Bibel-Kommentar: Der Prophet Daniel

Obwohl die Israeliten das Buch des Propheten Daniels nicht unter die prophetischen Schriften setzen, aber doch unter die anderen Hauptbücher der Heiligen Schrift zählen. So wird es doch nicht unrecht den anderen prophetischen Schriften gleich geschätzt. Denn Christus seiner Weissagungen eine anzieht in {Mt 24}. Da er von der Stadt Jerusalem Zerstörung und vom Gräuel, der vor solcher Zerstörung am heiligen Ort stehen werde, wie auch vom Jüngsten Tage redet. Es hat aber Daniel aus Erleuchtung des Heiligen Geistes und so viel er aus den Gesichten erlernt, die vier Monarchien oder obersten Regierungen in der Welt beschrieben und was in denselben, besonders aber in der letzten sich zutragen werde, so hell und klar zuvor verkündigt, als ob er es vor Augen gegenwärtig zeigte, wie zwar der Ausgang bis daher seine Weissagungen war gemacht. Von Christo aber redet er in seinem Buch so eigentlich, dass er auch die Zeit seines Leidens bestimmt und ausrechnet und über das anzeigt, was die Kirche für Nutzen davon haben werde. Ja er malt auch den Antichristen mit seinem Stolz und tyrannischen Übermut ab und streicht ihn mit lebendigen Farben so heraus, dass es kein Maler besser machen könnte. Darum sollen wir dies Buch des Propheten Daniels hochhalten und wert achten, weil ihn Christus selbst zum Zeugen braucht und sollen ihn fleißig lesen, weil wir viele gute Dinge darin finden werden, dadurch wir in unserem Glauben der christlichen Religion gestärkt und von vielen wichtigen Sachen erinnert werden.

Jetzt wollen wir auch von des Daniels Person etwas sagen, so viel wir aus Anleitung der Heiligen Schrift von ihm wissen können. Er ist aber aus dem Stamm der Könige Juda entsprungen und im dritten Jahr der Regierung Jojakim, des Königs Juda, gen Babel gefangen weggeführt worden. Da er vielleicht ein Jüngling von siebzehn oder achtzehn Jahren gewesen, eines geraden Leibes und schöner Gestalt, dazu eines herrlichen Verstandes, dass er leicht etwas fassen könne. Ist mit etlichen anderen seinen Gesellen, die mit ihm ungefähren Alters gewesen, vom Könige zu Babel vortrefflichen gelehrten Männern untergeben worden, dass er drei Jahre von ihnen in allerlei Künsten der Chaldäer unterrichtet würde, später aber dem Könige stets zur Hand wäre und ihm diente. Was er aber für einen gottseligen Wandel geführt, ist nicht allein aus seinem Buch zu sehen, sondern es bezeugt es auch Gott der Herr selber im Propheten Hesekiel, da er spricht in Kapitel 14, wenn ein Land an mir sündigt. Und später wiederum. Oder so ich Pestilenz in das Land schicken und meinen Grimm über dasselbe ausschütten würde. Und Noah, Daniel und Hiob wären darin, so wahr ich lebe, spricht der Herr, würden sie weder Söhne noch Töchter, sondern allein ihre eigenen Seele durch ihre Gerechtigkeit erretten. Mit was Weisheit aber er begabt war, sieht man auch nicht nur aus seinen Schriften, sondern muss es aus dem vorgemeldeten Propheten Hesekiel ebenmäßig spüren in Kapitel 28. Da Gott des Königs zu Tyro spottet und also spricht: Siehe, du hältst dich für klüger, denn Daniel, dass dir nichts verborgen sei. Unter anderen Stücken der Weisheit hatte er auch einen herrlichen und wunderbaren Verstand, die Träume recht auszulegen, welche von Gott einem im Schlaf vorkamen, darum da die allergelehrtesten und weisesten Chaldäer dem Könige zu Babel seinen Traum, der ihm aus dem Gedächtnis gekommen war, weder erzählen noch erklären konnten, und deshalb zum Tode verurteilt wurden. Siehe, da findet Daniel aus Erleuchtung des Heiligen Geistes den Traum und deutet ihn, rettet auch also sein und seiner Gesellen, desgleichen der anderer weisen Chaldäer Leben, darüber er vom Könige zur hohen Ehre erhoben und mit großem Reichtum begabt wurde.

