Bibel-Kommentar: Der Brief des Paulus an die Kolosser

Die Kolosser, denen Paulus diesen Brief geschrieben hat, um sie im christlichen Glauben zu stärken, haben in Phrygien gewohnt. Im 1. Kapitel rühmt er die Gottseligkeit der Kolosser und wünscht ihnen von Gott, dass sie darin tapfer fortfahren möchten. Daneben erklärt er die Majestät des Evangeliums Christi, dass wir nämlich an Christus, Gott und Menschen, einen Erlöser und Seligmacher haben, durch dessen Guttat wir Vergebung der Sünden und das ewige Leben erlangen. Im nächsten Kapitel warnt Paulus, dass sich niemand durch die Philosophie oder Weltweisheit und durch Menschensatzungen von der Reinheit der christlichen Religion abführen lassen soll. An dieser Stelle beschreibt er den falschen Schein der Menschensatzungen ausführlich. Im 3. Kapitel ermahnt er die Kolosser, dass sie gute Früchte des Glaubens bringen, und schreibt etlichen Ständen vor, was ihre Aufgabe ist. Im letzten Kapitel verweist er die Kolosser auf das emsige und inbrünstige Gebet und tröstet sie. Schließlich beendet er seinen Brief, seiner Gewohnheit nach, mit Grüßen auf das Freundlichste.


Das 1. Kapitel

  • Nach den Einführungsfloskeln mit der Unterschrift, der Überschrift und dem Gruß beginnt er seiner Gewohnheit nach mit diesem Brief
  • Er rühmt den Glauben und die Gottseligkeit der Kolosser.
  • Und er reizt sie, dass sie sich immer weiter bemühen, in der wahren Erkenntnis Gottes voranzukommen.
  • Danach lehrt er, aus welchen Gründen man die Trübsal mit Freude ausstehen soll.
  • Dann erklärt er die Person Christi, wie es mit dieser beschaffen ist.
  • Er zeigt ferner an, aus welchem großen Jammer sie durch die Guttat des Erlösers Christi erlöst sind.
  • Und er ermahnt sie erneut zur Standhaftigkeit.

1. Paulus, ein Apostel Jesu Christi durch den Willen Gottes, und Bruder Timotheus:

Willen Gottes: Von dem ich zum Apostelamt berufen bin. Denn es lehren die das Wort Gottes mit schlechtem Ausgang, die nicht ordentlich zum Predigtamt berufen wurden {Jer 23}. Darum soll man die Irrgeister, wie die Wiedertäufer, Schwenkfelder und Ihresgleichen nicht hören.

Timotheus: Der mein Mitbruder und Gehilfe in Christus ist als ein treuer Diener am Evangelium Christi. In diesem Brief bezeichnet der Apostel Paulus den Timotheus als Mitgesellen. Denn jeder soll so eingestellt sein, dass er einen Gehilfen neben sich leiden kann. Und wir sollen nicht glauben, wir könnten alles so ausrichten, dass nichts richtig geschehen würde, als wenn wir es alleine machen würden. So ist es auch in allen Ständen sehr nützlich und heilsam, wenn man zusammenhält und die Arbeit untereinander aufteilt. Bis hierhin lautet die Unterschrift des Briefes, es folgt die Überschrift.

2. Den Heiligen zu Kolossä und den gläubigen Brüdern in Christo. Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesu Christo!

Heiligen: Der Apostel nennt die Gläubigen an Christus Heilige, die durch die Guttat und das Verdienst Christi untereinander Brüder und Erben des Himmelreiches sind. Darum sollen wir heilig leben und nicht auf die brüderliche Liebe, mit Wohltaten und Verzeihen, vergessen.

Gnade: Dies ist der Gruß. An dieser Stelle bedeutet das Wort Gnade die Güte Gottes gegen uns und wird dem menschlichen Verdienst entgegengesetzt. Denn wenn unsere Seligkeit aus Gnade ist, so ist sie nicht aus unserem Verdienst. Wäre sie aber aus dem Verdienst, so würde sie uns nicht aus Gnade widerfahren {Röm 11}. Friede bedeutet, nach Art der hebräischen Sprache, allerlei Glück, worunter doch das Vornehmste ist, der Friede und die Ruhe des Gewissens {Röm 5}. Denn das Gewissen, das mit Gott nicht versöhnt ist, ist ein unleidliches Übel, wenn die Sünde aufwacht {1Mos 4}. Er nennt Gott, unseren Vater, damit wir von ihm, um Christi willen, allerlei Guttaten erwarten können.

3. Wir danken Gott und dem Vater unseres Herrn Jesu Christi und beten immer für euch,

Wir: Paulus rühmt zu Beginn dieses Briefes den Glauben und die Gottseligkeit der Kolosser, nicht nur, um sie sich gewogen zu machen, sondern auch, um sie mit diesem Ruhm zu reizen, damit sie umso tapferer fortfahren. Denn gottselige und fromme Herzen werden vielmehr durch Lob animiert, Gutes zu tun, als mit Drohungen und Scheltworten.

Für euch: Denn die Kirchendiener sollen gegen ihre Zuhörer so gesinnt sein, wie die Eltern gegen ihre Kinder. Darum sollen sie Gott für den glückseligen Fortgang in der wahren Gottseligkeit ihrer Zuhörer danken und ihn ernsthaft anrufen, dass sie immer weiterkommen können. Die sich aber um die Wohlfahrt ihrer Zuhörer nicht besonders kümmern, die sind Tagelöhner und keine Hirten.

4. nachdem wir gehört haben von eurem Glauben an Christus Jesum und von der Liebe zu allen Heiligen,

Jesus: Unseren Heiland, auf dem euer Glaube gegründet ist und auf den ihr zu Recht alle euer Vertrauen setzt.

Liebe: Wir haben auch davon rühmen gehört, dass ihr diese mit der Tat beweist, also dass ihr bei jeder möglichen Gelegenheit den Gläubigen Gutes erweist. Denn unser Glaube soll durch ein freies und gottseliges Bekenntnis der evangelischen Wahrheit bekannt werden. Die Liebe aber soll man mit Diensten gegenüber dem Nächsten erweisen. Und wir sollen nach unseren Möglichkeiten und nach den Gelegenheiten unsere Aufgabe, allen Frommen Gutes zu tun, uns bemühen, obwohl sie uns weder blutsverwandt noch mit besonderer Freundschaft zugetan sind.

5. um der Hoffnung willen, die euch beigelegt ist im Himmel, von welcher ihr zuvor gehört habt durch das Wort der Wahrheit im Evangelium,

Im Himmel: Dies ist der Grund, warum wir uns zu Recht freuen und Gott zu danken haben, weil wir wissen, dass euch im Himmel die ewige Seligkeit bereitet ist, die ihr in Hoffnung erwartet. Denn so, wie der Glaube das ewige Leben glaubt, so wartet die Hoffnung auf die Offenbarung solch himmlischer Herrlichkeit. Deshalb sollen wir die wahre und beständige Seligkeit nicht auf Erden, sondern im Himmel suchen.

Der Wahrheit: Wenn also die Lehre des Evangeliums ein Wort der Wahrheit ist, so müssen freilich die Menschensatzungen und philosophischen Meinungen, die dieser Lehre entgegenstehen, Lügen sein. Und es kann einem Volk keine größere Guttat widerfahren, als wenn ihm die Lehre des Evangeliums rein gepredigt wird. Dies ist jedoch der rechte katholische Glaube, der von den Aposteln in der ganzen Welt gepredigt worden ist. Mit dieser himmlischen Lehre hat die Lehre der Apostel im Gegensatz zu den Dekreten der römischen Päpste, die teilweise ungereimt, teilweise gottlos sind, nichts zu tun. Und es sind diejenigen vom katholischen Glauben nicht abgewichen, die die Dekrete der Päpste hinten ansetzen und sich mit den Schriften der Apostel und Evangelisten zufriedengeben.

6. das zu euch gekommen ist wie auch in alle Welt und ist fruchtbar wie auch in euch von dem Tage an, da ihr es gehört habt, und erkannt die Gnade Gottes in der Wahrheit.

In der Wahrheit: Von dieser Gnade bezeugt der Heilige Geist in eurem Gewissen, dass sie all denen wahrhaftig widerfahren wird, die an Christus glauben. Deshalb bringt die Lehre des Evangeliums in den Auserwählten zweierlei Frucht. Denn sie versichert das Gewissen der gnädigen Güte Gottes und erneuert den Menschen, dass der Glaube an Christus durch die Liebe tätig ist. Auch hört man hier, dass Paulus sagt, wie das Evangelium bald seine Wirkung gezeigt hat, als es die Kolosser gehört und ihm geglaubt haben. Es glauben diejenigen wenig dem Evangelium, an deren Worten und Werken nichts gespürt wird, was dem Evangelium Christi würdig wäre.

7. Wie ihr denn gelernt habt von Epaphras, unserm lieben Mitdiener, welcher ist ein treuer Diener Christi für euch,

Mitdiener: Im Predigtamt des Evangeliums. Dies fügt Paulus deswegen hinzu, um die Kolosser in dem Glauben zu stärken, den sie von Epaphras, einem apostolischen Mann, gelernt hatten. Und Paulus zieht sich den anderen Kirchendienern nicht vor, sondern nennt sie seine Mitdiener. Der Papst in Rom jedoch, obwohl er sich mit Worten demütig zeigt, möchte doch in der Tat über alle anderen Bischöfe herrschen.

Für euch: Ihr habt einen treuen Lehrer und Prediger an ihm gehabt, darum achtet darauf, dass ihr seine Lehre, die ihr einmal angenommen habt, standhaft behaltet. Denn was wir von treuen und reinen Kirchendienern gelernt haben, das sollen wir uns von anderen, schwärmerischen Menschen nicht nehmen lassen. Und man soll fromme Kirchendiener bei der Gemeinde rühmen, sich jedoch nicht unterstehen, sie in Verachtung zu bringen. Denn es lehren diejenigen mit dem größeren Nutzen, die bei den Zuhörern im Ansehen stehen.

8. der uns auch eröffnet hat eure Liebe im Geist.

Eröffnet hat: Damit die Kolosser den Epaphras umso mehr liebten, sagt Paulus, dass Epaphras ihre Frömmigkeit sehr gerühmt hat, als wollte er sagen: Epaphras hat euch gelobt und gerühmt, welche große Liebe der Heilige Geist in euren Herzen gegenüber Gott und dem Nächsten entflammt hat. Und Paulus hat dies darum geschrieben, damit er zwischen den Kolossern und ihrem Bischof Epaphras den guten Willen und die Freundschaft unterhalten und gemehrt hat. Denn man soll sich mit allem Fleiß darum bemühen, dass die Lehrer der Kirche und ihre Zuhörer miteinander einig sind. Wenn aber ein Missverständnis entsteht, so kommt es zu allerlei Behinderungen und das Evangelium kann nicht viel Frucht bringen.

9. Deswegen auch wir von dem Tage an, da wir es gehört haben, hören wir nicht auf, für euch zu beten und zu bitten, dass ihr erfüllt werdet mit Erkenntnis seines Willens in allerlei geistlicher Weisheit und Verstand,

Deswegen: Mit den folgenden Worten will Paulus die Kolosser reizen und ermuntern, dass sie sich bemühen, in der wahren Erkenntnis Gottes und in der Gottseligkeit weiterzukommen.

Gehört haben: Dass ihr das Evangelium Christi angenommen habt.

Erfüllt werdet: Und ständig völlig erkennt, wie väterlich er gegen euch gesinnt ist und was er zum Zeichen der Dankbarkeit von euch fordert. Denn es gebührt euch, dass ihr in der christlichen Religion und in den Geheimnissen des Glaubens immer weiter vorankommt, diese zu lernen. So hört man hier, dass man bei dem Predigtamt auch das Gebet gebrauchen und man in der Erkenntnis Gottes immer weiterkommen soll. Dies ist nämlich die rechte und höchste Weisheit, wenn man Gott und seinen Willen richtig erkennt.

10. dass ihr wandelt würdig dem Herrn zu allem Gefallen und fruchtbar seid in allen guten Werken {Eph 4v1 Phil 1v27 1Thes 4v1 1Kor 1v5}.

Dass: Jetzt zeigt Paulus an, was das Ziel ist, weshalb man die Geheimnisse der christlichen Religion lernen soll.

Dem Herrn: Gott, eurem himmlischen Vater, der euch als Kinder angenommen hat.

Allem Gefallen: Dass ihr euch in allen Bereichen, die das Christentum betreffen, bemüht, Gott zu gefallen.

Guten Werken: Womit ihr zeigt, dass ihr gute und fruchtbare Bäume im himmlischen Paradies seid. Denn es wandeln die vor Gott nicht würdig und sind es nicht wert, dass sie Gottes Kinder heißen, die ein gottloses und lasterhaftes Leben führen. Man soll aber darauf achten, dass wir nicht nur in einem Stück Gott gefallen und in einem anderen seine Gebote außer Acht lassen. Die also nicht aus der Kirche hinausgeworfen werden wollen, die müssen gute Früchte bringen, damit sie nicht ins ewige Feuer weggeworfen werden.

11. und wachst in der Erkenntnis Gottes und gestärkt werdet mit aller Kraft nach seiner herrlichen Macht in aller Geduld und Langmütigkeit mit Freuden;

Gestärkt werdet: Der Apostel Paulus ermahnt die Kolosser abermals, dass sie löblich fortfahren sollen, und will so viel sagen: Wir bitten Gott, dass er euch mit seiner herrlichen Macht und Kraft in der rechten Religion und Gottseligkeit stärken und immer standhafter machen möge. Denn die Beständigkeit in der rechten Religion ist sehr notwendig. Diese Standhaftigkeit und Stärke des Glaubens, dass wir in Anfechtungen bestehen können, widerfahren uns von Gott und geschehen nicht aus menschlichen Kräften.

