einen Berg, zu beten.

Und: Jetzt folgt die Verklärung Christi, welche auch ein Vorgeschmack und Vorbild der ewigen Herrlichkeit und Seligkeit gewesen ist. Diese Geschichte wird auch bei Matthäus im 17. und bei Markus im 6. Kapitel beschrieben.

Reden: Damit Christus auf seiner Verklärung gedeutet hatte.

Und Jakobus: Diese drei, aus allen anderen Jüngern und Aposteln. Denn zur Bezeugung der Wahrheit sind zwei oder drei Zeugen genug, dass man sie nicht verwerfen kann.

Berg: Von welchem man glaubt, dass es der Berg Thabor gewesen ist.

Beten: Es hat aber Christus ohne Zweifel seinen himmlischen Vater gebeten, dass er vor den drei Jüngern verklärt würde, und dass er selbst, Christus nach seiner Menschheit, mit himmlischer Herrlichkeit geziert würde, auf dass er durch dieses Gedächtnis sein baldiges Leiden umso fester ausstehen und überwinden könnte. Weil so auch von Christus oft gesagt wird, dass er gebetet habe, so wird dadurch zugleich mit unserer Trägheit uns zu verstehen gegeben, dass wir nicht so oft oder doch nicht mit gebührender Andacht beten.

29. Und da er betete, ward die Gestalt seines Angesichts anders, und sein Kleid ward weiß und glänzte.

Anders: Als sie zuvor gewesen war, denn sein Angesicht hat geleuchtet wie der Glanz der Sonne. Wie die anderen im Evangelium auch bezeugen.

Weiß: Wie der Schnee, den kein Maler auf Erden so weiß hätte machen können. Das ist ein Bild der himmlischen Herrlichkeit gewesen, damit auch wir ein jeglicher nach seinem Maß begabt werden. Denn die Gerechten werden leuchten (wie Christus spricht) in ihres Vaters Reich, wie die Sonne, und Christus wird unseren nichtigen Leib verklären, dass er seinem verklärten Leibe ähnlich werde {Phil 3}.

30. Und siehe, zwei Männer redeten mit ihm, welche waren Mose und Elia.

31. Die erschienen in Klarheit und redeten von dem Ausgang, welchen er sollte erfüllen zu Jerusalem.

Klarheit: In himmlischer Herrlichkeit. Denn es ist Elia lebendig von dieser Welt in den Himmel aufgenommen worden {2Sam 2Mos}, aber ist gestorben. Aber es hat ihn Gott selber begraben im Tal des Landes Moab, gegen Peor, und hat nie kein Mensch sein Grab erfahren, bis auf diesen Tag. Darum ist wohl zu glauben, dass er bald danach von den Toten wiederum erweckt wurde. Und stoßen diese wenigen besonderen Beispiele die allgemeine Regel nicht um, da gesagt wird, dass Christus der Erstgeborene sei von den Toten. Denn allein Christus hat die Verwesung im Grabe nicht gesehen, und ist dennoch wahrhaftig gestorben und begraben worden und von den Toten wiederauferstanden. Die Majestät aber und Herrlichkeit Mose und Elia bezeugen eben das, was kurz zuvor gesagt ist, nämlich, dass unsere Leiber im anderen Leben herrlich und mit himmlischer Majestät werden geziert sein. Darum sollen wir den Tod und die Verwesung unserer Leiber, auch eben um dieser Gründe willen, uns desto leichter machen, weil wir für unsere nichtigen und viel Elend unterworfenen Leiber herrlich und voller Majestät verklärt empfangen werden. Dass aber die Jünger Mose und Elias erkannt haben, wie später folgt, da sie doch keinen von ihnen zuvor jemals gesehen hatten, ist daraus zu entnehmen, dass wir einander im ewigen Leben kennen werden. Und wird unsere Freude darum auch desto größer sein, dass wir diejenigen sehen werden, die wir in diesem Leben zu sehen begehrt hatten, und uns aber nicht widerfahren möge.

Ausgang: (Nach Luther) Das heißt: Was er für ein Ende nehmen würde.

Erfüllen: Wie er, nämlich, zu Jerusalem die Wohltat des menschlichen Geschlechtes leiden, mit unseren Feinden als da sind, die Sünde, der Tod, der Teufel, und Hölle kämpfen und sie überwinden würden. Denn das Leiden des Sohnes Gottes ist das höchste und größte Werk, so jemals auf Erden geschehen ist. Darum sollen wir in dieser Betrachtung stets umgehen, weil wir durch das Leiden Christi vom ewigen Tod und der Verdammnis erlöst worden sind. Daher auch Paulus schreibt: Ich hielt mich nicht dafür, dass ich etwas wüsste unter euch, ohne allein Jesum Christus, den gekreuzigten {1Kor 2}.

32. Petrus aber, und die mit ihm waren, waren voll Schlafs. Da sie aber aufwachten, sahen sie seine Klarheit und die zwei Männer bei ihm stehen.

Petrus: Jetzt folgt, was die Jünger Christi unterdessen getan haben, als Christus mit Mose und Elia gesprochen hat.

Voll Schlafs: Denn die Christen sind häufig in wichtigen Sachen schläfrig, da sie eigentlich besonders wach sein sollten.

Seine Klarheit: Die des Moses und Elias Klarheit weit übertraf. Es bezeugt aber diese Erscheinung der Majestät Christi, dass er der Messias und Sohn Gottes, der Welt Heiland wäre. Daher Petrus von ihm diese Worte schreibt: Wir sind nicht den klugen Fabeln gefolgt, da wir euch kundgetan haben die Kraft und Zukunft unseres Herrn Jesu Christi, sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen, da er empfing von Gott dem Vater Ehre und Preis, durch eine Stimme, die zu ihm geschah von der großen Herrlichkeit, dermaßen: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel gebracht, da wir mit ihm waren auf dem heiligen Berg {2Petr 1}.

33. Und es begab sich, da die von ihm wichen; sprach Petrus zu Jesu: Meister, hier ist gut sein; lasst uns drei Hütten machen, Dir eine, Mose eine und Elia eine. Und wusste nicht, was er redete.

Gut sein: Darum wollen wir immer in dieser himmlischen Freude bei Dir sein und bleiben, und begehren wir nicht mehr zu bekommen.

Wussten nicht: Was für eine große Freude und Wonne es ist. Darum ist die Freude jener Welt so groß, dass, wer diese nur ein wenig empfindet, von Herzen begehrt bei Christus zu sein, und lässt alles, was in dieser Welt ist, unbeachtet. Denn alles Wohlleben und die Wollust dieses Lebens ist nicht so gut, als sein Schatten gegen der allerhöchsten Freude zu rechnen, der wir in jenem Leben genießen werden.

34. Da er aber solches redete, kam eine Wolke und überschattete sie. Und sie erschraken, da sie die Wolke überzog.

Erschraken: Dass sie sich heftig darüber entsetzten, da sie empfunden hatten, dass sie mit einer dicken Wolke überzogen wurden. So ist also keine beständige und vollkommene Freude in dieser Welt, aber die Seligkeit des anderen Lebens wird mit keiner Traurigkeit vermengt sein.

35. Und es fiel eine Stimme aus der Wolke, die sprach: Dieser ist mein lieber Sohn, den sollt ihr hören.

Lieber Sohn: Den ich über alle anderen Söhne, die ich an Kindes statt angenommen habe, liebe, als der mein natürlicher eingeborener Sohn ist und eines Wesens mit mir nach der Gottheit, und ist mir so lieb, dass ich um seinetwillen auch diejenigen liebe, so sie an ihn glauben. Darum ist allein Christus nach seiner göttlichen Natur der ewige und wesentliche Sohn Gottes, und erkennt der himmlische Vater allein um Christi willen uns für angenommene Kinder. Allein Christus und seinen Geist, der durch die Propheten und Apostel geredet hat, soll man also hören, dass wir nichts annehmen, was mit der Lehre Christi nicht übereinstimmt, er sei gleich, wer er wolle, der es gesagt oder geschrieben hat.

Hören: Und ihm gehorchen, als dem höchsten Propheten und meinem Gesandten.

36. Und indem solche Stimme geschah, fanden sie Jesum alleine. Und sie verschwiegen und verkündigten niemand in diesen Tagen, was sie gesehen hatten.

Alleine: Dass keiner mehr um ihn gesehen wurde, als die drei Jünger. Denn es sollte dies Spektakel nicht lange dauern, welches nur darauf ausgelegt war, dass die Majestät des Messias, Jesu Christi, den Jüngern gezeigt würde, darin er nach der Auferstehung jetzt ewig lebt.

Verschwiegen: Dies Gesicht. Denn Christus hatte ihnen solches befohlen, wie die anderen Evangelisten auch melden, dass er gesagt hat: Ihr sollt dieses Gesicht niemand sagen, bis des Menschen Sohn von den Toten erstanden ist {Mt 17}. Welches darum geschehen ist, weil die Jünger und andere noch nicht richtig verstanden hatten, was es mit dem Reich Christi auf sich hätte, daher die Gefahr dabei zu bedenken war, dass sie nicht einen fleischlichen Wahn vom weltlichen Reich Christi den Leuten einbildeten. Darum war es viel besser, eine Zeit lang zu schweigen, als nicht richtig zu lehren. Und es sollte die Eröffnung dieser Majestät zurückgehalten werden bis nach der Auferstehung Christi.

37. Es begab sich aber den Tag hernach, da sie von dem Berge kamen, kam ihnen entgegen viel Volks.

Es: Die folgende Geschichte von einem Besessenen, dem von Christus geholfen wurde, welchen die Apostel nicht konnten gesund machen. Das wird auch beschrieben in Matthäus 17 und Markus 9.

Viel Volks: Welches zwar Christus gerne und willig aufnahm, aber die Schriftgelehrten setzten den Jüngern, welche nicht mit Christus auf dem Berge gewesen waren, mit Diskutieren heftig zu, wie Markus meldet. Weil die Jünger vergebens sich unterstanden, dem Besessenen zu helfen, da sie ihnen ohne Zweifel unter anderem vorgeworfen hatten, ihres Meisters Christi Lehre könnte nicht richtig sein, weil ihnen das Wunderzeichen nicht gelang, welches zu tun sie sich unterstanden. Denn die Feinde der Wahrheit nehmen alle Gelegenheiten war, dass sie etwas zu lästern haben. Sie verschweigen zwar das Gute, was aber zu lästern nach ihrer Meinung taugt, das nutzen sie aus und ziehen es hoch an.

38. Und siehe, ein Mann unter dem Volk rief und sprach: Meister, ich bitte Dich, besieh doch meinen Sohn; denn er ist mein einiger Sohn.

Einiger Sohn: Und mir darum so lieb ist, wegen seines Unfalls mir sehr zu Herzen geht. Es hat aber Gott die natürliche Liebe in die Herzen der Eltern eingepflanzt, auf dass die Kinder erzogen werden. Und welche ihre Kinder nicht lieben, die werden vom Paulus unter die gezählt, die in einen verkehrten Sinn gegeben sind.

39. Siehe, der Geist ergreift ihn, so schreit er alsbald; und reißt ihn, dass er schäumet; und mit Not weicht er von ihm, wenn er ihn gerissen hat.

Gerissen: Dass er ihm die Glieder jämmerlich gekrümmt hat. Denn die Tyrannei und Grausamkeit des Teufels ist sehr groß, und er würde mit den Leuten schrecklich umgehen, wenn wir nicht von Gott behütet werden, für welche himmlischen Guttaten wir Gott dem Herrn danken sollen.

40. Und ich habe Deine Jünger gebeten, dass sie ihn austrieben, und sie konnten nicht.

Ihn austrieben: Den unsauberen Geist, der meinen Sohn so jämmerlich plagt.

Konnte nicht: Es hatte zwar Christus seinen Aposteln Macht gegeben über die unsauberen Geister, aber diesen so grausamen Teufel auszutreiben, erforderte einen starken Glauben, welcher durch ein inbrünstiges Gebet erlangt wird. Und wird das Gebet durch Fasten oder Nüchternheit eifriger gemacht. Aber die Jünger waren im Glauben ganz schwach gewesen, und hatten das Gebet mit Fasten nicht geschärft, darum ist ihnen ihr Vorhaben auch nicht vonstattengegangen. Also dass Christus seinen Jüngern, da sie ihn fragten, warum sie nicht hätten, können diesen Teufel austreiben, zur Antwort gibt, um eures Unglaubens willen: Und diese Art (der Teufel) fährt nicht aus, denn durch beten und fasten {Mt 17}.

41. Da antwortete Jesus und sprach: O Du ungläubige und verkehrte Art! Wie lange soll ich bei euch sein und euch dulden? Bringe deinen Sohn her.

Art: Die zu solchen meinen großen und vielen Wunderwerken so starr sind, dass sie mir nicht traut, wie sie tun sollte. Denn weil auch der Vater des Besessenen einen schwachen Glauben hatte, schimpft Christus richtigerweise den Unglauben aller ernstlich.

Dulden: Dass ich euch vergebens mit Predigen und Wunderwerken lehre. Denn es denken die Kirchendiener oft, es sei alle ihre angewendete Mühe und Arbeit verloren, die zur Unterrichtung und Unterweisung der Zuhörer angewendet werden.

42. Und da er zu ihm kam, riss ihn der Teufel und zerrte ihn. Jesus aber bedrohte den unsauberen Geist und machte den Knaben gesund und gab ihn seinem Vater wieder.

Zerrt ihn: Dass er ihn jämmerlich plagte, und seine Glieder schrecklich zerrte, als ob er ihn in Stücke reißen wollte. Denn wenn der Satan weichen soll, so tobt und wütet er, als wollte er Himmel und Erde durcheinanderwerfen. Wir aber sollen trotzdem gute Hoffnung haben, und wissen, dass die Erlösung nahe ist. Es hat aber (wie andere Evangelisten melden) Christus den Vater gefragt, wie lange dieser Unfall denn bei dem Sohn gedauert hat, und sich ferner bei ihm erkundigt, ob er glaubte, dass er seinem Sohn helfen könnte. Denn es verzieht Gott häufig mit seiner Hilfe, als ob er sich unserer Trübsal nicht annehme.

Bedrohte: Dass er ihm befahl, auszufahren. Denn es ist kein Unglück so groß, dass Christus nicht wenden könnte. Und wenn unser Gebet eifriger wäre, so würden wir viel mehr bekommen, dessen wir um unseres Unglaubens willen müssen an Mangel leiden.

43. Und sie entsetzten sich alle über die Herrlichkeit Gottes. Da sie sich aber alle verwunderten über alles, was er tat, sprach er zu seinen Jüngern:

Entsetzten: Dass durch die göttliche Kraft ein solch großes Wunderwerk geschehen war. Es sind aber alle Wunderwerke Christi Zeugnis seiner ewigen Gottheit, denn er sie nicht aus fremder, sondern aus eigener Macht getan hat.

44. Fasst ihr zu euren Ohren diese Reden! Denn des Menschen Sohn muss überantwortet werden in der Menschen Hände.

Hände: Als wollte er sprechen: Ihr und andere verwundert euch zwar über meine Wunderwerke und schließt recht daraus, dass ich der Messias und Heiland der Welt bin. Aber daneben vertröstet ihr euch einer, weiß nicht was für leibliche Wohlfahrt in meinem Reich hier auf Erden, da es doch viel anders gehen wird. Denn es wird nicht mehr lange sein, so wird man mich in den Tod bringen, und werde ich meinen Feinden in die Hände gegeben, da auch die, so jetzt meine Wunderwerke rühmen, über mich schreien werden, kreuzige, kreuzige ihn. Darum sollen wir uns erinnern, wenn es uns wohl geht, dass bald ein großes Unglück entstehen könnte, auf dass wir nicht in fleischlicher Sicherheit überfallen und unterdrückt werden.

45. Aber das Wort vernahmen sie nicht, und es war vor ihnen verborgen, dass sie es nicht begriffen; und sie fürchteten sich, ihn nach diesem Wort zu fragen.

Begriffen: Sie, die Apostel, verstanden nicht, was Christus damit meinte, wenn er sagte, dass des Menschen Sohn leiden und sterben würde. Denn ihre Herzen waren voll guter Hoffnung von einem irdischen Reich Christi, in dem sie meinten, große weltliche Ehre zu bekommen. Sie durften dennoch Christus nicht darum fragen, was sie nicht verstanden. Denn welche Herzen mit fleischlichem Wahn eingenommen sind, die verstehen die Geheimnisse der christlichen Religion nicht, wenn auch ganz deutlich davon geredet wird. Wenn denn in den wiedergeborenen Menschen noch so ein großer Unverstand sich befindet, was sollte denn der freie Wille in den Menschen, die noch nicht wiedergeboren sind, ausrichten? Und tun die sich selbst übel, welche sich schämen, zu lernen, was ihnen zu wissen nötig ist.

46. Es kam auch ein Gedanke unter sie, welcher unter ihnen der Größte wäre.

Es: Jetzt folgt ein Beispiel der menschlichen Schwachheit an den Aposteln Christi.

Größte: Wem der Vorzug im Reich Gottes gebührte, und wer von ihnen der Nächste nach Christus sein würde. Weil sie meinten, Christus würde ein neues weltliches Reich errichten. Dieses wird auch bei Matthäus 18 und Markus 9 beschrieben. Es ist das menschliche Herz immer zum Ehrgeiz geneigt, und an den Kirchendienern kleben noch etliche Schwachheiten. Denn es hat Gott das Predigtamt nicht den Engeln, sondern den Menschen befohlen.

47. Da aber Jesus den Gedanken ihres Herzens sah, ergriff er ein Kind und stellte es neben sich

Gedanken: Denn Christus sind auch als einen Menschen der Leute Herzen und Gedanken offenbar.

Es: Jetzt folgt ein Beispiel der menschlichen Schwachheit an den Aposteln Christi.

48. und sprach zu ihnen: Wer das Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat. Welcher aber der Kleinste ist unter euch allen, der wird groß sein.

Gesandt hat: Das will so viel sagen: Dies Kind, welches überhaupt nicht ehrgeizig ist, sondern in seiner Einfalt da steht, ist vor Gott so hoch angesehen, dass, wenn jemand diesem Kinde um meinetwillen Gutes tut und sich seiner annimmt, dass ich es so rechnen und vergelten will, als wenn mir selber solche Guttat widerfahren wäre. Ja, er wird also belohnt werden, als wenn er es meinem himmlischen Vater selbst getan hätte. Darum lernt von den Kindern die Demut. Weil die Kinder, welche Gott lieb sind, keinen hohen Geist führen und nicht nach Würdigkeit noch nach Gütern streben. Darum, je demütiger ihr euch zeigt, je lieber ihr mir und meinem himmlischen Vater seid. Weil demnach Gott die Kinder so hoch liebt und für sie sorgt, so sollen wir uns hüten, dass wir an den Kindern, besonders die uns befohlen sind, nichts versäumen, was ihres Leibes und ihrer Seelen Wohlfahrt betrifft. Und wir sollen nicht vor ihnen reden oder tun, dadurch sie geärgert oder zum Bösen gereizt werden.

Groß sein: Vor den Augen Gottes. Denn je demütiger wir im Herzen sind, je größeres Ansehen wir vor Gott haben, der sich hoch gesetzt hat, und auf das Niedrige (mit Gnaden) sieht im Himmel und auf Erden, wie der 113. Psalm bezeugt.

49. Da antwortete Johannes und sprach: Meister, wir sahen einen, der trieb die Teufel aus in deinem Namen, und wir wehrten ihm; denn er folgt Dir nicht mit uns.

Da: Weil die Jünger vernahmen, dass ihnen von Christus der Ehrgeiz gezeigt und verwiesen wurde. So fragt Johannes, ob sie recht daran getan haben, dass sie einem, der die Teufel ausgetrieben hat, solches zu tun verboten hätten, welches ein Ansehen gehabt hat, als wäre es aus Ehrgeiz geschehen: Davon schreibt auch Markus im 9. Kapitel.

Mit uns: Weil er nicht in unserer apostolischen Zunft war, so hielten wir es so, dass es ihm nicht zu gestatten war, in deinem Namen Wunderzeichen zu tun, obwohl er nicht übel von Dir halten möchte.

50. Und Jesus sprach zu ihm: Wehrt ihm nicht; denn wer nicht wider uns ist, der ist für uns.

Für uns: Wer uns nicht übel nachredet, der hält es mit uns, und soll viel mehr als für einen Freund, als für einen Feind gehalten werden. Darum auch die Wunderzeichen, die er in meinem Namen tut, zu meiner Ehre gereichen, so sollen wir ihn nicht hindern. Denn die Kirche Christi ist nicht nur in einer Versammlung, sondern überall, wo einerlei Glaube und Religion ist. Und soll man anderen Leuten ihrer Gaben nicht missgönnen, noch aus Ehrgeiz jemand unterdrücken zu begehren, obgleich er nicht in unserer äußerlichen Gemeinschaft ist.

51. Es begab sich aber, da die Zeit erfüllt war, dass er sollte von hinweg genommen werden, wandte er sein Angesicht, stracks gen Jerusalem zu wandeln.

Genommen werden: Es war nicht mehr weit, dass er durch seinen Tod zu seiner himmlischen Herrlichkeit eingehen sollte.

Jerusalem: Auf dass er dort die Sünden der ganzen Welt, mit seinem bitteren Leiden und Sterben versöhnte. Denn da Christus gewusst hat, dass die Zeit seines Leidens vorhanden wäre, hat er sich nicht mehr an verborgenen Orten aufgehalten, sondern ist in der Stadt Jerusalem freiwillig eingezogen. Gleichwie aber Christus den baldigen Tod mit großer Standhaftigkeit sich gefasst gemacht, so will uns auch gebühren, dass wir mit Anrufung der göttlichen Hilfe uns vorbereiten, die Arbeit unseres Berufes auszustehen und die Trübsal zu erdulden, welche uns Gott auflegen will.

52. Und er sandte Boten vor sich hin; die gingen hin und kamen in einen Markt der Samariter, dass sie ihm Herberge bestellten.

Boten: Dass sie Christus und seinen Gefährten, die ihrer viele waren, Herberge bestellten, und was zu ihrer Unterhaltung nötig war.

53. Und sie nahmen ihn nicht an, darum dass er sein Angesicht gewendet hatte, zu wandeln gen Jerusalem.

Gewendet: Das heißt: Weil sie gemerkt haben, dass er mit seiner Gesellschaft nach Jerusalem zöge. Es waren aber die Samariter den Juden spinnefeind, und die Juden den Samaritern wiederum, weil sie nicht einerlei Religion hatten. Besonders der Samariter Religion ein Gemisch war, von der jüdischen und heidnischen zusammengestümmelt. Denn als die Assyrer die Hauptstadt des Königreiches Israel, Samaria eroberten, und also das ganze Königreich unter ihre Gewalt gebracht hatten, auch die Israeliten gefangen aus ihrem Lande weggeführt und an ihrer statt gottlose Heiden hineingesetzt worden waren, und aber Gott über solche Heiden Abgötterei erzürnt, dass er Löwen unter sie gesandt hat, welche viele umgebracht haben, hat der König in Assyrien etliche Priester von den gefangenen Israeliten wiederum ins Land kommen lassen, dass sie die israelitische Religion zu Samarien wieder anrichten sollten, welches sie getan haben. Aber dennoch, weil die gottlosen Heiden der Abgötterei gewohnt waren, haben sie sich nicht davon abbringen lassen, daher eine gemischte Religion erwachsen ist. Denn weil diese Samariter zum Teil Gott den Herrn ehrten, und daneben auch den Abgöttern dienten, nach der Heiden Brauch, aus welchen Ländern sie nach Samarien gekommen waren, wurde eines durch das andere gemischt, und nichts Richtiges daraus {2Sam 17}. Es ist aber Gott der gemischten Religion Feind und hat ein Gräuel darüber. Welche auch einer falschen Religion anhängen, die hassen und verfolgen die reine Lehre samt ihren Bekennern, wie es die Katholiken tun. Heutigen Tages wollen auch wie vorzeiten die Samariter, diejenigen Christus nicht eine Herberge geben, welche nicht leiden wollen, dass das Evangelium Christi bei ihnen rein gepredigt werde.

54. Da aber das seine Jünger, Jakobus und Johannes sahen, sprachen sie: Herr, willst Du, so wollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel falle und verzehre sie, wie Elia tat.

Sahen: Dass die Samariter Christi die Herberge abschlugen.

Sprachen sie: Aus einem unzeitigen und fleischlichen Eifer, damit sie entzündet waren.

Elias tat: Es ist aber den beiden Jünger damals zugefallen die Geschichte, wie der Prophet Elias zwei Hauptleute, deren jeder 50 Kriegsknechten hatte, ihn sahen, durchs Feuer vom Himmel verbrennen lassen {2Sam 1}. Dieses Beispiel die Apostel nun zur Unzeit unrecht gebrauchten, und aus fleischlichem Zorn, Rache zu üben begehrten, weil sie sahen, dass sie samt ihrem Meister von den Samaritern verachtet würden.

55. Jesus aber wandte sich und bedrohte sie und sprach: Wisst ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid?

Geistes Kinder: Euch ist der Geist des Propheten Elias nicht gegeben, dass ihr den Verächtern des Evangeliums äußerliche Strafen anlegen sollt. Sondern ihr seid zum evangelischen Predigtamt berufen, auf dass ihr mit holdseligen Lehren das Evangeliums der Leute verwundete und zerschlagene Herzen heilt.

56. Des Menschen Sohn ist nicht kommen, der Menschen Seelen zu verderben, sondern zu erhalten.

Menschen Sohn: Nämlich, ich, euer Herr und Meister, bin nicht darum in die Welt gekommen, dass ich der Menschen Seelen oder Leiber verderben will, sondern dass ich sie erhalte und selig mache. Darum soll euch, als meine Jünger, dass ihr mit so linden und sanftmütigen Herzen gegen die Irrenden gesinnt seid. Hier hat man vielerlei zu merken. Zum Ersten, dass auch heilige Leute häufig von einem Eifer aufgebracht werden, solche Sachen zu verrichten, die ihnen nicht gut anstehen. Denn Sie tragen noch Fleisch und Blut mit sich herum: Danach, dass ein jeder fleißig darauf achtet, wozu er berufen ist, und mit was für Gaben des Heiligen Geistes er ausgerüstet ist, auf dass er das Ziel seines Berufes nicht überschreitet. Darum soll man heiliger Leute besondere Taten nicht so schnell begehren nachzutun; und dass Christus an der Menschen Verderben nicht Lust habe, sondern an ihrer Seligkeit.

57. Und sie gingen in einen anderen Markt. Es begab sich aber, da sie auf dem Wege waren, sprach einer zu ihm: Ich will Dir folgen, wo Du hingehst.

Anderen Markt: Denn sie bei den Samaritern wieder ihres Willen nicht eindringen wollten. Welche darum unter dem Schein des Evangeliums wider der Obrigkeit Willen sich eindringen, und an den Orten lehren und wohnen wollen, da die weltliche Obrigkeit ihre Lehre nicht dulden will, die können sich an dem Beispiel Christi nicht behelfen, welches ihnen allerdings zuwider ist.

Hingehst: Ich bin bereit, dein ständiger Gefährte und Jünger zu sein, darum bitte ich Dich, dass Du mich in die Zahl Deine Jünger, die immer um Dich sind, aufnehmen wollest. Es hat aber Christus gesehen, dass dieser Mensch keine geistliche oder himmlische, sondern zeitliche und irdische Güter suchte. Darum hat er einen solchen Freund von sich gewiesen. Denn es gibt viele, die suchen bei dem Bekenntnis des Evangeliums, nur dass sie mögen hervorkommen, und Reichtümer sammeln, aber sie werden in ihrer Hoffnung oft betrogen.

58. Und Jesus sprach zu ihm: Die Füchse haben Gruben, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester, aber des Menschen Sohn hat nichts, da er sein Haupt hinlege.

Hinlege: Das will so viel sagen: Ich bin für meine Person ganz arm, also, dass ich auch kein eigenes Haus habe, darin ich wohnen möchte, darum wenn Du willst reich werden, und in dieser Welt hochkommen willst, so musst Du Dich an einen anderen Ort halten. Denn bei mir wirst Du von diesen Dingen nichts bekommen. Es ist aber Christus arm geworden um unseretwillen, da er doch reich war, auf dass wir durch seine Armut reich würden {2Kor 8}. Obwohl nun Christus nicht darum in diese Welt gekommen ist, dass er uns mit zeitlichen Gütern überschüttet, so gibt er uns doch Nahrung oder Kleidung {Mt 6}. Und welche in Armut leben, oder im Elend ohne bleibende Stätte herumschweifen, die sollen solch Kreuz mit Christus geduldig tragen und nicht zweifeln, sie werden das himmlische Vaterland und immer dauernden Reichtum bekommen. Welche aber Güter, Häuser, und Höfe haben, die sollen das Herz nicht daran hängen, sondern sein, als wenn sie es nicht besitzen {1Kor 7}. Auf dass sie nicht vielmehr des Mammons, als Gottes Diener erfunden werden.

59. Und er sprach zu einem andern: Folge mir nach! Der sprach aber: Herr, erlaube mir, dass ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe.

Mir nach: Komm zu meinen Aposteln, auf dass Du meine Predigten täglich hörst, und meine Wunderwerke sehen kannst. Denn Christus hat neben seinen zwölf Aposteln, noch siebzig Jünger erwählt, die er mit gleichem Befehl, wie Apostel ausgesendet hat, dass sie das Evangelium predigen sollten, wie aus dem Anfang des folgenden Kapitel zu sehen ist.

60. Aber Jesus sprach zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; gehe Du aber hin und verkündige das Reich Gottes.

Verkündige: Ich will jetzt bald deinen Dienst dazu gebrauchen, dass Du das Evangelium predigst, welches den Leuten das Himmelreich anbietet, solchem Beruf sollst Du richtigerweise folgen. Und verbiete ich zwar die Werke der Liebe nicht, welche man den Eltern zu leisten schuldig ist, es können aber solche äußerlichen Werke, deren eines ist, dass man die Toten ehrlich begraben soll, auch von denen verrichtet werden, die ohne Glauben und geistlich gestorben sind. Darum sollst Du auf deinen gegenwärtigen neuen Beruf Deine Gedanken richten. Denn obwohl man den Freunden und Verwandten dienen soll, jedoch, wenn uns ein besonderer göttlicher Beruf woanders fordert, so soll man gehorsam sein, und um eigener Geschäfte willen, die allgemeinen Sachen versäumen, welche wir Gott und der Kirche zu leisten schuldig sind.

61. Und ein anderer sprach: Herr, ich will Dir nachfolgen; aber erlaube mir zuvor, dass ich einen Abschied mache mit denen, die in meinem Hause sind.

Nachfolgen: Dass ich dein Jünger werde, und stets um Dich sei.

Abschied: Lass mich vorher mein Testament machen, und alle Sachen ordnen, wie ich es gehalten haben möchte von den Meinen, wenn es sich zuträgt, dass ich nicht wieder zu ihnen käme. Dieser Mensch war sehr darauf bedacht, wie er die irdischen Sachen gut ordnen möchte, als dass er um das Himmlische sich viel gekümmert hätte, und wusste dennoch einen feinen Schein vorzubringen. Denn es lassen sich viele das Zeitliche mehr als das Geistliche angelegen sein.

62. Jesus aber sprach zu ihm: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes.

Pflug legt: Denn das Predigtamt ist dem Ackerbau gleich. In welchem himmlischen Ackerbau die Kirchendiener Gottes Mitarbeiter sind {1Kor 3}, darum sollen sie in solchem Ackerbau tapfer sich gebrauchen lassen und nicht woanders hingaffen, dass sie unterdes von ihrem Beruf sich wollten abhalten lassen, oder diesen verlassen. Denn welche zeitliche Sachen in ihrem Beruf vorziehen, die taugen nicht zum Predigtamt, durch welches den Leuten der Weg zum Himmelreich gezeigt wird. Es sollen darum weder Weib noch Kinder, weder Eltern noch Freunde, viel weniger zeitlichen Güter und Würde uns von unserem Beruf abhalten.


Das 10. Kapitel

  • Christus erwählt weitere 70 Jünger, denen er in Judäa und Galiläa zu predigen befiehlt. Die Undankbarkeit gegen das gepredigte Evangelium wird durch die darauf folgenden Strafen herausgestrichen. Da die Jünger wieder kommen, und über den geistlichen Fortgang der Predigt des Evangeliums sich freuen, ermahnt sie Christus zur Demut und dankt seinem himmlischen Vater, dass er die Geheimnisse, so den Weisen dieser Welt verborgen sind, den Unmündigen geoffenbart habe. Antwortet danach auf die Frage, wie man das ewige Leben erlangen soll. Spricht von dem, der unter die Mörder gefallen war, und zeigt Martha und Maria ungleiches Tun an.

1. Danach sonderte der Herr andere siebzig aus und sandte sie zwei und zwei vor sich her in alle Städte und Orte, da er wollte hinkommen.

Je zwei: Auf dass ihre Botschaft desto mehr Ansehen hätte. Weil Christus spürte, dass die Leute in Judäa und Galiläa das Evangelium zu hören ein großes Verlangen hatten, und die Zeit seines Leidens nahe war, hat er ohne die zwölf Apostel weitere siebzig Jünger erwählt und sie ausgesendet, das Evangelium zu predigen und Wunderzeichen zu tun. Ich glaube aber, dass Christus diese Zahl darum bestimmt hat, auch das des Mose Vorbild erfüllt werde, welcher auf den Befehl Gottes aus der ganzen israelitischen Gemeinde siebzig Männer erwählte, dass sie mit ihm die Last der Regierung trügen {4Mos 2}. Es haben diese siebzig Jünger nach der Auferstehung Christi und der Sendung des Heiligen Geistes am Pfingsttag ohne Zweifel das Evangelium von Christus immer und beständig gepredigt. Soviel es denn ihre Instruktion oder ihren Unterricht angeht, haben sie beides von Christus bekommen. So sind ihre Predigten den zwölf Aposteln gleich gewesen; das wird auch in Matthäus 10 beschrieben.

2. Und sprach zu ihnen: Die Ernte ist groß, der Arbeiter aber ist wenig; bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter aussende in seine Ernte!

Ist groß: Es ist eine große Anzahl derjenigen, die das Evangelium zu hören ein Verlangen tragen, und durch die Predigt des Evangeliums, als eine zeitige Ernte, in die himmlischen Scheunen sollten versammelt werden, aber es finden sich wenig treue Arbeiter. Denn die Pharisäer und Schriftgelehrten wandten mit ihren Verfälschungen die Leute vom Himmelreich ab, darum man sie für keine treuen Arbeiter halten konnte. Obwohl nun heutigentags hin und wieder viel Kirchendiener sind, so sind doch ihrer nicht viele, die mit einem rechten und in brünstigem Eifer Gottes Ehre und der Kirchenwohlfahrt allein suchen, denn auch Paulus an Timotheus so schreibt: Sie suchen alle das Ihre, nicht dass Christi Jesu ist {Phil 2}.

Herrn: Welcher der oberste Ackermann über den geistlichen Ackerbau ist.

Arbeiter: Die treu und fleißig sind und in der Kirche Gottes mit Nutzen arbeiten. Denn obwohl man seine Knaben, die einen guten Verstand haben, von Jugend auf in den geistlichen Schulen unterrichten und zum Predigtamt aufziehen soll, so muss man dennoch daneben auch Gott ernstlich anrufen um den Segen und das Gedeihen, damit nicht, welche Hirten sein sollten, zu Wölfen oder Mietlingen werden, die nur allein das Ihre suchen und um der Kirchenwohlfahrt sich nicht besonders kümmern.

3. Geht hin! Siehe, ich sende euch als die Lämmer mitten unter die Wölfe.

Wölfe: Darum macht euch bereit zur Verfolgung, dass ihr sie mit standhaftem Gemüt ausharren und überwinden könnt, weil die Feinde des Evangeliums unter euch toben und rumoren werden, wie die Wölfe unter den Schafen. Man liest aber in den evangelischen Geschichten nichts davon, dass vor dem Leiden und der Auferstehung Christi jemand von seinen Jüngern sei getötet worden. Darum hat Christus mit dieser Erinnerung lehren wollen, was ihnen, nach seiner Auferstehung in der Abfertigung, da sie das Evangelium in der ganzen Welt predigen sollten, begegnen würde. Denn welche das Predigtamt in der Kirche verwalten sollen, die müssen sich beizeiten dazu gefasst machen, dass sie Trübsal und Verfolgungen erdulden mögen. Denn die falschen Lehrer haben einen grausamen Sinn, und unterstehen sich die Obrigkeit und das Volk wider die rechten Diener Gottes und reinen Lehrer zu verhetzen. Wir sollen aber der Verheißung Christi bedenken. Wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es erhalten {Lk 9}.

4. Tragt keinen Beutel noch Tasche noch Schuhe und grüßt niemanden auf der Straße.

Noch Schuhe: Denn weil die siebzig Jünger sagen möchten: Wo nehmen wir Nahrung auf dem Wege her, wir sind doch mit keinem Werkzeug ausgerüstet oder versehen, dessen man zu einer Reise, besonders wenn sie lange dauert, bedarf. So will Christus solcher Einrede zuvorkommen und will so viel sagen, es ist nötig, dass ihr euch nach Beutel oder Taschen umseht, darin ihr Speise und Kleider mit euch herumführt, wie andere Gesandte es machen, so bedürft ihr auch nicht mehr Schuhe, als die ihr anhabt. Denn was ihr an Nahrung und Kleidung nötig habt, das werden euch diejenigen geben, denen ihr das Evangelium predigt, und die Kranken, die ihr gesund macht. So wird auch diese eure Reise nicht so lange dauern. Obwohl nun Christus mit diesen Worten keine allgemeine Regel allen Kirchendienern vorschreiben wollte, als ob sie die nötigen Sachen auf ihrer Reise nicht mitnehmen dürften, so erinnert er uns doch, dass wir uns mit einem geringen begnügen lassen sollen, und bedenken, dass das Reich Christi nicht von dieser Welt ist.

Straße: Das heißt, seid nicht träge und langsam, eure Botschaft zu verrichten, und geht nicht mit anderen Sachen um, sondern trachtet mit höchstem Fleiß danach, dass ihr ausrichtet, was euch befohlen ist. Denn welche mit vielen Bekanntschaften sich aufhalten lassen, die bringen die Zeit mit schwätzen vergeblich zu. Eine gleiche Art zu reden findet man auch im 2. Buch der Könige im 4. Kapitel: Da der Prophet Elisa seinen Gehilfen Gehasi ausschickte und wollte, dass er eilen sollte, da sagte er zu ihm: So Dir jemand begegnet, so grüße ihn nicht, und grüßt Dich jemand, so danke ihm nicht. Mit welchen Worten die Höflichkeit im Grüßen und Danken nicht verboten wird, sondern wir werden dabei erinnert, dass wir in der Verrichtung unseres Berufes nicht sollen nachlässig sein, oder andere Sachen tun, die uns nicht befohlen sind, damit wir das Nötigste nicht versäumen.

5. Wo ihr in ein Haus kommt, da sprecht zuerst: Friede sei in diesem Hause!

Sprecht: Wünscht zuerst den Leuten Glück und Heil, bei denen ihr einkehrt. Denn die Hebräer begreifen unter dem Namen des Friedens alle glückliche Wohlfahrt. Und ist in der Wahrheit der Friede mit Gott im Gewissen und der Friede auf Erden mit den Leuten die größte und vortrefflichste Gabe Gottes.

6. Und wenn dort ein Kind des Friedens ist, so wird euer Friede auf ihm ruhen; wo aber nicht, so wird sich euer Friede wieder zu euch wenden.

Kind des: Das heißt: Wenn die Leute im Hause fromm sein werden, so wird euer Gruß einen kräftigen Nachdruck haben, dass ihnen alles Gutes widerfahren wird. Sind sie aber böse, so werdet ihr das Gute erlangen, was ihr ihnen gewünscht habt. Denn die frommen Glückwünsche sind kräftig, wenn sie frommen Leuten gewünscht werden, aber die Gottlosen boshaften Flüche schaden den frommen Leuten nicht, welche gegen sie ausgestoßen werden, sondern fallen denen wieder auf den Kopf, die sie ausgesprochen haben.

7. In dem Hause aber bleibt, esst und trinkt, was sie haben; denn ein Arbeiter ist seines Lohnes wert. Ihr sollt nicht von einem Hause zum andern gehen.

Zum anderen: Wechselt die Herbergen nicht oft, sondern nehmt das für gut, was euch vorgetragen wird, dass man nicht meine, ihr sucht nur das Gute und die Wollust, als dass ihr das Reich Gottes begehrt zu befördern. Ihr könnt aber mit gutem Gewissen Nahrung von denen empfangen, welchen ihr das Evangelium predigt und welche ihr von ihren Krankheiten gesund macht. Es waren aber vorzeiten keine allgemeinen Wirtshäuser oder Gasthöfe, sondern die fremden Personen kehrten bei frommen Leuten ein und wurden freundlich aufgenommen. Daher das Gebot des Apostels zu den Hebräern lautet: Gastfrei zu sein vergesst nicht, denn durch das selbige haben etliche Engel beherbergt {Hebr 13}. Wir werden aber auch hier erinnert, dass wir die Personen nicht oft wechseln, die wir zu unserem Dienst bedürfen, auf dass wir nicht der Leichtfertigkeit oder anders in einen Verdacht kommen. Und werden die Zuhörer des Evangeliums erinnert, dass sie den Kirchendienern Unterhaltung zu geben schuldig sind. Denn der Herr (spricht Paulus) hat befohlen, dass, die das Evangelium verkündigen, sollen sich auch vom Evangelium ernähren. Das ist zu lesen im 9. Kapitel im 1. Korinther.

8. Und wo ihr in eine Stadt kommt, und sie euch aufnehmen, da esst, was euch wird vorgetragen,

Vorgetragen: Dieses nehmt für gut an, und begehrt nichts weiter. Dafür, dass sie euch mit Nahrung versorgen, erzeigt ihnen wiederum die Guttat, dass ihr die Kranken gesund macht, und ermahnt sie zur Buße, denn es bietet ihnen Gott der Vater durch die Predigt des Evangeliums und durch den Messias das Himmelreich und ewiges Leben an. Dies ist eine gute Gelegenheit, die ewige Seligkeit zu erlangen, welche sie nicht versäumen sollen. Mit was für Augen aber werden einmal diejenigen Christus angesehen, welche von den Kirchengütern sich unterhalten lassen, also durch die Kirche ernährt werden, der Kirche aber in keiner Sache dienen, weder mit Lehren noch mit Ermahnen, sondern sind mit ihren Lastern der Kirche viel mehr ärgerlich und eine Last.

9. und heilte die Kranken, die dort sind, und sagt ihnen: Das Reich Gottes ist nahe zu euch gekommen.

10. Wo ihr aber in eine Stadt kommt, da sie euch nicht aufnehmen, da geht heraus auf ihre Gassen und sprecht:

Nicht aufnehmen: Dass eure Ermahnungen nicht bei ihnen fruchten.

Sprecht: Verkündigt ihnen das strenge Gericht Gottes, welches in diesem und zukünftigen Leben über sie ergehen wird, weil sie die angebotene Seligkeit von sich gestoßen haben. Und tut auch zu eurer Bezeugung die äußerlichen Zeremonien hinzu, dass ihr den Staub von euren Füßen schüttelt, zum Zeichen, dass sie von Gott verdammt und zum ewigen Verderben bestimmt sind, welche Gott in dieser Weise von sich werfen und verstoßen, dass ihr auch nicht gerne wolltet, dass ein Staubkorn von solchem verfluchten Ort an euch bliebe. Gleiches liest man auch bei Nehemia im 5. Kapitel. Denn da dieser in Erfahrung gebracht hatte, dass etliche Juden ihre Brüder mit Wucher ausgesogen und ihre Güter an sich zogen, ermahnt er die Wucherer, dass sie die Güter wieder herausgeben sollten, und schüttelt seinen Busen darüber, und spricht, also schüttelt Gott aus jedermann von seinem Hause und von seiner Arbeit, der dieses Wort nicht gebraucht, dass er sei ausgeschüttelt und leer. Man muss aber den Gottlosen das Gericht Gottes vorhalten, damit sie noch irgendeine Buße täten. Denn also spricht Gott in der Weissagung des Propheten Hesekiel im 33. Kapitel. Wenn ich zu dem Gottlosen sage: Du Gottloser musst des Todes sterben, und Du sagst ihm solches nicht, dass sich der Gottlose warnen lasse in seinem Wesen, so wird wohl der Gottlose um seines gottlosen Wesens willen sterben, aber sein Blut will ich von Deiner Hand fordern.

11. Auch den Staub, der sich an uns gehängt hat von eurer Stadt, schlagen wir ab auf euch; doch sollt ihr wissen, dass euch das Reich Gottes nahe gewesen ist.

12. Ich sage euch: Es wird Sodom erträglicher ergehen an jenem Tage denn solcher Stadt.

Erträglicher: Denn die Sodomiter sind zwar sehr lasterhafte Leute und große Übeltäter gewesen; darum sie auch mit Schwefel und Feuer vom Himmel verbrannt wurden {1Mos 19}. Sie werden auch ewig in der Hölle brennen, weil sie in ihren Sünden gestorben sind. Aber die Leute, denen ihr das Evangelium predigt, werden das Reich Gottes erlangen. Die aber das Wort Gottes verachten, werden am Jüngsten Tag zu größerer Pein verdammt werden, dass sie ewig werden leiden müssen, weil sie die angebotene Gnade Gottes mutwillig verachtet haben. Darum übertrifft die Verachtung des Evangeliums alle anderen Laster. Es verachten aber das Evangelium diejenigen, welche dem Evangelium nicht glauben, noch ihr Leben auf die Predigt des göttlichen Wortes bessern. Auch hat man hier dieses zu merken, dass die Gottlosen und Unbußfertigen nach den zeitlichen Strafen auch mit ewiger Qual gepeinigt werden.

13. Wehe Dir, Chorazin! Wehe Dir, Bethsaida! Denn wären solche Taten zu Tyrus und Sidon geschehen, die bei euch geschehen sind, sie hätten vorzeiten im Sack und in der Asche gesessen und Buße getan.

Wehe: Mit der Gelegenheit, da Christus den Verächtern das Evangelium ihre Strafe verkündigt, schimpft er auch etliche Städte und nennt sie mit Namen, in denen er selbst mit schlechtem Nutzen gelehrt und Wunderzeichen getan hatte.

Und Sidon: In den berühmten Handelsstädten, wenn in diesen mein Evangelium wäre öffentlich gepredigt und mit so vielen und großen Wunderwerken bestätigt worden wäre, wie in den Städten zu Chorazin und Bethsaida geschehen, so hätten gewisslich diese Leute ernstliche Buße getan und währen selig geworden.

Asche: Denn welche damals sich ernstlich vor Gott demütigten, die zogen ein grobes geringes Kleid an und setzen sich in die Asche oder in den Staub, streuten auch Asche oder Staub auf den Kopf.

14. Doch es wird Tyrus und Sidon erträglicher ergehen am Gerichte denn euch.

Denn euch: Den Einwohnern der Städte Chorazin und Bethsaida. Denn welche ihrer Bosheit keine Unwissenheit vorwenden können, die werden härter und ernstlicher von Gott bestraft werden, als andere, so sie die Wahrheit nicht gewusst haben. Und Gleichwie eine weltliche Obrigkeit mancherlei Todesstrafen hat, da immer eine härter ist als die andere. Also werden auch in der Hölle etliche größere Pein und Marter leiden als die anderen. Warum aber Gott den Einwohnern von Sidon keine Propheten oder später Apostel geschickt, steht uns nicht zu, diesem nachzuforschen. Wir sollen Gott von Herzen danken für das reine Predigtamt des Evangeliums und sollen das Bekenntnis des Evangeliums mit einem ehrlichen Wandel zieren.

15. Und Du, Kapernaum, die Du bis an den Himmel erhoben bist, Du wirst in die Hölle hinuntergestoßen werden.

Erhoben: Denn es sind mehr und größere Wunderwerke in Dir geschehen und mehr herrliche Predigten in Dir gehalten worden, als sonst in irgendeiner Stadt, darum hat Dich Gott zu den höchsten Ehren erhoben und Dir einen berühmten Namen gemacht.

Gestoßen: Gott wird Dich mit desto schwereren Strafen heimsuchen, je größere Gaben und Guttaten er Dir erzeigt hat, dafür Du ihm nur undankbar gewesen bist. Denn je größer die Gaben von Gott sind, je härter er unsere Undankbarkeit strafen wird.

16. Wer euch hört, der hört mich, und wer euch verachtet, der verachtet mich; wer aber mich verachtet, der verachtet den, der mich gesandt hat {Mt 10v40 Joh 13v20}.

Wer: Zum Schluss dieses Unterrichtes, welchen Christus seinen siebzig Jüngern getan hat, machte er ihnen Mut, dass sie wussten, Gott selber würde diejenigen um ihrer Verachtung willen strafen, welche sie nicht hören wollten. Dagegen aber werde es im Himmel bestätigt sein, was sie aus dem Befehl Christi auf Erden handeln werden.

Hören mich: Das heißt: Wenn jemand eure Lehre mit wahrem Glauben annehmen wird, der wird eben sowohl selig werden, als wenn er mich selber hätte hören predigen. Wiederum aber, wenn jemand eure Lehre verachten wird, der verachtet mich selbst, ja nicht nur mich, sondern spottet auch meines himmlischen Vaters. Die gleiche Meinung hat es auch heutigentags mit dem Predigtamt des Evangeliums. Denn wer dem Evangelium, welches von dem Kirchendiener rein gepredigt wird, glaubt, der wird so selig, als wenn er Christus selber predigen gehört hätte: Wer aber die reine Lehre des Evangeliums verachtet oder auch verfolgt, der tut solches nicht einem Menschen, sondern setzt sich gegen Gott selbst und wird wegen seiner Verachtung ewig gestraft werden. Nach diesem empfangenen Befehl sind die siebzig Jünger ausgegangen und haben das Evangelium vom Reiche Gottes gepredigt und Wunderzeichen getan.

17. Die siebzig aber kamen wieder mit Freuden und sprachen: Herr, es sind uns auch die Teufel untertan in deinem Namen.

Kamen wieder: Nachdem sie ihre Botschaft verrichtet hatten.

Namen: Es ist uns also auf dieser Reise sehr gut ergangen. Denn man hat uns an vielen Orten gern gehört, und wir haben herrliche Wunderzeichen dazu getan, dass uns seltsam vorgekommen ist, so haben auch die bösen Geister aus den Menschen weichen müssen, so auch wir ihnen solches in deinem Namen geboten haben. Bei dieser Freude der Jünger hat sich eine fleischliche Hoffart gefunden. Denn man findet Leute, die um etlicher Gaben des Heiligen Geistes sich selbst wohl gefallen, als mangelte ihnen zur wahren und ewigen Wohlfahrt nichts mehr, doch wo viel Gaben des Heiligen Geistes sind, machen diese einen Menschen vor Gott nicht besser. Denn es wird Christus zu etlichen, die in seinem Namen Teufel ausgetrieben haben, an jenem Tage sagen: Ich kenne euch nicht, weicht von mir alle, ihr Übeltäter {Mt 7}.

18. Er sprach aber zu ihnen: Ich sah wohl den Satanas vom Himmel fallen als einen Blitz

Blitz: Darum wundert es mich nicht, dass die Teufel aus den Menschen gewichen sind, da ihr es in meinem Namen geboten habt, weil ich vor der Zeit gesehen habe, wie der Satan aus dem Himmel verstoßen wurde, und wusste, dass seine Gewalt durch euer Predigtamt niedergelegt würde. Denn also war es im Himmel beschlossen, dass des Satans Gewalt, so er an den Menschen geübt hat, ihm sollte genommen werden. Darum sollen wir nicht den Satan, sondern des Satans Herrn, unseren Gott, fürchten. Wenn alle Teufel auch nicht ein Haar von unserem Haupt, ohne unseres himmlischen Vaters Zulassen, können nehmen. Und sollen des Trostes bedenken, welchen Johannes in der Offenbarung setzt, da er sagt, der (Satan) ist verworfen, der sie (unsere Mitbrüder) verklagt Tag und Nacht, vor Gott {Apg 12}.

19. Seht, ich habe euch Macht gegeben, zu tretet auf Schlangen und Skorpione, und über alle Gewalt des Feindes; und nichts wird euch beschädigen.

Skorpione: Dass, wenn sie euch gleich stechen, ihr dennoch dadurch keinen Schaden empfindet.

Feindes: Nämlich, des Teufels, wenngleich er alle seine Gewalt gebrauchen wollte, euch zu schaden, so wird er doch nichts ausrichten können. Ja, ich habe euch viel mehr die Gewalt gegeben, dass ihr über die Teufel herrscht, und sie durch meinen Namen austreiben könnt. Und was ich euch einmal verheißen habe, das wird bestehen und kräftig sein. Denn Gott nimmt seine Gaben nicht von uns, wenn wir sie recht gebrauchen. Eine gleiche Verheißung Christi steht auch bei Markus im 16. und in der Apostelgeschichte im 28. Kapitel. So liest man vom Paulus, dass ihm eine Otter nicht geschadet hat. Es sind aber solche Wunderwerke in der ersten Kirche geschehen, bis diese Lehre des Evangeliums bestätigt wurde. Darum bedarf man heutigentags keiner neuen Wunderwerke.

20. Doch darin freut euch nicht, dass euch die Geister untertan sind, freut euch aber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.

Untertan: Und ihr also die Gabe habt, dass ihr Wunderzeichen tun könnt, denn das hilft euch nicht zur ewigen Seligkeit, sondern dessen freut euch vielmehr, dass ihr durch die Taufe mir einverleibt seid, und zu Erben des Himmelreiches eingeschrieben wurdet. Also sollen wir auch wegen etlicher besonderer Gaben nicht frohlocken, welche uns Gott gegeben hat. Weil dergleichen viel auch in dem noch nicht neu geborenen Menschen sein können, sondern darüber sollen wir uns von Herzen freuen, dass wir durch die Taufe Bürger des himmlischen Reiches geworden sind. Denn wer getauft ist und an Christus glaubt, dessen Name ist im Register der himmlischen Bürger eingeschrieben. Wir müssen aber auch im Glauben und in der wahren Gottseligkeit beharren, auf dass unsere Namen nicht aus dem Buch des Lebens wiederum ausgelöscht werden.

21. Zu der Stunde freute sich Jesus im Geist und sprach: Ich preise Dich, Vater und Herr des Himmels und der Erde, weil Du solches den Weisen und Klugen verborgen hast, und hast es offenbart den Unmündigen: Ja, Vater, also war es wohlgefällig vor Dir.

Im Geist: Das heißt: Er hat eine besondere geistliche Freude im Herzen empfunden über den glücklichen Fortgang des evangelischen Predigtamtes.

Preise Dich: Und sage Dir Dank, dass, weil große, berühmte, und weise Leute mein Evangelium verachten, Du dennoch solches den einfältigen Leuten, welche wie die unmündigen Kinder sind, offenbart hast, also, dass mein Evangelium bis daher nicht ohne Frucht gepredigt worden ist. Dies hat aber nicht die Meinung, als ob Gott die weisen Leute ihres Verstandes beraubte, dass sie das Evangelium nicht könnten annehmen, wenngleich sie es wollten, sondern, das Evangelium vor ihnen verbergen. Das heißt, sie in ihrer Blindheit, darin sie bisher gesteckt, aus dem gerechten Urteil Gottes bleiben lassen und ihre Herzen nicht erleuchten. Obwohl es nun nötig ist, den Ursachen nachzuforschen, warum Gott die Weisen mit der Kenntnis des Evangeliums nicht erleuchtet, so darf man sich doch darüber nicht wundern. Denn die Weisen trauen oft auf ihre Weisheit zu viel und wollen nach derselben die Geheimnisse Gottes richten. So einen Gottlosen Übermut und eine Verachtung seiner Geheimnisse kann Gott nicht leiden. Es verwirft aber auch Gott nicht alle Weisen, gleichwie auch nicht alle Einfältigen erleuchtet sind. Denn Paulus spricht: Seht an euren Beruf, lieben Brüder, nicht viel Weise nach dem Fleisch, nicht viele Gewaltige, nicht viel Edle sind berufen, sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, dass er die Weisen zuschanden macht, und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, dass er zuschanden macht, was stark ist. Und das Unedle für die Welt, und das Verachtete hat Gott erwählt {1Kor 1}. Dann aber werden die Weisen auch unter die Kinder Gottes gerechnet, wenn sie den Wahn und den Dünkel ihrer eigenen Weisheit ablegen, und sich als lernende Schüler gegen den Herrn Christo ihrem Lehrmeister verhalten, das heißt, wenn sie zu Narren werden, auf dass sie weise sein können, wie Paulus ermahnt {1Kor 3}.

Der Vater: Mit diesen Worten gibt Christus dem Willen seines himmlischen Vaters Beifall und zeigt an, dass ihm seines himmlischen Vaters Tun und seine Ordnung gefallen.

Wohlgefällig: Weil Du, mein himmlischer Vater, es also für gut angesehen hast, so gefällt mir auch dein allerbester und weisester Rat. Und redet Christus dieses im Stand seiner Erniedrigung und in der Gestalt eines Knechtes, so lehrt er uns aber mit diesem Beispiel, dass wir Gottes Gericht uns gefallen lassen und nicht unrecht schimpfen.

22. Es ist mir alles übergeben von meinem Vater. Und niemand weiß, wer der Sohn sei, denn nur der Vater, noch wer der Vater sei, denn nur der Sohn, und welchem es der Sohn will offenbaren.

Alles: Denn damit niemand von Christo darum desto weniger hielte, weil er sich vor seinem himmlischen Vater so tief demütigte, so setzt er hinzu: Ich habe von meinem himmlischen Vater völlige Gewalt empfangen über alle Kreaturen, dass geschehen muss, was ich will, weil ich Gott und Mensch in einer Person bin. Darum hat Christus nach seiner menschlichen Natur alle Gewalt bekommen im Himmel und auf Erden, obwohl er diese, weil er auf Erden in der Gestalt eines Knechtes gegangen ist, nicht immer gebraucht hat: Er hat sie aber sehen lassen in seinen Wunderzeichen und mit der Tat zu verstehen gegeben, dass ihm nichts unmöglich ist.

Niemand weiß: Mit diesen Worten begegnet er denen, die Gedanken haben, da jemand hätte um der Niedrigkeit willen seiner Person vielleicht zu Unrecht von ihm halten und urteilen wollte.

Nur der Vater: Es hat aber der Vater von diesem Sohn mit heller Stimme vom Himmel bezeugt: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich ein Wohlgefallen habe {Mt 3 17}. Dieses Zeugnis des himmlischen Vaters sollen wir einfach glauben.

Nur der Sohn: Als der mit dem Vater gleich ewig und eines Wesens ist. Weil darum der eingeborene Sohn Gottes seines himmlischen Vaters Gemüt am besten kennt, so lasst uns ihn hören, was er von seines Vaters Willen, wie er gegen uns armen Sünder gesinnt ist, spricht: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“. So hat der Sohn Gottes den gnädigen Willen seines Vaters auch dem Patriarchen im Alten Testament geoffenbart, so viel zu ihrer ewigen Seligkeit ihnen nötig gewesen ist.

23. Und er wandte sich zu seinen Jüngern und sprach insonderheit: Selig sind die Augen, die da sehen, was ihr seht.

Und: Weil an dem Sohn Gottes, da er Mensch geworden ist, Gottes Gnade und Barmherzigkeit viel mehr hervorleuchtet, als vor Zeiten im Alten Testament, so ermahnt Christus seine Jünger, dass sie bei sich selbst ermessen sollen, in was für einer glücklichen Zeit sie leben, denn es ihnen so gut geworden ist, dass sie den Sohn Gottes und Heiland der Welt im Fleisch sehen können.

24. Denn ich sage euch: Viel Propheten und Könige wollten sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen; und hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.

Nicht gehört: Darum seid ihr die allerbesten Leute, dass ihr mich, den Messias, mit leiblichen Augen gesehen und für den Messias erkannt, auch meine herrlichsten und trostreichen evangelischen Predigten gehört habt. Denn es haben viele heilige Propheten und gottselige Könige im Alten Testament mit großem Verlangen mich sehen und meine öffentlichen und richtigen evangelischen Predigten zu hören begehrt, wie ihr. Aber sie haben mit der Kenntnis des Messias müssen zufrieden sein, die im Glauben geschieht, wie ihnen solche nach Gelegenheit derselben Zeit widerfahren konnte. Obwohl wir nun heutigentags Christus mit leiblichen Augen vor dem Jüngsten Tag auch nicht sehen, so sind wir doch deshalb seliger als die Propheten und Könige des Alten Testaments, weil wir an den Messias glauben, der bereits erschienen ist, und verstehen, dass die Weissagungen von Christus erfüllt sind; hören auch das Evangelium Christi ganz klar predigen. Denn selig sind (spricht Christus) die nicht sehen und doch glauben {Joh 20}. Darum sollen wir Gott dem Allmächtigen für solche großen Guttaten von Herzen danken.

25. Und siehe, da stand ein Schriftgelehrter auf, versuchte ihn und sprach: Meister, was muss ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe?

Und: Jetzt folgt ein Gespräch, so es zwischen Christus und einem Schriftgelehrten passiert ist.

Schriftgelehrter: Der das Gesetz Mose dem Volk auszulegen pflegte, der begehrte sein Heil an Christo zu versuchen, und sprach mit ihm.

Versuchte: Denn er begehrte nichts von ihm zu lernen, sondern wollte hören, was Christus antworten würde auf die Frage, wie man das ewige Leben bekommen muss, ob er einen anderen Weg zeigen würde, als die vollkommene Erfüllung des Gesetzes, auf dass er später etwas hätte, womit er ihn verspotten und verlästern könnte. Welche aber keine Lust zu der rechten Lehre haben, dass sie diese begehren zu lernen, die dürfen sich über das gerechte Urteil Gottes nicht beklagen, wenn sie in einem verkehrten Sinn gegeben werden, dass sie je länger je mehr geblendet werden, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, dass sie selig würden {2Thes 2}.

Tun: Hier muss man wohl beachten, dass dieser Heuchler nicht fragt, Meister, auf was für Weise und Wege kann ich zur Erbschaft des ewigen Lebens kommen, sondern spricht, was muss ich tun? Denn die menschliche Vernunft urteilt nicht anders, als dass wir mit unseren Werken und Verdiensten das ewige Leben erlangen können.

26. Er aber sprach zu ihm: Wie steht im Gesetz geschrieben? Wie liest Du?

Geschrieben: Von guten Werken, die man tun soll.

Liest Du: Erzähle mir die vornehmsten Gebote Gottes.

27. Er antwortete und sprach: Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt und Deinen Nächsten als Dich selbst.

Lieben: Also steht im Gesetz Mose geschrieben {5Mos 6}. Dein Herz, Gemüt, alle Deine Kräfte, Sinn, und Verstand sollen mit höchstem Fleiß und Vermögen Gott lieben, dass Du nichts denkst, wolltest, wünschest, redest, oder tust, welches der Liebe Gottes widerstrebt, und Gott deinen Herrn beleidigen könntest. Es soll auch keine Heuchelei in Dir sein, sondern Du sollst ganz und gar, so Du bist, in der Liebe Gottes inbrünstig sein, und alles Vertrauen allein auf ihn setzen, auch seine Beleidigung allein fürchten, und Du sollst diese Liebe nicht nur einen Tag, sondern die ganze Zeit deines Lebens leisten.

Dich selbst: {3Mos 19} Also dass Du nichts wünschst, dass Dir widerfahren sollte, welches Du Deinem Nächsten nach Vermögen nicht auch von Herzen zu leisten begehrst: Und nichts denkst, tust, oder willst, das deinem Nächsten schaden könnte, und was Du willst, dass Dir ein anderer auch nicht tut. Es hat aber nie ein Mensch gelebt, wird auch nicht leben (Christus allein ausgenommen), der solche Liebe gegen Gott und dem Nächsten geleistet hätte. Darum verkündigt das Gesetz allen Menschen den Fluch und die Verdammnis. Verflucht (spricht die Schrift) sei, wer nicht alle Worte dieses Gesetzes erfüllt, dass er danach tut {5Mos 27 Gal 3}. Darum wird niemand durch das Gesetz gerecht.

28. Er aber sprach zu ihm: Du hast recht geantwortet; tue das, so wirst Du leben.

Leben: Wenn Du das Gesetz Gottes genau hältst, und vollkommen erfüllst, so wirst Du das ewige Leben erlangen. Es zeigt aber Christus diesen Schriftgelehrten zum Gesetz, nicht dass jemand durch das Gesetz das ewige Leben verdient, sondern, dass er aus dem Gesetz seine Sünde und Schwachheit erkennt. Und ist eben mit dieser Antwort es so beschaffen, als wenn jemand einen kranken Menschen, der weder stehen noch gehen könnte, und dennoch sich selbst überredete, er wäre gesund, aufstehen und gehen hieße, dass er dadurch lerne und erfahre, wie übel es mit ihm beschaffen ist. Denn durch das Gesetz wird niemand vor Gott gerecht {Gal 4}.

29. Er aber wollte sich selbst rechtfertigen und sprach zu Jesu: Wer ist denn mein Nächster?

Wer ist: Als wollte er sprechen: Ich mach das und bin bereit, Gott vollkommen zu lieben, und meinen Nächsten wie mich selbst. Aber ich begehre von Dir zu hören, wer unter dem Namen des Nächsten zu verstehen ist, damit ich keinen übergehe, dem ich solche Liebe zu beweisen schuldig bin. Denn die Heuchler wollen der Wahrheit nicht Platz geben, sondern suchen immer Ausflüchte, auf dass man sie für fromm und gerecht ansehe, und suchen einen Schein, damit sie ihre Bosheit entschuldigen und verbergen mögen.

30. Da antwortete Jesus und sprach: Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab gen Jericho und fiel unter die Mörder; die zogen ihn aus und schlugen ihn und gingen davon und ließen ihn halb tot liegen.

Sprach: Dass er mit einem seiner Gleichnisse oder vielleicht wahrhaften Geschichte dem Heuchler die Wahrheit zeigte.

Liegen: Dieser Geschichte wird auch eine spiegelbildliche Deutung beigemessen von den Kräften des freien Willens, so noch nach Adams Weib gegeben war. Es haben aber die den rechten Verstand nicht und sehen nicht, was Christus damit gemeint hat. Denn er an diesem Ort nicht lehren wollte, was ein nicht wiedergeborener Mensch aus seinen Kräften in geistlichen Sachen vermag, sondern wer unser Nächster sei, dessen wir uns annehmen sollen. Sonst lehrt der Apostel Paulus, dass ein nicht wiedergeborener Mensch, nicht nur halb tot, sondern in Sünden tot sei {Eph 2}.

31. Es begab sich aber ungefähr, dass ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und da er ihn sah, ging er vorüber.

Vorüber: Dass er zu keinem Mitleiden gegen den armen Menschen bewegt wurde, und sich seiner nicht erbarmte.

32. Desgleichen auch ein Levit: Da er kam zu der Stätte und sah ihn, ging er vorüber.

Levit: Der ihn auch hilflos liegen lassen hat. Mit diesen Umständen und der Erzählung Christi auf der Priester, Leviten, Schriftgelehrten und Pharisäer Bosheit und Unbarmherzigkeit gestochen hat, die zwar von dem Gesetz viel schwätzen konnten, wie man es halten sollte, da sie doch die Werke der Liebe, so sie im Gesetz geboten waren, nicht beachteten. Denn die Heuchler können viel schwätzen, und ein langes Geschrei machen von guten Werken und wie man die Gebote Gottes halten soll, tun aber unterdes nicht das geringste, was sie von anderen fordern.

33. Ein Samariter aber reiste und kam dahin; und da er ihn sah, jammerte ihn sein,

Jammerte: Darum er sich vornahm, dass er sich seiner herzlich annehmen wollte, der sonst zum Tod gekommen wäre. Es waren aber sonst die Samariter den Juden feind, gleichwie wiederum die Juden den Samaritern nicht hold waren wegen ihrer widerwärtigen Religion.

34. ging zu ihm, verband ihn und tat Öl und Wein in seine Wunden, hob ihn auf sein Tier und führte ihn in die Herberge und pflegte sein.

Öl: Welches die Schmerzen linderte und die Wunde allmählich heilte.

Wein: Dass die Wunde nicht anfängt zu eitern.

35. Des andern Tages reiste er und zog heraus zwei Groschen und gab sie dem Wirt und sprach zu ihm; Pflege sein; und so Du was mehr wirst dartun, will ich Dir es bezahlen, wenn ich wiederkomme.

Mehr wirst: Aus diesen Worten schließen die Katholiken lächerlich, ohne genügende Gründe, dass der Mensch könne mehr gute Werke tun, denn das Gesetz erfordere, dass diese überflüssigen Werke besondere Belohnungen bei Gott verdienen. Ja es können auch solche guten Werke für Geld oder Güter anderen mitgeteilt werden, die sonst der guten Werke im Mangel stehen. Auf solche faulen Gründe besteht der Katholiken Religion in den Artikeln, darüber wir mit ihnen streitig sind.

36. Welcher unter diesen dreien, meinst Du, ist der Nächste gewesen dem, der unter die Mörder gefallen war?

Welcher: Jetzt richtet Christus das Gleichnis oder die Geschichte zu seinem Vorhaben, wie er sie gemeint hat.

Nächste: (Nach Luther) Der Nächste ist nicht allein der wohl tut, sondern auch der die Wohltat benötigt, denn wir sind alle untereinander Nächste.

37. Er sprach: Der die Barmherzigkeit an ihm tat. Da sprach Jesus zu ihm: So gehe hin und tue desgleichen!

Tat: Nämlich, der Samariter, welcher sich erbarmt, und das Werk eines Freundes und Bruders an dem verwundeten Menschen zeigt. Darum ist der Verwundete des Samariters Nächster gewesen, weil er seiner Hilfe bedurfte. Daraus wird klar, dass ein jeder unser Nächster ist, der unsere Hilfe benötigt, und dem wir helfen können, wenngleich er unser Feind und einer anderen Religion anhängig ist.

Und tue: Denn wir werden nicht darum unterrichtet von den Werken und Diensten, so man dem Nächsten zeigen soll, dass wir nur davon reden können, sondern dass wir auch nach unserem Vermögen diese dem Nächsten mit der Tat leisten.

38. Es begab sich aber, da sie wandelten, ging er in einen Markt. Da war ein Weib mit Namen Martha, die nahm ihn auf in ihr Haus.

Markt: Oder Flecken. Darin zwei gottselige Frauen wohnten, die Christus recht erkannt und als den Messias geehrt haben.

Nahm ihn: Wir nehmen also Christus unseren Herrn zur Herberge auf, wenn wir an ihn glauben, und der Gottseligkeit uns befleißigen. Denn ich (spricht Christus) und der Vater werden zu ihm kommen (der mein Wort hält) und Wohnung bei ihm machen {Joh 14}. Dieser holdselige Gast aber bringt geistliche und ewige Güter mit sich und führt uns endlich in das ewige Vaterland.

39. Und sie hatte eine Schwester, die hieß Maria; die setzte sich zu Jesu Füßen und hörte seiner Rede zu.

Rede zu: Weil er damals lehrte. Denn Christus ließ keine Gelegenheit, zu predigen, vorüber gehen. So oft wir darum Platz haben, dass wir den Nächsten mit gesunder Lehre oder nützlichen Ermahnungen bessern können, sollen wir es nicht unterlassen.

40. Martha aber machte sich viel zu schaffen, ihm zu dienen. Und sie trat hinzu und sprach: Herr, fragst Du nicht danach, dass mich meine Schwester lässt alleine dienen? Sage ihr doch, dass sie mir helfen soll!

Schaffen: Sie lief im Hause hin und her, war sehr ängstlich und beschäftigt, auf dass sie es dem Herrn Christo und seinen Jüngern richtig machen möchte.

Sprach: Mit großem Unwillen, weil es sie sehr verdross, dass Maria, ihre Schwester, zu den Füßen Christi müßig saß.

41. Jesus aber antwortete und sprach zu ihr: Martha, Martha, Du hast viel Sorge und Mühe!

Mühe: Derer Du wohl könntest entledigt sein.

42. Eines aber ist Not: Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.

Not: Und nötiger als alle anderen Deine Geschäfte und hin- und herlaufen, nämlich, Gottes Wort hören.

Gute Teil: Deine Schwester hat das beste und nützlichste Geschäft vor, dass sie mich hört lehren, solche göttlichen Guttaten werden ihr niemals genommen, sondern sie wird immer mit heilsamen Erinnerungen und lieblichem Trost, so er zum ewigen Leben gehört, ausgerüstet sein. Bei dieser Antwort Christi werden wir erinnert, dass zwar die weltlichen und häuslichen Geschäfte (besonders die, die aus Glauben und Liebe geschehen) Gott nicht missfallen, aber doch ist es viel nötiger und nützlicher, dass man Gottes Wort hört und lernt. Darum sollen wir die Predigten des göttlichen Wortes allen anderen Geschäften vorziehen. Die Katholiken bringen hier abermals ungereimte Sachen vor, dass sie der Maria Geschäfte mit dem weltlichen Tun und Hausstand vergleichen, Marias Interesse aber auf den geistlichen Stand und Mönchsorden deuten, welchen Gott doch nicht eingesetzt hat. Und ist das einmal gewiss, dass der weltliche Beruf Gott viel angenehmer und wohlgefälliger ist, als die Fantasien der Mönche und abergläubischen Gottesdienste, so sie ohne Gottes Befehl erdacht wurden.