Geduld: Denn weil die Christen in diesem Leben großen Jammer und Verfolgungen unterworfen sind, so fügt Paulus hinzu, bittet er Gott, dass dieser den Kolossern in Widerwärtigkeiten Geduld und Langmut verleihe, damit sie nicht nur die Anstürme der gottlosen Menschen ertragen, sondern auch die Trübsal, die Gott den Frommen zu schicken pflegt, mit innerer und geistlicher Freude ertragen können. Denn die Geduld ist nötig, und sie ist eine Gabe Gottes. Und wir sollen die Bosheit der Welt mit unserer großen Langmut überwinden, unterdessen aber in Widerwärtigkeiten den Mut nicht sinken lassen, sondern uns vielmehr freuen, dass uns Gott als so würdig erachtet, dass wir um der Gerechtigkeit willen von der Welt Schmach und Verfolgung erleiden.

12. und danksagt dem Vater, der uns tüchtig gemacht hat zu dem Erbteil der Heiligen im Licht,

Im Licht: Mit diesen Worten lehrt Paulus, aus welchen Gründen man die Trübsal mit Freude ausstehen soll. Und dies ist seine Meinung: Obwohl wir etwas Widerwärtiges in dieser Welt ausstehen müssen, haben wir dennoch Grund, unserem himmlischen Vater ewig Lob und Dank zu sagen, dass er aus reiner Barmherzigkeit, durch die Guttat der Wiedergeburt, uns dafür tauglich gemacht hat, dass wir des himmlischen Reichs teilhaftig werden können. Dies hat Gott all denen bereitet, die durch den Glauben geheiligt sind. Diese werden ein Teil oder ein Erbe im Licht und in der himmlischen Herrlichkeit sein, deswegen sollen wir uns erinnern, dass alle Trübsal unwichtig ist gegenüber der Herrlichkeit, die einmal an uns offenbart werden soll {Röm 8}. Und wir sollen wissen, dass wir nicht aus uns selbst tauglich gewesen sind, das ewige Leben zu erlangen. Darum sollen wir es Gott zuschreiben, ihm deswegen danken, dass er uns würdig gemacht hat, die Seligkeit zu bekommen.

13. welcher uns errettet hat von der Obrigkeit der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes,

Der Finsternis: Das meint, aus dem Reich und der Gewalt des Satans, der ein Fürst der geistlichen Finsternis ist. Denn die leiblichen Finsternisse haben ihren Nutzen und sind von Gott dazu erschaffen, dass die Geschöpfe in der finsteren Nacht sich wiederum erholen {1Mos 1}. Aber der Satan überzieht die Herzen der Menschen mit geistlicher Finsternis und blendet sie, dass sie Gott und seinen Willen nicht recht erkennen, noch diesen recht ehren. Die aus dieser Finsternis nicht gerettet werden, die fallen immer und ewig in die äußerste Finsternis, wo Heulen und Zähneklappern sein wird. Wir werden aber aus dieser Finsternis errettet, wenn uns das Evangelium Christi rein gepredigt wird und wir diesem glauben.

Lieben Sohnes: Jesu Christi, der ein Reich der Gnade, des Lichts und der ewigen Seligkeit ist.

14. an welchem wir haben die Erlösung durch sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden {Eph 1v7},

Der Sünden: Wovon wir durch Christus erlöst sind und wir deswegen nicht verdammt werden. Den Gläubigen werden deswegen die Sünden nicht zugerechnet, noch werden sie wegen ihrer begangenen Übertretungen verdammt. Wir werden aber von unseren Sünden nicht durch die Verdienste der Heiligen, auch nicht durch unsere eigene Genugtuung entledigt, sondern diese Ehre gebührt allein dem Blut Christi, das für uns vergossen wurde. Denn das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns von allen Sünden rein {1Joh 1}.

15. welcher ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene vor allen Kreaturen {2Kor 4v4 Hebr 1v3}.

Ebenbild: Weil sich Paulus vorgenommen hatte, im 1. Teil dieses Briefes die Majestät und Wohltat des Heiland Christus zu preisen, damit er die Kolosser im wahren Glauben stärken konnte und sie zur Dankbarkeit anreizte, so erklärt er die Person Christi, wie es mit dieser beschaffen sei. Denn Gott ist in seinem Wesen unsichtbar, weil er ein Geist ist {Joh 4}. Nachdem aber der Sohn Gottes menschliche Natur an sich genommen hat, so ist Gott offenbart worden im Fleisch {1Tim 3}. So hat Christus gesagt: Philippus, wer mich sieht, der sieht den Vater {Joh 14}. Christus ist aber auf zweierlei Weise das Ebenbild Gottes. Zum einen, weil er eines Wesens mit dem Vater ist. Deswegen sagt der Apostel zu den Hebräern über Christus, dass er der Glanz seiner (nämlich des ewigen Vaters) Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens ist, Kapitel 1. Danach wird Christus das Ebenbild Gottes genannt, weil an der Sanftmut, Güte und Barmherzigkeit Christi auch die unendliche Güte des himmlischen Vaters uns gegenüber erkannt wird, wie in einem Bild, dass uns das väterliche Herz Gottes vorstellt und anzeigt. Wenn wir deswegen von dem Willen Gottes uns gegenüber versichert sein wollen, so sollen wir unseren Mittler und Heiland Christus anschauen.

Erstgeborene: Den der Vater von Ewigkeit her geboren hat, bevor irgendein Geschöpf gewesen ist. Denn im Anfang (wie Johannes bezeugt) war das Wort, und es war nicht zuerst, was danach in der Zeit Mensch geworden ist. Dieses Zeugnis der Gottheit Christi muss man gegen die Arianer steif verteidigen.

16. Denn durch ihn ist alles geschaffen, was im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare und Unsichtbare, beide, die Thronen und Herrschaften und Fürstentümer und Obrigkeiten; es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen {Joh 1v3 1Kor 8v6}.

Denn: Der Apostel Paulus beschreibt uns Christus, Gott und Mensch, je länger umso deutlicher.

Alles geschaffen: Davon ist nichts ausgenommen, wie es auch heißen mag.

Thronen: Meiner Meinung nach werden mit diesen Worten die verschiedenen Stände und Ämter der heiligen Engel angedeutet, worin sie Gott in himmlischer Majestät dienen und seinen Willen auch auf Erden ausrichten. Denn es ist sicher, dass die heiligen Engel im Himmel Gott, der im himmlischen Thron seiner Majestät sitzt, loben und preisen {Jes 6}. So ist es nicht zu leugnen, dass die guten Engel ausgeschickt worden sind, um denen zu helfen, die die Seligkeit Erben sollen {Hebr 1}. Wie aber die Engel der göttlichen Majestät in der himmlischen Herrlichkeit dienen, werden wir in jenem Leben vollkommen erkennen und sehen. Wenn auch die mächtigsten Engel Geschöpfe Gottes sind, so soll man sie natürlich nicht anbeten, weil kein anderes Geschöpf angebetet werden soll, damit die Ehre des Schöpfers nicht den Geschöpfen zugeschrieben wird.

17. Und er ist vor allen; und es besteht alles in ihm.

In ihm: Der alles erhält. Zu erschaffen und die erschaffenen Kreaturen zu erhalten, sind Eigenschaften eines göttlichen und ewigen Wesens. Weil demnach Christus dies alles in seiner Hand hat, so muss daraus folgen, dass er wahrer und ewiger Gott ist.

18. Und er ist das Haupt des Leibes, nämlich der Gemeinde; welcher ist der Anfang und der Erstgeborene von den Toten, auf dass, er in allen Dingen den Vorrang habe {Eph 4v15 5v22 1Kor 15v20}.

Und: Was bisher vom Sohn Gottes gesagt worden ist, das ist eine Beschreibung seiner Person wie und wer er gewesen ist, bevor er Mensch wurde. Jetzt aber stellt uns der Apostel eben diesen gleichsam vor Augen, nachdem er menschliche Natur an sich genommen hatte.

Der Gemeinde: Oder christliche Kirche, die sein geistlicher Leib ist. Wenn er also unser Haupt ist, so wird er natürlich auch uns, seine Glieder, lieben, dafür sorgen und sie zum ewigen Leben erhalten. Die Glieder aber sollen ihrem Haupt gehorsam sein und untereinander Liebe üben. Und Glieder Christi sind all jene, die an Christus wahrhaft glauben.

Erstgeborener: Er, als ein Ursprung und eine Quelle des Lebens, ist zum Ersten, nachdem er den Tod überwunden hat mit großer Kraft, die auch seinen Feinden sehr bald bekannt wurde, auferstanden und in die himmlische Herrlichkeit eingegangen. Denn dass Moses von Christus und seinen Jüngern lebendig auf dem Berg gesehen worden ist {Mt 17}, ist kein Gegensatz zu diesen Worten des Paulus, zumal die Auferweckung des Moses gleichsam ein Vorbild der Auferstehung Christi gewesen ist. Nichtsdestoweniger hat Christus allein mit seiner Auferstehung den Menschen den Weg geöffnet, wodurch sie aus dem leiblichen Tod wiederum hervorkamen und ins himmlische Leben eingehen. Daher steht geschrieben: Und die Gräber werden sich auftun und viele Leiber der Heiligen, die geschlafen haben, werden aufstehen und aus den Gräbern nach seiner Auferstehung gehen und sie kommen in die Heilige Stadt und erscheinen vielen {Mt 27}. Und Christus wird auch uns, als seine Glieder, im Tod nicht verlassen.

Vorrang haben: Denn obwohl auch die Heiligen mit herrlichen Gaben geschmückt gewesen sind und große Wunderwerke getan haben, so misst doch die Heilige Schrift allein Christus zu Recht den Vorzug unter allen Kindern Gottes zu, des Grundes wegen, weil er Gott und Mensch in einer Person ist.

19. Denn es ist das Wohlgefallen gewesen, dass in ihm alle Fülle wohnen sollte,

Alle Fülle: Diese Meinung wiederholt Paulus im folgenden Kapitel noch deutlicher, als er sagt: In ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. Der Sinn beider Sprüche ist folgender: Es hat Gott dem himmlischen Vater, ja der ganzen Heiligen Dreifaltigkeit so gefallen, dass der Sohn Gottes menschliche Natur an sich nimmt und also die ganze Gottheit und die Kraft und Macht der Gottheit im Leib Christi, als in seinem eigenen Tempel, wohnt, in der Form, dass der Sohn Gottes mit der angenommenen, menschlichen Natur persönlich vereinigt ist und ihr all seine Majestät und Macht mitteilt, auch durch die menschliche Natur jetzt alles handhabt und tut, wie die Seele durch ihren eigenen Leib wirkt. Aus diesem Spruch ist das Gleichnis im Glaubensbekenntnis des Heiligen Athanasius genommen. So, wie eine vernünftige Seele und ein Leib ein Mensch ist, so ist Gott und Mensch ein Christus. Aus dieser unzertrennlichen, persönlichen Vereinigung folgt, dass Christus nicht nur nach seiner göttlichen, sondern zugleich auch nach seiner menschlichen Natur allmächtig, allwissend und immer gegenwärtig ist. Doch hat die Menschheit Christi dies alles von dem Sohn Gottes, von dem sie in Einigkeit der Person angenommen worden ist. Und wenn sie von der Gottheit abgesondert und abgeschieden werden könnte, so hätte sie keins davon, so wie das Eisen nicht mehr brennt, wenn das Feuer vom glühenden Eisen wieder weggeht. Weil demnach in Christus alle Fülle der Gottheit wohnt, so kann er uns auch erhalten als seine Schafe, dass uns niemand aus seiner Hand reißt {Joh 10}. Er kann uns auch im heiligen Abendmahl seinen Leib und sein Blut geben und er wird es geben, weil er es verheißen hat. Es hat aber der Sohn Gottes die menschliche Natur darum angenommen, dass er ein Mittler zwischen Gott und den Menschen sein könnte und es hat Gott , dass durch Christus das menschliche Geschlecht mit ihm wiederum versöhnt wurde. So ist auch Christus dem Befehl des Vaters gehorsam gewesen und hat durch sein Blut, das er am Kreuz vergossen hat, die Sünden der Welt versöhnt und so Frieden zwischen Gott im Himmel und den Menschen auf Erden geschaffen, dass die, die an Christus glauben, nicht nur einen gnädigen Gott haben, sondern sie haben auch die Engel zu Kameraden und lieben Mitdienern, die zuvor wegen des Ungehorsams des menschlichen Geschlechts von den Menschen abgewandt waren. Wenn also Christus zwischen Gott und den Menschen Frieden gemacht hat, so sollen wir uns zu Recht alles Gute von Gott dem Herrn erwarten. Wir sollen uns aber bemühen, dass wir mit unserem Gehorsam diesen Frieden erhalten. Weil auch dieser Frieden durch das Blut Christi geschaffen worden ist, so ist natürlich diese Guttat keineswegs dem menschlichen Verdienst zuzuschreiben.

20. Und alles durch ihn versöhnt würde zu ihm selbst, es sei auf Erden oder im Himmel, damit, dass er Frieden machte durch das Blut an seinem Kreuz durch sich selbst.