Das 11. Kapitel

  • Christus schreibt seinen Jüngern eine Form zu beten vor, und zeigt an, warum man beten soll, mit dazu gehörigen Verheißungen. Treibt von einem stummen Menschen einen Teufel aus und verteidigt sein Wunderwerk wider der Pharisäer Lästerungen. Lehrt danach, welches rechte selige Leute sind. Darauf begehrt die ungläubige Art ein Zeichen vom Himmel. Da Christus von den Pharisäern geladen wird, setzte er sich mit ungewaschenen Händen zu Tisch und straft den äußerlichen Schein der Heiligkeit, dessen die Pharisäer sich befleißigen. Darum stellen ihm die Pharisäer heimlich nach.

1. Und es begab sich, dass er war an einem Ort und betete. Und da er aufgehört hatte, sprach einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger lehrte.

Betete: Denn man soll beten, weil uns solches von Gott befohlen wurde, und auch, weil wir durch das Gebet von Gott erlangen müssen, was er uns zu geben verheißen hat.

Lehre: Schreibe uns auch eine gewisse Form zu beten vor, wie es Johannes seinen Jüngern vorgeschrieben hat. Ich halte es aber so, dass dieser, der solches von Christus begehrt, einer von den siebzig Jüngern gewesen ist, welche Christus nach den zwölf Apostel erwählt hat. Denn die Apostel hatten das Vater Unser längst von Christus gehört, welches er ihnen selbst vorgesagt hat, wie Matthäus es bezeugt im 6. Kapitel. Obwohl nun auch der Frommen Seufzen vor Gott kräftige Gebete sind, so ist es doch gut, dass man eine gewisse Form zu beten hat, derer denn viel in den Psalmen gefunden werden, auf dass wir uns unserem Elend und was wir benötigen erinnern und desto emsiger beten. Es ist aber unter allen Gebeten das Vater Unser ohne Zweifel das Allerbeste und Richtigste, weil es alles in sich begreift, was ein frommer Mensch von Gott beten soll, und erlangen kann.

2. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ihr betet, sprecht: Unser Vater im Himmel, Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel.

Vater: Der Du uns mit väterlicher Liebe gewogen bist als Deinen Kindern, die Du aus Gnaden an Kindes statt aufgenommen hast: Der Du herrscht über alle Kreaturen, denn Du bist der Schöpfer und Herr des Himmels und der Erden. Darum fliehen wir zu Deiner väterlichen Güte und zu Deiner göttlichen Allmacht, und Du wirst uns gewiss erhören, weil Du unser Vater bist, so kannst Du uns auch zu Hilfe kommen, weil Du der Höchste und Mächtigste bist. Dieser Eingang des Vater Unser soll schnell unseren Glauben aufmuntern, dass wir ungezweifelt beten, denn unser himmlischer Vater wird uns nicht abschlagen, dessen wir benötigen. Und geht der Name des Vaters nicht nur die erste Person der Heiligen Dreifaltigkeit an, sondern auf den Sohn Gottes und den Heiligen Geist wegen der väterlichen Zuneigung, so die ganze Dreifaltigkeit zu uns hat.

Dein: Folgen jetzt die Sachen, darum wir bitten sollen.

Geheiligt: Das heißt: Gib, dass Dein Wort recht und rein bei uns gelehrt werde, auf dass wir aus diesem Dich recht erkennen lernen, und Dich mit dankbaren Herzen preisen. Gib auch, dass wir ein gottseliges und heiliges Leben nach deinem für uns vorgeschriebenen Worte führen, auf dass die Menschen unsere guten Werke sehen, und Dich, unseren Vater im Himmel preisen {Mt 5}. Denn durch die falsche Lehre wird der Name Gottes nicht geheiligt, sondern verlästert, und wenn das Volk Gottes schändlich lebt, so wird seinem Namen übel nachgeredet unter den Heiden {Röm 2}.

Komme: Das heißt: Gib himmlischer Vater, dass durch das Predigtamt und Sakrament der Heilige Geist unserer Herzen regiere und leite, auf dass wir nach diesem Leben in deinem Reich der ewigen Seligkeit teilhaftig werden. Zerstöre das Reich des Satans, welches voller Lügen und Tyrannei ist, unterhalte Deine Kirche in dieser Welt, bis sie ins Himmelreich komme. Wer nun diese Bitte aus wahrem Glauben betet, der kann gewiss sagen, dass er ein Erbe des himmlischen Reiches sei, und dass die Kirche Christi hier auf Erden niemals ausgelöscht werden kann, wenngleich der Satan darüber zerspringen sollte.

Geschehe: Das heißt: Gib gütiger Vater, dass wir den alten Adam, der immer deinen Geboten widerstrebt, im Zaum halten können, auf dass wir nicht nach unserem verdorbenen Willen leben, sondern dass wir deinem Willen, der uns in deinem Wort offenbart wurde, gehorchen, und so mit willigem Gemüt und uns Dir ergeben, wie die Engel im Himmel deinem Willen aufs Fleißigste folgen. Und weil ein jeder unter uns sein Kreuz tragen muss, so gib uns Geduld, auf dass wir nicht wider Dich murren. Denn wir können aus unseren Kräften den Geboten Gottes nicht gehorchen, noch die Trübsal recht ausstehen und überwinden, darum sollen wir Gott umso stärker anrufen, dass wir beides leisten mögen.

3. Gib uns unser tägliches Brot Tag für Tag.

Brot: Das heißt: Gib Du milder Vater, dass wir auf dieser Erde unsere Nahrung, und was uns sonst zur Erhaltung dieses Lebens nötig ist, täglich haben können, solange es Dir gefällt, uns in diesem zeitlichen Leben zu erhalten. Denn es sind weder reiche Erbschaften, noch menschlicher Fleiß, Mühe, und Arbeit, wie groß sie auch mögen, zur Nahrung nicht ausreichend, ohne den Segen Gottes. Und weil wir nur um das tägliche Brot bitten sollen, so will es uns gebühren, dass wir mit einer ausreichenden Unterhaltung und Nahrung uns begnügen lassen, und Gott dafür dankbar sein.

4. Und vergib uns unsere Sünden; denn auch wir vergeben allen, die uns schuldig sind. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel.

Vergib: Das heißt: Allergnädigster Vater, wir beleidigen Dich oft und täglich schwer mit unseren Sünden. Verzeihe uns aber nach deiner unendlichen Güte und verwirf uns nicht um unsere Übertretung willen. Handele nicht mit uns nach unseren Sünden und strafe uns nicht nach unserer Missetat. Wir versprechen Dir aber zur Dankbarkeit, dass wir auch denen ihre Missgriffe verzeihen wollen, die uns beleidigt haben. Denn wie wir den Menschen ihre Fehler vergeben, so wird uns unser himmlischer Vater auch vergeben: Wo wir aber den Menschen ihre Fehler nicht vergeben, so wird uns unser himmlischer Vater unsere Fehler auch nicht vergeben {Mt 6}. Daneben aber sollen die Obrigkeit und die Hausväter ihrem Amt zur Erhaltung guter Zucht und Ehrbarkeit fleißig nachkommen, doch so, dass sie das strenge Recht mit Billigkeit und Gnaden mäßigen.

Versuchung: Das heißt, Heiliger Vater, wir bitten nicht, dass Du nach deinem gnädigen Willen keine Versuchung über uns kommen lassen sollst. Denn wir zweifeln nicht, es sei uns diese heilsam, aber das begehren wir, dass Du die Hand nicht von uns abziehst, damit wir nicht in den Versuchungen vom Satan überwunden werden, und entweder in ein sicheres rohes Leben oder in Verzweiflung geraten; sondern gib einen glücklichen Ausgang, auf dass wir die Versuchungen überstehen mögen. Es versucht uns aber der Satan, jetzt mit Glück, dann mit Unglück, und nimmt allerlei Gelegenheiten an die Hand, dass er uns entweder sicher oder sorglos, oder kleinmütig und verzagt mache. Darum sollen wir täglich mit dem Gebet bei Gott anhalten, dass er uns bewahre. Daher auch Paulus, wenn er lehrt, wie man den Anfechtungen widerstehen soll, und zum Gebet weist, im Epheser im 6. Kapitel.

Erlöse: Das heißt: Du, Vater. Es ist viel Böses in der Welt, und wir denken oft, was für ein gutes Ding es zu sein scheint, welches doch in der Wahrheit uns zum Verderben führt, wo Du es nicht verhüten würdest. Es sind auch viele Trübsale, die das menschliche Geschlecht, besonders aber, Deine Kirche bedrücken. Darum bitten wir Dich, dass Du deiner Kirche und allen ihren Gliedern überall, wo sie bedrängt werden, zu Hilfe kommst, unsere Trübsal milderst und endlich von allem Übel, allen Anfechtungen, aller Trübsal und allem Jammer erlöst; uns dagegen aber in die ewige Freude und Herrlichkeit versetzt und uns dann des himmlischen Reiches teilhaftig machst. Denn wir sollen in der ganzen Kirche die Sachen in unser Gebet einschließen, weil wir Brüder und Glieder eines Leibes sind, und sollen Gott anrufen, dass er allen Unfall mildern und endlichen wegnehmen wolle. Wir werden aber dann vollkommen erlöst, wenn wir durch den Tod ins Himmelreich gehen. Darum sollen wir uns vor dem Tod nicht entsetzen, denn wenn wir gottselig sterben, so werden wir von allem Übel dieses Lebens erlöst. Im Evangelisten Matthäus im 6. Kapitel werden zum Beschluss diese Worte hinzugesetzt, denn dein ist das Reich und die Kraft, und die Herrlichkeit in Ewigkeit, Amen. Mit diesen Worten wird Gott wieder alle Gewalt Majestät zugeeignet, dass er überflüssig leisten könne, alles was wir bitten, und dass ihm die Ehre gebühre, dass er ein gnädiger Gott sei, der zur Erhaltung seines Namens Ehre, den Menschen begehre wohlzutun. Darum, so auch wir das Vater Unser beschließen, sollen wir mit großer Zuversicht Amen sagen: Das heißt, was wir gebeten haben, wird uns gewiss widerfahren, unser Gebet ist erhört, es wird uns geschehen, wie wir gebeten haben. Weil aber Christus selber, der ewige Sohn Gottes, uns diese Form zu beten vorgeschrieben hat, sollen wir nicht zweifeln, es sei solche die allerbeste, und dass wir alles, was wir darin bitten, gewiss erlangen werden.

5. Und er sprach zu ihnen: Welcher ist unter euch, der einen Freund hat, und ginge zu ihm um Mitternacht und spräche zu ihm: Lieber Freund, leihe mir drei Brote;

Und: Auf die vorgeschriebene Form des Gebetes tut Christus eine liebliche und holdselige Erinnerung hinzu, damit er uns zum Gebet aufmuntern will, und bestätigt zugleich unseren Glauben, dass wir nicht an unsere Erhörung zweifeln sollen.

Leihe mir: Dieses Gleichnis will, dass man mit dem Gebet nicht nachlassen soll, wenn es sich auch häufig so ansehen lässt, als hätten wir eine abwegige Antwort bekommen, und denken, unser Gebet ist nicht erhört worden. Denn es will Gott, dass wir beständig und ungestüm anhalten, weil Gott durch das stetige Beten nicht erzürnt wird, sondern er es sich vielmehr wohl gefallen lässt.

6. denn es ist mein Freund zu mir kommen von der Straße, und ich habe nichts, was ich ihm vorlege;

7. und er drinnen würde antworten und sprechen: Mach‘ mir keine Unruhe; die Tür ist schon zugeschlossen, und meine Kindlein sind bei mir in der Kammer; ich kann nicht aufstehen und Dir etwas geben.

8. Ich sage euch, und wenn er nicht aufsteht und gibt ihm darum, dass er sein Freund ist, so wird er doch um seines unverschämten Geilens willen aufstehen und ihm geben, wie viel er bedarf.

9. Und ich sage euch auch: Bittet, so wird euch gegeben; sucht, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.

Und: Jetzt folgt eine andere Ermahnung Christi, die uns zum inbrünstigen und standhaften Gebet aufmuntern soll und unseren Glauben stärken kann.

Sucht: Mit eurem Gebet bei Gott, was ihr bedürft.

Klopfet: Lasst nicht ab vom Gebet, sondern tut, als wenn jemand ungestüm an die Tür klopft, da man ihm nicht eilig aufmacht.

10. Denn wer da bittet, der nimmt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.

Aufgetan: Ist es aber nicht eine große Undankbarkeit oder vielmehr ein großer Unverstand, wenn wir durch so viel gewaltige und gnädige Verheißungen Christi, uns nicht lassen dazu bringen, dass wir oft und fleißig beten? Was würden wir tun, wenn wir solche Verheißungen von einem stattlichen Monarchen oder Fürsten dieser Welt hörten?

11. Wo bittet unter euch ein Sohn den Vater ums Brot, der ihm einen Stein dafür biete? Und so er um einen Fisch bittet, der ihm eine Schlange für den Fisch biete?

12. oder so er um ein Ei bittet, der ihm einen Skorpion dafür biete?

13. So denn ihr, die ihr böse seid, könnt euren Kindern gute Gaben geben, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten!

Geist geben: Er wird die Gaben des Heiligen Geistes in euch vermehren, und mit diesem Geist euch regieren, wenn ihr ihn darum bitten werdet. Darum sollen wir Gott anrufen, dass er mit seinem Heiligen Geist unsere Herzen regiere, auf dass wir in wahrem Glauben und in der Gottseligkeit bis zum Ende unseres Lebens beharren.

14. Und er trieb einen Teufel aus, der war stumm. Und es geschah, da der Teufel ausfuhr, da redete der Stumme. Und das Volk verwunderte sich.

Und: Jetzt folgt ein herrliches Wunderwerk, welches Christus an einem besessenen Menschen getan hat.

Stumm: Es hatte aber der Teufel diesen Menschen stumm gemacht. Denn des Teufels Tyrannei gegen das menschliche Geschlecht ist überaus groß und schrecklich und wenn nicht Gott seiner Bosheit wehrte, so würde er alle Stunde viele arbeitswillige Menschen stumm machen. Es sind aber die in großer Gefahr stumm, welche die rechte Lehre nicht bekennen dürfen und sich weigern, der Gerechtigkeit Zeugnis zu geben, wie auch die, so den himmlischen Vater nicht anrufen können, noch ihm danken.

Redet: Denn Christus ist darum in die Welt gekommen, dass er die Werke des Teufels zerstöre {1Joh 3}.

Verwunderte: Und erkannten daraus, dass dieser Jesus der Prophet und Messias wäre, der in die Welt kommen sollte. Denn die Wunderwerke Christi bezeugen, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist, und dass die, so sie an ihn glauben, das ewige Leben bekommen {Joh 20}.

15. Etliche aber unter ihnen sprachen: Er treibt die Teufel aus durch Beelzebub, den Obersten der Teufel.

Etliche: Das waren die Pharisäer und Schriftgelehrten, welche ihn also verlästerten, dass sie sagten, der Jesus von Nazareth wäre von dem Obersten der Teufel besessen, darum er durch die Hilfe und das Dazutun desselben Fürsten der Teufel die anderen Teufel austriebe. So boshaft sind die Verstockten, dass, je heller ihnen die Wahrheit unter die Augen leuchtet, sie umso giftiger diese schmähen und lästern.

16. Die andern aber versuchten ihn und begehrten ein Zeichen von ihm vom Himmel.

Versuchten: Nachdem sie so viel herrliche Wunderzeichen von ihm gesehen hatten, wollten sie dennoch wissen, was er weiter könne, mit dem Schein, dass sie dann glauben wollten, er wäre ein Prophet von Gott gesandt, wenn er ein himmlisches Wunderzeichen täte, als, wenn er die Sonne oder den Mond hieße am Himmel stillstehen, wie Josua getan hat {Jos 10}. Oder wenn er Brot vom Himmel gebe, gleichwie Mose dem israelitischen Volk das Manna vom Himmel gebeten hat. Darum sagten sie, Johannes im 6. Kapitel: Was tust Du für Zeichen, dass wir sehen, und glauben Dir? Was wirkst Du, unsere Väter haben Manna gegessen in der Wüste. Wenn aber solche Leute der Wahrheit glauben wollten, hätten sie genug Wunderzeichen gesehen, und es wäre nicht nötig gewesen, dass sie neue begehrt hätten. Aber was gottlose Leute sind, denen ihre Seligkeit nicht mit Ernst angelegen ist, die suchen allerlei Ausflüchte, dass sie der himmlischen Wahrheit nicht beifallen dürfen.

17. Er aber vernahm ihre Gedanken und sprach zu ihnen: Ein jegliches Reich, so es mit ihm selbst uneins wird, das wird wüste, und ein Haus fällt über das andere.

Vernahm: Denn er auch nach seiner menschlichen Natur ein Herzenskundiger ist.

Sprach: Denn er konnte nicht unterlassen, ihre Lästerungen zu widerlegen, und zwar nicht um ihretwillen, als die verstockt waren, sondern um der anderen einfältigen willen, damit diesen Rat geschafft würde. Darum Christus mit etlichen Gründen und Schlussreden beweist, dass er die Teufel durch den Obersten der Teufel nicht austreibt.

Uneins wird: Also, dass einer dem anderen widerstrebt, so muss ein solches Regiment zugrunde gehen. Wenn darum der Satan sein eigenes Reich durch Zwiespalt unruhig machte, also dass ein Teufel den anderen mit Gewalt austriebe, was täte er anders, als dass er sein eigenes Reich mit Wissen und Willen zu Boden richtete. Meint ihr aber, der Teufel sei ein solcher Narr, dass er nicht wisse, was seinem Reich nützlich oder schädlich sei. Wenn denn der Satan in einer bösen Sache, sein Reich mit höchstem Fleiß begehrt zu erhalten, dass es durch Uneinigkeit nicht zerfalle, wie viel mehr sollen wir uns hüten in einer guten Sache, dass wir die christliche Kirche, weltliches Regiment, oder Haushaltung mit unnötigem Zanken nicht verwirren? Denn Gott ist ein Gott des Friedens {Röm 16}.

18. Ist denn der Satanas auch mit ihm selbst uneins, wie will sein Reich bestehen? Dieweil ihr sagt, ich treibe die Teufel aus durch Beelzebub.

19. So aber ich die Teufel durch Beelzebub austreibe, durch wen treiben sie eure Kinder aus? Darum werden sie eure Richter sein.

Kinder aus: Dies ist der andere Beweis Christi und will so viel sagen: Ich mach das Austreiben nicht durch Teufel, sondern es tun dies auch in meinem Namen und aus meiner Gewalt meine zwölf Apostel, ja auch meine anderen siebzig Jünger, und das noch mehr ist, so tun es etliche andere in meinem Namen, die sich doch sonst nicht in meiner Gesellschaft finden {Lk 9}. Aber das sagt nicht, dass sie einen Teufel durch den anderen austreiben, sondern erkennen, dass es ein Wunderwerk und göttliche Guttat sei. Ihr lobt also an anderen, was ihr an mir schimpft und tadelt. Darum werden meine Jünger, deren Wunderzeichen ihr nicht verwerfen könnt, am Jüngsten Tage euch eure Bosheit überzeugen und zur ewigen Verdammnis und eurer Gotteslästerungen willen verurteilen. Es ist aber ein schändliches und schreckliches Ding, dass man aus lauter Neid einen tadelt und Unrecht heißt, was man an einem anderen lobt und rühmt.

20. So ich aber durch Gottes Finger die Teufel austreibe, so kommt je das Reich Gottes zu euch.

Gottes Finger: Das heißt: Durch göttliche Kraft oder durch den Heiligen Geist, denn er ist der Finger Gottes.

Austreiben: Welches die Tat an sich selbst klar mit sich bringt.

Zu euch: Das heißt: Es ist aus meinen Wunderwerken und Zeichen nicht zu leugnen, dass jetzt unter euch das Reich des Messias angerichtet werde, der die Leute aus der Gewalt und Tyrannei des Satans errettet, darum sollt ihr euch vielmehr dahin befleißigen, dass ihr dieses allerseligste Reich als Bürger würdet, als dass ihr diesem mit euren Verleumdungen und gotteslästerlichen Reden widerstrebt. Denn solche gewaltigen Wunderwerke Christi geben Zeugnis, dass er unser himmlischer König ist, der uns gegen des Satans Wüten schützen könne und wolle.

21. Wenn ein starker Gewappneter seinen Palast bewahrt, so bleibt das Seine mit Frieden.

Wenn: Jetzt folgt der dritte Beweis Christi, als wollte er sprechen: Wer den Teufel (welcher ein mächtiger Geist ist, und ein Tausend Künstler) angreifen darf und seine Ruhe zerstören, auch ihm seine Herrschaft nimmt, dass er ihm auch die Krone nimmt, der ist sicherlich stärker und mächtiger als der Satan. Ich aber hindere den Teufel und zerstöre ihm seine Ruhe, da er die Menschen zuvor in seiner Gewalt gehabt und sie nach seinem Gefallen geplagt und gequält hat. Ich aber beraube ihn seiner Herrschaft, die er bisher über das menschliche Geschlecht gehabt hat, und errette die elenden Leute aus seiner Tyrannei, über welche er wie über einen Raub triumphierte. Darum ist offenbar, dass ich des Satans größter Feind bin, und zwar sein Herr und Überwinder, der wahre ewige Gott, aber um des menschlichen Geschlechtes Wohlfahrt willen Mensch geworden bin. Diesem Überwinder Christo sollen wir uns in unserem Gebet stets befehlen, so wird der Satan mit allen seinen unsauberen Geistern kein Recht noch Macht an uns haben.

22. Wenn aber ein Stärkerer über ihn kommt und überwindet ihn, so nimmt er ihm seinen Harnisch, darauf er sich verließ, und teilt den Raub aus.

23. Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.

Wer nicht: Dies ist der vierte Beweis und ein Sprichwort, welches Christus auf sein Vorhaben zieht, und ist dies seine Meinung: Ihr seht, dass meine und des Satans Dinge gegeneinander sind, wie können wir denn miteinander unter einem Hut spielen? Denn der Satan ist immer darauf bedacht, wie er die Menschen plagen kann, dass er ihnen bald das Gesicht, bald das Gehör, bald die Sprache nimmt, sie schrecklich quält, zerrt und reißt, in ein Feuer oder Wasser stürzt oder zu Boden wirft. Ich aber richte all mein Tun dahin, dass sich die elenden Leute, so sie vom Teufel geplagt werden, gesund mache, erquicke, ihnen das Gesicht, Gehör und die Sprache wiedergebe, und sie aus des Teufels Tyrannei errette. Wie kann denn eine Gemeinschaft zwischen mir und dem Satan sein? Denn gleichwie der Satan all sein Vermögen daransetzt, die Menschen zu verderben, so braucht Christus unser Heiland seine Gewalt, uns selig zu machen.

24. Wenn der unsaubere Geist von dem Menschen ausfährt, so durchstreift er dürre Stätten, sucht Ruhe und findet sie nicht; so spricht er: Ich will wieder umkehren in mein Haus, daraus ich gegangen bin.

Wenn: Jetzt folgt eine ernste und schreckliche Drohung Christi, da er denen das ewige Verderben und das gerechte Gericht Gottes verkündigt, die einen Geschmack der himmlischen Wahrheit empfunden haben, aber dennoch aus lauter Bosheit diese Verlästern und verfolgen, und der wahren Gottseligkeit den Rücken kehren.

Sucht: Welches dann geschieht, wenn er Gelegenheiten sucht, wie er den Menschen schaden kann, denn er ruht nicht, bis er endlich schadet.

25. Und wenn er kommt, so findet er es mit Besemen gekehrt und geschmückt.

Geschmückt: Dass der Mensch einen solchen Gast aufzunehmen bereit ist, welches dann geschieht, wenn dessen Herz in fleischlicher Sicherheit ersoffen ist, und Gott der Herr nicht mit Ernst angerufen wird um die Regierung des Heiligen Geistes.

26. Dann geht er hin und nimmt sieben Geister zu sich, die ärger sind denn er selbst; und wenn sie hineinkommen, wohnen sie da; und wird hernach mit demselben Menschen ärger denn vorhin.

Denn vorhin: Das will so viel sagen: Ihr Pharisäer und Schriftgelehrten, als gotteslästerliche Leute, seid durch die Beschneidung (welches Sakrament von Gott eingesetzt ist) aus des Satans Gewalt erlöst worden und habt bis hierher das Gesetz Gottes und der Propheten Schriften gehört, dadurch ihr eine gute Erkenntnis Gottes erlangt habt. Zudem habt ihr aus meinen Predigten und Wunderzeichen so viel verstanden, dass ihr auf dem Wege der Seligkeit könntet einhergehen, wenn ihr nicht viel lieber mutwillig wolltet verloren sein, als der Wahrheit Zeugnis zu geben. Aber die Einbildung der eigenen Gerechtigkeit und Weisheit macht euch so übermütig, dass ihr der öffentlichen Wahrheit euch widersetzen dürft, und die göttlichen Wunderwerke verleugnen und sie zu lästern keine Scheu habt. Darum nicht nur ein Teufel euer Herz besessen hat, sondern es sind ihrer viel in euch gefahren, die aus eurem Munde solche Gotteslästerungen ausstoßen, daher ihr, je länger, je ärger und verstockter werdet, bis ihr in Ewigkeit schrecklich zugrunde geht. Und es wäre euch viel besser, dass ihr wäret Heiden gewesen, die von dem wahren Gott nie etwas gelernt hätten, als dass ihr der erkannten Wahrheit Verfolger seid. Also muss man auch für die halten, welche die evangelische Lehre am Anfang angenommen haben, aber später davon abgefallen sind, sie verlästern und verfolgen, auf dass sie großes Gut zu sich bringen und zu hohen Ehren kommen. In welches Register auch die gehören, welche, nachdem sie das Evangelium Christi erkannt haben, aller Gottseligkeit den Rücken gewendet, in ein sicheres rohes Leben geraten und mit höchster Verachtung Gottes sich in fleischlicher Wollüste vertiefen. Von beiden redet Petrus so: So sie entflohen sind dem Unflat der Welt durch die Erkenntnis des Herrn und Heilandes Jesu Christi, werden aber wiederum in dieselben geflochten und überwunden, ist mit ihnen das letzte Ärgernis geworden, denn das erste. Denn es wäre ihnen besser gewesen, dass sie den Weg der Gerechtigkeit nie erkannt hätten. Denn dass sie ihn erkennen und sich abkehren von dem Heiligen Gebot, das ihnen gegeben ist {2Petr 2}.

27. Und es begab sich, da er solches redete, erhob ein Weib im Volk die Stimme und sprach zu ihm: Selig ist der Leib, der Dich getragen hat, und die Brüste, die Du gesogen hast.

Getragen: Oh, wie ist Deine Mutter so ein seliges Weib, dass sie einen solchen Sohn und vortrefflichen Propheten Gottes in diese Welt geboren hat, und mit ihren Brüsten gesäugt hat. Obwohl es nun eine herrliche Gabe Gottes ist, gottselige und vortreffliche Kinder zu haben, so sind doch darum die Eltern vor Gott nicht selig, sondern um Christi willen, wenn sie diesen mit Glauben ergreifen. Man hat auch hier dies zu beachten, dass Gott aus einfältigen Leuten Bekenner der Wahrheit erweckt, da vor der Welt ansehnliche Personen sich nicht merken lassen, dazu auch noch das Evangelium verlästern.

28. Er aber sprach: Ja, selig sind, die das Wort Gottes hören und bewahren.

Bewahren: Dieses sind vor Gott recht selige Leute, welche das Evangelium mit Glauben annehmen, in diesem beständig beharren und was sie aus Gottes Wort gelernt haben, mit der Tat ins Werk richten sich befleißigen. Denn die leibliche Verwandtschaft hilft zur ewigen Seligkeit nicht.

29. Das Volk aber drang hinzu. Da fing er an und sagte: Dies ist eine arge Art; sie begehrt ein Zeichen, und es wird ihr kein Zeichen gegeben denn nur das Zeichen des Propheten Jona.

Sagt: Nämlich, von den verstockten Pharisäern, welche seine Wunderwerke beachtet und Zeichen vom Himmel von ihm begehrt hatten. Dessen erinnert er sich hier wiederum und will ihre Bosheit an den Tag bringen, auf dass sie nicht die Einfältigen durch solch pharisäisches Gespött von der Wahrheit abwendeten und abgehalten würden. Denn man muss zu Zeiten die Widersacher widerlegen, nicht dass man dürfte Hoffnung haben, sie würden sich daraus bessern, sondern dass die Frommen, und welche zur Wahrheit Lust haben, in der Erkenntnis der Wahrheit bestätigt und gestärkt werden.

Zeichen: Nämlich, ein neues und himmlisches Wunderwerk, gerade, als ob sie bisher nicht schon unzählige und große göttliche Wunderwerke von mir gesehen hätten.

Kein Zeichen: Gott wird diesem gottlosen Geschlecht keine neuen Wunderwerke zeigen, wie diese verkehrten Leute begehren. Denn es ist nicht richtig, dass Gott der Menschen Vorwitz nachgehe. Gleichwie aber der Prophet Jona bis an den dritten Tag im Bauch des Walfisches gewesen, danach aber ausgegangen und den Leuten in Ninive die Buße gepredigt hat, dass er ihnen gedroht hat, die Stadt würde innerhalb vierzig Tagen untergehen. Welche Strafe sie doch durch wahre Buße abgewendet haben: Also wird des Menschen Sohn bis an den dritten Tag tot im Grabe liegen, später aber von den Toten wieder auferstehen und nach der Auferstehung und Himmelfahrt seine Apostel ins jüdische Land und in die ganze Welt schicken, dass sie in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden predigen (Lukas Kapitel 24). Und wie den Leuten in Ninive vierzig Tage zur Buße Zeit gegeben wurde, in denen sie sich bekehren sollten, so werden dem jüdischen Volk von der Zeit meiner Auferstehung an 40 Jahre gelassen werden; innerhalb dieser Zeit die Juden zum Messias sich bekehren sollten. Aber der meiste Teil der Juden wird in seiner Blindheit und Bosheit beharren und in Sünden fortfahren. Darum will Gott der Herr den Untergang, welchen er den Niniviten gedroht, aber weil sie Buße getan, nicht vollstreckt hat, an den Gottlosen Juden wegen großer Bosheit und Unbußfertigkeit vollstrecken und ins Werk richten. Hier wird diese boshafte Verachtung des Evangeliums und der göttlichen Wunderwerke gerächt werden. Denn sie in der Tat und mit ihrem unwiederbringlichen Schaden und Verderben werden erfahren, dass sie die angebotene Gnade Gottes mutwillig und böse zu ihrem ewigen Verderben von sich gestoßen haben. Denn die Verstockten glauben dem Evangelium nicht, bis sie mit ihrem großen Schaden empfunden haben, was sie versäumt haben.

30. Denn wie Jona ein Zeichen war den Niniviten, also wird des Menschen Sohn sein diesem Geschlechte.

31. Die Königin von Mittag wird auftreten vor dem Gerichte mit den Leuten dieses Geschlechts und wird sie verdammen; denn sie kam von der Welt Ende, zu hören die Weisheit Salomo. Und siehe, hier ist mehr denn Salomo.

Welt Ende: Aus einem fernen Land nahm sie eine weite Reise auf sich, zum König Salomon, dass sie seine Weisheit hören möchte, davon man ihr gesagt hatte. Diese wird am Jüngsten Tage richtigerweise und recht urteilen, dass diese Unbußfertigen und verstockten Verächter des Evangeliums ewig verdammt werden. Denn diese haben in der Nähe einen viel herrlicheren Lehrer als Salomon gehabt, nämlich, den Sohn Gottes, Messias und Heiland der Welt, und wollten ihn doch nicht hören. Es wird aber auch die Königin von Mittag, welche einen weiten Weg zur Weisheit Salomons gezogen ist, am Jüngsten Tage diejenigen verdammen, welche die reine und heilsame Predigt des heiligen göttlichen Wortes vor der Tür haben, und sie dennoch nicht hören, oder den Weg zum ewigen Leben nicht lernen wollen.

32. Die Leute von Ninive werden auftreten vor dem Gerichte mit diesem Geschlecht und werden es verdammen; denn sie taten Buße nach der Predigt des Jona. Und siehe, hier ist mehr denn Jona.

Verdammen: Sie werden am Jüngsten Tage urteilen, dass diese gotteslästerlichen Leute recht verdammt werden, denn sie haben nach gehörter Predigt des Propheten Jona Buße getan und sind von ihrem gottlosen Leben abgestanden. Diese aber, obwohl sie den Sohn Gottes selbst hören, so wollen sie dennoch nicht an ihn glauben, oder von ihrer Heuchelei abstehen. Es werden aber auch die Leute zu Ninive diejenigen verdammen, welche so viele Jahre die herrlichen Predigten hören, in denen sie ernstlich erinnert werden, dass sie von ihren Sünden und gottlosen Leben abstehen sollen, und sie doch ihr Leben nicht bessern, sondern in Unbußfertigkeit aus diesem Leben abscheiden.

33. Niemand zündet ein Licht an und stellt es an einen heimlichen Ort, auch nicht unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter, auf dass wer hingeht, das Licht sehe,

Niemand: Was jetzt folgt, geht die Apostel und andere reine Kirchendiener an. Denn es ermahnt Christus die Lehrer des Evangeliums, dass sie die himmlische Lehre so lernen sollen, auf dass sie diese anderen wiederum recht vortragen können.

Sehe: Und also dessen nützlich gebrauchen. Es zündet Gott das Licht des Evangeliums in der Prediger Herzen nicht darum an, da sie nur für sich selber die Wahrheit wissen sollen, sondern dass sie nützliche und heilsame Sachen lehren, und die Leute durch ihre Predigt erleuchten und zur Seligkeit gebracht werden. Welche darum das Predigtamt verachten, oder verhindern, oder nicht treu darin arbeiten, die stellen das Licht unter den Scheffel (Kübel), und verbergen es zu der Seele unwiederbringlichen Schaden und Verderben.

34. Das Auge ist des Leibes Licht. Wenn nun dein Auge einfältig sein wird, so ist dein ganzer Leib licht. So aber dein Auge ein Schalk sein wird, so ist auch dein Leib finster.

Das Auge: Gleichwie Christus zuvor die Lehre des Evangeliums mit einem Licht verglichen hat, so vergleicht er es jetzt mit einem Auge und zieht solch ein Gleichnis auf eine etwas andere Meinung zu seinem Vorhaben, als er es sonst mit dem Evangelium zu tun pflegt.

Licht: Weil es den Leib erleuchtet, dass er nirgends anstoße. So ist ein Prediger und Diener des Wortes Gottes ein Licht der Kirche, dass sie sich nicht stoße, und ins ewige Verderben falle. Wenn nun ein Kirchendiener in der Lehre rein und recht unterrichtet ist, so kann er durch des Heiligen Geistes Gnade die Kirche mit gesunder Lehre erleuchten. Wenn aber eben der, welcher andere lehren soll, die Religion nicht versteht, so werden gewisslich auch die Zuhörer, so sie ihm vertraut sind, im Finsteren wandeln. Darum weil ein Blinder den anderen führt, so werden sie alle beide in die Grube fallen. Deswegen soll man darauf achten, dass die Kirchendiener, welche der Zuhörer Augen sind, mit Finsternis nicht umgeben sind. Wenn aber die Kirche mit reiner und beständiger Lehre in allen Stücken recht und gut unterrichtet wird, da steht es alles gut, und wird die Kirche leuchten mit gottseliger Erkenntnis, Heiligkeit und unsträflichem Wandel. Denn solch ein Licht wird für die Menschen leuchten, auf dass sie die guten Werke sehen, und den Vater im Himmel preisen. Es wird eine solche Erleuchtung der Kirchen, den Kirchendienern, von welchem sie angerichtet wurden, zu besonderen Ehren gereichen. Denn also spricht Paulus: Wir sind euer Ruhm, gleichwie auch ihr unser Ruhm seid, auf des Herrn Jesu Tag {2Kor 1}. Wer ist unsere Hoffnung oder Freude, oder Krone des Ruhms? Seid nicht auch ihr es vor unserem Herrn Christus, seine Zukunft {1Thes 2} ? Darum sollen die Kirchendiener mit höchstem Fleiß sich dahin halten, dass sie selber die reine Lehre recht wissen, und diese den Zuhörern richtig vortragen mögen, auf dass die Kirche, welche der Leib Christi ist, erleuchtet werde, und sie selber einmal für ihre treue Arbeit die ewige Krone der Ehre davon bringen {2Tim 4}.

35. So schaue darauf, dass nicht das Licht in Dir Finsternis sei!

36. Wenn nun Dein Leib ganz licht ist, dass er kein Stück von Finsternis hat, so wird er ganz licht sein und wird Dich erleuchten wie ein heller Blitz.

37. Da er aber in der Rede war, bat ihn ein Pharisäer, dass er mit ihm das Mittagsmahl äße. Und er ging hinein und setzte sich zu Tische.

Esse: Denn es war Christus damals noch nicht in den Bann getan worden. Und hat dieser Pharisäer ohne Zweifel Anlass gesucht, Christi Reden und Taten zu wissen, auf dass er später etwas verlästern könnte. Doch dass er kein frommer, und aufrichtiger Mensch gewesen ist, wie der Pharisäer Nikodemus, ist aus der Antwort Christi leicht zu erkennen.

Zu Tische: Es geht darum Christus nicht zum Gastmahl, dass er Lust hätte Ehre und Wollust zu suchen, sondern damit er keine Gelegenheit versäumte, etwas zu lehren und zu verbessern. Es sind aber nicht alles Freunde, die uns zum Essen laden, und wenngleich der Wirt ein frommer und aufrichtiger Mann sein möchte, so finden sich doch unter den Gästen häufig Lästermäuler. Darum müssen wir uns vorsehen, dass wir nichts reden oder tun, welches man danach schelten könnte. Und lehrt uns das Beispiel Christi, dass es nicht Sünde ist, wenn man mit Leuten isst, die nicht unsere Religion sind, wenn wir nur nichts tun, dass unserem Bekenntnis oder unserer Religion übel ansteht.

38. Da das der Pharisäer sah, verwunderte er sich, dass er sich nicht vor dem Essen gewaschen hätte.

Gewaschen: Im Gesetz Mose war es geboten, wenn jemand etwas Unreines angerührt hatte, dass er seinen Leib mit Wasser waschen sollte {3Mos 2 4Mos 19}. Solche Waschung bedeutete, dass Gott keine guten Werke von uns gefallen, wenn wir nicht durch die Taufe gereinigt sind. Aber die Pharisäer waren mit solchen Waschungen nicht zufrieden, die ihnen Gott geboten hatte, sondern hatten darüber andere angerichtet, also dass sie sich wuschen, ehe sie Speise zu sich nahmen, wenngleich sie nichts Unreines angerührt hatten, und taten solches um keiner Höflichkeit willen, sondern meinten nichts anderes, denn sie würden dadurch vor Gott gereinigt, da sie unterdes ihr Herz von der Heuchelei und Bosheit nicht reinigten. Denn die Heuchler sind mit dem falschen Wahn eingenommen, dass sie meinen, man könne die Gebote Gottes so leicht halten, dass sie daneben noch Platz haben, viele andere Menschen Satzungen zu leisten.

39. Der Herr aber sprach zu ihm: Ihr Pharisäer haltet die Becher und Schüsseln auswendig reinlich; aber euer Inneres ist voll Raubes und Bosheit.

Sprach: Denn obwohl der Pharisäer von den öffentlichen Sachen nichts geredet hat, so sah doch Christus, als ein Herzenskundiger, seine bösen Gedanken. Darum er auf der Pharisäer Heuchelei heftig schimpfte.

Voll Raubes: Ihr tut eben, will er sagen, als wenn jemand einen Becher oder eine Schüssel außerhalb mit großer Sorgfalt fein säubert, aber inwendig unter Speis und Trank ein abscheulicher Dreck bliebe. Also bemüht ihr euch viel in den äußerlichen Waschungen des Leibes, da ihr doch daneben im Herzen voll schändlichen Geizes und Neides steckt.

40. Ihr Narren, meint ihr, dass inwendig rein sei, wenn es auswendig rein ist?

Rein ist: Hat nicht Gott den Leib, welchen man sieht, erschaffen, auch die Seele erschaffen, welche wir nicht sehen? Darum er auch der Seelen Reinigkeit ebenso Wohl und viel mehr erfordert, als des Leibes. Oder meint ihr, dass ihm nur allein des Leibes Unreinigkeit kund ist, und der Seele nicht? So auch wir darum unseren Leib säubern und reinigen, so sollen wir uns erinnern, dass wir auch die Seele reinigen, welches geschieht, durch wahre Buße und Glauben an Christus.

41. Doch gebt Almosen von dem, was da ist, siehe, so ist es euch alles rein.

Alles rein: Mit diesen Worten spottet Christus der Pharisäer Heuchelei. Als wollte er sprechen, ihr Pharisäer fresst durch eure Heuchelei und Falschheit der Witwen Häuser unter dem Schein eines langen Gebetes {Mt 23}. Und wenn ihr mit diesen bösen Praktiken viel Güter gesammelt habt, so gebt ihr von diesem Überfluss etwas den Armen, tut dazu solches mit einer besonderen Pracht {Mt 6}. Danach beredet ihr euch, dass alle eure Güter, welche ihr mit Unrecht zu euch gebracht habt, vor Gott rein sind, und sei also eure gemeine Räuberei genügend vor Gott. In diesem Stück gleichen heutigentags den Pharisäern viele Leute. Denn sie Geld und Gut mit Unrecht zu sich reißen. Danach, wenn sie großen Reichtum bekommen haben, so geben sie etwas, oder vermachen es im Testament den Armen und meinen, es sind alle anderen Güter dadurch richtig gemacht worden. Aber übel gewonnenes Gut langt nicht auf den dritten Erben. Und es steht geschrieben: Ich bin der Herr, der das Recht liebt und hasse räuberische Brandopfer {Jes 61}.

42. Aber wehe euch Pharisäern, dass ihr verzehntet die Minze und Raute und allerlei Kohl und geht vorbei an dem Gericht und an der Liebe Gottes! Dies sollte man tun und jenes nicht lassen {Mt 23v23}.

Wehe euch: Ihr werdet um eurer Heuchelei willen ewig gestraft werden. Denn ist das nicht eine große erkannte Heuchelei, dass ihr dem Ansehen nach euch stellt, als machtet ihr euch ganz enge Gewissen, also dass ihr auch von der Minze, Kraut, und ein wenig Kohl den Zehnten gebt, damit ihr das Gesetz von dem Zehnten nicht übertretet? Ihr beachtet aber nicht das vornehmste Gesetz Gottes, welches da heißt, Du sollst Gott Deinen Herrn lieben von ganzem Herzen. So liebt ihr auch euren Nächsten nicht, dass ihr ihm vor Gericht Recht widerfahren lasst. Und bin ich zwar nicht dagegen, dass man den Zehnten treu geben soll; sondern das verwerfe ich, dass ihr das Vornehmste nicht macht. Denn die Pharisäer und Schriftgelehrten wurden damals im Gericht gebraucht, dass sie das Recht aussprachen, gleichwie uns Richter und Rechtsanwälte, und in den Gerichten sitzen, dass sie aus den Gesetzen vorbringen, was dem Recht nützlich ist. Denn das israelitische bürgerliche Recht war im Gesetz Mose begriffen. Diese Pharisäer sind nicht ungleich viele Rechtsgelehrte, welche auch in einer offenbar guten Sache, wenn sie diese nicht umstoßen können, im Prozess des Rechtes etwas hervorsuchen, dass man demselben sich nicht gemäß verhalten oder die Klage nicht richtig vorgebracht habe, und dergleichen, damit sie eine gute Sache verhindern. Doch stellen sie sich daneben, als wären sie der Gerechtigkeit mit höchstem Fleiß zugetan. Aber zu denen spricht Jesaja: Weh denen, die Böses gut und Gutes böse heißen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süßsauer machen. Und bald danach spricht er, die den Gottlosen Recht sprechen um Geschenke willen, und das Recht der Gerechten von ihnen wenden {Jes 5}. Und der Prophet Amos spricht: Die das Recht in Wermut verkehren (Kapitel 5).

43. Wehe euch Pharisäern, dass ihr gerne obenan sitzt in den Schulen und wollt gegrüßt sein auf dem Markte {Mt 23v6 v7}!

Oben an: Ihr wollt in den öffentlichen und gemeinen Versammlungen gern den besten Platz einnehmen.

Gegrüßt: Ihr kitzelt euch mit euren Titeln, wenn ihr mit eurem Namen von den Leuten in der Öffentlichkeit oft genannt werdet. Denn ihr steckt voller Ehrgeiz, obwohl ihr nicht wollt dafür angesehen sein. Es verwirft aber Christus hiermit den Unterschied der Ehren Stände nicht, nach einer jeden Person gebühr, sondern den Ehrgeiz und Übermut. Denn obwohl frommen Leuten auch Ehre angetan und erzeigt wird, so erheben sie sich doch dessen nicht, und kann wohl eine wahre Demut des Herzens auch in großen Ehren sein.

44. Wehe euch Schriftgelehrten und Pharisäern, ihr Heuchler, dass ihr seid wie die verdeckten Totengräber, darüber die Leute laufen und kennen sie nicht {Mt 23v27}!

Kennen sie nicht: Dass sie nicht wissen, was für ein schrecklicher Gestank darin verborgen ist, also führt ihr äußerlich einen Schein der Heiligkeit und glaubt niemand, der nicht euer Herz kennt, was für ein Gräuel in euch steckt. Denn gleichwie ein Grab inwendig voller Würmer, Kröten und Schlangen ist, so seid ihr voller Hoffart, Geiz und Neid. Diesen Heuchlern sind die Jesuiten und Wiedertäufer gleich, welche auswendig ein unsträfliches Leben führen, aber daneben ein blutgieriges Gemüt haben, das zur Aufruhr geneigt ist. Denn die Jesuiten sind die Blasebälge, damit das Feuer und die Scheiterhaufen wider die Bekenner der Wahrheit angezündet werden. Die Wiedertäufer aufrührerische Gemüter, wie die Handlungen von Münster im Jahr 1524 genügend beweisen.

45. Da antwortete einer von den Schriftgelehrten, und sprach zu ihm: Mit den Worten schmähst Du uns auch.

Uns auch: Welche Schmach uns nicht zu leiden zusteht, weil sie uns zur Verkleinerung macht, darum protestiere ich dagegen. Denn die Unbußfertigen, besonders aber die Heuchler, beschuldigen die reinen Kirchendiener, sie werden von ihnen geschmäht, wenn man ihnen ihre Laster und Bosheit zu verstehen gibt, was man aus Pflicht des Amtes und Berufes tun muss. Darum ist es ein richtiges Werk und keine Lästerung.

46. Er aber sprach: Und wehe auch euch Schriftgelehrten! Denn ihr beladet die Menschen mit unerträglichen Lasten, und ihr rührt sie nicht mit einem Finger an {Mt 23v4}.

Lasten: Denn die Last des Gesetzes Gottes ist für sich selber der verdorbenen Natur so schwer, dass sie niemand tragen kann {Apg 15}. Ihr aber setzt noch eure Menschensatzungen dazu und pocht fest darauf, ja, viel härter als auf die Gebote Gottes. Aber ihr selber dagegen tut nicht das Geringste davon, was ihr von anderen fordert, und könnt mit euch selber so viel diskutieren. Denn die Heuchler dringen ganz hart auf die Menschensatzungen, von welchen sie doch selbst sich befreien, so oft sie wollen. Lieber sag mir, mit was für Lasten der Fasten, Wallfahrten, Almosen geben, eheloses Leben, gewisser Anzahl Gebete haben die römischen Päpste der Kirche nicht aufgelegt? Was tun sie aber selber von alle dem? Sie fordern viel von den Leuten, aber selber tun sie dergleichen nichts, da sie doch mit ihrem Beispiel anderen vorgehen sollten.

47. Wehe euch! Denn ihr baut der Propheten Gräber; eure Väter aber haben sie getötet {Mt 23v29}.

Baut: Dass ihr ihnen köstliche Grabmäler aufrichtet.

48. So bezeugt ihr zwar und bewilligt in eurer Väter Werk; denn sie töteten sie, so baut ihr ihre Gräber.

Bezeugt: Dass ihr derjenigen natürliche Erben seid, welche die Propheten umgebracht haben.

Gräber: Dadurch ihr denn euren Eltern unmenschliche Grausamkeit, die sie an den Knechten und Dienern Gottes begangen haben, nicht verbergen, sondern vielmehr hervorzieht und ans Licht bringt, als hätten sie es gut ausgerichtet, obwohl ihr dafür wollt gehalten sein, dass er solches den Propheten zu Ehre tut, denen doch nichts damit gedient ist. Denn der Heilige Geist sieht in den Herzen der Heuchler ihre Bosheit und Grausamkeit, die sie selbst häufig nicht sehen. Solche Heuchler sind auch die Katholiken, welche der heiligen Gebeine für Heiligtum (wie sie es nennen) mit großem Fleiß feiern und in einer öffentlichen Gemeinde zur Pracht zeigen. Sie zieren der Apostel und Märtyrer Gräber, welche ihr Blut um des Bekenntnisses des Evangeliums willen vergossen haben. Daneben aber verfolgen sie eben diejenigen, welche die Lehre der Apostel und das Bekenntnis der Märtyrer behalten, und verbrennen sie als lutherische Ketzer, erhängen, ertränken oder erwürgen sie im Gefängnis, und tun ihnen sonst viel Plagen an, was würden solche Heuchler wohltun, wenn heutigentags die Apostel (von Christus selber) auftreten und ihnen ins Angesicht widersprechen, dass sie ohne Scheu und mit großem Eifer ihre Abgötterei mit Trügerei, Geiz und so und andere schreckliche Laster straften, würden sie nicht mit Feuer und Schwert hinter ihnen herjagen?

49. Darum spricht die Weisheit Gottes: Ich will Propheten und Apostel zu ihnen senden, und derselben werden sie etliche töten und verfolgen,

Weisheit Gottes: Es meint aber Christus sich selber. Denn der Sohn Gottes ist die Weisheit des Vaters, dadurch die Welt erschaffen wurde {Spr 8}.

Propheten: Vortreffliche Lehrer und Prediger, die mein Evangelium vortragen.

Etliche: Denn es werden nicht alle reinen Lehrer mit der Märtyrerkrone begabt.

50. auf dass gefordert werde von diesem Geschlecht aller Propheten Blut, das vergossen ist, seit der Welt Grund gelegt ist,

Gefordert: Solches werden sie mit ihrer Wüterei gegen die Apostel und andere gottselige Bekenner des Evangeliums verursachen.

51. von Abels Blut an bis auf das Blut des Zacharias, der umkam zwischen dem Altar und Tempel. Ja, ich sage euch, es wird gefordert werden von diesem Geschlechte.

Zacharias: Der ein Sohn Jojade oder Bachariz, wie er sonst mit einem anderen Namen geheißen wurde.

Umkam: Dass er gesteinigt wurde, darum dass er des Königs, der Priester und des Volkes Abgötterei und Bosheit, aus Anregung eines prophetischen Geistes, ohne Scheu gestraft hatte {2Chr 24}.

Gefordert werden: Nämlich, alles Blut der heiligen Märtyrer, so im Alten Testament vergossen wurde, das wird Gott auf das Ernstlichste rächen an diesem Gottlosen und grausamen Geschlecht der Propheten Mörder. Und hat zwar die schreckliche letzte Zerstörung der Stadt Jerusalem die Wahrheit dieser Drohung genügend bestätigt. Denn obwohl Gott die frommen Kinder nicht straft wegen der gottlosen Eltern Bosheit. Jedoch, wenn die Kinder ihrer Eltern oder Vorfahren Bosheit nachmachen, so sucht Gott heim, nach seinem gerechten Gericht, oder straft der Väter Bosheit an den Kindern ins 3. und 4. Glied, derer die ihn hassen {2Mos 20}.

52. Wehe euch Schriftgelehrten! Denn ihr den Schlüssel der Erkenntnis habt. Ihr kommt nicht hinein und wehrt denen, die hineinwollen.

Schlüssel: Das will so viel sagen: Ihr Schriftgelehrten habt das Amt, in der Kirche zu lehren, zu euch gerissen, aber ihr verwaltet es nicht richtig, dass eure Zuhörer selig würden. Denn ihr blendet euch selber und eure Zuhörer mit falscher Lehre, dass beide, ihr und eure Zuhörer, des rechten Weges der Seligkeit verfehlen, und nicht in den Himmel kommen. Dazu verhindert ihr auch andere, dass sie nicht zur rechten Erkenntnis Gottes kommen und selig werden. Darum soll man sich vor falschen Lehrern hüten, auf dass wir nicht samt ihnen vom Himmelreich ausgeschlossen werden. Denn wenn ein Blinder den anderen führt, so fallen beide in die Grube {Mt 15}.

53. Da er aber solches zu ihnen sagte, fingen an die Schriftgelehrten und Pharisäer, hart auf ihn zu dringen und ihn mit mancherlei Fragen den Mund zu stopfen,

Zu ihnen: Nämlich, zu den Pharisäern und Schriftgelehrten, über die oben angezeigte Mahlzeit, dazu er berufen war.

Fragen: Welche ungewiss und verwirrt waren, und sie drangen auf ihn, dass er darauf antworten sollte. Sie meinten aber, sie wollten ihm entweder das Maul stopfen, dass er mit Schanden still sein müsste, oder würde doch in der Antwort etwas vorbringen, dass sie verlästern könnten. Denn wie die Heuchler in ihrem Gewissen mit der Wahrheit überwiesen werden, so werden sie doch nicht besser dadurch, sondern viel ärger und giftiger, und suchen mancherlei ungewisse listige Fragen, mengen und flechten viel Dinge zugleich durcheinander, dass man nicht wissen kann, worauf man zuerst Antwort geben soll. Unterdessen achten sie auf alle Worte, dass sie auch, was recht geantwortet wurde, verkehren und verlästern mögen. Welche aber in dieser Gestalt den Dienern Gottes begehren, einen Spott anzutun, die werden ewig zuschanden.

54. und lauerten auf ihn und suchten, ob sie etwas erjagen könnten aus seinem Munde, dass sie eine Sache wider ihn hätten.


Das 12. Kapitel

  • Man soll sich vor dem Sauerteig der Pharisäer hüten. Wer zu fürchten oder nicht zu fürchten ist. Christus soll man bekennen. Was für ein Unterschied ist zwischen der Sünde wider des Menschen Sohn und wider dem Heiligen Geist. Den Geiz und die vergebliche Bauchsorge soll man meiden, den Armen aber helfen. Die Christen sollen sich bereiten, dass sie Christus, den Richter der Lebendigen und Toten, annehmen. Das Evangelium macht Zwietracht. Christus straft diejenigen, welche er mit Wunderzeichen niemals genugtun konnte. Ermahnt, dass man sich mit dem Widersacher vergleichen soll.

1. Es lief das Volk zu, und kamen etliche viel tausend zusammen, also dass sie sich untereinander traten. Da fing er an und sagte zu seinen Jüngern: Zum Ersten hütet euch vor den Sauerteig der Pharisäer, welches ist die Heuchelei {Mt 10v26 Mk 4v22 Lk 8v17}.

Es: Der Evangelist schreibt jetzt eine lange Predigt, welche Christus zu seinen Jüngern und zum Volk getan hat, und es wird von mancherlei Sachen darin gehandelt, nachdem es die Gelegenheit und Umstände geben.

Traten: Heutigen Tages ist der Eifer, Gottes Wort zu hören, bei vielen ganz erkaltet, dass man sich nicht besorgen braucht, dass einer den anderen treten möchte.

Jüngern: Welches doch dem Volk auch gesagt war.

Heuchelei: Denn diese vergiftet die ganze Religion und durchdringt alles Tun des Menschen, wie ein Sauerteig einen ganzen Teig versauert. Denn wenn die Menschensatzungen den Geboten Gottes gleich geachtet werden, so bleibt der rechte Gottesdienst zurück. Und wo man einen Schein der Gottseligkeit bei den Leuten sucht, da hat die wahre Gottseligkeit gegen Gott und den Menschen keinen Platz.

2. Es ist aber nichts verborgen, das nicht offenbar werde, noch heimlich, das man nicht wissen werde {Mt 10v26 Mk 4v22 Lk 8v17}.

Nichts verborgen: Darum befleißigt euch, dass ihr nicht aus falschem Herzen tut, oder etwas anderes redet, als ihr meint, sondern lasst alles aufrichtig und gottselig bei euch geschehen und geht mit Sachen um, die das Licht leiden mögen, wenn sie an den Tag kommen.

3. Darum, was ihr in Finsternis sagt, das wird man im Licht hören; was ihr redet ins Ohr in den Kammern, das wird man auf den Dächern predigen.

Predigen: Es wird jedermann davon zu sagen wissen, was ihr im Geheimen macht. Darum redet oder tut nichts, dessen ihr euch später schämen müsst. Denn welche anderes vorhaben, als sie sich stellen, die werden endlich darüber zuschanden, wenn ihre Heuchelei an den Tag kommt. Denn die Zeit macht alles offenbar, und werden am Jüngsten Tage aller Menschen Reden, Taten, und Gedanken ans Licht hervorgezogen werden, ohne die, welche durch das Verdienst Christi, so man mit Glauben ergreifen kann, zugedeckt werden. Nach dem Spruch: Wohl dem die Übertretung vergeben ist, dem die Sünde bedeckt ist: Wohl dem Menschen, dem der Herr die Missetaten nicht zurechnet, indes Geist kein falsch ist {Ps 32 Röm 4}.

4. Ich sage euch aber, meinen Freunden: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und danach nichts mehr tun können.

Ich: Jetzt ermahnt Christus seine Apostel und Jünger, dass sie in der erkannten Wahrheit des Evangeliums beständig verharren sollen, und durch keine Gefahr sich davon abhalten lassen.

Freunden: Es sind aber Christi Freunde ja auch Verwandte, Brüder und Schwestern, welche das Wort Gottes mit Ernst annehmen und nach demselben zu leben, sich befleißigen {Mt 12}.

Nichts mehr: Denn sie können der Seelen keinen Schaden zufügen.

5. Ich will euch aber zeigen, vor welchem ihr euch fürchten sollt: Fürchtet euch vor dem, der, nachdem er getötet hat, auch Macht hat, zu werfen in die Hölle. Ja, ich sage euch, vor dem fürchtet euch.

Zu werfen: Seele und Leib, dass sie mit ewiger Qual gepeinigt werden. Darum sollen wir nicht nur, wenn man seines Glaubens Rechenschaft zu geben gefordert wird, sondern auch in allem unseren Tun viel mehr Gott, als die Menschen fürchten, und viel eher die Menschen, als Gott erzürnen. Denn wenngleich die Menschen über uns zornig werden, so können sie uns dennoch nicht schaden, es lasse ihnen solches denn Gott der Herr zu, und wenn er es ihnen gleich zulässt, so können sie doch das Ziel nicht überschreiten, welches ihnen von Gott gesetzt ist.

6. Verkauft man nicht fünf Sperlinge um zwei Pfennige? Noch ist vor Gott derselben nicht einer vergessen.

Vergessen: Wenn Gott für solche unachtsamen Vögel sorgt und sich ihrer annimmt, wie sollte er denn nicht für euch sorgen, die er zu seinem Ebenbild erschaffen hat?

7. Auch sind die Haare auf eurem Haupte alle gezählt. Darum fürchtet euch nicht; denn ihr seid besser denn viel Sperlinge.

Gezählt: Dass auch kein Haar von eurem Haupt fällt, ohne des himmlischen Vaters Willen.

Besser: Gott hat euch viel lieber, und ihr seid in seinen Augen viel höher geachtet, als ein ganzer Haufen Sperlinge. Darum wird er bestimmt auch euer sich mehr annehmen, dass ihr nicht umkommt. Darum sollen wir uns dem göttlichen Schirm befehlen, und soll ein jeder sein Amt mit Fleiß versehen, mit Erinnerung des Spruches, aus dem 8. Psalm. Der Herr ist mit mir, darum fürchte ich mich nicht, was können mir Menschen tun?

8. Ich sage euch aber: Wer mich bekennt vor den Menschen, den wird auch des Menschen Sohn bekennen vor den Engeln Gottes.

Sage euch: Mit diesen Worten ermahnt uns Christus, dass wir ihn vor der Welt zu bekennen keine Bedenken tragen sollen, wenngleich wir meinen, es werde uns eine große Gefahr daraus entstehen. Denn es ist viel besser, ein großes, als ein geringes Unglück verhüten.

Bekennen: Dass ein solcher Bekenner ihm gehöre, und sein Miterbe im Himmelreich ist.

9. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, der wird verleugnet werden vor den Engeln Gottes.

Verleugnet werden: Wenn ich kommen werde, zu richten die Lebendigen und die Toten, so will ich ihn für keinen Miterben erkennen. Darum ist das Bekenntnis der reinen evangelischen Lehre sehr nötig. Und irren sich die gar sehr, welche meinen, dass sie den Glauben an Christus im Herzen behalten, wenngleich sie diesen mit dem Munde verleugnen. Denn so man von Herzen glaubt, so wird man gerecht, und so man mit dem Munde bekennt, so wird man selig {Röm 10}.

10. Und wer da redet ein Wort wider des Menschen Sohn, dem soll es vergeben werden; wer aber lästert den Heiligen Geist, dem soll es nicht vergeben werden.

Nicht vergeben: Denn weil etliche nicht nur aus Schwachheit (wie Petrus) Christus verleugnen, sondern auch die erkannte Wahrheit mit vorsätzlicher Bosheit verlästern, und also in den ewigen Tod geraten, so erinnert uns Christus, dass wir uns vor solch einer schweren und schrecklichen Sünde hüten sollen. Und wer wider den Sohn des Menschen etwas redet, nichts anderes, als aus Unwissenheit das Evangelium Christi verlästert oder verfolgt. Ein solcher Verfolger und Lästerer war der Apostel Paulus, ehe er zu Christus bekehrt wurde. Den Heiligen Geist aber lästern diejenigen, welche, wenn sie die Wahrheit des Evangeliums erkannt haben, später wieder vom Evangelium abfallen, zu Mamelucken werden und nicht nur das Evangelium aus Furcht und menschlicher Schwachheit verleugnen, wie Petrus getan, sondern verlästern es mutwillig und schrecklich, und verfolgen es auch, wenn sie nur können. Solche kommen niemals wieder zurecht, sondern geraten entweder in Sicherheit oder in Verzweiflung.

11. Wenn sie euch aber führen werden in ihre Schulen und vor die Obrigkeit und vor die Gewaltigen, so sorgt nicht, wie oder was ihr antworten oder was ihr sagen sollt.

Wenn: Christus ermahnt uns, dass wir nicht aus Kleinmütigkeit das Evangelium und das Bekennen fallen lassen.

Schulen: Dass ihr dort eurem Glauben Rechenschaft gebt.

12. Denn der Heilige Geist wird euch zu derselben Stunde lehren, was ihr sagen sollt.

Lehren: Und euch bequeme und richtige Antworten eingeben. So auch wir darum mit den Widersachern in Religionssachen handeln müssen, sollen wir uns der Verheißung Christi erinnern, dass er unsere Zunge mit seinem Heiligen Geist regieren soll. Wenn wir Zeit und Gelegenheit haben, sollen wir die himmlische Lehre fleißig lernen, auf dass wir davon zu jeder Zeit können die richtige Rechenschaft und Antwort geben.

13. Es sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, dass er mit mir das Erbe teile.

Sage: Denn weil Christus nunmehr bei dem Volk ein großes Ansehen bekommen hatte und von vielen für den Messias, wie es richtig war, gehalten wurde. Wie aber vom Messias geschrieben steht, dass er Recht und Gerechtigkeit auf Erden anrichten werde {Jer 23}. So hat einer aus dem Haufen des allgemeinen Volkes von Christus begehrt, dass er seinen Bruder dahin bringen wolle, dass er das väterliche Erbgut richtig mit ihm teilte, weil er meinte, es stünde solches dem Messias Amtes wegen zu, dass er das weltliche Recht handhaben sollte.

Teile: Denn er hat das Erbgut allein genommen und meinen Teil auch zu sich gerissen. So weise Du ihn nun von wegen deines Amtes hin, dass er mit mir teile, wie es recht und billig ist. Ist darum damals auch unter dem Volk Gottes die Ungerechtigkeit üblich gewesen. Darum sollen wir uns nicht verwundern, wenn heute solches auch geschieht, und hier auf Erden nicht jedermann gleiches Recht widerfährt.

14. Er aber sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbschlichter über euch gesetzt?

Gesetzt: Als wollte er sagen: Es ist mein Amt nicht, dass ich in weltlichen Sachen Dir oder einem anderen Recht spreche. Denn mein himmlischer Vater hat mich in diese Welt geschickt, nicht dass ich politische Sachen entscheiden soll, sondern dass ich das Evangelium predige. Denn Christi Reich ist nicht von dieser Welt. Und haben die Kirchendiener bei dieser Antwort Christi eine Erinnerung, dass sie ohne ordentlichen Beruf sich nicht in Weltliches mengen. Daneben aber verwirft dieser Spruch Christi das Amt der Obrigkeit nicht, sondern unterscheidet das Kirchenamt vom weltlichen Regiment.

15. Und sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor dem Geiz! Denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.

Zu ihnen: Die damals die Predigt hörten. Denn weil Christus spürte, dass der Mensch, so um die Teilung seines Erbes gebeten, mit dem heimlichen Laster des Geizes behaftet wäre, nimmt er darum die Gelegenheit, dass er die Leute vom Geiz abmahnt.

Hütet euch: Legt euch nicht darauf, dass ihr meint, ihr wollt großes Gut zusammenbringen. Denn der Reichtum kann das Leben nicht erhalten, noch jemand glückselig machen. Ja es bringen große Güter große Mühe und kürzen das Leben viel eher ab, als dass sie es verlängern sollten. Darum ist es eine große Torheit und keine Weisheit, dass man dem Geiz nachläuft.

16. und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte wohl getragen.

17. Und er gedachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nicht, wo ich meine Früchte sammle.

Ich tun: Denn die Güter bereiten viel Sorge.

Habe nicht: Es ist kein Platz in meine Scheunen.

18. Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will drein sammeln alles, was mir gewachsen ist und meine Güter.

19. Und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, Du hast einen großen Vorrat auf viel Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut!

Ruhe: Bekümmere Dich nicht mehr um die Nahrung.

Guten Mut: Denn wenn ich gebaut und einen großen Vorrat geschafft habe, da will ich erst richtig gut leben und es mir lassen wohl sein.

20. Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr, diese Nacht wird man Deine Seele von Dir fordern, und wessen wird‘s sein, das Du bereitet hast?

Narr: Der Du Dich auf Deine Güter verlässt, und meinst, Dein Glück und Leben stehe auf deinem Reichtum.

Fordern: Dass Du wirst sterben müssen, und also Deine Güter nicht genießen kannst, dazu weißt Du nicht, was Du für einen Erben Deiner Güte haben wirst. Denn welche nur danach trachten, wie sie große Reichtümer mögen zuwege bringen, die werden oft aus diesem Leben abgefordert, ehe sie diese genießen können. Von solchen Leuten schreibt der Prophet Jeremia also: Gleichwie ein Vogel, der sich über die Eier setzt, und brütet sie nicht aus. Also ist der, so unrecht Gut sammelt, denn er muss davon, wenn er es am wenigsten glaubt, und muss doch zuletzt Spott dazu haben. Denn wenn er stirbt, so werden andere daraus erkennen, dass er nicht Weise gehandelt hat, indem er die irdischen Güter den ewigen vorgezogen hat {Jer 17}.

21. Also geht es, wer sich Schätze sammelt und ist nicht reich in Gott.

Geht es: Dass diejenigen in dieser und jener Welt unglückliche Leute sind, welche sich nur bemühen, dass sie zeitliche Schätze sammeln und daneben ihr Seelenheil und ihre Wohlfahrt nicht bedenken. Welche aber einen gnädigen Gott haben {Ps 73} und an guten Werken reich sind {1Tim 6}, die sind reich in Gott. Denn sie haben in diesem Leben Gott zum Beschützer, und werden im anderen Leben die himmlischen Belohnungen empfangen.

22. Er sprach aber zu seinen Jüngern: Darum sage ich euch: Sorgt nicht für euer Leben, was ihr essen sollt; auch nicht für euren Leib, was ihr antun sollt.

Er sprach: Denn gleichwie etliche eine unersättliche Begierde zum Geld haben, so besorgen etliche aus Kleinmütigkeit, dass es ihnen nicht etwa an Nahrung und Kleidung mangeln möchte. Darum Christus auch dieser Sorge mit den folgenden Worten zuvorkommen will und ermahnt, dass wir unserem himmlischen Vater trauen sollen, und unser Amt verrichten, so werden wir an Nahrung und Kleidung keinen Mangel spüren.

Antun sollt: Mit diesen Worten will Christus nicht den ordentlichen Fleiß verspottet haben, der von einem jeden in seinem Beruf gefordert wird, damit er sich und sein Personal ehrlich durchbringen möge, sondern er redet von der sehr ängstlichen Sorge für die Nahrung, so sie aus lauter Misstrauen gegen Gott kommt.

23. Das Leben ist mehr denn die Speise und der Leib mehr denn die Kleidung.

Leib mehr: Wie sollte denn der Herr, welcher uns den Leib und das Leben gegeben hat, nicht auch Kleider und Nahrung geben? Denn wir sollen mit den Guttaten, die wir immer empfangen haben, unseren Glauben auch von den künftigen Gaben stärken, die wir noch von Gott empfangen werden.

24. Seht die Raben an: Sie säen nicht, sie ernten auch nicht, sie haben auch keinen Keller noch Scheune; und Gott ernährt sie doch. Wie viel aber seid ihr besser denn die Vögel!

Raben: Auf dass ihr von ihnen lernt, wie ihr Gott vertrauen sollt.

Ernährt: Denn der 147. Psalm sagt: Der dem Vieh sein Futter gibt, den jungen Raben, die ihn anrufen.

Besser: Denn die Vögel sind nicht zum Bilde Gottes und zum ewigen Leben erschaffen, wie ihr, darum wird Gott viel mehr für euch sorgen, als für sie. So oft wir nun die Vögel, besonders aber die Raben, welche doch unlustige Vögel sind, anschauen, sollen wir unsere übrige Sorge der Nahrung wegen unterlassen.

25. Welcher ist unter euch, ob er schon darum sorgt, der da könnte eine Elle lang seiner Größe zusetzen?

Zusetzen: Da doch die Länge oder Kürze eures Leibes zur Erhaltung eures Lebens nichts nutzt, und dennoch könnt ihr auch in diesem Stück mit eurer Sorge nichts ausrichten, viel weniger wird euch etwas zuträglich sein, die Nahrung oder Kleidung zu erlangen, wenn ihr euch gleich lange mit Sorgen plagt. Denn wo uns Gott nicht mit Nahrung oder Kleidung versorgt, so wird alle unsere Mühe und Arbeit umsonst sein. Wie der Psalm spricht: Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht, und später lange sitzt {Ps 127}. Doch aber soll ein jeder seinem Beruf nachkommen.

26. So ihr denn das Geringste nicht vermöget, warum sorgt ihr für das andere?

27. Nehmt wahr der Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen; sie arbeiten nicht, so spinnen sie nicht. Ich sage euch aber, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht ist bekleidet gewesen als der eine.

Der eine: Denn der Schmuck und die Zierde, welcher mit Menschen Kunst gemacht und zu Wege gebracht wird, mag dem nicht gleichen, damit Gott seine Kreaturen begabt, wenn wir sie etwas genauer betrachten.

28. So denn das Gras, das heute auf dem Felde steht und morgen in den Ofen geworfen wird, Gott also kleidet, wie viel mehr wird er euch kleiden, ihr Kleingläubigen.

Euch kleiden: In diesem Leben, weil ihr ewig mit ihm leben sollt.

Kleingläubigen: Traut ihr eurem gütigen himmlischen Vater so wenig zu? So auch wir die Blumen anschauen, so sollen sie uns die Sorge der Kleidung nehmen. Man soll aber mit der Kleidung sich so verhalten, dass man die Kargheit und den Überfluss meide, und soll der Schmuck nach dem Stand und Vermögen gerichtet werden.

29. Darum auch ihr, fragt nicht danach, was ihr essen oder was ihr trinken sollt, und fahrt nicht hoch her!

Hoch her: Dass ihr nicht mit den Gedanken in der Luft herumschwebt, und euch viel Kummer darüber macht, woher ihr Nahrung und Kleider nehmen wollt. Denn welche Gott nicht trauen, sondern mit ihrer Sorge sich selbst helfen wollen, die sind gleich über der Erde erhaben und fahren mit den Gedanken hin und wieder herum, finden aber doch nicht, worauf sie sich ausruhen und verlassen möchten. Wir sollen uns aber erinnern, dass wir Menschen und nicht Götter sind. Darum sollen wir unsere Sorgen und Anliegen auf Gott werfen, denn es ist uns die göttliche Vorsehung und Regierung der Welt nicht befohlen. Doch Petrus spricht, alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch {1Petr 5}.