21. Und euch, die ihr bisher Fremde und Feinde wart durch die Vernunft in bösen Werken {Eph 2v15},

Und: Was Paulus bisher von den Guttaten Christi, die er dem menschlichen Geschlecht erwiesen hat, allgemein gesagt hat, das richtet er jetzt insbesondere auf die Kolosser und zeigt mit einigen Worten an, in welch großem Jammer und Elend sie gesteckt waren, woraus sie durch Christus erlöst worden sind.

Fremde: Nämlich von dem Volk Gottes, weil ihr unbeschnittene Heiden gewesen seid und euch das Testament Gottes nicht zugehörte.

Feinde Gottes: Weil ihr nicht an den wahren Gott geglaubt habt und er mit euch nicht versöhnt war. Damals stand eure Sache sehr übel. Der Grund dieses Übels jedoch war, dass ihr in Religionssachen nach dem Urteil eurer Vernunft geführt wurdet und in bösen Werken gewandelt seid. Ihr wart mit allerlei Abgötterei, Sünde und Laster behaftet und es wäre sicher um euch geschehen gewesen, wenn sich Christus nicht über euch erbarmt hätte. Es sind deswegen alle Heiden und Ungläubigen fremd von dem Reich Gottes, solange sie in ihrem Unglauben bleiben, auch wenn sie vor der Welt ein unordentliches Leben führen. Und weil diese auch Feinde Gottes sind, was können sie dann Gutes von einem zornigen Gott erwarten? Es sind aber auch diejenigen Feinde Gottes, die in Religionssachen dem Urteil ihrer menschlichen Vernunft folgen und Gottes Wort nicht beachten und sich dann mit groben Sünden gegen das Gewissen beflecken. Darum sollen solche Buße tun, wenn sie sonst nicht ewig verderben wollen.

22. nun aber hat er euch versöhnt mit dem Leibe seines Fleisches durch den Tod, auf dass er euch darstellte heilig und unsträflich und ohne Tadel vor sich selbst {Lk 1v75 1Kor 1v2 Eph 1v4 5v26 v27 Tit 2v14},

Nun aber: Bis hierhin wurde von dem trübseligen und elenden Zustand der Kolosser geredet, jetzt wird ihre Versöhnung behandelt.

Durch den Tod: Indem er seinen eigenen Leib am Kreuz für die Sünden des Ganzen menschlichen Geschlechts aufgeopfert hat. Denn er hat nicht Leiber oder Fleisch der Tiere, sondern seinen eigenen Leib und sein eigenes Fleisch am Kreuz zum Opfer gemacht. Weil wir demnach mit Gott versöhnt sind durch das Opfer Christi, welches er am Kreuz vollbracht hat, so braucht man kein Messopfer. Denn die Zueignung des Verdienstes Christi geschieht nicht durch die Messe, wo einer vor vielen das päpstliche Sakrament empfängt, sondern durch einen lebendigen Glauben, wenn wir wahrhaftig glauben, dass Christus für uns gestorben und wiederauferstanden ist und auf ihn, als unseren Mittler, all unser Vertrauen setzen.

Auf: Jetzt erklärt Paulus, was die Ursache ist, warum und wozu wir erlöst sind; nämlich, dass sein Verdienst unsere Sünden vor Gott trägt und wir für heilig und gerecht gehalten werden, und auch durch die Erneuerung des Heiligen Geistes in Zukunft heilig und unsträflich leben. Darum sollen wir wissen, dass wir durch die Guttat der Versöhnung Christi vor Gott gerecht und heilig geachtet werden, obwohl die Sünde noch in unserem Fleisch wohnt. Und wir sollen uns erinnern, wir sind darum von Christus erlöst, dass wir vor unserem Bräutigam heilig leben. Darum sollen wir den alten Adam töten.

23. so ihr aber bleibt im Glauben gegründet und fest und unbeweglich von der Hoffnung des Evangeliums, welches ihr gehört habt, welches gepredigt ist unter aller Kreatur, die unter dem Himmel ist, welches ich, Paulus, Diener geworden bin {Mk 16v15 Röm 10v18 Kol 1v6}.

So: Damit die Kolosser nicht meinten, es wäre genug, dass sie zwar angefangen und die christliche Religion einmal angenommen hätten, so ermahnt sie Paulus zu Beständigkeit.

Bleibt: Denn es ist nötig, dass ihr im wahren Glauben bis ans Ende beständig verharrt und nicht zulasst, dass euch eine Trübsal oder Anfechtung stürzt und euch der ewigen Seligkeit, die im Evangelium angeboten wird, beraubt. Ich rede aber (will Paulus sagen) von keinem neuen Evangelium, womit die falschen Apostel die Kirche Christi irrezumachen pflegen, sondern von dem rechten Evangelium, das Epaphras euch gepredigt hat. Dieses Evangelium ist durch göttliche Kraft von den Aposteln in der ganzen Welt ausgebreitet worden. Nach dem Willen Gottes bin ich ein Diener und Apostel dieser himmlischen Lehre, darum werdet ihr meine Ermahnungen und Erinnerungen nicht ausschlagen. Es ist deswegen nicht damit getan, dass man etwas anfängt, sondern man muss auch bis zum Ende durchhalten. Damit wir aber beständig bleiben können, müssen wir in der rechten Religion wohl gegründet sein und Gott mit inbrünstigem Gebet anrufen, dass er uns durch seinen Geist Kraft und Stärke verleiht, damit wir gegen die Anfechtungen und Trübsalen standhaft und unbeweglich bestehen können. Wir müssen uns aber hüten, dass wir uns nicht durch neue Lehrer von der Lehre abführen lassen, die von den Aposteln immer wieder in der Welt gepredigt worden ist. Denn dies allein ist die rechte katholische und apostolische Lehre, in der die Menschensatzungen keinen Platz haben, von denen die Apostel nichts gewusst haben und auch nicht das geringste Anzeichen in den Schriften der Apostel davon gespürt wird.

24. Nun freue ich mich in meinem Leiden, das ich für euch leide, und erstatte an meinem Fleisch, was noch mangelt an Trübsalen in Christo für seinen Leib, welcher ist die Gemeinde,

Euch leide: Und es euch zugutekommt, damit ihr in eurem Glauben gestärkt werdet. Denn weil Paulus in Rom gefangen gewesen war, als er diesen Brief an die Kolosser schrieb, damit sie durch diesen trübseligen Zustand des Apostels nicht geärgert würden, so zeigt er an, wie er durch die Trübsal nicht kleinmütig gemacht wird, sondern sich vielmehr freut, dass er dies um des Evangeliums Christi willen leidet. Denn die Leiden der Heiligen, die sie um der Bekenntnisse der reinen Lehre willen ausstehen, bestätigt und versiegelt in den Herzen der anderen Menschen die Lehre des Evangeliums. Daher werden diese Märtyrer genannt, das bedeutet, Zeugen, die der evangelischen Lehre das Zeugnis der Wahrheit geben, indem sie um des Evangeliums willen auch den Tod erleiden.

Erstatte: Das bedeutet: Weil Gott der Herr der Kirche gleichsam einen gewissen Teil der Trübsal auferlegt hat, die sie um Christi willen tragen muss, damit sie ihrem Haupt Christus ähnlicher wird, der um der Seligkeit willen des menschlichen Geschlechts viel erlitten hat, so stehe ich einen guten Teil dieser Leiden an meinem Leib aus, damit er also die Menge dieser Trübsal, die der geistliche Leib Christi, nämlich die Kirche, dulden muss, umso eher erfüllt wird. Denn Gott hat mir einen größeren Anteil der Leiden auferlegt, damit andere umso weniger geplagt werden. Und ich erleide dies willig, weil ich erkenne, dass ich ein Diener der Kirche Gottes bin und deswegen auch in diesem Stück der Kirche diene und ihren Nutzen fördern soll. Ich habe mich aber nicht selbst um das Predigtamt gedrängt, sondern dieses Amt ist mir aus göttlicher Anordnung und Berufung widerfahren. Und ich habe Gott, dem Herrn, auch mit meiner Arbeit, euch zu unterrichten, dienen sollen, sodass ich, wenn ich nicht persönlich mit euch reden kann, dies schriftlich verrichten kann. Dieser Spruch des Paulus wird von vielen nicht richtig dahin gedeutet und gleichsam an den Haaren herbeigezogen, als ob die Heiligen für die Kirche gelitten hätten, damit ihre Trübsal und Marter neben dem Leiden Christi die Sünden der Menschen abbüßen und versöhnen. Denn diese Meinung gereicht dem Leiden Christi zur Schmach. Und als Christus von seinem Leiden spricht, sagt er: Ich habe die Kelter allein getreten und niemand unter den Völkern ist mit mir {Jes 63}. Paulus lehrt aber, dass Gott die Trübsal in der Kirche so austeilt, dass er dem einen mehr Beschwerden als dem anderen auferlegt, je nachdem was ein jeder tragen kann und im Allgemeinen bleibt der Großteil in den Verfolgungen auf den Kirchendienern liegen. Weil auch Paulus, ein solch vortrefflicher Apostel, sich ein Diener der Kirche oder Gemeinde nennt, so ist daher gut zu erkennen, dass der Papst in Rom, der nicht nur allein die Herrschaft über die Kirche an sich zieht, sondern darin auch Tyrannei betreibt, keineswegs der rechtmäßigen Nachkomme der Apostel Petrus und Paulus ist. Danach sollen wir beachten, dass wir denen nicht zuhören, denen das Predigtamt nicht gegeben ist. Das bedeutet, die nicht durch ordentlichen Beruf, sondern ohne Aufforderung in einer Kirche eindringen, um zu lehren.

25. welcher ich ein Diener geworden bin nach dem göttlichen Predigtamt, das mir gegeben ist unter euch, dass ich das Wort Gottes reichlich predigen soll,

26. nämlich das Geheimnis, das verborgen gewesen ist von der Welt her und von den Zeiten her, nun aber offenbart ist seinen Heiligen {Röm 16v25 1Kor 2v7 Eph 3v9},

Heiligen: Die durch den Glauben geheiligt werden.

27. welchen Gott gewollt hat kundtun, welcher da sei der herrliche Reichtum dieses Geheimnisses unter den Heiden, welches ist Christus in euch, der da ist die Hoffnung der Herrlichkeit {1Tim 1v1},

Dieses Geheimnis: Seiner unaussprechlichen Güte, wie nämlich Gott der Herr, den Heiland Christus nicht nur den Israeliten, sondern auch den Heiden geschickt hat, durch den wir die ewige Herrlichkeit und Seligkeit erhoffen und erwarten. Denn obwohl die Israeliten im Alten Testament die Verheißungen von Christus hatten, so wussten doch die Heiden nichts davon. Deshalb haben wir im Neuen Testament Gott, dem Herrn, wohl zu danken, dass er auch die Heiden zur Gemeinschaft der Guttaten Christi berufen hat, weil unsere Vorfahren vor etlichen hundert Jahren auch Heiden gewesen sind. So hören wir hier, dass Christus und nicht unsere Verdienste die Hoffnung unserer Herrlichkeit ist.

28. den wir verkündigen, und vermahnen alle Menschen und lehren alle Menschen mit aller Weisheit, auf dass wir darstellen einen jeglichen Menschen vollkommen in Christo Jesu,

Aller Weisheit: In allen Geheimnissen der christlichen Religion.

Jeglichen Menschen: Denn wir lehren alle Menschen das Evangelium, beiden, Juden und Heiden, welchen Standes sie auch immer sind und verschweigen ihnen nichts von den göttlichen Geheimnissen, die die christliche Religion betreffen, damit die Menschen durch den Glauben an Christus vor Gott heilig und gerecht und so vollkommen geachtet werden und auch durch den Heiligen Geist Wandel zu solcher Vollkommenheit gelangen, wie es in diesem menschlichen Leben möglich ist. Wenn also die Apostel alle Menschen in aller Weisheit oder Erkenntnis göttlicher Sachen unterrichtet haben, so ist es erdichtet, dass sie etliche Geheimnisse dem gemeinen Volk vorenthalten haben, weil dies allein den priesterlichen Orden zustehen würde. Und die Apostel haben sich darum bemüht, dass sie jeden Menschen vollkommen machen würden, deshalb ist es nichts, dass die Möncherei ein Stand der Vollkommenheit sein würde. Denn es können ja nicht alle Menschen Mönche werden, auch wenn an der Möncherei nichts Unrechtes wäre. Dass aber aus dem Wort „vollkommen“ die Katholiken bestreiten, der Mensch könnte in diesem Leben die Vollkommenheit erreichen, damit geben sie zu verstehen, dass sie vergessen haben was Paulus den Philippern im Kapitel drei schreibt: Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei. Dennoch sollen sich rechtschaffene Christen bemühen, dass sie nach der Vollkommenheit streben, so viel ihnen in diesem Leben möglich ist.

29. daran ich auch arbeite und ringe nach der Wirkung des, der in mir kräftig wirkt {2Kor 10v3 Phil 1v30 2Tim 4v7 Hebr 10v32}.

Arbeite: Dass ich Gott, dem Herrn, vollkommene Christen darstelle.

Ringe: Damit ich das Evangelium handhabe und fortfahre, nicht allein mit lehren, sondern auch mit beten.

Wirkt: Denn ich kann in dieser Sache so viel leisten, wie Gott der Herr mit seiner Kraft und Macht in mir wirkt. Es vergleicht also der Apostel Paulus sein Predigtamt mit einem Streit, um anzuzeigen, dass die Kirchendiener in ihrem Amt nicht fahrlässig sind. Was wir aber Gutes ausrichten, das sollen wir nicht uns, sondern der göttlichen Gnade zuschreiben und Gott herzlich um diese Gnade bitten, damit wir nicht vergebens pflanzen oder begießen {1Kor 3}.