30. Nach solchem allem trachten die Heiden in der Welt; aber euer Vater weiß wohl, dass ihr des bedürft.

Heiden: Welche Gott nicht kennen, noch an ihn glauben, die sind nur darauf bedacht, wie sie sich in diesem Leben versorgen, und meinen, es komme dieses Lebens Notdurft nicht von Gottes Güte her, sondern werde durch ihren Fleiß zuwege gebracht. Darum ist es heidnisch und nicht christlich, dass man sich um die Nahrung bekümmert.

31. Doch trachtet nach dem Reich Gottes, so wird euch das alles zufallen.

Zufallen: Denn die erste und vornehmste Sorge eines Christen soll sein, dass er ein Erbe des Himmelreiches sei, und dass er nach der Gelegenheit seines Berufes das Reich Christi befördere, so wird Gott unterdes für ihn sorgen, dass er haben möge, was ihm in diesem Leben nötig ist.

32. Fürchte Dich nicht, Du kleine Herde; denn es ist eures Vaters Wohlgefallen, euch das Reich zu geben.

Kleine Herde: Ihr Christen, die er gegen die Gottlosen zu rechnen, so man nicht zählen kann, ein kleiner Haufen seid.

Zu geben: Nämlich, das Himmelreich. Wie wollte er euch denn nicht geben, was ihr zu diesem zeitlichen Leben bedürft? Und wenngleich ihr in diesem Leben manchmal nicht so gut gehalten werdet, so sollt ihr euch erinnern, dass euch das ewige Reich bereitet ist, darin euch alles reichlich wiederum wird erstattet werden, was ihr in dieser Welt für Widerwärtigkeit erlitten habt. Darum sollen wir uns nicht daran ärgern, dass ihrer so wenig sind, die sich zur rechten Religion bekennen. Denn es hat das Beste niemals jedermann gefallen. Und wenn wir in der Welt geplagt sind, so sollen wir die Augen unseres Herzens auf das Himmelreich werfen, welches allen denen bereitet ist, die an Christus glauben.

33. Verkauft, was ihr habt, und gebt Almosen. Macht euch Säckel, die nicht veralten, einen Schatz, der nimmer abnimmt im Himmel, da kein Dieb zukommt, und den keine Motten fressen.

Verkauft: (Nach Luther) Verlassen, absagen, hassen, nicht besitzen, nicht Schätze sammeln, nichts haben. Das ist alles gesagt auf die Meinung, dass man es nicht über Gott und sein Wort lieben noch suchen soll, sondern wie Paulus sagt {1Kor 7v30}. Als besäßen sie es nicht.

Gebt Almosen: Ich will nicht, dass ihr wegen der Nahrung euch bekümmert, dass ihr auch den Armen nach dem Vermögen behilflich seid. Die Erklärung dieses Spruches kann man am besten aus dem Apostel Paulus nehmen, der von dieser Sache schreibt: So einer willig ist (den Armen zu helfen), so ist er angenehm, nachdem er hat, nicht nachdem er nicht hat. Das geschieht nicht in der Meinung, dass die anderen Ruhe haben und ihre Trübsal, sondern dass es gleich sei. So diene euer Überfluss ihrem Mangel in der teuren Zeit, im 2. Korinther im 8. Kapitel. So will Christus, wir sollen in unserer zeitlichen Unterhaltung nicht zu sorgfältig sein, dass wir auch bereit sind, den Bedürftigen zu helfen, und zwar so, dass ehe wir den Nächsten des hungers sterben lassen, viel eher unsere Güter verkaufen sollen, und ihm also Hilfe leisten. Denn es gibt viele, die geben Ursachen vor, wenn sie den Armen helfen sollen, mit diesem Spruch will Christus diese Entschuldigungen ihnen nehmen.

Nicht veralten: Und legt eure Schätze an solche Orte, da sie nicht verderben können.

Im Himmel: Denkt vielmehr an die himmlischen Schätze und trachtet mit Fleiß nach diesen, als dass ihr euch um irdische Güter und Reichtum viel bekümmern wollt.

34. Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein.

Herz sein: Darum, ob ihr wohl Geld und Gut in dieser Welt haben mögt, so sollt ihr doch solches nicht für euren Schatz achten. Sondern glaubt, dass der rechte Schatz dieser ist, der im Himmel gelegt wird, dessen ihr im anderen Leben genießen könnt, und nicht der Gefahr unterworfen ist, wie die Schätze dieser Welt. Denn wo ihr die irdischen Güter für euren Schatz halten werdet, so werden eure Herzen ihnen ergeben sein, und werdet ihr Gott nicht anhängen können. Aber ich will, dass ihr himmlische Sachen betrachtet und mit euren Herzen dem himmlischen Vater anhängt, auch nach der künftigen und ewigen Glückseligkeit ein herzliches Verlangen habt. Wir sammeln aber dann himmlische Schätze, wenn wir in der wahren Erkenntnis Gottes zunehmen und im Glauben täglich gestärkt werden, dass wir unserer Seligkeit gewiss sind, und in Hoffnung auf die völlige Besitzung der ewigen Güter warten. Wir bringen auch Schätze in den Himmel, wenn wir aus wahrem Glauben durch die Liebe unserem Nächsten Gutes tun. Denn Christus hat verheißen, dass er im anderen Leben aufs Reichlichste vergelten wolle, was wir den Geringsten tun, die an ihn glauben, getan haben. So oft wir darum um Christi willen dem Nächsten einen Dienst leisten, so oft legen wir etwas zu dem himmlischen Schatz hinzu. Ferner sollen wir uns erinnern, wie vielerlei Unfälle den irdischen Schätzen unterworfen sind; bald durch Feuer, bald durch Wasser verderben, auch stellen die Diebe danach, dann rauben sie die Kriegsknechte. Und wenn es auch geschieht, dass die irdischen Schätze uns nicht genommen werden, so werden wir doch den Schätzen entzogen und in eine andere Welt gefordert. Darum handeln die närrisch, welche sich darauf verlegen, dass sie zeitliche Güter zuwege bringen möchten. Aber noch viel närrischer tun die, wenn sie ihre Herzen daran hängen und kleben lassen. Jedoch widerstrebt es diesem Gebot Christi nicht, wenn man den Kindern etwas, so man mit Recht und Gerechtigkeit erworben, hinterlässt, davon sie sich ehrlich unterhalten können. Denn Paulus spricht: So jemand die Seinen, besonders seine Hausgenossen nicht versorgt, der hat den Glauben verleugnet, und ist ärger denn ein Heide {1Tim 5}.

35. Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen,

Lasst: Jetzt ermahnt uns Christus, dass wir zu seiner Zukunft jede Stunde und jeden Augenblick bereit sein müssen, damit wir so erfunden werden, wie es sich gebührt, es falle gleich der Jüngste Tag plötzlich herein, oder wir werden durch den Tod aus diesem Leben gerissen, ehe wir uns dessen Versehen hätten. Denn es hat Christus in dieser Predigt von mancherlei Sachen gehandelt, nach Gelegenheit der Zeit und der Personen Beschaffenheit.

Umgürtet: Denn es pflegten die Völker im Orient gewöhnlich lange Kleider zu tragen, und diese mit einem Gürtel zusammenzufassen, auf dass sie zu allerlei Verrichtungen geschickt wären.

36. und seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn warten, wenn er aufbrechen wird von der Hochzeit, auf dass, wenn er kommt und anklopft, sie ihm bald auftun.

Auftun: Also seid ihr auch, wie die treuen Knechte, bereit, euren Herrn Christus zu empfangen, wenn er aus seiner himmlischen Herrlichkeit zu uns kommen wird, dass er uns mit Licht zur himmlischen Freude einführe {Joh 14}. Es sind aber dann brennende Lichter in unseren Händen, wenn wir mit Glauben und Hoffnung in unserem Herzen gerüstet sind, unseren Herrn und Heiland Jesum Christus mit Freuden erwarten. Und sind unsere Lenden umgürtet, wenn wir in unserem Beruf durch gute Werke Gott und dem Nächsten dienen, und stets in solchen gottseligen Vorsatz gefunden werden.

37. Selig sind die Knechte, die der Herr, so er kommt, wachend findet. Wahrlich, ich sage euch, er wird sich schürzen und wird sie zu Tisch setzen und vor ihnen gehen und ihnen dienen.

Wachend: Dass sie ihrem Beruf fleißig ausüben. Es werden aber diejenigen immer wachend gefunden, welche im wahren Glauben und in der Gottseligkeit Gott ehren, wenngleich sie mit dem Leibe schlafen.

Schürzen: Damit er zur Verrichtung seiner Geschäfte umso geschickter ist.

Dienen: Das heißt: Er wird solchen Knechten ein herrliches Gastmahl halten, und er selbst wird ihnen dienen und ihnen große Ehre antun. Aus diesen Worten ist zu erkennen, dass es bei den Israeliten ein Brauch gewesen ist, dass manchmal die Herren ihren Knechten etwas Gutes zeigten, und sie selber eine Arbeit als Knecht verrichtet haben, welches vielleicht bei der Hochzeit der Knechte geschehen ist. Und sind zwar heutigentags in Deutschland auch etliche Fürsten so redlich und freundlich, wenn einer ihrer guten Diener, mit des Fürstenrat und Bewilligung, sich verehelicht, dass der Fürst dem Bräutigam bei der Hochzeit die Ehre tut und ihn oben ansetzen lässt. Es hat aber Christus mit diesem Gleichnis zu verstehen geben wollen, dass er unseren Fleiß und unsere Treue in unserem Beruf mit ewiger Freude und Herrlichkeit belohnen will. Wer wollte sich es denn verdrießen lassen, Gott seinem Herrn treu zu dienen? Es wäre denn, dass er dieser lieblichen Verheißung Christi keinen Glauben gebe? Das sei ferne.

38. Und so er kommt in der andern Wache und in der dritten Wache und wird es also finden: Selig sind diese Knechte.

Anderen Wache: Das heißt, zwischen der 9. und 12. Stunde in der Nacht.

Dritten Wache: Welches ist, zwischen 12 und 3:00 Uhr des Nachts.

Diese Knechte: Wenn sie in ihrem Amt sich finden lassen, der Herr komme, gleich von der Hochzeit, wenn er will, besonders, wenn es sich so ansehen lässt, dass er mit seiner Ankunft verzieht. Es tut aber Christus, der ersten Wache von 6.00 Uhr bis 9:00 Uhr abends, wie auch der vierten, von 3:00 Uhr bis 6:00 Uhr morgens keine Meldung, weil er nur derer gedenkt, die etwas mehr Mühe haben. Und verheißt Christus mit diesen Worten, denen himmlischen Belohnungen, welche in wahren Glauben und in der Gottseligkeit auch unter vielen und großen Beschwerden beharren.

39. Das sollt ihr aber wissen: Wenn ein Hausherr wüsste, zu welcher Stunde der Dieb käme, so wachte er und ließe ihn nicht in sein Haus brechen.

Das: Christus ermahnt uns noch mit einem anderen Gleichnis, das wir sollen wacker und zum Tage des Herrn bereit sein.

Brechen: Wenn wir wegen unserer zeitlichen Güter wachen, auf dass wir diese behalten mögen, da sie doch vergänglich sind, damit wir keinen Schaden daran leiden, wie viel mehr sollen wir wachen, dass wir nicht unversehens von der Zukunft des Herrn, und also unbereitet überfallen werden, dass wir an unserer Seelen Schaden nehmen, welche mit der ganzen Weltgüter nicht mag erlöst werden.

40. Darum seid ihr auch bereit! Denn des Menschen Sohn wird kommen zu der Stunde, da ihr es nicht meint.

Nicht meint: Gleichwie aber die Zeit des Jüngsten Tages verborgen ist, so wissen wir auch die Stunde unseres Todes nicht. Und erinnern uns die plötzlichen Unfälle vieler Leute, welche schnell aus diesem Leben abgefordert werden, dass wir im Glauben uns in der Hoffnung samt der Liebe täglich üben, damit wir alle Stunde entweder zu der herrlichen Zukunft Christi oder zum seligen Abschied aus diesem Leben bereit sind.

41. Petrus aber sprach zu ihm: Herr, sagst Du dies Gleichnis zu uns oder auch zu allen?

Zu uns: Aposteln allein, und willst Du, dass wir allein auf Deine herrliche Zukunft wachen und warten, die wir die Vornehmsten und Fürsten in deinem Reich sein werden, oder forderst Du solches auch von allen Deinen Zuhörern, dass sie zu Deiner Zukunft bereit sind. Denn Petrus träumte immer noch von einem weltlichen Königreich, darum zweifelte er daran, ob solche Erinnerung andere mehr oder nur die Apostel allein anginge, welche dem Ansehen nach im Reich des Messias vorne angehen würden. Hieran sehen wir, dass man sehr schwer die falschen Meinungen, welche die Leute einmal gefasst, ihnen aus den Kopf bringen kann, dass, auch wenn man es ihnen oft ausgeredet hat, sie dennoch ihnen immer wieder nachdenken. Aber Christus gibt mit seiner Antwort genügend zu verstehen, wie er von jedermann fordert, dass man wachen soll, besonders aber sollen es die Kirchendiener tun, welchen Gott seine Kirche zu regieren befohlen hat.

42. Der Herr aber sprach: Wie ein groß Ding ist es um einen treuen und klugen Haushalter, welchen der Herr setzt über sein Personal, dass er zu Rechter Zeit ihnen zusteht!

43. Selig ist der Knecht, welchen sein Herr findet also tun, wenn er kommt.

44. Wahrlich, ich sage euch, er wird ihn über alle seine Güter setzen.

Güter setzen: Und also die Treue seines Knechtes erkennen und ihn zu Ehren erheben. Wenn darum ein frommer Kirchendiener, oder fromme Obrigkeit, oder Hausvater aus Glauben sein Amt und seinen Beruf fleißig und treu ausübt, der wird in jenem Leben mit himmlischer Herrlichkeit begabt werden und der ewigen Glückseligkeit genießen. Es sollen aber auch die Knechte hier lernen, ihren Herren treu zu sein, und sollen die Herren der treuen Knechte Dienste mit dankbaren Herzen belohnen.

45. So aber der Knecht in seinem Herzen sagen wird: Mein Herr verzieht zu kommen, und fängt an zu schlagen Knechte und Mägde, auch zu essen und zu trinken und sich vollzusaufen,

Knechte: Welchen der Herr über seine Arbeiter gesetzt hat.

Verzieht: Wer weiß, ob er noch einmal wiederkommen wird?

Zuschlagen: Also, dass er aus seinem ihm befohlenen Amt eine Tyrannei macht, und seine ihm unterstellten Mitknechte beschwerlich und lästig sind.

Zu saufen: Dass er sich den verbotenen und unzüchtigen Wolllüsten ergibt.

46. so wird desselben Knechtes Herr kommen an dem Tage, da er sich‘s nicht meint, und zu der Stunde, die er nicht kennt, und wird ihn in Stücke hauen und wird ihm seinen Lohn geben mit den Ungläubigen.

Ungläubigen: Er wird ihm den Lohn geben, welcher Gottlosen lästerlichen Leuten gebührt. Es schlägt aber der Knecht dann seine Mitknechte, wenn die Kirchendiener in der Kirche Tyrannei üben, besonders wie es der römische Papst tut: Und wenn die, so sie im Stande der Obrigkeit sind, ihre Gewalt missbrauchen zur Unterdrückung der Unschuldigen: Auch wenn ein Hausvater sein Personal gar zu hart hält und den Nachbarn und andere, mit denen er zu tun hat, unrichtig bedrückt: Endlich, wenn er seinen Beruf fahren lässt und nicht Gott, sondern seinen Lüsten und Begierden folgt. Wenn nun solche in den Zustand ergriffen werden, so müssen sie von Gott dem gerechten Richter der ewigen Strafe gegenwärtig sein.

47. Der Knecht aber, der seines Herrn Willen weiß und hat sich nicht bereitet, auch nicht nach seinem Willen getan, der wird viel Streiche leiden müssen.

Bereitet: Er hat sich nicht dazu geschickt, dass er verrichte, was doch nicht unbekannt gewesen ist.

48. Der es aber nicht weiß, hat doch getan, was der Streiche wert ist, wird wenig Streiche leiden. Denn welchem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen, und welchem viel befohlen ist, von dem wird man viel fordern.

Wenig Streiche: Damit Christus doch nicht lehren wollte, als ob die, so aus Unwissenheit sündigen, der ewigen Verdammnis nicht schuldig sind. Denn es ist allen Menschen von dem Gesetz der Natur noch so viel in ihr Herz geschrieben, welche ihnen alle Entschuldigung der Unwissenheit nimmt, wie Paulus bezeugt {Röm 2}. Viel weniger ist die angemaßte Unwissenheit nicht zu entschuldigen, da die Menschen mit Fleiß nicht wissen wollen, was sie wohl wissen könnten, wenn sie es zu wissen begehrten; sondern es lehrt Christus, dass die schwere Strafe leiden werden, welche des Herrn Willen aus seinem Wort gelernt haben, und doch nicht tun, was ihnen aufgelegt ist. Darum ist es nicht genug, dass man von dem Wort und Befehl Gottes schwätzen kann. Sondern wir müssen uns fleißig daran halten, dass wir Gottes Willen tun. Und weil niemand diesen vollkommen tun kann, so müssen wir mit Glauben zu dem Mittler Christo fliehen, auf dass durch sein vollkommenes Werk unser Ungehorsam zugedeckt und unsere Sünden uns nicht zugerechnet werden {Röm 4 5}.

Viel fordern: Das heißt, dem viele und große Sachen zu verrichten befohlen werden, der wird auch viel große Rechenschaft davon geben müssen. Dies Sprichwort deutet Christus auf sein Vorhaben und lehrt, dass diejenigen, welche viele und große Gaben und hohe Ämter von Gott empfangen haben, Gott desto mehr Rechnung am Jüngsten Tage geben müssen, wo sie nicht noch in diesem Leben mit Gott verglichen werden. Darum, je größere Gaben wir empfangen haben, oder je höhere Ämter wir haben, umso mehr müssen wir uns bemühen, dass wir unsere Gaben richtig gebrauchen zu Gottes Ehre und des Nächsten Wohlfahrt, und unser Amt treu ausrichten. Welche aber geringer Gaben haben oder einfache Ämter verwalten, die sollen damit auch zufrieden sein und Gott danken, dass ihnen nicht mehr oder Größeres befohlen ist.

49. Ich bin kommen, dass ich ein Feuer (durch die Predigt meines Evangeliums) anzünde auf Erden; was wollt‘ ich lieber, denn es brennte schon!

Ich: Weil Christus, wie oben gemeldet, in dieser Predigt von mancherlei Sachen handelt, so lehrt er in den folgenden Worten, dass aus der Predigt des Evangeliums viel Streit und Uneinigkeit entstehen werde. Er sagt aber solches nicht darum, dass er der evangelischen Lehre einen Schandfleck anhängen möchte, sondern dass er das Ärgernis mindere, welches aus der gottlosen Leute Halsstarrigkeit, so der Wahrheit widerstreben, zu entstehen pflegt.

Feuer: (Nach Luther) Er redet nach dem Sprichwort: Ich will ein Feuer anzünden, das heißt, ich will einen Unfrieden anrichten durch das Evangelium. Und ich wollte es wäre solch ein Feuer schon angezündet. Aber ich muss zuvor mein Leben lassen, und mich verlangt danach.

Brennte schon: Ich möchte wünschen, dass solch ein Feuer bereits lichterloh brennt, das heißt: Ich wollte gerne, dass mein Evangelium bereits durch die ganze Welt dringe; ich weiß, dass viel Unruhe daraus entstehen wird. Weil auch die Weisen und Mächtigsten sich dagegen setzen werden. Es ist aber das Evangelium nicht die eigentliche Ursache solcher Unruhe, sondern derjenigen Leute Bosheit ist schuldig, welche das Evangelium Christi entweder mit Verleumdungen, oder mit List, oder öffentlicher Gewalt unterdrücken wollen. Sonst macht das Evangelium für sich selbst ein ruhiges Gewissen und ein solches Herz, das dem rechten Frieden und der wahren Einigkeit sich befleißigt: Gleichwie aber der Kalk, wenn Wasser darauf geschüttet wird, brennt, so tobt der Menschen Bosheit gegen das Evangelium Christi, wenn es durch die Predigt des göttlichen Wortes erregt wird. Denn wenn die falsche Religion durch das Evangelium Christi verworfen und verdammt wird, so läuft man überall zu, als wollte man ein Feuer löschen.

50. Aber ich muss mich zuvor taufen lassen mit einer Taufe; und wie ist mir so bange, bis sie vollendet werde {Mt 20v23}!

Taufen lassen: Ich muss zuvor leiden und sterben, und wenn ich daran denke, so graut mir davor, bis ich es überwunden habe. Es haben aber auch alle anderen Christen ihre Taufe der Trübsal und Angst, doch werden sie mit Christus daraus wiederum hervorkommen. Unterdessen aber, bis die Trübsal überwunden ist, sind sie ängstlich. Und hat Christus selbst die menschlichen Unfälle und Versuchungen ausstehen wollen, auf dass er barmherzig und ein getreuer Hohepriester vor Gott wäre, die Sünde des Volkes zu versöhnen, denn indem er ist versucht worden und hat gelitten, ist er mächtig, auch denen die versucht werden, zu helfen {Hebr 2}.

51. Meinet ihr, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf Erden? Ich sage nein, sondern Zwietracht.

Zwietracht: Denn wenn das Evangelium gepredigt wird, so entstehen viele und große Uneinigkeiten, auch unter denen, die verwandt sind.

52. Denn von nun an werden fünf in einem Hause uneins sein: drei wider zwei und zwei wider drei.

Nun an: Von dieser Zeit an, da mein Evangelium gepredigt wird.

Uneins sind: Das heißt, in der Religion nicht übereinstimmen, sondern darüber einander hassen und anfeinden.

Wider drei: Es werden auch unter einerlei Hausgenossen widerwärtige Parteien um der Religion willen entstehen, also dass in vielen Häusern zweierlei unterschiedliche Religionen sein werden, da ein jeder das andere verfolgen wird. Denn die ungleiche Religion trennt auch bisweilen die nächsten Blutsverwandten so, dass sie viel kräftiger wieder einander toben, als gegen Fremde. Welche aber die falsche Lehre verteidigen, die wüten gegen die, so diese die rechte und reine Religion angenommen haben. Darum Paulus spricht: Der nach dem Fleisch geboren war, verfolgte den, der nach dem Geist geboren war {Gal 4}. Wenn darum nach dem gepredigten Evangelium solche Uneinigkeit und Verfolgungen entstehen, so sollen wir uns nicht ärgern, noch das Evangelium fahren lassen. Denn wer beharrt bis ans Ende, der wird selig werden {Mt 24}.

53. Es wird sein der Vater wider den Sohn und der Sohn wider den Vater, die Mutter wider die Tochter und die Tochter wider die Mutter, die Schwiegermuttermutter wider die Schwiegermuttertochter und die Schwiegermuttertochter wider die Schwiegermuttermutter.

54. Er sprach aber zu dem Volk: Wenn ihr eine Wolke seht aufgehen vom Abend, so sprecht ihr bald: Es kommt ein Regen; und es geschieht also.

Volk: Darunter mancherlei Zuhörer auch Heuchler waren, welche zwar die Predigten Christi hörten und seine Wunderzeichen sahen, aber später verlästerten, als ob es nur einfache Wunderwerke wären, und mit der frommen Propheten, besonders aber Mose Zeichen und Wunder nicht zu vergleichen wären, darum stellten sie sich, als ob sie nicht geringe Ursachen hätten zu zweifeln, ob dieser Jesus von Nazareth der Messias wäre. Wider solchen redet Christus die folgenden Worte.

Geschieht also: Denn man kann solche Mutmaßungen aus der Natur nicht so in den Wind schlagen, wenn man sie nur nicht für unfehlbare göttliche Weissagungen hält. Und tut Gott viele Dinge durch natürliche Ursachen.

55. Und wenn ihr seht den Südwind wehen, so sprecht ihr: Es wird, heiß werden; und es geschieht also.

56. Ihr Heuchler, die Gestalt der Erde und des Himmels könnt ihr prüfen, wie prüft ihr aber diese Zeit nicht?

Könnt: (Nach Luther) Könnt ihr sehen, wie es an den Kreaturen geht, warum seht ihr nicht auch, wo es euch fehlt?

Zeit nicht: Ihr könnt aus des Himmels Wolken und dem Wind als Zeichen erkennen, wie es mit dem Wetter wird, warum könnt ihr denn nicht aus meinen herrlichen Wunderwerken, die ich tue, erkennen, dass die Zeit des Messias ist, welchen Gott in die Welt gesandt hat? Denn meine Wunderwerke treffen mit den Weissagungen der Propheten überein. Darum seid ihr Heuchler, denen es weder mit der Ehre Gottes, noch mit eurer Seligkeit ein Ernst ist. Seid darum nichts Besseres wert, denn dass ihr ewig verdorben werdet.

57. Warum richtet ihr aber nicht an euch selber, was recht ist?

Recht ist: Denn wenn ihr mein Wunderzeichen recht ansehen wollt, so könnt ihr leicht spüren, dass ich der Messias und von Gott gesandt wäre, und bedürfen deshalb keiner weiteren Unterrichtung, weil auch das einfache Volk aus meinen Wunderzeichen recht schließt, ich sei von Gott gesandt. Aber ihr wollt viel lieber mutwillig blind sein, als der Wahrheit freiwillig Zeugnis geben. Denn es sind ihrer viele in weltlichen Sachen ganz spitzfindig und scharfsinnig, aber in Religionssachen stellen sie sich, als wären sie einfältig, und sagen, es sind die streitigen Religionssachen ihnen zu schwer und zu hoch und über ihren Verstand. Aber sie verleugnen die Wahrheit, entweder dass sie mit einer besonderen Zuneigung, oder durch den Geiz, oder die Furcht eingenommen werden. Solcher Leute Bosheit wird Gott mit ewiger Höllenpein strafen.

58. So Du aber mit deinem Widersacher vor den Fürsten gehst, so tue Fleiß auf dem Wege, dass Du sein los werdest, auf dass er nicht etwa Dich vor den Richter ziehe, und der Richter überantworte Dich dem Stockmeister, und der Stockmeister werfe Dich ins Gefängnis.

So Du: Weil unter den Zuhörern Christi auch viel waren, die da nichts anderes meinten, denn der Messias würde es schaffen, dass kein Schuldiger seinem Gläubiger zahlen dürfte, welches sie aus dem Spruch des Propheten Jesaja 61 entnahmen, da gesagt wird, dass der Messias ein gnädiges Jahr des Herrn predigen werde, welches sie von ihrem Jubeljahr verstanden, indem nach dem Gesetz Mose alle Schulden nachgelassen wurden. Also hofften sie, sie wollten unter diesem Messias alle Güter ablösen, dergestalt, dass sie nichts bezahlten: So hat Christus auch diese falsche Meinung seinen Zuhörern auszureden, sich vorgenommen.

Los werdest: Dass Du von ihm kommst, Dich mit ihm vergleichst und aufs Beste, wie Du kannst, ihn befriedigst, auf dass Du nicht dem strengen Recht nach leisten musst.

Stockmeister: Der durch die Folter die Bezahlung von Dir herausbringe.

Gefängnis: Darin er Dir viel Plage antun wird. Denn man weiß, dass vorzeiten etliche Schuldner nicht nur ins Gefängnis geworfen, sondern dazu auch noch jämmerlich geplagt und gemartert wurden, auf dass die Freunde oder Verwandten desto mehr darauf bedacht waren, wie sie solche Gefangenen möchten wieder freimachen. Aus diesen Worten Christi haben wir zu lernen, wie das Evangelium keine bürgerliche Befreiung mit sich bringt von den Schulden, Steuern oder dergleichen Beschwerden, sondern vielmehr von Sünden, Tod, und Hölle. Welche darum unter dem Schein der evangelischen Lehre die bürgerlichen Satzungen oder Ordnungen vernichten, die werden von einem bösen und aufrührerischen Geist getrieben, und darum schwer gestraft werden. Auch werden wir erinnert, dass wir uns hüten sollen, damit wir es nicht mit unserem Leichtsinn so machen, die Sache zuletzt dahin kommen lassen, dass man dem strengen Gericht nach mit uns handeln muss. Denn etliche wollen mit ihrer Halsstarrigkeit und Torheit viel lieber großen Schaden leiden, als mit einem geringen Schaden den Frieden und Ruhe erkaufen.

59. Ich sage Dir, Du wirst von dort nicht herauskommen, bis Du den allerletzten Heller bezahlst.


Das 13. Kapitel

  • Zuerst wird von den Galiläern gehandelt, welcher Blut Pilatus mit dem Opfer Blut vermischt hatte. Danach von dem unfruchtbaren Feigenbaum, der abgehauen wurde. Christus macht ein krankes Weib am Sabbat gesund. Vergleicht das Reich Gottes mit einem Senfkorn und Sauerteig. Und antwortet auf die Frage, ob wenig selig werden. Nennt Herodes einen Fuchs. Weissagt von der Stadt Jerusalem Zerstörung.

1. Es waren aber zu derselben Zeit etliche dabei, die verkündigten ihm von den Galiläern, welcher Blut Pilatus samt ihrem Opfer vermischt hatte.

Vermischt hatte: Es sind aber zur selben Zeit viel aufrührerische Praktiken und Handlungen in Judäa und Galiläa vorgefallen, wie die Geschichte der Apostel im 5. Kapitel und des Josephus Geschichte bezeugen. Weil die Juden der Römer Joch ungern trugen. Darum haben in dieser Zeit etliche Galiläer einen Aufruhr gegen den römischen Landpfleger und der Römer Besatzung getan, die zur Ordnung eingesetzt waren und die Aufrührerischen, ehe sie zur Waffe griffen, opferten, um einen glücklichen Fortgang ihres Vorhabens zu bekommen. Ist dem Pilatus eine solche Entwicklung kundgetan worden, darum er die Aufrührer, da sie in ihrem besten Tun gewesen sind, überfallen und ermordet hat, also dass der Aufrührer und ihr Opfer Blut durcheinander vermischt wurden, welches schrecklich zu hören war. Darum wurde solches Christus als ein Beispiel, wie die Aufruhr gestraft wurde, verkündigt. Daraus könne man erkennen, was es für eine große Sünde wäre, wenn man eine Aufruhr erregte. Und zwar soll eben diese Geschichte jedermann von aufrührerischen Anschlägen und Gedanken abschrecken.

2. Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Meint ihr, dass diese Galiläer vor allen Galiläern Sünder gewesen sind, die weil sie das erlitten haben?

Vor allen: Denn weil die, so Christo, solches verkündigten, nicht dachten, die sie auch vor Gott Sünder wären, und gleiche Strafen möchten verdient haben, wenn Gott der Herr nach seinem strengen Gericht handeln wollte. So nimmt Christus darum die Gelegenheit, dass er sie alle aufs Ernstlichste ermahnt, sie sollen Buße tun.

3. Ich sage: Nein, sondern, so ihr euch nicht bessert, werdet ihr alle auch also umkommen.

Umkommen: (Nach Luther) Die Juden hielten es so, wenn es ihnen zeitlich gut ginge, dann wäre man vor Gott angenehm. Und wiederum, wo es ihnen übel geht, so wäre er ein Sünder.

Sage: nein: Dass diese nicht darum von Gott gestraft sind, als ob sie ärger gewesen wären denn alle anderen Galiläer.

Auch also: Gott wird euch mit gleichen oder noch größeren Strafen heimsuchen, wenn ihr nicht Buße tut. Denn Gott straft nicht alle Sünder und Gottlosen in dieser Welt mit großen Plagen; sondern lässt an etlichen ein Beispiel seines gerechten Zorns sehen, auf dass andere sich daran spiegeln sollen, und dabei erkennen, was sie wohl alle verdient hätten. Darum, wenn wir sehen, dass einer als ein Übeltäter vom Leben zum Tode gerichtet wird, so sollen wir denken, dass wir viel Ärgeres würden leiden müssen, wenn Gott nach seinem strengen Gericht mit uns handeln wollte. Darum sollen wir über unsere Sünde Reue und Leid haben, an Christus glauben und unser Leben bessern.

4. Oder meinet ihr, dass die achtzehn, auf welche der Turm in Siloah fiel und erschlug sie, seien schuldig gewesen vor allen Menschen, die zu Jerusalem wohnen?

In Siloha: Neben dem Teich Siloha zu Jerusalem. Es redet aber Christus hier von einer Geschichte, die sich zur selben Zeit zugetragen und bekannt war.

Wohnen: Meint ihr vielleicht, dass damals zu Jerusalem keine so bösen oder noch ärgere Leute gewohnt haben, als die, welche der Turm mit seinem Fall erschlagen hat. Es hat aber Christus mit diesen Worten uns den falschen Wahn aus dem Herzen reißen wollen, da wir meinen, es sind die Leute, so im Unglück stecken, mit anderen Lastern besudelt, darum haben sie solche Strafen verdient. Wie auch die Freunde vom Hiob. Sie hielten ihn auch für schuldig, aber hatten damit unrecht. Obwohl nun nicht alle Sünder in diesem Leben gestraft werden, so werden sie doch der ewigen Strafe nicht entgehen, wo sie nicht Buße tun. Darum sollen wir uns bekehren, und beizeiten Buße tun, auf dass wir nicht plötzlich mit dem Tod überfallen werden, und um unserer Bosheit willen ewige Strafe leiden müssen.

5. Ich sage: Nein, sondern so ihr euch nicht bessert, werdet ihr alle auch also umkommen.

6. Er sagte ihnen aber dies Gleichnis: Es hatte einer einen Feigenbaum, der war gepflanzt in seinem Weinberge; und er kam und suchte Frucht darauf und fand sie nicht.

Gleichnis: Mit welchem er uns wieder ermahnen will, dass wir beizeiten Buße tun sollen.

Sie nicht: Solche unfruchtbaren Bäume sind die Leute, welche zwar in der äußerlichen Versammlung der Kirche sich zu den anderen halten und sich als Christen ausgeben. Daneben aber ganz und gar nach dem Fleisch leben und keine guten Werke tun, sondern sich selbst und nicht Gott leben.

7. Da sprach er zu dem Weingärtner: Siehe, ich bin nun drei Jahre lang alle Jahre gekommen und habe Frucht gesucht auf diesem Feigenbaum und finde sie nicht. Haue ihn ab; was hindert er das Land?

Hindert er: Denn weil er niemanden nutzt, so könnte man auf seinen Platz, den er einnimmt, etwas anderes pflanzen, welches mehr Nutzen brächte, als dieser unfruchtbare Baum. So macht Gott einen genauen Unterschied unter denen, welche gottselig leben, und unter den Gottlosen, welche in Sünden immerfort fahren, obwohl es vor der menschlichen Vernunft scheint, als ob Gott der Frommen sich ebenso wenig annimmt, als der Gottlosen {Ps 37 73}.

8. Er aber antwortete und sprach zu ihm: Herr, lass ihn noch dies Jahr, bis dass ich um ihn grabe und dünge ihn,

Dünge: Daher er Kraft bekommt, Frucht zu tragen.

9. ob er wollte Frucht bringen; wo nicht, so haue ihn danach ab.

Frucht bringen: Und ihn also noch weiter in deinem Weinberg stehen lässt.

Wo nicht: Dass er auch keine Frucht bringt, nachdem er Dinge bekommen hat, so tut der Mittler Christus eine Fürbitte für die Sünder bei seinem himmlischen Vater, dass sie nicht plötzlich vertilgt werden. Er tut auch hinzu die Predigt des Gesetzes und des Evangeliums, und lässt auch eine Trübsal über sie ergehen, damit er sie väterlich züchtigt, danach erzeigt er ihnen nicht geringe Guttaten, versucht also Gutes und Böses mit ihnen, welches durch das Graben und Düngen angedeutet wird. Wenn er aber bei den Unbußfertigen damit nichts ausrichtet, so ist er weiter nicht dagegen, dass der himmlische Vater seinen gerechten Zorn über sie ausschütten sollte, damit sie aus der Kirche ausgerottet, und ins ewige Feuer geworfen werden.

10. Und er lehrte in einer Schule am Sabbat.

Und: Jetzt folgt eine sehr denkwürdige Geschichte von einer Frau, welche Christus gesund macht.

Sabbat: In einer großen Versammlung. Denn Christus flieht vor dem Licht nicht, wie es die Schwärmer und Schwindler tun, welche nur in dem Winkel lehren, wie besonders die Wiedertäufer und Schwenkfelder sind.

11. Und siehe, ein Weib war da, das hatte einen Geist der Krankheit achtzehn Jahre; und sie war krumm und konnte nicht wohl aufsehen.

Aufsehen: So hatte der Satan diese elende fromme Frau an ihrem Leibe gekrümmt, dass sie ihr Haupt nicht zum Himmel aufheben konnte. Aus diesen und dergleichen Stellen in der Heiligen Schrift spürt man, dass etliche Krankheiten des Leibes keine natürlichen Ursachen haben, sondern durch ein Verhängnis Gottes vom Satan einem Menschen zugefügt werden. Darum auch die leibliche Arznei in solchen Fällen wenig nutzt, und würde mit dem inbrünstigem, besonderen oder auch allgemeinen Gebet vielmehr ausgerichtet, wenn auch Mittel in allerlei allgemeinen Krankheiten nicht versäumt werden sollen. So erinnert uns auch diese langwierige Krankheit, dass man nicht verzagen soll, obgleich unser Elend ein Ansehen hat, als wollte es kein Ende nehmen. Denn Gott wird endlich einen guten Ausgang geben, dass wir ihm ewig dafür Lob und Dank sagen.

12. Da sie aber Jesus sah, rief er sie zu sich und sprach zu ihr: Weib, sei los von deiner Krankheit!

13. Und legte die Hände auf sie; und alsbald richtete sie sich auf und pries Gott.

Pries: Für die wiederbekommene Gesundheit. Durch diese Wunderzeichen ließ Christus seine Allmacht hervorscheinen. Denn Christi Rede ist so viel, wie tun, darum ist es eine große Bosheit, dass man diskutiert, was Christus will und vermag, oder nicht. Wenn wir aber die verlorene Gesundheit wiederum erlangt haben, so sollen wir Gott danken, und mit einem gottseligen Wandel auch in der Tat uns dankbar erzeigen.

14. Da antwortete der Oberste der Schule und war unwillig, dass Jesus auf den Sabbat heilte, und sprach zu dem Volk: Es sind sechs Tage, an denen man arbeiten soll; in denselben kommt und lasst euch heilen und nicht am Sabbattage.

Volk: Da er gegen Christus selber nichts öffentlich reden durfte, obwohl er ihm sehr feind war.

Sechs Tage: Gerade als ob der Sabbat durch die wunderbare Heilung der Krankheiten, welche dazu ohne alle Mühe nur mit einem Wort geschehen waren, entheiligt würde? Besonders, weil solche Wunderwerke nichts anderes waren als sichtbare Predigten, von der Allmacht und Güte Gottes, so durch den Heiland Christus sie uns erwiesen würde? Und als das Lob des göttlichen Namens, so von denen, welche gesund geworden waren, gesprochen wurde, nicht Gott das angenehmste Opfer gewesen wären? Aber die Heuchler sind in den Zeremonien zu halten ganz ängstlich und abergläubisch und beachten unterdes wenig, was zu Gottes Ehre und des Nächsten Wohlfahrt dient.

15. Da antwortete ihm der Herr und sprach: Du Heuchler, löst nicht ein jeglicher unter euch seinen Ochsen oder Esel von der Krippe am Sabbat und führt ihn zur Tränke?

Heuchler: Der Du so ungereimt darauf drängst, dass man den Sabbat äußerlich halten soll, und kümmerst Dich dabei wenig um die Ehre Gottes und der Menschen Wohlfahrt.

Zur Tränke: Und fürchtet sich dennoch nicht dabei, dass er dadurch den Sabbat breche, wenn er das Vieh tränkt?

16. Sollte aber nicht gelöst werden am Sabbat diese, die doch Abrahams Tochter ist, von diesem Bande, welche Satanas gebunden hatte nun wohl achtzehn Jahre?

Gelöst werden: Dass sie endlich nach der Trübsal, die sie so viele Jahre erlitten hatte, möge wiederum erquickt werden. Wer sieht nicht, dass ihr mehr auf das unvernünftige Vieh seht, als auf die Menschen, wenn sie auch gleich fromm sind? Weh der gottlosen Heuchler, die keinen Funken von der Liebe Gottes oder des Nächsten in ihren Herzen haben.

Abrahams Tochter: Also nennt Christus diese Frau, welche vom Satan so lange geplagt wurde, nicht nur, weil sie von Abrahams Geschlecht gekommen, sondern auch, weil sie dem Glauben Abrahams folgte. Denn welche den Glauben Abrahams an Christus haben, die sind rechte Kinder Abrahams und rechtschaffene Israeliten {Röm 4 Gal 6}. Aber nicht das Geschmeiß der Juden, welche sich der Patriarchen als ihre Eltern rühmen, aber daneben Christus hassen und lästern. Es gibt uns auch einen besonderen Trost, dass Christus diese Frau, welche vom Satan geplagt wurde, dennoch Abrahams Tochter, das heißt, eine Erbin des Himmelreiches nennt. Daher ist es gewiss, dass nicht darum jemand von Gott verstoßen ist, wenngleich er vom Satan lange und schwer entweder im Gewissen oder auch am Leibe geplagt wurde, welches auch des Hiobs Beispiel genügend bezeugt.

17. Und als er solches sagte, mussten sich schämen alle, die gegen ihn gewesen waren. Und alles Volk freute sich über alle herrlichen Taten, die von ihm geschahen.

Freute sich: Mit großer Verwunderung, und rühmte die gewaltigen Wunderwerke Christi, welches die Pharisäer und ihresgleichen heftig verdross. Es werden aber die Feinde der Wahrheit zuschanden und findet das Wort Gottes bei den Auserwählten statt, dass sie Gott erkennen und preisen.

18. Er sprach aber: Wem ist das Reich Gottes gleich, und wem soll ich es vergleichen?

Er: Jetzt werden etliche Predigten Christi in summarischerweise erzählt, die er in der gleichen Schule gehalten hat.

Reich Gottes: Es versteht aber Christus hier das geistliche Reich Gottes, welches durch die Lehre des Evangeliums fortgepflanzt wird, und wer diese Lehre mit Glauben annimmt, der wird ein Erbe des Himmelreiches.

19. Es ist einem Senfkorn gleich, welches ein Mensch nahm und warf es in seinen Garten; und es wuchs und ward ein großer Baum, und die Vögel des Himmels wohnten unter seinen Zweigen.

Großer Baum: Es wird so ein großes Gewächs daraus, dass man es nicht mit einem Baum vergleichen möchte. Denn der Anfang des Evangeliums, wenn es gepredigt wird, ist oft ganz schlecht, aber mit der Zeit breitet es sich weiter aus. Solchen geringen Anfang hat das Reich Gottes zu Philippi gehabt, einer Stadt in Mazedonien {Apg 16}, die später eine ganz heilige christliche Kirche und Gemeinde war, wie aus der Epistel, welche Paulus an die Philipper geschrieben hat, zu sehen ist. So gibt doch die Predigt des Evangeliums den Seelen Schatten, dass die Gewissen darin ruhig sein können, gleichwie die Vögel auf den Zweigen der Bäume ruhen.

20. Und abermal sprach er: Wem soll ich das Reich Gottes vergleichen?

Sprach er: Durch ein anderes Gleichnis, welches den gleichen Inhalt und die gleiche Bedeutung hat. Und lehrt nicht allein, wie die Lehre des Evangeliums weiter ausgebreitet werde, sondern auch, dass sie dem Menschen, der das Evangelium mit wahrem Glauben angenommen hat, je länger je mehr Veränderung und Erneuerung macht, dass er ein anderer Mensch wird, der er zuvor, ehe er das Evangelium gehört hat, gewesen ist.

21. Es ist einem Sauerteige gleich, welchen ein Weib nahm und verbarg ihn unter drei Scheffel Mehls, bis dass es gar sauer ward.

22. Und er ging durch Städte und Märkte und lehrte und nahm seinen Weg gen Jerusalem.

Lehrte: Denn das Predigtamt, dadurch das Evangelium gelehrt wird, ist zur Seligkeit nötig, weil es Gott gefällt, durch solche Mittel die Gläubigen selig zu machen {1Kor 1}.

Gen Jerusalem: Obwohl er wusste, dass er dort sollte gekreuzigt werden. Denn wir sollen die Gefahr nicht so fürchten, dass wir darum unseren Beruf verlassen. Es war aber Christi Beruf dieser, dass er durch seinen Tod zu Jerusalem die Sünden des menschlichen Geschlechtes versöhnte, darum floh er dem Tod nicht mehr, sondern zog ihm vielmehr freiwillig entgegen.

23. Es sprach aber einer zu ihm: Herr, meinst Du, dass wenige selig werden? Er aber sprach zu ihnen:

Einer: Der Christus hatte hören predigen, und da er dachte, er fordert schwere Sachen, mehr als man leisten könnte, meinte er, es wäre nötig, zu fragen, ob wenig selig würden, als wollte er sprechen, gewiss Herr, wenn man das alles tun und lassen muss, was Du zu tun und zu lassen gebietest, so werden nicht viele in den Himmel kommen. Denn unser alter Adam wünscht sich solche Lehrer, welche uns einen leichten Weg zum Himmel zeigen, der dem Fleisch nicht schwer ankommt.

24. Ringt danach, dass ihr durch die enge Pforte eingeht; denn viele werden, das sage ich euch, danach trachten, wie sie hineinkommen, und werden es nicht tun können.

Enge Pforte: Durch welche nicht viele hineingehen. Diese Worte Christi geben zu verstehen, dass gegen die Verdammten zu rechnen, wenig Menschen selig werden. Denn also spricht er an einem anderen Ort: Geht ein durch die enge Pforte, denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und ihrer sind viel, die darauf wandeln. Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, und wenig sind ihrer, die ihn finden {Mt 7}. Nichtsdestoweniger aber lehrt Johannes in der Offenbarung, dass diejenigen, die da selig werden, eine unzählige Menge sind {Apg 7}.

Denn viel: (Nach Luther) Das sind, die ohne Glauben mit Werken sich mühen, in den Himmel zu kommen.

Nicht tun: Weil sie die Gelegenheit versäumt haben, und nicht hineinwollten, da sie wohl gekonnt hätten, später aber, wenn sie gleich gerne wollten, werden sie es nicht können. Es ist aber die Meinung dieser Worte Christi nicht, dass diejenigen, welche ernstlich Buße tun und begierig sind, selig zu werden, die Seligkeit nicht erlangen könnten. Sondern es redet Christus von denen, die nicht Buße tun wollen, da sie wohl könnten, danach, wenn sie sehen, dass sie verderben müssen, so schreien sie zum Herrn und suchen die Seligkeit. Es ist ihnen leid, dass sie weder Gott getan haben, begehren aber trotzdem keine rechtschaffene Buße zu tun, sondern weil sie sehen, dass ihnen zeitliche und ewige Strafen bevorstehen, so wollten sie diesen gerne ohne wahre Buße entkommen. Von solchen Leuten muss man diesen Spruch und andere mehr verstehen: als da der Apostel zu den Hebräern spricht, seht: Darauf, dass nicht jemand Gottes Gnade versäume, dass nicht jemand sei ein Hurer oder ein Gottloser, wie Esau, der um einer Speise willen seine Erstgeburt verkaufte. Wisst aber, dass er danach, da er den Segen erben wollte, verworfen wurde, denn er fand keinen Raum zur Buße, obwohl er sie mit Tränen suchte. Das bedeutet: Er wünschte, dass es nicht geschehen wäre, was geschehen war, aber es war vergebens {Hebr 12}. Und der Psalm sagt von den Gottlosen, die Gottes Gnade eine lange Zeit von sich gestoßen haben, also: Sie rufen, aber da ist kein Helfer, zum Herrn, aber er antwortet ihnen nicht {Ps 18}. Man muss darum diesen Spruch so auslegen, dass den Bußfertigen die Hoffnung zur Verzeihung nicht abgeschnitten werde. Denn Christus ist gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen {Mt 9}. Und er ist nicht gekommen, dass er sie von der Buße wegtreibe. So ist eine wahre Buße niemals zu spät, wie die Alten richtig gesagt haben.

25. Von dem an, wenn der Hauswirt aufgestanden ist und die Tür verschlossen hat, da werdet ihr denn anfangen, draußen zu stehen, und an die Tür klopfen und sagen: Herr, Herr, tu uns auf! Und er wird antworten und zu euch sagen: Ich kenne euer nicht, wo ihr her seid.

Von: Jetzt erklärt Christus weiter mit einem schönen Gleichnis, was er mit den vorigen Worten gemeint hat.

Aufgestanden: Nachdem er im Bett lange vergebens gewartet hat, dass seine Hausgenossen zu rechter Zeit heimkommen sollten.

Verschlossen: Im Zorn, und den Riegel vor die Tür gestoßen.

Ihr: Nämlich, ihr verstockten Juden und andere euersgleichen.

Her seid: Ich erkenne euch nicht für meine Hausgenossen und habe nichts mit euch zu tun; weicht nur von mir. Es schließt aber der Herr die Tür der Seligkeit dann zu, wenn er um der Menschen Undankbarkeit willen sein Wort wegnimmt und schwere Strafen schickt. Und ist die Tür ganz und gar verschlossen, wenn der Mensch in seinem Unglauben stirbt.

26. So werdet ihr denn anfangen zu sagen: Wir haben vor Dir gegessen und getrunken, und auf den Gassen hast Du uns gelehrt.

Gegessen: Warum wolltest Du uns denn nicht für Deine Genossen erkennen, die wir oft mit Dir an einem Tisch gesessen sind? Es will aber der Herr Christus so viel sagen. Am Jüngsten Tage wird es euch verstockten Juden und besonders euch heuchlerischen Pharisäern nicht helfen, dass ich mit euch hier auf Erden umgegangen bin, Wunderzeichen unter euch getan und öffentlich bei euch gelehrt habe, weil ihr meinem Wort nicht glaubt, noch Buße tut, darum werde ich euch niemals unter die Meinen zählen. Es wird darum am Jüngsten Tage niemand nutzen, dass er das Evangelium gehört hat, sofern er nicht auch denselben Glauben gegeben hat. Daneben hat man auch zu merken, dass nicht allein der gottlose allgemeine Haufen, sondern auch die Heuchler, Pharisäer und ihresgleichen, welche vor den Leuten mit einem angeblichen heiligen Wandel gelebt, von Christus Übeltäter genannt werden. Denn die Heuchler werden vor Gott nicht besser geachtet als die lasterhaften Leute.

27. Und er wird sagen: Ich sage euch, ich kenne euer nicht, wo ihr her seid; weicht alle von mir, ihr Übeltäter {Ps 6v9 Mt 7v23}!

28. Da wird sein Heulen und Zähneklappern, wenn ihr sehen werdet Abraham und Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes, euch aber hinausgestoßen.

Zähneklappern: Aus Verzweiflung eurer Seligkeit, dass ihr werdet die Zähne darüber zusammenbeißen und euch grämen, weil ihr die Gelegenheit mutwillig versäumt, ja, auch von euch gestoßen habt, da ihr hättet selig werden können.

Reich Gottes: Dass sie der ewigen Freude und Seligkeit genießen.

Gestoßen: Und in die äußerste Finsternis geworfen werden, dass ihr dort ewig Pein leiden müsst. Der Juden Verstoßung aber erinnert uns, dass wir durch Verachtung oder den Missbrauch des Evangeliums nicht gleiche Strafen über uns ziehen. Denn hat Gott der natürlichen Zweige nicht verschont, so wird er unser auch nicht schonen, wenn wir ihrer Bosheit folgen {Röm 2}.

29. Und es werden kommen vom Morgen und vom Abend, von Mitternacht und vom Mittage, die zu Tische sitzen werden im Reich Gottes.

Tische sitzen: Das heißt: Gott wird durch das Evangelium die Heiden aus der ganzen Welt versammeln, dass sie an Christus glauben, und der ewigen Wohlfahrt teilhaftig werden. Denn diese Worte reden von der Heiden Beruf. Darum soll es uns, die wir von den Heiden und nicht von den Juden herkommen, ein Trost sein, dass wir wissen, es sei uns das Himmelreich bereitet, wenn wir nur wahrhaftig an Christus glauben.

30. Und siehe, es sind Letzte, die werden die Ersten sein; und sind Erste, die werden die Letzten sein.

Letzten sein: Nämlich, die Heiden, welche jetzt bei euch verachtet sind, als ob sie ganz und gar zum Himmelreich nicht gehörten (denn das heißt, an diesem Ort die Letzten sein), die werden einmal im Reich Gottes den vornehmsten Platz haben und die Angenehmsten sein. Die Juden aber, welche jetzt sich selber überreden, sie sind allein das Volk Gottes und wollen für die Vornehmsten gehalten sein, die werden einmal verstoßen und verworfen werden. Und zwar bezeugt es der Ausgang, dass die Juden so sie von Gott verstoßen, die Letzten oder Geringsten unter allen Menschen sind, und sie für ein Scheusal und Fußtuch hält.

31. An demselben Tage kamen etliche Pharisäer und sprachen zu ihm: Heb‘ Dich hinaus und gehe weg; denn Herodes will Dich töten.

Herodes: Welcher, da er von Christo, und seinen Wunderwerken gehört, einen Argwohn daraus geschöpft hat, er wäre Johannes der Täufer, der von den Toten wieder auferstanden wäre, wie oben gemeldet. Darum hatte er sich besorgt, dass nicht Christus etwa in seinem Fürstentum eine Unruhe machte, um die zu Unrecht erlittene Gewalt zu rächen begehrte. Darum weil Herodes ein verschlagener und tückischer Mensch war, hatte er die Pharisäer angestiftet, dass sie Christus unter dem Schein der Freundschaft warnen sollten, und ihm sagen lassen, aus Galiläa zu weichen, damit ihm nicht ein Unglück von Herodes geschehe, da doch Herodes ihn aus Furcht vor dem Volk nicht angreifen durfte. Denn die Tyrannen haben ein schüchternes Gewissen: Und muss viel fürchten, der von vielen gefürchtet wird. Es erregt auch der Satan häufig heimtückische Leute, welche uns gerne wollten eine Furcht einjagen, und uns von der Verrichtung unseres Berufes abschrecken, auf dass wir etwas Ungebührliches handeln. Eine solche Furcht hatte einer mit Namen Semaja zu dem frommen Nehemia, da er ihm gesagt hat, in den Tempel zu fliehen. Aber Nehemia hat sich nicht erschrecken lassen, wie man liest in seinem Buch im 6. Kapitel. Ja, auch wenngleich rechtschaffene Freunde uns furchtsame Ratschläge vorbringen, so sollen wir sie nach dem Worte Gottes und nach unserem Beruf richten. Sind sie diesem zuwider, so sollen wir sie verachten.

32. Und er sprach zu ihnen: Geht hin und sagt demselben Fuchs: Siehe, ich treibe Teufel aus und mache gesund heute und morgen und am dritten Tage werde ich ein Ende nehmen.

Fuchs: Als wollte er sprechen: Ich merke wohl, dass euch Herodes, als ein listiger Fuchs, so abgerichtet hat. Wie er, listig wie ein Fuchs, seinem Bruder seine Frau entführte und mit gleicher Arglist Johannes den Täufer ums Leben gebracht hat. Gleichwie nun der Fuchs seine Art und Tücke nicht lässt. Also meint Herodes, mich mit List aus seinem Lande zu jagen, damit er mich loswird und sich vor mir nicht fürchten muss. Aber ich beachte weder seine List noch seine Drohungen. Denn ich weiß ganz gut, dass ich bald in wenigen Tagen oder Wochen sterben muss. Dazu aber weiß ich auch, dass mir niemand mein Leben nehmen kann, bis ich den Lauf meines Berufes vollendet und die Wunderwerke, so noch zu tun sind, ins Werk gerichtet habe. So ist auch das gewiss und bleibt dabei, dass ich nicht in Galiläer, sondern in Judäa und zu Jerusalem sterben werde. Denn es kann wohl sein, dass ein Prophet außerhalb dieser Stadt erwürgt werde, welche von vielen Jahren her der Propheten Mörderin gewesen ist. Doch lasse ich mich durch Herodes listige Praktiken wenig anfechten. So regieren darum im weltlichen Regiment Füchse, das heißt, solche Leute, die sich in alle Sachen zu schicken wissen und immer ein Ding anders vorgeben, als sie im Sinn haben. Aber solche Menschen die eine Art wie Füchse haben, mit arglistigen Praktiken umgehen, gewinnen endlich einen bösen Ausgang. Weil sie Gott hasst und ein Gräuel sind. Wir sollen aus den Worten Christi diesen Trost schöpfen, dass uns niemand unser Leben nehmen kann, bis wir den Lauf unseres Berufes zu Ende gebracht haben. Und lehrt uns das Beispiel der Stadt Jerusalem, wie in großen Städten oft auch große Laster begangen werden, und dass besonders die, so der Heiligkeit wegen einen großen Namen haben, oft Mördergruben sind, darin die getreuen Kirchendiener Gottes ums Leben gebracht werden. Heutigen Tages ist die Stadt Rom ein solches Jerusalem, nämlich eine Mördergrube, da vor Zeiten der heiligen Märtyrer unschuldiges Blut häufig vergossen wurde, und noch heute, so oft es die Gelegenheit geben mag, vergossen wird. Und obwohl es mit der Christen Marter in der Stadt Rom jetziger Zeit etwas seltsamer ist, so kommt doch alle Grausamkeit, die wider die Lehre Christi geübt wird, ursprünglich aus Rom, von dem Papst, als dem Antichrist, und seinen Kardinälen.

33. Doch muss ich heute und morgen und am Tage danach wandeln; denn es tut‘s nicht, dass ein Prophet umkomme außer Jerusalem.

Doch: (Nach Luther) Ich fliehe nicht um des Sohnes willen, sondern ich muss weiter wandeln, mein Amt auszurichten.

34. Jerusalem, Jerusalem, die Du tötest die Propheten und steinigst, die zu Dir gesandt werden, wie oft habe ich wollen Deine Kinder versammeln wie eine Henne ihr Nest unter ihre Flügel; und ihr habt nicht gewollt!

Jerusalem: Du gottlose Stadt. Und schimpft Christus mit den folgenden Worten heftig auf sie, dass sie früher mit der Propheten Blut verunreinigt wurde, und die von Gott angebotene Seligkeit mit abscheulicher Undankbarkeit verwirft.

Gesandt werden: Dass sie Dich auf den rechten Weg der Seligkeit wieder bringen sollen. Welche große Bosheit und Undankbarkeit nicht ungestraft bleibt. Denn die Welt kann der Kirchendiener freie Strafpredigten nicht dulden, sondern will viel lieber in ihrer Bosheit ewig verdorben sein, als die heilsamen Schmerzen in Heilung ihrer Wunden ausstehen.

Versammeln: Mit der Predigt der Buße durch meine Propheten. Ja, auch ich selber habe Deine Bürger in eine heilige Kirche versammeln wollen und sie mit meinem Geist wiedergebären und unterhalten wollen, auf dass sie in der wahren Erkenntnis Gottes und in der Gottseligkeit täglich zunehmen und endlich selig würden. Aber es ist alles vergebens gewesen. Denn Gott hat nicht Lust an dem Tod der Gottlosen, sondern will, dass sie sich bekehren und leben. Aber die Verstockten werden aus den Predigten des Heiligen göttlichen Worte nur schlimmer und verstockter. Es zeigt aber und bildet uns Gott seine Liebe zu dem menschlichen Geschlecht ab, nicht nur mit der natürlichen Zuneigung, die er den Menschen eingepflanzt hat, sondern auch mit der allerliebsten Zuneigung, welche die unvernünftigen Tiere gegen ihre Jungen haben, bis sie dieselben erzogen haben. Aber des menschlichen Geschlechtes Undankbarkeit für solche große göttliche Güte ist unaussprechlich.

35. Seht, euer Haus soll euch wüste gelassen werden. Denn ich sage euch: Ihr werdet mich nicht sehen, bis dass es komme, dass ihr sagen werdet: Gelobt ist, der da kommt in dem Namen des Herrn!

Wüste: Jetzt verkündigt er ihnen die Strafe ihre Undankbarkeit. Als wollte er sagen: Es wird die Zeit kommen, da Gott der Herr mit keinem reinen Lehrer euch mehr besuchen wird, sondern er wird von euch weichen und ausziehen, und die Stadt wird von den Römern verwüstet werden, dass die Einwohner entweder erwürgt oder in eine elende Sklaverei weggeführt werden, und nichts mehr denn ein Steinhaufen dableiben wird. Denn die Verfolgung des Evangeliums ist die hauptsächliche Ursache, um welcher willen Städte und Königreiches zerstört werden, weil Gott das unschuldige Blut der Märtyrer rächt, so durch sie vergossen ist.

Nicht sehen: Denn ich will auf dieser Reise mich den Bürgern zu Jerusalem das letzte Mal zeigen. Wenn sie mich aber getötet haben und ich von den Toten wiederauferstanden bin, so will ich mich vor den undankbaren Leuten nicht mehr sehen lassen, bis ich am Jüngsten Tage wieder, mit unaussprechlicher Majestät, den Erdboden komme zu richten, da meine Auserwählten mit großer Freude mir zuschreien und mir meiner Zukunft wegen Glück wünschen werden, weil ihr bester und höchster Seligmacher, als von seinem himmlischen Vater gesandt, zu richten die Lebendigen und die Toten. Denn wo Christus mit seinem Evangelium übel gehalten wird, da geht er weg und kommt nicht wieder zu solchen undankbaren Leuten, bis sie ihn als einen strengen Richter sehen, den sie als einen Heiland nicht annehmen wollten.


Das 14. Kapitel

  • Er macht einen Wassersüchtigen wieder gesund. Christus beschimpft der Pharisäer Ehrgeiz. Und erzählt ein Gleichnis vom großen Abendmahl. Zeigt danach an, dass man viel eher die Eltern als Christus hassen soll, wie auch die, welche mit Christus regieren wollen, das Kreuz tragen müssen. Das Predigtamt des Wortes wird mit dem Salz verglichen.

1. Und es begab sich, dass er kam in ein Haus eines Obersten der Pharisäer auf einen Sabbat, das Brot zu essen. Und sie hielten auf ihn.

Und: der Evangelist erzählt ein herrliches Wunderwerk, welches Christus an einen Wassersüchtigen getan hat, den er gesund machte.

Brot zu essen: Dass er wollte die Mahlzeit bei ihm einnehmen, und waren zugleich andere und mehr Pharisäer vorhanden.

Hielten: Sie lauerten auf ihn und hatten auf alle seine Reden und auf sein Tun acht, ob sie etwas an ihm schimpfen und verlästern möchten. Es ist aber bekannt, wie die Pharisäer gegen den Herrn Christus gesinnt waren, dass sie ihm nämlich nichts Gutes gegönnt haben; dennoch isst Christus mit ihnen. Daraus lernen wir, dass ein Christ wohl mit denen umgehen und essen mag, die nicht seiner Religion sind, wenn er nur nicht ihnen zu gefallen wider sein Gewissen redet oder tut. Es ist aber nicht allein gottlos, sondern auch ein unmögliches Stück gewesen, das die Pharisäer über dem Gastmahl, da man aufrichtig handeln und fröhlich miteinander sein sollte, auf Christi Reden und Tun geachtet haben, damit sie alles auf das ärgste deuten möchten. Daher die Alten früher recht über ihre Türen geschrieben: Hier soll keine Rede hinauskommen. Welche aber nur darauf bedacht sind, wie sie etwas verlästern möchten, die sind nicht Gottes, sondern Teufels Kinder.

2. Und siehe, da war ein Mensch vor ihm der war wassersüchtig.

Wassersüchtig: Obwohl nun alle Krankheiten für sich selbst Strafen der Sünden sind. Jedoch wird die Wassersucht zum größten Teil durch Übermaß verursacht, welches in Deutschland heutigentags nichts Seltsames ist. Und vergleicht sich die Wassersucht in vielen Dingen mit der Sünde. Denn wie die Wassersüchtigen, je mehr sie trinken, umso mehr zu trinken begehren, also, welche die Lieblichkeit einer Sünde versucht haben, je mehr sie sündigen, umso mehr sie zu sündigen gelüstet, wo sie nicht von Gott zur Buße gerufen und zurückgezogen werden.

3. Und Jesus antwortete und sagte zu den Schriftgelehrten und Pharisäern und sprach: Ist es auch recht, auf den Sabbat heilen?

Antwortet: Oder redete. Denn das Wörtlein (antworten) in der Schrift auch häufig fürs Reden gebraucht wird.

Auch recht: Denn Christus wusste um ihre Gedanken, dass es sie ärgern würde, wenn er den Wassersüchtigen heilte. Darum er mit dieser Frage ihnen das Maul stopfen wollte, damit sie nicht nach den geschehenem Wunderwerk seine Tat verlästerten, wie es sonst ihr Brauch war.

4. Sie aber schwiegen stille. Und er griff ihn an und heilte ihn und ließ ihn gehen.

Schwiegen: Denn sie wollten die Heilung am Sonnabend nicht für richtig halten, und konnten sie doch auch mit keinem Recht verdammen. Dergleichen sind heutigentags viele, wenn sie in Religionssachen ihren Irrtum, den sie im Herzen haben, nicht bekennen dürfen, und dennoch der Wahrheit auch nicht Zeugnis geben wollen, so sagen sie, die Religionsstreitigkeiten sind über ihren Verstand, darum halten sie mit dem Urteil inne. Wenn sie aber mit der Zeit meinen, dass keine Gefahr mehr zu besorgen ist, so streuen sie ihren Irrtum aus und unterstehen sich denselben mit höchstem Fleiß fortzupflanzen.

Heilte ihn: Mit seiner heiligen Hand. Denn wir sollen darum nicht unterlassen, Gutes zu tun und was unser Beruf erfordert, obgleich wir um der Lästermäuler Bosheit wissen.

5. Und antwortete und sprach zu ihnen: Welcher ist unter euch, dem sein Ochse oder Esel in den Brunnen fällt, und er nicht alsbald ihn herauszieht am Sabbattage?

Herauszieht: Wenn man nach eurem Denken am Sabbat auch einem unvernünftigen Tier zu Hilfe kommen mag, da es in Gefahr steckt, warum sollte man denn nicht einen elenden Menschen, der zum Ebenbild Gottes erschaffen wurde, am Sabbat gesund machen? Denn der Sabbat verbietet die Werke nicht, welche entweder Gottes Ehre fördern oder des Menschen Not betreffen. Daneben aber sollen wir die Kirchenordnungen, um der Richtigkeit willen, halten und nicht mutwillig ohne alle Not die Festtage in Werktage verkehren.

6. Und sie konnten ihm darauf nicht wieder Antwort geben.

Nicht wieder: Denn die Wahrheit ist unüberwindlich. Und welche anderen in böser Absicht begehren, einen Schandfleck anzuhängen, die werden selber zuschanden.

7. Er sagte aber ein Gleichnis zu den Gästen, da er merkte, wie sie erwählten, obenan zu sitzen, und sprach zu ihnen:

Merkte: Sie konnten wohl solchen Ehrgeiz meisterlich verbergen. So war es doch Christo nicht verborgen, wie jeder gerne am Tisch den besten Platz eingenommen hätte. Aber Christus bei dieser Mahlzeit der Pharisäer Ehrgeiz meisterlich durchschaut. Denn der Ehrgeiz, begehrt sich zu verbergen, kann jedoch nicht verborgen bleiben.

8. Wenn Du von jemand geladen wirst zur Hochzeit, so setze Dich nicht obenan, dass nicht etwa ein Ehrlicherer denn Du von ihm geladen sei,

Wenn Du: Mit diesen Worten erinnert uns Christus, dass wir nicht nur der Gottseligkeit, sondern auch der Höflichkeit uns befleißigen sollen. Und der Apostel Paulus ermahnt die Philipper auch, dass sie die weltlichen Tugenden halten sollen, da er sagt: Weiter, liebe Brüder, was wahrhaftig ist, was ehrbar, was gerecht, was keusch, was lieblich, was gut lautet. Ist etwa eine Tugend, ist etwa ein Lob, dem denkt man nach {Phil 4}. Auch werden die Kirchendiener hier erinnert, dass sie die Laster strafen sollen, wo es die Gelegenheit gibt, obgleich es auch zur Unzeit zu sein scheint. Denn Paulus spricht zu Timotheus: Halt an, es sei zur rechten Zeit oder zur Unzeit, strafe, drohe, ermahne, mit aller Geduld und lehre {2Tim 4}.

9. und so dann kommt, der Dich und ihn geladen hat, spreche zu Dir: Weiche diesem! Und Du musst dann mit Scham untenan sitzen.

10. Sondern wenn Du geladen wirst, so gehe hin und setze Dich untenan, auf dass, wenn da kommt, der Dich geladen hat, spreche zu Dir: Freund, rücke hinauf! Dann wirst Du Ehre haben vor denen, die mit Dir zu Tische sitzen.

11. Denn wer sich selbst erhöht, der soll, erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der soll erhöht werden {Mt 23v12 Lk 8v14}.

Denn wer: Jetzt folgt der Grund, warum wir uns demütig halten sollen. Weil nämlich, Gott den Hoffärtigen widersteht, aber den Demütigen Gnade gibt {1Petr 5}. Und greift dieser Spruch gar weit um sich. Denn wer vor Gott aus einem Wahn eigener Gerechtigkeit sich überhebt, wie der Pharisäer im Tempel {Lk 18}, der wird von Gott in die Hölle verstoßen. Wer aber mit dem Zöllner seine Sünde demütig erkennt und um Verzeihung bittet, der wird im Himmel aufgenommen. Also auch, welche unter den Leuten wegen ihrer Gaben, ihres Reichtums, ihrer Gewalt, ihres Geschlechts, ihrer Gestalt, Weisheit, Kunst und dergleichen übermütig sind und Pracht treiben, denen wird jedermann feind, und sie werden endlich von Gott gestürzt. Wer sich aber demütig und niedrig erzeigt, dass sie jedermann zu dienen begehren, die werden erhöht, zu größeren Ämtern erhoben und sind Gott und den Menschen lieb.

12. Er sprach auch zu dem, der ihn geladen hatte: Wenn Du ein Mittags -oder Abendmahl machst, so lade nicht Deine Freunde noch Deine Brüder noch Deine Gefreundeten noch Deine Nachbarn, die da reich sind, auf dass sie Dich nicht etwa wieder laden, und Dir vergolten werde.

Er sprach: Folgt nun eine andere nützliche und heilsame Lehre, die Christus über diese Mahlzeit vorgebracht hat.

Lade nicht: Mit diesen Worten Christus die Achtung und Ehrerbietung unter den Freunden nicht aufheben will. Denn das wäre wider allen frommen Patriarchen bewährte Beispiele im Alten Testament, welche auch häufig köstliche Mahlzeiten gehalten und ihre Freunde und Verwandten dazu geladen haben. So hat auch Christus nicht verbieten wollen, dass man sich nicht dankbar für die empfangenen Taten erzeigen sollte, sondern er hat hier der Pharisäer Heuchelei verworfen, welche, wie in anderen Sachen, also auch die Vorbereitung der Mahlzeiten bei ihnen regierte. Denn wie die Pharisäer es dafür hielten, dass sie dem Gesetz Gottes von der Liebe des Nächsten genug täten, wenn sie ihre Freunde und Wohltäter liebten. Also meinten sie auch, sie wären ganz gastfrei, wenn sie ihre Freunde und Verwandten als Gäste einladen, von denen sie zuvor gleiche Guttaten empfangen hatten oder noch gegenwärtig waren. Aber das heißt, eigentlich gastfrei sein, wenn wir die laden und es ihnen wohl bieten, welche uns nicht können Gleiches wiederum vergelten. Denn weil Gott alle Werke der Gottseligkeit zu belohnen pflegt, so wird er die auch reichlich belohnen, welche den Elenden und Bedürftigen geschehen, nicht nur in diesem, sondern auch in dem zukünftigen Leben. Und, auf dass wir dieses Stück der Gastfreiheit desto öfter und reichlicher treiben können, so sollen wir verhüten, dass wir in den Gastmalen, darauf wir unsere Freunde empfangen, es mit dem Überfluss nicht übertreiben. Da sonst etliche, wenn sie die Freunde laden, keine Kosten sparen, dagegen aber einem armen Menschen ungern ein Stück Brot geben.

13. Sondern wenn Du ein Mahl machst, lade die Armen, die Krüppel, die Lahmen, die Blinden, Tobias

14. so bist Du selig; denn sie haben es Dir nicht zu vergelten; es wird Dir aber vergolten werden in der Auferstehung der Gerechten.

Gerechten: Wenn Gott seiner Auserwählten guten Werke mit ewigen Belohnungen vergelten wird.

15. Da aber solches hörte einer, der mit zu Tisch saß, sprach er zu ihm: Selig ist, der das Brot isst im Reich Gottes.

Reich Gottes: Als wollte er sprechen: Du sagst zwar recht davon, dass wir danach trachten sollen, nicht wie wir nur in dieser Welt mit unseren Freunden gut leben mögen, sondern, dass wir in der anderen Welt der ewigen Freude und Seligkeit genießen, und wäre es viel besser, dass wir bereits alle im Himmel säßen, als dass es uns bei dieser Mahlzeit gut geht, nach welcher uns bald wieder hungern wird. Es ist aber dieser Mensch nicht recht gottselig gewesen, noch hat er nach der ewigen Seligkeit ein besonderes Verlangen gehabt, sondern war voller Heuchelei, der das angebotene Reich Gottes verachtet. Dies ist aus dem folgenden Gleichnis, damit ihm Christus geantwortet hat, klar zu sehen. Denn etliche Heuchler führen solche Reden, dass mancher meinen möchte sie wären ganz fromm und gottselig, da ihnen doch ihre Seligkeit mit keinem Ernst recht angelegen ist.