Das 2. Kapitel

  • In diesem Kapitel ermahnt Paulus die Kolosser, dass sie sich hüten sollen, dass sie sich nicht mit vernünftigen Reden weltweiser Leute oder Menschensatzungen und selbst angemaßter, heuchlerischer Heiligkeit vom rechten Glauben abführen lassen.
  • Zugleich lehrt er auch ausführlicher von der Person Christi und tut dies, indem er lehrt und ermahnt.

1. Ich lasse euch aber wissen, welch einen Kampf ich habe um euch und um die zu Laodicea und alle, die meine Person im Fleisch nicht gesehen haben,

Einen Kampf: Ich streite mit meinem inbrünstigen Gebet vor Gott gegen den Satan, dass er euch und die Menschen in Laodicea nicht vom wahren Glauben durch die falschen Apostel oder durch andere Praktiken von der wahren Gottseligkeit abführt, wie ich auch für alle anderen mit großer Andacht bete, denen ich das Evangelium nicht selbst gepredigt habe. Denn ich liebe sie ebenso sehr, wie die, die mich predigen hören haben. Warum aber Paulus sich um die Menschen in Laodicea sorgte, mit denen die Kolosser vielleicht vergleichbar waren, kann man aus diesen Worten der Offenbarung des Johannes ausreichend sehen, in denen Christus die Kirche oder Gemeinde in Ladoicea so anspricht: Ich kenne (sagt er) deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ach, wenn du doch wenigstens kalt oder warm wärest. Weil du aber lau bist und weder kalt noch warm, werde ich dich aus meinem Mund ausspucken. Du sagst: Ich bin reich und mir geht es gut und ich benötige nichts und du weißt doch nicht, dass du elend und jämmerlich, arm, blind und bloß bist {Apg 3}. Deswegen sollen die Kirchendiener mit großem Eifer für die ihnen anbefohlen Herde, wie auch für die anderen Gläubigen bitten. Und die Kirchen sollen in der Religion und in der Gottseligkeit auch in anderen Werken der Liebe nicht lauwarm sein. Doch soll man die lauen Menschen nicht verwerfen, sondern sie aufmuntern und sich bemühen, ihren Eifer zu erwecken.

2. auf dass ihre Herzen ermahnt und zusammengefasst werden in der Liebe zu allem Reichtum des gewissen Verstandes, zu erkennen das Geheimnis Gottes und des Vaters und Christi,

In der Liebe: Denn ich bitte Gott den Herrn mit höchstem Fleiß, dass er es schafft, dass die Ermahnungen bei euch so viel gelten, dass ihr durch die wahre Liebe in der rechten und reinen Religion alle miteinander einig seid, sodass ihr in keinem Artikel zweifelt oder wankt, sondern in der Erkenntnis Gottes, des Vaters und seines Sohnes, Jesus Christus, je länger umso mehr zunehmt. Deshalb benötigt die Kirche beständig gute Erinnerungen, dass sie zu und nicht abnimmt.Darum soll man die Predigten oft und fleißig hören. Und die Liebe soll die Herzen der Menschen in der reinen Religion, woran die Christen nicht zweifeln, sondern sich deren gewiss sein sollen, zusammenfassen. Er nennt aber die christliche Lehre ein Geheimnis, weil sie für die menschliche Vernunft verborgen ist. Und er setzt Gott, den Vater, und Christus zusammen, um anzuzeigen, dass der Sohn Gottes mit dem Vater eines Wesens ist.

3. in welchem verborgen liegen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis.

Alle Schätze: Weil in Christus die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt, so folgt aus der persönlichen Vereinigung, dass Christus auch nach seiner Menschheit die vollkommenste Weisheit hat, die gewesen ist, die gegenwärtig ist und die noch sein wird. Das ist die Allwissenheit, wie man es allgemein nennt. Das aber Christus sagt, des Menschen Sohn würde den Tag des Gerichts nicht wissen, ist dem Stand seiner Erniedrigung zuzurechnen, in dem er seine himmlische Majestät eine Zeit lang größtenteils verbergen musste, bis er das Werk der Erlösung vollendet hat.

4. Ich sage aber davon, dass euch niemand betrüge mit vernünftigen Reden.

Ich: Jetzt lehrt der Apostel Paulus deutlicher, dass man sich vor falschen Lehrern hüten soll.

Davon: Wenn ich euch auch auffordere, nach Einigkeit zu streben, so meine ich es so, dass ihr euch vorseht, dass ihr nicht verführt werdet. Paulus warnt uns davor, dass wir uns nicht durch scheinbare Lehren, die der menschlichen Vernunft wohl zusagen, betrügen lassen. Diese sind, dass man mit guten Werken die Seligkeit verdienen kann. Dass der Leib Christi nicht zugleich und auf einmal an verschiedenen Orten sein kann. Dass die Kinder keinen Glauben haben und dergleichen unzählige Dinge mehr. Denn der rechte Glaube gründet sich nicht auf menschliche Vernunft, sondern auf das Wort Gottes.

Vernünftigen Reden: (Nach Luther) Die der Vernunft gemäß und eben sind, wie die Lehre von den Werken.

5. Denn ob ich wohl nach dem Fleisch nicht da bin, so bin ich aber im Geist bei euch, freue mich und sehe eure Ordnung und euren festen Glauben an Christus {1Kor 5v3}.

Bei euch: Dass ich in meinem Herzen viel und oft daran denke.

Sehe: Im Geist. Dass ich nicht zweifle, dass ihr eure Sachen so geordnet habt, dass alles in eurer Kirche ordentlich zugeht. Denn Gott liebt die Ordnung, und er ist kein Gott der Unordnung {1Kor 14}.

Festen Glauben: Der bei mir von denen gerühmt worden ist, die von euren Sachen wissen und sagen, wie standhaft ihr im christlichen Glauben seid. Denn obwohl der Glaube im Herzen allein vor den Augen Gottes offenkundig ist, so gibt ein freudiges Bekenntnis des Glaubens und ein gottseliges Leben in vielerlei Beziehungen die zu erkennen, die mit wahrem Glauben an Christus begabt sind.

6. Wie ihr nun angenommen habt den Herrn Christus Jesum, so wandelt in ihm

Wandelt: Dem Evangelium Christi würdig. Denn man soll Christus nicht nur mit Worten bekennen, sondern unsere Bekenntnisse auch mit der Tat erweisen, was geschieht, wenn wir uns bemühen, ihm nachzufolgen {Mt 11}.

7. und seid gewurzelt und erbaut in ihm und seid fest im Glauben, wie ihr gelehrt seid, und seid in demselben reichlich dankbar {Eph 2v22}.

Gewurzelt: In der rechten Religion. Denn bei denen der Glaube nicht im Herzen eingewurzelt ist, die pflegen nicht beständig zu bleiben.

Erbaut: Es sind jedoch diejenigen auf Christus erbaut, die auf ihn allein, als ihren Erlöser und nicht auf menschliches Verdienst Vertrauen. Der Glaube aber wird mit fleißiger und gottseliger Betrachtung und einem vielfältigen inbrünstigen Gebet gestärkt.

Reichlich dankbar: Das ihr Gott, dem Herrn, für die große Guttat des geoffenbarten Evangeliums viel und oft dankt. Denn die nicht mit dankbaren Herzen erkennen, was für ein Schatz die reine Lehre des Evangeliums ist, die sind es nicht wert, dass sie dessen teilhaftig werde und es genießen sollen.

8. Seht zu, dass euch niemand beraube durch die Philosophie und lose Verführung nach der Menschen Lehre und nach der Welt Satzungen und nicht nach Christo {Gal 4v3}.

Seht zu: Die Kolosser sollten sich vor zweierlei hüten, dass sie nicht entweder von den Philosophen und spitzfindigen, weltweisen Leuten betrogen werden, oder von den falschen Aposteln verführt werden. Vom ersten Punkt spricht Paulus in den folgenden Worten.

Lose Verführung: Der menschlichen Vernunft, die sich mit einer besonderen Spitzfindigkeit solche Dinge ausdenkt, womit sie sich zutraut, dass sie die Wahrheit der himmlischen Lehre schwächen könnte. Solche philosophischen Lehren sind jedoch nicht aus einer göttlichen Offenbarung, sondern von Menschen erdacht und keineswegs mit dem geoffenbarten göttlichen Wort zu vergleichen. Denn die Philosophie bringt eine menschliche und keine göttliche Lehre vor und handelt von irdischen und nicht von himmlischen Dingen, hat Lehren von menschlicher Weisheit, lehrt aber nichts von Christus. Darum soll man die Philosophie nicht mit der Theologie vermischen, noch der Philosophie entgegen der Theologie glauben. Jedoch verwirft der Apostel Paulus die Lehre der Philosophie nicht insgesamt, weil sie in menschlichen Sachen einen vielfältigen Nutzen hat. Aber wenn sie mit der Theologie vermischt wird und die philosophischen Gedanken dem ausdrücklichen Gottes Wort vorgezogen wird, da wird die himmlische Lehre sicher verfälscht. So messen die Katholiken die Gerechtigkeit den Verdiensten ihrer Werke zu, die sie aus der philosophischen Lehre von den guten Sitten studiert haben. Die Zwinglianer wollen aus den Regeln der Natur behaupten, dass der Leib Christi nicht zugleich an verschiedenen Orten sein könne. Darum sollen wir die Philosophie unter die Theologie setzen und es ihr nicht gestatten, dass sie versucht, die himmlischen Geheimnisse zu erklären.

9. Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig {Kol 1v19}.

Leibhaftig: Darum soll man von Christus nicht nach menschlichem Nachsinnen und menschlichen Gedanken urteilen, weil Christus nicht nur reiner Mensch, sondern auch ewiger Gott ist und also wahrer Gott und Mensch in einer Person ist. So ist und wohnt in diesen Menschen die ganze Gottheit und göttliche Majestät, wie in ihrem eigenen Tempel, und der Sohn Gottes hat seine Majestät der angenommenen Menschheit, als seinem eigenen Leib mitgeteilt. Wer nun an diesen Mittler, Gott und Menschen oder Gott, der Mensch geworden ist, glaubt, der wird vor Gott vollkommen geachtet, weil ihm der ganze Verdienst Christi zugerechnet wird, obwohl er noch viele menschlichen Schwächen an sich hat. Und dieser Jesus ist nicht unter, sondern weit über den Engeln, ja ein Herr aller Engel, Menschen und Geschöpfe, die im Himmel und auf der Erde sind. Dies ist alles wahr und gewiss, obgleich man in den philosophischen Büchern nichts davon findet. Wenn also in Christus die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt, dass er alle Gewalt im Himmel und auf Erden hat, wie sollte dann ein solch göttlicher Mensch nicht alles wissen und alles können und auch immer und überall gegenwärtig regieren? Wenn wir in ihm vollkommen sind, warum wird dann die Vollkommenheit eines Christen auf die Werke gesetzt? Ist Christus ein Herr der Engel, warum werden dann die Engel, die unsere Mitknechte sind, im Papsttum angerufen und angebetet?

10. Und ihr seid vollkommen in ihm, welcher ist das Haupt aller Fürstentümer und Obrigkeit {Eph 1v21 1Petr 3v22},

Vollkommen: (Nach Luther) Das bedeutet: Ihr habt es ganz und gar, wenn ihr Christus habt, dürft ihr nichts Weiteres suchen.

11. in welchem ihr auch beschnitten seid mit der Beschneidung ohne Hände, durch Ablegung des sündlichen Leibes im Fleisch, nämlich mit der Beschneidung Christi {5Mos 30v6 Jer 4v4 Röm 2v29 Phil 3v3},

In welchem: Christus. Denn nachdem Paulus die Korinther gewarnt hat, dass sie sich nicht von den Philosophen verführen lassen sollen, nimmt er sich jetzt die falschen Apostel vor und verwirft ihren Irrtum von der Notwendigkeit der Beschneidung mit etwas verdeckten Worten.

Beschnitten seid: Darum, liebe Kolosser, ist es unnötig, dass ihr euch zuerst beschneiden lasst, wie es euch die falschen Apostel gern einreden möchten. Denn ihr seid bereits beschnitten, weil ihr Christus durch den Glauben eingepflanzt worden seid. Ich spreche aber von der geistlichen Beschneidung und nicht von der, die mit den Händen und mit dem Messer geschieht. Die geistliche Beschneidung aber wird dann verrichtet, wenn wir den alten Menschen ablegen, der mit Sünde und fleischlicher Begierde verunreinigt ist. Und diese Beschneidung, die Christus mit seinem Geist in uns verrichtet, geschieht durch die Taufe. Denn da werden wir aus Wasser und Geist wiedergeboren und verschaffen unsere Sünden mit Christus in sein Grab, stehen auch geistlich wieder auf zu einem neuen und unsträflichen Leben. Und dies verschafft alles der Heilige Geist in uns durch den Glauben an Christus. Diesen Glauben bewirkt Gott in uns, der auch Christus von den Toten auferweckt hat, damit wir unserer Seligkeit sicher sein können. Denn wenn Christus nicht von den Toten auferstanden wäre, so wäre unser Glaube vergebens und wir wären noch nicht von unseren Sünden erlöst {1Kor 15}. Hier hat man zu merken, dass die Taufe anstelle der Beschneidung gesetzt ist. So, wie früher die Kinder am achten Tag beschnitten worden sind, so taufen wir die Kinder zu Recht in ihrer Kindheit. Weil wir aber mit Christus in die Taufe begraben sind und angefangen haben, den alten Menschen abzulegen, so sollen wir nicht zulassen, dass die Sünde in unserem sterblichen Leib herrscht. Und weil der Glaube Gottes Werk ist, sollen wir gut darauf achten, dass wir diesen nicht durch Irrtümer in der Religion oder durch ein lasterhaftes Leben verlieren. Denn wir können ihn nicht wieder zu uns nehmen und unsere Herzen entzünden, wenn es uns danach gelüstet.