16. Er aber sprach zu ihm: Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl und lud viele dazu.

Lud viele: Als wollte Christus sprechen: Du Heuchler stellst Dich, als wäre es Dir ganz Ernst mit dem Reich Gottes, aber Gott bietet es Dir an, so schließt Du Dich aber davon selber aus. Denn weil dieser Gast mit den Worten sich zwar vernehmen ließ, als ob er ein großes Verlangen nach dem Reich Gottes hätte, so hat Christus das folgende Gleichnis erzählen wollen, indem er anzeigt, dass die Juden, besonders aber die Heuchler, das angebotene Reich Gottes verachten. Darum werden sie ausgeschlossen und die Heiden an ihrer statt berufen werden. Das Abendmahl ist die Predigt des Evangeliums von den Guttaten Christi, darin den Leuten die Vergebung der Sünden und das ewige Leben aufgetragen werden. Welche Predigt die Gewissen erfreut und viel kräftiger erquickt, als Speise und Trank dem Leibe tun mögen. Denn das Reich Gottes (wie es in uns in diesem Leben angefangen wird) ist Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem Heiligen Geist {Röm 14}.

Kommt: Die Juden sind zu diesem Abendmahl geladen worden, da sie im Alten Testament die Verheißungen von Christus, dem Heiland der Welt empfangen hatten, der wiederbringen würde, was wir in Adam verloren hatten. Die Knechte aber und Boten, so die Geladenen gerufen haben, sind die Apostel gewesen, besonders aber Johannes der Täufer, und alle die das Evangelium gepredigt haben, dass, nämlich der versprochene Messias bereits gekommen wäre.

17. Und sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, zu sagen den Geladenen: Kommt, denn es ist alles bereit!

18. Und sie fingen an alle nacheinander, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muss hinausgehen und ihn besehen; ich bitte Dich, entschuldige mich.

Entschuldigen: Dass sie zum selben Abendmahl nicht kommen könnten, obwohl sie zuvor vernehmen ließen, dass sie kommen wollten. Denn die Juden warteten, wie es das Ansehen hatte, auf die Zukunft des Messias mit großem Verlangen, ehe er kam, später aber, da sie den gekommenen Messias mit Glauben annehmen sollten, haben sie solches abgeschlagen. Denn es stellen sich viele vor, dass sie zu der evangelischen Lehre ein großes Verlangen hätten, wenn sie derselben nicht teilhaftig werden können, später aber, wenn sie die evangelischen Predigten täglich hören, so achten sie ihrer nicht mehr.

19. Und der andere sprach: Ich habe fünf Joch Ochsen gekauft, und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte Dich, entschuldige mich.

20. Und der Dritte sprach: Ich habe ein Weib genommen, darum kann ich nicht kommen.

Nicht kommen: Diese alle miteinander wenden ehrbare Ursachen vor, warum sie zum Abendmahl nicht kommen können. Mit diesen Entschuldigungen wollen sie Christus zu verstehen geben, dass auch unter den Juden, und zwar besonders die das Reich Gottes, so ihnen durch das Evangelium angeboten wurde, beachtet haben, welche vor der Welt ein ehrliches Leben geführt. Wie auch heutigentags viele ehrbare, ansehnliche, weltliche Personen das Evangelium verachten. Denn sonst ist Acker kaufen oder bauen an sich selbst nicht Sünde, wie auch Vieh halten und erziehen unserem Herrn Gott nicht zuwider ist. Und treibt uns der Ehestand vom Reich Gottes nicht ab. Weil diese alle für sich selbst ehrliche und gute Stände sind und Gott nicht missfallen. Aber dann sind sie uns hinderlich, dass wir deswegen nicht zum Reiche Gottes kommen können, wenn wir an die zeitlichen Güter das Herz hängen und meinen, die rechte Glückseligkeit stehe darin, und wenn wir uns in die irdischen Wollüste so vertiefen, dass wir unterdes das Reich Gottes nicht beachten. Darum zeigt uns der Apostel Paulus einen rechten Gebrauch der Güter und des Ehestandes, der uns vom Reich Gottes nicht abwende, da er sagt: Die da Weiber haben, dass sie sind, als hätten sie keine, und die da weinen, als weinten sie nicht, und die sich freuen, als freuten sie sich nicht. Und die da kaufen, als besitzen sie es nicht. Und die dieser Welt gebrauchen, dass sie Dieselben nicht missbrauchen. Denn das Wesen in dieser Welt vergeht {1Kor 7}.

21. Und der Knecht kam und sagte das seinem Herrn wieder. Da ward der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knechte: Gehe aus bald auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen und Krüppel und Lahmen und Blinden herein.

Zornig: Über die Leute, dass sie ihre Geschäfte der köstliche Mahlzeit vorzögen. Und zürnt Gott recht über alle Verächter des Evangeliums. Weil den Leuten hier auf Erden keine größere Wohlfahrt widerfahren kann als die Predigt des Evangeliums.

Herein: Dass sie meines Abendmahls teilhaftig werden und genießen, welches ich bereitet habe. Diesem Befehl ist der Knecht nachgekommen und hat allerlei arme Leute auf der Straße aufgelesen, dass er sie zu solch köstlichem Abendmahl führt. Solche Arme, Schwache, Blinden und Lahmen, bedeuten die Sünder; Zöllner, Hurer und dergleichen Leute, welche ein lasterhaftes Leben geführt haben. Denn dieselben wurden von den pharisäischen Heuchlern verachtet, als Bettler, Blinde und Lahme, an denen nichts Gesundes wäre. Aber genau diese elenden Sünder haben aus der Predigt des Johannes des Täufers und der Apostel Buße getan und das Evangelium Christi mit Glauben angenommen. Darum auch Christus an einem anderen Ort zu den Pharisäern gesagt hat: Die Zöllner und Huren werden eher ins Reich Gottes kommen denn ihr. Johannes kam zu euch und lehrte euch den rechten Weg, und ihr habt ihm nicht geglaubt. Aber die Zöllner und Huren glaubten ihm. Und ob ihr es wohl gesehen habt, tatet ihr dennoch nicht Buße, dass ihr ihm danach auch geglaubt hättet {Mt 21}. Denn es sind die lasterhaften Leute viel eher und leichter zu Christus zu bekehren, als die stolzen Heuchler, welches doch nicht darum gesagt wird, dass man den Leuten zu den Lastern, begehre den Zaum zu verhängen, sondern dass zu der Bekehrung von Sünden niemand verzagen soll.

22. Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was Du befohlen hast; es ist aber noch Raum da.

Raum da: Also, dass man noch mehr Gäste setzen könnte.

23. Und der Herr sprach zu dem Knechte: Gehe aus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, auf dass mein Haus voll werde.

Zu kommen: Wer Dir begegnet, besonders, was elende und arbeitsselige Leute sind, dass sie zu meinem Abendmahl kommen.

Voll werde: Denn ich will darum mein Haus von Gästen nicht leer stehen lassen, obgleich die undankbaren Leute, welche ich zuerst geladen habe, mein Abendmahl verachtet haben. Durch die, so von der Straße und an den Zäunen zu diesem Abendmahl zusammengesucht wurden, werden die Heiden bedeutet, welche dem Ansehen nach, zu der israelitischen Partei ganz und gar nicht gehörten, darum sie von den Juden angefeindet wurden und bei ihnen in großer Verachtung waren. Weil demnach die Juden zum größten Teil das Evangelium Christi hassten, so hat Gott die Predigt des Evangeliums den Heiden angeboten. Besonders Paulus und Barnabas den undankbaren Juden predigten: Euch (sprechen sie) musste zuerst das Wort Gottes gesagt werden. Nun ihr es aber von euch stoßt, und achtet euch selbst nicht wert des ewigen Lebens, siehe, so wenden wir uns den Heiden zu {Apg 13}. Es werden aber auch die Leute genötigt, wenn sie durch die rechte Erklärung des Gesetzes Gottes zur Erkenntnis ihrer Sünden gebracht und vom Gewissen getrieben werden, dass sie zu dem Mittler Christo fliehen. So viel aber der Obrigkeit Amt angeht, sollen die Untertanen nicht gezwungen werden, dass sie gegen ihr Gewissen, weil sie noch nicht genügend Unterricht empfangen haben, die rechte Religion annehmen müssten, denn daraus werden keine rechtschaffenen Christen, sondern nur Heuchler. Doch kann die Obrigkeit ihre Untertanen so weit zwingen, dass sie die rechte Religion hören. Ob vielleicht Gott der Herr durch die Anhörung des Evangeliums rechten Glauben in ihnen anzünden wollte. So haben die frommen Kaiser die gottlosen Heiden, so sie überwunden, gezwungen, dass sie das Evangelium von Christus hören müssen, welches nicht ohne Frucht abgegangen ist.

24. Ich sage euch aber, dass der Männer keiner; die geladen sind; mein Abendmahl schmecken wird.

Schmecken wird: Es soll ihnen nicht mehr so gut werden, dass sie zu meinem Abendmahl kommen könnten. Darum sind die Juden, weil sie das Evangelium Christi von sich gestoßen haben, von Gott wiederum verstoßen worden, dass sie nicht mehr Gottes Volk sind. Es wird aber auch von den Christen, die nichts Christliches haben als nur den Namen, das Reich Gottes genommen werden, weil sie in ihren Herzen das Evangelium Christi verachten und dessen zum Schein zu des Fleisches Freiheit missbrauchen.

25. Es ging aber viel Volks mit ihm. Und er wandte sich und sprach zu ihnen:

Es: Folgt nun eine Predigt Christi, vom Kreuz und von der Trübsal, so die Christen erdulden müssen.

Mit ihm: Nämlich mit Christo, dass sie ihm das Geleit gaben nach Jerusalem, weil sie meinten, er würde dort ein weltliches Reich anfangen; und es waren zeitliche Güter, die sie begehrten. Darum hat es Christus für nötig geachtet, dass er ihnen den falschen Wahn, als ob die Frommen hier auf Erden beständig zeitliches Glück haben würden, ausredete.

26. So jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger sein {Mt 10v34}.

Hasst nicht: Mit welchem Wort Christus die ehrliche und gute Zuneigung, so von Gott selber der Natur eingepflanzt wurde, da man die Eltern, Kinder, Verwandten und Frau liebt, nicht aus unseren Herzen reißen wollte, dass man die hassen sollte, welche er uns im vierten Gebot zu ehren und zu lieben befohlen hat; sondern von dem wird an diesem Ort gesagt, dass er seine Eltern, Kinder, Verwandten, und Frau, ja auch sein eigenes Leben hasse, dass er solche alle miteinander viel eher verlieren möchte, als das Evangelium Christi zu verleugnen.

27. Und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein.

Kreuz trägt: Der aber trägt sein Kreuz, und folgt Christo nach, welcher die Verfolgungen oder andere Trübsale, so sie ihm Gott auflegt, geduldig zu tragen, aufnimmt und in der wahren Gottseligkeit fortfährt. Und so ist es nicht nötig, dass sich selber jemand ein unnötiges Kreuz auflegt. Sondern warte nur ein jeder seines Amtes in seinem Beruf treu, so wird er an Kreuz und Trübsalen keinen Mangel spüren. Denn es steht geschrieben: Im Schweiße deines Angesichtes sollst Du Dein Brot essen. Und die Erde soll Dir Dornen und Disteln tragen {1Mos 3}. Diese Dornen finden sich in eines jeden Stand und Beruf.

28. Wer ist aber unter euch, der einen Turm bauen will und sitzt nicht zuvor und überschlägt die Kosten, ob er es auch auszuführen kann?

Wer: Weil es nötig ist, dass ein jeder Christ zu seiner Zeit das Kreuz trage, und keiner von solcher Last befreit ist, so will Christus mit den folgenden Worten erinnern, dass diejenigen, welche sein Evangelium annehmen und vor der Welt bekennen, auch der ewigen Seligkeit teilhaftig werden wollen, zuvor mit sich selber zurate gehen und sich wohl überlegen sollen, ob sie um Christi willen auch das Leben und was ihnen in dieser Welt lieb sein mag wagen, und wider den Teufel, als ihren Feind, kämpfen wollen, oder aber, ob sie viel lieber dem Evangelium begehren Urlaub zu geben, und dieser Welt zeitliche Güter und Ruhe zu behalten. Solche seine Meinung bringt Christus mit zwei schönen Gleichnissen nach seine Art vor.

Turm bauen: Es waren aber solche Türme damals Festungen, darin man seine Zuflucht haben konnte, wie viele Geschichten der Heiligen Schrift bezeugen. Baut darum derjenige einen Turm, wer das Evangelium Christi mit Glauben annimmt, auf dass er sicher sei vor dem Teufel, ewigem Tod und Hölle.

29. auf dass nicht, wo er den Grund gelegt hat und kann es nicht ausführen, alle, die es sehen, fangen an sein zu spotten.

30. und sagen: Dieser Mensch fing an zu bauen und kann es nicht ausführen!

31. Oder welcher König will sich begeben in einen Streit wider einen andern König und sitzt nicht zuvor und ratschlagt, ob er könnte mit zehntausend begegnen dem, der über ihn kommt mit zwanzigtausend?

32. Wo nicht, so schickt er Botschaft, wenn jener noch ferne ist, und bittet um Frieden.

Wo nicht: Dass er befindet, er sei seinem Widersacher viel zu schwach.

Um Friede: Er bittet um einen Frieden bei den anderen, bevor er von ihnen besiegt und unterdrückt wird. Es zieht auch gegen einen mächtigen Feind und Fürst dieser Welt ein jeder, der das Evangelium Christi annimmt und vor der Welt bekennt. Doch will uns Christus nicht lehren, dass wir unseren eigenen Kräften trauen sollen, und meinen, wir sind reich und stark genug, dass wir im wahren Glauben und Bekenntnis des Evangeliums wider den Teufel und die Welt bestehen könnten. Denn der Fall Petrus lehrt uns, was menschliche Kraft im geistlichen Kampf vermögen. Auch will Gott nicht, dass wir um Sicherheit und Ruhe willen in dieser Welt das Bekenntnis des Evangeliums fahren lassen sollen, und mit dem Teufel und der bösen Welt einen Vertrag machen. Sondern es fordert Christus von uns, dass wir bei uns selber eine Rechnung machen sollen, ob wir bereit sind, alles, auch das Leben viel eher zu verlieren, als von Christus abzufallen. Welche so gesinnt sind, die taugen dazu, das Himmelreich zu empfangen. Auf dass wir aber solches, was wir uns vorgesetzt haben, leisten können, müssen wir es mit einem inbrünstigen Gebet von Gott erbitten. Darum, da der Apostel Paulus einen christlichen Kriegsmann mit geistlichen Waffen ausrüsten will, spricht er: Zuletzt, meine Brüder, seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. Und nachdem er die ganze Rüstung genannt hat, sagt er weiter: Und betet stets in allem Anliegen, mit Bitten und Flehen im Geist, und wacht dazu mit allem Anhalten und Flehen {Eph 6}.

33. Also auch ein jeglicher unter euch, der nicht absagt allem, was er hat, kann nicht mein Jünger sein.

Also: Jetzt erklärt Christus, wie er die vorigen beiden Gleichnisse verstanden haben will.

Absagt: Es sagen aber die alle dem ab, was sie lieb haben, welche dieses lieber alles verlieren, als in Christi Ungnade zu fallen. Unterdessen aber, weil er uns unsere Güter lässt, sollen wir sie mit dankbaren Herzen recht gebrauchen. Muss man sie denn um des Bekenntnisses willen aus Not fahren lassen, so ist es viel besser, die zeitlichen Güter, als die himmlischen zu verlieren und besser, das vergängliche Leben zu verlieren, welches man ohnehin einmal lassen muss, als um das ewige Leben zu bekommen.

Nach Luther: Vor dem göttlichen Gericht kann niemand bestehen. Er verzage denn an seinem Vermögen, und suche Gnade, und bitte um Hilfe in Christo.

34. Das Salz ist ein gutes Ding; wo aber das Salz dumm wird, womit wird man würzen?

Das: Mit den folgenden Worten ermahnt Christus alle seine Jünger, dass sie von dem Bekenntnis des Evangeliums nicht abfallen sollen.

35. Es ist weder auf das Land noch in den Mist nütze, sondern man wird es wegwerfen. Wer Ohren hat zu hören, der höre!

Mist nütze: Man kann es zu nichts mehr gebrauchen, denn es erscheint den Acker nicht, macht auch den Mist nicht tauglich zum Düngen. Es sind aber die Jünger Christi, und so viele ihrer das Evangelium annehmen, das Salz der Erde. Denn gleichwie das Salz, Fleisch und andere Sachen erhält und vor der Fäule bewahrt, so wird die Welt um der Christen und Auserwählten willen erhalten, da sie sonst längst zugrunde gegangen wäre. Wenn aber die Christen von dem Bekenntnis ihres Glaubens abfallen und zu Mamelucken werden, so sind sie viel ärger denn andere und zu nichts mehr nütze. Darum wirft Gott solche abtrünnigen Mamelucken weg, dass sie auch noch in dieser Welt in großer Verachtung sind, und eben von denen mit Füßen getreten werden, welchen sie zugefallen sind und das Evangelium Christi verleugnet haben. Sollten sie nicht wie Petrus Buße tun, werden sie dazu in alle Ewigkeit mit Füßen getreten werden, und der Teufel spottet ihrer in der Hölle. Diese scharfe Erinnerung Christi soll uns aufmuntern, dass wir viel eher die schrecklichen Martern hier leiden, als dass wir das Evangelium Christi verleugnen sollten.

Der höre: Wem seiner Seelen Heil und Seligkeit angelegen ist, der soll hier fleißig aufmerken. Denn ich handele von großen Sachen, die zu eurer ewigen Seligkeit gehören.


Das 15. Kapitel

  • Die Zöllner und Sünder halten sich zu Christus, dass sie ihn hören möchten. Christus legt ihnen liebliche Gleichnisse vor, von verlorenen Schaf, Groschen, und Sohn, und von der Pharisäer Neid gegen die bußfertigen Sünder, so sie zu Gnaden aufgenommen wurden.

1. Es nahten aber zu ihm allerlei Zöllner und Sünder, dass sie ihn hörten.

Es: Der Evangelist erzählt eine liebliche Trostpredigt für die bußfertigen Sünder, dazu Christus von den Pharisäern und Schriftgelehrten verursacht wurde, welche sich daran ärgerten, dass Christus mit den Sündern freundlichst umging, und sich zu ihnen hielt.

Hörten: Denn Christus verhieß den bußfertigen Sündern verzeihen und heilte ihre verwundeten Gewissen, dagegen die Pharisäer und Schriftgelehrten ihnen alle Hoffnung zur Seligkeit nahmen. Es soll aber ein Kirchendiener fleißig darauf achten., wie seine Zuhörer gesinnt sind, auf dass er diejenigen, welche bereit sind, Buße zu tun, Reue und Leid über ihre Sünden haben, mit den Drohungen des Gesetzes nicht erschrecke, sondern ihnen die Hand bieten, auf dass sie aus dem tiefen Schlamm der Sünden sich herausreißen und selig werden können.

2. Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen.

Dieser: Jesus von Nazareth, der als ein großer Prophet gehalten sein will.

Isst: So eine große Gemeinschaft haben sie miteinander, welches sicherlich (wollen sie sprechen) einem Propheten Gottes nicht geziemt. Aber die gottlosen Heuchler wollten nicht wahrnehmen, wie Christus mit den Sündern aufs Freundlichste umgeht, nicht darum, dass er an ihrem bis daher zugebrachten gottlosen Leben ein Gefallen hätte, sondern dass er sie zur Buße lockte. Aber die Lästerer und des Teufels Kinder deuten alles auf das Ärgste, um welcher Lästerungen willen wir doch unser Amt nicht versäumen oder unterlassen sollen, sondern tun, was wir vor Gott und dem Nächsten zu tun schuldig sind.

3. Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach:

Er sagt: Christus lehrt mit drei Gleichnissen, wie dies der Wille des himmlischen Vaters sei, dass die Sünder zur Buße gerufen, und in den Schoß der Kirche aufgenommen werden. Denn Gott hat eine besondere Lust an eines sündigen Menschen Bekehrung, und es entsteht im Himmel eine große Freude, wenn ein sündiger Mensch Buße tut.

4. Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat, und so er der eines verliert, der nicht lasse die Neunundneunzig in der Wüste und hingehe nach dem verloren, bis dass er es finde?

Nicht lasse: Gleichwie nun die Menschen so gesinnt sind, dass sie um die verlorenen Sachen sich vielmehr bekümmern, als dass sie Freude hätten über die Dinge, die sie noch in ihrem Besitz haben: Also ist Christus der Sohn Gottes sorgfältig dafür, wie er einen Sünder möge wieder auf den rechten Weg bringen, als für die, so bereits sie in dem Schafstall Gottes sind, obwohl er auch auf diese ein fleißiges Auge hat {Hes 34}. Darum sollen wir auch, besonders die Kirchendiener, mit höchstem Fleiß uns dahin bewegen, dass wir die Sünder zur Buße rufen: Und weil Christus, der rechte und oberste Hirte, die bußfertigen Sünder mit zu großer Freundlichkeit aufnimmt, nun, so lasst uns, so oft wir gefallen sind, bald durch wahre Buße wieder zu ihm umkehren, denn er wird uns nicht verstoßen. Denn er hat gesagt: Wer zu mir kommt, den will ich nicht hinausstoßen {Joh 6}.

5. Und wenn er es gefunden hat, so legt er es auf seine Achseln mit Freuden.

6. Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war.

7. Ich sage euch: Also wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, vor neunundneunzig Gerechten, die der Buße nicht bedürfen.

Nicht bedürfen: Obwohl nun etliche Menschen bereits in Gnaden sind, andere aber, so sie Buße tun, zu Gnaden aufgenommen werden, und unter den Christen ein solcher Unterschied sich findet, wie unter den Stehenden und die vom Fall bald wieder aufstehen. Jedoch deutet Christus mit diesen Worten besonders auf die Heuchler, welche meinen, sie sind gerecht und vollkommen, dass sie keiner Buße bedürften. Aber die rechtschaffenen Christen, obwohl sie von Lastern und Sünden wider das Gewissen sich enthalten. So erkennen sie doch täglich ihre sündlichen Schwachheiten, bitten um Verzeihung, und sagen: Vergib uns unsere Schuld und sprechen mit David: Wer kann merken, wie oft er fehlt, verzeihe mir die verborgenen Fehler {Ps 19}.

8. Oder welches Weib ist, die zehn Groschen hat, so sie der einen verliert, die nicht ein Licht anzünde und kehre das Haus und suche mit Fleiß, bis dass sie ihn finde?

Groschen: Es wird der sündige Mensch mit einem Groschen verglichen. Denn wie die Münze eines Kaisers oder großen Herren sein Bild hat, so ist das menschliche Geschlecht vor Zeiten zum Ebenbild Gottes erschaffen worden. Und vergleicht Christus seine und seines himmlischen Vaters Fürsorge, die Sünder zu suchen, hier mit der Sorgfältigkeit der Frauen. Denn das weibliche Geschlecht ist ängstlich, verlorene Sachen zu suchen und wieder zu bekommen. Also das wir aus diesem Gleichnis lernen, mit was für großen Fleiß Gott die Sünder zur Buße zu rufen pflegt.

9. Und wenn sie ihn gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen und spricht: Freut euch mit mir; denn ich habe meinen Groschen gefunden, den ich verloren hatte.

Mit mir: Und zwar fromme Leute freuen sich mit denen, welchen ein Glück widerfahren ist.

10. Also auch, sage ich euch, wird Freude sein vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut.

Freude sein: Wer wollte denn die Seligkeit missgönnen, über welche Bekehrung sich die ganze Dreifaltigkeit und die Engel freuen? Darum steht uns auch zu, dass wir allen guten Willen und Freundschaft erzeigen, von welchen wir meinen, dass sie sich bekehrt haben. Darum Paulus von dem Korinther, der seine Stiefmutter heiratete und darüber in den Bann gekommen war, später aber Buße getan hat, schreibt: Es ist genug, dass dieser von vielen so gestraft ist, dass ihr ihn nun darum vergebt und tröstet, auf dass er nicht in allzu großer Traurigkeit versinke {2Kor 2}.

11. Und er sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne.

Und: Jetzt folgt das dritte Gleichnis, das mit dem vorigen Inhalt gleich und besonders lieblich und tröstlich ist.

12. Und der Jüngste unter ihnen sprach zum Vater: Gib mir, Vater, das Teil der Güter, das mir gehört! Und er teilte ihnen das Gut.

Gehört: Auf dass ich von meinem Erbteil nach meinem Gefallen leben mag.

Teilte: Dass er eine Rechnung gemacht hat, wie viel einem jeden Sohn zustehen möchte, und hat danach dem Jüngeren seinen Teil übergeben, weil er gespürt hat, wie verwöhnt er wäre, also dass keine Ermahnung mehr bei ihm helfen würde. Denn es haben auch fromme Eltern häufig mutwillige Kinder, wie viele Beispiele der Heiligen Schrift bezeugen. Es sollen aber die Eltern ihre Kinder mit großem Fleiß in der Furcht Gottes erziehen, wollen sie sich denn nicht erziehen lassen, so sollen sie die Sache Gott befehlen und sich nicht vergeblich bekümmern.

13. Und nicht lange danach sammelte der jüngste Sohn alles zusammen und zog ferne über Land; und dort brachte er sein Gut um mit Prassen.

Mit Prassen: Dass er es unnütz und üppig verschwendete mit böser Gesellschaft und losem Personal, die sich zu ihm gefunden hatten, und ihm halfen das Seine zu verschwenden. Denn die jungen Gesellen, welche wollen sich selbst witzig sein, und weder der Eltern oder Vormünder und Pfleger Ermahnungen annehmen, die vertun ihr Gut unnütz, legen die Zeit übel an und geraten in die äußerste Armut.

14. Da er nun all das Seine verzehrt hatte, ward eine große Teuerung durch dasselbe ganze Land, und er fing an zu darben.

Teuerung: Denn Gott straft solche Länder mit Teuerung (Wirtschaftskrise), in denen fressen und saufen, und ein unordentliches Wesen ungestraft getrieben wird.

Darin: Dass er großen Mangel litt, nachdem er sein Erbgut verzehrt hatte. Denn man kann auch ein großes Gut schnell vertun, wenn man nichts dazu erwirbt, sondern nur immer davon nimmt. Und hilft zwar die böse Gesellschaft jungen Gesellen mit Fleiß dass Ihre zu vertun, wenn aber alles dahin ist, so geben solche Freunde denjenigen nicht einen Heller zu ihrer Unterhaltung, die sie in Armut gesetzt haben. Denn da heißt es: kein Geld, keinen Freund.

15. Und ging hin und hängte sich an einen Bürger desselben Landes, der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten.

Bürger: Dem er zu dienen sich anbot, damit er nur seine Nahrung haben könnte.

Zu hüten: Da sieht man, wohin es mit den Leuten kommt, die ihren Eltern nicht folgen wollen.

16. Und er begehrte seinen Bauch zu füllen mit Trebern, die die Säue aßen; und niemand gab sie ihm.

Niemand gab: So grausam hielt ihn dieser Bürger, dessen Schweine er hütete, dass er auch nicht mit den Säuen essen durfte. Denn welche die guten Gaben Gottes durch Schwelgerei mit Füßen treten, die können endlich das liebe Brot nicht haben.

17. Da schlug er in sich und sprach: Wie viel Tagelöhner hat mein Vater, die Brot die Fülle haben, und ich verderbe im Hunger!

In sich: Und erinnerte sich, wie übel er gehandelt hätte, dass er gottlos wider Gott und seinem frommen und gütigen Vater undankbar gewesen ist. Denn Gott treibt die Leute häufig durch die Hungersnot zur Buße, auch das, wenn ihnen der Wahn ein wenig aus dem Kopf gekommen ist, und sie recht nüchtern geworden sind, in sich selber gehen, und an ihr bisher geführtes Leben ein Abscheu haben.

18. Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor Dir

Himmel: Wider Gott dem Allmächtigen, den ich mit meinen Sünden beleidigt und erzürnt habe.

Vor Dir: Indem, dass ich mich so undankbar gegen Dich verhalten habe, und für Deine väterlichen Guttaten Dir nur Traurigkeit und Bekümmernis gebracht habe.

19. und bin fort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner.

Sohn heiße: Darum begehre ich nicht, dass Du mich als einen Sohn im Hause hältst. Denn ich bekenne, dass ich nicht wert bin, Dein Sohn genannt zu werden, oder dafür gehalten, sondern ich will arbeiten wie ein Tagelöhner, begehre auch keine andere Speise, als wie man den Tagelöhnern zu geben pflegt. Denn wenn wir uns vor Gott und den Leuten demütigen und unsere Sünde Gott bekennen, so bekommen wir Verzeihung, und werden die Strafen entweder gemildert oder ganz weggenommen. Wenn wir unsere Sünde bekennen, so ist der treu und gerecht, dass er unsere Sünden verzeiht, und reinigt uns von aller Untugend {1Joh 1}.

20. Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Da er aber noch ferne von dort war, sah ihn sein Vater, und jammerte ihn, lief und fiel ihm um seinen Hals und küsste ihn.

Jammerte ihn: Viel größer und inbrünstiger aber ist die Zuneigung des himmlischen Vaters gegen uns, als die der Eltern gegen die Kinder. Denn Gott spricht: Kann auch eine Mutter ihr Kind vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und wenn sie dessen gleich vergesse, so will ich doch Dein nicht Vergessen {Jes 49}.

21. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor Dir; ich bin fort nicht mehr wert, dass ich Dein Sohn heiße.

Sohn heiße: Hier sieht es so aus, als ob Christus die vorige Rede des Sohnes, so er bei sich selber zuvor bedachte, abbreche und damit anzeigen wolle, es habe der Sohn seine vorgenommene Rede vor Weinen nicht konnte zu Ende bringen. Denn eine wahre Buße lässt sich auch häufig mit äußerlichen Zeichen und Anregungen spüren.

22. Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt das beste Kleid hervor und tut es ihm an; und gebt ihm einen Fingerreif an seine Hand und Schuhe an seine Füße;

Fingerring: Durch die Kleidung und den Ring wird angedeutet, dass Gott den bußfertigen Sündern auch herrliche Gaben gibt.

23. und bringt ein gemästet Kalb her und schlachtet es: Lasst uns essen und fröhlich sein!

Schlachtet: Dass man zu einer köstlichen Mahlzeit zusammenkommt.

Fröhlich sein: Durch diese Freude wird bedeutet, dass Gott an der Bekehrung eines Sünders ein großes Wohlgefallen hat, und die Engel sich darüber freuen, auch des Sünders Gewissen ergötzt werde. Denn wenn wir durch den Glauben gerecht geworden sind, so haben wir Friede mit Gott, durch unseren Herrn Jesum Christus {Röm 5}.

24. Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und fingen an fröhlich zu sein.

Lebendig: Es ist mir genau so, als wenn er von den Toten wiederum auferstanden wäre.

25. Aber der älteste Sohn war auf dem Felde, und als er nahe zum Hause kam, hörte er das Gesänge und den Reigen

Aber: Bisher haben wir an diesem Beispiel eines gütigen Vaters ein Vorbild gehabt unseres frommen himmlischen Vaters. Jetzt folgt vom anderen Sohn, an dem wir ein Ebenbild und lebendiges Muster der stolzen und neidischen Heuchler sehen werden.

26. und rief zu sich der Knechte einen und fragte, was das wäre.

Das wäre?: Und was diese unverhoffte Freude bedeutete?

27. Der aber sagte ihm: Dein Bruder ist kommen, und Dein Vater hat ein gemästet Kalb geschlachtet, dass er ihn gesund wieder hat.

Geschlachtet: Und eine stattliche Mahlzeit zugerichtet, weil er so froh ist, dass sein Sohn wieder gekommen ist.

28. Da ward er zornig und wollte nicht hineingehen. Da ging sein Vater heraus und bat ihn.

Hineingehen: Dass er dem Vater Glück gewünscht oder dem Bruder willkommen gesagt hätte, viel weniger begehrte er, mit ihnen fröhlich zu sein.

Bat ihn: Das er sollte hineingehen, und den Bruder, so jetzt gekommen wäre, mit Freuden empfangen, auch mit anderen Gästen guter Dinge sein.

29. Er antwortete aber und sprach zum Vater: Siehe, so viel Jahre diene ich Dir und habe Dein Gebot noch nie übertreten, und Du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich wäre.

30. Nun aber dieser Dein Sohn gekommen ist, der sein Gut mit Huren verschlungen hat, hast Du ihm ein gemästet Kalb geschlachtet.

Geschlachtet: Als wollte der Heuchler sprechen: Ist das nicht ein sehr ungerechter Handel? Er hat Dir nie folgen wollen. Ich bin Dir immer gefolgt. Er hat sein Erbteil üppig verschwendet und Deine Güter verringert. Ich habe sie aber vermehrt und gebessert. Er hat sein Leben in Wolllüsten zugebracht. Ich aber mit ehrlicher Arbeit. Dennoch hast Du ihm ein gemästetes Kalb geschlachtet und ein herrliches Fest angerichtet. Da Du doch mir nie einen Bock gegeben hast, dass ich mit meinesgleichen auch einmal hätte fröhlich sein können. Aber dass nun, da hier der Neid zwischen den Brüdern, welches sonst ein allgemeines Ding ist, getadelt wird, so werden besonders die Heuchler hier meisterlich getroffen. Denn die werden zornig und murren bei sich selbst dagegen, wenn sie sehen, dass die bußfertigen Sünder zu Gnaden aufgenommen, und mit besonderen Gaben von Gott geziert werden. Solche Heuchler sind die Katholiken, welche heftig dagegen toben, wenn wir lehren, dass die bußfertigen Sünder aus Gnaden durch den Glauben Vergebung aller ihrer Sünden und das ewige Leben um Christi willen erlangen. Es rühmen sich aber die Heuchler, dass sie alle Gebote Gottes des himmlischen Vaters gehalten haben, daran sie aber schändlich lügen. Sind auch mit den göttlichen Gaben und Guttaten, die sie empfangen haben, nicht vergnügt, sondern meinen, sie hätten noch viel Größeres verdient. Darum beschuldigen sie bei sich selber Gott den Herrn der Ungerechtigkeit und gönnen dem Nächsten seine Seligkeit nicht. In welchem Stück sie ärger sind, als andere gottlose Leute. Solche aber gehen auch traurig und mit gerunzelter Stirn umher.

31. Er (der Vater: Aber zu ihm: Mein Sohn, Du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, das ist Dein.

Ist Dein: Also, dass Dir bis daher bei mir nichts gemangelt hat. Diese gelinde Antwort des Vaters gibt zu verstehen, dass Gott auch die Heuchler mit großer Lindigkeit zur Buße lockt. Aber sie sind widerspenstig und halsstarrig und machen sich selbst des ewigen Lebens unwürdig, darum gehen sie aus dem gerechten Urteil Gottes zugrunde. Uns aber soll dieses liebliche Gleichnis lehren, dass die Sünder, so sie rechtschaffene Buße tun, niemals verzagen sollen. Denn sie nicht mit so großem Verlangen um Verzeihung bitten können, als wie das große Verlangen des himmlischen Vaters nach ihnen hat, dass er sie möge zu Gnaden aufnehmen. Dieser Trost aber soll denen vorgehalten werden, welcher Herzen, weil sie den Zorn Gottes empfinden, zerschlagen sind.

32. Du solltest aber fröhlich und gutes Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig worden; er war verloren und ist wieder gefunden.


Das 16. Kapitel

  • Christus handelt vom ungerechten Haushalter. Vom richtigen Gebrauch der zeitlichen Güter. Die Pharisäer, so Christus verspotten, rechtfertigen sich selbst. Das Gesetz und die Propheten wahren bis auf Johannes. Man soll sich von seiner Frau nicht scheiden, noch abgeschiedene ehelichen, außerhalb des Ehebruchs. Darauf folgt das Gleichnis von dem reichen Schlemmer und armen Lazarus. Mose und die Propheten soll man hören.

1. Er sprach aber auch zu seinen Jüngern: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Haushalter; der ward vor ihm berüchtigt, als hätte er ihm seine Güter umgebracht.

Er: Nämlich, Christus, welcher mit dem Gleichnis von dem ungerechten Haushalter uns ermahnt, dass, weil wir Zeit haben und die Güter in unserer Hand stehen, wir sie also anlegen, und uns um des Nächsten Wohl verdient machen sollen, damit wir dessen ewig genießen können.

Reicher Mann: Dieser reiche Hausherr ist Gott der himmlische Vater, welcher sehr reich ist, und alles erschaffen und in seiner Hand hat. Wir aber sind nur Haushalter. Gleichwie es aber unter den Leuten zugeht, dass ihrer viele, wenn sie mit fremden Gütern umgehen, nicht treu handeln. Also legen wir auch unsere Güter und Gaben oft anders an, als wir es tun sollten. Und geschieht es oft, dass die Untreue des Haushalters an den Tag kommt, und der Hausherr innewird, wenn bereits viel Schaden geschehen ist. Denn damals fingen die Leute an, öffentlich davon zu reden, da sie doch den Herrn von dem Verlust seiner Güter früher hätten erinnern sollen.

2. Und er forderte ihn und sprach zu ihm: Wie höre ich das von Dir? Tu Rechnung von Deinem Haushalten; denn Du kannst künftig nicht Haushalter sein.

Von Dir: Dass Du mit meinen Gütern so untreu und übel gehandelt hast.

Rechnung: Wir sollen uns auch erinnern, dass wir von unserer Haushaltung einmal eine Rechnung machen müssen.

3. Der Haushalter sprach bei sich selbst: Was soll ich tun? Mein Herr nimmt das Amt von mir; graben mag ich nicht, so schäme ich mich zu betteln.

Von mir: Darum, wenn ich nicht beizeiten vorsorge, so werde ich des hungers sterben müssen.

4. Ich weiß wohl, was ich tun will, wenn ich nun von dem Amt gesetzt werde; dass sie mich in ihre Häuser nehmen.

Häuser nehmen: Und die Schuldner meines Herrn für die empfangenen Guttaten, so ich ihnen jetzt erzeigen will, zur Dankbarkeit mich die übrige Zeit meines Lebens unterhalten werden. Denn welche zum Müßiggang sich gewöhnt haben, die mögen nicht arbeiten, und schämen sich, zu betteln. Darum machen sie Betrügereien. Aber die Betrüger sind vor Gott Diebe.

5. Und er rief zu sich alle Schuldner seines Herrn und sprach zu dem ersten: Wie viel bist Du meinem Herrn schuldig?

6. Er sprach: Hundert Tonnen Öles. Und er sprach zu ihm: Nimm Deinen Brief, setze Dich und schreib flugs fünfzig.

Fünfzig: Sollen Dir also die anderen 50 Tonnen Öl geschenkt werden, dass Du sie nicht bezahlen brauchst. Und wird mein Herr solchem Betrug nicht merken, weil Deine Handschrift nur über 50 Tonnen lautet.

7. Danach sprach er zu dem andern: Du aber, wie viel bist Du schuldig? Er sprach: Hundert Malter Weizen. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Brief und schreib achtzig.

Achtzig: Es werden Dir also 20 Malter nachgelassen, und wird es doch mein Herr nicht merken, denn es sind etliche ganz freigiebig mit dem fremden Gut, wo sie aber von ihrem eigenen nicht ein Stück nachlassen.

8. Und der Herr lobte den ungerechten Haushalter, dass er klüglich getan hatte. Denn die Kinder dieser Welt sind klüger denn die Kinder des Lichts in ihrem Geschlechte.

Klug getan: Und nicht so, dass er ein Dieb oder Betrüger gewesen wäre, denn wer wollte das an einem Haushalter oder an irgend einem anderen loben? Sondern er hat sich über des Menschen List und Geschwindigkeit verwundert. Gleichwie man auch häufig die List eines Menschen lobt, da man doch das Laster scheut und verwirft.

Geschlecht: Das heißt: Die Weltkinder nehmen ihre irdischen Sachen viel fleißiger wahr, als die Frommen ihre Sachen verrichten, so diese zur ewigen Seligkeit gehören. Denn was für Arbeit nehmen die Weltkinder nicht auf sich? Was für Gefahren stehen sie aus, dass sie vergängliche Güter oder flüchtige Ehre erlangen? Wie heftig bemühen sie sich, dass sie solche zeitlichen Dinge erlangen möchten. Dagegen aber, wie langsam gehen die Leute, so sie durch das Evangelium Christi und den Heiligen Geist erleuchtet sind, mit den allergrößten Sachen um? Wie viel herrliche Gelegenheiten versäumen sie, dass sie die Ehre Gottes befördern, und um den Nächsten sich wohl verdienen sollten? Darum soll uns der Gottlosen Unverdrossenheit und Fleiß in zeitlichen Sachen, die Schlafsucht vertreiben, dass wir schamrot werden, und mit größerem Eifer berichten, was unser Beruf ausweist.

9. Und ich sage euch auch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, auf dass, wenn ihr nun darbt, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.

Mammon: (Nach Luther) Mammon ist hebräisch und heißt Reichtum.

Darbet: Dass ihr in Armut gekommen seid. Denn es bleibt Christus noch in diesem Gleichnis.

Ewige Hütten: Das heißt: Wir sollen die Güter so brauchen und anwenden, solang wir leben, dass wir diese einmal, wenn wir von unserer Haushaltung durch den Tod abgesetzt werden, in jener Welt genießen können. Welches dann geschieht, wenn wir den Dürftigen, verjagten und elenden Leuten Hilfe leisten. Denn Christus wird an jenem Tage sagen, dass es ihm geschehen sei, was man dem Geringsten von denen, die an ihn glauben, getan habe {Mt 25}. Aber es folgt darum hieraus nicht, dass man das ewige Leben mit Almosen oder anderen guten Werken verdienen könne. Denn das ewige Leben ist eine Gabe Gottes, wie Paulus bezeugt, so sie durch den Glauben, und nicht aus den Werken empfangen wird, auf dass sich nicht jemand rühme {Eph 2}. Wir werden aber am Jüngsten Tage so viel Zeugen unseres rechtschaffenen Glaubens dem Richter Christo vorstellen können, wie vielen Menschen aus ungefärbter Liebe wir mit unseren Guttaten geholfen haben. Es nennt aber Christus die zeitlichen Güter einen unrechten Mammon, welches ein syrisches Wort ist, und zu Deutsch Reichtum heißt, nicht in der Meinung, als ob niemand zeitliche Güter mit Recht und ohne Nachteil der Gottseligkeit besitzen könnte. Denn es haben auch die heiligen Patriarchen Reichtum gehabt. Sondern es geschieht solches um einer anderen Ursache willen. Nämlich, dass der Reichtum oft mit Unrecht zu Wege gebracht wird, (daher man im Sprichwort sagt: Ein Reicher ist entweder ein Ungerechter oder eines ungerechten Erbe), und dass der größte Teil der Menschen den Reichtum missbraucht, zur Ungerechtigkeit, Hoffart, Tyrannei, Üppigkeit, Schwelgerei und Unzucht. Etliche behalten auch den Reichtum mit Unrecht, wenn sie, nämlich den Armen nicht helfen. Davon Johannes spricht: Wenn jemand dieser Welt Güter hat, und sieht seinen Bruder darben, und schließt sein Herz vor ihm zu, wie bleibt die Liebe Gottes in ihm {1Joh 3}! So will auch Christus nicht, dass wir Geld und Gut mit Betrug und Unrecht zusammenkratzen sollen, und danach dem Nächsten darf man ein Almosen geben. Denn gleichwie Gott den räuberischen Brandopfern feind ist, wie die Schrift bezeugt, so können ihm auch die Almosen, so sie mit Betrug des Nächsten zuwege gebracht wurden, nicht gefallen.

10. Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu; und wer im Geringsten unrecht ist, der ist auch im Großen unrecht.

Wer: Christus ermahnt uns wiederum, dass wir unsere Güter richtig anlegen sollen, und braucht nach seiner Gewohnheit Sprichwörter dazu, die er zu seinem Vorhaben richtet. Und geht diese Ermahnung auf das vorige Gleichnis vom ungerechten Haushalter.

Geringsten treu: Darum soll man der Menschenherzen mit geringen Sachen erkundigen. Denn kleine Vorteile machen große Schälke.

11. So ihr nun in dem ungerechten Mammon nicht treu seid, wer will euch das Wahrhaftige vertrauen?

So ihr: Das ist die Deutung des vorigen Sprichworts, wohin es gemeint und angesehen ist.

Ungerechten: (Nach Luther) Mammon heißt der ungerecht, darum, dass er unrechtem Brauch unterworfen ist. Fremde, darum, dass er nicht bleibt, wie das geistliche Gut, das ewig unser und wahrhaftig ist. Treu sein in dem Mammon, heißt, es göttlich gebrauchen zu des Nächsten Nutzen. Wer das nicht tut, wird viel weniger im Geistlichen treu sein, ja, er wird keines von beiden haben.

Wahrhaftige: Die beständigen ewigen Güter. Denn Christus stellt hier den vergänglichen Reichtum und die wahren ewigen Güter gegeneinander.

12. Und so ihr in dem Fremden nicht treu seid, wer will euch geben dasjenige, dass euer ist?

Euer ist: Durch das Fremde versteht er die zeitlichen Güter. Denn darüber sind wir nur Haushalter. Das unser nennt er, dazu wir besonders erschaffen sind, dass wir es empfangen sollen, nämlich die ewigen Güter und das ewige Leben. Und ist die Meinung Christi diese: In Sachen, daran nicht viel gelegen ist, kann man eines Menschen Herz erkundigen und erkennen lernen, ob man ihm etwas Größeres oder mehr anvertrauen darf, oder nicht. Denn wenn jemand mit wenig Gütern unrecht umgeht, wer wollte diesem ein großes Gut zur Verwaltung übergeben? So ihr darum die zeitlichen Güter nicht wisst so zu gebrauchen, dass sie euch und anderen nutzen möchten, meint ihr denn, dass euch Gott die ewigen Güter geben werde? Denn wer die zeitlichen Güter zu der Ehre Gottes, oder auch zu des Nächsten Nutzen nicht anwendet, der ist es nicht wert, dass er die himmlischen Schätze bekommt, welche unvergänglich sind. Wir sollen darum mit zeitlichen Gütern so umgehen, dass uns Gott zur Besitzung der himmlischen Güter würdig sieht. Denn werden wir mit den zeitlichen Gütern richtig umgehen, so wird uns Gott das Ewige auch geben und anvertrauen. Wie sollte aber Gott denen das ewige Leben geben, die aus Geiz nicht Gott, sondern den Reichtum an Gottes statt ehren?

13. Kein Hausknecht kann zweien Herren dienen; entweder er wird einen hassen und den andern lieben, oder wird einem anhangen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott samt dem Mammon dienen.

Ihr könnt: Jetzt deutet Christus das vorige Sprichwort auf sein Vorhaben.

Dienen: Denn wenn ihr den Reichtum liebt, so werdet ihr Gott feind sein. Liebt ihr denn Gott, so werdet ihr Geld und Gut nicht achten. Denn es kann nicht sein, dass des Menschen Herz zugleich Gott recht dienen kann, und auch dem Reichtum nachhängen könne. Ein anderes aber ist es, Reichtum besitzen, und vom Reichtum besessen werden. Die aber sind des Geldes Leibeigene, welche viel lieber Gott beleidigen, und den Nächsten versäumen wollen, als etwas tun, dadurch ihre Güter geschmälert werden.

14. Das alles hörten die Pharisäer auch; die waren geizig und spotteten sein.

Spotteten: So werden die frommen Kirchendiener verspottet, wenn sie solche Dinge Unrecht nennen, die den Weltkindern aber gefallen. Und werden auch andere Christen von den Weisen und Klugen dieser Welt verlacht, wenn sie viel eher der zeitlichen Güter wollen verlustig sein, als ihr Gewissen beschweren.

15. Und er sprach zu ihnen: Ihr seid es, die ihr euch selbst rechtfertigt vor den Menschen; aber Gott kennt eure Herzen. Denn was hoch ist unter den Menschen, das ist ein Gräuel vor Gott.

Zu ihnen: Da er ihr verbittertes Herz und giftiges Gespött bemerkte.

Rechtfertigt: Dass ihr euch für gerecht und fromm haltet.

Kennt: Und hat ein Gräuel an euch, dass ihr euch fromm stellt, und für heilige Leute wollt von den Leuten gehalten werden, da ihr doch Schälke und Buben in eurer Haut seid.

Vor Gott: Wie nun euch die Menschen hochhalten und schätzen. Deshalb seid ihr vor Gottes Augen ein Gräuel und Scheusal. Also geschieht es oft, dass Gott zum Höchsten zuwider ist, was bei den Menschen hoch geachtet wird. Darum sollen wir uns an der Leute unsinniger Urteile nicht kehren, sondern von allen Sachen, so sie zur Religion gehören, aus dem Worte Gottes urteilen und halten.

16. Das Gesetz und die Propheten weissagen bis auf Johannes; und von der Zeit an wird das Reich Gottes durchs Evangelium gepredigt, und jedermann dringt mit Gewalt hinein.

Das Gesetz: Es handelt Christus in dieser Predigt von mancherlei Sachen. Denn wie ein Prediger in einer Predigt auch mancherlei unterschiedliche Stücke behandelt, nachdem er einen Text und Leute vor sich hat, so hat auch Christus in seinen langen Predigten von mancherlei Sachen gehandelt.

Gewalt hinein: Das will so viel sagen: Das Gesetz Mose, welches auch die Propheten fleißig erklärt haben, hat man lehren und treiben sollen bis auf die Zeit Johannes des Täufers. Denn solange hat diese Zuchtlehre dauern sollen, welcher Gott das jüdische Volk unterworfen hat. Aber von der Zeit an Johannes des Täufers ist ein Anfang an der hellen Predigt des Evangeliums gemacht worden, dadurch den Menschen Christus, der Messias, deutlich gezeigt wird, durch welchen die, so sie an ihn glauben, Vergebung der Sünden und das ewige Leben bekommen. Und tun die Zöllner, Sünder und sonst allerlei Leute, denen dem Ansehen nach das Reich Gottes nicht zusteht, Buße, und reißen die himmlischen Güter ungestüm zu sich, dringen also gleichsam mit Gewalt zum Reich Gottes hinein. Denn obwohl auch im Alten Testament die Verheißungen des Evangeliums dem Volk vorgehalten wurden, so waren sie jedoch noch ziemlich dunkel und wurde nicht so reichlich vorgetragen. So war auch das jüdische Volk mit vielen Gesetzen als Schranken umgeben und wurde dadurch wie unter einem Lehrmeister in der Zucht behalten. Nachdem aber Johannes der Täufer das Lamm Gottes zu zeigen angefangen und das Volk gemerkt hatte, dass so viel mosaische Gesetze zu halten nicht mehr nötig sind, ist es in die Freiheit gesetzt worden, als wenn einer von seinem Zuchtmeister oder Pfleger freigemacht wird, dass er selber die völlige Verwaltung seines väterlichen Erbgutes antritt. Die Sünder aber, wenn sie aus den evangelischen Predigten von der unendlichen Güte Gottes gegen das menschliche Geschlecht hören, so schöpfen sie aus ihnen eine Hoffnung, tun Buße, und drängen zum Himmelreich hinein, dagegen die Heuchler, die in Christo angebotene Seligkeit verachten und von sich stoßen.

17. Es ist aber leichter, dass Himmel und Erde vergehen, denn dass ein Tüttel vom Gesetz falle {Mt 5v8}.

Falle: Dass er nicht erfüllt würde. Welches Christus darum hinzusetzt, dass nicht jemand meint, er hätte mit den vorigen Worten das ganze Gesetz Mose abtun wollen. Denn Gott fordert die Erfüllung seines Gesetzes mit solchem Ernst, dass er eher Himmel und Erde ließe in Trümmern gehen, als dass er den geringsten Punkt vom Gesetz fallen ließe. Wie ist das zu verstehen? Ist es gewiss, dass auch die allerheiligsten Patriarchen und Propheten dem Gesetz Gottes nicht vollkommen genugtun konnten? Antwort: Christus allein hat das Gesetz vollkommen erfüllt. Wie er sagt: Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen. Denn ich sage euch wahrlich, bis dass Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Stück vom Gesetz, bis dass es alles geschehe {Mt 5}. Es war aber Christus seiner Person wegen nicht ein Schuldner, sondern ein Herr des Gesetzes, darum er das selbige nicht ihm, sondern uns erfüllt hat: Es wird darum der allervollkommenste Gehorsam Christi, den er dem Gesetz geleistet hat, durch den Glauben uns zugerechnet, als ob wir selbst solchen vollkommenen Gehorsam dem Gesetz geleistet hätten. Denn gleichwie durch eines Menschen (des Adams ungehorsam viel gesünder geworden sind. Also auch durch eines Christi) Gehorsam werden viel Gerechte (Römer im 5. Kapitel).

18. Wer sich scheidet von seinem Weibe und freit eine andere, der bricht die Ehe; und wer die Abgeschiedene von dem Manne freit der bricht auch die Ehe.

Wer: Jetzt folgt ein anderes Stück der Predigt Christi, von der vorigen unterschieden, derer auch Matthäus im 19. und Markus im 9. Kapitel gedacht wird.

Bricht auch: Weil er bei der liegt, welche nicht vor Gott und ordentlicherweise von ihrem vorigen Ehemann geschieden wurde. Mit welchen Worten Christus die Frechheit und große Leichtfertigkeit derselben Zeit verwirft, da die Juden unter dem Schein des zugelassenen Scheidebriefes ihre Frauen um einer liederlichen Sache willen von sich stießen und andere nahmen. Welche Gründe es für eine rechtmäßige Ehescheidung gibt, ist in der Erklärung des Evangelisten Matthäus im 10. Kapitel gesagt worden. Und sollen die Kirchendiener die Laster des Volkes aus dem Worte Gottes ernstlich strafen, wenn sie unter dem Schein des göttlichen Wortes dem Fleisch den Zaum lassen und ihre Freiheit missbrauchen.

19. Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich mit Purpur und köstlicher Leinwand und lebte alle Tage herrlich und in Freuden.

Es war: Das Gleichnis von dem reichen Mann und armen Lazarus lehrt, wie übel die ihre Seligkeit bedenken, welche nur darauf bedacht sind, wie sie in dieser Welt ein gutes Leben haben mögen, dabei aber die Armen ganz vergessen.

Leinwand: Dass man sich ehrlich, und häufig auch nach Gelegenheit eines jeden Standes und Vermögens köstlich kleide, ist Gott nicht zuwider und an sich selbst keine Sünde. Aber dem Stolz und Überfluss ist Gott feind. Besonders da es mit der Kleidung so geschehen kann, dass man andere dazu zur Unzucht reizt. Und geschieht es oft, dass welche ihr Geld und Gut auf köstliche Kleidung verwenden, die lassen dabei die Armen frieren.

Freuden: Was ehrliche gute Mahlzeiten und Gastfreiheit angeht, das mag Gott wohl leiden, wenn die Üppigkeit, das Übermaß und die Völlerei unterbleiben. Aber welche täglich so köstlich leben, dass ihre Herzen dadurch beschwert werden, und sie mit keinem inbrünstigen Gebet zu Gott sich aufrichten können, die mögen Gott nicht gefallen.

20. Es war aber ein Armer mit Namen Lazarus, der lag vor seiner Tür voller Schwären

21. und begehrte, sich zu sättigen von den Brosamen, die von des Reichen Tische fielen. Doch kamen die Hunde und leckten ihm seine Schwären.

Fielen: Die er nicht mochte. Dieser Lazarus ist zugleich mit Armut, Hunger und Schmerzen geplagt worden. Denn Gott legt häufig seinen Auserwählten nicht nur ein Kreuz allein, sondern viele zugleich auf. Und sagt man das Sprichwort: Es kommt ein Unglück selten allein. Es ist aber eine große Bosheit, dass man sich mit köstlicher Speise und Trank füllt und unterdes den Armen die Brotkrumen nicht gönnen mag, welches denn bei etlichen nichts Seltsames ist.

Hunde: Es sind darum diejenigen ärger als die unvernünftigen wilden Tiere, welche mit dem Unglück des Nächsten kein Mitleiden haben und sein Elend mildern sich nicht befleißigen.

22. Es begab sich aber, dass der Arme starb und ward getragen von den Engeln in Abrahams Schoß. Der Reiche aber starb auch und ward begraben.

Abrahams Schoß: In der Versammlung der Auserwählten Gottes, da sie die selige Auferstehung ihres Leibes erwartet. Finden also die Frommen zum wenigsten endlich im Tode ein Ende ihres Jammers und Elends. Es sind aber Abrahams Kinder, und werden in Abrahams Schoß versammelt alle, die nach des Abrahams Beispiel wahrhaftig an Christus glauben {Röm 4}. Sie sind gleich reich oder arm. Und werden von des Abrahams Schoß ausgeschlossen alle Unbußfertigen, ganz gleich, in was für einem Stand und Wesen sie sind.

Starb auch: Denn es kann keine Arznei den Tod abwenden, wenngleich er noch so großes Gut hat, welches die Reichen wohl oft betrachten sollten.

23. Als er nun in der Hölle und in der Qual war, hob er seine Augen auf und sah Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß,

Qual war: Welchergestalt aber die Seelen, so von den Leibern abgeschieden sind, entweder in der Hölle gepeinigt werden, oder aber der ewigen Seligkeit genießen, und wie die Seelen ein Gespräch miteinander haben können, steht uns nicht zu, diesem aus Vorwitz nachzuforschen. Das ist einmal gewiss, sowohl aus diesen als an anderen Orten der Heiligen Schrift, dass der frommen Seelen, sobald sie von den Leibern abgeschieden sind, der ewigen Freude teilhaftig werden. Die Gottlosen Seelen aber große unaussprechliche Qualen leiden. Wenn nun die gottlosen Reichen in diesem Leben oft bei sich betrachteten, was für eine große Veränderung nach diesem Leben es geben werde, so würden sie ihre Sachen viel anders anstellen.

24. rief und sprach: Vater Abraham, erbarme Dich mein und sende Lazarus, dass er das Äußerste seines Fingers ins Wasser tauche und kühle meine Zunge; denn ich leide Pein in dieser Flamme!

Vater Abraham: Denn ich nach dem Fleisch von Dir und aus Deinem Geschlecht meine Herkunft habe.

25. Abraham aber sprach: Gedenke, Sohn, dass Du Dein Gutes empfangen hast in Deinem Leben, und Lazarus dagegen hat Böses empfangen; nun aber wird er getröstet, und Du wirst gepeinigt.

Sohn: Dafür Du Dich zwar ausgibst, bist aber aus der Art geschlagen, weil Du weder im Glauben noch in der Liebe mir es nachzutun begehrst.

Gepeinigt: Du gottloser Heuchler (will er sagen) bist in der Welt glückselig gewesen, dagegen Lazarus ganz elend und arm war, darum hat sich jetzt das Spiel umgekehrt, dass er getröstet, Du aber gepeinigt wirst. Denn es ist richtig, dass Du immer in Freuden warst, er aber immer in Trübsal. Darum werden der Frommen zeitliche Trübsal in die ewige Freude verändert. Aber auf der Gottlosen zeitliche Wollust erfolgt ewige Qual und Pein. Welcher verständige Mensch aber wollte nicht viel lieber, dass ihm ewig, als nur eine kurze Zeit wohl wäre?

26. Und über das alles ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt, dass, die da wollten hinabfahren zu euch, könnten nicht und auch nicht von dort zu uns herüberfahren.

Befestigt: Gott hat in jener Welt die Frommen von den Gottlosen so abgesondert, dass keine Gemeinschaft mehr unter ihnen sein kann. Darum ist es umsonst, dass Du auch des Lazarus Hilfe brauchen wolltest, dem Du in Deinem ganzen Leben nichts Gutes erzeigt hast.

27. Da sprach er: So bitte ich Dich, Vater, dass Du ihn sendest in meines Vaters Haus;

Bitte ich: Weil ich keine Erleichterung meiner Pein erlangen kann.

28. denn ich habe noch fünf Brüder, dass er ihnen bezeuge, auf dass sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual.

Brüder: In dem zeitlichen Leben, denen die Gefahr darauf steht, dass sie nicht einmal auch leiden müssen, was ich jetzt leide.

Bezeugt: Und ihnen anzeige, was nach dem zeitlichen Leben der Mensch für einen Zustand gewinne, und wie die gottlosen Reichen jämmerlich geplagt werden, auf das sie beizeiten Buße tun. Denn das wollten etliche aus einer fleischlichen Zuneigung und Liebe nicht gerne, dass ihre Freunde und Verwandten verdammt würden, und brauchen doch daneben nicht beizeiten solche Mittel, damit sie von der Verdammnis könnten abgehalten werden.

29. Abraham sprach zu ihm: Sie haben Mose und die Propheten; lass sie dieselben hören!

Sie haben: (Nach Luther) Hier ist verboten, den Poltergeistern und erscheinenden Toten zu glauben.

Hören: Es werden Mose und der Propheten Schriften in den Schulen öffentlich gelesen. Wenn sie diesen, als dem unfehlbaren Worte Gottes glauben und gehorchen, so dürfen sie sich nicht bekümmern, dass sie an den Ort der Qual kommen. Mit diesen Worten will uns Christus von den Erscheinungen der Seelen oder vielmehr Gespenster abführen zu der göttlichen Schrift, auf dass wir daraus den rechten Weg der Seligkeit lernen, und wie wir der ewigen Verdammnis entrinnen sollen.

30. Er aber sprach: Nein, Vater Abraham; sondern wenn einer von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun.

31. Er sprach zu ihm: Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie auch nicht glauben, ob jemand von den Toten aufstünde.

Propheten nicht: Wenn Mose und der Propheten Schriften nicht so viel bei ihnen gelten, dass sie Buße tun, so wird es ein Mensch, der von den Toten wieder aufstände, und zu ihnen gesandt würde, viel weniger bei ihnen zuwege bringen. Mit diesen Worten er den Gottlosen Verächtern Gottes und seines Wortes geantwortet, welche sich nicht scheuen zu sagen: Wenn jemand von den Toten wiederkäme und ihnen sagte, wie es in jener Welt zuginge, so wollten sie glauben und Buße tun. Solche Leute, oder vielmehr Unmenschen Verdammnis ist ganz recht {Röm 5}. Wir sollen aus diesem Gleichnis lernen, dass wir in den Wolllüsten dieser Welt uns nicht so sehr vertiefen, dadurch wir alle Gottseligkeit verlieren. Und sollen bei dieses Reichen unsäglicher Pein und Qual erinnert werden, dass wir arme und elende Leute nicht vergessen, sondern ihnen allerhand Guttaten erzeigen, auf dass wir zugleich mit ihnen die ewige Freude in Abrahams Schoß genießen.


Das 17. Kapitel

  • Man soll sich vor Ärgernis hüten, und wir sollen bereit sein, dem Nächsten zu verzeihen. Der kleine Glaube wird gerühmt. Wir sind unnütze Knechte. Zehn Aussätzige werden gereinigt, von denen nur einer dankbar ist. Das Reich Christi kommt nicht mit äußerlichen Gebärden. Wie es bei der Wiederkunft Christi beschaffen sein wird. Wie weit es mit der menschlichen Sicherheit um Bosheit vor dem Jüngsten Tag kommen werde. Wir sollen um der Gefahr willen von dem Bekenntnis des Evangeliums nicht abweichen.

1. Er sprach aber zu seinen Jüngern: Es ist unmöglich, dass nicht Ärgernisse kommen; wehe aber dem, durch welchen sie kommen!

Er: Dies Kapitel begreift etliche Predigten Christi in sich, in denen er von mancherlei Sachen handelt, und ermahnt uns zu allererst, dass wir niemanden ärgern sollen.

Unmöglich: Denn weil die menschliche Natur ganz und gar verdorben ist, so kann es nicht anders zugehen, als dass wir häufig nach unserer verdorbenen Natur Art solche Dinge reden und tun, dadurch der Nächste geärgert wird. So lässt auch Gott, nach seinem gerechten Gericht zu, dass diejenigen geärgert werden, welche mutwillig Ärgernis suchen, damit sie einen Schein haben, dass sie dem Evangelium Christi nicht glauben.

2. Es wäre ihm nützlicher, dass man einen Mühlstein an seinen Hals hängte und würfe ihn ins Meer, denn dass er dieser Kleinen einen ärgert.

3. Hütet euch! So dein Bruder an Dir sündigt, so strafe ihn; und so er sich bessert, vergib ihm.

Hütet euch: Dass ihr auch den Allergeringsten nicht ärgert. Denn obwohl es aus den zuvor genannten Gründen notwendigerweise Ärgernisse geben muss, so sind doch darum diejenigen vor Gott nicht entschuldigt, welche ihren Nächsten ärgern. Und wäre es einem solchen Menschen nützlicher, wenn er ersäuft würde, als dass er anderen Ärgernis gibt. Denn so käme er um des zeitlichen Lebens. Aber auf diese Weise kommt er um seinen Teil des Himmelreiches und bringt seinen Nächsten, den er ärgert, auch um. Darum sollen wir es nicht für ein geringes Ding achten, den Nächsten zu ärgern. Aber es gibt viele, die hüten sich nicht davor, dass sie die Kinder nicht ärgern möchten, da doch die Kinder ganz leicht anderer Leute Reden und Tun wahrnehmen, und dadurch zur Nachfolge wie ein weiches Wachs gezogen werden. Das Ärgernis aber ist entweder eine Rede oder Tat, dadurch unser Nächster geärgert oder von der reinen Lehre abwendig gemacht wird. Weil aber niemand auf Erden ist, der nicht häufig ein Ärgernis gibt, so sollen wir Gott bitten, dass er auf solche Sünde um Christi willen uns verzeihen möchte. Aber des pharisäischen Ärgernisses darf man sich nicht annehmen, wenn nämlich etliche daran sich ärgern, dass wir unserem Amt treu nachfolgen.

So: Jetzt ermahnt Christus, dass wir unseren Nächsten willig verzeihen sollen.

Strafe ihn: Ermahne ihn, auf dass er verstehe, wie er übel gehandelt hat. Denn dass man den, der Unrecht getan hat, mit gebührendem Maß schimpft, ist der christlichen Liebe nicht zuwider, dass es vielmehr ein vornehmes Stück der christlichen Liebe ist.

4. Und wenn er siebenmal des Tages an Dir sündigen würde und siebenmal des Tages wiederkäme zu Dir und spräche: Es reut mich, so sollst Du ihm vergeben.

Sieben: Die Zahl sieben bedeutet hier eine große Menge. Denn Gott will, dass wir so oft verzeihen, als auch der Sünder mit Ernst um Verzeihung bittet {Mt 18}, da Petrus Christus fragt: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder, der an mir gesündigt, vergeben? Ist es genug siebenmal? Und an einem anderen Ort spricht Christus: So ihr den Menschen ihre Fehler vergebt, so wird euer himmlischer Vater auch vergeben. Wo ihr aber den Menschen die Fehler nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Fehler auch nicht vergeben {Mt 6}. Es sollen auch die Kirchendiener unbeschwert sein, die Sünder zu absolvieren, welche bekennen, dass sie gesündigt haben, deshalb Verzeihung begehren, und ihnen gebieten, dass sie ihr Leben bessern sollen. Denn es ist eine große Freude im Himmel über einen Sünder, der Buße tut, als über 99 Gerechte, die der Buße nicht bedürfen {Lk 15}.

5. Und die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben.

Stärke: Wie die Apostel um Stärkung ihres Glaubens bei Christus gebeten haben, sagt der Evangelist, wir sollen Gott auch bitten, dass er unseren Glauben stärken und vermehren möchte. Wir sollen aber auch die Mittel zur Stärkung unseres Glaubens gebrauchen, nämlich, dass wir das Evangelium hören und zum Abendmahl gehen.

6. Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben habt als ein Senfkorn und sagt zu diesem Maulbeerbaum: Reiß Dich aus und versetze Dich ins Meer, so wird er euch gehorsam sein.

Sprach: Dass er die Bitte von den Aposteln zum Anlass nimmt, und lehrt, was für ein kräftiges Ding es um den Glauben sei.

Gehorsam sein: Das ist vom Glauben der Wunderwerke zu verstehen. Denn Christus hatte den Aposteln {Mt 10} Macht gegeben, Wunderzeichen zu tun. Darum lehrt er an diesem Ort, wenn sie Glauben haben werden, dass sie nach der Gestalt ihres Berufes ausrichten können, was sie wollen. Unser Beruf aber bringt es nicht mit sich, dass ihr Wunderzeichen tun sollt. Darum sollen wir uns dessen nicht anmaßen, was nicht unser Beruf ist. Wenn wir aber Glauben haben wie ein Senfkorn, und glauben, dass uns die Sünden um Christi willen vergeben werden, dass auch Gott für uns sorgt, und uns zum ewigen Leben erhalten werde, so ist es gewiss, dass wir dieses alles durch den Glauben bekommen. Denn auch der schwache Glaube ist ein rechtschaffener Glaube.

7. Welcher ist unter euch, der einen Knecht hat, der ihm pflügt oder das Vieh weidet, wenn er heimkommt vom Felde, das er ihm sage: Gehe bald hin und setze Dich zu Tische?

Welcher: Das folgende Gleichnis lehrt, dass man von Not wegen guter Werke tun müsse, aber dennoch darauf vor Gottes Gericht sich nicht verlassen dürfe. Denn Gott sei niemandem etwas schuldig.

8. Ist es nicht so, dass er zu ihm sagt: Richte zu, dass ich zu Abend esse; schürze Dich und diene mir, bis ich esse und trinke; danach sollst Du auch essen und trinken?

Schürze Dich: Auf dass Du darum geschickter bist, auf mich zu warten.

Auch essen: Denn es hält niemand seinen Knecht so zärtlich, dass er ihm nach seiner verrichteten Arbeit begehre, auf den Dienst zu warten. Sondern der Knecht es vielmehr verpflichtet, dem Herrn so lange zu dienen, solange dieser seinen Dienst gebrauchen will.

9. Dankt er auch demselben Knechte, dass er getan hat, was ihm befohlen war? Ich meine es nicht.

Es nicht: Denn solches war der Knecht seinem Herrn zu leisten schuldig, und noch mehr dazu.

10. Also auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprechet: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.

Getan habt: Es sagt aber Christus nicht, dass irgendeiner sei, der alles tue, was er zu tun schuldig ist, sondern lehrt, wenn wir gleich alles täten, so wären wir dennoch unnütze Knechte, denen Gott nichts schuldig wäre. Denn wir sind ihm zeit unseres Lebens den Gehorsam schuldig, als eine Kreatur ihrem Schöpfer. Wenn aber Gott unseren Gehorsam, so er aus Glauben kommt, mit zeitlichen und ewigen Gütern belohnt, geschieht solches nicht aus Pflicht, sondern aus lauter Gnade und Güte Gottes. Darum irren die Heuchler sehr, welche, wenn sie etliche äußerliche Werke tun, bald meinen, der Himmel gebühre ihnen von Rechts wegen. Welche aber sich noch dazu rühmen, sie tun für andere Leute gute Werke, die sie denen verkaufen oder schenken können, welche dieser bedürftig sind, die sind ganz verblendet und verstehen das Gesetz Gottes nicht, was es für eine Vollkommenheit von uns fordert. So erkennen sie auch weder sich selbst noch ihre Unreinigkeit vor Gott.

Nach Luther: Hier redet Christo auf das Einfältigste von äußerlichen Werken auf Menschen Weise, denn sonst kann vor Gott niemand tun, so viel er schuldig ist, der ihm an den Werken nicht begnügen lässt.

11. Und es begab sich, da er reiste gen Jerusalem, zog er mitten durch Samarien und Galiläa

Und: Jetzt folgt ein herrliches Wunderwerk, welches Jesus an zehn Aussätzigen getan hat, indem er sie gesund machte.

12. Und als er in einen Markt kam, begegneten ihm zehn aussätzige Männer, die standen von ferne

Aussätzige: Es ist aber der Aussatz eine Strafe der Sünden {5Mos 7v8} und wird besonders durch Unzucht verursacht. So hatten diese zehn von Christo ein gutes Lob gehört, dass er niemand seine Hilfe versagte, darum haben sie sich auch vorgenommen, dass sie auch bei ihm um Hilfe bitten wollten.

Da: Sie sich nicht unter andere gesunde Leute aufhalten durften.

13. und erhoben ihre Stimme und sprachen: Jesu, lieber Meister, erbarme Dich unser!

Meister: Welchen uns Gott zum Lehrer und Propheten in diese Welt gesandt hat.

Erbarme: Und reinige uns von unserem Aussatz. Denn wir sollen in allen unseren Trübsalen zum gottseligen Gebet fliehen, so werden wir zu seiner Zeit Erleichterung empfinden.

14. Und da er sie sah, sprach er zu ihnen: Geht hin und zeigt euch den Priestern. Und es geschah, da sie hingingen, wurden sie rein.

Priestern: Dass sie von euch urteilen, wie ihr vom Aussatz gereinigt seid, denn ich will den Aussatz von euch nehmen. Es stand aber damals den Priestern des Amtes wegen zu, die Aussätzigen zu besichtigen und von dem Aussatz zu urteilen, wie im 3. Buch Mose 13 zu sehen ist. Und welche von den Priestern für aussätzig erkannt wurden, schloss man von anderer Leute Gemeinschaft aus. Denn welche mit schweren und erblichen Krankheiten behaftet sind, die soll man von anderen Leuten absondern, dass sie nicht noch mehr anstecken. Trotzdem soll man sie nicht hilflos und trostlos lassen, sondern es so richten, dass sie ihre notwendige Unterhaltung haben. Die päpstlichen Schreiber geben sich hier närrisch, dass sie aus diesem und der gleichen Orte der Heiligen Schrift die Ohrenbeichte erzwingen wollen. Denn die Aussätzigen sind nicht in der Meinung zu den Priestern geschickt worden, dass sie dort ihre Sünden erzählen müssen, sondern dass sie der Priester Urteil unterworfen sind, ob sie noch aussätzig wären oder nicht. Und wäre es heutigentags ein lächerlicher Handel, wenn ein Aussätziger, der zum Arzt geschickt würde, ihm anfinge, seine Sünden zu beichten. Denn es gilt nicht daraus zu schließen, von dem leiblichen Aussatz zum geistlichen, da die Schrift auf kein Beispiel oder Gleichnis hinweist, und keine Erzählung aller Sünden befiehlt.

Hingingen: Denn sie haben Christo geglaubt, der ihnen die Gesundheit versprochen hatte, obwohl diese noch nicht empfunden hatten, und sind ihm gehorsam gewesen, dass sie auf die Schau gezogen sind, ehe sie es gespürt haben, dass sie die Gesundheit erlangt hätten. Wir sollen auch den Verheißungen Gottes glauben, und seinem Befehl gehorsam folgen, so wird der Ausgang endlich bezeugen, dass wir recht geglaubt und gefolgt haben.

15. Einer aber unter ihnen, da er sah, dass er gesund worden war, kehrte er um und pries Gott mit lauter Stimme

16. und fiel auf sein Angesicht zu seinen Füßen und dankte ihm. Und das war ein Samariter.

Samariter: Und kein Jude. Es hatten aber die Samariter eine gemischte Religion, aus der heidnischen und israelitischen zusammengeschmolzen. Darum sie vor den Augen der Juden ein Gräuel waren. Dieser Samariter hier aber hat sich zu Christo bekehrt.

17. Jesus aber antwortete und sprach: Sind ihrer nicht zehn rein worden? Wo sind aber die neun?

18. Hat sich sonst keiner gefunden, der wieder umkehrte und, gäbe Gott die Ehre, denn dieser Fremdling?

Keiner gefunden: Sind die neun Juden so ganz undankbar, welche ich eben sowohl als Dich geheilt habe, dass sie nicht wiederkommen, und Gott loben, und mir darum danken? Ist nur einer darunter, welcher dazu in einer fremden Religion erzogen wurde, der gegen Gott dankbar sich erzeige? Denn der wenigste Teil der Leute ist Gott für seine göttlichen Guttaten dankbar. Und wenn ihrer viel aus beschwerlichen Krankheiten kommen, so werden sie ärger, als sie zuvor gewesen sind, nach dem Sprichwort: Da der Kranke gesund wurde, wurde er ärger, denn zuvor. Aber Christus sagt zu einem, den er gesund gemacht hatte: Siehe Du bist gesund geworden, sündige künftig nicht mehr, auf dass Dir nichts Ärgeres widerfahre {Joh 5}. Und geht es oft so, dass die am wenigsten dankbar sind, zu denen man am meisten Hoffnung hatte, die aber, denen man es am wenigsten zugetraut hat, die Besten sind.

19. Und er sprach zu ihm: Stehe auf, gehe hin! Dein Glaube hat Dir geholfen.

Geholfen: Du bist durch den Glauben an Leib und Seele gesund geworden denn durch den Glauben erlangen wir die göttlichen Guttaten, welche uns aus Gnaden um Christi willen widerfahren.

20. Da er aber gefragt ward von den Pharisäern: Wann kommt das Reich Gottes? Antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden.

Wann kommt: Denn die Pharisäer meinten, (wie auch die Apostel selbst), dass des Messias Reich ein zeitliches Reich sei, dadurch sie von der Römer Herrschaft befreit werden und auf dieser Welt ein glückseliges Leben führen könnten. Darum begehrten sie von Christus zu hören, wann denn solch ein seliges Reich seinen Anfang nehmen würde. Denn unser verdorbenes Fleisch begehrt, einen solchen Christus zu haben, der uns in dieser Welt reich macht und lauter Glück beschert.

Äußerlichen: (Nach Luther) Das heißt: Gottes Reich steht nicht in Werken, die an Stätte, Speise, Kleider, Zeit, Personen gebunden sind, sondern im Glauben und in der Liebe.

Gebärden: Der Messias wird nicht ein solches äußerliches Reich in dieser Welt anfangen, dass man an einem Ort seinen königlichen Palast, am andern seine Kanzlei zeigen könnte, wie es bei den weltlichen Königreichen geschieht; sondern es ist ein geistliches Reich, welches besteht in der Predigt des Evangeliums und Austeilung der Sakramente ohne weltliche Pracht. Darum ist das Reich des Messias jetzt bereits bei uns oder unter euch, obwohl ihr es nicht wahrnehmt. Denn wie viel dem Evangelium glauben, die werden mit meinem Wort und Geist regiert, dass sie mir, dem König und Messias gehorchen, und mit mir danach in Ewigkeit regieren, und immer glückselig sein werden. Welche darum unter dem Schein und der Vorweisung des Reiches Messias ein äußerliches weltliches Reich anfangen wollen, die schwärmen, wie die Wiedertäufer zu Münster, die an Leib und Seele verdorben waren.

21. Man wird nicht sagen: Siehe hier oder da ist es! Denn seht, das Reich Gottes ist inwendig in euch.

22. Er sprach aber zu den Jüngern: Es wird die Zeit kommen, dass ihr werdet begehren zu sehen einen Tag des Menschensohns, und werdet ihn nicht sehen,

Jüngern: Doch also, dass die anderen, so sie umherstanden, es auch hörten, um welcher willen die folgende Rede Christi angesehen war. Denn weil er wusste, dass er von den Pharisäern und ihresgleichen beachtet und nicht für den Messias gehalten wurde, so schimpft er auf solche Bosheit.

Nicht sehen: Das will so viel sagen: Ich werde jetzt von den Pharisäern und ihrem Anhang verachtet, ja auch oft geschmäht und verlästert. Aber es wird die Zeit kommen, wenn die Juden mit großem Unglück überfallen werden, in der Belagerung und Zerstörung der Stadt Jerusalem, dass sie mich zu ihrem Erlöser und Nothelfer wünschen und begehren werden; es wird ihnen aber nicht geholfen. Denn welche Christus mit seiner Gnade verachtet haben, die empfinden endlich seinen Zorn. Und um diese Zeit werden die falschen Lehrer viele verführen, weil sie mich, als einen Lehrer und Propheten von Gott gesandt, jetzt nicht hören wollen.

23. Und sie werden zu euch sagen: Siehe hier, siehe da! Geht nicht hin und folgt auch nicht!

Nicht hin: Denn sie werden euch sonst verführen. Es ist aber gewiss, dass um die Zeit der Zerstörung Jerusalems etliche falsche Propheten gewesen sind, welche die Ehre des Messias sich selbst falsch zugeeignet haben, wie denn an solche Betrüger auch in der Apostelgeschichte bedacht wird (Kapitel 5). Solche hat Christus gesagt, dass man sie meiden soll. Darum sind etliche Zwinglianer ganz unverschämt, welche diese Worte Christi wider die wahre tatsächliche Gegenwart des Leibes und Blutes Christi im Heiligen Abendmahl dehnen. Wir aber werden mit diesen Worten Christi erinnert, wie aus dem gerechten Urteil Gottes geschehen, dass die, welche fromme und reine Lehrer nicht hören wollen, damit sie selig würden, später den Verführern folgen und ins Verderben fallen {2Thes 2}.

Auch nicht: Denn, die sich für den Messias ausgeben werden. Denn wenn ich einmal im Himmel bin und aufgenommen worden, so werde ich nicht mehr sichtbar unter die Leute gehen, wie ich es bisher getan habe.

24. Denn wie der Blitz oben vom Himmel blitzt und leuchtet über alles, was unter dem Himmel ist, also wird des Menschen Sohn an seinem Tage sein.

Seinem Tage: Wenn ich (als des Menschen Sohn) werde sichtbar wiederkommen, zu richten die Lebenden und die Toten, auf dass ich meine Auserwählten zu mir nehme in mein ewiges Reich, so werde ich mich nicht nur in einem Winkel des jüdischen Landes mich sehen lassen, dass ich ein zeitliches Reich anfange; sondern wie der Blitz auf einmal und zugleich Himmel und Erde erleuchtet, also wenn ich mich vor der ganzen Welt auf einmal sehen lasse in unaussprechlicher Majestät und Herrlichkeit.

25. Zuvor aber muss er viel leiden und verworfen werden von diesem Geschlechte.

Viel leiden: Ehe denn ich nämlich in solcher meiner Majestät erscheine, so ist es nötig, dass ich für die Seligkeit des menschlichen Geschlechtes leide, und von dem Gottlosen und undankbaren jüdischen Volk verworfen werde, als ob ich nicht der Messias wäre. Gleichwie aber das Leiden Christi vor seiner Herrlichkeit ist hergegangen, so gehen vor unserer ewigen Seligkeit allerlei Angst und Trübsale vorher, welche endlich in ewige Freude verändert werden.

26. Und wie es geschah zu den Zeiten Noahs, so wird‘s auch geschehen in den Tagen des Menschensohns:

Und: Weil Christus von seiner herrlichen Zukunft etwas zu sagen angefangen hat, so lehrt er auch zugleich, was für eine große Sicherheit der gottlosen Leute würde am Jüngsten Tage sein. Und mengt etwas von der Zerstörung Jerusalems mit unter, weil diese Zeit einander gar gleich sein wird, welche vor der Stadt Jerusalem Zerstörung, und so auch die, so kurz vor dem Jüngsten Tage geschehen wird. Und ist ihm gleich, als hätte Christus mit Fleiß beiderlei Zeit durcheinandergeworfen, damit man nicht alles so bald verstünde, bis etwas davon erfüllt werde. Denn das Verständnis der Weissagung hat seine Zeit.

27. sie aßen, sie tranken, sie freiten, sie ließen sich freien bis auf den Tag, da Noah in die Arche ging, und kam die Sintflut und brachte sie alle um.

28. Desgleichen, wie es geschah zu den Zeiten Lots: Sie aßen, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten, sie bauten.

29. An dem Tage aber, da Lot aus Sodom ging, da regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte sie alle um.

Alle um: Das heißt: Gleichwie die gottlose Welt weder Noah noch des Lots Bußpredigten beachtet hat, da sie alle beide das Volk begehrten zur Buße zu rufen. Das Volk aber alle Drohungen verachtete und in seiner Sicherheit fortfuhr, als ob niemals eine Strafe folgen würde, bis die schreckliche Strafe der Sünden sie plötzlich überfallen hat, so wird es auch am Jüngsten Tage, da die ganze Welt verbrennen soll, eine große Verachtung des göttlichen Wortes sein, und wird die fleischliche Sicherheit überhandnehmen, dass die gottlosen Leute nicht glauben werden, dass der Jüngste Tag vorhanden ist, bis er unversehens sie überfallen wird. Es will aber Christus hier den Ehestand oder die bürgerlichen Geschäfte, wie auch die weltlichen nicht verboten haben, sondern die fleischliche Sicherheit verwirft er, da die Leute meinen und sich selber überreden, es werden ihnen ihre Sünden immer ungestraft hingehen, darum sie so sicher dahin leben, als ob gar kein Gott wäre. Da solche fleischliche Sicherheit vor dem Jüngsten Tage hergehen werde, meldet auch der Apostel Paulus, da er spricht: Wenn sie werden sagen, es ist Friede, es hat keine Gefahr, so wird sie das Verderben schnell überfallen, gleichwie der Schmerz einer schwangeren Frau, und werden nicht entgehen {1Thes 5}. Darum sollen wir mit wahrem Glauben und Gottseligkeit immer bereit sein auf den Tag des Herrn.

30. Auf diese Weise wird es auch gehen an dem Tage; wenn des Menschen Sohn soll offenbart werden.

31. An demselben Tage, wer auf dem Dache ist und sein Hausrat in dem Hause, der steige nicht hernieder, dasselbe zu holen. Desgleichen, wer auf dem Felde ist, der wende nicht um nach dem, das hinter ihm ist.

An: Weil Christus von der Zerstörung Jerusalems etwas gesagt hatte, so erinnert er jetzt mit kurzen Worten, dass, wer im jüdischen Lande ist, sich beizeiten durch die Flucht davonmache, sobald er spürt, dass Jerusalem belagert wird.

Dache: Denn im jüdischen Lande waren die Dächer eben, sodass man darauf gehen konnte.

Zu holen: Das heißt: Er warte nicht lange in seinem Hause, dass er dieses zuvor fleißig durchsuchen, den besten Hausrat zusammen einpackt, und mit sich nehmen wollte.

Hinter ihm: Dass er von seinem Hausrat oder von seiner Kleidung etwas mit sich nehme: Denn das Unglück wird so plötzlich hereinbrechen, dass, wer sich mit solchen Geschäften zu verrichten, wird lassen hindern, der wird in großes Unglück geraten, daraus er sich nicht wiederum befreien kann.

32. Gedenkt an des Lots Weib!

Lots Weib: Wie sie in eine Salzsäule verwandelt wurde, da sie sich nach der Stadt Sodom Untergang umgesehen hat. Denn sie mit ihrem Mann und ihren Töchtern sich sollte schnell von der Stadt entfernen {1Mos 19}. Wenn darum Gott eine große Gefahr zeigt, und Andeutung gibt, wie wir dieser entfliehen möchten, so sollen uns unsere Güter nicht lieber sein als unser Leben. Denn wem das Leben erhalten werden soll, den wird Gott auch mit Nahrung und Kleidung versehen.

33. Wer da sucht seine Seele zu erhalten, der wird sie verlieren; und wer sie verlieren wird, der wird ihr zum Leben helfen.

Wer: Christus wendet sich wiederum zu dem, was er von seiner letzten Zukunft gesagt hat. Und weil in den letzten Zeiten man viel Verfolgungen der Kirchen gegenwärtig sein muss, so ermahnt uns Christus, dass wir uns um der Gefahr willen von dem Bekenntnis des Evangeliums nicht abwendig machen sollen. Und will so viel sagen: Wer durch Verleugnung des Evangeliums sein zeitliches Leben wird begehren zu erhalten, der wird das ewige Leben darüber verscherzen und des ewigen Todes sterben. Wer aber sein Leben viel eher wird lassen wollen, als das Evangelium Christi zu verleugnen, der wird anstatt des zeitlichen Lebens das ewige empfangen. Darum ist das Bekenntnis des Evangeliums hoch nötig.

34. Ich sage euch: In derselben Nacht werden zwei auf einem Bette liegen; einer wird angenommen, der andere wird verlassen werden.

Ich: Jetzt zeigt Christus an, was für eine große und schnelle Veränderung und Absonderung der Frommen von den Bösen es am Jüngsten Tage geben werde.

Nacht: Denn des Herrn Tag wird kommen als ein Dieb in der Nacht {2Petr 2}.

Angenommen: Nämlich, zum ewigen Leben. Darum sollen wir im Glauben und in der wahren Gottseligkeit beharren, dass wir auch zu der ewigen Seligkeit angenommen und nicht verlassen werden.

35. Zwei werden mahlen miteinander; eine wird angenommen, die andere wird verlassen werden.

Mahlen: Denn damals wurden die Frauen, so sie leibeigen waren, zu solcher Arbeit angehalten.

36. Zwei werden auf dem Felde sein; einer wird angenommen, der andere wird verlassen werden.

37. Und sie antworteten und sprachen zu ihm: Herr, wo da? Er aber sprach zu ihnen: Wo das Aas ist, da sammeln sich die Adler.

Wo da?: Wenn es denn so zugehen wird, dass die Menschen also werden voneinander scheiden und abgesondert, wo wollen wir uns denn zusammenfinden? Wird uns nicht die Gefahr darauf stehen, dass wir auch von Dir, und Du von uns geschieden wirst?

Adler: Wie die Adler zum Aas fliegen und dabei sich finden lassen. Also wollen wir einander auch bald gefunden sein, denn Christus ist bei seiner Kirche alle Tage bis an der Welt Ende {Mt 28}, obwohl er mit leiblichen Augen nicht gesehen wird. Aber am Jüngsten Tage wird er sich sehen lassen, und mit großer Majestät kommen, und uns zu sich nehmen, auf dass wir bei ihm sind {Joh 14}.


Das 18. Kapitel

  • Man soll mit dem Gebet stets anhalten. Darauf folgt das Gleichnis von dem Pharisäer und Zöllner, so sie beten. Christus legt seine Hände auf die Kinder und segnet sie. Antwortet danach einem stolzen Pharisäer auf seine Frage, wie man das ewige Leben erlangen soll. Die Reichen kommen schwer ins Reich Gottes. Was die für Belohnungen zu erwarten haben, welche alles Verlassen und Christo folgen. Christus verkündigt seinen Tod voraus und macht einen Blinden sehend.

1. Er sagte ihnen aber ein Gleichnis davon, dass man immer beten und nicht lass werden sollte,

Er: In diesem Kapitel sind mancherlei Predigten Christi inbegriffen. Zuerst aber ermahnt er uns, dass wir mit dem Gebet bei Gott anhalten sollen, und lehrt, was das Gebet für eine große Kraft habe.

Nicht lass: Dass man an der Erhörung nicht zweifeln oder vom Gebet ablassen soll, wenn wir auch denken, wir werden nicht erhört.

2. und sprach: Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen.

Keinem Menschen: Er fürchte sich vor niemand, sondern verwaltete das Regiment seines Gefallens und fragt weder nach Recht noch Billigkeit. Wenn aber Gott eines Volkes Sünden strafen will, so gibt er ihm eine solche Obrigkeit, die Gott nicht fürchtet und auch die Redlichkeit und Ehrlichkeit nicht achtet.

3. Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam zu ihm und sprach: Rette mich von meinem Widersacher!

Zu ihm: Zu dem Richter, weil sie von ihrem Gegner bedrängt wurde und zu Unrecht Gewalt litt, denn die Witwen müssen viel Bedrängnis leiden.

Rette: Schaffe mir Recht, und schütze mich vor meinem Widersacher, der nicht richtig mit mir umgeht. Denn es ist einem frommen Menschen nicht verboten, seine Obrigkeit um Hilfe anzurufen. Also hat Paulus an den römischen Kaiser appelliert {Apg 25}.

4. Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er bei sich selbst: Ob ich mich schon vor Gott nicht fürchte, noch vor keinem Menschen scheue,

Lange nicht: Ihr helfen. Denn etliche Obrigkeiten achten der Witwen und Waisen nicht viel. Darum ihnen Gott zu oft in der Schrift diese Worte vorpredigen lässt. Trachtet nach Recht, helft den Bedrückten, schafft den Waisen recht und helft mit der Witwen Sachen {Jes 1}.

Danach: Da die Witwe nicht nachlassen wollte, ihn um Hilfe anzurufen.

Scheue: Obwohl nur wenig Leute solche hohen Gedanken, die sie im Herzen haben, mit dem Munde öffentlich bekennen, so sieht sie doch der Heilige Geist in ihnen und bringt sie zu seiner Zeit an den Tag.

5. dieweil aber mir diese Witwe so viel Mühe macht, will ich sie retten, auf dass sie nicht zuletzt komme, und übertäube mich.

Übertäube: Sie wird mir sonst endlich den Kopf toll machen, wo ich ihr nicht helfe, darum muss ich sehen, dass ich sie loswerde, und sie mich nicht weiter bedrängt.

Nach Luther: Dass sie mich nicht plagt und martert, wie man sagt von den Geilern, wie plagt mich der Mensch so sehr.

6. Da sprach der Herr: Hört her, was der ungerechte Richter sagt!

Sagt: Wie er, nämlich bekennt, dass er durch das ungestüme Schreien und unaufhörliche Laufen der Frau gedrungen werde, dass er ihr helfen müsse.

7. Sollte aber Gott nicht auch retten seine Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht rufen, und sollte Geduld darüber haben?

Geduld: Das heißt: Meint ihr, Gott könne es mit Geduld ertragen, dass seine Auserwählten geplagt, und mit Gewalt unterdrückt werden?

8. Ich sage euch: Er wird sie erretten in einer Kürze. Doch wenn des Menschen Sohn kommen wird, meinst Du, dass er auch werde Glauben finden auf Erden?

Kürze: Dass er das Unrecht rächen wird. Denn weil der ungerechte Richter durch langes Anhalten endlich gedrungen wird, dass er die Gerechtigkeit ausüben muss. Wie viel mehr wird Gott, der gerechteste Richter, mit unaufhörlichem Gebet aufgemuntert werden, dass er die Seinen errette? Darum, ob es sich gleich häufig ansehen lässt, als achtet Gott unserer Gebete nicht, so sollen wir doch damit anhalten und nicht aufhören, bis unsere Bitten erhört worden sind. Denn was für uns eine lange Zeit ist, das ist bei Gott ganz kurz.

Glauben finden: Das heißt: Kurz vor dem Jüngsten Tage wird der Eifer in der Religion so ganz erkalten, und die Leute werden in den Wolllüsten und Sorgen dieser Welt sich so vertiefen, dass viele von der rechten Religion durch Verfolgungen abgeschreckt oder von den Ketzern verführt werden, dass Christus, wenn er kommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten, unter den Lebenden aber wenig Leute finden wird, die wahrhaftig an ihn glauben. Solchem Unglauben bereiten heutigentags die Zwinglianer den Weg.

9. Er sagte aber zu etlichen, die sich selbst vermaßen, dass sie fromm wären, und verachteten die andern ein solch Gleichnis:

Gleichnis: Damit hat er die innerliche Hoffart der Pharisäer verworfen, welche Gott, so sie durch den Wahn eigener Gerechtigkeit aufgeblasen ist, und andere, als Sünder und lasterhafte Menschen, mit großem Übermut verachtet.

10. Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, zu beten, einer ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.

Zöllner: Hier stellt uns Christus zwei ungleiche Personen vor. Denn die Pharisäer wurden für heilige Leute gehalten und dafür angesehen, dass sie nicht nur die Gebote Gottes vollkommen erfüllten, sondern auch viele gute Werke täten, die sie selbst nicht schuldig wären. Die Zöllner aber wurden für gottlose, geizige, ungerechte und lasterhafte Leute geschätzt. Und ist eben dieser Vergleich gewesen, als wenn man heutigentags einen Mönch mit einem räuberischen Menschen vergleicht. Welche aber andächtig beten wollten, die kamen in den Tempel zu Jerusalem, sofern sie dahin kommen konnten. Denn Salomon hatte Gott den Herrn darum angerufen, dass er das Gebet seines Volkes im Tempel zu Jerusalem erhören wollte, welches ihm auch Gott der Herr versprochen hat {1Sam 8 9}. Der Tempel aber deutete auf Christus, in welchem die ganze Fülle der Gottheit wohnte {Kol 2}. Darum kommen wir im Tempel zusammen, welche Christus, Gott und Menschen, mit Glauben anschauen, zu ihm treten, und den Vater in seinem Namen anrufen, und solche werden gewiss erhört. Es tun aber auch die recht, welche in unseren Kirchen zusammenkommen, nicht nur, dass sie Gottes Wort hören, sondern auch dass sie zugleich mit der ganzen versammelten Kirche beten. Denn wo zwei unter euch (spricht Christus) eins auf Erden werden, worum es ist, das sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem himmlischen Vater. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen {Mt 18}.

11. Der Pharisäer stand und betete bei ich selbst also: Ich danke Dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute: Räuber, Ungerechte, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner.

Ungerechte: Die ihren Nächsten entweder mit List hintergehen oder aber mit Gewalt unterdrücken.

12. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich habe.

Zehnten: Das der Gottesdienst davon erhalte und die Armen ernährt werden. Es wird aber an diesem Pharisäer nicht getadelt oder unrecht genannt, dass er einen ehrbaren und gerechten bürgerlichen Wandel geführt hat, sondern dass er seine Reinigkeit und Unschuld vor Gott rühmt, deren er doch keines vor den Augen Gottes hat, und dass er zu der Gnade und Barmherzigkeit Gottes keine Zuflucht hat, dass er auch seinen Nächsten nicht liebt, sondern mit großem Übermut verachtet und ihm übel nachredet. Darum war dieser Pharisäer vor Gott ein Gräuel, wie auch alle die, welche ihre Heiligkeit vor Gott rühmen, und nicht mit Ernst erkennen wollen, dass sie Sünder sind, darum sie auch der Gnade Gottes um Christi willen nicht begehren. Wenn denn dieser Pharisäer mit seiner bürgerlichen Ehrbarkeit von Gott verworfen wird, wie viel mehr werden die unbußfertigen und Gottlosen Sünder von dem Angesicht Gottes verstoßen werden. Welche Räuber, Ungerechte oder Ehebrecher sind, und nicht nur in der Woche, sondern wohl alle Tage zweimal sich vollsaufen, geben auch nicht einen Heller zur Erhaltung des Predigtamtes oder den Armen zu helfen, verspielen ihre Gaben, leben aber wie Buben in Üppigkeit und denken an keine Buße.

13. Und der Zöllner stand von ferne, wollte auch seine Augen nicht aufheben gen Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig.

Aufheben: Weil er sich selber vieler und großer Sünden schuldig wusste vor Gott.

Brust: Vor großem Kummer, und war über sich selber zornig, dass er bisher gegen Gott so gottlos gewesen und mit seinem Nächsten so übel umgegangen ist.

Gnädig: Denn ich bekenne, dass ich bisher ein gottloser Mensch gewesen bin, und eine ewige Strafe und Pein verdient habe, aber ich stehe zu Dir, oh mein gnädiger Gott, und zu Deiner unendlichen Barmherzigkeit und bitte, dass Du mir meine Sünden verzeihst. Dieser Zöllner rühmt keine Verdienste, sondern bekennt nur seine Sünde. Wenn wir aber unsere Sünde bekennen, so ist Gott getreu und gerecht, dass er uns unsere Sünde verzeiht, und reinigt uns von aller Untugend {1Joh 1}.

14. Ich sage euch: Dieser ging hinab gerechtfertigt in sein Haus vor jenem. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.

Gerechtfertigt: Der Zöllner hat Vergebung der Sünden bekommen und ist durch den Glauben gerechtfertigt worden. Aber der Pharisäer ist mit seiner bürgerlichen Gerechtigkeit und seinem eitlen Ruhm verdammt worden. Denn wir werden aus Gnaden gerecht durch den Glauben, nicht aus den Werken {Röm 3 4 Eph 2}.

Vor jenem: (Nach Luther) Das heißt: Jener ist nicht gerecht, sondern verdammt heimgegangen, welche Art zu reden bei den Hebräern gebräuchlich war, und sind dergleichen Beispiele zu finden im Psalm 118, 8. Es ist gut auf den Herrn vertrauen. Also auch Matthäus 21,31. Huren und Buben werden vor euch in den Himmel kommen, vor euch, das heißt, ihr nicht.

Erhöht: Dies Sprichwort wird auf Christi Meinung so ausgelegt: Die Heuchler, welche aus dem Wahn eigener Gerechtigkeit vor Gott prangen, sind vor den Augen Gottes ein Groll und werden verstoßen. Denn weil unsere ganze Gerechtigkeit, da sie Gott nach seinem strengen Gericht schätzen wollte, wie ein unreines Kleid ist {Jes 64}, so kann man gut erkennen, wie sehr der übermäßige Ruhm einer solchen Gerechtigkeit Gott zuwider ist. Aber die Sünder, welche sich vor Gott wahrhaftig demütigen, ihre Sünde bekennen und um Vergebung bitten, werden von Gott zu Gnaden aufgenommen und in den Himmel versetzt. Nach dem Spruch im 32. Psalm: Ich sprach. Ich will dem Herrn meine Übertretung bekennen, da vergabst Du mir die Missetat meiner Sünde.

15. Sie brachten auch junge Kindlein zu ihm, dass er sie sollte anrühren. Da es aber die Jünger sahen, bedrohten sie die.

Anrühren: Dass er die Hände auf sie legte, und sie segnete, wie auch Matthäus im 19. und Markus im 10. Kapitel erzählen. Denn es zweifelten die frommen Leute nicht, es könnte Jesus mit seinem Segen und Gebet solchen Kindern mitteilen, dass sie vom Heiligen Geist regiert werden, und einmal in ihrem Beruf desto glückseliger wären. Wir bringen auch unsere Kinder zu Christo, wenn wir sie, da sie noch im Mutterleibe sind, mit einem gottseligen Gebet zu Christus, und später in der Taufe ihm vortragen, dass wir sie auch ferner in der Gottseligkeit treu erziehen. Solche Kinder bekommen den göttlichen Segen.

Sie die: So sie die Kinder brachten. Denn sie hielten es dafür, dass es wäre der Majestät Christi zu gering, dass er mit Kindern umgehen sollte. Gerade, als ob Christus nicht ebenso wohl für Kinder sorgt als für die Alten? Und schwärmen die Wiedertäufer, welche meinen, dass die Kinder keine Sünde haben, und deswegen der Taufe nicht bedürfen, da doch Christus spricht: Es sei denn, dass jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, anders kann er nicht in das Reich Gottes kommen {Joh 3}.

16. Aber Jesus rief sie zu sich und sprach: Lasst die Kindlein zu mir kommen und wehrt ihnen nicht; denn solcher ist das Reich Gottes.

Reich Gottes: Die Kinder sind nicht der kleinste Teil der christlichen Kirche, und sie sind Christus angenehm und lieb.

17. Wahrlich, ich sage euch, wer nicht das Reich Gottes nimmt als ein Kind, der wird nicht hineinkommen.

Als ein Kind: Denn die Kinder sind einfältig und glauben bald, und stellen ihre Seligkeit Gott an, sind auch weder geldgierig noch ehrgeizig oder der Unzucht ergeben, denken viel weniger an Feindschaft oder Rache. Welche darum mit den Kindern in das Reich Gottes eingehen wollen, die müssen Gott einfältig glauben, sich ihm ganz und gar hingeben und von Sünden enthalten, auch dem Nächsten seine Fehler vergeben.

18. Und es fragte ihn ein Oberster und sprach: Guter Meister, was muss ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe?

Oberster: Der zwar noch jung, aber doch bei den Juden in großem Ansehen war.

Ererbe: Denn ich wollte gerne selig werden und weil ich es so halte, dass Du bist ein Prophet von Gott gesandt, und ein treuer Lehrer und Meister, so bitte ich Dich, Du wollest mich lehren, mit welchen Werken ich das ewige Leben verdienen kann. Die gleiche Geschichte erzählen auch Matthäus im 19. und Markus im 10. Kapitel. Es meint aber die menschliche Vernunft, dass die ewige Seligkeit mit menschlichen Werken verdient werden kann.

19. Jesus aber sprach zu ihm: Was heißest Du mich gut? Niemand ist gut denn der einige Gott.

Sprach: Dass er ihm eine solche Antwort gab, daraus man seine Heuchelei erkennen konnte. Denn er sah wohl, dass dieser reiche Jüngling voller Heuchelei steckte, und sich selber für gerecht und gut hielt, weil er mit keinen äußerlichen Sünden sich besudelt hatte.

Einige Gott: Als wollte er sprechen: Du hältst mich nur für einen einfachen Menschen, und nicht für Gott, und meinst, es sei kein anderer Unterschied zwischen mir und anderen Menschen, denn nur, dass ich mehr Gaben habe, die mir, als einem Propheten, von Gott mitgeteilt sind, und nennst mich dennoch gut, weil ich bisher nichts Böses oder Unrechtes getan habe. Solcher Gestalt hältst Du Dich selber auch für gut, aber Du irrst Dich sehr, indem Du von deiner Person so hältst. Denn alle Menschen, so von Mann und Frau geboren sind, sind böse und mit Sünden befleckt. Darum hast Du Dich selber noch nicht recht erkannt. Das aber diese Antwort Christi nicht dahin gedeutet werden kann, als ob er mit Gott wäre, ist darum offenbar, weil Christus, wenngleich er nur ein einfacher Mensch wäre, dennoch gut wäre, weil er nicht in Sünden empfangen und geboren wurde, wie andere Menschen. Darum nimmt dieser Spruch von seiner ewigen Gottheit nichts, sondern zeigte des Heuchler Blindheit an, welche sich selbst überreden, sie sind fromm, da sie doch im Grunde nicht nützlich sind. So sind auch die gottseligen und wiedergeborenen Menschen nach ihrem alten Adam, den sie im Fleisch herumtragen, noch böse. Daher Paulus spricht: Ich weiß, dass in mir, das ist, in meinem Fleisch nichts Gutes wohnt {Röm 7}.

20. Du weißt die Gebote wohl: Du sollst nicht ehebrechen. Du sollst nicht töten. Du sollst nicht stehlen. Du sollst nicht falsch Zeugnis reden. Du sollst deinen Vater und Deine Mutter ehren.

Gebote wohl: Christus weist den Jüngling zu den Geboten Gottes, auf dass er seine Sünden daraus erkenne, und also, weil keine besseren guten Werke geschehen können, als die, welche Gott geboten hat.

Ehren: Es erzählt aber Christus mit Fleiß nur solche Gebote, die zum äußerlichen und ehrbaren Wandel unter den Leuten gefordert werden, auf dass wir die Heuchelei, so sie in diesem Jüngling steckte, hervorzöge und an den Tag brächte, der bei sich selber dachte, er wäre gerecht und unsträflich.

21. Er aber sprach: Das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf.

Jugend auf: Oh Du großer Heuchler. Gerade, als ob das Gesetz Gottes nur einen äußerlichen ehrbaren Wandel erfordert, und nicht vielmehr die innerliche Reinigkeit des Gemütes, so von allen bösen Begierden befreit ist. Aber die Heuchler meinen, es sei das Gesetz Gottes ganz leicht zu halten, weil sie sich selber überreden, es bestehe die Erfüllung dieses nur in äußerlichen Werken. Darum sehen sie sich nach weiteren Werken um, die Gott nicht geboten hat, gerade als ob sie die Gebote Gottes längst erfüllt hätten, und nun müßig sitzen können, dass sie nichts mehr tun bräuchten.

22. Da Jesus das hörte, sprach er zu ihm: Es fehlt Dir noch eins. Verkaufe alles, was Du hast, und gib es den Armen, so wirst Du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach.

Noch eines: Legt ihm Christus ein besonderes Gebot vor, aus dem zu erkennen ist, wie der reiche Jüngling Gott nicht über alle Dinge liebte.

Nach Luther: Das heißt, es fehlt Dir alles, wie oben {Mt 19v21}.

Verkaufe: Denn weil Du Dich selber überredest, dass Du Gott vollkommenen Gehorsam leistest, und alle seine Gebote hältst; nun, so wollen wir sehen, ob es wahr ist. Du hältst mich für einen Propheten, darum wirst Du es nicht in Zweifel ziehen, was ich Dir sagen werde, dass Gott selbst solches von Dir fordert, da wird es sich bald finden, wie dein Herz geneigt ist, Gottes Gehorsam zu leisten. Darum befehle ich Dir, dass Du alle Deine Güter verkaufst, und das Geld, so Du bekommst, unter die Armen austeilst, und danach mir nachfolgst, wie Du siehst, dass dies meine Jünger auch tun. Den Verlust aber deiner zeitlichen Güter wird Dir mein himmlischer Vater mit ewigen und himmlischen Gütern wiederum bezahlen. Gleichwie aber das Gebot Gottes, welches dem Abraham befahl, seinen einigen Sohn Isaak zu schlachten und zu opfern, kein einfacher, sondern ein ganz besonderer Befehl gewesen ist, damit Gott des Abrahams Gehorsam geprüft hat, so ist auch dieses Gebot vom Verkauf aller Güter und Austeilung des Geldes unter die Armen ein besonderer Befehl gewesen, der diesem Jüngling gegeben wurde, auf dass er dadurch versucht würde, ob er Gott oder den Reichtum mehr lieben würde. Und gleichwie die Juden schwer sündigen, welche ihre Kinder geopfert haben, irren diejenigen, welche meinen, dass die christliche Vollkommenheit darauf besteht, wenn sie alle ihre Güter verlassen und in einen Mönchsorden treten. Wir verlassen aber unsere Güter recht und gottselig, wenn wir um des Bekenntnisses des Evangeliums willen, wenn es die Not so fordert, alle unsere Güter viel lieber in den Wind schlagen, als das Evangelium Christi zu verleugnen.

23. Da er das hörte, ward er traurig; denn er war sehr reich.

Da er: Jetzt folgt, wie die Heuchelei dieses Jünglings sich endlich hervortut.

Sehr reich: Darum es ihm zu schwer war, dass er so viele Güter sollte auf einmal abgeben und fahren lassen. Darum hing sein Herz nicht an Gott, sondern an dem Reichtum. Und ist wohl zu glauben: Wenn dieser Jüngling mit besonderer Freudigkeit bereit gewesen wäre, seine Güter zu verkaufen, dass Christus, nachdem er seinen willigen Gehorsam gesehen, ihm solches verboten hätte, gleichwie dem Abraham verboten wurde, dass er seinen Sohn nicht opfern durften, da sein williges Gemüt offenbar geworden war {1Mos 22}. Es werden aber wenig Reiche gefunden, die das Herz nicht an den Mammon hängen.

24. Da aber Jesus sah, dass er traurig war worden, sprach er: Wie schwerlich werden die Reichen in das Reich Gottes kommen!

25. Es ist leichter, dass ein Kamel gehe durch ein Nadelöhr, denn dass ein Reicher in das Reich Gottes komme.

Kamel: Ein großes dickes Schiffsseil, mit dem die Anker angebunden sind.

Komme: Es ist aber der Reichtum für sich selbst nicht böse, der nicht die Ursache ist, dass viele Reiche verdammt werden. Denn es sind unter den Patriarchen auch etliche reich gewesen, und haben etliche gottselige Könige im Alten Testament viele Güter gehabt. Die Reichen werden darum schwer selig, weil es ein schweres Ding ist, dass man die Güter richtig gebraucht. Denn welche ihren Reichtum mehr lieben als Gott und eher Gottes Gnade verscherzen, als den Reichtum verlieren wollen, und damit sie viel Güter zusammenbringen, auch fremde Güter zu sich reißen, oder (was vor Gott ebenso viel ist) dem Nächsten der in Not ist nicht helfen wollen, wenn sie wohl könnten, missbrauchen aber daneben ihre Güter zu Üppigkeit und Tyrannei, setzen ihr Vertrauen auf den Reichtum, und nicht auf Gott allein. Sie alle sind Abgöttische und Götzendiener, des Mammons Knechte und Leibeigene, den sie an Gottes statt ehren.

26. Da sprachen, die das hörten: Wer kann denn selig werden?

Selig werden: Wenn die Reichen nicht leicht ins Himmelreich kommen können wie ein Schiffstau durch ein Nadelöhr. Denn wer begehrt nicht viel lieber reich zu werden, als sich immer mit Armut zu schleppen?

27. Er aber sprach: Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.

Möglich: Denn Gott hat aller Menschen Herzen in seiner Hand und Gewalt. Darum kann er durch das Predigtamt das göttliche Wort des Reichen Herz ändern, dass er sein Vertrauen von dem Reichtum zu Gott wendet, und danach trachtet, dass er an guten Werken möge reich werden; er braucht auch seine Güter zur Beförderung der Ehre Gottes und dem Nächsten zu helfen. Wie solche Reichen Paulus beschreibt in 1. Timotheus 6). Solche Reichen sind, welche kaufen und dennoch mitten im Reichtum so gesinnt sind, als ob sie diese nicht besäßen, und die der Welt so gebrauchen, dass sie der selbigen nicht missbrauchen {1Kor 7}. Man soll auch diesen herrlichen Spruch Christi gut betrachten, da er sagt: Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist möglich bei Gott. Denn es finden heutigentags sich ihrer viele, welche mit dem Mund sich zum Christentum bekennen und doch meinen, was den Menschen unmöglich sei, das sei Gott auch nicht möglich.

28. Da sprach Petrus: Siehe, wir haben alles verlassen und sind Dir nachgefolgt.

Petrus: Weil er gehört, dass die Reichen, so ihre Güter mehr lieben, als Gott, keine Erben des Himmelreiches sein würden, und er samt den anderen Aposteln ihre Güter, wie wenig es auch gewesen sind, um Christi willen verlassen hatten, so fragt er Christus, was sie für solche Freiwilligkeit für Belohnungen zu erwarten hätten. Davon auch in Matthäus 19 und Markus 10 geschrieben steht.

Nachgefolgt: Wir sind nicht gewichen wie der reiche Jüngling, sondern haben unseren eigenen Nutzen versäumt und sind Dir, als unserem Lehrmeister, bis jetzt gefolgt. Darum hoffen wir, dass wir eine Belohnung dafür empfangen werden. Wir pflegen aber unsere Dienste, die wir Gott zeigen, häufig hochzurechnen, da sie doch für sich selbst schlecht und gering genug sind.

29. Er sprach zu ihnen: Wahrlich ich sage euch, es ist niemand, der ein Haus verlässt oder Eltern oder Brüder oder Weib oder Kinder um des Reichs Gottes willen,

Gottes willen: Das heißt: Wer viel eher, was ihm in dieser Welt lieb ist, verlieren will, als dass er sein Amt nicht tun sollte, das Bekenntnis des Evangeliums zu behalten und das Reich Gottes nach Vermögen zu fördern, der wird auch in diesem Leben Belohnung empfangen. Denn obgleich er im Elend ist und seiner Güter beraubt wird, so wird doch Gott an anderen Orten anderes wiedergeben, dass er sein Leben erhalten kann, bis er den Lauf seines Berufes vollendet hat. Denn Gott kann überall fromme Leute erwecken, die der frommen Vertriebenen und sonderlich der Kirchendiener sich treu annehmen. Über das aber wird Gott in jener Weise unseres Herzens Billigkeit und den Verlust der Güter, Freunde und Verwandten mit himmlischen Belohnungen bezahlen. Es verlassen aber ihre Güter und Freunde nicht um des Reiches Gottes willen, welche in das Kloster gehen, dass sie dort die ganze Zeit über ihres Lebens Nahrung haben mögen, sondern sie verlassen wenig, auf dass sie viel besitzen, und verwechseln die Armut mit Reichtum, und magere Suppen mit guten Mahlzeiten.

30. der es nicht vielfältig wieder empfange in dieser Zeit und in der zukünftigen Welt das ewige Leben.

31. Er nahm aber zu sich die Zwölf und sprach zu ihnen: Seht, wir gehen hinauf gen Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von des Menschen Sohn.

Zwölf: Nämlich, die Apostel, wie auch davon gemeldet wird in Matthäus 20 und Markus 10.

Menschen Sohn: Wie er einen grausamen und schmählichen Tod für des menschlichen Geschlechtes Wohlfahrt leiden werde. Denn Christi Leiden ist mit dem Vorbild der Opfer im Alten Testament abgebildet, und durch die Weissagungen der Propheten zuvor verkündigt worden, auf dass wir gewiss wissen, dieser Jesus, der unter Pontius Pilatus gekreuzigt wurde, sei eben der Erlöser des menschlichen Geschlechtes, an den auch die heiligen Patriarchen geglaubt haben und selig geworden sind. Es hat aber Christus willig gelitten, fremde Sünden zu versöhnen: Denn er hat keine Sünde getan, und ist doch kein Betrug in seinem Munde erfunden worden. Gleichwie aber Christus wissentlich und mit Willen nach Jerusalem gezogen ist, da er doch wohl gewusst hat, was ihm dort begegnen würde. Also sollen auch wir um der Gefahr willen, welche uns möchte vor Augen schweben, von unserem Beruf nicht laufen. Und wie Christus seine Apostel von seinem Leiden der Meinung zuvor erinnert, auf dass sie später desto weniger sich ärgerten: Also sollen wir uns beizeiten dazu bereiten und gefasst machen, dass wir die Trübsal erdulden wollen, welche bei unserem Beruf sich finden lässt. Wir sollen aber auch daneben der Auferstehung, das heißt, der Erlösung nicht vergessen. Denn Gott ist getreu, der uns nicht wird lassen versucht werden, über unser Vermögen, sondern also schaffen, dass wir es ertragen werden {1Kor 10}.

32. Denn er wird überantwortet werden den Heiden; und er wird verspottet und geschmäht und bespuckt werden;

33. Und sie werden ihn geißeln und töten, und am dritten Tage wird er wieder auferstehen,

34. Sie aber vernahmen der keines, und die Rede war ihnen verborgen, und wussten nicht, was da gesagt war.

Gesagt war: Nämlich von seinem Leiden. Denn die Jünger waren mit dem fleischlichen Gedanken so eingenommen von dem weltlichen Reich Christi, indem sie von großen Ehren, Lust und Reichtum träumten. Darum konnten sie nicht verstehen, wie die königliche Majestät des Menschen Sohnes mit dem Leiden und der Schmach sich reimte, obwohl Christus zu unterschiedlichen Malen von der Sache mit klaren Worten deutlich geredet hatte. Denn welche mit fleischlichen Gedanken und Fantasien umgehen, die verstehen Gottes Wort nicht, auch wenn es ihnen auf das Klarste und Hellste erklärt wird. Da aber Christus einen solchen Unverstand an den Jüngern dulden konnte, ist es uns ein Trost, dass wir daraus lernen, Gott will uns um unsere Schwachheit willen nicht wegwerfen; und soll man die Wahrheit der himmlischen Lehre den Leuten vorhalten, wenngleich auch die Zuhörer es nicht so schnell verstehen. Denn es wird die Zeit kommen, da sie sich dessen, was sie vorher gehört und nicht verstanden haben, wiederum erinnern und recht verstehen werden.

35. Es geschah aber, da er nahe zu Jericho kam, saß ein Blinder am Wege und bettelte {Mt 20v30};

Es: Jetzt folgt ein herrliches Wunderwerk Christi, das er an einem blinden Menschen getan hat.

Bettelt: Also, dass der elende Mensch nicht nur blind, sondern auch mit Armut bedroht wurde. Denn es ist ein Unglück selten allein. In den gut bestellten Regierungen aber sollte man eine Vorsehung treffen, dass solche schlecht gestellten Leute nicht betteln müssen, und war im Gesetz Mose verboten, dass unter den Israeliten ein Bettler sein sollte {5Mos 15}.

36. Da er aber hörte das Volk, das hindurchging, forschte er, was das wäre

37. Da verkündigten sie ihm, Jesus von Nazareth ginge vorüber.

Nazareth: Es war aber der Name Jesusüberall im jüdischen Lande bekanntwegen seiner herrlichen Wunderwerke. Davon dieser Blinder auch gehört und aus diesem recht geschlossen hat, dass dieser Jesus der versprochene Messias und Davids Sohn oder Nachkömmling wäre, so sah also dieser Blinde mehr und besser als die Pharisäer und Hohepriester. Denn Gott erstattet auf die Mängel des Leibes mit hohen Gaben des Verstandes oder Gemütes.

38. Und er rief und sprach: Jesu, Du Sohn Davids, erbarme Dich mein!

Dich mein: Der Du nie einem Deine Hilfe versagt hast. Wir sollen auch Christus unser Elend klagen, so werden wir zu seiner Zeit Erleichterung in der Trübsal finden.

39. Die aber vorne an gingen, bedrohten ihn, er sollte schweigen. Er aber schrie viel mehr: Du Sohn Davids, erbarme Dich mein!

Viel mehr: Also, wenn unser Gewissen uns widerspricht und uns vorhält, wir sind nicht wert um unserer Sünde willen, dass wir Gott anrufen, und uns der Seligkeit trösten wollten, so sollen wir dann nichtsdestoweniger mit einem gottseligen Gebet standhaft fortfahren, und Gott um Gnade und Hilfe anrufen, welches wir nicht vergeblich tun werden.

40. Jesus aber stand stille, und hieß ihn zu sich führen. Da sie ihn aber nahe zu ihn brachten. Fragt er (Jesus) ihn. Und sprach: Was willst Du, dass ich dir tun soll.

41. und sprach: Was willst Du, dass ich Dir tun soll? Er sprach: Herr, dass ich sehen möge.

Sehen möge: Diesem Blinden sind etliche Bettler sehr ungleich, welche viel lieber wollen am Leibe krank sein, wenngleich ihnen könnte geholfen werden, lieber müßiggehen, als dass sie gesund sind und arbeiten wollten.

42. Und Jesus sprach zu ihm: Sei sehend! Dein Glaube hat Dir geholfen.

Geholfen: Wie Du geglaubt hast, so ist Dir geschehen. Denn Christus erhört das Gebet derer, die ihn anrufen. Und der Glaube ist das Mittel, damit wir leibliche und himmlische Güter empfangen. So bezeugen die Wunderwerke Christi, dass er der wahre Messias ist.

43. Und alsbald ward er sehend und folgte ihm nach und preiste Gott. Und alles Volk, das solches sah, lobte Gott.

Preiste: Denn man soll Gott danken, für die Wohltaten, so wir sie von ihm empfangen haben.

Lobte Gott: Für seine Güte und Allmacht, die sich in Christus seinem eingeborenen Sohn zeigte. Gleichwie aber das Volk sich freute, dass der arme Mensch sein Gesicht wiederbekommen hatte. Also sollen auch wir uns von Herzen freuen, wenn unserem Nächsten eine Guttat von Gott widerfahren ist {1Kor 13}.


Das 19. Kapitel

  • Zachäus bekehrt sich. Von einem Menschen, der auszog, ein Reich einzunehmen, und unterdessen etliche Pfunde unter seinen Knechten austeilte, dass sie damit handeln sollten. Christus zieht nach Jerusalem als ein König ein. Verkündigt den Untergang der Stadt mit Tränen. Treibt die Käufer und Verkäufer aus dem Tempel.

1. Und er (Jesus) zog hinein, und ging durch Jericho.

Und: Der Evangelist beschreibt die Bekehrung des Zachäus, eines vornehmen Zöllners.

2. Und siehe, da war ein Mann, genannt Zachäus, der war ein Oberster der Zöllner und war reich.

Oberster: Das Amtes Zöllners war für sich selber keine Sünde oder Unrecht. So ist aus der evangelischen Geschichte offenbar, dass die Zöllner geizige und betrügerische Leute gewesen sind. Weil nun Zachäus unter diesen der Oberste war, so ist daraus zu erkennen, dass er auch mit seinem Betrug andere übertroffen hat, wie denn auch sein späteres Bekenntnis es bezeugt. Da aber dieser große Sünder zu Christus bekehrt wurde, gibt uns dies einen feinen Trost, dass wir an anderen großen Sünder nicht verzagen sollen.

Reich: Denn es erwählt auch Gott aus den Reichen etliche zum ewigen Leben.

3. Und begehrte Jesum zu sehen, wer er wäre, und konnte nicht vor dem Volk; denn er war klein von Person.

Zu sehen: Weil er viele herrliche Dinge von ihm gehört hatte, ihn darum auch für einen Propheten hielt.

Klein: Es ist aber für Gott nicht wichtig, wie einer am Leibe gestaltet ist, wenn nur das Herz und das Gemüt im Leibe fromm ist. Denn als Samuel den Elia, des Isai, wegen seiner ansehnlichen Gestalt zum König Salben wollte, sprach der Herr zu ihm: Siehe, nicht seine Gestalt an, noch seine große Person, ich habe ihn verworfen. Denn es geht nicht an, wie ein Mensch sieht. Ein Mensch sieht was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an {1Sam 16}.

4. Und er lief vorher und stieg auf einen Maulbeerbaum, auf dass er ihn sähe; denn dort sollte er durchkommen.

Vorher: An den Ort, wo er meinte, dass Christus durchziehen würde

Maulbeerbaum: Es hat sich also ein oberster der Zöllner nicht geschämt, auf den Baum zu steigen, wie es die Knaben zu tun pflegen, und sich auch nicht anders Gelächter des Volkes gespürt und geachtet. Er wollte nur Christus zu sehen bekommen. Wir sollen uns auch nicht schämen, den Spott der Welt zu leiden, wenn wir nur Christus zu unserer Seligkeit zu erkennen geben.

5. Und als Jesus kam an dieselbe Stätte, sah er auf und ward sein gewahr und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend hernieder; denn ich muss heute zu deinem Hause einkehren.

Einkehren: Dass Christus in das Haus eines obersten Zöllners zur Herberge einkehrt, bedeutet, dass er der treue Hirte ist, der die Schafe sucht {Lk 15 Joh 10}. Und dass er in diese Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen {1Tim 1}.

6. Und er stieg eilend hernieder und nahm ihn auf mit Freuden.

Mit Freuden: Dass Jesus ihn als einen großen Sünder und mit einer kleinen Person nicht verachtet hat. Denn je mehr einer gesündigt hat, umso heftiger lieben sie Christus später: Wie Christus von den bekehrten Sünderin sagt: Ihr sind viele Sünden vergeben, denn sie hat viel geliebt, welchem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig {Lk 7}.

7. Da sie das sahen, murrten sie alle, dass er bei einem Sünder einkehrte.

Murrten: Denn die menschliche Vernunft, welche mit Heuchelei heftig vergiftet ist, ärgert sich sehr darüber, wenn Gott die Sünder umsonst, ohne Ansehen der Werke zu Gnaden aufnimmt. Und die Heuchler sehen fremde Sünden sehr scharf, aber wenn sie ihre eigenen erkennen sollen, so sind sie sehr blind.

8. Zachäus aber trat hervor und sprach zu dem Herrn: Siehe, Herr, die Hälfte meiner Güter gebe ich den Armen, und so ich jemand betrogen habe, das gebe ich vielfältig wieder.

Wieder: Das will so viel sagen: Ach Herr, es ist mir von Herzen leid, dass ich bis jetzt ein solches ungerechtes und böses Leben geführt habe, und dass ich diejenigen, mit denen ich zu tun hatte, betrogen und ausgezogen habe. Auf dass Du aber spürst, dass es mir mit der Buße ernst ist, und dass ich mein Leben bessern will. Siehe, so verspreche ich Dir hiermit, dass ich den Armen reichlich, auch mit nicht geringem Verlust meiner Güter helfen will, und sollte es mich auch den halben Teil meiner Güter kosten. Und wie ich zuvor mit dem Geiz gesündigt habe. So will ich jetzt mit Freigebigkeit und Gutmütigkeit erklären, dass mir mein voriges Leben zum Höchsten missfalle. Wenn ich mich an jemanden erinnern kann, so will ich ihm alles wieder erstatten. Denn ich weiß, dass ich nach dem Gesetz Mose eine vierfache Erstattung {2Mos 22} machen soll. Es werden darum die Betrüger und Diebe von Gott auf eine Bank gesetzt. Es verspricht zwar Zachäus die Almosen nicht darum wiederzugeben, dass er mit solchen Werken seine Sünde büßen oder versöhnen will, sondern dass er seine rechtschaffene Buße mit der Tat erklärt. Denn welche die Sünden, so die Sünder sie noch verbessern können, nicht verbessern, und das, was sie anderen mit Unrecht genommen haben, nicht wieder erstatten, noch sich mit Ihnen darum vergleichen wollen, denen ist es kein Ernst mit der Buße. Denn man soll das mit Unrecht erworbene Gut wiedergeben, oder aber, wenn man es denen nicht wiedergeben kann, welchen es genommen wurde, so soll man den Armen desto reichlicher zu Hilfe kommen.

9. Jesus aber sprach zu ihm: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, weil er auch Abrahams Sohn ist;

Sohn ist: Das heißt: Dieser Zachäus, welche zuerst ein Zöllner und Betrüger gewesen ist, jetzt aber zu Gott bekehrt wurde, ist wahrhaftig Abrahams Sohn, weil er diesem jetzt im Glauben und in der Gottseligkeit nachfolgt. Darum wird Gott auch sein ganzes Personal mit der heilsamen Erkenntnis Gottes erleuchten, auf dass es zugleich mit ihm selig werde, welches sonst in seinem gottlosen Wesen ewig verdorben wäre. Denn gleichwie ein gottloser Hausvater oft mit seiner Bosheit und bösem Beispiel ein ganzes Personal oder Geschlecht verderbt, und mit sich zur Hölle führt, so kann ein frommer Hausvater mit seinen gottseligen Ermahnungen, gutem Beispiel, und christlicher Erziehung sein Personal zu Christus führen und im Himmelreich mit sich einführen. Auf solche Weise lesen wir auch in der Apostelgeschichte, dass, wenn ein Hausvater sich zu Christus bekehrt, das ganze Geschlecht auch an Christus geglaubt, und die Taufe empfangen hat {Apg 16}.

10. denn des Menschen Sohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. Matthäus

Denn: Jetzt setzt der Herr Christus einen herzlichen Beschluss hinzu.

Verloren: Weil demnach Christus, als ein getreuer Hirte, uns armen Schafe sucht mit dem Predigtamt des Evangeliums, so sollen wir uns finden lassen und dem Hirten folgen, der uns zu dem Schafstall Gottes führt. Und weil er darum gekommen ist, dass er selig macht, was verloren war, so soll niemand in seinen Sünden verzagen. Denn das ist ein teures und wertes Wort, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen {1Tim 1}. Wir sollen aber ernstliche Buße tun, und uns nicht nur so stellen. Ja wir sollen also dem Beispiel des Zachäus folgen und uns befleißigen.

11. Da sie nun zuhörten, sagte er weiter ein Gleichnis, darum dass er nahe bei Jerusalem war, und sie meinten, das Reich Gottes sollte alsbald offenbart werden,

Sie meinten: Nämlich, die Jünger und andere Zuhörer Christi, so sie ihm gut zugetan waren, glaubten nichts anderes, Christus zöge darum nach Jerusalem, dass er sein Reich dort anfinge. Davon sie träumten, und sich schon Gedanken darüber gemacht hatten, dass es ein weltliches Reich sein würde, aber doch so beschaffen, dass keine Ungerechtigkeit würde darin stattfinden, ja auch kein Jammer oder Unfall sich begeben würde. Darum Christus mit diesem Gleichnis lehren will, dass es noch eine ganz lange Zeit sein wird, bis zu der völligen Offenbarung des himmlischen und ewigen Reiches. Es haben sich aber in dieser Zeit noch viele Dinge zutragen. Es werden etliche sein Evangelium verfolgen, etliche aber treue Diener sein und die ewige Belohnung bekommen, etliche werden träge und boshaft sein, welche Leute, wie auch die Feinde und Verfolger er in seiner herrlichen Zukunft strafen werde. Es ist aber in dieser Zeit viel Geduld nötig.

12. und sprach: Ein Edler zog fern in ein Land, dass er ein Reich einnähme und dann wiederkäme.

Edler: Es ist aber nie ein so edler Menschdiener Welt gewesen, als es Jesus Christus war. Da er nach seiner Menschheit aus dem edelsten Geschlecht des Königs Davids geboren wurde, wie sein Geschlechtsregister es beweist: Nach seiner Gottheit aber ist er von Ewigkeit aus dem Wesen Gottes des allmächtigen Vaters gezeugt worden. Er ist hingegangen, dass er ein Reich einnähme, dass er in den Himmel fahre, und zur Rechten Gottes sich gesetzt hat. Denn da ist er in die völlige Besitzung seines himmlischen Reiches getreten und hat die Knechtsgestalt abgelegt. Unterdes aber ist er unsichtbarerweise bei seiner Kirche alle Tage bis zu der Welt Ende. Doch wird von ihm gesagt, dass er weit von uns Menschen sei, nach der Menschenwahn und Gedanken. Denn die Gottlosen meinen, Christus regiere also im Himmel, dass er entweder nicht wisse, was auf Erden geschieht, oder doch sich dessen nicht viel bekümmert. Er wird aber wiederkommen, wenn er am Jüngsten Tage erscheinen wird, in himmlischer Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten.

13. Dieser forderte zehn seiner Knechte und gab ihnen zehn Pfund und sprach zu ihnen: Handelt, bis dass ich wiederkomme.

Zehn: Dieses ist meines Wissens nach eine ungewisse Zahl.

Pfund: Nämlich, jeder bekommt ein Pfund.

Handelt: Es teilt aber Christus seine Gaben aus nach seinem Wohlgefallen. Diese sollen wir gebrauchen zu seiner Ehre und zu des Nächsten Besserung, denn das heißt, handeln und gewinnen. Ein Kirchendiener handelt, wenn er mit seinem Predigtamt und seinen Gaben für Christus viele Leute gewinnt. Eine Obrigkeit handelt, wenn sie sich bemüht, das Evangelium fortzupflanzen und darin fleißig ist, dass die Untertanen Christus recht erkennen, ehrlich und recht leben und selig werden. Ein Hausvater handelt, wenn er sein Personal in der wahren Gottseligkeit erzieht, und seinen Nächsten mit einem guten Beispiel bessert, ihm auch nach seinem Vermögen behilflich ist.

14. Seine Bürger aber waren ihm feind und schickten Botschaft nach ihm und ließen ihm sagen: Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche.

Herrsche: Sie haben ihm durch ihre Abgesandten anzeigen lassen, dass sie ihn nicht für ihren Herrn erkennen, und seinem Regiment nicht unterworfen sein wollen. Obwohl nun Christus mit diesen Worten besonders auf der Juden Bosheit gedeutet, welche nach der Auferstehung Christi und nach seiner Himmelfahrt das Evangelium, so durch die Apostel gepredigt wurde, verfolgt haben, welche um der Verheißung willen, so dem Patriarchen geschehen, für Bürger im Reich Gottes angesehen werden. So sagen doch auch alle Verfolger des Evangeliums in ihrem Herzen zu Christus: Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche. Denn welche der reinen Predigt des Evangeliums sich widersetzen, die setzen sich gegen Christus selbst. Sie werden aber mit ihrem großen Schaden anlaufen und den Felsen des Ärgernisses, darüber fallen und zugrunde gehen, wie davon später auch gesagt wird.

15. Und es begab sich, da er wiederkam, nachdem er das Reich eingenommen hatte, hieß er die selbigen Knechte fordern, welchen er das Geld gegeben hatte, dass er wüsste, was ein jeglicher gehandelt hätte.

Gehandelt: Denn Christus wird an jenem Tag Rechenschaft von uns fordern, wie wir unsere Gaben in dieser Welt angewendet haben.

16. Da trat herzu der erste und sprach: Herr Dein Pfund hat zehn Pfund erworben.

Zehn Pfund: Diese sind, welche ihre Gaben gut angelegt und auf das Beste gebraucht haben. Ein solcher ist auch der Apostel Paulus gewesen, welcher wahrhaftig auch so von sich schreibt: Ich habe mehr gearbeiteten als die anderen alle: Und andere weitere vortreffliche Apostel und Lehrer in dieser Zeit. Ein solcher ist auch gewesen, zu unserer Zeit, Dr. Martin Luther in einem seligen Gedächtnis bei uns, und etliche andere hoch erleuchtete Personen. Ein solcher ist auch unter den christlichen Kaisern, der große Konstantin und andere fromme Fürsten, welche nach der Auferstehung Christi dem Regiment gottselig vorgestanden haben.

17. Und er sprach zu ihm: Ei Du frommer Knecht! Dieweil Du bist im Geringsten treu gewesen, sollst Du Macht haben über zehn Städte.

Zehn Städte: Ich will Dich mit großer Ehre und Herrlichkeit begaben für Deine treuen Dienste, die Du mir geleistet hast. Denn nachdem einer seine Gaben in dieser Welt gut angelegt hat, danach wird er im ewigen Leben Belohnungen empfangen. Ungleich wie ein Stern den anderen mit Klarheit übertrifft, so wird es auch im anderen Leben ein Unterschied geben unter der Herrlichkeit, wie aus dem Apostel Paulus zu erkennen ist {1Kor 15}. Und Daniel spricht: Die Lehrer werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewig {Dan 12}.

18. Der andere kam auch und sprach: Herr, Dein Pfund hat fünf Pfund getragen.

Fünf Pfund: Diese sind, welche ihre Gaben auch gut anlegen, obwohl sie den zuvor genannten nicht gleichen. Also wird ein frommer Hausvater, der seine Kinder in der Furcht Gottes aufzieht, und seinen Nächsten durch die Liebe dient, himmlische Belohnungen empfangen, wenngleich er auch auf dieser Erde für sich gelebt hat, und kein öffentliches Amt verwaltet hat. Welche aber im anderen Leben nicht so großer Herrlichkeit haben, die werden denen es nicht missgönnen, die mit größerer Herrlichkeit begabt wurden.

19. Zu dem sprach er auch: Und Du sollst sein über fünf Städte.

20. Und der dritte kam und sprach: Herr, siehe da, hier ist Dein Pfund, welches ich habe im Schweißtuch behalten.

21. Ich fürchtete mich vor Dir, denn Du bist ein harter Mann; Du nimmst, was Du nicht gelegt hast, und erntest, was Du nicht gesät hast.

Nicht gesät: Dies sind ohne Zweifel zur selben Zeit allgemeine Sprichwörter gewesen, mit denen man geizige und sehr genaue Leute beschrieben hat, welche solche Dinge fordern und begehren, dazu sie weder Fug noch Recht haben. Darum (spricht der Schalksknecht hier), weil ich Sorge hatte, ich würde Dir im Handel nicht genügend tun, wenngleich ich allen meinen besten Fleiß anwendete, so habe ich mich vorgesehen und nichts gehandelt, damit ich keinen Dank bei Dir verdienen wollte. Dieses sind die boshaften Leute, die zwar Gaben von Gott empfangen haben, aber sie lassen sich weder die Ehre Gottes noch des Nächsten Wohlfahrt angelegen sein. Weil sie weder nach Gott noch nach dem Nächsten fragen, so leben sie für sich selber und trachten nur dahin, wie sie ihre eigenen Güter vermehren und in dieser Welt es sich gut gehen lassen. Etliche verderben ihre Gesundheit und schwachen Leib und Seele durch überflüssigen Gebrauch oder vielmehr Missbrauch des Weines, der Unzucht, dass sie die Gaben, damit sie von Gott geziert gewesen sind, nicht mehr gebrauchen können, und also eine Last dieser Erde sind. Solche reden von Gott, er sei ein sehr strenger Richter in seinem Gesetz, und erfordert von den Leuten unmögliche Dinge, darum weil sie solche nicht leisten können, so wollen sie mehr nach ihren Lüsten leben als mit einem solchen Gehorsam, den sie nicht erfüllen können, sich vergebens martern. Wer kann (sprechen sie) immer nur für den Himmel leben?

22. Er sprach zu ihm: Aus Deinem Munde richte ich Dich, Du Schalk! Wusstest Du, dass ich ein harter Mann bin, nehme, was ich nicht gelegt habe, und ernte, was ich nicht gesät habe?

Munde: Ich kann aus Deinem eigenen Bekenntnis genügend Ursachen finden, dass ich Dich strafe.

23. Warum hast Du denn mein Geld nicht in die Wechselbank gegeben? Und wenn ich gekommen wäre, hätte ich es mit Wucher erfordert.

Wechselbank: Warum hast Du es nicht denen gegeben, die mit dem Geld Gewinn suchen?

Mit Wucher: Denn mit der Zeit hätte die Bank mit meinem Geld etwas gewonnen, und ich wäre gekommen, so hätte ich meine Hauptsumme mit Zinsen und Wucher wieder empfangen. So wärest Du vor mir entschuldigt gewesen, und mein Geld wäre nicht vergebens und ohne Gewinn in deinem Tuch geblieben. Mit dieser Antwort wird der Wucher nicht gebilligt. Denn dieser ist in der Heiligen Schrift ernstlich verboten, sondern es wird damit gelehrt, dass diejenigen, welche ihre Gaben in dieser Welt nicht recht gebrauchen, am Jüngsten Tag keine Entschuldigung haben werden.

24. Und er sprach zu denen, die dabei standen: Nehmt das Pfund von ihm und gebt es dem, der zehn Pfund hat.

25. Und sie sprachen zu ihm: Herr, hat er doch zehn Pfund.

26. Ich sage euch aber: Wer da hat, dem wird gegeben werden; von dem aber, der nicht hat, wird auch das genommen werden, was er hat.

Da hat: Wie man im Sprichwort sagt, welches auch hier gilt. Den Reichen gibt man, den Armen nimmt man. Diese Worte Christi geben zu verstehen, dass der richtige gottselige Gebrauch der Gaben Gottes auch in diesem Leben von Gott belohnt werden. Denn welche an guten Werken reich werden und viele herrliche Sachen in ihrem Beruf verrichten, die empfangen von Gott immer mehr und größere Gaben. Welche aber ihre Gaben schlecht gebrauchen, oder diese vergraben, dass sie niemand nutze, die verlieren sie, werden toll und unverständig. Und sie werden ihnen genommen und anderen Menschen gegeben.

27. Doch jene, meine Feinde, die nicht wollten, dass ich über sie herrschen sollte, bringt her und erwürgt sie vor mir!

Doch: Jetzt wird von den aufrührerischen Bürgern gesprochen, welche das Joch ihrer Herren von sich werfen wollen.

Feinde: Meine widerspenstigen und ungehorsamen Untertanen.

Erwürgt: Denn Gott wird die Verfolger des Evangeliums mit dem ewigen Tod bestrafen ja, sie werden auch oft in diesem Leben mit einem jämmerlichen Tod gerichtet, zur Strafe, dass sie wider die Kirche Gottes Wüterei getrieben haben. Wie die Beispiele der Juden selbst, wie auch Julian und Reronis, samt anderen genügend bezeugen.

28. Und als er solches sagte, zog er fort und reiste hinauf gen Jerusalem.

Jerusalem: Da er leiden sollte. Also sollen auch wir in unserem Beruf immer weitermachen, wenn wir auch spüren, dass sich eine Gefahr ergeben könnte.

29. Und es begab sich, als er nahte gen Bethphage und Bethanien und kam an den Ölberg, sandte er seiner Jünger zwei

Ölberg: An welchem die zuvor aufgeführten Orte gelegen waren.

30. und sprach: Geht hin in den Markt, der gegenüberliegt; und wenn ihr hineinkommt, werdet ihr ein Füllen angebunden finden, auf welchem noch nie kein Mensch gesessen ist. Löst es ab und bringt es.

Geht hin: Es hat aber Christus zu Jerusalem mit einer besonderen Herrlichkeit einreiten wollen, wie ein König, doch nicht ein weltlicher König, darum er auf einen Esel geritten ist, wie der Prophet Sajarja zuvor geweissagt hatte (Kapitel 9). Da er sagt: Du Tochter Zion (das ist, Du Kirche Gottes) freue Dich sehr. Siehe, Dein König kommt zu Dir, ein Gerechter und Helfer der Armen, und reitet auf einem Esel, und auf einem Füllen der Eselin. Darum sollen wir diesem König und Messias aufnehmen, und an ihn glauben, so werden wir an ihm einen Seligmacher finden. Es wird aber der Einzug Christi zu Jerusalem auch beschrieben in Matthäus 21, Markus 2 und Johannes 12.

Füllen: Matthäus sagt, es sei die Eselin mit dem Füllen geholt worden, welches denn nicht unverständlich ist. Denn es ist Christus zuerst auf der Eselin, danach auf dem Füllen geritten, wie auch großer Herren häufig mit den Pferden wechseln. Es bedeutet aber die Eselin die Juden, so sie unter dem Gesetz waren, und war das Füllen der Heiden ein Vorbild, welche die Last des göttlichen Gesetzes nicht getragen hatten. Ist also Christus der Juden und Heiden Herr und Gott, der die Beschneidung (gemäß den Juden) gerecht macht aus dem Glauben und die Vorhaut (gemäß den Heiden) durch den Glauben {Röm 3}. So wollte Christus auf einem geliehenen Esel reiten, und nicht auf einem geputzten Hengst, auf dass er damit anzeigte, wie sein Reich nicht weltlich, sondern geistlich wäre. Darum sollen wir von diesem unserem König himmlische Guttaten erwarten. Er ist also arm in die Stadt eingezogen: Denn ihr wisst (sprich Paulus) die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, obwohl er wohl reich ist, wurde er doch arm um unseretwegen, auf dass wir durch seine Armut reich würden {2Kor 8}. Es werden auch die Eselin und das Füllen abgelöst, wenn die Leute durch das Predigtamt des Evangeliums von den Banden des Satans erlöst und den Heiland Christus zugeführt werden.

31. Und so euch jemand fragt; warum ihr es ablöst, so sagt also zu ihm: Der Herr bedarf sein.

Fragt: Denn es hätten die Jünger auch denken oder sagen können, Herr, man wird es so nicht zulassen: Darum kommt ihnen Christus mit diesem Bericht zuvor.

Darf sein: So werden sie es geschehen lassen, dass ihr die Eselin und das Füllen zu mir bringt. Gleichwie nun bei diesem Einzug Christi seine Armut sich sehen lässt,

so hat zugleich seine göttliche Majestät geleuchtet, indem er abwesende Dinge sieht, und der menschlichen Gedanken kennt. Darum sollen wir heilig und unsträflich leben. Denn wie sollte ihm unser Leben verborgen sein, der aller Herzen Gedanken weiß?