12. in dem, dass ihr mit ihm begraben seid durch die Taufe; in welchem ihr auch seid auferstanden durch den Glauben, den Gott wirkt, welcher ihn auferweckt hat von den Toten {Röm 6v4}.

13. und hat euch auch mit ihm lebendig gemacht, da ihr tot wart in den Sünden und in der Vorhaut eures Fleisches, und hat uns geschenkt alle Sünden {Eph 2v5}.

Und: Weil Paulus bei der Gelegenheit der geistlichen Beschneidung angefangen hat, von den Guttaten Christi zu sprechen, so erklärt er dies jetzt ausführlicher. Denn er nimmt jede Gelegenheit war, womit er uns die Guttaten Christi vor Augen stellen kann, sodass unser Glaube an den Mittler Christus gestärkt wird und wir zur wahren Dankbarkeit ermuntert werden.

Tot wart: Ihr wart vor den Augen Gottes in geistlicherweise gestorben und der ewigen Verdammnis unterworfen (denn das ist der rechte Tod), als ihr noch unbeschnitten und gottlose Heiden und noch nicht wiedergeboren gewesen seid. Aber Gott hat sich eurer erbarmt und nicht nur euch, sondern auch uns alle, so viel von uns an Christus glauben, zum geistlichen Leben auferweckt, so wie auch Christus von den Toten leiblich auferstanden ist und uns alle unsere Sünden vergeben hat.

14. und ausgetilgt die Handschrift, so wider uns war, welche durch Satzungen entstand und uns entgegen war, und hat sie aus dem Mittel getan und an das Kreuz geheftet.

Handschrift: (Nach Luther) Nichts ist so hart gegen uns als unser eigenes Gewissen, womit wir wie mit einer eigenen Handschrift überzeugt werden, wenn das Gesetz uns die Sünde offenbart, dass wir diese Handschrift geschrieben haben. Aber Christus erlöst uns von dies allem durch sein Kreuz und vertreibt auch den Teufel mit der Sünde.

Satzung entstand: Und aus dem Gesetz ihre Kraft hatte.

Entgegen war: Und uns heftig peinigte. Denn wegen der Sünden hatten wir ein schlechtes Gewissen vor Gott, was gleichsam eine Handschrift war, die von der Schuld gegen uns Zeugnis gab. So wie wir uns zu unserer Handschrift bekennen müssen, so können wir auch die begangenen Sünden nicht leugnen. Denn das Gewissen ist so viel wert wie 100 Zeugen. Zudem haben die Dekrete des göttlichen Gesetzes solche Handschriften noch weiter bestätigt. Denn das Gesetz zeigt die Sünden an, aber Christus hat diesem Übel abhelfen wollen. Denn weil er am Kreuz um unseretwegen aufgehängt worden ist und gestorben war, hat er für unsere Sünden bezahlt. Dies ist ebenso viel gewesen, als wenn jemand eine Handschrift durchstreichen würde, zerreißen und an den Galgen schlagen würde. Und Christus hat am Kreuz mit seinem Leiden und Tod den Teufeln ihre Gewalt genommen die sie, als mächtige und sehr boshafte Geister über das menschliche Geschlecht hatten. Über diese, unsere Feinde, hat er triumphiert die er durch sich selbst und mit seiner eigenen Großmacht überwunden und besiegt hat. Hier hört man, dass alle, die nicht wiedergeboren wurden, geistlich gestorben und der ewigen Verdammnis unterworfen sind. Auch dass der Friede des Gewissens nicht erlangt wird, wenn wir unsere Sünden leugnen, was ebenso viel wäre, als wenn jemand seine Handschrift leugnen wollte. Unser Gewissen wird aber dann ruhig gemacht und zu Frieden gebracht, wenn wir das Evangelium Christi hören und glauben, dass Christus für unsere Sünden vollkommene Genugtuung geschaffen hat. So ist unsere Handschrift, die uns unserer Schulden anklagt, durchgestrichen, durchstochen, zerrissen und am Kreuz aufgehängt. Weil aber Christus den Satan überwunden und über die Teufel, unsere Feinde, triumphiert hat, so können wir dem Teufel und der Hölle aus wahrem Glauben Trotz bieten, weil er keinen Anspruch mehr auf uns hat. Doch sollen wir uns hüten, nachdem die alte Handschrift zerrissen ist, dass wir nicht eine neue Handschrift gegen uns selbst ausstellen. Dass auch Christus durch sich selbst, also aus eigener Macht, über den Satan triumphiert hat, ist ein Zeugnis seiner ewigen Gottheit. Denn den Satan aus eigener Kraft überwinden und die Gefangenen aus seiner Gewalt reißen, ist keinem Menschen, sondern nur Gott allein möglich.

15. Und hat ausgezogen die Fürstentümer und die Gewaltigen und sie Schau getragen öffentlich und einen Triumph aus ihnen gemacht durch sich selbst {Ps 68v19 Eph 4v8}.

16. So lasst nun niemand euch Gewissen machen über Speise oder über Trank oder über bestimmte Feiertage oder Neumonde oder Sabbate {Röm 14v3 Tit 1v15 Gal 4v10},

So: Bis hierhin hat Paulus vom ersten Grad der christlichen Freiheit geredet, dass uns Christus von Sünde und ewiger Verdammnis freigemacht hat, was die größte Guttat ist. Jetzt handelt er auch vom anderen Grad, nämlich, dass wir durch Christus erlöst sind von den mosaischen Satzungen, die allein aufs Judentum gerichtet waren, dass wir in unserem Gewissen uns nicht damit verbinden lassen sollen. Als wollte er sagen: Lasst es nicht dahin kommen, dass euch jemand daran bindet, die Zeremonien des Gesetzes Moses zu halten, die durch Christus bereits abgetan sind, als dürftet ihr keine Speise essen, die Moses den Israeliten früher verboten hat {4Mos 11}, noch Wein trinken, wie es den Nazarenern, solange ihr Gelübde dauerte, nicht zugelassen war {4Mos 6}. Oder dass ihr notwendigerweise die jüdischen Feste, darunter besonders den ersten Tag eines jeden Monats und die Tage des Sabbats noch halten müsstet. Denn dies alles hat jetzt aufgehört, weil es Schatten gewesen sind, womit Gott das geistliche Reich Christi abgebildet hat. Weil wir demnach den Leib und die Sache an sich selbst in Christus haben, so benötigen wir den jüdischen Schatten nicht. Denn dass Gott den Israeliten etliche Speisen als unrein verboten hat, wird damit angezeigt, dass sich die Christen der wahren Reinheit befleißigen sollten. Dass man sich eine Zeit lang enthalten musste, Wein zu trinken, soll die Christen an die ständige Nüchternheit und Mäßigkeit erinnern. Die Feiertage deuten auf geistlichen Freuden, die aus den Guttaten Christi entstehen, wenn sie recht erkannt werden. Die Neumonde oder Feiertage jedes ersten Tages im Monat bedeuten, dass all unser Tun von der wahren Gottseligkeit angefangen werden soll. Die Sabbate zeigen an, dass wir den Sünden ausweichen sollten, damit Gott in uns wirken kann, und wir sollen auf den ewigen Sabbat warten, an dem wir von all unserer Mühe und Arbeit mit höchster Freude ausruhen werden. Welche deswegen die jüdischen Zeremonien wieder ins Christentum einführen, auch wenn sie in Kleinigkeiten verändert sind und sie als notwendig darstellen, wie es die Katholiken tun, die bieten uns anstatt des Leibes die Schatten und machen aus diesem Stück aus den Christen Juden.

17. welches ist der Schatten von dem, was zukünftig war; aber der Körper selbst ist in Christo {Hebr 10v1}.

18. Lasst euch niemand das Ziel verrücken, der nach eigener Wahl einhergeht in Demut und Geistlichkeit der Engel, des er nie keines gesehen hat, und ist ohne Sache aufgeblasen in seinem fleischlichen Sinn {Mt 24v4}.

Lasst: Nach dem anderen Grad der christlichen Freiheit von den Zeremonien des Gesetzes Moses, wovon wir durch Christus erlöst sind, schreitet Paulus jetzt zum dritten Grad, indem wir von den Menschensatzungen befreit sind, dass sie unser Gewissen nicht beschweren können, wenn wir diese nicht beachten. Darunter befinden sich ohnedies Abergläubische, die man nicht nur verachten, sondern auch verwerfen soll. Und in den folgenden Worten zeichnet der Apostel Paulus die Heuchelei der Mönche sehr deutlich auf, dass dies kein Maler hätte besser herausstreichen können.

Ziel verrücken: Das heißt: Hütet euch, dass euch nicht jemand durch eine abergläubische Heiligkeit von der wahren Gottseligkeit abführt und ihr das rechte Ziel verfehlt, wodurch ihr auch die Belohnung des ewigen Lebens verlieren würdet. Denn diejenigen, die die Menschen auf selbst erwählte Gottesdienste weisen, die wenden sie von dem rechten und heilsamen Lauf der Gottseligkeit ab, dass sie vergebens laufen und sich müde machen und die ewige Seligkeit dennoch nicht erlangen. Denn die, die Menschensatzungen in abergläubischerweise halten, die beachten unterdessen die Gebote Gottes nicht, wie Christus bezeugt, als er sagt: Ihr habt das Gebot Gottes aufgehoben um eurer Aufsätze willen {Mt 15}.

Einhergeht: Denn es werden sich Menschen finden, die nach ihrem eigenen Willen und Gutdünken sich selbst Gottesdienste erwählen werden und sich selbst sehr demütig daneben stellen, als würden sie die Welt mitsamt allen ihren Wolllüsten verachten und würden ein Leben der Engel führen, wo sie doch weder die Engel noch ihren Wandel im Himmel jemals gesehen haben. Aber bei solch einer heuchlerischen Demut werden sie einen großen Übermut in sich verborgen haben, sodass sie sich für viel besser halten werden, als alle anderen Menschen. Und obwohl sie sich in diesem fleischlichen Sinn und in der Scheinheiligkeit sich selbst sehr gut gefallen werden, so werden sie doch vergebens damit prangen, weil sie Gott nicht achtet, sondern er vielmehr ein Gräuel daran hat. Denn solche halten sich nicht beständig an Christus, dessen Glieder alle Christen sind, die aneinanderhängen wie Glieder eines Leibes und durch die Kraft ihres Hauptes, Christus, in der wahren Erkenntnis Gottes und in der Frömmigkeit von Tag zu Tag zunehmen. Diese Vermehrung wirkt Gott in ihnen, dem auch ein solcher Fortgang in der Gottseligkeit wohl gefällt. Aber jene Heuchler wenden sich von dem Mittler Christus ab, weil sie durch ihre eigenen und selbst erdachten Gottesdienste ihre Sünden versöhnen wollen und trennen die Kirche, so viel sie können, in mancherlei Sekten und vielerlei Orden oder denken sich neue und abergläubische Dinge aus, wie man leben sollte. Diese Erinnerung des Paulus gibt zu verstehen, dass bereits damals in der Kirche Christi mancherlei Aberglaube einreißen wollte, wie es sich heutzutage beim Klosterleben findet. Aber die Apostel Christi haben dies verworfen. So hören wir auch hier, dass unter der Demut der Mönche eine aufgeblasene Hoffart verborgen liegt, weil diese Heuchler andere Menschen verachten. Ferner hört man, dass die Erfinder des Aberglaubens sich von Christus abwenden und Sekten in der Kirche anrichten. Was unter den Klosterorden früher für ein Hass und eine Feindschaft gewesen ist, wo einer den anderen beneidet und angefeindet hat, ist unverborgen und allgemein bekannt. So verachten auch heutzutage noch die Jesuiten alle anderen Mönche, von denen sie wiederum gehasst und angefeindet werden.

19. und hält sich nicht an dem Haupt, aus welchem der ganze Leib durch Gelenk und Fugen Handreichung empfängt, und aneinander sich enthält und also wächst zur göttlichen Größe {Eph 4v15 v16}.

20. So ihr denn nun abgestorben seid mit Christo den Satzungen der Welt, was lasst ihr euch denn fangen mit Satzungen, als lebt ihr noch in der Welt {Röm 7v6 Gal 2v19}?

So: Damit die Kolosser sich von solch abergläubischen Leuten ihre Gewissen nicht verwirren und irremachen ließen, warnt sie Paulus mit den folgenden Worten eindringlich davor, die zwar wegen der besonderen Art zu sprechen etwas dunkel erscheinen, aber folgenden Sinn haben: Ihr Kolosser seid durch die Kraft des Todes Christi für diese Welt gestorben, damit ihr Gott nach seinen Geboten lebt. Wie ihr nun von allen Lastern, die in der Welt begangen werden, euch enthalten sollt, so sollt ihr auch ebenso die äußeren und abergläubischen Menschensatzungen meiden, denn ihr seid an diese, nachdem ihr durch Christus erlöst worden seid, nicht gebunden. So als ob jemand zu euch sagen würde, ihr solltet euch vom ehelichen Beischlaf enthalten und keine Ehefrau anrühren, als wäre eine solche Enthaltung ein besonderer und Gott angenehmer Dienst, so sollt ihr dies nicht glauben. Wenn jemand eine gewisse Speise verbieten würde, damit ihr euer Gewissen nicht damit beschwert, wenn ihr davon esst, so beachtet es nicht. Wenn euch jemand abwehren wollte, ihr solltet dieses oder jenes Ding nicht anrühren, damit ihr euch nicht verunreinigt, so glaubt ihm nicht. Denn dem Reinen ist alles rein und die Speise wird verzehrt und verdaut, wenn wir sie brauchen. Denn die Speise gehört dem Bauch und der Bauch der Speise. Aber Gott wird diesen und jenen hinrichten {1Kor 6}. Darum ist im Brauch diese vergänglichen Sachen weder Heiligkeit noch Sünde, sofern wir nur die Kreaturen Gottes nicht missbrauchen und die Schwachen im Glauben nicht ärgern. Welche nun aber solche Sachen aus Aberglauben halten und im Brauch diese Sünden machen, aber in der Enthaltung davon eine besondere Heiligkeit zu haben glauben, die tun dies nicht nach den Regeln und der Richtschnur des göttlichen Wortes, sondern nach der menschlichen Lehre und Einbildung. Zwar haben diese Dinge vor der menschlichen Vernunft einen Anschein und ein Ansehen der himmlischen Weisheit, wenn die Menschen ständig neue Gottesdienste aus eigener Willkür und aus ihrem eigenen Gefallen sich erdenken und die Augen der Menschen mit einer erdichteten und falschen Demut blenden, indem sie ihren eigenen Leib nicht schonen, sondern ihn mit Wachen, Fasten und anderen mühseligen, harten und schweren Übungen plagen und dem Leib seine gebührende Ehre nicht antun, diesen auch nicht versorgen, damit er mit den notwendigen Sachen gesättigt, ernährt und erhalten wird. Aber Gott verwirft solche verdichteten, abergläubischen und von den Menschen erdachte Heiligkeit und Religion. Diesen Spruch der Schrift soll man denen entgegensetzen, die auf die Menschensatzungen als etwas Notwendiges dringen, sie hochheben und rühmen. Auch werden mit diesen Worten des Paulus alle Gottesdienste verworfen, die ohne Gottes Wort von Menschen erdacht worden sind. Und der Apostel verachtet solche Übungen der Heuchler, die sie vor den einfältigen Augen sehen lassen und unter dem Schein, als geschehen sie zur Tötung des Fleisches, verkaufen. Darum sollen wir diesen päpstlichen Aberglauben wieder an ihre Erdichter zurückschicken.

21. Die da sagen: Du sollst das nicht angreifen, du sollst das nicht kosten, du sollst das nicht anrühren,

22. welches sich doch alles, unter Händen verzehrt, und ist Menschengebot und – lehre {Mt 15v9};

23. welche haben einen Schein der Weisheit durch selbst erwählte Geistlichkeit und Demut und dadurch, dass sie des Leibes nicht verschonen und dem Fleisch nicht seine Ehre tun zu seiner Notdurft.

Ehre: (Nach Luther) Gott will den Leib geehrt haben, das Heißt, er soll sein Futter, seine Begleitung zur Notdurft haben und nicht mit unerträglichem Fasten, Arbeit oder unmöglicher Keuschheit verdorben werden, wie es die Lehre der Menschen tut.


Das 3. Kapitel

  • Damit nicht jemand das, was Paulus bisher von der Verachtung der Menschensatzungen gesagt hat, so verstehen würde, als ob es einem Christen freistünde, dass er nach seinem Willen leben könnte, so fügt er jetzt eine Ermahnung hinzu und erinnert uns, dass wir den alten Menschen töten sollen und unseren Wandel so anstellen, dass wir unserem himmlischen Vater gleich werden, nach dessen Ebenbild wir erschaffen wurden.
  • Danach schreibt er insbesondere etliche Gebote vor, wie man sich im allgemeinen Leben und Wandel zu verhalten hat, und lehrt deutlich, was die Aufgabe eines jeden einzelnen Christenmenschen in der Haushaltung ist.

1. Seid ihr nun mit Christo auferstanden, so sucht, was oben ist, da Christus ist, sitzend zu der Rechten Gottes {Kol 2v12}.

Auferstanden: Nämlich in geistlicherweise. Denn ihr seid vom Tod der Sünden zum geistlichen Leben auferweckt, dass ihr jetzt Gott lebt. Darum sollt ihr wissen, dass sie auch mit Christus geistlich in den Himmel gefahren seid, und sollt deswegen nach himmlischen und nicht nach irdischen Dingen trachten. Denn Christus, der euer Haupt ist, sitzt in himmlischer Herrlichkeit und Majestät, deshalb sollt ihr auch nach der himmlischen Ehre und nicht nach zeitlichen Wolllüsten streben. Geht mit himmlischen und nicht mit irdischen Gedanken um. Die Zwinglianer geben sich hier eine Blöße, die aus dem Wort „oben“ beweisen wollen, dass die rechte Hand Gottes ein bestimmter Ort im obersten Himmel sei. Denn was Paulus oben oder unten, himmlisch und irdisch nennt, das erklärt er bald danach selbst mit diesen Worten, als er sagt: So tötet nun eure Glieder, die auf Erden sind, Hurerei, Unreinheit usw. Deswegen wandelt ein Christenmensch mit Christus im Himmel, auch wenn er noch in diesem Leben auf Erden ist, der ein heiliges und unsträfliches Leben führt und ein Verlangen nach dem himmlischen und ewigen Leben in sich trägt. Wiederum lebt der auf Erden, der in den fleischlichen Begierden und verbotenen Wolllüsten sich vertieft, dass er nur an irdische Sachen denkt und danach trachtet. Und obwohl ein Christenmensch auch mit guten Gewissen die Dinge dieser Welt gebrauchen kann, muss er sich dennoch hüten, dass er sein Herz nicht an irdischen Sachen hängt und die himmlischen darüber außer Acht lässt.

2. Trachtet nach dem, was droben ist, und nicht nach dem, was auf Erden ist!

3. Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christo in Gott.

Gestorben: Der Welt, vor der es verborgen ist, dass ihr durch die Kraft Gottes geistlich lebt und in alle Ewigkeit leben werdet. Aber Gott, der Vater, in dessen Herrlichkeit Christus jetzt regiert wird euch zur Gemeinschaft dieses seligen Lebens unter seinem Schutz erhalten. Und wenn Christus, der euch das ewige Leben gibt und mitteilt, einmal wiederkommen wird in großer Majestät und Herrlichkeit, zu richten die Lebendigen und die Toten, dann werdet auch ihr von der ganzen Welt in himmlischer Herrlichkeit gesehen werden. Sind wir also der Welt gestorben, so sollen wir uns hüten, dass wir uns mit der Befleckung der Welt nicht verunreinigen und nichts soll unseren Glauben bewegen oder ihm einen Anstoß geben, dass unsere ewige Herrlichkeit und himmlisches Leben noch verborgen ist. Denn wir werden in jenem Leben mit solcher Herrlichkeit leuchten, die wir jetzt mit unseren Gedanken nicht fassen und begreifen können. Darum sollen wir die Offenbarung unserer Herrlichkeit erhoffen.

4. Wenn aber Christus, euer Leben, sich offenbaren wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit ihm in der Herrlichkeit {1Kor 15v43 v49 1Joh 3v2}.

5. So tötet nun eure Glieder, die auf Erden sind: Hurerei, Unreinigkeit, schändliche Brunst, böse Lust und den Geiz, welcher ist Abgötterei {Röm 8v13 Eph 5v3},

Glieder: Was für Glieder meint er aber? Sind es irgendwelche Glieder unseres Leibes, die Gott erschaffen hat? Natürlich nicht. Denn es steht geschrieben: Du sollst nicht töten. Wir sollen die Glieder des alten Adams töten, wie sie hier nacheinander aufgezählt werden.

Unreinheit: Darunter wird allerlei Unzucht, besonders die heimlich betrieben wird, verstanden.

Brunst: Darunter werden die gleichen Laster der Unzucht verstanden, die außerhalb des ordentlichen Ehestands passieren.

Böse Lust: Wodurch das Herz des Menschen nicht nur zur Unzucht und Geilheit, sondern auch zu anderen Lastern gegen die Gebote Gottes gereizt wird.

Abgötterei: Denn geizige Menschen dienen nicht Gott, sondern dem Mammon. Das bedeutet, ihren Reichtum, obgleich sie nicht für Götzendiener gehalten werden möchten. Aber wer ein Christ sein will, der muss solche Laster meiden. Denn die Unzucht (welche Namen sie auch tragen mag) steht den Christen übel an. Die bösen Begierden aber muss man dämpfen und zurückhalten, dass sie nicht ausgeführt werden. Den Geiz soll man als Abgötterei meiden. Auch hört man an dieser Stelle, dass Gott nicht nur in jenem, sondern auch noch in diesem Leben seinen Zorn ausschüttet über die, die solche Laster begehen und den Drohungen Gottes nicht glauben. Danach hat man zu merken, dass die, die früher solche Laster begangen haben, von Gott in Gnade aufgenommen werden, wenn sie ernsthaft Buße tun und dem Evangelium glauben, welches ihnen die Vergebung ihrer Sünden um Christi willen verkündigt.

6. um welcher willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Unglaubens {Eph 5v6};

7. in welchen auch ihr auch gewandelt habt, da ihr darin lebtet {Eph 2v2};

8. Nun aber legt alles ab von euch: den Zorn, Grimm, Bosheit, Lästerung, schandbare Worte aus eurem Munde {Hebr 12v1}.

Alles: Was einem Christenmenschen übel ansteht.

Von euch: Sowohl ihr Kolosser als auch alle anderen Menschen, die zu Christus bekehrt worden sind.

Zorn: Nämlich den fleischlichen Zorn, der zur Erbauung nichts nutzt. Denn den Eifer, den der Heilige Geist in den Herzen der Frommen erweckt, verdammt Paulus nicht.

Grimm: Der der christlichen Liebe widerstrebt.

Bosheit: Wenn wir dem Nächsten schaden möchten oder aus Arglist solche Sachen ausdenken, die den Christen nicht gebühren.

Lästerung: Fluchen und schwören, wenn man dem Nächsten durch Missbrauch des göttlichen Namens Böses wünscht oder sonst den Namen Gottes missbraucht.

Schandbare Worte: Hässliche und unflätige Reden und unnütze, ärgerliche Gespräche. Von all diesen Lastern und von jedem besonders kann man nützliche Lehren und Strafpredigten zur Warnung heranziehen. Denn zweifellos kann von diesen nichts an einem Christenmenschen gebilligt werden.

9. Lügt nicht untereinander! Zieht den alten Menschen mit seinen Werken aus {Eph 4v22 v23 v24 v25}.

Lügt nicht: Denn die Lüge ist vom Teufel {Joh 8}. Und es ist der christlichen Liebe zuwider, wenn man versucht, den Nächsten zu betrügen. Doch es wird hier nicht von der Lüge gesprochen, womit dem Nächsten gedient wird, zumal solche Lügen vielmehr ein gutes Werk sind, als ein Laster. So wie die Hebammen in Ägypten dem König nicht die Wahrheit sagten und dadurch viele Kinder der Hebräer am Leben erhielten {2Mos 3}.

10. und zieht den Neuen an, der da erneuert wird zu der Erkenntnis nach dem Ebenbilde des, der ihn geschaffen hat,

Neuen an: Damit ich alles zusammenfasse (sagt Paulus), so erklärt er in der Tat, dass ihr neue Menschen seid, was so geschieht, wenn ihr euer boshaftes und verkehrtes Herz verändert und wie ein unreines, hässliches Kleid gleichsam auszieht, auch Sünden, die aus einem bösen Herzen herkommen, vermeidet. Dagegen nehmt ihr aber ein neues und frommes Herz an, welches in der Erkenntnis Gottes von Tag zu Tag wächst und sich nach dem Ebenbild Gottes ausrichtet, wonach es vom Anfang an erschaffen worden ist. Dass ihr auch in eurem Wandel als Ebenbild des himmlischen Vaters scheinen und hervorleuchten lasst, indem ihr euch bemüht, seiner Heiligkeit und Güte nachzufolgen. Dies sollt ihr alle miteinander tun, denn in der Kirche Gottes gibt es kein Ansehen der Person. Und vor Gott gilt ein Mensch, der von den Heiden hergekommen ist, ebenso viel, wie jemand, der jüdischer Herkunft ist. Der Beschnittene hat keinen Vorteil gegenüber dem Unbeschnittenen. Nachdem der Mensch zu Gott bekehrt worden ist liegt nichts mehr daran, egal in welchem Land er zu Hause ist. Und ein elender Mensch oder ein leibeigener Knecht ist vor Gott nicht geringer als ein freier Mensch oder ein großer Herr und Hausvater. Denn alle, die dem Evangelium glauben, sind Christen, in denen Christus durch den Glauben wohnt und in ihnen wirkt. Die Christen ziehen aber dann den alten Menschen aus, wenn sie sich erzeigen, dass sie anders gesinnt sind, als sie es früher im Unglauben gewesen sind, obwohl solche Veränderungen und Erneuerungen in diesem Leben noch nicht vollkommen sind. Und das Ebenbild Gottes, das durch die Sünde verloren worden ist, wird einigermaßen in diesem Leben wiederum erstattet, wenn der Heilige Geist durch das Wort unsere Herzen regiert und verändert, dass wir uns unserem himmlischen Vater angleichen. Es gibt aber unter den Christen vor Gott und in geistlichen Sachen keinen Unterschied. Denn wir sind alle Kinder Gottes und Erben der himmlischen Güter, darum sollen die Christen sich untereinander alle Liebe und Dienste erweisen. Dennoch bleibt in der weltlichen Polizei ein Unterschied unter den Personen, dass einer ein Knecht, der andere frei oder auch ein Herr ist. Diesen Unterschied im weltlichen Wandel und Leben hebt das Evangelium nicht auf.