32. Und die Gesandten gingen hin und fanden, wie er ihnen gesagt hatte.

33. Da sie aber das Füllen ablösten, sprachen seine Herren zu ihnen: Warum löst ihr das Füllen ab?

34. Sie aber sprachen: Der Herr bedarf sein.

Bedarf sein: Darauf die Leute sofort beide, die Eselin und das Füllen, ihnen gaben. Also sollen wir auch tun, was unser Amt in unserem Beruf erfordert, so wird Gott Glück geben. Denn er hat aller Menschen Herzen in seiner Hand.

35. Und sie brachten es zu Jesu und warfen ihre Kleider auf das Füllen und setzten Jesum darauf.

36. Da er nun hinzog, breiteten sie ihre Kleider auf den Weg.

Weg: Auf dass sie den königlichen Einzug Christi in die Stadt halfen zu zieren und befördern, so gut sie immer konnten. Wir sollen auch dem geistlichen Reich Christi nach unserem Vermögen in unserem Beruf helfen.

37. Und da er nahe hinzukam und zog den Ölberg herab, fing an der ganze Haufen seiner Jünger, mit Freuden Gott zu loben mit lauter Stimme über alle Taten, die sie gesehen hatten,

Jünger: Nicht nur die zwölf Apostel, sondern alle, die damals an Christus glaubten und ihn liebten.

Taten: Oder Wunderwerke. Denn man soll die Guttaten Gottes nicht verschweigen, sondern rühmen und preisen.

38. und sprachen: Gelobt sei, der da kommt, ein König, in dem Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe!

Gelobt: So haben sie zu dem neuen König Christus geschrien und ihm Glück gewünscht: Gott will, dass unser König Jesus Christus, der Messias, welchen uns der himmlische Vater zum selig machen geschickt hat, lange lebe und glückselig ist, ein glückliches, und den Menschen nützliches Regiment führt.

Höhe: Das heißt: Gott will sich unser erbarmen, uns mit Gnaden ansehen und gewogen sein, so wollen wir ihn ewig rühmen und preisen. Denn dass wir mit Gott dem himmlischen Vater Frieden haben durch Christus, solches ist das höchste Gut, für welche Guttat wir unserem Herrn Christus stets dankbar sein sollen.

39. Und etliche der, Pharisäer im Volk sprachen zu ihm: Meister, strafe doch Deine Jünger!

Zum Volk: Die sich unter dem Haufen gemischt hatten.

Jünger: Lass diese schweigen und lass nicht zu, dass sie Dir die Ehre eines Messias geben, welches Dir nicht zusteht. Denn die Heuchler finden sich immer wieder in der Kirche Gottes und dringen da hinein, auf dass sie die Erweiterung des Reiches Christi verhindern und die reine Lehre unterdrücken möchten.

40. Er antwortete und sprach zu ihnen: Ich sage euch: Wo diese werden schweigen, so werden die Steine schreien.

Steine schreien: Als wollte er sprechen: Es ist Zeit, dass mit meinem Reich ein Anfang gemacht wird, und es offenbar werde. Darum, wenn diese schweigen, so würden die Steine mir, als den Messias, und den neuen geistlichen König zuschreien müssen. Denn wenn die Zeit da ist, so kann das Reich Christi mit keiner List oder Gewalt verhindert und unterdrückt werden. Darum bemühen sich die Ketzer, Heuchler und Tyrannen vergebens damit.

41. Und als er nahe hinzukam, sah er die Stadt an und weinte über sie

Und: Jetzt zeigt der Herr Jesus Christus seine herzliche und väterliche Zuneigung gegen die Juden, ja auch gegen alle Sünder, wenn sie nur nicht sich selber an ihrer Seligkeit hindern.

Weinte: Denn es sei Christus zuvor, wie schrecklich sie verwüstet werden würde, und wie jämmerlich die Einwohner umkommen würden, besonders aber betrachtet und beweint er, dass er sah, wie das jüdische Volk um seiner Undankbarkeit und Widerspenstigkeit willen von Gott würde verstoßen werden, und ewig verderben. Denn Gott hat keinen Gefallen an dem Tod der Gottlosen und Verderben, sondern will viel lieber, dass sie sich bekehren und ewig selig werden.

42. und sprach: Wenn Du es wüsstest, so würdest Du auch bedenken zu dieser deiner Zeit, was zu Deinem Frieden dient. Aber nun ist es vor Deinen Augen verborgen.

Wüsstest: Was ich weiß, was für ein großes Unglück über Dich verhängt ist wegen Deiner Bosheit, und mit was für Gnade Gott der Herr auf den heutigen Tag Dein Heil sucht, indem er mich Dir zum selig machen geschickt hat, und verstehen würdest, auf was für eine Weise nur die längst verdiente Strafe könntest abwenden, so würdest Du nicht fröhlich sein und feiern, bis Du den Zorn Gottes versöhnt hättest, und dem schrecklichen Unglück entronnen wärst.

Verborgen: Denn Gott lehrt uns genügend mit seinem Wort, wie wir durch wahre Buße der zeitlichen und ewigen Strafe entgehen sollen. Aber viele Herzen sind in der fleischlichen Sicherheit so ersoffen, von dem Teufel so geblendet, dass sie dem Worte Gottes nicht glauben, und nichts dergleichen tun was zur Abwendung der Strafe und der Verdammnis nötig ist. Darum werden solche nicht durch Gottes, sondern durch ihre eigene Schuld verloren.

43. Denn es wird die Zeit über Dich kommen, dass Deine Feinde werden um Dich und Deine Kinder mit Dir eine Wagenburg schlagen, Dich belagern und an allen Orten Ängsten,

Denn: Jetzt erzählt Christus etliche große Unfälle, die über Jerusalem kommen würden.

Allen Orten: Dass Du nirgends an einen Ort fliehen kannst und einen guten Rat zu finden weißt, damit Du das Unglück verhindern könntest.

44. und werden Dich schleifen und keinen Stein auf dem andern lassen, darum dass Du nicht erkannt hast die Zeit, darin Du heimgesucht bist {Mt 24v2 Mk 13v2 Lk 21v6}.

Schleifen: Die Feinde werden die Stadt zerstören, die großen Häuser niederreißen, die Bürger auf den Gassen erwürgen, die Kinder gegen die Steine schlagen, dass sie von dem Gehirn besprengt werden.

Keinen Stein: Sie werden die schöne Stadt und den herrlichen Tempel bis auf den Grund zerstören, denn Gott wird die Stadt samt den Bürgern von seinem Angesicht verstoßen und sich ihrer nicht erbarmen. Was aber die Juden für einen Jammer erlitten haben, vor, in, und nach der Belagerung, als die Stadt Jerusalem erobert und zerstört wurde, das kann man erfahren aus den Büchern von den römischen Geschichtsschreibern. Denn sie sind mit innerlicher Aufruhr, schrecklicher Pestilenz, großem Hunger geplagt worden, sodass auch eine Mutter ihr eigenes Kind geschlachtet, gekocht und gegessen hat. Danach sind die Juden bei der Eroberung der Stadt mit solcher Grausamkeit erwürgt worden, dass in der Stadt an vielen Orten Blut geflossen ist. Was aber von dem jüdischen Volk noch übrig geblieben ist, ist in eine elende Sklaverei weggeführt, und den wilden Tieren mit großen Haufen, zu einem Schauspiel geworden. Man meint, dass in dieser Belagerung und Gefangenschaft mehr als 100.000 Personen umgekommen sind. Denn wenn der Zorn Gottes anfängt zu brennen, so wütet er ganz schrecklich wider die unbußfertigen Sünder, bis sie total vertilgt werden.

Nicht erkannt: Dies ist die Ursache, um welcher willen die Stadt Jerusalem und die Einwohner solche schreckliche Strafe begegnete.

Heimgesucht: Das heißt: Gott hat Dich mit Gnaden heimgesucht, indem er Dir den Seligmacher gesandt hat, und hat durch die Predigt des Evangeliums Deine Seligkeit befördern wollen. Aber Du bist Gott immer widerspenstig gewesen, und hast die angebotene Gnade verachtet. Die Zeit unserer Heimsuchung ist dann, wenn uns das Evangelium rein gepredigt wird. Daher sollen wir uns hüten, dass wir nicht durch Undankbarkeit und Verachtung des göttlichen Wortes den gleichen Jammer und den ewigen Untergang über uns verursachen. Denn hat Gott der natürlichen Zweige nicht verschont, so wird er unser viel weniger schonen {Röm 11}.

45. Und er ging in den Tempel und fing an auszutreiben, die darin verkauften und kauften {Mk 11},

Tempel: Und nicht in das Rathaus, denn sein Reich ist nicht von dieser Welt.

Kauften: Wie es auch bei Matthäus steht im 21. Kapitel. Denn die Priester hatten in den Vorhöfen des Tempels einen Markt oder Handel angerichtet, dass sich dort fanden die Tauben, Schafe, Ochsen und dergleichen zum Kauf, auf dass die so da opfern wollten, das Opfer gleich zur Hand hätten. Denn weil ein guter Teil von den Opfern den Priestern zugutekam, so gaben sie dem Volk damit Anlass, dass sie desto öfter und mehr opferten, und überredeten die Leute, solche Werke des Opfers wären vor Gott so angenehm und wohlgefällig, dass er um der Opfer willen die Sünde verzeihen würde, und das ewige Leben geben. Darum wurden viele Opfer getan, damit die Priester einen großen Nutzen davon hatten. Dazu aber lehrten sie nichts von Christus, dessen Vorbild die Opfer im Alten Testament waren, bestanden auch nicht auf eine wahre Buße bei dem Volk. Es ist aber diese Tat Christi eine besondere Heldentat gewesen, dass er die Käufer und Verkäufer mit äußerlicher Gewalt aus dem Tempel getrieben hat, die uns aber nicht befähigt solches nach zu tun. Und soll ein jeder in seinem Beruf darauf achten, was dieser für eine Verpflichtung hat, damit er nicht aus einer Ungebührlichen, und zur Unzeit angestellten Nachfolge das Ziel seines Berufes überschreite. So ein Jahrmarkt wie hier, ist vor Zeiten im Papsttum angerichtet worden, mit Ablass und Messe kaufen und verkaufen. Ja, was ist im Papsttum nicht für Geld angeboten worden? Der Himmel, und Gott selbst, wie einer ihrer Poeten selbst geschrieben hat. Darum hat Gott endlich Dr. Martin Luther aufgeweckt, dass er aus einem göttlichen Eifer, doch mit keiner äußerlichen Gewalt, sondern durch das Predigtamt des göttlichen Wortes, an vielen Orten solche Kaufleute aus dem Tempel Gottes, nämlich, aus der christlichen Kirche ausgemustert hat.

46. und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben: Mein Haus ist ein Bethaus; ihr aber habt es gemacht zur Mördergrube.

Geschrieben: {Jes 56} So verteidigt also Christus sein Tun mit der Propheten Weissagung.

Mördergrube: Wie euch vorzeiten der Prophet Jeremias in Kapitel 7 zuvor geweissagt hat. Denn die Israeliten sollten in dem Tempel Gottes Wort hören, und besonders die Verheißungen von Christus lernen, auch durch die Opfer daran erinnert werden, dass sie durch den Tod des Messias eine Genugtuung, und durch den Glauben an ihn das ewige Leben erlangen. Aber ihr (spricht Christus) verführt das Volk mit Verfälschung der Lehre und unterrichtet sie, dass sie auf die Werke der Opfer ihr Vertrauen setzen sollten, verdarben und töteten also die armen Seelen. Darum werden an dem Ort, da man den wahren Gottesdienst verrichten sollte, geistliche Morde begangen. Dabei man zu merken hat, dass die Übung der falschen Religion nichts anderes ist, denn eine Mördergrube, da die armen Seelen gewirkt und in den ewigen Tod gestürzt werden. Darum, obgleich die abgöttischen Kirchen mit Gold, Silber, und Edelsteinen glänzt, so sind und bleiben sie dennoch nichtsdestoweniger Mördergrube, bis sie mit einer gottseligen Reformation von der Abgötterei und anderen falschen Gottesdiensten gereinigt werden.

47. Und lehrte täglich im Tempel. Aber die Hohepriester und Schriftgelehrten und die Vornehmsten im Volk trachteten ihm nach, dass sie ihn umbrächten,

Im Tempel: Denn die Lehre der Wahrheit scheut das Licht nicht, wie es bei den Wiedertäufern und Schwenkfelder Irrtümer ist, die im Finstern herumschleichen.

Umbrächten: Wie es auch Johannes im 12. Kapitel bezeugt. Denn die eingewickelte, veraltete und verhärtete Bosheit, verursacht die halsstarrigen Leute viel eher dazu, dass sie frommen Kirchendienern begehren zu schaden, als dass sie sich bessern sollten.

48. und fanden nicht, wie sie ihm tun sollten; denn alles Volk hing ihm an und hörte ihn.

Fanden nicht: Sie konnten sich kein Mittel erdenken, wie sie ihn solcher Gestalt angreifen könnten, damit sie selber darüber nicht auch in Gefahr kamen.

Hörte ihn: Mit Fleiß zu, wenn er predigte. Darum hatten sie Sorge, wenn sie Gewalt gegen ihn täten, dass nicht etwa das Volk einen Aufruhr erregte, dadurch solche Furcht nicht berechtigt wäre. Denn dass Christus das Volk nicht vor seinen Feinden beschützen wollte, hat die Tat mit seinem Leiden genügend erklärt. Es gibt aber Gott den Feinden seines Wortes eine Furcht, dass sie sich vor frommen Kirchendienern scheuen, bis diese ihren Lauf ihres Berufes vollendet haben.


Das 20. Kapitel

  • Die Pharisäer stellen Christus zur Rede, dass er den Tempel reformierte. Christus legt ihnen eine Frage vor von der Taufe des Johannes. Spricht danach vom Weinberg, der den Bauleuten vermietet war und von den Pharisäern, die den Eckstein verwerfen. Auch von dem Zins, den man dem Kaiser geben soll. Weiter widerlegt er die Lehre der Sadduzäer, welche die Auferstehung der Toten leugneten, und handelt davon, wie Christus Davids Sohn und Herr sei. Zum Schluss zeigte er an, was die Pharisäer und Schriftgelehrten für Leute gewesen sind.

1. Und es begab sich der Tage einen, da er das Volk lehrte im Tempel und predigte das Evangelium, da traten zu ihm die Hohepriester und Schriftgelehrten mit den Ältesten

Evangelium: Von der Güte und Barmherzigkeit Gottes gegen den bußfertigen Sünder.

Schriftgelehrten: Welche es heftig verdross, dass Christus ein paar Tage zuvor die Käufer und Verkäufer aus dem Tempel getrieben hatte, darum stellen sie ihn zur Rede, wie auch Matthäus 21 und Markus 11 solches beschreiben.

2. und sagten zu ihm und sprachen: Sage uns, aus was für Macht tust Du das? Oder wer hat Dir die Macht gegeben?

Gegeben: Dass Du nicht nur das Volk öffentlich lehrst, da Dir doch das von uns nicht befohlen ist, sondern Du hast Dich unterstanden in diesen Tagen, die Kirche zu reformieren, als Du die Käufer und Verkäufer aus dem Tempel getrieben und der Wechsler Tische umgestoßen hast, alles ohne unseren Befehl. Warum drängst Du Dich selber in ein fremdes Amt? Denn es steht uns zu, und nicht Dir, zu verbessern, wenn etwas nicht richtig im Tempel geschieht. Es konnten zwar die Hohepriester zu Jerusalem solch einen Markt und Handel, welcher im Tempel geschah, nicht richtig nennen oder verteidigen, sondern sie bestanden darauf, dass es Christus nicht zusteht, den Tempel von solchen Verfälschungen zu reinigen. Gleichermaßen bekennen auch die römischen Päpste und ihre Anhänger häufig, dass viele Missbräuche in der Kirche Gottes eingeschlichen sind, aber Luther, oder anderen frommen Fürsten haben nicht die Macht, solches abzuschaffen, sondern es ist allein des römischen Papstes Amt. Aber im Alten Testament wäre die Kirche von den Priestern und Hohepriestern von der Abgötterei niemals gereinigt und wiederum zurechtgebracht worden, wo Gott nicht Propheten und fromme Könige erweckt hätte, welche den verdorbenen Zustand in der Religion wiederum verbessern müssen. Denn es ist die Welt so verstockt, dass sie viel lieber ihren Dreck stecken und verderben lassen will, als eine notwendige Besserung zuzulassen.

3. Er aber antwortet und sprach zu ihnen: Ich will euch auch ein Wort fragen, sagt mir es:

Antwortet: Welche Antwort Christi machen möchte, um eine Entschuldigung zu suchen. Aber die Antwort reimt sich in Wahrheit eigentlich nicht auf die Frage der Hohepriester und lehrt, dass er solches, was er getan hat, zu tun Macht habe, oder nicht?

4. Die Taufe des Johannes, war sie vom Himmel oder von Menschen?

Menschen: Weil Johannes der Täufer von Gott gesandt, zu lehren und zu taufen, oder hat er ein solches Amt aus eigener Willkür auf sich genommen, und alles aus seinem Kopf erdacht? Ist er ein Diener Gottes oder ein Verführer und Betrüger gewesen? Was meint ihr? Warum wollt ihr mir keine Antwort geben? Aber, ihr habt ihn nicht für einen Propheten gehalten, sondern auch für den Messias annehmen wollen, da ihr ihm die Ehre des Messias durch eure Abgesandten auftragen wolltet, wenn er sie nur hätte annehmen wollen. Wenn ihr denn so viel auf ihn gehalten habt, wie ihr zu selben Zeit wolltet angesehen sein, warum glaubt ihr denn seinem Zeugnis nicht, dass er mir gab? Er hat aber gesagt: Ich sei der Sohn Gottes und das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trage, und hat also deutlich genug zu verstehen gegeben, dass ich der Messias bin. Wenn ihr darum Johannes den Täufer glaubt, so dürft ihr nicht viel fragen, ob und von wem ich die Macht habe, die Kirche zu reformieren? Man muss aber hier beachten, dass das rechtmäßige reine Predigtamt des Evangeliums vom Himmel, das heißt, himmlisch sei, welches von Gott eingesetzt und erhalten wird. Aber die menschlichen Träume und das Geschwätz, so es anstatt der Lehre der Wahrheit vorgebracht wird, sind von den Menschen, und gehen mit der Zeit unter und verschwinden. Davon Gemaliel in den Geschichten der Apostel redet: Ist der Rat oder das Werk aus den Menschen, so wird es untergehen. Ist es aber aus Gott, so könnt ihr es nicht aufhalten, auf dass ihr nicht so erkannt werdet, als die wider Gott streiten wollen {Apg 5}.

5. Sie aber gedachten bei sich selbst und sprachen: Sagen wir, vom Himmel, so wird er sagen: Warum habt ihr ihm denn nicht geglaubt?

Sie aber: Nämlich, die Hohepriester und Schriftgelehrten merkten, dass sie gefangen waren.

Vom Himmel: Das Predigtamt des Johannes ist von Gott gewesen, der ihn gesandt und die himmlische Wahrheit gelehrt hat.

6. Sagen wir aber, von Menschen, so wird uns alles Volk steinigen, denn sie stehen darauf, dass Johannes ein Prophet sei.

Von Menschen: Dass er keinen rechtmäßigen und göttlichen Beruf gehabt hat, sondern er hat es aus seinem Kopf erdacht, was er gelehrt hat und ist darum ein Verführer gewesen.

Steinigen: Wenn man es von uns erfährt. Dieses war eine vergebliche Furcht der Hohepriester, welche aus einem bösen Gewissen kam. Denn es hatte das Volk Johannes des Täufers Ermordung auch nicht zu rächen begehrt: Aber ein böses Gewissen fürchtet sich viel, wo doch nicht zu fürchten ist.

7. Und sie antworteten, sie wüssten es nicht, wo sie her wäre.

Wüssten es nicht: Sie waren also gefangen. Denn welche anderen mit Listen nachstellen, die werden in ihren eigenen Stricken gefangen (wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein).

8. Und Jesus sprach zu ihnen: So sage ich euch auch nicht, aus was für Macht ich das tue.

Tue: Denn sie sind es nicht wert, dass man mit ihnen viel diskutiert, welche sich nicht der Wahrheit befleißigen, sondern nur auf Lästerungen abgerichtet sind.

9. Er fing aber an, zu sagen dem Volk dieses Gleichnis: Ein Mensch pflanzte einen Weinberg und verpachtete ihn an Weingärtner und zog über Land eine gute Zeit.

Weinberg: Mit diesem Gleichnis hat Christus auf die Bosheit der Schriftgelehrten, Hohepriester und Pharisäer gedeutet, welche das Volk in der Religion unterrichteten, und den Weinberg des Herrn Pflanzen sollten, sie aber ihr Amt nicht richtig verrichteten. Wenn jemand ihr Amt kritisierte, dem legten sie alle Schmach an. Solches war bereits vor langer Zeit und vielen Jahren in der israelitischen Kirche geschehen. Dieses Gleichnis wird auch bei Matthäus 21 und Markus 12 beschrieben. Der Weinberg aber des Herrn ist das Haus Israel und die Männer Juda sind seine Kinder, spricht Jesaja im 5. Kapitel. Die israelitische Kirche hat Gott den Hohepriestern und Schriftgelehrten zu bauen befohlen, da er das öffentliche Predigtamt in der Wüste eingesetzt hat. Und sie sollten den Weinberg so bauen, dass die Leute, wie die Reben, aus wahrem Glauben an den Messias viele gute Früchte brächten zur Ehre Gottes. Gott aber ist von Natur aus unsichtbar, und nachdem er das Gesetz gegeben und Aaron, der erste Hohepriester, gestorben war, ist er den anderen Priester nicht mehr sichtbar erschienen, bis zur Menschwerdung Gottes. Heutigen Tages wird der Weinberg des Herrn den Weingärtnern dann gegeben, wenn sie zum Predigtamt ordentlich berufen werden, welche die Kirche Gottes lehren, und die Sakramente austeilen sollen. Es werden auch unter den evangelischen Kirchendienern gefunden, welche ihr Amt fahrlässig tun, als wenn der Herr nicht gegenwärtig wäre und ihre Trägheit nicht sehe. So leben viele Zuhörer des Evangeliums so, als ob der Herr nicht vorhanden ist, und nicht wisse, was sie im Sinn haben. Besonders aber reimt sich dieses Gleichnis auf die römischen Päpste. Denn nachdem Gott der Herr durch den Apostel Paulus die Kirche zu Rom gepflanzt und etliche fromme Nachkommen zurückgelassen hat, sind später die römischen Päpste gekommen, haben angefangen aus der Art zu schlagen, haben den Bau liegen lassen und sich der Geldsucht, dem Ehrgeiz und den Wolllüsten ergeben, in der Summe also so gelebt, als wenn Gott nicht vorhanden ist, und ihre Bosheit nicht sehen kann.

10. Und zu seiner Zeit sandte er einen Knecht zu den Weingärtnern, dass sie ihm gäben von der Frucht des Weinberges. Aber die Weingärtner stäupten ihn und ließen ihn leer von sich.

Geben: Dass er forderte, was sie gemeinsam im Vertrag vereinbart hatten. Denn dass man seine Einkommen per Vertrag bestätigt, und solche Einkommen fordert, ist keinem verboten, wenn solche Verträge nicht gegen Recht und Billigkeit sind. Und hatten zwar die Priester im Alten Testament, die Erstlinge, den Zehnten, und ein Teil der Opfer, also dass sie den Weinberg nicht vergebens bauten. Aber Gott forderte auch zu Recht seines Namens Ehre und der Seelen Seligkeit. Und ist ein Knecht zu den Weingärtnern oder Bauleuten gesandt worden, so oft Gott einen Propheten erweckte, der die Hohepriester und Schriftgelehrten an ihr Amt erinnerte, und den verdorbenen Zustand der Kirche zu verbessern angefangen hat. Aber wie solche Knechte empfangen wurden, wird hier von Christus angezeigt.

Leer von sich: Sie haben sie mit Worten gestraft und mit leeren Händen wieder fortgeschickt.

11. Und über das sandte er noch einen andern Knecht; sie aber stäupten diesen auch und verhöhnten ihn und ließen ihn leer von sich.

12. Und über das sandte er den Dritten; sie aber verwundeten den auch und stießen ihn hinaus.

Dritten: Denn Gott hat zu unterschiedlichen Zeiten Propheten geschickt, die auf Fahrlässigkeit, Geiz, Laster und Verfälschung der Religion geschimpft haben. Die Priester sind erinnert worden, dass sie ihrem Amt besser nachkommen sollten, damit es zu Gottes Ehre reicht, und viel Seelen dem Herrn gewonnen würden. Aber die Propheten sind von den obersten und untersten Priestern übel empfangen worden, wie besonders Zacharias, des Priesters Jojades Sohn, und des Propheten Jeremias Beispiele bezeugen. Darum sagt auch der Heilige Stephanus den Priestern ins Angesicht: Welchem Propheten haben eure Väter nicht verfolgt, und sie getötet, die da zuvor kündigten die Zukunft dieses Gerechten, welchen ihr nun zu Vertretern und Mördern geworden seid {Apg 7}? Es hat auch Gott immer etliche fromme Kirchendiener an unterschiedlichen Orten erweckt, die der römischen Päpste Bosheit und Verfälschung in der Religion ernstlich aufgedeckt haben. Aber diese sind verbrannt, oder auf andere Weise ermordet worden, sofern sie von den römischen Päpsten und ihren Anhängern ergriffen wurden. Als Beispiel ist uns Johannes Hus und seinesgleichen gegeben. Die anderen frommen Kirchendiener aber, so sie nicht in ihre Gewalt gekommen sind, haben sie in den Bann geschlagen, um sie zu vertilgen.

13. Da sprach der Herr des Weinberges: Was soll ich tun? Ich will meinen lieben Sohn senden; vielleicht, wenn sie den sehen, werden sie sich scheuen.

Tun: Weil die Bauleute, laut unseres Vertrages, mir die versprochenen Früchte nicht geben wollen und meinen Knechten noch darüber alle Schmach anlegen?

Sohn: Der von Ewigkeit her aus meinem Wesen von mir gezeugt wurde, der soll Mensch werden, und unter den Leuten wohnen, auf dass er mein Weingärtner ist und die Bauleute ihres Amtes erinnere.

Scheuen: Und sie werden ihn nicht leer abweisen dürfen, noch andere Schmach anlegen, wie sie den vorigen Knechten getan haben. Es ist aber der Sohn Gottes zu diesen Weingärtner gesandt worden, da er nicht nur Mensch geworden ist, sondern auch das Lehr- und Predigtamt öffentlich verwaltet hat. Und hätten die Hohepriester, Pharisäer und Schriftgelehrten den Sohn Gottes, da er Mensch geworden ist, besonders, weil er mit so viel herrlichen Wunderwerken sich sehen ließ, nicht verstoßen sollen.

14. Da aber die Weingärtner den Sohn sahen, dachten sie bei sich selbst und sprachen: Das ist der Erbe; kommt, lasst uns ihn töten, dass das Erbe unser sei!

Unser sei: Dass wir danach frei und ohne jemandes Einrede herrschen können.

15. Und sie stießen ihn hinaus vor den Weinberg und töteten ihn. Was wird nun der Herr des Weinberges denselben tun?

Töteten: Sie haben aber den Sohn Gottes auch aus dem Weinberg gestoßen und getötet, da sie ihn, als ob er Gotteslästerer wäre, zum Tode verdammt und später mithilfe der römischen Kriegsknechte außerhalb der Stadt Jerusalem gekreuzigt. Es liegen aber auch alle diejenigen dem Herrn Christus Schmach an, welche die reinen Kirchendiener verfolgen. Denn so spricht Christus zu seinen Jüngern, als er sie zu Kirchendienern bestellt hatte: Wer euch hört, der hört mich, und wer euch verschmäht, der verschmäht mich {Lk 10}.

16. Er wird kommen und diese Weingärtner umbringen und seinen Weinberg andern austun. Da sie das hörten, sprachen sie: Das sei ferne!

Er wird: Solches haben etliche von den Umherstehenden geantwortet, wie es Matthäus im 21. Kapitel meldet.

Anderen austun: Dass sie ihn bauen. Das ist erfüllt worden, da Gott die Hohepriester, Pharisäer und Schriftgelehrten verworfen hat, und sie endlich durch das römische Kriegsheer besiegt wurden. Das Predigtamt aber hat er den Aposteln und ihren ordentlichen Nachkommen befohlen.

Sei ferne: Gott wird uns nicht verstoßen, sondern wir werden unsere priesterliche Würde behalten, wenngleich wir Dir, Jesus von Nazareth, nicht gefallen. Wenn auch die untreuen und unnützen Diener in der Kirche meinen, sie werden immer ungestraft und glückselig bleiben, so werden sie aber doch von Gott verstoßen und ewig gestraft werden. Und es kann wohl geschehen, dass sie noch in dieser Welt ihr Amt verlieren, und andere an ihrer statt gestellt werden. Wie es denn an vielen Orten Deutschlands durch die besondere Gnade Gottes geschehen ist, da man die Pfaffen und faulen Bäuche, die der Erde eine unnütze Last gewesen sind abgeschafft, und andere gute Kirchendiener an ihrer statt eingesetzt hat.

17. Er aber sah sie an und sprach: Was ist denn das, dass geschrieben steht: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein worden {Mt 21v42 Apg 4v11 Röm 9v33}?

Sie an: Mit großem Ernst. Und es wird Christus weiter der Hohepriester, Pharisäer und Schriftgelehrten Bosheit bekannt machen, da sie ihn, als den Messias, von Gott gesandt verwahren, und lehrt, was sie für Strafen dafür erhalten werden

Steht {Ps 118}: Da fügt er weiter hinzu: Von dem Herrn ist solches geschehen, und es ist ein Wunder vor unseren Augen. Diese Weissagung (spricht Christus) redet von mir: Ihr sollt die Bauleute sein und Gott eine Kirche bauen von lebendigen Steinen, darin er wohnt wie in seinem Heiligen Tempel. Aber was geschieht: Ihr seid ganz unerfahren und ungeschickte Baumeister. Denn mich, als den vornehmsten Eckstein, darauf die ganze Kirche gegründet ist, verwerft ihr, als ob ich ein solcher Stein wäre, den man keinen Platz in diesem geistlichen Bau lassen soll. So groß ist eure Unwissenheit und Bosheit. Aber mein himmlischer Vater setzt mich dennoch zum Eckstein, darauf Gott eine Kirche gebaut wird, die aus zwei Völkern, Juden und Heiden bestehen wird, welche beide ganz widerwärtige Völker, durch mich als einen Eckstein, gut zusammengefügt und in einen Bau vereinigt werden sollen. Über diese Sache (die aber also von Gott beschlossen worden ist) sie sich verwunderten. So ist darum Christus, so er von den Hohepriestern verworfen wurde, der rechte Eckstein, und wer auf diesen aus Glauben erbaut wurde, der wird nie verderben. Denn also sagt von ihm Jesaja. Darum spricht der Herr, Herr, siehe, ich lege in Zion einen Grundstein, einen bewährten Stein, einen köstlichen Eckstein, der wohl gegründet ist, wer glaubt, der flieht nicht {Jes 28}. Das heißt: Er wird nicht zuschanden werden, noch vor dem Angesicht des zornigen Gottes fliehen, sondern er wird einen gnädigen Gott haben. Denn wenn wir durch den Glauben gerecht geworden sind, so haben wir Frieden mit Gott {Röm 5}. Diesen Spruch des Propheten erklärt der Apostel Petrus so: Wenn ihr zu Christus, diesem lebendigen Stein gekommen seid, der von den Menschen verworfen, aber bei Gott auserwählt und köstlich ist. Und auch ihr, als die lebendigen Steine, baut euch zum geistlichen Haus und zum Heiligen Priestertum, zu Opfern geistlicher Opfer, die Gott angenehm sind durch Jesum Christus. Darum steht in der Schrift: Siehe da, ich lege einen auserwählten köstlichen Eckstein in Zion, und wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden. Euch nun, die ihr glaubt, ist er köstlich. Den Ungläubigen aber ist der Stein, den die Bauleute verworfen haben und zum Eckstein geworden ist, ein Stein des Anstoßes, und ein Fels des Ärgernisses, die sich stoßen an dem Wort, und glauben nicht daran, darauf sie gesetzt sind {1Petr 2}. Darum ist Christus den Gläubigen ein Eckstein, darauf sie erhalten werden, den Ungläubigen aber ist er ein Stein, daran sie sich stoßen.

18. Welcher auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen; auf welchen aber er fällt den wird er zermalmen.

Welcher: Jetzt folgt, wie es denen gehen wird, die mit gottlosen Gedanken sich an diesem christlichen Stein stoßen, dass sie begehren, ihn umzustoßen oder zu beschädigen.

Zermalmen: Beide Sprüche haben den gleichen Verstand, dass, nämlich, die Lästerer und Verfolger Christi um des Evangeliums übel umkommen werden. Denn es hat noch nie ein Ketzer oder Tyrann etwas bei dem Herrn Christus gewinnen können, sondern sie haben sich alle die Köpfe an ihm gestoßen und sind zugrunde gegangen. Davon der Prophet Jesaja geweissagt hat: Ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses (wird nämlich, der Herr Zebaot, der Messias sein) den zwei Häusern Israel, zum Strick und zum Fall den Bürgern zu Jerusalem, dass sich viele daran stoßen, fallen, zerbrechen, verstrickt und gefangen werden {Jes 8}.

19. Und die Hohepriester und Schriftgelehrten trachteten danach, wie sie die Hände an ihn legten zu der selbigen Stunde, und fürchteten sich vor dem Volk; denn sie vernahmen, dass er auf sie dieses Gleichnis gesagt hatte.

Und: Jetzt folgt was Christus mit seiner ernstlichen Erinnerung bei den Hohepriestern, Schriftgelehrten und Ältesten ausgerichtet hat.

Fürchten: Dass sie nicht erwürgt würden, weil das Volk damals dem Herrn Christus noch anhing, die Hohepriester ihm aber feind waren.

Auf sie: Sie vernahmen, dass die Gleichnisse vom Weinberg und der Spruch des Psalms von dem Eckstein, so sie verworfen wurden, auf sie gedeutet waren. Wir sehen hier also, dass die verstockten Leute durch nützliche Erinnerungen sich nicht bessern, sondern schlimmer werden. Und welche in Religionssachen eines Irrtums oder Unrechts überwiesen werden, die denken an keine Besserung, sondern wie sie eine Verfolgung anrichten wollen. Dennoch sind reine Kirchendiener den Feinden ein Schrecken, bis sie den Lauf ihres Berufes beendet haben.

20. Und sie hielten auf ihn und sandten Laurer aus, die sich stellen sollten, als wären sie fromm, auf dass sie ihn in der Rede fingen, damit sie ihn überantworten könnten der Obrigkeit und Gewalt des Landpflegers.

Hielten: Sie nahmen jede Gelegenheit wahr, wie sie ihm schaden könnten, und meinten, sie hätten etwas gefunden, wie sie ihn mit List in eine Gefahr stürzen könnten, wie auch Matthäus, 22 und Markus, 12 bezeugen. Denn weil sie ihn öffentlich nicht mit Gewalt angreifen durften, so haben sie es mit List versucht, ihm beizukommen.

Fingen: Sie wollten etwas von ihm hören, das man verlästern könnte, damit er in eine Gefahr kommt.

Überantworten: Als einen aufrührerischen Menschen, der die Leute mit seiner Lehre zum Abfall gegen die Römer bewegte. Und sie meinten dabei, sie hätten einen Weg gefunden, dass Christus aus dem Wege geräumt werden könnte, sie aber bei dem Volk nicht so ein Ansehen hätten, als ob sie der Grund seines Todes gewesen wären. Denn die Heuchler meinen, sie sind vor Gott an dem Totschlag nicht schuldig, wenn sie unschuldige Leute der weltlichen Obrigkeit zu strafen überantworten, weil sie dabei nicht selbst ihre Hand anlegen. So findet man Leute, die andere durch List in Gefahr bringen, dass man nicht meint, dass sie die Ursache dazu wären. Wenn aber etliche Gelegenheit suchen, dass sie etwas verlästern möchten, so müssen die Kirchendiener mit der Antwort sich vorsehen.

21. Und sie fragten ihn und sprachen: Meister, wir wissen, dass Du aufrichtig redest, und lehrest und achtest keines Menschen Ansehen, sondern Du lehrst den Weg Gottes recht.

Und lehrst: Dass Du aus Gunst oder Feindschaft Dich nicht bewegen lässt, etwas zu reden oder zu tun, dass gegen Recht und Billigkeit ist.

Weg Gottes: Die himmlische Lehre, so Dir von Gott vertraut ist, legst Du dem Volk treu und unverfälscht vor, darum begehren wir zu hören über eine sehr wichtige Frage. Die Heuchler haben die Liebe im Mund und den teuflischen Hass im Herzen. Ihre Worte sind wie Öl, und sind doch scharfe Schwerter, spricht David im Psalm 55. So viel aber die Kirchendiener angeht, sollen sie mit rechtschaffenem und unerschrockenem Gemüt lehren und sagen, was recht und wahr ist, ohne Ansehen der Personen, dass sie nicht aus Furcht die Wahrheit verschweigen, noch ihre Begierden anstatt des göttlichen Eifers vorwenden.

22. Ist es recht, dass wir dem Kaiser den Schoß (Steuer) geben oder nicht?

Oder nicht?: Denn Du weißt, dass wir Gottes Volk sind, darum begehren wir der römischen Obrigkeit auch gehorsam zu sein, dass wir dennoch, unseres Gewissens wegen, gegen Gott nicht sündigen, wenn wir den römischen Kaiser höher hielten, als es sich gebührte. Es meinten aber die Heuchler, Christus könnte ihnen nicht entgehen, er müsste jetzt Haare lassen und in der Antwort sich vergreifen. Sagt er, man sollte dem Kaiser den Zins nicht geben, so hätten die Heuchler, Herodes Diener mit sich genommen, wie es Matthäus meldet, welche der weltlichen Obrigkeit vorbringen würden, Christus wäre ein Aufrührer. Er würde sagen, dass man die Steuern geben soll, so hofften sie, er würde sich bei dem Volk verhasst machen, welches in großer Anzahl auch dabei und dem Joch des römischen Kaisers mit großem Unwillen unterworfen war. Wenn er nun die Gunst des Volkes verloren hat, so glaubten sie, dass er leicht, ohne Aufruhr des Volkes, könnte unterdrückt werden. Es pflegt aber das gemeine Volk mit großem Unwillen zur Unterhaltung des Regimentes seine Steuern zu geben, obwohl es großen Nutzen davon hat. Und so erdenken die Heuchler gegen fromme Leute oft listige Ratschläge, dass sie meinen, es braucht weinig, fromme und einfältige Leute müssen in ihre Netze geraten. Aber Gott wendet der Heuchler Bosheit über ihren Kopf. Sie graben eine Grube, und fallen selbst hinein.

23. Er aber merkte ihre List und sprach zu ihnen: Was versucht ihr mich?

Merkte: Denn Christus weiß um der Herzen Gedanken.

24. Zeigt mir den Groschen; wes Bild und Überschrift hat er? Sie antworteten und sprachen: Des Kaisers.

Zeigt: Lasst mich sehen, wie ihr zu dieser Zeit die Münze zu gebrauchen pflegt.

25. Er aber sprach zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist {Röm 13}.

So gebt: Denn weil ihr das römische Joch doch längst auf euch genommen habt, welches dadurch bewiesen ist, dass ihr durch den Gebrauch der römischen Münze euch auch in die Untertätigkeit des Römischen Reiches begeben habt, so ist es richtig, dass ihr in allen weltlichen Sachen dem Kaiser den ordentlichen Gehorsam leistet, wie es frommen und treuen Untertanen zusteht. Daneben aber sollt ihr dem römischen Kaiser gehorchen, dass ihr auch Gott seine Ehre unverrückt erhaltet und dem römischen Kaiser zu gefallen nichts wider Gott handelt. Muss man darum der weltlichen Obrigkeit gehorsam sein, Steuern zu zahlen und andere Geschäfte zu verrichten, die von uns gefordert werden; aber doch in Religionssachen nicht wider unserem Gewissen handeln. Nichtsdestoweniger werden viele gefunden, die, um der Steuer zu entgehen, einen Aufruhr erregen, oder, wenn sie nichts mehr können, so murren sie doch gegen die ordentliche Obrigkeit. Wenn es aber die Religion betrifft, da tun sie der Obrigkeit alles zu gefallen, als ob kein Gott mehr im Himmel wäre, dem man etwas schuldig wäre.

26. Und sie konnten sein Wort nicht tadeln vor dem Volk und verwunderten sich seiner Antwort und schwiegen stille.

Schwiegen: Denn die Gottlosen bestehen in ihrer listigen Bosheit mit Schande, wenn sie andere begehren in Schaden zu bringen und zu verderben. Es haben aber dennoch diese Buben sich nicht gebessert, obwohl sie so eine Nachricht von Christus empfangen hatten, die sie nicht tadeln konnten. Dennoch logen sie später nichtsdestoweniger vor Pilatus, als sie sagten, Christus hätte verboten, dem Kaiser die Steuern zu geben. Denn die Verleumder hören nicht auf zu lügen, wenngleich sie eine richtige und unumstößliche Antwort empfangen haben.

27. Da traten zu ihm etliche der Sadduzäer, welche da halten, es sei kein Auferstehen, und fragten ihn

Zu ihm: Nämlich zu Christus. Denn nachdem er die zuvor genannten Lauscher mit einer klugen Antwort abfertigt, siehe, da kommen andere neuen Feinde, die Sadduzäer, welche sich unterstehen, Christus durch Diskutieren schamrot zu machen, wie es auch Matthäus, 22 und Markus, 12 berichten. Christus ist gesetzt zum Zeichen, dem widersprochen wird, das heißt: Alle Sekten widersprechen der göttlichen Lehre, und alle Welt will am Herrn Christus zum Ritter werden. Die Sadduzäer aber hatten ihre besondere Sekte unter den Juden, und waren solche Leute, die nur die fünf Bücher Mose annahmen, der Prophetenschriften achteten sie nicht. Sie führten aber einen äußerlich ehrbaren Wandel, darum sie sich auch Sadduzäer, das heißt, die Gerechten nannten. Von dieser Sekte steht also geschrieben in der Apostelgeschichte 23.: Die Sadduzäer sagen, es sei keine Auferstehung, noch Engel, noch Geist. Sie erwarteten aber die Belohnung von Gott nicht in jener Welt, sondern in diesem zeitlichen Leben, denn sie glaubten an kein anderes Leben nach diesem, sondern meinten nichts anderes, als die Seele ginge mit dem Leib zugrunde wie ein unvernünftiges Tier. Zu wünschen wäre es, dass heutigentags im Christentum viele durch ihren Wandel zu verstehen geben, dass auch sie an keine Auferstehung der Toten glauben. Denn diese Sekte hat nur ihren Namen verloren, aber ihre Nachkommen behalten.

28. und sprachen: Meister, Mose hat uns geschrieben {5Mos}: So jemandes Bruder stirbt, der ein Weib hat, und stirbt erblos, so soll sein Bruder das Weib nehmen und seinem Bruder einen Samen erwecken.

Erwecken: Das heißt: Er soll einen Sohn zeugen, den er nach dem Namen seines Bruders nennt, und desselben Erbe, als ob er sein Vater gewesen ist, ihm widerfahren lassen. Denn es hat Gott im Alten Testament den Unterschied der Güter und Geschlechter im Lande Kanaan erhalten wollen, auf dass man einmal erkundigen könnte, aus welchem Stamm der versprochene Heiland der Welt, Christus, geboren würde, und dass der rechte Messias, wenn man ihn gegen die Weissagungen der Propheten hielte, könnte erkannt werden. Heutigen Tages aber darf einer seines Bruders Witwe nicht nehmen, weil die Ursache dieses Gesetzes nicht mehr gilt, denn des Bruders Weib ist im ersten Grad mit dem Schwager verwandt. Damit aber vornehme Geschlechter durch einen unfruchtbaren Ehestand nicht untergehen, so muss man solches mit dem Gebet von Gott erhalten.

29. Nun waren sieben Brüder. Der Erste nahm ein Weib und starb erblos.

30. Und der andere nahm das Weib und starb auch erblos.

31. Und der Dritte nahm sie. Desselben gleichen alle sieben und ließen keine Kinder und starben.

32. Zuletzt nach allen starb auch das Weib.

33. Nun in der Auferstehung, wessen Weib wird sie sein unter denen? Denn alle sieben haben sie zum Weibe gehabt.

Gehabt: Dieses Beispiel setzen oder dichten die Sadduzäer und meinen, sie wollen damit beweisen, was für ein ungerechtes Ding daraus folgen würde, wenn man an die Auferstehung der Toten glaube. Denn sie sahen nicht, welchem unter den sieben Brüdern das Weib im anderen Leben könnte mit Recht zugestellt werden, da die anderen sechs Brüder dann des Ehestandes beraubt würden und behindert hingehen. Dass sie aber alle sieben Brüder zugleich und miteinander gemeinsam haben sollten, wäre nach ihrem Bedenken noch ungereimter. In dieser Gestalt sucht die menschliche Vernunft in Religionssachen ungereimte Dinge, womit die Wahrheit des göttlichen Wortes verleugnet wird, gerade, als ob Gott nicht viele Wege und Weise hätte, denn wir wissen und kennen, dadurch er solche ungereimten Sachen abhelfen könnte.

34. Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Die Kinder dieser Welt freien und lassen sich freien;

Dieser Welt: Nämlich, die Menschen so sie noch in dieser Welt leben, pflegen sich zu verheiraten. So ist der Ehestand in dieser Welt nötig, auf dass man Kinder zeugt, weil das menschliche Geschlecht sterblich ist und innerhalb weniger Jahren anders zugrunde ginge, wenn es durch den Ehestand nicht wiederum ersetzt würde. Darum hat der Ehestand in dieser Welt seine Berechtigung. Aber für diejenigen, die Gott zum ewigen Leben und zur Seligkeit auferwecken wird, wird es viel anders sein, weil sie unsterblich sind. Darum benötigen sie auch keinen Ehestand im Himmel. Denn es wird kein himmlischer Bürger mehr sterben, darum ist es auch nicht nötig, dass anstatt der Verstorbenen andere gezeugt werden müssten. Und weil in der Auferstehung die Kinder Gottes alle ohne Sünde heilig, und frei von allen bösen Lüsten hervorgehen werden, so werden sie die Arznei ihres Standes gegen die bösen Begierden auch nicht bedürfen, sondern werden ein engelisches Leben führen, in höchster Keuschheit und Reinigkeit der Seelen und des Leibes. Darum muss man nicht viel diskutieren, wer von den sieben Brüdern in jener Welt das Weib zur Ehe haben werde, davon ihr jetzt redet. So gehört der Ehestand nur zu diesem Leben und ist um des Kinder zeugen willen eingesetzt worden, auf dass die Zahl der Auserwählten Gottes erfüllt werde: Auch ist der nach dem Fall eine Arznei, auf dass, welche den Ehestand gebrauchen, also vor Hurerei und Ehebruch bewahrt werden, aber im anderen Leben wird kein Ehestand mehr sein, sondern die Auserwählten werden zugleich mit den Engeln Gott den Vater, Sohn, und Heiligen Geist mit Lob und Freudengesängen ohne Aufhören preisen.

35. welche aber würdig sein werden, jene Welt zu erlangen und die Auferstehung von den Toten, die werden weder freien noch sich freien lassen.

36. Denn sie können künftig nicht sterben; denn sie sind den Engeln gleich und Gottes Kinder, dieweil sie Kinder sind der Auferstehung.

37. Dass aber die Toten auferstehen, hat auch Mose gedeutet bei dem Busch, da er den Herrn heißt Gott Abrahams und Gott Isaaks und Gott Jakobs.

Das: Bis jetzt hat Christus der Sadduzäer Einrede widerlegt, welche sie von einer ungereimten Sache vorgebracht haben. Jetzt beweist Christus die Auferstehung der Toten aus der Heiligen Schrift.

Mose: Diese Schriften verwerft ihr Sadduzäer nicht.

Busch: Dener brennen sah, und doch nicht verzehrt wurde.

Heißt: Dass er meldet, wie er Gottes Stimme gehört hat und der folgenden Worte, die zu ihm gesprochen wurden {2Mos 3}.

38. Gott aber ist nicht der Toten, sondern der Lebendigen Gott; denn sie leben ihm alle.

Ihm alle: Das will so viel sagen: Es hat Gott selber geredet, dass er den Patriarchen, Abraham, Isaak und Jakob ein gnädiger Gott sei, aber da Gott diese Worte zu Mose gesagt hatte, waren diese Patriarchen längst des zeitlichen Todes gestorben. Wenn nun im Tode die Seele mit dem Leib zugleich stürbe, wie bei den unvernünftigen Tieren, was hätte es denn den Patriarchen genutzt, dass sie einen gnädigen Gott hätten, da sie doch anders zunichtegeworden wären? Und ist der ganze Mensch nicht nur die Seele, sondern auch der Leib, dazu ist des ersten Menschen Leib zuvor gewesen, als die Seele: Darum muss es notwendig so sein, dass auch der Leib wieder auferweckt werde, seine Seele wieder zu ihm komme, und also der ganze Mensch in alle Ewigkeit der Gnade und Güte Gottes das andere Leben genieße. Es lehrt aber Christus mit seinem Beispiel, dass man die Widersacher aus der Heiligen Schrift überzeugen muss, und nicht aus der Weltweisen oder Philosophen Bücher; wie auch, dass man aus den Büchern der Schrift Zeugnis bringen muss, welche die Widersacher selbst nicht verwerfen können. Es bestätigt aber Christus der Toten Auferstehung, auf dass wir nicht allein dieses Artikels unseres christlichen Glaubens vergewissert sein sollen, sondern auch, dass wir unseren Herrn und Heiland Jesus Christus im Himmel gegenwärtig sind, der unseren Leib verklären wird, dass er ähnlich werde seinem verklärten Leibe, nach der Wirkung, damit er kann auch alle Dinge ihm untertänig machen {Phil 3}.

39. Da antworteten etliche der Schriftgelehrten und sprachen: Meister, Du hast recht gesagt.

Recht gesagt: Und die Sadduzäer recht widerlegt, weil Du der Toten Auferstehung aus der Schrift sehr gut bestätigt hast. Denn es müssen auch die Widersacher selbst häufig der Wahrheit Zeugnis geben.

40. Und sie durften ihn weiter nichts mehr fragen.

Fragen: Sie zogen also mit Schaden davon. Denn die Wahrheit behält zum Schluss die Oberhand.

41. Er sprach aber zu ihnen: Wie sagen sie, Christus sei Davids Sohn {Mt 22v42 Mk 12v35};

Sagen Sie: Die Schriftgelehrten. Welche, wenn sie das Volk lehrten, oft nur von liederlichen Sachen handelten, wie vom vielen Waschen, von der Kleiderordnung, dem Zehnten und dergleichen anderen Sachen, die zu der rechten Erkenntnis Gottes wenig nutzen. Und wenn sie von ganz wichtigen Sachen handelten, so drangen sie nur auf das Gesetz Mose von äußerlichen Werken. Von Christus aber, der Welt Heiland, lehrten sie entweder nichts oder doch nichts Rechtes. Denn sie meinten, er würde nur ein einfacher Mensch sein aus Davids Geschlecht. Darum Christus ihnen eine Frage vorgelegt hat, damit er sie und ihre Zuhörer zu der wahren Erkenntnis des Messias zeigte. Also hat man vorzeiten im Papsttum den größten Teil der Predigten und Gespräche mit Menschensatzungen zugebracht, oder sie sind mit anderen Spitzfindigkeiten umgegangen, die weder die Zuhörer noch die Lehrer selbst verstanden. Und waren ihre Predigten den Spinnweben gleich, welche viel Kunst und wenig Nutzen haben. Sie sagten aber von Christus und seinen Guttaten ganz wenig und auch nichts Rechtes. Denn sie legten die Seligkeit den Werken zu und nicht dem Verdienst Christi allein. Darum Dr. Luther, im seligen Gedächtnis richtig getan hat, dass er die Christen zu der wahren Erkenntnis unseres Heilandes Jesu Christi gewiesen hat.

42. Und er selbst, David, spricht im Psalmbuch: Der Herr hat gesagt zu meinem Herrn: Setze Dich zu meiner Rechten,

43. bis, dass ich lege Deine Feinde zum Schemel deiner Füße.

44. David nennt ihn einen Herrn, wie ist er denn sein Sohn?

Sein Sohn: Denn welcher König oder großer Herr hat jemals seinen Sohn seinen Herrn genannt? Es haben die Schriftgelehrten auf diese Frage nicht antworten können, weil sie meinten, der verheißene Messias würde nur ein einfacher Mensch und nicht Gott sein, darum sie auch nur zeitliche Güter von ihm begehrten. Dieses Zeugnis aber des 110. Psalms gibt den Beweis Christi, dass Christus nicht nur ein Mensch, sondern auch wahrer Gott ist, welchen König David aus Erleuchtung des Heiligen Geistes für seinen Herrn und Gott erkannt und geehrt hat. Dieser ewige Gott aber ist Mensch geworden und hat sich nach seiner Menschheit gesetzt zur Rechten Gottes. Nun ist die Rechte Gottes kein gewisser Ort, weil Gott der Vater ein Geist ist, der weder rechts noch links hat, sondern es bedeutet die Rechte Gottes in der Schrift, seine Majestät und Allmacht {Ps 118}. Diese ist überall gegenwärtig. Darum hat der Mensch Christus, so zur Rechten Gottes des Vaters sich gesetzt, göttliche Majestät und Allmacht empfangen, dass er gegenwärtig herrscht, und regiert im Himmel und auf Erden. Darum sagt er auch: Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. Es regiert darum Christus Gott und Mensch in gleicher Gewalt mit dem Vater, bis alle seine Feinde, auch wenn sie rohe sichere Leute, oder Heuchler, oder Ketzer, oder Tyrannen, ihm unterworfen werden, dass er sie mit Füßen trete. Denn also redet Christus im Psalm 18. Ich will meinen Feinden nachjagen, und sie ergreifen, und nicht umkehren, bis ich sie umgebracht habe. Und etwas später: Ich will sie umstoßen, wie Staub mit dem Wind. Ich will sie wegräumen, wie Kot auf der Gasse. Man soll es aber nicht so halten, wenn die Feinde Christi vertilgt werden, dass er dann nicht mehr zur Rechten des Vaters sitzen wird. Denn das Wörtlein bis macht am Reich und an der Majestät Christi kein Ende.

45. Da aber alles Volk zuhörte, sprach er zu seinen Jüngern:

46. Hütet euch vor den Schriftgelehrten, die da wollen auftreten in langen Kleidern und lassen sich gerne grüßen auf dem Markte und sitzen gerne obenan in den Schulen und über Tisch.

Schriftgelehrten: Welche sich für Lehrer des Gesetzes und der Schrift ausgeben. Denn es ist nicht genug, dass er heilsame Sachen lehre, wenn er die Zuhörer nicht warnt und erinnert, dass sie sich vor den falschen Lehren hüten sollen. Darum führt Christus in diesem Stück sein Amt und warnt das Volk, dass sie durch der Schriftgelehrten und ihres gleichen Heuchler äußerlichen Schein nicht betrogen werden, davon auch Matthäus, 22 und Markus, 12 berichten.

Kleidern: Dass sie auch mit einer besonderen Kleidung ihre Heiligkeit zu verstehen geben wollten.

Grüßen: Innerlich freuten sie sich heimlich, wenn sie bei vielen Leuten mit einer besonderen Ehrerbietung und mit großen tragenden Titeln angesprochen wurden.

Obenan: Sie wollen überall gerne vorne sein und für die Vornehmsten gehalten werden. Denn sie stecken voller Ehrgeiz und innerliche Hoffart. Es verwirft hier Christus keine ehrbare Kleidung, die einem Prediger in seinem Amt zusteht, sondern die zur Heuchelei dient, wie heutigentags die Jesuiten. So ist ihm auch das gebührliche Grüßen nicht zuwider, weil solches nicht nur eine Höflichkeit, sondern einem Gebet gleich ist. Wie er auch den Unterschied und die Ordnung bei Tisch zu den Mahlzeiten sich nicht missfallen lässt; sondern dem Ehrgeiz ist er feind, da sich einer mit vielen Titeln kitzelt und von allen anderen aus Übermut vorgezogen wird. Denn Paulus gebietet, dass einer aus wahrer Demut andere Leute höher halten soll, als sich selbst {Phil 2}.

47. Sie fressen der Witwen Häuser und wenden lange Gebete vor; die werden desto schwerere Verdammnis empfangen {Mt 23v14}.

Gebete vor: Sie stellen sich, als beten sie lange und viel für die Wohlfahrt der Menschen, betrügen aber dadurch die Witwen, damit sie ihr Hab und Gut solchen falschen Heuchlern zuschieben, weil sie meinen, es könne nicht besser angelegt werden, als wenn sie es so heiligen Leuten schenken, welche mit ihrem Gebet ihnen das ewige Leben zuwege bringen. Denn das weibliche Geschlecht, besonders die Witwen, werden von solchen Heuchlern leicht betrogen. Es haben durch solche Kunst vorzeiten die Mönche und Messpfaffen, nicht allein der Witwen, sondern auch die Güter großer Herren verschlungen, unter dem Schein der langen Gebete. Wie denn mit gleicher Heuchelei noch heutigentags die Jesuiten sich bei den reichen Witwen anschmeicheln. Welche aber unter dem Schein der Religion und Frömmigkeit andere betrügen, um so Geld und Gut zusammenzukratzen, die tun eine doppelte Sünde. Darum sie am Jüngsten Tage ein umso schwereres Urteil der Verdammnis empfangen werden. Man hat hier auch zu beachten, dass Christus an diesem Ort zweierlei Laster an den Schriftgelehrten beschimpft: Den Ehrgeiz und die Geldsucht, welche beide einem Prediger schlecht anstehen. Denn wenn auch solche noch in der Lehre rein sind, aber mit diesem Laster, einem oder beidem, eingenommen wurden, die bleiben selten beständig bis ans Ende. Denn sie verwirren entweder die Kirche mit einer neuen Lehre oder verleugnen die Wahrheit, damit sie größere Ehre bekommen, oder aber ihre Güter behalten oder vermehren. Darum sollen wir Gott bitten, dass er uns vor solchem Gift der Seelen behüten möchte.


Das 21. Kapitel

  • Christus spricht von den Witwen, welche zwei Scherflein in den Gotteskasten gelegt haben. Von den Zeichen, die vor der Zerstörung Jerusalems und vor dem Jüngsten Tage hergehen werden. Von den Verfolgungen, welche die Kirche bedrücken werden. Dass man sich vor Völlerei und überflüssiger Sorge der Nahrung hüten soll, dazu wachen und beten. Er lehrt im Tempel.

1. Er sah aber auf und schaute die Reichen, wie sie ihre Opfer einlegten in den Gotteskasten.

Er sah: Es sah Jesus im Tempel, wie es auch Markus erzählt (Kapitel 12). Denn die Juden legten eine Steuer zusammen, dass der Gottesdienst und der Bau des Tempels wie auch die Armen davon unterhalten würden. Obwohl nun wir an die Zeremonien und weltlichen Gesetze der Juden nicht gebunden sind, so ist es doch richtig, dass die Christen, ein jeder nach seinem Vermögen auch zur Erhaltung des Predigtamtes und der Schulen und zur Nahrung der Amen etwas geben. Den gleichwie unsere Eltern nicht also für uns gebetet haben, dass wir nicht beten dürften, so haben sie auch nicht in der Meinung für uns Almosen gegeben, dass wir davon befreit sein sollten. So ist es dem Regiment christlicher Herren eine Schande, wenn die armen und elenden Leute auf der Straße betteln gehen müssen. Denn also hatte Gott vorzeiten den Israeliten befohlen: Es soll allerdings kein Bettler unter euch sein, denn der Herr wird Dich segnen im Lande, dass Dir der Herr dein Gott geben wird {5Mos 15}. Darum soll man in gut bestellten Regierungen darauf achten, dass die Armen nicht vor den Türen das Brot sammeln, sondern aus dem Gotteskasten unterhalten werden.

2. Er sah aber auch eine arme Witwe, die legte zwei Scherflein ein.

3. Und er sprach: Wahrlich, ich sage euch, diese arme Witwe hat mehr denn sie alle eingelegt.

4. Denn diese alle haben aus ihrem Überfluss eingelegt zu dem Opfer Gottes; sie aber hat von ihrer Armut alle ihre Nahrung, die sie hatte, eingelegt.

Eingelegt: Darum diese Witwe ein viel größeres Almosen gegeben hat, als die Reichen, welche viel Geld in den Gotteskasten geworfen hatten. Denn die Reichen können des Geldes, welches sie gegeben haben, gut entbehren, und es geht ihnen an dem, was sie bedürfen nichts verloren. Diese aber bedurfte ihres Geldes oder Hellers sehr wohl, und hat dennoch ihr ganzes Gut in den Gotteskasten legen wollen, damit sie etwas zur Unterhaltung des Gottesdienstes und der Amen gab. Darum sind diese beiden Scherflein vor Gott mehr geachtet, als das viele Geld der Reichen, die sie zum heiligen Schatz gelegt haben. Es lehrt aber Christus mit diesen Worten, dass niemand so arm ist, der nicht etwas zum Gottesdienst, und zur Unterhaltung der Amen geben könnte. Darum mögen die wohl zu sehen, was sie einmal Gott dem Herrn antworten wollen, welche, wenn sie dem Nächsten mit einem Almosen helfen sollen, entweder gar nichts geben, oder doch sehr wenig, weil sie ihr geringes Vermögen als Entschuldigung nehmen, aber wenn es um ein Gastmahl, überflüssige Kleidung, spielen geht, oder mit Huren viel Geld vertan wird, da will man ganz reich sein. Solche werden in dieser und in jener Welt verflucht sein.

5. Und da etliche sagten von dem Tempel, da er geschmückt wäre von feinen Steinen und Kleinoden, sprach er {Mt 24v1 v2 Mk 13v1 v2}:

Und: Jetzt folgt eine Weissagung Christi von der Zerstörung Jerusalems und vom Jüngsten Tage, zu welcher Weissagung die Jünger dem Herrn Christus Anlass geben, da sie ihm den gewaltigen und christlichen Bau des Tempels zu Jerusalem mit Verwunderung zeigten. Denen Christus zur Antwort gibt: Dass dieser Tempel zugrunde geht und zerstört wird. Da nun die Jünger meinten, dass solches nicht geschehen könnte vor dem Jüngsten Tage, so fragten sie von den Zeichen, die vor der Zerstörung des Tempels und der Welt Ende hergehen werden, weil sie in dem Wahn waren, dass beides zugleich geschehen würde. Darum antwortet Christus auf beide Fragen: Welches wir uns merken sollen und sehr beachten müssen. Denn, was später folgt, zum einen Teil die Zerstörung von Jerusalem, und das andere vom Jüngsten Tage verstehen muss, obwohl kein gefährlicher Irrtum dabei zu besorgen ist, wenn jemand auf den Jüngsten Tag verweist, wenn von der Zerstörung Jerusalems geredet wird. Denn es ist sehr gleich zwischen der Zeit, die vor der Zerstörung Jerusalems hergegangen ist, und die vor dem Jüngsten Tage hergehen wird. Und es sieht sich gleich an, als ob Christus mit Fleiß beide Sachen durcheinander gemengt, damit niemand sich unterstünde, eine gewisse Zeit des Jüngsten Tages zu bestimmen. Es ist aber der Evangelist Lukas in der Beschreibung dieser Sache etwas kürzer, als die anderen Evangelisten, sagt aber doch davon, so viel nötig ist.

Geschmückt: Es ist aber der Tempel ganz köstlich zugerichtet gewesen, weil die Steine Meter groß waren, die darin verbaut wurden. Denn Herodes, mit den Zunahmen der Größe, auf dass er das jüdische Volk sich gewogen machte, den Tempel zu Jerusalem mit großen Kosten auf das Herrlichste zu richtete und so bestätigte, dass es nicht nur ein köstliches Gebäude, sondern auch eine Festung gewesen ist. Dazu hatten viele große Güter gegeben, dass man ihn zierlich schmücken und herausputzen sollte. Und kann man aus des Josephi Geschichten entnehmen, was es für ein Bau war und was für Schätze darin gelegt waren. Darum die Jünger, da sie ihn angesehen hatten, sich darüber verwundert haben. Denn die menschliche Vernunft hält diese Orte viel zu hoch und achtet darauf zu viel, die wohl bestätigt und zierlich erbaut sind, und bedenkt nicht, wie leicht solches alles, was die Welt achtet, zugrunde gehen kann.

6. Es wird die Zeit kommen, in welcher das alles, dass ihr seht, nicht ein Stein auf dem andern gelassen wird, der nicht zerbrochen werde.

Zerbrochen werde: Nach wenigen Jahren. Denn weil der Tempel durch der Pharisäer und Schriftgelehrten falscher Lehren verunreinigt und entheiligt wurde, und das Volk in den Wahn gefallen war, dass Gott ein Gefallen an ihren Opfern hätte, und damit ihre Sünde versöhnt würde, wenngleich sie mit den Sünden weitermachen. Und weil die Priester die Predigten des Evangeliums in diesem Tempel nicht leiden wollten, so wurde Gott solcher Bosheit endlich überdrüssig und fing an, einen Gräuel an dem Tempel zu haben, darum er ihn von den Heiden verwüsten und zerstören ließ, obwohl Titus, der römische Kaiser, ihn mit großem Fleiß zu erhalten begehrte. So wird es auch einmal den Katholiken gehen, welche ihre Abgötterei mit Gotteslästerungen, Schwertern und Feuer schützen. Und haben auch die nichts Besseres zu erwarten, welche mit Wissen und Willen zulassen, dass sich andere Verfälschungen der Religionen und der himmlischen Lehre in den Kirchen einschleichen.

7. Sie fragten ihn aber und sprachen: Meister, wann soll das werden? Und welches ist das Zeichen, wann das geschehen wird?

Das werden?: Lieber sage uns, ist es noch eine lange Zeit bis dahin, dass eine solche große Veränderung aller Dinge sich begeben wird, und lehre uns, aus welchen vorhergehenden Zeichen wir erkennen sollen, dass die Zerstörung der Stadt und des Tempels nahe, ist. Matthäus sagt: Sie haben auch noch weiter gefragt, welches das Zeichen sein würde zu seiner Zukunft und der Welt Ende? Christus aber nennt keine gewisse Zeit, Jahr oder Tag vor den beiden, sondern erzählt von etliche Zeichen, die zuvor geschehen werden, und ermahnt nicht nur die Jünger, sondern auch alle Christen, dass sie zu solchen gefährlichen Zeiten sich rüsten sollen, damit sie nicht verführt werden oder aus Ungeduld in Trübsal nicht bestehen.

8. Er aber sprach: Seht zu, lasst euch nicht verführen! Denn viele werden kommen in meinem Namen und sagen, ich sei es, und: Die Zeit ist herbeikommen. Folgt ihnen nicht nach!

Namen: Dass sie sich die Ehre des Messias selbst zumessen werden und Unruhe erregen, darin sie selbst umkommen und die ihnen nachfolgen.

Kommen: Diese aufrührerischen Leute werden sich rühmen, sie sind von Gott gesandt, das jüdische Volk aus der Gewalt der Römer zu erlösen, und werden falsch ausgeben, sie sind Christus. Darüber sie mit ihrem Anhang zugrunde gehen werden. Darum müsst ihr euch vor solchen Verführern hüten, dass ihr keinen anderen Christus annehmt, als mich. Und es bezeugen auch die Geschichten der Apostel und die Geschichte der Kirche, dass nach der Auferstehung Christi sich etliche gefunden haben, die diese Weissagung erfüllt haben. Heutigen Tages aber tun die katholischen Heuchler genau dasselbe, welche ihre guten Werke verkaufen und sich rühmen, dass sie mit den Messen und anderen dergleichen Gottesdienste der Leute Sünden versöhnen. Denn das ist etwas anderes, als: Ich bin Christus, dein Erlöser, der Deine Sünden auslöscht.

9. Wenn ihr aber hören werdet von Kriegen und Empörungen, so entsetzt euch nicht. Denn solches muss zuvor geschehen; aber das Ende ist noch nicht so bald da.

Wenn: Was jetzt folgt, obwohl es auf die Zeit der Zerstörung sich ansehen lässt, so gehört es doch auch zu den gefährlichen Zeiten, die vor dem Jüngsten Tage geschehen werden.

Empörungen: Es sind aber vor der Zerstörung von Jerusalem Kriege vorhergegangenen, besonders aber ist das jüdische Regiment mit allerhand Aufruhr heftig angefochten worden, wie Josefos in seinen Büchern vom jüdischen Krieg bezeugt. Also, dass viel Bürger in der Stadt die Belagerung leichter und erträglicher einschätzten als die zuvor geschehenen Aufruhren. Es geschieht aber, dass zuvor Aufruhr entsteht, wenn ein Regiment zugrunde gehen soll. Und sind die Kriege, die heutigentags vor dem Jüngsten Tage geführt werden, der Aufruhr ähnlich wie den rechtmäßigen Kriegen. Doch es ist wohl möglich, dass auch diese Kriege zuvor wiederum gestillt werden, ehe Christus kommt. Denn zur Zeit seiner Zukunft werden die Leute sicher sein und sagen: Es ist Friede, es hat keine Gefahr {1Thes 5}. Darum auch Christus selber sagt, das Ende ist noch nicht so schnell da.

10. Da sprach er zu ihnen: Ein Volk wird sich erheben über das andere und ein Reich über das andere.

Erheben: Die Welt wird rumoren, als hätten die Leute zusammen geschworen, sich selber untereinander zu verderben.

11. Und werden geschehen große Erdbeben hin und her, teure Zeit und Pestilenz. Auch werden Schrecknisse und große Zeichen vom Himmel geschehen.

Erdbeben: Dadurch wird angezeigt, dass die menschliche Bosheit so groß ist, dass es die Erde nicht mehr dulden kann. Sie wird deshalb davor erzittern, dass sie so gottlose Leute trägt, derer sie sich gern entledigen wollte.

Schrecknisse: Obwohl die teure Zeit und Pestilenz für sich selbst schwere Strafen sind, jedoch die Leute nicht zur Buße gebracht werden, so werden noch andere real schrecklichere Plagen folgen, gegen welche die zuvor angezeigte nur ein Scherz gewesen sind.

12. Aber vor diesem allem werden sie die Hände an euch legen und verfolgen und werden euch überantworten in ihre Schulen und Gefängnisse und vor Könige und Fürsten ziehen um meines Namens willen {Mt 10v17 Mk 13v6}.

Aber: Jetzt macht Christus eine Weissagung hinzu von den Verfolgungen, deren etliche vor der Zerstörung der Stadt Jerusalem, etliche vor dem Jüngsten Tage geschehen werden.

Legen: Dass sie euch nicht nur widersprechen werden, wenn ihr mein Evangelium lehrt, sondern sie werden auch Gewalt gegen euch gebrauchen.

Schulen: Dass ihr in diesen ein Zeugnis eures Glaubens und eure Lehre gebt.

Ziehen: Man wird euch vor der weltlichen Obrigkeit verklagen, dass ihr mit eurer neuen Lehre Unruhe im Regiment anrichtet. Wir sollen aber die Verfolgungen um des Namens Christi willen uns nicht schämen, noch verdrießen lassen, wenn wir, nämlich, von wegen der rechten Religion etwas leiden müssen {1Petr 4}. Denn unser Lohn wird groß sein im Himmel {Mt 5}.

13. Das wird euch aber widerfahren zu einem Zeugnis.

Zeugnis: Gegen die gottlosen Leute, welche der rechten Religion nicht achten wollen, dass sie sich nicht entschuldigen können. Denn wenn um der Religion willen Verfolgungen entstehen, so kommt die Wahrheit an den Tag, welche zuvor wenigen bekannt gewesen ist. Welche darum auch dann die Wahrheit der christlichen Religion nicht lernen wollen, die werden aus dem gerechten Urteil Gottes verdammt und können keine Unwissenheit vorwenden, als ob sie von der wahren und selig machenden Religion nichts gehört hätten.

14. So nehmt nun zu Herzen, dass ihr nicht sorgt, wie ihr euch verantworten sollt.

Zu Herzen: Ihr sollt es für gewiss wissen, dass es nicht nötig sein wird, euch ängstlich zu bedenken, was ihr denen antworten wolltet, die euch eines Irrtums und einer Gottlosen Lehre oder auch der Aufruhr fälschlich beschuldigen. Doch will Christus nicht, dass wir die Hauptstücke unserer christlichen Religion nur als eine Hausarbeit der Schule lernen sollen. Sondern er hat uns die Furcht ausreden wollen, wir könnten nicht bestehen, wenn wir den Feinden mit der Wahrheit auf ihre Spitzfindigkeiten und Lästerungen, die sie uns vorwerfen, antworten sollen. Denn Gott wird uns den Heiligen Geist geben, dass wir ordentlich antworten, und nicht mit Schanden bestehen, sondern die Widersacher vielmehr zuschanden werden. Welches auch zu unseren Zeiten oft geschehen ist, da einfältige Leute die Gedanken der Sophisten ausgetrieben haben.

15. Denn ich will euch Mund und Weisheit geben, welcher nicht sollen widersprechen mögen noch widerstehen alle eure Widerwärtigen.

16. Ihr werdet aber überantwortet werden von den Eltern, Brüdern, Gefreundeten und Freunden; und sie werden euer etliche töten.

Und Freunden: Die Spaltung in der Religion wird alle natürlichen Zuneigungen aufheben, also dass weder die Eltern der Kinder, noch die Kinder der Eltern, noch die Verwandten untereinander, noch ein Freund des anderen schonen wird. Denn der Satan, welcher der Verfolger Herzen besitzt, zerbricht auch alle natürliche Zuneigung, damit er sein grausames Gemüt sättige.

Töten: Denn gleichwie unter einem siegreichen Kriegsvolk etliche umkommen und dennoch der Sieg erhalten wird, so werden in den Verfolgungen etliche Bekenner getötet, und kann doch die Lehre des Evangeliums nicht vertilgt werden, sondern sie behält endlich die Oberhand, die Verfolger aber werden vertilgt.

17. Und ihr werdet gehasst sein von jedermann um meines Namens willen.

Namens: Denn die Welt hasst die Christen nicht darum, dass sie Sünder sind, sondern weil sie die reine Religion bekennen. Was aber wohl lasterhafte Leute sind, die mag die Welt leiden, allein die Frommen will sie nirgends dulden oder aufkommen lassen.

18. Und ein Haar von eurem Haupt soll nicht umkommen.

Umkommen: Ohne den Willen eures himmlischen Vaters. Obwohl nun die Welt uns hasst, und uns nachstellt, so kann sie uns doch nicht ein Haar von unserem Haupt krümmen bis wir das Ziel unseres Lebens erreicht haben, welches Gott uns bestimmt hat. Darum sollen wir unseren Beruf mit standhaftem Gemüt ausüben und uns dazu fleißig machen.

19. Fasst eure Seelen mit Geduld!

Fasst: Nach Luther: Das heißt, lasst eure Seele nicht ungeduldig werden.

Mit Geduld: So werdet ihr eurem Leben und eurer Seligkeit am besten einen Rat schaffen, wenn ihr alle Widerwärtigkeit mit christlicher Geduld überwindet. Denn welche in den Verfolgungen das Ziel ihres Berufes überschreiten, und sich in aufrührerischer Weise widersetzen wollen, die stürzen sich in viel größeres Unglück, hängen dem Evangelium eine Schande an und kommen endlich mit bösem Gewissen um, welches leider viele Beispiele bis heute bezeugt haben.

20. Wenn ihr aber sehen werdet Jerusalem belagert mit einem Heer, so merkt, dass kommen wird ihre Verwüstung {Mt 24v15 Mk 13v14}.

Wenn: Was jetzt folgt, geht allein auf die Zerstörung Jerusalems.

Verwüstung: Dass die Stadt Jerusalem nicht mehr gerettet wird, damit sie nicht in die Hände der Feinde kommt, wie vorzeiten oft geschehen ist. Sie wird sich aber auch nicht ergeben und mit dem Feind einen Vertrag eingehen, damit sie bestehen bleiben könnte, sondern sie wird mit Gewalt erobert und total zerstört werden. Denn wenn Gott sehr lange vergebens auf die Buße wartet, so wird er endlich verdrossen und schüttet allen seinen Zorn über die unbußfertigen Sünder aus, dass sie an Leib und Seele und mit allen Gütern verderben.

21. Alsdann wer in Judäa ist, der fliehe auf das Gebirge; und wer mitten drinnen ist, der weiche heraus; und wer auf dem Lande ist, der komme nicht hinein.

Fliehe: Auf dass er nicht auch den Feinden in die Hände falle.

Nicht hinein: In das jüdische Land, damit er nicht den Römern in die Hände falle. Denn wenn sich für uns eine Gefahr zeigt, so sollen wir unserem Leben beizeiten Rat schaffen, soweit es unser Beruf zulässt, auf dass wir Gott nicht versuchen.

22. Denn das sind die Tage der Rache, dass erfüllt wird alles, was geschrieben ist.

Geschrieben ist: In den Weissagungen der Propheten, von der Juden Strafe und Untergang. Denn Gott wird die Bosheit und Undankbarkeit dieses Volkes rächen, weil sie den Messias verachtet und verworfen haben. Es verwerfen aber auch die den Messias, welche sein Evangelium verachten und verfolgen. Darum können Sie auch der göttlichen Rache gewiss sein. Es haben aber die Propheten von der letzten Zerstörung Jerusalems oft geweissagt. Besonders hat Daniel hell und klar davon zuvor verkündigt, da er sagte: Und ein Volk des Fürsten wird kommen und die Stadt und das Heiligtum zerstören, dass es ein Ende haben wird, wie durch eine Flut. Und bis zum Ende des Streites wird es wüste bleiben. Und bald später: Und bei den Flügeln werden stehen sieben Gräuel der Verwüstung, und ist beschlossen, dass bis ans Ende die Verwüstung begegnen wird {Dan 9}. Denn Gott sieht der Völker Bosheit zuvor, und bestimmt ihnen ihre angemessenen Strafen.

23. Wehe aber den Schwangeren und Säugerinnen in den selbigen Tagen! Denn es wird große Not auf Erden sein und ein Zorn über dies Volk.

Und Säugerrinnen: Weil solche Personen nicht gut fliehen können, darum können Sie schwer der Flucht entrinnen. Denn in den Strafen für die Länder werden etliche mit mehr Unglück überfallen als andere. Und welche im Ehestand sind, können sich weniger aus der Gefahr wenden. Darum haben die es besser in gefährlichen Zeiten, welche außer dem Ehestand sind, als welche, die im Ehestand leben. Um welcher Ursache willen der Apostel Paulus, wegen seiner damals bevorstehenden Verfolgungen, den ehelosen Stand vorzog, sofern doch solche ehelosen Personen die Gabe der Keuschheit haben {1Kor 7}.

Zion: Nämlich, der Zorn Gottes wird das jüdische Volk überfallen, dass es der gerechten und ernsten Strafe Gottes nicht wird entgehen können.

24. Und sie werden fallen durch des Schwertes Schärfe und gefangen geführt unter alle Völker; und Jerusalem wird zertreten werden von den Heiden, bis dass der Heiden Zeit erfüllt wird.

Schwertes Schärfe: Die Juden werden ohne alle Barmherzigkeit erwürgt werden.

Gefangen: Welche dem Schwert entfliehen konnten, die werden unter mancherlei Völker zerstreut werden und dort in einer elenden Dienstbarkeit leben. Man hält es aber so, dass die erschlagenen Juden und derer, die gefangen weggeführt wurden, gewesen sind über 11 mal 100.000 Personen, wie es Josef Roth meldet. Und sind die heutigen Juden, welche hin und her in der ganzen Welt herumschweifen, dieser Gefangenen elenden Nachkommen. So oft wir darum einen Juden sehen, sollen wir uns des göttlichen Zornes erinnern, der über sie ausgeschüttet wurde, und sollen Gott bitten, dass er unsere Undankbarkeit gegenüber dem Evangelium Christi nicht auch mal mit gleichen Strafen rächen wolle.

Heiden Zeit: (Nach Luther)Jerusalem muss unter den Heiden sein, bis die Heiden zum Glauben bekehrt werden, das heißt, bis ans Ende der Welt, denn der Tempel wird nicht wieder erbaut werden {Mt 23v38}.

Erfüllt: Das heißt: Solange die Heiden oder Völker in dieser Zeit leben werden, wird die Stadt zertreten, zerstört und verwüstet bleiben und niemals wieder erbaut werden. Denn was heutigentags Jerusalem genannt wird, ist nicht an dem Ort erbaut, wo die Stadt vorher gestanden hat. Sie ist auch nicht in der Gewalt der Juden, sondern in der Gewalt der Moslems. Und als seinerzeit der abtrünnige Kaiser Julianus den Christen zuließ, diesen Tempel wieder aufzubauen, sind Juden durch schreckliche Unwetter von ihrem Vorhaben abgetrieben worden, wie es Eusebius bezeugt in der Geschichte der Kirche. Denn Gott hat zeigen wollen seinen schrecklichen Zorn gegen die Verächter und Verfolger des Evangeliums und allen seinen Nachkommen.

25. Und es werden Zeichen geschehen an der Sonne und Mond und Sternen; und auf Erden wird den Leuten bange sein und werden zagen; und das Meer und die Wasserwogen werden brausen {Mt 24v29}.

Und: Christus wendet sich wieder den Zeichen zu, die vor dem Jüngsten Tage geschehen werden.

Und Sternen: Das heißt: Sonne und Mond werden oft verfinstert werden, und die Sterne werden so sein, als wenn sie vom Himmel fallen. Solche Zeichen werden der Welt ihren Untergang androhen. Denn obwohl die Finsternisse der Sonne und des Mondes und andere Zeichen in der Luft ihre natürlichen Ursachen haben, jedoch gleichwie der Regenbogen, dessen die Wissenschaftler der Natur auch natürliche Zeichen geben, dennoch ein Gnadenzeichen ist, dass Gott nach der Sintflut die ganze Welt nicht mehr mit Wasser verderben will, so können auch die vielen Finsternisse und andere Wundergeschichten in der Luft sein vor der Welt Ende, darum soll man dieselben nicht in den Wind schlagen.

26. Und die Menschen werden verschmachten vor Furcht und vor Warten der Dinge, die kommen sollen auf Erden; denn auch der Himmel Kräfte werden sich bewegen.

Verschmachten: Das heißt: Vor dem Jüngsten Tage werden viele Leute in großen Ängsten sein, dass nur ein bisschen fehlt, bis sie ganz verzagen. Weil sie nicht wissen werden, was dieses Unglück bedeutet, so ihnen vor Augen ist, und was es für ein Ende nehmen wird. So werden auch die Winde mit großer Macht brausen und schreckliche Unwetter auf dem Meer und andere große Wassern erregen, ja die Himmel selbst werden wegen der schrecklichen Wetter den Untergang anzeigen. Darum viele Leute aus Furcht eines sehr großen Unglücks, so ihnen ihre Herzen zuvor sagen, verschmachten werden. Dies alles hat man zu unseren Zeiten erfahren. Denn wie viele Herzen, da man keine genügenden Ursachen weiß, sich selber den Tod angetan haben? Wie schreckliche Sturmwinde entstanden sind, so ganze Häuser umgestoßen haben? Was für schreckliche Unwetter sich begeben haben, da man nicht gewusst hat, dass der Jüngste Tag vorhanden ist? Welches alles Zeichen sind, die zu verstehen geben, dass der Tag des Herrn nicht weit ist.

27. Und alsdann werden sie sehen des Menschen Sohn kommen in der Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit.

Sehen: Denn unser Heiland Jesus Christus wird am jüngsten Tage sichtbar erscheinen mit den heiligen Engeln und in himmlischer und unaussprechliche Herrlichkeit, der jetzt wohl bei seiner Kirche unsichtbar ist alle Tage bis an der Welt Ende. Gleichwie aber seine erste Ankunft in der Knechtsgestalt ganz gering und niedrig gewesen ist, so wird seine andere Ankunft herrlich sein, denn er wird kommen, zu richten die Lebendigen und die Toten.

28. Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, so seht auf und hebt eure Häupter auf, darum dass sich eure Erlösung naht.

Häupter auf: Lasst eure Traurigkeit und wartet auf die Zukunft des Herrn mit Freuden. Denn es sollen die Christen sich vor den Zeichen der Zukunft Christi nicht so sehr erschrecken, dass sie vielmehr eine große Freudigkeit haben, weil Christus kommen wird, und uns erlöst aus allem Übel und uns das ewige Leben geben wird. Und obwohl wir Sünder sind, jedoch wenn wir Buße tun, und an Christus glauben, so werden uns unsere Sünden nicht zugerechnet, darum dürfen wir uns keiner Verdammnis besorgen. Wohl dem (spricht der Psalm), dem die Übertretung vergeben ist, dem die Sünde bedeckt ist. Wohl dem Menschen, den der Herr die Missetaten nicht zurechnet, indes Geist kein falsch ist, das heißt: Der kein Heuchler ist {Ps 32}. Denn dieser Tag wird aller Frommen Jammer und Trübsal ein Ende machen, und die ewige Freude und Seligkeit mit sich bringen.

29. Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht an den Feigenbaum und alle Bäume!

Gleichnis: Daraus wir lernen, wie wir diese Zeit des Jüngsten Tage spüren und merken sollen.

30. Wenn sie jetzt ausschlagen, so seht ihr‘s an ihnen und merkt, dass jetzt der Sommer nahe ist.

Ausschlagen: Wie ihr an den Bäumen das Ausschlagen erkennen könnt, dass der Sommer vorhanden ist, so merkt ihr auch bei den zuvor angezeigten Zeichen, dass meine letzte Ankunft nicht weit ist, da ich euch zu mir nehmen will, dass ihr in meinem himmlischen Reich ewig bei mir sein sollt {Joh 14v17}. Darum sollen wir beachten, dass der Tag des Herrn nah ist, auf dass wir uns dazu rüsten. Aber eine gewisse Zeit seiner Ankunft gebührt uns nicht, zu bestimmen, denn solches hat der Herr gewollt, dass es verborgen bleibt.

31. Also auch ihr, wenn ihr dies alles seht angehen, so wisst, dass das Reich Gottes nahe ist.

32. Wahrlich, ich sage euch, dies Geschlecht wird nicht vergehen, bis dass es alles geschehe.

Wahrlich: Christus macht noch einmal eine Meldung von der Zerstörung Jerusalems, wie auch wir oft zu tun pflegen, wenn wir von zweierlei unterschiedlichen Sachen reden, dass wir von einer auf die andere zukommen pflegen.

Nicht vergehen: Was ich von der Stadt Jerusalem Zerstörung zuvor gesagt habe, das wird ganz gewiss kommen, und es steht so fest wie der Himmel und die Erde; und zwar bis auf den heutigen Tag viele Leute, die solche Zeichen erreichen werden, da Jerusalem zugrunde gehen wird. Denn Gottes Drohungen sind ebenso wahr, als seine Verheißungen, wenn die Sünder nicht Buße tun.

33. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht.

34. Aber hütet euch, dass eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und Saufen und mit Sorgen der Nahrung, und komme dieser Tag schnell über euch;

Aber: Jetzt beschließt Christus seine Predigt mit einer ernsten Ermahnung, dass wir auf seine Zukunft bereit sein sollen.

Und Saufen: Denn welche der Völlerei, Trunkenheit und Wolllüsten ergeben sind, und die sich in die Sorgen dieser Welt so vertiefen, dass sie an keine wahre Buße denken, die sind nicht gerüstet zum Tage des Herrn. Man kann aber auch aus diesen Worten Christi erkennen, dass am Ende der Welt die Leute am meisten dem überflüssigen Essen und Trinken ergeben sein werden, und was daraus folgt, auch dem Geiz heftig nachhängen. Welche Laster zwar heutigentags bis aufs Höchste gekommen sind.

35. denn wie ein Fallstrick wird er kommen über alle, die auf Erden wohnen.

Fallstrick: Womit man die Vögel oder wilde Tiere einfängt.

36. So seid nun wacker immer und betet, dass ihr würdig werden möchtet, zu entfliehen diesem allem, was geschehen soll, und zu stehen vor des Menschen Sohn.

Wacker: Vertreibt die Schlafsucht, dass eure Herzen nicht in fleischliche Sicherheit sich vertiefen.

Würdig werden: Betet oft und fleißig, dass euch Gott in den letzten Zeiten unter so viel Trübsal, Anfechtungen und Unruhe erhalte, auf dass ihr nicht mit den Gottlosen umkommt, sondern wenn Christus kommt, mit fröhlichem und ruhigem Gewissen vor seinem Richterstuhl erscheint, und dort das fröhliche Urteil hören könnt: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, welches euch von Anbeginn der Welt bereitet ist {Mt 25}. Wie sollen wir aber wachen und bereit sein zu dem Tag des Herrn? Das lehrt uns der Apostel Petrus, da er also schreibt: So nun dieses alles geschehen wird, so seid nun geschickt mit heiligem Wandel und gottseligem Wesen, dass ihr wartet, und eilt zu der Zukunft des Tages des Herrn? Und etwas später: Darum, meine Lieben, weil ihr darauf warten sollt, so seid fleißig, dass ihr vor ihm unbefleckt und unsträflich im Frieden gefunden werdet {2Petr 3}. Denn welche Buße getan haben, an Christus glauben, ihrem Beruf fleißig nachkommen und ein gottseliges Leben führen, diese alle sind bereit zu dem Tag des Herrn, und werden mit ihm zu der himmlischen und ewigen Freude eingehen.

37. Und er lehrte des Tages im Tempel; des Nachts aber ging er aus und blieb über Nacht am Ölberg.

Er lehrte: Nämlich, Christus, weil er wusste, dass er noch wenig Zeit hatte bis zu seinem Leiden.

Ölberg: Wo er ohne Zweifel in der Nacht inbrünstig und eifrig gebetet hat, dass Gott die Kirche erhalten und erweitern möchte.

38. Und alles Volk machte sich frühe auf zu ihm, im Tempel ihn zu hören.

Zu hören: Denn Christus lehrte öffentlich im Tempel und scheute das Licht nicht. Wir sollen in unserem Beruf auch fleißig sein, weil uns Gott das Leben verlängert; und wenn Gefahr vorhanden ist, so sollen wir fleißig beten, dass wir alles glücklich überwinden können.


Das 22. Kapitel

  • Judas wird sich mit den Hohepriestern in Jerusalem überein, dass er ihnen Christus verraten will. Die Apostel bereiten das Osterlamm vor. Die Apostel zanken über den Vorzug im Himmelreich. Der Satan versuchte die Apostel durch Streit zu zerstreuen. Christus sagt Petrus vorher, dass dieser ihn verleugnen werde. Betet, dass der Kelch ihm nicht gegeben wird, der ihm vom Vater zubereitet war. Schwitzt Blut, als die Jünger schlafen. Wird von Judas mit einem Kuss verraten. Heilt des Malchus Ohr, welches ihm Petrus abgehauen hat. Wird von Petrus dreimal verleugnet. Von den Kriegsleuten verspottet und geschlagen. Und bekennen, dass er der Sohn Gottes sei.

1. Es war aber nahe das Fest der süßen Brote, das da Ostern heißt.

Süßen Brote: Dieses Fest wurde zum Gedächtnis der Erlösung des israelitischen Volkes aus Ägypten eingesetzt. Denn in dieser Nacht, da er vor dem Auszug des Volkes aus Ägypten vorhergegangenen war, haben die Israeliten auf Gottes Befehl ein Lamm in einem jedem Haus schlachten müssen, und mit dem Blut des Lammes die Pfosten an den Türen bestreichen. Darum der Engel, welcher alle Erstgeburt der Ägypter töten würde, solche Häuser, die mit des Lammes Blut bestrichen gewesen waren, unbeschädigt gelassen hat. Es hat aber Christus auf das Osterfest für unsere Sünde leiden wollen, um anzuzeigen, dass er das rechte Osterlamm ist, welches, wenn wir mit dem Glauben dadurch besprengt werden, uns von dem Tod befreit. Es haben aber die Juden die ganze Zeit über das Osterfest ungesäuertes und süßes Brot essen müssen, um damit zu verstehen zu geben, dass diejenigen, welche die Erlösung Christi, als des unbefleckten Lammes, sich trösten sollen, damit sie die Religion nicht mit dem Sauerteig falscher Lehre verderben lassen (wie es Matthäus im 16. Kapitel schreibt), doch dass der Sauerteig der Laster in unserem Leben mit untergemengt wird. Im 1. Korintherbrief im 5. Kapitel steht solches geschrieben. Was nun die Zeremonien des Osterlammes betreffen, hat solche Mose ausführlich beschrieben. Es fangen aber das Leiden unseres Herrn Jesu Christi an zu beschreiben, Matthäus im 6. und 20. Kapitel, Markus im 14. und Johannes im 13. Kapitel. Dieses Leiden Christi ist eine Versöhnung aller unserer Sünden und des ganzen menschlichen Geschlechtes. Denn das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von allen unseren Sünden {1Joh 1}. Und wenn auch jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christus, der gerecht ist, und der ist die Versöhnung für unsere Sünde, und nicht allein für unsere, sondern auch für die Sünde der ganzen Welt {1Joh 2}. Also so oft wir vom Leiden Christi lesen oder hören, dass ihm etwas Widriges begegnet ist, so oft sollen wir uns erinnern, dass Gott dem Vater für unsere Sünde genug geschehen ist. Darum wir mit der Betrachtung des Leidens Christi unsere Gewissen trösten sollen. Und wir sollen auch zu herzlicher Dankbarkeit aufgemuntert werden, dass wir nicht allein Christus mit dem Vater und den Heiligen Geist loben und preisen, sondern auch uns ganz und gar unter seinen Gehorsam begeben. Denn es ist richtig, weil Christus für alle gestorben ist, dass die, so da Leben, nicht nur für sich weiterleben, sondern dem, der für sie gestorben und wieder auferstanden ist {2Kor 5}. Und weil Christus, das Haupt der Kirche, von den Gottlosen so viel erlitten hat, so sollen wir uns nicht daran ärgern, wenn auch wir, als seine Glieder, etwas Widerwärtiges in dieser Welt leiden müssen, sondern sollen von ihm Geduld lernen, soll ein jeder sein Kreuz täglich auf sich nehmen und Christus nachfolgen {Lk 9}. Wir sollen auch gewiss wissen, dass diese Zeit der Leiden nichts gegen die zukünftige Herrlichkeit sind, die an uns offenbart werden soll {Röm 8}.

2. Und die Hohepriester und Schriftgelehrten trachteten, wie sie ihn töteten, und fürchteten sich vor dem Volk.

Schriftgelehrten: Welche dem Volk das Gesetz zu erklären pflegten.

Fürchten sich: Sie wünschten zwar nichts lieber, denn dass Christus aus dem Weg geräumt werde, obwohl er ihnen Brot gegeben hatte, aber doch besorgten sie sich, wenn sie dieses auf dem Osterfest machen würden, dass sie nicht selber durch einen Aufruhr vom Volk erwürgt würden. Denn es pflegten viele tausend Juden auf das Osterfest nach Jerusalem zu gehen. Und weil Christus nun in ganz Judäa und Galiläa bekannt, von wegen seiner Wunderwerke und Taten, die er den Leuten erzeigt hatte. Es ist aber eine Strafe der Sünden, wenn über jemand beratschlagt wird, wie er könne um das Leben gebracht werde. Solche Strafe hat Christus auf sich genommen, weil wir wert waren, dass uns Gott von seinem Angesicht verstoßen, und auch unsere Namen aus der Menschen Gedächtnis ausgerottet hätte. Daneben sehen wir, wie furchtsam die sind, wegen ihres bösen Gewissens, welchen unschuldigen Leuten mit List nachtrachten. Denn solche fürchten sich vor einem rauschenden Blatt, da doch keine Gefahr ist.

3. Es war aber der Satanas gefahren in den Judas, genannt Ischariot, der da war aus der Zahl der Zwölfe {Mt 26v14 Mk 14v10}.

Ischariot: Denn er wurde angetrieben, dass er seinen selig machenden Christus den Feinden zu verraten in den Sinn nahm. Denn es sind nicht nur die vom Teufel besessen, welche wüten und toben, dass man sie mit Ketten binden und anlegen muss, sondern auch die, welche sich ihm ergeben, und von ihm von einer Sünde in die andere, wie mit Stricken, gezogen werden. Weil nun Judas einer aus den zwölf Apostel gewesen ist, so sollen wir uns nicht daran stoßen, wenn auch heutigentags etliche von der wahren Lehre abfallen, und Verräter und Verfolger der reinen Religion werden. Welche auch eine Zeit lang Freunde gewesen sind, die pflegen später der Kirche größeren Schaden zuzufügen, als andere, welche die Wahrheit nie erkannt haben, noch jemals Bürger der rechten Kirche gewesen sind.

4. Und er ging hin und redete mit den Hohepriestern und mit den Hauptleuten, wie er ihn wollte ihnen überantworten.

Überantworten: Wenn man von Freunden den Feinden überantwortet und verraten wird, ist dies ein großer Jammer und eine Strafe der Sünden, welche Christus, unsere Sünden zu versöhnen, erduldet hat.

5. Und sie wurden froh und gelobten, ihm Geld zu geben.

Wurden froh: Nämlich, die Feinde Christi, dass sie unter seinen eigenen Jüngern einer finden würde, der ihn begehrte, in das Verderben zu bringen. Denn obwohl die Hohepriester und Schriftgelehrten kurz zuvor die Ermordung Christi bis auf eine andere Zeit aufzuschieben beschlossen hatten, wenn nämlich die Juden das Fest verlassen hätten und heimgegangen wären. Jedoch da ihnen diese unverhoffte Gelegenheit kam, haben sie lieber diese Gelegenheit mit Gefahr angefangen, als sie verstreichen zu lassen.

6. Und er versprach es und suchte Gelegenheit, dass er ihn überantwortete ohne Rumor.

Versprach: Dass er ihnen gelobte und zusagte, er wolle Christus in ihre Hände geben. Zu solcher schändlichen Tat hat Judas der Geiz gereizt, welcher, wie Paulus bezeugt, eine Wurzel des Übels ist {1Tim 6}.

7. Es kam nun der Tag der süßen Brote, auf welchen man musste opfern das Osterlamm {Mt 26v17};

Opfern: Es war die Zeit vorhanden, da man das Osterlamm schlachten und essen musste.

8. Und er sandte Petrus und Johannes und sprach: Geht hin, bereitet uns das Osterlamm, auf dass wir es essen.

Bereitet: Rüstet alles zu, was zum Essen des Osterlammes nötig ist. Man musste aber das Osterfest zu Jerusalem halten, an den Ort, welchen Gott zur Übung des Gottesdienstes erwählt hatte {5Mos 16}. Es hat aber Christus dem Gesetz Gottes in allen Stücken vollkommenen Gehorsam leisten wollen, dass seine völlige Genugtuung unseren Ungehorsam zudecke. Denn obgleich wir durch eines Menschen Ungehorsam alle Sünder geworden sind, also werden auch durch eines Gehorsams viele gerecht {Röm 5}.

9. Sie aber sprachen zu ihm: Wo willst Du, dass wir es bereiten?

10. Er sprach zu ihnen: Siehe, wenn ihr hineinkommt in die Stadt, wird euch ein Mensch begegnen, der trägt einen Wasserkrug; folgt ihm nach in das Haus, da er hineingeht,

Wasserkrug: Daraus machen die Katholiken eine lächerliche Sache, dass Christus im Heiligen Abendmahl Wasser und Wein gemischt habe, darum müssen sie in der Messe auch solches tun.

11. und sagt zu dem Hausherrn: Der Meister lässt Dir sagen: Wo ist die Herberge, darin ich das Osterlamm essen möchte mit meinen Jüngern?

12. Und er wird euch einen großen gepflasterten Saal zeigen; dort bereitet es.

13. Sie gingen hin und fanden, wie er ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Osterlamm.

14. Und da die Stunde kam, setzte er sich nieder und die zwölf Apostel mit ihm.

Zwölf: Auch hier muss man sehr darauf achten, dass Judas Ischariot auch bei dem letzten Abendessen gewesen ist, denn auch danach, da das Abendmahl des Herrn bereits gehalten wurde, spricht Christus: Doch siehe, die Hand meines Verräters ist mit mir über Tisch.

15. Und er sprach zu ihnen: Mich hat herzlich verlangt, dies Osterlamm mit euch zu essen, ehe denn ich leide.

Zu essen: Ich habe noch einmal, und zwar das letzte Mal mit euch zu Abend essen wollen in diesem Leben, weil die Zeit meines Leidens vorhanden ist, dem ich nicht aus dem Wege gehen will, damit das menschliche Geschlecht seiner Seligkeit wegen nicht gefährdet werde. Denn Christus hat mit ganz großem Willen den Tod gelitten, auf dass er ein vollkommenes Opfer tat, für die Sünden des ganzen menschlichen Geschlechtes, und es wäre zu wünschen, dass wir unser Kreuz auch so willig auf uns nehmen, welches einem jeden von Gott zu tragen aufgelegt wird.

16. Denn ich sage euch, dass ich künftig nicht mehr davon essen werde, bis dass es erfüllt werde im Reich Gottes.

Essen: (Nach Luther) Er zeigt immer an, wie er mit dem Sterben umgehe.

Reich Gottes: Ich werde das Osterlamm weiter nicht mehr mit euch essen, bis ich in mein himmlisches Reich eingegangen bin, wie von mir geschrieben ist. Es bedeutet aber das Wörtlein bis an diesem Ort zwar nicht, dass Christus nach seiner Auferstehung mit seinen Jüngern das Osterlamm nicht mehr gegessen habe, weil er am 40. Tage nach seiner Auferstehung in den Himmel gefahren ist. Es ist eine solche Art zu reden, wie die, da gesagt wird, Josef erkannte sie (Maria) nicht, bis sie ihren ersten Sohn gebar {Mt 1}. Das heißt, er hat sie danach nie erkannt.

17. Und er nahm den Kelch, dankte und sprach: Nehmt den selbigen und teilt ihn unter euch.

Teilt ihn: Lasst diesen Umtrunk von meinetwegen zum Letzten herumgehen. Denn es hat Gott nicht verboten, dass einer dem anderen nicht zutrinken dürfte, sondern das Volltrinken hat er verboten. Denn die Trunkenbolde werden das Reich Gottes nicht erben {1Kor 6}.

18. Denn ich sage euch: Ich werde nicht trinken von dem Gewächse des Weinstocks, bis das Reich Gottes komme.

Weinstocks: Ich werde keinen Wein mehr trinken, bis ich nach meiner Auferstehung in mein himmlisches Reich eingehen werde. Es hat aber Christus nach seiner Auferstehung getrunken, wie Petrus sagt: Denselben (Jesum) Gott auferweckt am 3. Tage, und ihn lassen offenbar werden, nicht allem Volk, sondern uns, den erwählten Zeugen von Gott, die wir mit ihm gegessen und getrunken haben, nachdem er auferstanden ist von den Toten {Apg 10}. Ist darum Christus im Reich Gottes gewesen, ehe er in den Himmel gefahren ist? Warum schließen denn die Sakramentierer das Reich Christi im Himmel ein und beschränken es damit?

19. Und er nahm das Brot, dankte und brach es und gab es ihnen und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis!

Und: Jetzt folgt die Einsetzung des heiligen Abendmahls.

Gegeben wird: Zur Versöhnung eurer Sünden. Weil also nicht das Brot, sondern der Leib Christi für uns gegeben ist, so ist es gewiss, dass nach diesen Worten Christi nicht nur das Brot, sondern auch der Leib Christi im heiligen Abendmahl gegeben und empfangen werde. Und sind die Zwinglianer in dem auch nicht sehr klug, dass sie auf das Brechen des Brotes dringen, als sei es eine Notdurft, da doch nichts daran gelegen ist, man breche oder man schneide es.

Tut: Nämlich, es wird mit dem Brot mein Leib, den ich für euch in den Tod gebe, und so oft ihr dieses Sakrament gebraucht, so erinnert euch dieser Sachen und stärkt euren Glauben damit, dass ich für euch am Kreuz zur Versöhnung eurer Sünden gestorben bin. Es ist somit dies der rechte Brauch des Abendmahls Christi und zu dem Ende eingesetzt worden, auf dass unser Glaube von der Versöhnung unserer Sünden gestärkt werde, und dass wir mit dem Leib und Blut Christi gespeist und getränkt werden zum ewigen Leben, damit wir es einmal erlangen mögen. Darum die Katholiken das Abendmahl des Herrn in ein Versöhnungsopfer verkehrt haben für die Lebendigen und Toten. Denn wer ein anderes Versöhnungsopfer erdenkt, als das, welches am Kreuz verrichtet wurde, der tut dem allerheiligsten Leiden Christi eine Schmach an, als ob es nicht genügend gewesen wäre, unsere Sünde zu büßen.

20. Desselben gleichen auch den Kelch nach dem Abendmahl und sprach: Das ist der Kelch, das Neue Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wird.

Kelch: In dem Wein war, diesen hat er seinen Jüngern auch gereicht.

Nach dem: Denn das heilige Abendmahl ist eingesetzt worden, nachdem sie das Osterlamm verzehrt hatten.

Meinem Blut: Das heißt: Ich gebe euch jetzt mein Blut zur Bestätigung des Neuen Testamentes oder Bundes, welches ein Gnadenbund ist, und es besteht auf keines Menschen Werkes oder Verdienstes, sondern allein auf Gottes Barmherzigkeit, so mit Glauben ergriffen wird, da durch uns Gott die Sünde verzeiht: Ich gebe euch aber nicht der Ochsen oder Blöcke Blut zu trinken, denn durch die Opfer der Ochsen und Böcke werden die Sünden des menschlichen Geschlechtes nicht wahrhaftig fertig. Sondern ich gebe euch des Opfers Blut, damit der ganzen Welt Sünden versöhnt werden, nämlich mein eigenes Blut, das ihr desselben Opfers Blut trinkt, das für eure Sünden am Kreuz geopfert wird. Die Zwinglianer irren sich hier sehr, welche glauben, dass nur Wein und nicht auch das Blut Christi im heiligen Abendmahl ausgeteilt werde. Denn das Neue Testament wird nicht mit Wein, sondern mit dem Blut Christi bestätigt. Vom Alten Testament steht also geschrieben: Und (Mose) nahm das Buch des Bundes, und las es vor den Ohren des Volkes, und da sie sprachen: Alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun und gehorchen. Da nahm Mose das Blut, und besprengte das Volk damit, und sprach: Seht, das ist das Blut des Bundes, den der Herr mit euch macht über allen diesen Worten {2Mos 24}. Da sieht man, wie das Alte Testament oder der Alte Bund bestätigt wurde, da das Volk mit richtigem Blut besprengt wurde, aber doch mit dem Blut der Opfer, die damals geopfert wurden, auf dass sie das Opfer Christi am Kreuz vorbildeten. Darum, auf dass die Wahrheit mit dem Vorbild und der Leib mit dem Schatten übereinstimme, so werden wir im heiligen Abendmahl des Neuen Bundes versichert, und mit dem Blut desselben Opfers besprengt, das am Holz des Kreuzes geopfert wurde. Der Wein aber ist nicht das Blut solchen Opfers, wenn darum der Zwinglianer Haufen gelten sollte, so werden die Sakramente des Alten Testaments viel herrlicher als des Neuen, welches in der Theologie ein ganz ungereimtes Ding ist. Weil Christus vom selben Blut, das im Heiligen Abendmahl gereicht wird, sagt, das für euch vergossen wird, widerlegt er solches nicht der Zwinglianer Irrtum deutlich genug? Ist denn der Wein für uns am Kreuz vergossen worden? Oder aber ist das Blut Christi am Kreuz für uns vergossen worden? Darum, wenn wir den Worten dieses Testamentes, ja wenn wir unseren Heiland Christo Glauben geben, so werden wir der Zwinglianer Irrtum niemals annehmen, sondern von ganzem Herzen scheuen. Es sündigen aber auch die Katholiken schwer, welche den Laien (wie sie es nennen) den einen Teil des Abendmahls entwenden, als ob Christus zweierlei Abendmahl eingesetzt hätte; erstens, das für die Priester, und ein anderes, das für die Laien bestimmt ist. Und es sind die Schwenkfelder samt den anderen rohen Leuten Christi ganz undankbar, die den Gebrauch des Abendmahls ganz und gar verachten, als dass es zur Seligkeit nichts nütze, noch nötig sei, da durch Christus solches zur Stärkung unseres Glaubens und zum Gedächtnis seines allerheiligsten Leidens eingesetzt hat.

21. Doch siehe, die Hand meines Verräters ist mit mir über Tische!

Doch: Nach dem gehaltenen Abendmahl beklagt sich Christus über seines Verräters Judas Ischariot Untreue.

Über Tische: Judas ist auch dabei gewesen, als Christus das Abendmahl gehalten hat, und hat auch den Leib und das Blut Christi empfangen, aber zum Gericht. Denn wer unwürdig isst und trinkt, spricht Paulus, der isst und trinkt sich selber das Gericht, damit, dass er nicht unterscheidet den Leib des Herrn {1Kor 2}.

22. Und zwar, des Menschen Sohn geht hin, wie es beschlossen ist; doch wehe dem Menschen, durch welchen er verraten wird!

Geht hin: Ich werde zwar sterben zur Versöhnung der Sünden des ganzen menschlichen Geschlechtes, wie es von meinem Vater beschlossen ist und von dem Propheten zuvor verkündigt wurde. Aber wehe meinem Verräter, der wird darum vor Gott nicht entschuldigt sein, sondern solcher Übeltat wegen ewig gestraft werden. Denn Gottes Wissen und Verordnung entschuldigen den Menschen nicht. Es hat aber Christus mit diesen Worten auf Judas deuten wollen, nicht dass er ihn vor den anderen Jüngern zuschanden machte, sondern dass er ihn zur Buße lockte. Denn man muss allerlei Mittel suchen, dass die Sünder wieder zurechtgebracht werden.

23. Und sie fingen an zu fragen unter sich selbst, welcher es doch wäre unter ihnen, der das tun würde.

Tun würde: Denn die anderen unschuldigen Jünger entsetzten sich über solche schreckliche Tat. Aber man findet viele, die aus Hoffnung großer Würde oder mehr Güter zu bekommen, sich nicht scheuen, das Evangelium Christi den Feinden, so viel an ihnen ist, zu verraten. Dass man nun seinen Verräter bei sich am Tisch und in seiner Gemeinschaft sehen muss, ist ein großer Jammer, welchen Christus erduldet hat, auf dass er derjenigen Undankbarkeit versöhnte, die ihren Wohltätern Gutes mit Bösem vergelten.

24. Es erhob sich auch ein Zank unter ihnen, welcher unter ihnen sollte für den Größten gehalten werden.

Es: Jetzt folgt noch ein anderes Unglück zu dem vorigen Jammer des Leidens Christi.

Größten: Wer die Oberhand unter ihnen haben und allen anderen sollte vorgezogen werden. Und haben auch treue Kirchendiener menschliche Schwachheiten an sich. Hier sind diese Apostel mit dem Ehrgeiz behaftet gewesen. Dass man aber Uneinigkeit unter den Freunden, und zwar zu ganz ungelegenen Zeiten, dazu von liederlichen Sachen, sehen muss, ist ein großer Jammer, den Christus gesehen und gelitten hat, auf das er den unnötigen Hader und Ehrgeiz strafte. Und werden häufig, wenn Verfolgungen nicht weit sind, unnötige Spaltungen durch ehrgeizige Leute in der Kirche Gottes angerichtet.

25. Er aber sprach zu ihnen: Die weltlichen Könige herrschen, und die Gewaltigen heißt man gnädige Herren {Mt 20v25 Mk 10v42}.

26. Ihr aber nicht also, sondern der Größte unter euch soll sein wie der Jüngste und der Vornehmste wie ein Diener.

Nicht also: Die weltlichen Obrigkeiten begegnen ihre Untertanen mit Gewalt, und herrschen über sie. Auf dass aber Könige, Fürsten und Herren ihre Gewalt nicht missbrauchen, sondern der Leutseligkeit und Freundlichkeit erinnert werden, so pflegt man sie gnädige Herren zu nennen, welcher Name nicht nur ein Ehrentitel ist, sondern sie werden dadurch erinnert, so oft sie also so angeredet werden, dass sie bei solcher ihrer Gewalt vielmehr gnädig als ernsthaft sein sollen, aber mit dem Predigtamt ist es ganz anders beschaffen. Denn welche mit Gaben vor anderen geziert sind, also dass sie unter anderen Kirchendienern hervorleuchten, die sollen sich nicht anderen vorziehen oder mit Gewalt gebieten, sondern mit ihren Gaben vielmehr anderen dienen und sich demütig halten.

27. Denn welcher ist der Größte, der zu Tische sitzt, oder der da dient? Ist es nicht also, dass der zu Tische sitzt? Ich aber bin unter euch wie ein Diener.

Wie ein Diener: Darum nehmt von mir ein Beispiel. Denn bin ich nicht kurz zuvor vom Tisch aufgestanden und habe euch die Füße gewaschen, allerdings als wenn ich euer Knecht wäre, da ihr aber zu Tisch gesessen seid, weil ich euch gedient habe? In der Summe, solange ich mit euch umgegangen bin, habt ihr mich zwar euren Meister und Herrn genannt, aber ich bin euch nicht beschwerlich noch lästig gewesen, sondern wenn ich euch zu etwas brauchen wollte, so habe ich euch freundlich darum gebeten und nichts mit Gewalt von euch gefordert, wie ich wohl hätte tun können, wenn ich gewollt hätte. Solche meine Lindigkeit, Sanftmut und Demut sollt ihr von mir lernen. Deswegen sündigt der Papst zu Rom sehr schwer, welcher sich selbst die Herrschaft nimmt über alle anderen Kirchendienern, ja über Fürsten, Könige, und Kaiser; und misst sich selber zu, unter dem Schein des apostolischen Amtes, eine solche Gewalt zu, welche Christus seinen Jüngern nie zugelassen hatte. Es sündigen auch andere Theologen, die unter dem Namen des Predigtamtes die Herrschaft über ihre Mitgesellen, oder über ihre Kirche suchen. Es wird aber die Herrschaft von Christo verboten und die Ordnung nicht aufgehoben, da einer dem anderen vorsteht. Wenn auch ein Kirchendiener für zwei Personen steht, als ein Geistlicher und ein Weltlicher, so kann der Weltliche in weltlichen Sachen anderen etwas befehlen, nachdem er aber eine geistliche Person ist, soll er in geistlichen Sachen sich erinnern, dass er ein Diener der Kirche und nicht ein Herrscher nach dem Spruch Petri: Weidet die Herde Christi, so euch befohlen ist, und seht wohl zu, nicht gezwungen, sondern willig, nicht um einen schändlichen Gewinn, sondern von Herzensgrund, nicht als übers Volk herrschen, sondern werdet Vorbilder der Herde {1Petr 5}. Es wird aber mit dieser Antwort Christi das Amt und die Gewalt der weltlichen Obrigkeit nicht abgebrochen, sondern vielmehr bestätigt. Es wird ein Unterschied gemacht zwischen dem Amt der weltlichen Obrigkeit und dem Predigtamt.

28. Ihr aber seid es, die ihr beharrt habt bei mir in meinen Anfechtungen.

Ihr aber: Nach dem Christus seine Jünger geschimpft und ihnen ihr Unrecht bewiesen hat, so tut er jetzt einen lieblichen Trost hinzu.

Beharrt: Ihr seid bis jetzt beständig bei mir geblieben in meiner Trübsal und habt mich nicht verlassen, obwohl euch nicht unbewusst, wie ich von den Hohepriestern, Pharisäern, und Schriftgelehrten angefeindet wurde. Darum, obwohl ich euch nicht zu Fürsten und große Herren in dieser Welt mache, so will ich euch doch zu Fürsten des Himmels machen, dass ihr in meinem Reich der ewigen Seligkeit teilhaftig werden sollt, und eine viel größere Ehre bekommt, als wenn ich euch zu weltlichen Herren machte. Wenn darum die Kirchendiener in dieser Welt verachtet sind und verworfen werden, so sollen sie aus ungezweifelter Hoffnung der ewigen Seligkeit und Herrlichkeit, als solche Mühe Seligkeit und Überdrang dulden. Man muss aber auch nicht die Gedanken schöpfen, als ob im anderen Leben äußerliche Spektakel, wie Essen und Trinken und auch Stühle sitzen sein werden, sondern es wird dadurch die ewige Freude und unaussprechliche Herrlichkeit beschrieben.

29. Und ich will euch das Reich bescheiden, wie mir es mein Vater beschieden hat,

30. dass ihr essen und trinken sollt über meinem Tische in meinem Reich und sitzen auf Stühlen und richten die zwölf Geschlechter Israels.

31. Der Herr aber sprach: Simon, Simon, siehe, der Satanas hat euer begehrt, dass er euch möchte sichten wie den Weizen!

Begehrt: Der Teufel geht darauf aus, dass er euch möge erschrecken, und mit den Anfechtungen, die aus meinen Leiden in euren Herzen entstehen werden, euren Glauben ganz auszulöschen, dass ihr aus der Gnade Gottes fallt, gleichwie der Same des Unkrauts durch das Sieb fällt, und also von dem reinen Weizen abgesondert wird. Denn der Satan stellt uns mit höchstem Fleiß nach, dass er uns an unserer Seligkeit hindern möge. Darum sollen wir nüchtern sein und wachen, denn unsere Widersacher der Teufel geht um uns herum, wie ein brüllender Löwe, und sucht, wen er verschlinge, dem müssen wir stark im Glauben widerstehen {1Petr 5}.

32. Ich aber habe für Dich gebeten, dass Dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dermal einst dich bekehrst, so stärke Deine Brüder.

Nicht aufhöre: Damit Du nicht von mir abfällst, und aus einem Jünger nicht mein Feind werde, und um des Falles willen, den Du begehen wirst, in Verzweiflung gerätst. Man soll aber nicht meinen, dass Christus nur allein für Petrus und die anderen Apostel gebetet hat. Er bittet auch für alle rechtschaffenen Christen, dass sie nicht in den Anfechtungen versinken. Denn also spricht Paulus: Christus ist hier, der gestorben ist, ja, vielmehr der auch auferweckt ist, welcher ist zur Rechten Gottes, und vertritt uns {Röm 8}. Und Christus selber spricht: Ich bitte aber nicht allein für sie (die Apostel), sondern auch für die, so durch ihr Wort sie an mich glauben werden {Joh 17}. Darum wird uns niemand aus seiner Hand reißen {Joh 10}.

Bekehrst: Und nach Deinen schweren Fall Du wiederum zu Gnaden aufgenommen wirst.

Stärke: Tröste sie mit deinem Beispiel, das sie glauben, die Sünden sind ihnen vergeben, auf dass sie nicht verzweifeln, und in ihren Sünden verderben. Denn welche in Sünde gefallen sind, und durch die Buße wiederaufgerichtet wurden, die sollen auch andere Sünder, so sie den Zorn Gottes empfinden und deswegen sehr zaghaft sind, trösten und aufrichten, dass sie nicht in Verzweiflung geraten. Daher Paulus spricht: So ein Mensch etwa von einem Fehler übereilt würde, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, die ihr geistlich seid {Gal 6}. Und lässt Gott häufig, welche entweder bereits Kirchendiener sind oder einmal werden sollen, schwer versucht werden, auf dass sie die Versuchten später richtig trösten können.

33. Er sprach aber zu ihm: Herr, ich bin bereit mit Dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.

Zu gehen: Will so viel sagen: Ich spüre, dass Du an meiner Standhaftigkeit sehr zweifelst, darum sollst Du wissen, dass ich viel eher das Äußerste wagen will, als dass ich Dich verlassen sollte. Denn das Fleisch ist vor der Gefahr ganz mutig.

34. Er aber sprach: Petrus, ich sage Dir, der Hahn wird heute nicht krähen, ehe denn Du dreimal verleugnet hast, dass Du mich kennst.

Mich kennst: Dein Vorsatz ist zwar gut und zu loben, aber der Ausgang wird viel anders gehen, denn Du wirst mich nicht nur verlassen, sondern auch etliche Male verleugnen. Denn die menschlichen Kräfte sind in den Anfechtungen nicht beständig, wo sie nicht mit des Heiligen Geistes Hilfe unterstützt werden.

35. Und er sprach zu ihnen: So oft ich euch gesandt habe ohne Beutel, ohne Tasche und ohne Schuhe, habt ihr auch je Mangel gehabt? Sie sprachen: Nie keinen.

Beutel: Darin ihr hättet können Proviant mit euch nehmen.

36. Da sprach er zu ihnen: Aber nun, wer einen Beutel hat, der nehme ihn, desselben gleichen auch die Tasche; wer aber nicht hat, verkaufe sein Kleid und kaufe ein Schwert.

37. Denn ich sage euch: Es muss noch das auch vollendet werden an mir, dass geschrieben steht: Er ist unter die Übeltäter gerechnet. Denn was von mir geschrieben ist, das hat ein Ende.

Geschrieben steht: Das der Prophet Jesaja von mir geweissagt hat {Jes 53}.

Ein Ende: Will so viel sagen: Solange ihr bei mir und in meiner Gesellschaft gewesen seid, habe ich nicht zugelassen, dass euch an notwendigen Sachen etwas fehle, und ich habe euch nach meiner göttlichen Vorsehung versorgt. Wenn ich euch auch manchmal ohne Proviant weggeschickt habe. So habe ich euch geschützt, dass euch niemand bedrücken konnte. Aber jetzt sind trübselige, traurige, und gefährliche Zeiten vorhanden, denn ich werde leiden und sterben, und nach dem Ansehen, eine Zeit lang euch verlassen, dass es scheinen möchte, es wäre euch jetzt ein großer Schutz nötig, den ihr vor der Zeit, weil ich bei euch gewesen, nicht bedurft habt. Denn ich werde unter Mördern gekreuzigt werden, auf dass die Weissagung des Propheten Jesaja ihre Erfüllung erreicht, welcher gesagt hat, dass ich unter die Übeltäter soll gerechnet werden. Denn die Zeit ist jetzt vorhanden, dass alle Weissagung der Propheten, welche von meinem Leben reden, erfüllt werden, und die letzte Zeit erreicht ist. So tragen sich deshalb viel Veränderungen in menschlichen Sachen zu. Darum wenn es nun angeht, so sollen wir uns trösten, was uns an Widerwärtigkeit zustößt, mit Geduld tragen. Wir werden aber so gestellt und bereit sein, wenn wir unsere Herzen wider allerlei Anfechtungen wappnen.

38. Sie sprachen aber: Herr, siehe, hier sind zwei Schwerter. Er aber sprach zu ihnen: Es ist genug.

Zwei Schwerter: Willst Du, dass wir mehr bekommen? Denn sie konnten die Meinung von Christus nicht verstehen.

Genug: So viel diesen Streit betrifft, der jetzt naht, sind Schwerter genug da. Denn es wird nicht ein Kampf, sondern ein Leiden sein. Es irren sich darum sehr viele, welche meinen, man könnte die richtige Religion mit Waffen und Aufruhr ausbreiten. Die Katholiken aber machen es noch viel schlimmer, welche aus diesen zwei Schwertern die Gewalt des römischen Papstes beweisen wollen, dass er, nämlich, der oberste Herrscher in der Kirche und im weltlichen Regiment ist. Und sie haben darauf nicht acht, dass Christus und bald danach Petrus, dessen Nachkommen sich doch der römische Papst fälschlich rühmt, das Schwert zu gebrauchen, verbieten. (Nach Luther) Das heißt: Es gilt nicht, mit dem leiblichen Schwert zu fechten, sondern es gilt weiter leiden um des Evangeliums willen, und das Kreuz tragen, denn man kann gegen den Teufel nicht mit Eisen fechten. Darum ist es nötig, alles daranzusetzen, nur das geistliche Schwert, das Wort Gottes, zu fassen.

39. Und er ging hinaus nach seiner Gewohnheit an den Ölberg. Es folgten ihm aber seine Jünger nach an denselben Ort.

Ging hinaus: Auf dem Wege aber hatte er die herrliche Predigt getan, welche von Johannes im 15. und 16. Kapitel beschrieben wird, und später sein Gebet zum himmlischen Vater gesprochen, für seine Kirche, welches Johannes im 17. Kapitel beschreibt, da er kurz zuvor im Heiligen Abendmahl die Predigt den Jüngern vorgehalten hat, welche bei Johannes im 14. Kapitel verzeichnet ist.

Ölberg: Dass Christus an den Ort gegangen ist, da er wusste, dass er von seinen Jüngern würde verraten werden, ist ein Zeichen und Zeugnis, dass er mit einem freiwilligen Opfer für unsere Sünden bezahlt hat.

Folgten: Dass die Jünger Jesu nachfolgen, obwohl sie von der bevorstehenden Gefahr wussten, ist lobenswert, wenn sie nur standhaft geblieben wären, denn wir sollen uns durch keine Gefahr abschrecken lassen, dass wir Christo in unserem Beruf nicht wollten beständig folgen.

40. Und als er dahin kam, sprach er zu ihnen: Betet, auf dass ihr nicht in Anfechtung fallt!

Dahin kam: An den Ort, wo er von seinen Feinden sich wollte greifen und fangen lassen.

Fallt: Denn obwohl man immer beten soll, so soll doch solches am allermeisten geschehen, wenn sich irgendeine äußerliche Gefahr zeigt, oder wir mit innerlichen Anfechtungen überfallen werden.

41. Und er riss sich von ihnen bei einem Steinwurf und kniete nieder, betete

Von ihnen: Auf dass er allein desto inbrünstiger beten könnte.

42. und sprach: Vater, willst Du, so nimm diesen Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe.

Geschehe: Das heißt: Mein himmlischer Vater, ich bekenne, dass ich sehr betrübt bin über der Betrachtung meines bevorstehenden Leidens. Darum bitte ich Dich, dass Du den Kelch der Trübsal von mir nimmst, auf dass ich nicht den Jammer ausstehen muss, den ich vor Augen sehe. Doch bitte ich Dich nicht, dass mein menschlicher Wille deinem göttlichen Willen vorgezogen werde, sondern vielmehr, dass mein menschlicher Wille dem göttlichen weiche. Mit diesen Worten Christi wird der Monotheliten Irrtum richtig widerlegt, welche dafürhielten, dass in Christo nur ein Wille gewesen, nämlich ein göttlicher und kein menschlicher. Es werden auch die Anfechtungen und Trübsal ganz ordentlich mit einem Kelch oder Becher verglichen, darin ein herber und lieblicher, aber doch heilsamer Trank ist. Denn gleichwie Christus, nachdem er, so zu reden, seine Trübsal ausgetrunken, später in seine himmlische Herrlichkeit eingegangen ist. Also auch, wenn wir unsere Trübsal überwunden haben, so wird uns Gott das erlittene Elend mit ewiger Glückseligkeit belohnen. Wenn wir aber für die leibliche Erlösung bitten, so sollen wir auch diesen Zusatz dranhängen, doch nicht mein, sondern dein Wille, oh Gott. Denn er weiß die rechte Zeit und Weise, wie wir sollen erlöst werden.

43. Es erschien ihm aber ein Engel vom Himmel und stärkte ihn.

Stärkte: Denn Christus hat im Stand seiner Erniedrigung und in der Gestalt des Knechtes nicht immer seine Kraft gebrauchen wollen, sondern vielmehr alle menschlichen Schwachheiten, doch ohne Sünde, versuchen und empfinden, auf dass er unsere Sünden versöhnte. Wir sollen auch von anderen Christen Trost hören und es zu Herzen fassen. Denn es geschieht oft, dass der, so viel niedriger ist, den Höheren und Vortrefflicheren aus Gottes Wort gewaltig trösten kann.

44. Und es kam, dass er mit dem Tode rang, und betete heftiger. Es ward aber sein Schweiß wie Blutstropfen, die fielen auf die Erde.

Heftiger: Je heftiger er in großer Angst des Herzens mit den traurigen Gedanken stritt, da ihm der Zorn Gottes wider die Sünden des menschlichen Geschlechtes und der bittere und allerschändlichste Tod vor Augen schwebten, je inbrünstiger und herzlicher betete er, und bat, dass er die göttliche Kraft in solch großer Angst behalten würde. Denn je schrecklicher der Satan mit den Anfechtungen uns zusetzt, je eifriger und ernster wir Gott um Hilfe anrufen sollen.

Blutstropfen: Wegen unserer Sünden hat es Christo den blutigen Schweiß gekostet. Wie sind denn die, welche, wenn sie von ihren Lastern reden, oder daran denken, daran lachen, sich damit kitzeln, und ihre Übeltat und rühmen, als ob sie es gut ausgerichtet hätten? Es hat aber Christus Blut geschwitzt vor großer Angst des Herzens, und so schwere Anfechtungen erfahren, auf dass wir in Anfechtungen und Ängste nicht verzagen.

45. Und er stand auf vom Gebet und kam zu seinen Jüngern und fand sie schlafend vor Traurigkeit.

Vor Traurigkeit: Denn sie waren bestürzt, dass sie allen Mut und Freudigkeit verloren, und also aus Schwermut in Schlaf gesunken waren.

46. Und sprach zu ihnen: Was schlaft ihr? Steht auf und betet, auf dass ihr nicht in Anfechtung fallt!

Steht auf: Ermuntert euch, und wischt die Schlafsucht aus den Augen.

Fallt: Ruft Gott den n an, dass er euch mit seinem Heiligen Geist regiere, auf dass ihr nicht in der gegenwärtigen Gefahr und dem großen Ärgernis vom rechten Glauben abfallt. Es ist aber eine Strafe der Sünden, wenn man die Freunde schlafend findet, da man Trost und Hilfe bei ihnen sucht. Solche Strafe hat Christus gelitten, auf dass er derjenigen Undankbarkeit wüsste, die in der Gefahr ihrer Freunde unachtsam und schläfrig sind, und ihnen solche nicht lassen zu Herzen gehen, wie sie es richtigerweise sollten. Und hat Christus bei seinen Jüngern keinen Trost gefunden, auf dass wir des göttlichen Trostes nie beraubt würden.

47. Da er aber noch redete, siehe, die Schar und einer von den Zwölfen, genannt Judas, ging vor ihnen her und nahte sich zu Jesu, ihn zu küssen.

Küssen: Es war damals Brauch, dass einer den anderen, wenn er ihn freundlich grüßte, auch dazu küsste. Darum Judas unter dem Schein der Freundschaft Christus den Feinden verraten hat. Es ist aber eine große Strafe der Sünden, dass einer unter dem Schein der Freundschaft und Mutwilligkeit den Feinden verraten wird, solche Strafe der Sünden hat Christus um unseretwegen erlitten, auf dass wir nicht dem Satan verraten und übergeben würden, und dass er diese Übeltat büßte, welche mit ihrem Nächsten freundlich reden, aber dabei danach trachten, wie sie ihn schaden mögen. Welches heutigentags nicht selten ist, dass man die Galle unter dem Honig verbirgt: Ihre Worte sind gelinder denn Öl, und sind doch bloße Schwerter {Ps 55}.

48. Jesus aber sprach zu ihm: Judas, verrätst Du des Menschen Sohn mit einem Kuss?

49. Da aber sahen, die um ihn waren, was da werden wollte, sprachen sie zu ihm: , sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen?

Werden wollte: Dass nämlich die Feinde vorhanden wären, welche Christus begehrten, gefangen wegzuführen.

Dreinschlagen: Damit wir Dich schützen und die Feinde vertreiben?

50. Und einer aus ihnen schlug des Hohepriesters Knecht und hieb ihm sein rechtes Ohr ab.

Schlug: Nicht wartend auf eine Antwort Christi seines Herrn. Denn es sündigen auch die Christen häufig aus einem unzeitigen und ungebührlichen Eifer.

Rechtes Ohr: Also ist doch den Knechten und Dienern der Päpste, welche nur die fetten Küchen betrachten, das rechte Ohr fast ganz abgehauen, dass sie nichts Rechtes hören mögen.

51. Jesus aber antwortete und sprach: Lasst sie doch so ferne machen! Und er rührte sein Ohr an und heilte ihn.

So ferne: (Nach Luther) Lasst sie ihren Mutwillen haben, sofern es ihnen verhängt wird, es hat alles seinen Richter, dass wir es nicht dürfen selbst rächen.

Machen: Lasst es den Feinden zu, dass sie sich an mich reiben. Denn es ist der Wille Gottes, dass ich leide, aber er hat ihnen ein Ziel gesetzt, wie weit sie greifen sollen. Darum sollen wir die Trübsal geduldig leiden und dem Willen des himmlischen Vaters nicht widerstreben, sondern fest glauben, es sei den Feinden ein Ziel gesteckt, welches sie nicht übergehen können.

Heilte ihn: Gab darum Christus mit der Tat zu verstehen, dass auch im Leiden seine göttliche Macht nicht entzogen wäre. Er hat aber mit seinem Beispiel gelehrt, dass wir auch unseren Feinden Gutes tun sollen {Mt 5 Röm 12}.

52. Jesus aber sprach zu den Hohepriestern und Hauptleuten des Tempels und den Ältesten, die über ihn kommen waren: Ihr seid, wie zu einem Mörder, mit Schwertern und mit Stangen ausgegangen.

Hauptleuten: Welche den Tempel zu Jerusalem bewachten, der mit christlichen Sachen geziert war. (Nach Luther) Das waren die, welche samt ihren untergebenen Soldaten, von den Juden um des Tempels bestellt waren, Friede zu halten, vor dem Pöbel.

Ältesten: Oder Ratsherren, die sich auch unter dem Haufen mit eingemengt hatten, und somit zu Mitgenossen oder Häscher geworden waren.

Mit Schwertern: Als wollte er sagen, was bedarf es, dass ihr mit Waffen zu mir kommt, als ob ihr einen Mörder oder Straßenräuber fangen wolltet. Da ich doch nie einen Aufruhr erregt, und nie einen Lärm gemacht, dass man solche Gewalt gegen mich gebrauchen muss. Habt ihr eine rechte Sache wider mich gehabt, warum habt ihr mich denn nicht gegriffen, da ich im Tempel bisher öffentlich gelehrt habe? Aber ihr habt es damals nicht zeigen dürfen, jetzt greift ihr mich im Finstern mit Gewalt an, was ihr bei hellem Tage nicht gekonnt hättet. Darum ist dies die Zeit, welche euch Gott zugelassen hat, dass ihr mich plagt, und ist jetzt dem Satan, als dem Fürsten der Finsternis, verhängt, dass er seine Glieder wider mich erregt, darum will ich den Willen meines himmlischen Vaters, zur Erlösung des menschlichen Geschlechtes, gehorchen. Hier führen die Hohepriester, welche mit der Predigt des göttlichen Wortes das Volk zu Christus weisen sollten, Kriegsknechte zu ihm, dass sie ihn greifen: Eben solche Tyrannei treiben auch heutigentags die römischen Päpste wider die Glieder Christi. Und werden die Frommen, als ob sie Aufrührer und Mörder wären, von gewappneten Leuten überfallen. Was auch die Feinde der Wahrheit bei hellem Tage kaum denken dürften, dass unterstehen sie sich im Finsteren zu verrichten. Und kommt häufig eine Zeit, in der Gott dem Satan, als Fürsten der Finsternis, verhängt, dass er wider die Schafe Christi Wüterei treibt. So folgt aber auf das Kreuz und Verfolgung die himmlische Herrlichkeit. Christus aber ist um unserer Sünden willen gefangen und gebunden, auf dass wir von des Satans Banden erlöst würden. Wenn nun auch wir um Christi willen in ein Gefängnis gelegt werden, so sollen wir uns darüber nicht schämen, sondern es so halten, dass es vor den Augen Gottes und der Engel ein köstlicher Schmuck ist, viel köstlicher, als wenn es aus Gold oder Edelsteinen wäre.

53. Ich bin täglich bei euch im Tempel gewesen, und ihr habt keine Hand an mich gelegt; aber dies ist eure Stunde und die Macht der Finsternis.

54. Sie griffen ihn aber und führten ihn und brachten ihn in des Hohepriesters Haus. Petrus aber folgte von ferne.

Führten: Nämlich Christus, als ein Triumph, und zeigten ihn zum Ersten dem Hohepriester Hannas, der damals im Amt des Hohepriesters Kaiphas Schwager war. Sie freuten sich und jubilierten darüber, dass sie ihren Feind einmal in ihre Gewalt bekommen hatten. Und hat Christus von seinen Feinden in den Triumph geführt werden wollen, auf dass nicht der Satan über uns triumphierte. Wenn aber den Christen um Christi willen solches auch begegnet, was ihrem Haupt Christo widerfahren ist, so sollen sie aus seinem Beispiel Geduld lernen. Es hat aber auch Christus, mit Duldung solcher Schmach, der Leute Sünde gebüßt, welche mit ihrer zu großen Pracht und zu großem Übermut Gott heftig beleidigen.

Hohepriesters: Denn des Kaiphas Palast, der in diesem Jahr Hohepriester war. Dort wurde das nächtliche Konsilium wider Christus gehalten, wo man ihn seiner Lehre und seiner Jünger wegen zur Rede stellte, falsche Zeugen über ihn verhörte, und endlich, da er auf des Hohepriesters Frage bekannte, dass er Christus, der Sohn Gottes sei, hat man ihn im selben nächtlichen Konsilium zum Tode verurteilt, als einen Gotteslästerer, wie die anderen Evangelisten melden. So pflegen auch die Päpste die reine Lehre des Evangeliums zu verdammen, ehe die Sache zum öffentlichen Konsilium gelangt. Christus aber hat sich die Gotteslästerung zueignen lassen, die keine gewesen ist, auf dass er die Gotteslästerung versöhnte, welche täglich wider Gott ausgestoßen werden.

Von ferne: Denn es war der hitzige Eifer sehr in ihm erkaltet, da er sich gerühmt hatte, er wollte mit Christo in den Tod gehen. Denn der Mut menschlicher Kräfte fällt bald dahin und verliert sich endlich ganz.

55. Da zündeten sie ein Feuer an mitten im Palast und setzten sich zusammen, und Petrus setzte sich unter sie.

Unter sie: Es ist aber eine große Gefahr dabei, wenn man sich an Gottlosen Höfen unterhält, denn es wird dort die Gottseligkeit viel eher verleugnet als gelernt.

56. Da sah ihn eine Magd sitzen bei dem Licht und sah eben auf ihn und sprach zu ihm: Dieser war auch mit ihm.

Mit ihm: Mit dem Jesus von Nazareth. Diese Frau hat Petrus zum Verleugnen gedrängt. Denn es pflegt der Satan oft durch böse Frauen den Männern Schaden zuzufügen, so viel ihm möglich ist.

57. Er aber verleugnete ihn und sprach: Weib, ich kenne ihn nicht.

Ihn nicht: Ich habe niemals mit dem Jesus von Nazareth zu tun gehabt. Denn die menschlichen Kräfte bestehen in den Anfechtungen und Verfolgungen, wo sie nicht von Gott unterhalten werden. Darum sollen wir Gott anrufen, dass er uns mit seinem Heiligen Geist erhalte, damit wir nicht fallen.

58. Und über eine kleine Weile sah ihn ein anderer und sprach: Du bist auch der einer. Petrus aber sprach: Mensch, ich bin‘s nicht!

59. Und über eine Weile, bei einer Stunde, bekräftigte es ein anderer und sprach: Wahrlich, dieser war auch mit ihm; denn er ist ein Galiläer.

60. Petrus aber sprach: Mensch, ich weiß nicht, was Du sagst! Und alsbald, da er noch redete, krähte der Hahn.

Weiß nicht: Ich verstehe nicht, wovon du redest. Welches auch eine Verleugnung Christi gewesen ist. Diese oft wiederholte Verleugnung, so dem Petrus dennoch verziehen worden ist, lehrt uns, dass die bußfertigen Sünder nicht verzagen sollen, wenngleich sie nicht nur einmal, sondern etliche Male einerlei Sünde begangen haben. Welchen Trost man doch zu des Fleisches Freiheit nicht missbrauchen soll.

61. Und der Herr wandte sich und sah Petrus an. Und Petrus gedachte an des Herrn Wort, das er zu ihm gesagt hatte: Ehe denn der Hahn kräht, wirst Du mich dreimal verleugnen.

Sah: Als spräche er, Petrus, habe ich es Dir nicht zuvor gesagt, dass es Dir so gehen würde, aber verzage darum nicht, sondern tue Buße und traue der Barmherzigkeit Gottes, denn den bußfertigen Sünder widerfährt Verzeihung.

62. Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich.

Weinte: Über die begangene Sünde der Verleugnung, die er gegen Christus begangen hatte. Welche darum mit Petrus über ihre Sünden herzlicher Reue und Leid haben, und ein Vertrauen zu der Barmherzigkeit Gottes in Christo schöpfen, die bekommen Vergebung der Sünden. Welche aber ihrer Übeltat sich noch rühmen dürfen, als ob sie es gut ausgerichtet hätten, denen sind ihre Sünden nicht leid.

63. Die Männer aber, die Jesum hielten, verspotteten ihn und schlugen ihn,

64. verdeckten ihn und schlugen ihn ins Angesicht und fragten ihn und sprachen: Weissage, wer ist es, der Dich schlug?

Schlugen: Denn weil Christus in dem nächtlichen Konsilium durch der Hohepriester, Schriftgelehrten, und Ältesten Urteil bereits zum Tode verurteilt war, so meinten die Diener der Hohepriester, sie dürften allen Mutwillen mit Christo treiben.

65. Und viel andere Lästerungen sagten sie wider ihn.

Lästerung: Was ihnen nur ins Maul kam, damit sie ihn schmähen konnten, das musste heraus. Und hätte sie zwar Christus mit Donner und Blitz zur Hölle schicken können, aber es war die Zeit da, dass er leiden, und nicht seine Majestät gebrauchen sollte. Mit diesen Schmachworten und Schlägen, so Christus die Nacht über ausgestanden, hat er die Sünden gebüßt, welche des Nachts von den Leuten begangen werden, und hat uns ein Beispiel der Geduld sehen lassen, dass, wenn wir auf den einen Backen geschlagen werden, den anderen dann auch anbieten sollen, das heißt: Das wir uns nicht selber rächen, sondern die Rache Gott befehlen {Mt 5 Röm 12}.

66. Und als es Tag ward, sammelten sich die Ältesten des Volks, die Hohepriester und Schriftgelehrten, und führten ihn hinauf vor ihren Rat

67. und sprachen: Bist Du Christus? Sage es uns! Er sprach aber zu ihnen: Sage ich es euch, so glaubt ihr‘s nicht;

Tag ward: Denn was bisher vorgefallen ist, das ist in dem nächtlichen Konsilium geschehen. Jetzt folgt das andere allgemeine und öffentliche Konsilium, dass am folgenden Morgen über Christus gehalten wurde.

Ihren Rat: Wo viele falsche und ungereimte Anklagen vorgebracht haben, die gar keinen Schein gehabt haben.

68. frage ich aber, so antwortet ihr nicht und lasst mich doch nicht los.

Frage ich: Warum ihr meiner Lehre nicht glauben wolltet, die doch mit so vielen und herrlichen Wunderwerken bestätigt wurde, und aus was für Ursache ihr mich Unschuldigen gefangen nehmt, mir auch viel Schmach bereitet und angelegt habt?

Ihr nicht: Denn ihr könnt nicht genügend Gründe vorwenden.

Nicht los: Denn wenn die verstockten Feinde des Evangeliums von den Religionsartikeln handeln, so trachten sie nicht dahin, dass sie die Wahrheit und Gewissheit der himmlischen Lehre lernen möchten, sondern dass sie einen Schein finden, damit sie ihre Verfolgungen entschuldigen.

69. Darum von nun an wird des Menschen Sohn sitzen zur rechten Hand der Kraft Gottes.

Kraft Gottes: Denn es hat Christus die Wahrheit in einer solchen wichtigen Sache nicht verschweigen wollen: Als wollte er sprechen: Ihr verachtet, ja verschmäht und lästert mich dazu, aber es wird nicht lange dauern, nachdem ich werde von den Toten auferstanden sein, so werde ich in den Himmel gefahren, zu der Rechten Gottes sitzen, und den Heiligen Geist senden, durch welche Kraft mein Evangelium weit und breit in der ganzen Welt wird fortgepflanzt werden. Dabei wird man erkennen, dass ich mit der allmächtigen Gottes Kraft und Macht regiere im Himmel und auf Erden, und dass meine Gewalt göttlich und unendlich ist. Denn zur Rechten der Kraft Gottes sitzen heißt, mit unendlicher Gewalt regieren im Himmel und auf Erden. Es haben die Juden aus dieser Antwort richtig geschlossen, dass Christus sich selber die wahre Gottheit zumesse. Es sitzt aber darum Christus nach seiner Menschheit zur Rechten Gottes, weil die Menschheit von Christi, vom Sohn Gottes, der da wahrer und ewiger Gott ist, in Einigkeit der Person an- und aufgenommen worden ist.

70. Da sprachen sie alle: Bist Du denn Gottes Sohn? Er sprach zu ihnen: Ihr sagt es, denn ich bin es.

Gottes Sohn: Denn so viel wir aus Deiner Antwort erkennen können, so ist das Deine eigentliche Meinung. Darum sage es deutlich heraus, was dein Bekenntnis ist.

Ihr sagt es: Dass ich der Sohn Gottes bin, und habt recht damit.

71. Sie aber sprachen: Was bedürfen wir weiter Zeugnis? Wir haben es selbst gehört aus seinem Munde.

Zeugnis: Wider diesen Jesum, dass wir ihn seiner Gotteslästerung wegen noch lange prüfen müssten.

Gehört: Die Gotteslästerung, dass er sich rühmt, er sei der Sohn Gottes, und dass er will für einen Gott gehalten sein. Darum ist er wert, dass er solcher Gotteslästerung wegen am Leben gestraft werde. Ist also Christus auch in diesem anderen und allgemeinen Konsilium zum Tode verurteilt worden. Er hat aber unschuldig verdammt werden wollen, auf dass wir vor Gottes gerechtem Gericht absolviert würden. Und sind die Ariana viel blinder und unverständlicher als diese Hohepriester. Denn diese Hohepriester haben aus den Worten Christi so viel verstanden, dass er sich nicht nur für einen angenommenen, sondern natürlichen, wesentlichen und ewigen Sohn Gottes, für einen wahren Gott vom wahren Gott ausgebe. Weil sie ihn nur für einen Menschen hielten, so legten sie ihm eine Gotteslästerung an. Die Arianer aber wollten aus den hellen und klaren Worten Christi nicht verstehen, dass Christus wahrer und ewiger Gott sei, darum werden sie eine viel schwerere Verdammnis empfangen, als diese Hohepriester.