11. da nicht ist Grieche, Jude, Beschneidung, Vorhaut, Ungrieche, Scythe, Knecht, Freier, sondern alles und in allen Christus {Gal 3v28}.

12. So zieht nun an, als die Auserwählten Gottes, Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld {Eph 4v32}.

So: Jetzt lehrt der Apostel Paulus mit Beispielen, wie wir ein neues Herz annehmen und dieses, unsere Erneuerung und Veränderung mit der Tat gegen den Nächsten erklären sollen.

Geliebten: Kinder des himmlischen Vaters, die er zum ewigen Leben erwählt hat, noch bevor der Grund der Welt gelegt worden ist, jetzt aber auch mit seinem Heiligen Geist geheiligt hat.

Herzliches Erbarmen: Dass ihr das Elend anderer Menschen nicht nur oberflächlich und gleichsam von der Ferne anschaut, sondern es euch zu Herzen gehen lasst und ein christliches Mitleid mit ihnen habt.

Freundlichkeit: Dass ihr willig seid, eurem Nächsten Gutes und Freundschaft zu erweisen.

Demut: Dass ihr nicht hochmütig seid und euch selbst rühmt.

Sanftmut: Dass ihr sanft und bescheiden mit den Menschen umgeht.

Geduld: Dass ihr euch nicht leicht aufbringen und zur Ungeduld bewegen lasst.

13. und vertrage einer den andern, und vergebt euch untereinander, so jemand Klage hat wider den andern; gleichwie Christus euch vergeben hat, also auch ihr.

Den anderen: Dass jeder die Schwäche des andern trägt und ihm zugutehält.

Auch ihr: Vergebt euch untereinander eure Übertretungen und Sünden. Denn wenn wir unserem Nächsten seine Fehler, womit er uns beleidigt hat, nicht vergeben, so wird der himmlische Vater uns auch unsere Sünden nicht vergeben {Mt 6}. Es gebührt aber den Christen, dass sie sich anderen gegenüber freundlich und sanftmütig erweisen, weil solche Tugenden unsere Religion bei anderen angenehm und lieblich machen.

14. Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit.

Vollkommenheit: Die Liebe ist gleichsam ein vollkommenes Band, womit die Christengemeinschaft fest zusammengefasst wird. Darum soll man sie wie ein Überkleid über die anderen Tugenden anziehen und gebrauchen. Und allein die Liebe soll all unser Tun gegenüber dem Nächsten regieren und mäßigen. Wo die Liebe Platz hat, da muss aller Streit und Zwiespalt weichen.

15. Und der Friede Gottes regiere in euren Herzen, zu welchem ihr auch berufen seid in einem Leibe; und seid dankbar.

Regiere: (Nach Luther) Das heißt: Er sei Meister und erhalte euch in allen Anfechtungen, dass ihr nicht gegen Gott murrt, sondern auf Gott trotzen könnt, nachdem was Christus sagt {Joh 16v33}. In der Welt habt ihr Angst, in mir Frieden.

Einem Leib: Denn weil der Satan auf alle Gelegenheiten lauert, wie er den Frieden zerstören und Uneinigkeit unter den Christen anrichten kann, so müsst ihr euch fleißig bemühen, dass der Friede, der Gott, dem Herrn, gefällt und von ihm geboten ist, in euren Herzen die Oberhand behält und ihr mit Ernst nach ihm strebt. Denn ihr seid von Gott nicht zu Streit und Hader berufen, sondern dass ihr Frieden untereinander habt und einig sein sollt. Und ihr sollt unter anderem dem Frieden auch deshalb nachstreben, weil ihr alle Glieder eines geistlichen Leibes seid. So oft wir deshalb merken, dass der Satan versucht, Uneinigkeit zu erregen, sollen wir uns an diese Mahnungen erinnern und den Frieden mit Fleiß beibehalten.

Dankbar: Gott, dem Herrn, für so viele und große geistliche und leibliche Guttaten. So eine Dankbarkeit besteht jedoch nicht nur in Worten, sondern auch und zwar besonders in einem gottseligen Wandel.

16. Lasst das Wort Christi unter euch reichlich wohnen in aller Weisheit. Lehrt und vermahnt euch selbst mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen lieblichen Liedern und singt dem Herrn in eurem Herzen {Eph 5v19}.

Lasst: Der Apostel Paulus pflegt allerlei Gebote aneinander zu hängen, wenn er vom gottseligen Leben spricht. So tut er es auch hier.

Wohnen: Dass es viel und oft bei euch ohne Hindernis gepredigt und die himmlische Weisheit, die in der Heiligen Schrift vorgehalten wird, mit Fleiß gelehrt wird. Unterrichtet euch selbst und ermuntert euch gegenseitig zum Glauben und zur Gottseligkeit mit allerlei geistlichen Liedern, die eine Andacht erwecken und schön anzuhören sind, damit sie umso besser in den Herzen der Menschen haften. Singt aber nicht nur mit dem Mund allein, sondern lasst auch das Herz dabei sein, dass es mit einem inbrünstigen Eifer geschieht. Deswegen haben die Psalmen und die gottseligen Gesänge einen großen Nutzen, wenn sie in einer bekannten Sprache gesungen werden, dass man sie verstehen kann. Und es kann auch geschehen, dass manch einer aus einem Psalm oder einem Lobgesang einen besseren Sinn in geistlichen Sachen schöpft, als aus einer Predigt, die nicht eifrig gehalten wird.

Lieblichen: (Nach Luther) Das ist tröstlich, holdselig, gnadenreich.

17. Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles in dem Namen des Herrn Jesu und dankt Gott und dem Vater durch ihn {Röm 1v8 Eph 5v20}.

Tut: Oder redet. Dies alles soll darauf gerichtet sein zur Ehre des Namens Christi, dass ihr ihm Gehorsam leistet und Gott, dem himmlischen Vater, für seine göttlichen Guttaten dankt mit einem hinzugefügten Gebet, dass er euch um des Mittlers Christi willen erhören möge und euer Gebet und eure Danksagung gnädig annimmt. Darum soll man sich hüten, dass wir nichts tun oder reden, was dem Namen Christi zur Unehre gereicht. Es sollen aber auch die Danksagungen nicht vergessen werden, weil der himmlische Vater uns täglich mehr Guttaten erweist, als wir ihm ausreichend dafür danken könnten.

18. Ihr Weiber, seid untertan euren Männern in dem Herrn, wie sich es gebührt {Eph 5v22 2Petr 3v1}.

Gebührt: Denn es steht ehrlichen Matronen zu, dass sie ihren Männern gehorsam sind. Dies jedoch nur in den Sachen, die dem göttlichen Willen nicht widerstreben. Und durch einen solchen Gehorsam wird das Herz des Mannes gemildert und besänftigt. Auch soll der Mann, als das Haupt, seine Frau regieren, aber nicht von ihr regiert werden. Die Frau aber soll keinem fremden Mann gehorchen und auch ihrem eigenen Mann nichts zu Gefallen tun, was Gott verboten hat.

19. Ihr Männer, liebt eure Weiber und seid nicht bitter gegen sie {Eph 5v25 1Petr 3v7}!

Nicht bitter: Haltet sie weder mit Worten noch mit Taten zu hart, es sei denn es wäre unbedingt notwendig. Und die eheliche Liebe soll im Ehemann nicht erkalten, dass er seiner Frau überdrüssig wird und sich an eine andere hängt. Er soll auch in seinem Haus nicht grausam sein, sondern die Schwäche seiner Frau, die er nicht verbessern kann, mit Geduld ertragen.

20. Ihr Kinder, seid gehorsam den Eltern in allen Dingen; denn das ist dem Herrn gefällig {Eph 6v1}.

Gefällig: Der auch befohlen hat, dass wir die Eltern ehren sollen und der den gehorsamen Kindern ein langes und glückliches Leben versprochen hat. Ungehorsame Kinder aber beleidigen nicht nur die Eltern, sondern auch Gott selbst, darum haben sie kein Glück.

21. Ihr Väter, erbittert eure Kinder nicht, auf dass sie nicht scheu werden {Eph 6v4}.

Scheu werden: Geht nicht zu hart und unfreundlich mit ihnen um, damit sie ihren feinen Verstand nicht verlieren und zu furchtsam werden. Denn man muss die Zucht so mäßigen, dass die Kinder nicht gar zu übermütig und wiederum auch nicht zu kleinmütig werden.

22. Ihr Knechte, seid gehorsam in allen Dingen euren leiblichen Herren, nicht mit Dienst vor Augen, als den Menschen zu gefallen, sondern mit Einfältigkeit des Herzens und mit Gottesfurcht {Eph 6v5 Tit 2v9 2Petr 2v18}.

Leiblichen Herrn: Was sie euch anschaffen und befehlen werden, sofern es nur dem Wort Gottes nicht zuwider ist, das tut freiwillig und ohne Verdruss. Denn sie haben in irdischen Sachen Gewalt über euch, euch Befehle zu erteilen. Darum übt das Amt eines treuen Knechtes ordentlich aus.

Vor Augen: Betreibt keine Heuchelei in eurem Dienst, wie es die Schalksknechte tun, die den Herrn nur vor den Augen so dienen, dass sie deren Gunst erlangen, jedoch in Wahrheit den Nutzen ihrer Herren nicht ernsthaft und von Herzen suchen. Leistet euren Herrn den gebührenden Gehorsam mit billigem und aufrichtigen Gemüt, dass ihr nicht nur die weltlichen Herren, sondern besonders den Herrn im Himmel fürchtet. Es wäre wünschenswert, dass von denen nicht allzu viele gefunden würden in verschiedenen Ämtern, die ihren Herrn nur vor Augen dienen. Aber die Furcht Gottes schafft rechtschaffene, treue Diener und Knechte. Darum sollen wir uns nach solchen Dienern umsehen, die Gott fürchten.

23. Alles, was ihr tut, das tut von Herzen, als dem Herrn und nicht den Menschen;

Ihr tut: Was ihr in eurer Aufgabe als Knechte tun müsst, das lasst euch eine ernste und treue Aufgabe sein. Denn wer seinem Herrn auf Erden treu dient, der dient Gott selbst.

24. und wisst, dass ihr von dem Herrn empfangen werdet die Vergeltung des Erbes; denn ihr dient dem Herrn Christo.

Des Erbes: Das heißt: Gott der Herr wird eure Treue und Arbeit in dem ewigen und seligen Leben mit himmlischer Herrlichkeit belohnen. Deswegen sollen wir in Erwägung der künftigen Belohnung richtig handeln, auch wenn unsere Dienste hier auf Erden nicht belohnt werden.

Christo: Der wird an euch denken und euch mit himmlischen Belohnungen beschenken. Wer wollte denn seinem Herrn nicht willig gehorsam sein, wenn er hört, dass er seinem Erlöser Christus damit dient?

25. Wer aber unrecht tut, der wird empfangen; was er unrecht getan hat; und gilt kein Ansehen der Person.

Unrecht tut: Dass ein Knecht seinem Herrn Schaden zufügt oder untreu dient, der soll wissen, dass er in den Zorn und die Ungnade des allmächtigen Gottes fallen wird und er sicherlich, wenn nicht in dieser, doch in jener Welt gestraft werden wird. Denn so wie Gott die Herren, die sündigen, deswegen nicht schont, weil sie über andere herrschen, so wird er auch die Knechte wiederum nicht schonen, dass sie in einer elenden Dienstbarkeit stehen. Deshalb sollen die Knechte Gott den Herrn im Himmel ständig vor Augen haben, damit sie treu handeln und in Hoffnung auf die ewigen Belohnungen die Beschwerden der Dienstbarkeit geduldig ertragen. Weil noch heutzutage unsere Knechte in einem viel leidlicheren Zustand dienen, als früher die leibeigenen Knechte, so sollen sie sich wohl vorsehen, dass sie nicht wegen ihres Mutwillens, ihrer Widerspenstigkeit und ihres Frevels einmal in die rechte Dienstbarkeit geraten, wie es auch heute noch unter den Türken gebräuchlich ist.


Das 4. Kapitel

  • Paulus ermahnt zum Gebet.
  • Und dass man mit denen, die außerhalb der Kirche sind, vorsichtig umgehen soll.
  • Er befiehlt den Kolossern Tychikus und Onesimus an.
  • Danach setzt er allerlei Grüße hinzu, mit denen er den Brief beendet.

1. Ihr Herren, was recht und gleich ist, das beweist den Knechten und wisst, dass ihr auch einen Herrn im Himmel habt.

Ihr Herren: Der Apostel Paulus schreibt auch den Herren vor, wie sie mit ihren Knechten umgehen sollen.

Den Knechten: Dass ihr nicht zu streng gegen sie seid und sie nicht zu hart haltet.

Himmel habt: Denn ihr werdet einmal Rechenschaft geben müssen, wenn ihr die Knechte über Gebühr hart gehalten habt, und er wird sich wiederum hart gegen euch erweisen und das Unrecht, das ihr den Knechten angetan habt, an euch rächen. Darum sollen alle, die über andere regieren und herrschen sich erinnern, dass sie noch einen höheren Herrn im Himmel haben. So wird es geschehen, dass sie ihre Untertanen nicht hart und tyrannisch, sondern gnädig halten werden.

2. Haltet an am Gebet und wacht in demselben mit Danksagung {Lk 18v1 Apg 1v14 Röm 12v12}!

Haltet: Nachdem der Apostel Paulus die vornehmsten Ämter in der Haushaltung beschrieben hat, fügt er jetzt allgemein mancherlei Lehren und nützliche Ermahnungen hinzu.

Mit Danksagung: Betet oft und viel mit inbrünstigem Geist und dankt Gott für die empfangenen leiblichen und geistlichen Guttaten. Denn die großen und vielfältigen Gefahren, mit denen Christen täglich umgehen, erfordern ein ernstes und beständiges Gebet. Und die unzähligen Guttaten Gottes sollen uns zur Dankbarkeit reizen.

3. Und betet zugleich auch für uns, auf dass Gott uns die Tür des Wortes auftue, zu reden das Geheimnis Christi, darum ich auch gebunden bin {Eph 6v19 1Thes 5v17 Apg 14v27 1Kor 16v9 2Kor 2v12}.

Für uns: Für mich und andere treue Kirchendiener sollt ihr Gott, den Herrn, fleißig anrufen, dass er uns die Gnade des Heiligen Geistes geben möge, damit wir frei und ungeachtet aller Gefahren das Evangelium Christi predigen können (welches an sich selbst ein Geheimnis und der menschlichen Vernunft verborgen ist), soweit es die Notdurft um die Seligkeit der Menschen und der Ehre Gottes erfordert. Denn aus diesem Grund werde ich auch hier in Rom gefangen gehalten, dass ich viel lieber alles erleiden will, als die Predigt des Evangeliums von Christus zu unterlassen. Wenn also ein solcher vortrefflicher Apostel gewünscht hat, dass ihm in seinem Amt durch die Fürbitte der Kolosser geholfen würde, wie viel mehr ist es für uns Kirchendiener nötig, dass die Kirche für uns betet, damit wir in unserem Amt nicht furchtsam oder träge und fahrlässig sind oder aber mit einem falschen und fleischlichen Eifer den Lauf des Evangeliums mehr behindern, als befördern.

4. auf dass ich dasselbe offenbare, wie ich reden soll.

5. Wandelt weise gegen die, die draußen sind, und schickt euch in die Zeit {Eph 5v15 1Thes 4v12 Eph 5v16}.

Draußen sind: Gegen die Ungläubigen, die außerhalb der Kirche und Gemeinde Gottes leben. Wenn ihr mit diesen zu tun habt, so seht euch vor, dass ihr in keine Gefahr geratet, die ihr hättet verhindern können. Auch dass ihr nicht etwas redet oder tut, wodurch die Herzen von denen von der Religion noch mehr abgewendet werden. Nehmt vielmehr jede Gelegenheit war, dass ihr sie für Christus gewinnen könnt. Heutzutage bedarf es diese Vorsicht auch wenn wir mit denen umgehen, die eine andere Religion haben als wir, dass wir mit ihnen so umgehen, damit sie dem Evangelium nicht noch mehr abhold werden, sondern vielmehr Anlass bekommen, dieses anzunehmen.

6. Eure Rede sei immer lieblich und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst, wie ihr einem jeglichen antworten sollt.

Lieblich: (Nach Luther) Tröstlich, wie oben, Kapitel 3.16.

Salz gewürzt: Das bedeutet: Angenehm und lieblich zuhören, weise und verständig und erwägt bei euch gut, was sich gebührt, jedem zu antworten, damit ihr redet, was heilsam ist und einem Christenmenschen wohl ansteht. Denn obwohl man immer sagen soll, was recht und wahr ist, kann man die Worte jedoch nach der Beschaffenheit der Personen ausrichten, wie sie diese begreifen oder verstehen können, damit unsere Rede anmutig ist und zur Erbauung des Nächsten ausgerichtet wird.

7. Wie es um mich steht, wird euch alles kundtun Tychikus, der liebe Bruder und getreue Diener und Mitknecht in dem Herrn {Apg 20v4 Eph 6v21},

Wie: Jetzt kommt der Apostel auf Sachen zu sprechen, die etliche, besondere Personen betreffen und befiehlt den Kolossern Tychicus und Onesimus an, als lebendige Briefe, von denen sie über seinen Zustand ausreichenden Bericht erhalten können.

Mitknecht: Der mir bis hierhin treu zur Seite gestanden war und treu geholfen hat, das Evangelium von Christus fortzupflanzen.

8. welchen ich habe darum zu euch gesandt, dass er erfahre, wie es sich mit euch verhält, und dass er eure Herzen ermahne.

Euch verhält: Und den Zustand eurer Kirche ansieht, ob irgendein Unterricht oder eine Verbesserung nötig sein würde. Auch dass er euch im Glauben stärkt, damit ihr durch meine und die Trübsal anderer Christen nicht kleinmütig werdet. Denn es ist eine Notwendigkeit, dass man oft und fleißig auf die Kirche achtet, damit nicht das, was gut erbaut worden ist, durch die Bosheit des Satans wiederum verdorben oder auch ganz und gar zugrunde gerichtet wird. Und es benötigen die eine Stärkung, die die Verfolgungen anderer Menschen sehen, damit sie nicht abgeschreckt werden und das Bekenntnis des Evangeliums fallen lassen.

9. samt Onesimus, dem getreuen und lieben Bruder, welcher von den Euren ist. Alles, wie es hier steht, werden sie euch kundtun.

Bruder: In Christus, dessen Treue und Aufrichtigkeit mir gut bekannt ist, diesen habe ich Tychicus zum Gesellen gegeben, dass er mit ihm zu euch kommt. Das aber Paulus Onesimus, der früher ein geflohener Knecht und seinem Herrn Philemon nicht treu gewesen ist, danach aber zu Christus bekehrt wurde, seinen lieben Bruder nennt, lehrt uns, dass wir denen, die von Herzen Buße tun, verzeihen und sie für Brüder in Christus anerkennen sollen. Das auch Paulus lieber wollte, dass die Kolosser von seinem Zustand in Rom durch treue Leute, als durch Schriften Auskunft erhielten, war eine besondere Vorsicht. Ansonsten hätten wohl viele aus Unbedachtsamkeit solche Dinge geschrieben, wodurch sie sich und andere in große Gefahren gestürzt hätten.

10. Es grüßt euch Aristarchus, mein Mitgefangener, und Markus, der Neffe Barnabas, von welchem ihr etliche Befehle empfangen habt (so er zu euch kommt, nehmt ihn auf); Apostelgeschichte 10.29, Kapitel 20.4, Kapitel 27.2, Philemon Vers 24, Apostelgeschichte 15.37.2, Timotheus 4.11.

Es: Es folgen die Grüße, die bezeugen, was für eine gute Freundschaft und was für ein Vertrauen bei den Christen in der ersten Kirche war.

Mitgefangener: Der auch wegen des Bekenntnisses des Evangeliums mit mir gefangen ist.

Empfangen habt: Früher von uns, was wir durch ihn, zur Erbauung eurer Kirche, verkündigen lassen.

Kommt: Was vielleicht bald geschehen kann.

Ihn auf: Freundlich und in Liebe und behandelt ihn gut.

11. Und Jesus, der da heißt Just, die aus der Beschneidung sind. Diese sind allein meine Gehilfen am Reich Gottes, die mir ein Trost worden sind.

Beschneidung sind: Denn die beiden, Markus und Jesus, sind früher Juden gewesen, aber jetzt Christen geworden.

Gehilfen: In Fortpflanzung des Evangeliums an diesen Orten.

Trost geworden: In meinen Fesseln bin ich durch ihren gottseligen Eifer und ihren aufrichtigen Wandel sehr getröstet worden, indem sie sich mit höchstem Fleiß bemüht haben, das Evangelium zu befördern. Wenn dieser Markus (wie ich glaube) derselbe Johannes Markus gewesen ist, wegen dem sich Paulus und Barnabas früher gestritten hatten und Paulus ihn damals nicht zum Gefährten bei sich haben wollte, weil er sich nicht so standhaft gezeigt hatte {Apg 15}, so haben wir uns dabei zu erinnern, dass man die Schwachen nicht ganz verstoßen soll. Denn es kann wohl geschehen, dass die Ersten die Letzten und die Letzten die Ersten werden. Darum soll man denen, die eine Zeit lang in der Handhabung und Beförderung der reinen Lehre etwas langsam und fahrlässig gewesen sind, verzeihen und sie wieder aufnehmen, wenn sie Anzeichen der wahren Buße geben.

12. Es grüßt euch Epaphras, der von den Euren ist, ein Knecht Christi, und immer ringt für euch mit Gebeten, auf dass ihr besteht vollkommen und erfüllt mit allem Willen Gottes {Kol 1v7}.

Euren ist: Und nicht allein ein frommes Mitglied eurer Kirche, sondern auch ein treuer Lehrer und einer von euren Seelsorgern.

Ringt: Er hält mit seinem inbrünstigen Gebet ohne Unterlass für euch bei Gott an, dass diese euch im wahren Glauben und in der Gottseligkeit stärkt und seine Gaben in euch vermehrt, damit ihr je länger umso mehr nach dem Willen und dem Wohlgefallen Gottes leben mögt.

13. Ich gebe ihm Zeugnis, dass er großen Fleiß hat um euch und um die zu Laodicea und zu Hierapolis {Kol 2v1}

Um euch: Kolosser. Es gebührt aber einem Kirchendiener und steht ihm vom Amts wegen zu, dass er für seine Schäflein, auch wenn er von ihnen abwesend ist, treu und fleißig betet und sein Amt nicht träge oder fahrlässig, sondern mit einem gottseligen Eifer ausübt. Die Schafe aber sollen den Hirten folgen und gehorchen, damit die Hirten ihr Amt nicht mit Seufzen tun {Hebr 13}.

14. Es grüßt euch Lukas, der Arzt, der Geliebte, und Demas.

Lukas der Arzt: Von diesem glaubt man, dass er derjenige gewesen ist, der das Evangelium geschrieben hat, welches man noch heutzutage in der Kirche hat und liest.

Demas: Von dem Paulus später an einer anderen Stelle schreiben wird: Demas hat mich verlassen und diese Welt lieb gewonnen {2Tim 4}, in diesem Fall werden wir erinnert, dass wir Gott, den Herrn, ernsthaft gegen Unbeständigkeit in der rechten Religion anrufen sollen.

15. Grüßt die Brüder zu Laodicea und den, Nymphas und die Gemeinde in seinem Hause {Röm 16v5 1Kor 16v19}.

Seinem Haus: Denn jedes fromme und gottseliger Personal ist eine Kirche Gottes, worin sich Gott finden lässt mit seinen heiligen Engeln.

16. Und wenn der Brief bei euch gelesen ist, so schafft, dass er auch in der Gemeinde zu Laodicea gelesen werde, und dass ihr den von Laodicea lest.

Laodicea lest: Den ich denen in Laodicea neulich geschrieben habe. Denn die apostolischen Briefe gehen nicht nur eine, sondern alle christlichen Kirchen an. Dass aber der Brief, den Paulus an die in Laodicea geschrieben hat, nicht mehr vorhanden ist, tut der Kirche wegen ihrer Seligkeit jedoch keinen Schaden. Denn die biblischen Schriften, die wir durch Gottes Gnade haben, können uns ausreichend lehren, was wir glauben und tun sollen, damit wir Gott gefallen.

17. Und sagt dem Archippus: Siehe auf das Amt, das du empfangen hast in dem Herrn, dass du dasselbe ausrichtest {Phil 2}!

Archippus: Dem vornehmsten Diener in eurer Kirche.

Ausrichtest: Und deinem Predigtamt treu nachkommst, wozu du von Gott ordentlich berufen worden bist und leiste darin Gott, dem Herrn, einen treuen Dienst. Denn man muss auch fromme Kirchendiener gelegentlich aufmuntern, dass sie nicht einschlafen und fahrlässig sind. Wenn sie also ihres Amtes erinnert werden, sollen sie es nicht übel aufnehmen, weil sie auch Menschen sind und menschlichen Schwächen unterworfen sind.

18. Mein Gruß mit meiner, des Paulus, Hand. Gedenkt meiner Bande! Die Gnade sei mit euch! Amen {Röm 16v24 1Kor 16v23}.

Paulus Hand: Ich schreibe euch meinen Brief eigenhändig, damit ihr daran erkennen könnt, dass dieser Brief von mir diktiert wurde und nicht falsch oder untergeschoben ist. Denn man soll die rechten Hauptschriften von den falschen und eingeschobenen unterscheiden.

Meiner Bande: Und bittet den Herrn für mich, dass er mich aus diesen beschwerlichen Fesseln befreit oder diese doch zumindest mildert. Denn man soll für die Gefangenen und andere verängstigte Christen bitten, dass Gott ihr Unglück wendet und schließlich ganz wegnimmt.

Mit euch: Der Herr möge mit seiner Gnade euch immer beschützen. Denn die Gnade oder Güte Gottes ist unser höchster Schatz. Und wenn wir einen gnädigen Gott haben, so steht alles gut. Diesem einzigen, wahren Gott sei Lob, Ehre und Preis in alle Ewigkeit.

Amen: Das bedeutet: Es geschehe so, ja es wird gewiss geschehen. Denn die Gebete und Wünsche der Frommen gehen nicht leer aus. Dass aber Paulus aus seinem Gefängnis mit so großer Sorgfalt an die Kirchen und christlichen Gemeinden, die so weit von Rom abgelegen gewesen sind, geschrieben hat, erinnert uns daran, dass jeder in seinem Beruf allen möglichen Fleiß aufwenden soll und keine Gelegenheit, etwas nützliches auszurichten, versäumen soll und sich auch durch keine Trübsal und keinen Unfall daran hindern lässt. Denn Gott wird unsere treue Arbeit einmal belohnen.