Das 23. Kapitel

  • Christus wird vor der weltlichen Obrigkeit verklagt und von Pilatus zu Herodes geschickt. Herodes lässt ihn ein weißes Kleid anlegen und fertigt ihn damit wieder zu Pilatus ab. Werden also Pilatus und Herodes über Christus Freunde. Dem Volk wird die Wahl gegeben, dass sie entweder Christus oder Barrabas mit ihrer Fürbitte mögen vom Tode erretten. Simon von Kyrene trägt Christi Kreuz. Die Frauen klagen um Christus. Er wird gekreuzigt, und lästert ihn einer der Sprecher, so zur Linken hängt. Der zur Rechten aber tut Buße und wird selig. Christus befiehlt seine Seele seinem himmlischen Vater und stirbt. Wird von Josef und Nikodemus ehrlich begraben.

1. Und der ganze Haufe stand auf und führten ihn vor Pilatus

Pilatus: Denn der war damals römischer Landpfleger zu Jerusalem. Also, wenn die Feinde der Wahrheit unschuldige Leute der Ketzerei falsch beschuldigt haben, so begehren sie von der weltlichen Obrigkeit, dass solche umgebracht werden.

2. und fingen an, ihn zu verklagen, und sprachen: Diesen finden wir, dass er das Volk abwendet und verbietet, den Schoß dem Kaiser zu geben, und spricht, er sei Christus, ein König.

Abgewendet: Das heißt: Wir befinden diesen Menschen als einen Aufrührer, der mit seinen aufrührerischen Predigten das jüdische Volk in Aufruhr bringen will, dass sie zu den Waffen greifen, denn er wird alles Durcheinanderbringen und den friedlichen Zustand des Regimentes unruhig machen, weil er sich als ein König ausgibt und lehrt, man soll dem römischen Kaiser den Zins nicht zahlen. Darum wo man ihn nicht wird aus dem Wege räumen, so werde er das ganze Volk zum Ungehorsam und zur Aufruhr gegen die Römer bewegen. Indem aber Christus der Aufruhr falsch beschuldigt wird, hat er für die richtige Aufruhr genug getan. Und lügen die Hohepriester dies alles ganz meisterlich, denn Christus hatte nicht verboten, dem Kaiser den Zins nicht zu zahlen, sondern vielmehr gesagt: Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist, und Gott was Gottes ist. Daran sehen wir, dass auch häufig große und hohe Personen gegen unschuldige Leute schändlich lügen. Wenn aber der Satan die Obrigkeit auf keinen anderen Weg gegen die Christen erregen kann, so zieht er sie durch falsche Verleumder zur Aufruhr.

3. Pilatus aber fragte ihn und sprach: Bist Du der Juden König? Er antwortete ihm und sprach: Du sagst es.

König: Gibst Du Dich für einen König aus, unter dem jüdischen Volk. Es ist aber dieser Pilatus ein heidnischer Mensch gewesen, der von der rechten Region nichts gewusst hat. Dennoch hat er viele feine äußerliche Tugenden gehabt, unter welchen auch diese war, dass er nicht nur den Kläger, sondern auch dem Beklagten begehrte zu hören. Denn es steht einem Richter von Amts wegen zu, dass er ohne Vorurteil dem Beklagten ein Ohr vorbehalte.

Du sagst es: Du hast es recht gesagt, dass ich ein König bin. Aber ich bin kein weltlicher, sondern ein geistlicher und himmlischer König, und falle kein weltliches Reich an, sondern mache des Himmelreichs teilhaftig alle, die an mich glauben. Es hat aber ohne Zweifel Pilatus Christus für einen wahnsinnigen Menschen gehalten, der ihm, weiß nicht was für ein Königreich im Schlaraffenland oder irgendwo einbildete, weil er nichts Königliches an ihm spürte, und Christus bisher nie eine Unruhe erregt hatte. Wir sollen aber von unserem König Christus himmlische Schätze gegenwärtig sein, nämlich, Vergebung der Sünden, des himmlischen Vaters Gnade, und die ewige Seligkeit. Und wir sollen ihm zutrauen, seine Macht sei so groß, dass uns niemand aus seiner Hand reißen könne.

4. Pilatus sprach zu den Hohepriestern und zum Volk: Ich finde keine Ursache an diesem Menschen.

Keine Ursache: Warum sollte ich ihn umbringen. Und gibt Pilatus der Unschuld Christi viele Male Zeugnis, damit bekannt würde, wie er nicht für seine Sünde, der er nie eine gehabt hat, sondern um fremder Sünden willen gelitten habe.

5. Sie aber hielten an und sprachen: Er hat das Volk erregt damit, dass er gelehrt hat hin und her im ganzen jüdischen Lande, und hat in Galiläa angefangen bis hierher.

Gelehrt hat: Solche Dinge, die vielmehr zur Aufruhr, als zum Frieden und zur Ruhe dienen.

Hierher: Er hat in ganz Judäa und Galiläa (wo er den Anfang mit Predigen gemacht hat) mit seiner aufrührerischen Lehre erfüllt. Wenn man aber eine Lüge wiederholt, so ist sie damit nicht bewiesen. Denn es wird durch das viele Lügen keine Wahrheit verändert, auch wenngleich sie hundertmal wiederholt wird.

6. Da aber Pilatus Galiläa hörte, fragte er, ob er aus Galiläa wäre,

Galiläa: Über welches Land Pilatus keine Macht hatte.

Wäre: Dass er zu der Herrschaft Galiläa gehörte. Denn es begehrte Pilatus, diese unrichtige und verworrene Sache von sich auf einen anderen zu schieben, damit er nicht in der einen oder anderen Sache zu viel täte. Denn er wusste, dass er Christus ohne der Juden Beleidigung nicht loslassen könnte, und es drückte ihn schwer, einen unschuldigen Menschen, den Juden zu gefallen, denen er ohnedies nicht sehr hold war, zum Tode verurteilen. Denn die Kinder dieser Welt wissen mit einer wunderbaren Geschwindigkeit, allerlei Ausflüchte zu suchen, damit sie es nicht mit schweren und feindseligen Sachen zu tun bekommen. Was aber angenehme leichte Sachen sind, besonders wenn eine Hoffnung des Gewinns sich zeigt, da bieten sie sich gutwillig an.

7. Und als er vernahm, dass er unter des Herodes Obrigkeit gehörte, übersandte er ihn zu Herodes, welcher in denselben Tagen auch zu Jerusalem war.

Übersandte: Begehrte also zugleich Herodes Gunst zu bekommen, weil er sich nicht anmaßt, über den zu urteilen, der unter Herodes Gebiet gehörte, und wollte daneben der feindseligen Sachen sich also abhelfen.

8. Da aber Herodes Jesum sah, ward er sehr froh, denn er hätte ihn längst gerne gesehen; denn er hatte viel von ihm gehört und hoffte, er würde ein Zeichen von ihm sehen.

9. Und er fragte ihn mancherlei; er antwortete ihm aber nichts.

Mancherlei: Doch alles nur zum Schein, als dass es ihm mit der Gottseligkeit ein Ernst gewesen wäre. So forschen viele nach den Religionssachen, nicht dass sie der ewigen Seligkeit begierig wären, sondern dass sie ihren Vorwitz frönen. Aber fromme Kirchendiener sollen ihre Predigten nicht so anstellen, dass sie den vorwitzigen Leuten genugtun, nachdem denselben die Ohren jucken. Denn da ist es viel besser geschwiegen. Sie sollen aber ihre Lehre richten zur Ehre Gottes und der Kirchen Erbauung.

10. Die Hohepriester aber und Schriftgelehrten standen und verklagten ihn hart.

Ihn hart: Vor Herodes, da sie ihn ohne Zweifel auch des Aufruhrs beschuldigten, wie sie es vor Pilatus getan haben. Denn der Heuchler Gemüt wird nicht gestillt, bis dass sie unschuldiges Blut vergossen haben.

11. Aber Herodes mit seinem Hofgesinde verachtete und verspottete ihn, legte ihm ein weißes Kleid an und sandte ihn wieder zu Pilatus.

Verspottete: Hielten ihn also für einen Narren und schickten ihn im weißen Kleid, welches bei den orientalischen Völkern für köstlich geachtet wurde, wieder zu Pilatus, dass er mit ihm machen möchte, was er wollte. Dass nun Christus von Herodes und seinem Hofgesinde verachtet und verlacht wurde, hat er solche Strafe der Sünden ausgestanden, damit wir nicht vor Gott in Ewigkeit zu Spott und Schanden würden, sondern damit wir mit der Gerechtigkeit Christi bekleidet die ewige Seligkeit erlangen. Jedoch tun es etliche Hofleute dem Herodes gleich, so wie auch heute oft geschieht, dass sie die Prediger und treuen Diener Gottes für Narren halten, verachten und verlachen.

12. Auf den Tag wurden Pilatus und Herodes Freunde miteinander; denn zuvor waren sie einander feind.

Freunde: Denn des Pilatus Bescheidenheit dem Herodes zum Gefallen, dass er den zu Jerusalem nicht urteilen wollte, welcher zum gallischen Lande gehörte. Somit ist also die Uneinigkeit, die bisher unter ihnen gewesen, aufgehoben worden. Also werden auch Todfeinde wieder eins, machen auch wohl ein Bündnis miteinander, wenn sie Christus in seinen Gliedern verfolgen wollen.

13. Pilatus aber rief die Hohepriester und die Obersten und das Volk zusammen

Rief: Und versuchte noch einmal, ob er Christus aus der Juden Hände erretten könnte.

14. und sprach zu ihnen: Ihr habt diesen Menschen zu mir gebracht, als der das Volk abwende. Und siehe, ich habe ihn vor euch verhört und finde an dem Menschen der Sachen keine, der ihr ihn beschuldigt.

Sache keine: Die des Todes oder einer anderen Strafe wert wäre.

15. Herodes auch nicht; denn ich habe euch zu ihm gesandt, und siehe, man hat nichts auf ihn gebracht, was des Todes wert sei.

Zu ihm: Auf dass ihr eure Klage wider diesen Jesum bei ihm vorbrächtet.

Wert sei: Also hat Herodes geurteilt, und ist das mein Urteil auch. Welcher darum keine Schuld gehabt hat, der hat andere und fremde Sünde auf sich genommen und diese gebüßt. Denn Christus ist das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trägt {Joh 1}.

16. Darum will ich ihn züchtigen und loslassen.

Züchtigen: Ich will ihn geißeln lassen, auf dass ihr seht, wie ich euch einen Gefallen erzeigen möchte. Und ist zwar Christus jämmerlich gegeißelt worden, wie später folgen wird, weil Pilatus meinte, er wollte also der Juden unsinnige Wut stillen, wenn er Christus eine große Strafe antun ließ.

17. Denn er musste ihnen einen nach der Gewohnheit des Festes losgeben.

Losgeben: Der gefangen war und den Tod verschuldet hatte, da meinte Pilatus, er hätte nun einen anderen Weg gefunden, wie er den unschuldigen Jesum konnte beim Leben erhalten, welcher Anschlag doch auch nicht vonstattengegangen ist. Es ist aber diese Gewohnheit ohne, oder vielmehr gegen den Befehl Gottes, von den Juden eingeführt worden, dass sie auf das Osterfest einen Übeltäter, der den Tod verdient hatte, erlöst würde, welches sie ohne Zweifel getan haben zum Gedächtnis ihrer Erlösung aus Ägypten, da doch Gott hatte solche Erlösung im Gedächtnis zu behalten, das Osterfest eingesetzt und das Osterlamm zu essen befohlen, aber keine Übeltäter, die den Tod verschuldet hatten, gesagt, freizulassen. Denn Gott will, dass man die Übeltäter, so sie den Tod verschuldet, und besonders die Totschläger mit dem Tod bestraft, welches Urteil in den Büchern Mose oft wiederholt wird. Darum hat Pilatus die Gelegenheit solcher Gewohnheit an die Hand genommen, und ihnen zwei vorgeschlagen, aus denen sie einen aussuchen möchten. Nämlich, Jesus, den Wohltäter, der mit Heilung allerlei Krankheiten sich um das Volk sich wohl verdient gemacht hatte, und den Übeltäter Barrabas, der ein Totschläger, Aufrührer und lasterhafter Mensch war, in der Hoffnung, sie würden einen frommen Mann einem bösen Buben vorziehen. Es ist aber dieser Vorschlag des Pilatus ganz närrisch gewesen. Denn wenngleich dieser Jesus also wäre erlöst worden, so hätte man ihn doch später für einen öffentlich unredlichen Menschen gehalten, der nicht um seiner Unschuld willen, sondern wegen der Juden Gewohnheit freigelassen worden wäre. Also suchen diejenigen Ausflüchte, welche eine gerechte Sache nicht mit aufrichtigem und standhaftem Gemüt verteidigen dürfen, damit sie die nicht erzürnen, welcher Gunst oder Geschenke sie suchen, oder derer Gewalt sich fürchten.

18. Da schrie der ganze Haufe und sprach: Hinweg mit diesem und gib uns Barabbas los!

19. welcher war um eines Aufruhrs, so in der Stadt geschehen war, und um eines Mordes willen ins Gefängnis geworfen.

Mordes: Den er in dem Aufruhr begangen hat, und darum nichts Besseres zu erwarten hatte, denn dass man ihn mit dem Tod bestrafen würde.

20. Da rief Pilatus abermal ihnen zu und wollte Jesum loslassen.

Abermal: Dass er mit den Juden versuchte, so zu handeln, wie er Jesum ihnen wiedergebe, welchen sie dem Barrabas vorziehen sollten, denn er begehrte Christus loszulassen, weil er wusste, dass dieser unschuldig war.

21. Sie riefen aber und sprachen: Kreuzige, kreuzige ihn!

Kreuzige: So ist die Unbeständigkeit des allgemeinen Pöbels, dass sie den jetzt eines schändlichen Todes hinrichten fordern, welchen sie vor wenigen Tagen zugeschrien haben: Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn. Darum soll sich niemand auf die Gunst des allgemeinen Haufens verlassen. Es hat aber Christus gelitten, weil ihm ein aufrührerischer Mörder vorgezogen wurde, auf dass wir vor Gottes Gericht heilig und gerecht geschätzt würden.

22. Er aber sprach zum dritten Mal zu ihnen: Was hat denn dieser Übles getan? Ich finde keine Ursache des Todes an ihm; darum will ich ihn züchtigen und loslassen.

Getan: Zeigt mir zuvor eine Übeltat, die des Todes wert sei, wenn ihr könnt.

Keine Ursache: Darum kann man ihm mit keinem Recht mit dem Tod strafen.

Züchtigen: Ich will ihn geißeln lassen, auf dass ihr seht, wie ich euch etwas zu gefallen tue, aber das Leben will ich ihm schenken. Dieser Vorschlag von Pilatus, dessen oben auch gedacht worden ist, führte aber nicht zum Erfolg. Denn dergestalt ist Christus noch mehr gemartert worden, da man ihn noch dazu gegeißelt, und er hat später trotzdem noch sterben müssen. Denn obwohl Pilatus später Christus, da er gegeißelt gewesen und ihm das Blut über den Leib herabfloss, den Juden vorgeführt, damit er sie also zum Mitleiden bewegte. Er hat aber auch damit nichts ausgerichtet. Also geraten die fleischlichen Anschläge, in Sachen, die Christus angehören, dass sie viel mehr schaden, als nutzen. Und soll man den Unschuldigen kein Leid zufügen, auf dass man etlichen Wüterichen zu willen werde. Christus aber ist um unserer Missetaten willen verwundet, und um unserer Sünde willen geschlagen, die Strafe liegt auf ihn, auf dass wir Friede hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt {Jes 53}.

23. Aber sie lagen ihm an mit großem Geschrei, und forderten, dass er gekreuzigt würde, und ihr und der Hohepriester Geschrei nahm überhand.

24. Pilatus aber urteilte, dass ihre Bitte geschähe,

Geschehe: Nachdem er sich lange gewehrt, und endlich die Hände vor dem ganzen Volk gewaschen hatte, es ist aber darum Pilatus vor Gott nicht entschuldigt gewesen. Denn von Amts wegen gebührte und oblag es ihm, dass er den unschuldigen Christus wider der Juden Wüterei und Grausamkeit hätte Sollen verteidigen. Denn er hätte Mittel und Wege finden können, die aufrührerischen und mörderischen Juden zurückzuweisen, wie Josephus erzählt, dass es etliche Male geschehen ist. So hätte er auch können Rat finden, wie er Jesus aus ihren Händen erretten könnte.

25. und ließ den los, der um Aufruhrs und Mords willen war ins Gefängnis geworfen, um welchen sie baten; aber Jesum übergab er ihrem Willen.

Ihrem Willen: Dass er gekreuzigt würde. Christus ist also auch vor der weltlichen Obrigkeit zum Tode verdammt worden. Er hat aber unschuldig wollen verurteilt werden, auf dass wir Sünder für Gottes Reich absolviert und losgesprochen würden. Und es ist nichts Neues in der Welt, dass die Lasterhaften der Strafe entgehen, die Unschuldigen aber gestraft werden.

26. Und als sie ihn hinführten, ergriffen sie einen, Simon von Kyrene, der kam vom Felde, und legten das Kreuz auf ihn, dass er es Jesu nachtrüge.

Und: Folgt jetzt, wie das gefällte Urteil über unseren Heiland Christus vollstreckt wurde. Es haben aber die Kriegsknechte Jesum aus der Stadt Jerusalem geführt, an den Ort, wo man die Übeltäter pflegt zu richten, wie die anderen Evangelisten bezeugen. Warum aber Christus aus der Stadt Jerusalem hinausgeführt wurde, meldet der Apostel im Hebräerbrief, da er sagt, welche Tiere Blut getragen wird durch den Hohepriestern in das Heilige, für die Sünde, der selbigen Leichname werden verbrannt außerhalb des Lagers. Darum auch Jesus, auf dass er das Volk heiligte durch sein eigenes Blut, hat er abgebildet außen vor dem Tor. So lasst uns nun zu ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, und seine Schmach tragen, denn wir haben hier keine bleibende statt, sondern die zukünftige suchen wir {Hebr 13}.

Auf ihn: Denn zuerst hat Christus sein Kreuz eine Zeit selber tragen müssen, aber weil sie sich besorgten, dass er auf dem Wege nicht allzu kraftlos würde, unter dem Kreuz niederfiele und stürbe, ehe sie ihn zur Kreuzigung brächten, so haben Sie diesen Simon, der ihnen begegnete, gezwungen, dass er ihm das Kreuz tragen musste, obwohl er nun solches sehr ungern getan hat, so hat er doch daher einen ewigen Namen und Ruhm bekommen. Wir sollen auch ein jeder sein Kreuz auf sich nehmen und Christus folgen. Denn obwohl das Fleisch solches nicht gerne tut, so ist es doch nützlich und heilsam. Besonders, welche mit Christus hier alle Widerwärtigkeit leiden, die werden auch dort ewig mit ihm herrschen. Gleichwie aber Christus eine Zeit lang von seinem Kreuz befreit wurde, und man solches erleichtert hat, auf dass er später desto heftiger gemacht hat und gepeinigt würde, so werden wir häufig auch aus einer Trübsal errettet, auf dass wir uns zu größeren rüsten und gefasst machen. Endlich aber werden wir von allem Übel erlöst und der ewigen Freude und Seligkeit teilhaftig werden.

27. Es folgte ihm aber nach ein großer Haufen Volks und Weiber, die klagten und beweinten ihn.

Klagten: Dass sie ein großes herzliches Mitleiden mit dem hatten (wie denn das weibliche Geschlecht, welches zur Barmherzigkeit geneigt ist), besonders, weil sie sahen, dass er unschuldig zum Tode geführt wurde. Denn sie nie Böses von ihm gehört, sondern wussten sehr gut, dass er den elenden Leuten geholfen und viel Gutes getan hatte. Und es ist kein Zweifel, sind unter diesen Frauen viele fromme und gottselige gewesen. Wir sollen auch ein Mitleiden mit Christus haben, wenn er in seinen Gliedern leidet.

28. Jesus aber wandte sich um zu ihnen und sprach: Ihr Töchter von Jerusalem, weint nicht über mich, sondern weint über euch selbst und über eure Kinder.

Kinder: Ihr dürft über meinen Zustand euch nicht so sehr bekümmern, als über eure eigenen und euer Kinder künftiger Unfall. Denn ich werde durch mein Leiden bald zu meiner himmlischen Herrlichkeit eingehen. Aber euch und eure Kinder, samt dieser ganzen Stadt, steht ein großes Unglück bevor.

29. Denn siehe, es wird die Zeit kommen, in welcher man sagen wird: Selig sind die Unfruchtbaren und die Leiber, die nicht geboren haben, und die Brüste, die nicht gesäugt haben.

Nicht gesäugt: Das hießt: Zu den trübseligen Zeiten, wenn Jerusalem zerstört werden wird, wird man solche klagevolle Rede führen, und sagen: Oh, wie geht es den unfruchtbaren Weibern jetzt so gut, die nie Kinder gehabt haben, dass sie an ihnen diesen Jammer nicht sehen brauchen, der mit Worten nicht auszusprechen ist.

30. Dann werden sie anfangen zu sagen zu den Bergen: Fallt über uns! Und zu den Hügeln: Bedeckte uns!

31. Denn so man das tut am grünen Holz, was will am dürren werden?

Dürren werden: Ich glaube, dass dies ein allgemeines Sprichwort zu selben Zeit gewesen ist, welches auf Christus sein Vorhaben deutet: Als ob er spreche, es wird das jüdische Volk in eine große Angst und Not geraten, dass sie wünschen werden, dass sie nur von den Bergen und Hügeln überfallen und zugedeckt würden, auf dass sie solch ein großes Unglück nicht mehr sehen und erdulden müssen. Denn weil ich (spricht Christus), der ich doch ein guter und fruchtbarer Baum bin, um fremder Sünde willen, so schrecklich gemartert und geplagt werde, was werden dann wohl die unfruchtbaren Bäume zu erwarten haben, die keine guten Früchte bringen. Doch soll man dies nicht so verstehen, dass die Juden, als Christi Verfolger, wie auch andere unbußfertige Leute, nur zeitliche und leibliche Strafen erwarten dürften. Denn welche nicht Buße tun, die werden in die ewige Pein verstoßen werden, und wenn sie am Jüngsten Gericht das Angesicht des zornigen Gottes anschauen, so werden sie sich wünschen, dass sie die Berge überfallen möchten. Wenn aber gottlose Leute sehen, dass die Frommen in dieser Welt geplagt werden, so mögen sie wohl bedenken, was der Apostel Petrus sagt: Wenn das Gericht (das heißt, die Züchtigung) zuerst an dem Hause Gottes anfängt, was will es für ein Ende werden mit denen, die dem Evangelium Gottes nicht glauben, und so der Gerechte kaum erhalten wird, wo will der Gottlose und Sünder erscheinen {1Petr 4}? Denn welcher Baum nicht gute Früchte bringt, der wird abgehauen, und ins Feuer geworfen, das niemals verlöscht {Mt 7}.

32. Es wurden aber auch hingeführt zwei andere Übeltäter, dass sie mit ihm abgetan würden.

Übeltäter: Welche Mörder gewesen, wie die anderen Evangelisten bezeugen.

33. Und als sie kamen an die Stätte, die da heißt Schädelstätte, kreuzigten sie ihn dort und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken.

Schädelstätte: Da viele Gebeine und Hirnschalen lagen von den Übeltätern, so man dort zum Tode hingerichtet hatte.

Gekreuzigten: Es hat aber Christus gekreuzigt werden wollen, auf dass die Tat und Wahrheit mit dem Ebenbild übereinkäme. Denn gleichwie Moses in der Wüste eine Schlange erhöht hat, also hat des Menschen Sohn auch müssen erhöht werden, das heißt, am Holz des Kreuzes geheftet und aufgerichtet, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben {Joh 3}. Und hat Christus mit ausgestreckten Armen am Kreuz sterben wollen, auf dass er uns alle zu sich zöge, und die Kirche in seine Arme fasste. Denn also spricht Christus selber: Wenn ich von der Erde werde erhöht werden, so will ich sie alle zu mir ziehen {Joh 12}. Es hat auch Christus damit, dass er am Holz des Kreuzes gehangen hat, uns von dem Fluch des Gesetzes erlöst, da er ein Fluch für uns geworden ist. Denn es steht geschrieben: Verflucht ist jedermann, der am Holz hängt, und hat uns den himmlischen und ewigen Seelen gegeben, der dem Abraham und seinen geistlichen Kindern versprochen wurde {Gal 3}. Ferner ist Christus, da er am Kreuz gestorben ist, zugleich der Priester und das Opfer gewesen, denn er hat seinen Leib am Holz des Kreuzes seinem Vater geopfert, und sein Blut daran vergossen, für die ganzen Sünden der Welt, und hat eine ewige Erlösung erlangt {1Joh 1 Hebr 9v10}. Welche aber rechtschaffene Glieder Christi sind, die kreuzigen ihr Fleisch samt den Listen und Begierden {Gal 5}.

Linken: Jesus aber in der Mitte, als wäre er der allerärgste Übeltäter. Er hat aber unter die Übeltäter gerechnet werden wollen, wie Jesaja im 53. Kapitel zuvor geweissagt hatte, auf dass wir unter die Zahl der Kinder Gottes kämen.

34. Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun. Und sie teilten seine Kleider und warfen das Los darum.

Vergib ihnen: Diese Sünde, dass sie mich deinen eingeborenen Sohn kreuzigen.

Wissen nicht: Sie meinen, dass sie nicht Gott, sondern nur einen Menschen kreuzigen, und halten es dafür, ich habe diese Strafe wohl verdient. Das aber dies Gebet Christi erhört wurde, hat der Ausgang später bezeugt, denn da Christus kaum gestorben war, ist der Hauptmann, welcher der Kreuzigung Christi beigewohnt, von denen, die ihn gekreuzigt, vorgesetzt gewesen, zu Christo bekehrt worden, wie auch gleich darauf andere mehr erkannt haben, dass der Sohn Gottes gekreuzigt wurde, davon später mehr folgen wird. Es bittet aber Christus unser Hohepriester, auch noch heutigentags für uns Sünder {Röm 8}. Obwohl nun die Unwissenheit von aller Sünde uns nicht entschuldigt, so ist doch die Sünde viel geringer, welche aus Unwissenheit, als welche wissentlich und vorsätzlich geschieht. Es lehrt uns auch Christus mit seinem Beispiel, dass wir für unsere Feinde bitten sollen {Mt 5}, und hat Christus in diesem Stück das Gesetz Gottes von der Liebe auf das Vollkommenste erfüllt, weil er für die gebeten hat, die ihn gekreuzigt haben.

Sie teilten: Nämlich, die Kriegsknechte, und weil noch ein Rock aus nur einem Stück Stoff darunter war, haben sie ihn nicht teilen wollen, sondern das Los darüber geworfen, auf wen er viele, auf dass die Weissagung von Christo erfüllt würde, welche David vorgebracht hat, da er sagt: Sie teilen meine Kleider unter sich, und werfen das Los um mein Gewand {Ps 22}. Heutigen Tages teilen die Kleider Christi, und spielen darum, welche die Kirchengüter, so sie zur Erhaltung des Predigtamtes und der Kirche nötig sind, zu sich reißen und zu ihrem Nutzen wenden. Wir sollen aber geduldig leiden, wenn wir auch einmal unsere Güter um Christi willen verlieren müssen {Hebr 10}.

35. Und das Volk stand und sah zu. Und die Obersten samt ihnen spotteten sein und sprachen: Er hat andern geholfen, er helfe sich selber, ist er Christ, der Auserwählte Gottes!

Obersten: Nämlich, unter den Priestern, welche doch vor anderen sich mäßigen sollen.

Auserwählte: Wenn ihn Gott lieb hat, und er sein Sohn ist, so erlöse er sich selber aus dieser Pein, dann wollen wir glauben, dass er Christus sei, für den er sich ausgegeben hat. Das aber einer verlacht und verspottet wird, ist eine Strafe der Sünden {5Mos 28}. Darum Christus gewollt hat, dass er um unseretwegen verspottet wird, auf dass nicht die Teufel uns ewig verspotten dürften. Es pflegt aber auch die Welt der Kinder Gottes, in ihren Trübsalen und Nöten, giftig zu spotten, da ist Geduld nötig.

36. Es verspotteten ihn auch die Kriegsknechte, traten zu ihm und brachten ihm Essig

Essig: Da er Durst hatte und zu trinken begehrte. Hat also Christus, da er zu trinken begehrt, weder Wasser noch Wein haben können, sondern man hat ihm Essig gereicht, womit er unsere Trunkenheit büßte. Welche er aber darum gebüßt, nicht dass wir darin fortfahren, sondern dass wir uns davon abhalten lassen sollen. Denn die Trunkenbolde werden das Reich Gottes nicht erlangen {1Kor 6}.

37. und sprachen: Bist Du der Juden König, so hilf Dir selber.

38. Es war auch oben über ihm geschrieben die Überschrift mit griechischen und lateinischen und hebräischen Buchstaben: Dies ist der Juden König.

Überschrift: Denn man pflegte eine Überschrift an der Übeltäter Kreuz zu heften, darin die Ursache geschrieben war, warum sie ums Leben gebracht wurden. Weil aber von Christo nichts Böses konnte geschrieben werden, so hat Pilatus den Juden (welchen er feind war) zur Schmach geschrieben, dass dieser Jesus von Lazarus sei darum am Kreuz getötet, dass er sich für einen König der Juden ausgegeben hat. Aber der Heilige Geist hat Pilatus dahin getrieben, dass er unwissend die Wahrheit geschrieben hat. Denn Christus ist der König, so den Juden verheißen war, und den Heiden auch gesandt wurde, auf dass alle, die an ihn glauben, von ihren geistlichen Feinden erlöst, unterhalten würden. Und haben die drei hauptsächlich gebräuchlichen Sprachen an der siegreichen Überschrift Christi bedeutet, wie das Evangelium Christi in alle Sprachen durch die ganze Welt sollte ausgebreitet werden.

39. Aber der Übeltäter einer, die da gehenkt waren, lästerte ihn und sprach: Bist Du Christus, so hilf Dir selbst und uns!

Christus: Der versprochene Messias, wie Du Dich gerühmt hast.

Und uns: Errette Dich und uns aus dieser Pein und Schmach. Denn etliche Gottlose sind so verstockt, dass sie auch in der Trübsal nicht gedemütigt werden, noch sich zu Gott bekehren, der sie schlägt, wie Jesaja klagt, sondern lästern Gott noch über ihre vorigen Sünden. Diese sind des Teufels mit Haar und Haut.

40. Da antwortete der andere, strafte ihn und sprach: Und Du fürchtest Dich auch nicht vor Gott, der Du doch in gleicher Verdammnis bist?

In gleicher: Wir leiden zugleich einerlei Strafe, und hat Dich solches dennoch nicht dazu bewegen können, dass Du Dich vor Gott demütigst, sondern verlästerst noch darüber diesen frommen Menschen, ja den Messias und Heiland der Welt selber, der mit uns gekreuzigt wird.

41. Und zwar wir sind zurecht gekreuzigt; denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind; dieser aber hat nichts Ungeschicktes getan.

Nichts Ungeschicktes: Darum musst Du ein überaus Gottloser und böser Mensch sein, der Du dieses unschuldigen und allerheiligsten Mannes spottest.

42. Und sprach zu Jesu: Herr, gedenke an mich, wenn Du in dein Reich kommst!

Gedenke: Erbarme Dich meiner, und mach mich deines himmlischen Reiches teilhaftig. An diesem Schächer sieht man, worauf die wahre Buße besteht. Nämlich in der Erkenntnis der Sünden, und Glauben, und Christus. Der Glaube aber wirkt durch die Liebe gute Werke, dass er den Nächsten, der der irrt, begehrt wieder auf den rechten Weg zu bringen.

43. Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage Dir, heute wirst Du mit mir im Paradies sein.

Paradies sein: Das heißt: Ich nehme Dich zu Gnaden auf, verzeihe Dir Deine Sünden, und Du sollst noch heute der ewigen Seligkeit teilhaftig werden. Welche darum auch in Todesnöten wahrhaftig Buße tun, die werden zu Gnaden aufgenommen. Doch soll darum niemand dieses Beispiel zur Sicherheit des Fleisches missbrauchen. Und wird dieser Schächer nicht zum Fegefeuer gewiesen, dass er dort für seine Sünden büße, sondern es wird ihm die ewige Seligkeit verheißen. Auch lehrt dies Beispiel, das die frommen Seelen bald nach dem Tode der himmlischen Seligkeit teilhaftig werden. Darum sagt Paulus, ich begehre abzuscheiden, um bei Christo zu sein {Phil 1}.

44. Und es war um die sechste Stunde. Und es ward eine Finsternis über das ganze Land bis an die neunte Stunde.

45. Und die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels zerriss mitten entzwei.

Verlor: Also, dass sie drei Stunden lang nicht geschienen hat. Es ist aber dies keine natürliche Finsternis gewesen, weil die Juden das Osterfest im Vollmond hielten, die Finsternisse aber im Neumond geschehen. Es hat aber die Sonne der Welt ihren Schein entzogen und nicht leuchten sollen, da ihr Schöpfer am Kreuz gestorben ist. Es wurde durch diese Finsternis bedeutet der Jammer und die Blindheit des jüdischen Volkes, damit Gott die Verachtung des Evangeliums zu strafen pflegt.

Vorhang: Damit der Eingang des Allerheiligsten bedeckt war.

Entzwei: Damit Gott zu verstehen gab, dass an dem levitischen Priestertum ein Ende gemacht wäre, weil jetzt Christus, das Lamm Gottes, am Kreuz sterben würde. Darum bedürfen wir im Neuen Testament nach dem Tode Christi keines anderen Versöhnungsopfers mehr. Denn nachdem dieser Vorgang zerrissen, ist der Himmel geöffnet, dass alle die, so an den gekreuzigten Christus glauben, ein freien Zugang zum himmlischen Vater haben {Hebr 9}.

46. Und Jesus rief laut und sprach: Vater, ich befehle meinen Geist in Deine Hände! Und als er das gesagt, verschied er.

Befehle: Wenn wir sterben wollen, so sollen wir auch unsere Seelen dem himmlischen Vater befehlen, der sie ins Paradies führen wird.

Verschied er: Es hat aber der leibliche Tod Christi uns das ewige Leben erworben, denn er ist für unsere Sünden gestorben. Darum ist das Neue Testament durch seinen Tod bestätigt worden, dass er allen Gläubigen Vergebung der Sünden und das ewige Leben aus Gnaden aufträgt. Es ist aber Christus für alle gestorben, auf dass die, so da leben, nur nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist {2Kor 5}.

47. Da aber der Hauptmann sah, was da geschah; preiste er Gott und sprach: Fürwahr, dieser ist ein frommer Mensch gewesen!

Hauptmann: Welcher über die Kriegsknechte gesetzt war, die Christus kreuzigten.

48. Und alles Volk, das dabei war und zusah, da sie sahen, was da geschah, schlugen sich an ihre Brust und wandten wieder um.

Geschah: Als, die ungewöhnliche Finsternis, das Erdbeben, und dass die Felsen zerrissen, auch die Gräber sich auftaten, wie die anderen Evangelisten bezeugen, und hörte, dass Christus mit heller Stimme seine Seele dem himmlischen Vater Gott selig befahl, und darauf sanft einschlief, hat er aus solchem allen Recht geschlossen, und zu der Ehre Gottes öffentlich bekannt, dass dieser Jesus der Sohn Gottes und Messias ist, wie auch viele andere mehr, die Christo zuvor zuwider gewesen. Da sie eben dasselbe gesehen und gespürt haben, haben sie sich eines Besseren besonnen, dass sie einen heiligen Propheten, der von Gott gesandt wurde, umgebracht hatten und deswegen schwer sich an Gott versündigt hatten. Darum sie diese Tat sehr bereut haben, welches sie mit dem an die Brust Schlagen genügend zu verstehen geben. Wir sehen deswegen, dass Gott auch nach der frommen Tod Leute erweckt, die ihr Unschuldszeugnis geben. Und wenn Christus in seinen Gliedern leidet, so wird die Kirche erweitert und nicht ausgezählt. Die Bekehrung aber dieses Hauptmanns, und andere, so Buße getan haben, da Christus am Kreuz gehangen, ist ein Zeichen, dass Christus in diese Welt gekommen sei, die Sünder selig zu machen {1Tim 1}.

49. Es standen aber alle seine Verwandten von ferne und die Weiber, die ihm aus Galiläa waren nachgefolgt, und sahen das alles.

Von ferne: Dass sie vor Furcht nicht durfte näher hinzugehen, denn wenn es übel geht, so setzen viel Freunde vor Furcht sich von uns, denen wir doch darum nicht sollen feind sein. Denn also schreib Paulus: In meiner ersten Verantwortung stand mir niemand bei, sondern sie verließen mich alle, er sei ihnen nicht zugerechnet {2Tim 4}.

50. Und siehe, ein Mann mit Namen Joseph, ein Ratsherr, der war ein guter, frommer Mann;

Und: Bisher haben wir gehört, wie Christus am Kreuz für unsere Sünden gelitten und gestorben ist, jetzt folgt auch von seinem Begräbnis.

Frommer: Der einen ehrbaren Wandel führte und an Christus glaubte. Denn Christus hat unter allen Ständen, die für sich selbst ehrbar sind, etliche fromme Leute, und findet man auch unter den Reichen und Weltweisen welche, die Gott wahrhaftig fürchten.

51. der hatte nicht bewilligt in ihren Rat und Handel; der war von Arimathia, der Stadt der Juden, der auch auf das Reich Gottes wartete:

Bewilligt: Obwohl er mit im Rat zu Jerusalem gesessen ist, so hat er doch ihre Gottlosen und blutdürstigen Anschläge wider Jesum nicht zugestimmt. Es tun aber fromme Leute ihrem Gewissen genüge, wenn sie mit ihrer Zustimmung ungerechter Anschläge nicht billigen, sondern vielmehr diesen öffentlich widersprechen.

Wartete: Er glaubte an Christus und wartete auf die Offenbarung seines Reiches. Denn unter dem großen Gottlosen Haufen in dieser Welt hat Gott noch seine Auserwählten, um welcher willen er auch viele Gottlose eine Zeit lang verschont.

52. der ging zu Pilatus und bat um den Leib Jesu

Bat: Dass er Jesus vom Kreuz nehmen, und ehrlich begraben dürfte. Bekennt also Josef mit dieser Tat zu einer sehr gefährlichen Zeit, da er doch zuvor ganz furchtsam gewesen war, seinen Glauben an den gekreuzigten Christus vor Pilatus und allen, denen das Begräbnis Christi möchte bekannt werden, dagegen Petrus und die anderen Jünger sich nicht im Geringsten durften erkennen lassen. So soll man deswegen die Schwachen im Glauben nicht verachten oder verwerfen, denn es kann wohl geschehen, dass die Schwachen stark, und die Starken schwach werden.

53. und nahm ihn ab, wickelte ihn in Leinwand und legte ihn in ein gehauenes Grab, darin niemand je gelegen war.

Grab: Welches Josef für sich hatte machen lassen. Es hat aber auch Nikodemus Christus geholfen, ihn zu begraben. Hat also Christus dasselbe Grab eingeweiht, und alle Gräber mit seinem Begräbnis geheiligt, dass sie für uns zu einer Schlafkammer geworden sind, in denen unsere Leiber ruhen, und auf die Auferstehung warten {Jes 56}. Wir sollen aber auch mit Christo unseren alten Adam begraben {Röm 6}.

54. Und es war der Rüsttag, und der Sabbat brach an.

Rüsttag: Da Christus gestorben und begraben wurde. An diesem Tag pflegten die Juden alles vorzubereiten, was auf den folgenden Sabbat nötig war, auf dass sie also dann ruhen könnten.

Brach an: Denn die Juden fingen den Tag vom Abend an, das heißt, dass die Ruhe am Sabbat am Abend begann.

55. Es folgten aber die Weiber nach, die mit ihm kommen waren aus Galiläa, und beschauten das Grab, und wie sein Leib gelegt ward.

Beschauten: Denn sie waren willens, nach dem vergangenen großen Sabbat, ihn mit köstlichen Salben und Spezereien zu salben, auf dass sein Leib desto länger vor der Verwesung erhalten würde.

56. Sie kehrten aber um und bereiteten Spezerei und Salben. Und den Sabbat über waren sie stille nach dem Gesetz.

Gesetz: Gottes, welches Gebot, dass man am Sabbat ruhen sollte, unterdes aber hatten sie bereits allerlei notwendige Sachen bereitet, damit sie den Leib Christi zu salben im Sinn hatten. Obwohl nun zu unserer Seelenheil und Seligkeit nichts daran gelegen ist, wie und wo wir begraben werden, so soll man doch die Christen ordentlich begraben, auf dass in denen, so noch leben, die Hoffnung der Auferstehung gestärkt werde. Und obwohl wir auf jüdische Weise den Sabbat zu halten nicht gebunden sind, so soll man sich doch hüten, dass man ohne große wichtige Ursachen die Zeiten nicht ineinander menge, und aus den Festtagen keine Werktage mache, oder die Werktage in Festtage verändere. Denn Gott ist ein Gott der Ordnung, und nicht der Verwirrung, darum er aller Unordnung feind ist.


Das 24. Kapitel

  • Als etliche Frauen zum Grabe Christi kommen, empfangen sie von den Engeln einen Bericht seiner Auferstehung. Welche eben diesen Bericht den Aposteln verkündigen. Da zwei Jünger nach Emmaus gehen, erscheint ihnen Christus und legte ihnen die Schrift aus. Kommt danach zu den Jüngern, da sie sich in einem Haus versammelt hielten. Lässt sich von ihnen anfassen, und isst mit ihnen. Zeigt ihnen an, wie die Schrift von Christo musste erfüllt werden. Verspricht den Aposteln den Heiligen Geist und fährt in den Himmel.

1. Aber am erste Tage der Woche sehr frühe kamen sie zum Grabe und trugen die Spezerei, die sie bereitet hatten und etliche mit ihnen.

Aber: Wir sind nun endlich zu der fröhlichen Auferstehung Christi gekommen, welche mit seinen vielfältigen Erscheinungen ganze vierzig Tage lang genügend bestätigt worden ist. Das wird von den anderen Evangelisten auch beschrieben in Matthäus 28, Markus 16, Johannes 20. Dass aber Christus von den Toten auferstanden, ist ein gewisses Zeugnis, dass unsere Sünden bei Gott versöhnt sind. Und dass der Gerechtigkeit Gottes genug geschehen ist, dass auch der Teufel, der Tod und die Hölle, als unsere Feinde, überwunden worden sind {1Kor 15}. Und weil nun Christus, unser Haupt, auferstanden ist, so wird er uns, seine Glieder nicht dem Tode lassen, sondern wird uns auch zum ewigen Leben aufwecken {1Kor 15}. Wir sollen aber Christi Auferstehung so betrachten, dass wir in diesem Leben geistlich von Sünden aufstehen, und ein neues, das heißt, ein gottseliges Leben führen {Röm 6}.

Sabbate: Es wurden die acht Tage des Osterfestes Sabbater genannt, unter denen doch der erste und achte Tag die vornehmsten Tage waren. Darum ist der eine Sabbat, dessen hier gedacht wird, der erste Tag nach dem großen Sabbat gewesen, welchen wir den Sonntag zu nennen pflegen. An diesem Tag sind die Frauen zum Grab gekommen, und haben den n Christus salben wollen. Denn an den Tagen, die zwischen dem ersten und achten waren, durfte man so eine Tat nicht verrichten.

2. Sie fanden aber den Stein abgewälzt von dem Grabe

Abgewälzt: Denn der Engel des Herrn war vom Himmel gekommen, und hatte den Stein von des Grabes Tür gewälzt, wie Matthäus es bezeugt im 28. Kapitel. Obwohl nun die Frauen vom Reich Christi noch nicht den richtigen Verstand hatten, so ist dennoch ihr Tun zu loben, dass sie den verstorbenen Jesum nicht so lassen wollten, sondern begehren, ihn auch unter Gefahr zu ehren. Wir sollen darum durch keine Gefahr uns von Christus abschrecken lassen.

3. und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn Jesu nicht.

4. Und da sie darum bekümmert waren, siehe, da traten zu ihnen zwei Männer mit glänzenden Kleidern.

Bekümmert: Sie besorgten sich, man möchte ihn heimlich weggenommen und gestohlen haben.

Männer: Welches zwei Engel in menschlicher Gestalt waren. 24,5.

5. Und sie erschraken und schlugen ihre Angesichter nieder zu der Erde. Da sprachen die zu ihnen: Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten?

Nieder: Vor Furcht und Scham, weil sie aus allen Umständen merkten, dass dieses nicht Menschen, sondern Engel sein mussten.

Toten: Warum sucht ihr den lebendigen Christus im Grabe, das doch der Toten Behausung zu sein pflegt?

6. Er ist nicht hier, er ist auferstanden. Gedenkt daran, wie er euch sagte, da er noch in Galiläa war,

Nicht hier: Nämlich, tot. Darum soll man ihn nicht im Grabe suchen. Dass nun die Auferstehung den Frauen zuerst kundgetan wurde und nicht den Hohepriestern, noch Pilatus oder Herodes, ja, auch nicht den Aposteln, haben wir daraus zu lernen, dass Gott, was schwach ist in dieser Welt, erwähle, auf dass er zuschanden mache, was stark ist {1Kor 1}. Und hat Christus mit dieser Ehre das weibliche Geschlecht von der Verachtung retten wollen. Die Zwinglianer verkehren den Verstand dieser Worte (er ist nicht hier) ganz böswillig, weil sie sagen, dass man daraus schließen müsse, Christus könne nicht auf einmal und zugleich mit seinem Leibe an zwei unterschiedlichen Orten zugegen sein. Aber Christus war nicht tot in der Gestalt, wie ihn die Frauen suchten, dass er hätte gesalbt werden können, so war er zwar auch nicht sofort in sichtbarer Weise da, aber doch war er nichtsdestoweniger in unsichtbarerweise vorhanden, wie er denn solches gleich darauf bewiesen hat, da er der Maria erschienen ist, wie sie beim Grabe gestanden und geweint hat, wie es Johannes meldet im 20. Kapitel. Darum war Christus in der Wahrheit bereits bei den Frauen vorhanden, aber tot war er nicht da. So war er auch nicht zugleich sichtbar da, bis es ihm gefiel, dass er sich sichtbar zeigte.

7. und sprach: Des Menschen Sohn muss überantwortet werden in die Hände der Sünder und gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen.

Sprach: Die Engel stärkten den Glauben der Frauen von der Auferstehung Christi, mit den Worten Christi, die sie vorher nicht verstanden hatten, denn wenn die guten Geister erscheinen, so lehren sie nichts, das dem geoffenbarten Worte Gottes zuwider ist, sondern was mit diesem auf das Genaueste übereinstimmt, darum man die Geister, welche im Papsttum erschienen sind und neue Lehre vorgebracht haben, so sie der Heiligen Schrift entgegen sind, nicht hätte hören sollen. Denn es sind keine Seelen oder Engel gewesen, sondern verführerische Lügengeister.

8. Und sie gedachten an seine Worte.

Worte: Wie, nämlich, Christus seinen Tod und seine Auferstehung ihnen mehrmals zuvor verkündigt hatte, darum fingen sie an zu glauben, dass Christus von den Toten erstanden wäre. Ist also das Wort Christi, welches sie zuvor nicht verstanden, und, wie es das Ansehen damals gehabt hatte, ohne Nutzen gehört hatten, jetzt endlich dazu gut geworden, dass es, da sie sich dessen wiederum erinnerten, ihren Glauben gestärkt hat. Denn wenn man das Wort Gottes hört und im Herzen behält, wenn man es auch nicht gleich versteht, so bringt es doch zu seiner Zeit Früchte.

9. Und sie gingen wieder vom Grabe und verkündigten das alles den Elfen und den andern allen.

Allen: Jüngern, die beisammen waren, auf dass sie derselben Freude teilhaftig werden. Denn ein gottseliges Herz, so durch den Glauben erleuchtet wurde, bemüht sich auch, andere zur wahren und standhaften Erkenntnis Christi zu bringen.

10. Es waren aber Maria Magdalena und Johanna und Maria, des Jakobus Mutter, und andere mit ihnen, die solches den Aposteln sagten.

Es: Jetzt erzählt der Evangelist die Namen der vornehmsten Frauen, so sie von der Auferstehung durch die Engel verständigt wurden.

Magdalena: Die eine Zeit lang ein unzüchtiges Leben geführt hatte, und von welcher Christus sieben Teufel ausgetrieben hatte.

Solches: Was sie von den Engeln gehört hatten. Es werden also die Frauen der Apostel zu Apostelinnen, und zwar von diesen Frauen, die Gott solche Ehre getan haben, auch die große Sünderin Maria Magdalena. Mit welchem Tun Christus lehren will, dass er in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen {1Tim 1}.

11. Und es deuchten sie ihre Worte eben, als wären es Märlein, und glaubten ihnen nicht.

Ihnen nicht: Sie konnte nicht verstehen, was die Frauen von der Auferstehung Christi vorgaben. Denn das menschliche Herz ist von Natur unverständig, Gottes Wort zu fassen, den Lügen aber und der Räuberei glauben ist leichter. Und will die göttliche Wahrheit den Leuten nicht einleuchten, den Lügen aber fallen sie schnell zu. Weil auch die Jünger gesehen, dass ihr Warten von dem irdischen Reich vergebens war, so glauben sie jetzt auch die Auferstehung nicht. Aber wir sollen ein Maß halten, dass wir nicht so weit zur Rechten oder zur Linken ausweichen.

12. Petrus aber stand auf und lief zum Grabe und bückte sich hinein und sah die leinenen Tücher allein liegen und ging davon; und es nahm ihn wunder, wie es zuginge.

Zum Grabe: Dass er sehe, wie es damit beschaffen wäre. Obwohl er noch nicht glaubte, so hielt es doch dafür, dass man der Frauen Reden nicht in den Wind schlagen könnte.

Zuginge: Denn er glaubte noch nicht, dass Christus auferstanden wäre, und sah doch, dass das Grab leer war, die leinernen Tücher aber, so noch vorhanden waren, hatten das Ansehen nicht, dass der Leib Christi könnte gestohlen worden sein. Darum er im Zweifel stand und wusste nicht, was er denken sollte. Denn der Glaube und Unglaube ringen häufig in einem gottseligen Menschen miteinander, dass ungewiss scheint, wer die Oberhand behalten werde, endlich aber bricht der Glaube hervor und überwindet.

13. Und siehe, zwei aus ihnen gingen an demselben Tage in einen Flecken, der war von Jerusalem sechzig Feldwegs weit, des Name heißt Emmaus.

Und: Jetzt folgt eine tröstliche Geschichte, wie Christus zwei Jünger erschien, die nach Emmaus gingen.

Feldweg: Welches ein einfacher Weg gewesen ist, dass, den die beiden Jünger dieses Tages von Jerusalem hinausgegangen und dennoch am Abend wieder nach Jerusalem umkehren konnten, wie aus dem Folgenden zu sehen ist.

Emmaus: (Nach Luther) Das heißt: Schloss, Feste, Burg.

14. Und sie redeten miteinander von allen diesen Geschichten.

15. Und es geschah, da sie so redeten und befragten sich miteinander, nahte Jesus zu ihnen und wandelte mit ihnen.

Befragten: Was es doch bedeuten müsste, dass Gott hätte können zusehen, dass ein solcher heiliger Prophet und vortrefflicher Mann, so jämmerlich und schändlich hingerichtet wurde, und was von des Messias Zukunft ferner möchte zu hoffen sein.

16. Aber ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht kannten.

Nicht kannten: Obwohl sie ihn nicht für sich sahen. Es naht sich aber Christus zu ihnen, nicht dass sie von leichtfertigen und unflätigen Sachen reden, sondern weil sie mit gottseligen und heilsamen Gesprächen die Zeit verbringen. Denn mit Unflat und Büberei wird Gott vielmehr vertrieben als herzu gelockt. Daher Paulus spricht, lasst kein faules Geschwätz aus eurem Munde gehen, sondern was nützlich ist zur Besserung, da es nottut, dass es holdselig sei zu hören. Und betrügt nicht den Heiligen Geist Gottes, damit ihr versiegelt seid, auf den Tag der Erlösung {Eph 4}.

17. Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Reden, die ihr zwischen euch handelt unterwegs, und seid traurig?

Traurig: Was habt ihr für eine Sache, dass ihr so schwermütig geht? Es stellte sich aber Christus, als wäre er eine fremde Person, dem alle Sachen unbekannt wären, was sich zu Jerusalem zugetragen hätte, und er nicht wüsste, wovon diese beiden Jünger redeten, auf dass er also die Schwachheit ihres Glaubens aus ihnen hervorlockte, und dieser zu Hilfe käme.

18. Da antwortete einer mit Namen Kleophas und sprach zu ihm: Bist Du allein unter den Fremdlingen zu Jerusalem, der nicht wisse, was in diesen Tagen drinnen geschehen ist?

Diesen Tagen: Da so viel tausend Menschen nach Jerusalem auf das Fest zusammengekommen sind.

19. Und er sprach zu ihnen: Welches? Sie aber sprachen zu ihm: Das von Jesu von Nazareth, welcher war ein Prophet, mächtig von Taten und Worten vor Gott und allem Volk;

Allem Volk: Bei denen er in großem Ansehen war, weil er heilsame und gewaltige Predigten tat, dazu mit vielen herrlichen Wunderwerken seine Lehre bestätigte. Und ist ohne Zweifel Gott ein angenehmer Diener gewesen, der von Gott und den frommen Leuten in großem Wert gehalten wurde. Solltest Du denn von diesem Propheten noch nichts gehört haben? Obwohl nun heutigentags es nicht nötig ist, dass man hundert Zeichen tut, so sollen dennoch die Kirchendiener sich dahin befleißigen, dass sie solches, was sie recht lehren, auch mit Werken zeigen, und den Zuhörern mit einem guten Beispiel vorgehen.

20. wie ihn unsere Hohepriester und Obersten überantwortet haben zur Verdammnis des Todes und gekreuzigt.

Des Todes: Sie haben keine Ruhe gehabt, bis sie von Pilatus ein unrechtes Urteil des Todes wider solchen heiligen Mann herausbrachten.

Gekreuzigt: Mithilfe der römischen Kriegsknechte, und wir wundern uns, wie Gott zu solch eines Mannes unrechten Tod zusehen konnte.

21. Wir aber hofften, er sollte Israel erlösen. Und über das alles ist heute der dritte Tag, dass solches Geschehen ist.

Erlösen: Wir meinten, er wäre der versprochene Messias, so uns aus der Gewalt aller derer, die uns unterdrücken, erlöse, und lauter Glück bringen würde, aber daran zweifeln wir nun sehr.

22. Auch haben uns erschreckt etliche Weiber der Unsern, die sind frühe bei dem Grabe gewesen,

23. haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben ein Gesicht der Engel gesehen, welche sagen, er lebe.

24. Und etliche unter uns gingen hin zum Grabe und fanden es also, wie die Weiber sagten; aber ihn fanden sie nicht.

Sie nicht: Darum können wir noch nichts Genaues sagen, was von dieser Sache zu halten ist. Hier sehen wir wiederum, wie der Glaube in Anfechtungen mit dem Unglauben kämpft, bis endlich der Glaube die Oberhand behält.

25. Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren und träges Herzens, zu glauben alle dem, das die Propheten geredet haben!

Geredet: Als wollte er sprechen: Ich sehe, dass ihr wenig oder noch gar nichts von den göttlichen Sachen wisst, und den Weissagungen der Propheten schwer glaubt. Denn wo ihr denn so einen Glauben hättet, was sie von Christus sagen, so würde ihr euch über sein Leiden und seinen Tod nicht so hoch ärgern. Da Christus seine Jünger so hart anfährt, und sie Toren nennt, werden wir daran erinnert, dass sie auch die scharfen Erinnerungen ihrer treuen Seelsorger geduldig aufnehmen sollen, als wenn sie diese von ihren Eltern gehört hätten.

26. Musste nicht Christus solches leiden und zu seiner Herrlichkeit eingehen?

Eingehen: Durch viel Leid und Schmach. Weil demnach Jesus von Nazareth solches gelitten hat, so sollte euer Glaube an ihn dadurch nicht schwächer, sondern vielmehr stärker geworden sein. Denn wo ihm solches nicht Widerfahren wäre, so wäre er auch nicht der rechte Messias und Heiland der Welt gewesen. Da Christus durch sein Leiden in seine Herrlichkeit eingegangen ist, lernen wir daraus, dass auch wir durch viel Trübsal in das Reich Gottes eingehen müssen {Apg 14}.

27. Und fing an von Mose und allen Propheten und legte ihnen alle Schriften aus, die von ihm gesagt waren.

Gesagt waren: Also dass er durch die ganze Heilige Schrift ging, und alle Weissagung, die von diesem Leiden und der Auferstehung Christi redeten, ihnen deutlich erklärte. Wie zum Beispiel: Er hat ihnen vorgehalten, wie Christus, da er der Schlange den Kopf zertreten hat, auch habe leiden müssen, dass dieser ihn in die Ferse gestochen hat {1Mos 3}. Und gezeigt, wie Isaak, da er das Holz getragen hat, als er geopfert werden sollte für die ganze Sünde der Welt {1Mos 22}. Ferner hat er ihnen das Osterlamm ausgelegt, welches im 2. Buch Mose, Kapitel 12 beschrieben wird. Und hat gelehrt, was diese vielen Opfer bedeuten, die im 3. Buch Mose beschrieben werden. Hat auch die Bedeutung der ehernen Schlange, so in der Wüste aufgerichtet wurde, ihnen erklärt {4Mos 21}. Und die Geschichte seines Leidens erzählt, wie sie im 22. Psalm beschrieben wird, den Nutzen aber seines Leidens aus dem Propheten Jesaja, im 53. Kapitel. Besonders aber hat er sie auch des Propheten Daniels Weissagung gewiesen, der ausdrücklich zuvor verkündigt hat, dass Christus sollte getötet werden {Dan 9}. Aus diesen und anderen Erzählungen mehr haben die Jünger gewiss schließen können, dass der gekreuzigte Jesus von Nazareth sei, der wahre Messias und Heiland der Welt. Denn die Heilige Schrift zeigt uns Christus, auf dass wir durch seine wahre Erkenntnis das ewige Leben erlangen {Joh 5 17}.

28. Und sie kamen nahe zum Flecken, da sie hingingen. Und er stellte sich, als wollte er weitergehen.

29. Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben.

Nötigten: Dass sie ihn mit guten Worten freundlich baten, er wollte doch nicht von ihnen gehen.

Geneigt: Wo willst Du jetzt hingehen? Weil der Abend naht, kehre mit uns ein, auf dass wir deinen holdseligen, und heilsamen Rede weiter zuhören können. Also stellt sich Christus häufig, als wollte er von uns gehen. Wir aber sollen ihn bitten, dass er an dem Abend dieser Welt uns nicht verlasse, sondern bei uns bleibe bis zu der Welt Ende.

30. Und es geschah, da er mit ihnen zu Tische saß, nahm er das Brot, dankte und brach es und gab es ihnen.

Gab‘s ihnen: Denn also pflegt Christus, nachdem er das Gebet gesprochen hat, seinen Jüngern das Brot. Hier laufen die Katholiken übel an, welche aus diesem kaum angefangenen Essen zur Nacht schließen wollen, Christus habe damals das Sakrament des heiligen Abendmahls nur in einer Gestalt, wie sie meinen, gehalten. Aber Christus sagt dazu nicht: Nehmt, esst, das ist mein Leib.

31. Da wurden ihre Augen geöffnet und erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen.

Geöffnet: Dass sie ihn nicht mehr für einen fremden Menschen angesehen hatten wie zuvor.

Verschwand: Mit diesem Wort wird der Zwinglianer Irrtum widerlegt, welche bestreiten, wo der Leib Christi gegenwärtig sei, da müsse er immer sichtbar sein. Denn hier sagt der Text ausdrücklich, er sei vor ihren Augen verschwunden, und nicht, dass er von ihnen gegangen ist, oder weggewichen ist. So lautet der griechische Text noch deutlicher, welcher dieses ausdrückt, er sei von ihnen nicht mehr gesehen worden.

32. Und sie sprachen untereinander: Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege, als er uns die Schrift öffnete?

Brannte: Dass wir der Propheten Weissagung lernten verstehen, die von seinem Leiden und seiner Auferstehung vorhanden sind. Obwohl nun Christus nicht allen Christen mündlich predigt, jedoch, wo sein Evangelium rein gepredigt wird, da entzündet er die Herzen durch den Heiligen Geist, dass sie dem Evangelium glauben und erneuert werden.

33. Und sie standen auf zu derselben Stunde, kehrten wieder gen Jerusalem und fanden die Elfe versammelt und die bei ihnen waren,

Gen Jerusalem: Auf dass sie auch die anderen Jünger Christi dieser Freude teilhaftig machten. Denn der wahre Glaube ist durch die Liebe gegen dem Nächsten tätig {Gal 5}.

34. welche sprachen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und Simon erschienen.

Sprachen: Zu diesen Jüngern, dass sie ihnen zuvorkamen. Und da sie darum gekommen waren, dass sie andere trösten wollten, empfangen sie selber Trost und Erneuerung ihres Glaubens.

35. Und sie erzählten ihnen, was auf dem Wege geschehen war, und wie er von ihnen erkannt wäre an dem, da er das Brot brach.

Erzählten: Nämlich, die beiden Jünger sagten den elf Aposteln und anderen, wie Christus mit ihnen gegangen, und ihnen die Schrift erklärt hätte. Denn der frommen Gespräche, die sie miteinander haben, stärken beiderseits ihren Glauben {Röm 1}.

36. Da sie aber davon redeten, trat er selbst, Jesus, mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch!

Da: Jetzt folgt eine andere Erscheinung Christi, welche wie noch am Tage der Auferstehung geschehen, und bei Johannes im 20. Kapitel beschrieben wird.

Trat: Der Evangelist sagt nicht, dass er zur Tür hineingegangen ist, denn die Türen waren verschlossen, wie Johannes es im 20. Kapitel beschreibt. Und ist dennoch unter den Jüngern gewesen, obwohl sie ihn nicht gesehen haben hineinkommen. Darum, welche vom Christi Leib nicht anders halten, als von allen anderen menschlichen Leiber, die geben zu verstehen, dass sie Christus noch nicht recht kennen. Denn es ist keiner unter uns Gott und Mensch in einer Person, wie Christus.

Friede: Obwohl nun zur selben Zeit dieser gebräuchlich gewesen ist unter den Leuten. Jedoch, weil er diesen häufig wiederholt, wie Johannes bezeugt, so ist kein Zweifel, er habe damit zu verstehen geben, wie er uns den rechten Frieden von Gott bekommen hat, dass wir durch sein Leiden mit dem himmlischen Vater versöhnt sind, und allerlei zeitliche Guttaten von ihm erwarten sollen.

37. Sie erschraken aber und fürchteten sich, meinten, sie sähen einen Geist.

Fürchten: Da sie Jesus plötzlich unter sich sahen, den sie doch nicht hatten hineinkommen sahen.

Geist: Denn sie erkannten zwar seine Stimme und Gestalt, aber weil die Tür verschlossen war, und er plötzlich unter ihnen sich sehen ließ, meinten sie, es wäre nicht Jesus selber, sondern ein Gespenst. Welches alles unsere richtige Meinung gegen die Zwinglianer bestätigt, so sie nicht glauben, dass Christus zu den Jüngern hineingekommen ist, als die Türen wahrhaftig verschlossen blieben.

38. Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz?

Gedanken: Von einem Gespenst, denn ich will euch nicht betrügen noch verführen.

39. Seht meine Hände und meine Füße, ich bin es selber; fühlt mich und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr seht, dass ich habe.

Fühlt mich an: Wer ich bin, so werdet ihr finden, dass ich kein Gespenst bin. Auch hier irren die Zwinglianer sehr, welche aus diesen Worten schließen, dass Christus immer sichtbar und greifbar sein müsse, und weil sie ihn im Heiligen Abendmahl weder sehen noch greifen, so leugnen sie, dass er im Heiligen Abendmahl leiblich gegenwärtig ist. Denn Christus kann sich sichtbar und begreiflich zeigen, wenn es ihm gefällt, und will es nicht tun, wenn es uns gefällt oder gelegen und recht ist.

40. Und da er das sagte, zeigte er ihnen Hände und Füße.

41. Da sie aber noch nicht glaubten vor Freuden und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen?

Verwunderten: Dass sie den gekreuzigten Christus vor sich sahen. Da hat Christus ihren Glauben noch mit einer anderen Anzeige bestätigen wollen. Denn häufig können wir vor Freude nicht so schnell mit dem Glauben die Dinge fassen, so wir nicht hätten hoffen dürfen. Und schwankt auch der Glaube zu Zeiten, wenn er bereits in unseren Herzen klebt, wegen der Dinge Wichtigkeit, die so schwer zu fassen sind.

Zu essen: So will ich euch in der Tat beweisen, dass ich lebe, und ein wahrer Mensch, aber kein Gespenst bin.

42. Und sie legten ihm vor ein Stück von gebratenem Fisch und Honigseims.

43. Und er nahm‘s und aß vor ihnen.

Und aß: Sind darum die Jünger allerdings dessen vergewissert worden, dass Christus von den Toten wahrhaftig auferstanden wäre. Und sollen wir auch dessen gewiss sein, dass unsere Sünden versöhnt wurden, und wir einmal auch vom Tode auferstehen und zum ewigen Leben wiedererweckt werden. Nach dieser Erscheinung ist der innerhalb vierzig Tagen von den Jüngern oft gesehen worden, und hat mit ihnen geredet vom Reich Gottes {Apg 1}. Und hat sich auch ein Galiläa bei mehr als fünfhundert Brüdern lebendig auf einmal gezeigt, wie Paulus im {1Kor 15} bezeugt. Endlich aber, da die Zeit seiner Himmelfahrt vorhanden gewesen ist, hat er die Vornehmsten seiner Jünger zusammengerufen, deren nicht eine geringe Zahl war, obwohl es nur elf Apostel gewesen sind, in welcher Gegenwart, er sichtbar in den Himmel aufgefahren ist, wie später in der Apostelgeschichte Kapitel 1 berichtet wird.

44. Er aber sprach zu ihnen: Das sind die Reden, die ich zu euch sagte, da ich noch bei euch war; denn es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben ist im Gesetz Moses, in den Propheten und in Psalmen.

Sagt: Von welchen Dingen ich oft und viel zu euch geredet habe, da ich noch in dem sterblichen Leben unter euch wandelte.

Simon: Welcher durch meinen Leiden und meine Auferstehung erfüllt worden ist, die er selbst gesehen hat. Denn ehe Himmel und Erde vergehen würden, ehe sollte die Heilige Schrift als falsch gelten.

45. Da öffnete er ihnen das Verständnis, dass sie die Schrift verstanden.

Öffnete: Er hat mit seinem Gespräch ihre Herzen erleuchtet, dass sie erkannt, wie Christo nichts begegnet, welches nicht längst durch die Propheten zuvor verkündigt wurde. Jedoch haben sie nach dieser Erleuchtung noch viel andere herrliche Erkenntnisse solcher Sachen bekommen. Denn die Erkenntnis Christi hat ihren Unterschied, darum sollen wir uns darin immer weiter voranzukommen befleißigen.

46. Und sprach zu ihnen: Also ist es geschrieben, und also musste Christus leiden und auferstehen von den Toten am dritten Tage

Geschrieben: Dass ich leiden und sterben würde für die Sünden des menschlichen Geschlechtes.

Leiden: Auf dass der ganzen Welt Sünden versöhnt würden.

Auferstehen: Auf das bekannt würde, wie er den Tod, den Teufel, und die Hölle überwunden hätte.

47. und predigen lassen in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden unter allen Völkern und anfangen zu Jerusalem.

Buße und Vergebung: Dieses sind die vornehmsten Stücke der göttlichen Lehre, dass die Leute durch das Gesetz zur Buße getrieben werden, und aus den Evangelien den Trost von der Vergebung der Sünden empfangen. Ungleich wie alle Sünder Buße tun sollen, so sollen sie auch glauben, dass ihnen die Sünden um Christi willen wahrhaftig vergeben, und vor Gott nicht mehr zugerechnet werden {Röm 4 Ps 22}. Diese Lehre geht aber nicht nur die Juden an, sondern auch die Heiden. Darum soll sich niemand von den evangelischen tröstlichen Verheißungen ausschließen.

Jerusalem: Da meine Apostel das Evangelium zu lehren und zu predigen angefangen haben, und von dort es in alle Welt ausgebreitet wurde, auf dass der Prophetenspruch erfüllt werde, welcher sagt: Aus Zion soll das Gesetz ausgehen, und das Wort des Herrn von Jerusalem. Denn den Juden musste zuerst das Reich Gottes angeboten werden, da sie es aber zum größten Teil von sich stießen, sind die Heiden berufen worden dieses zu empfangen.

48. Ihr aber seid des alles Zeugen.

Zeugen: Was ich gelehrt, getan, und gelitten habe für des menschlichen Geschlechtes Wohlfahrt. Sollen wir darum so vielen Zeugen, die man nicht verwerfen kann, Recht geben. Denn die Apostel nicht nur, was sie gehört, sondern auch was sie gesehen haben, bezeugen.

49. Und siehe, ich will auf euch senden die Verheißung meines Vaters. Ihr aber sollt in der Stadt Jerusalem bleiben, bis dass ihr angetan werdet mit Kraft aus der Höhe.

Höhe: Das heißt: Ich will euch den Heiligen Geist senden, den euch der himmlischer Vater durch mich verheißen hat. Unterdes wartet in der Stadt Jerusalem, bis ihr diesen Heiligen Geist empfangt, welcher euch vom Himmel gesandt werden soll. Der wird euch wunderbare Gaben mitteilen und euch mutig machen, mein Evangelium in der ganzen Welt zu predigen, auch unter widerspenstige Völker. Denn aus desselben Geisteskraft werdet ihr herrliche Wunderwerke tun, dass ihr die evangelische Lehre damit bestätigt. Wenn ihr denn mit diesen geistlichen Waffen ausgerüstet seid, so werdet ihr ausziehen in die ganze Welt, auf dass ihr sie durch die Predigt des Evangeliums mir, eurem König, unterwürfig macht. Obwohl nun heutigentags die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes in der Kirche nicht mehr gesehen werden, so rüstet doch Gott die ordentlichen Kirchendiener mit solchen Gaben aus, und wappnet sie gleichsam damit, die nach Gelegenheit ihres Berufes zu der Kirchen Erbauung nötig sind.

50. Er führte sie aber hinaus gen Bethanien und hob die Hände auf und segnete sie.

Er: Christus, und erzählt der Evangelist jetzt kurz die Himmelfahrt Christi, welche später in der Apostelgeschichte im 1. Kapitel viel genauer ausgeführt wird.

Hände auf: Wie er zu tun pflegte, wie er mit herzlicher Andacht einem Gutes wünschte.

Segnete sie: Dass er ihnen eine heilsame Wohlfahrt wünschte. Besonders aber, dass der himmlischer Vater zu ihrem Predigtamt glücklichen Fortgang geben wollte, und sie in der Welt, unter so mancherlei Gefahr erhalten, bis sie den Lauf ihres Berufes zu Ende gebracht haben. Dieser Segen Gottes findet sich noch heutigentags bei allen frommen Kirchendienern.

51. Und es geschah, da er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.

Gen Himmel: Es ist aber Christus über alle Himmel gefahren, auf dass er alles erfülle. Denn also erklärt der Apostel Paulus diesen Artikel des Glaubens {Eph 4}. So nimmt also seine sichtbare Himmelfahrt Christi und seine unsichtbare Gegenwart nichts. Denn ich bin bei euch (sprich Christus) alle Tage, bis an der Welt Ende {Mt 28}. Dass aber Christus sichtbar in den Himmel gefahren ist, hat er damit anzeigen wollen, wie er ein des Himmels und der Erden sei. Und bezeugt seine Himmelfahrt, dass uns auch der Zugang zur ewigen Seligkeit offen steht. Denn Christus hat gesagt: Vater ich will, dass, wo ich bin, auch die sind, die Du mir gegeben hast, dass sie meine Herrlichkeit sehen {Joh 17}.

52. Sie aber beteten ihn an und kehrten wieder gen Jerusalem mit großer Freude.

Freude: Weil sie wussten, dass ihr Herr in den Himmel gefahren ist, und zur Rechten Gottes, das ist, mit unendlicher Macht regiere. Es soll aber der ganze Christus angebetet werden, nicht nur nach seiner Gottheit, sondern auch nach seiner Menschheit, und das, von wegen der persönlichen Vereinigung. Denn wir haben nicht zwei Christus, da der eine angebetet und der andere nicht angebetet würde.

53. Und waren allewege im Tempel, priesen und lobten Gott.

Lobten Gott: Für den gesandten Messias und Heiland der Welt. Weil darum auch wir durch Gottes Gnade, Jesum Christus, unseren Heiland, mit Glauben erkennen, der uns mit seinem Tod von der ewigen Verdammnis erlöst hat. So sollen wir auch Gott den Vater, Sohn und Heiligen Geist rühmen und preisen, auf dass wir ihn einmal in alle Ewigkeit loben mögen.