Ich halt es aber dafür, dass er nicht lange später wiederum etlichermaßen in des Königs Ungnade gekommen sei. Denn in Aufrichtung und Anbetung des güldenen Abgotts wird seiner mit keinem Wort gedacht. Und sieht es ihm gleich, als ob Daniel aufs höchst dagegen war und es dem Könige widerraten habe, deshalb er sowohl bei dem Könige als bei den anderen Hofleuten wenig Dank verdient, aber dennoch von wegen des zuvor erzählten und erklärten Traums vielleicht noch so viel Ansehen behalten, dass man ihn nicht zum Anbeten des Bildes gezwungen, sondern mit Stillschweigen vorüber gehüpft habe. Das ist einmal wahr, da dem Könige der andere Traum vorgekommen, von dem großen Baum, hat man die Traumdeuter der Chaldäer gefordert und des Daniels zuerst nicht begehrt. Da aber die Chaldäer nichts ausrichten konnten, hat man ihn heißen kommen. Und weil seine Deutung zwar an ihn selber war, aber nicht fast anmutig, sondern ganz traurig war, hat Daniel abermals bald später vielleicht auf irgendein Gut, so er hatte, sich begeben und für sich selbst da gelebt.

Da aber endlich Nebukadnezar und sein Sohn gestorben, aber sein Enkel, der König Beltsazar, über einem gottlosen und schändlichen Bankett gesehen, wie einstmals eine Hand aus der Wand hervorgegangen und etliche Worte an der Wand geschrieben, die niemand lesen oder verstehen können und es allen Chaldäern an der Kunst gefehlt, da hat man den Daniel wiederum hervorgesucht. Und wie er die Schrift gelesen und erklärt, hat ihn der König Beltsazar heißen hoch ehren und als den dritten nach dem König gehalten.

Aber da ist gleich darauf die Änderung im Regiment erfolgt, denn noch in derselben Nacht die Stadt Babel erobert und der König Beltsazar umgebracht worden. Darauf die chaldäische oder Babylonische Monarchie an die Meder und Perser gekommen. damals ist Daniel vom Dario, der Meder Könige, zum Fürsten über hundert Landvögte in dem Königreich Babel gesetzt worden und hat der König von wegen seiner wunderbaren Weisheit und ausbündigen Frömmigkeit sehr viel und hoch von ihm gehalten, also dass er im Sinn hatte, ihn über das ganze Königreich Babel zu setzen. Aber solches sein Glück ist dem Neidteufel zu Hof unerträglich gewesen. Darum hindern die Hofschmeichler den König Darium mit Hinterlist und bringen einen Befehl von ihm aus, indem aufs Ernstlichste jedermann geboten wurde, dass keiner innerhalb dreißig Tagen etwas von irgendeinem Menschen oder Gott bitten soll, ohne von dem Könige allein. Wer aber solche Gebote übertreten würde, der sollte den Löwen vorgeworfen werden. Denn die verschmitzten Gesellen wussten wohl, dass Daniel unterdes sein Gebet nicht unterlassen noch verhehlen würde. Da er nun solchem ungöttlichen Befehl nicht Gehorsam leisten wollen, hat er zu den Löwen, die man zuvor wohl lassen hungrig werden, hinunter gemusst. Und obwohl der König deshalb sehr betrübt wurde, weil er den Daniel sehr hoch ehrte und liebte, so hat er sich doch durch der Hofleute stetigen Überlauf überpochen lassen. Wie aber Daniel von Gott besonders erhalten und von den Löwen nicht beschädigt wurde, ist der König im Zorn zugefahren und hat den Daniel lassen herausnehmen, seine Verkläger aber mit Weibern und Kindern den Löwen vorwerfen heißen, von denen sie bald zerrissen und verschlungen wurden. Später, da die ganze Monarchie an den König Kores oder Cyrum in Persien gelangt, ist auch Daniel unter desselben Regierung in großen Ehren und Ansehen gewesen und hat bis ins dritte Jahr der Regierung gemeldeten Königs Kores gelebt. Es sind aber von dem dritten Jahr des Königs Jojakim, da Daniel gefangen weggeführt wurde, bis ins dritte Jahr des Königs Kores zweiundachtzig Jahr, zu welchem, wenn man noch achtzehn Jahr hinzu tut, die meines Erachtens Daniel alt gewesen, da er ins Gefängnis gezogen, so hat er gerade hundert Jahr gelebt, in welcher Zeit er ohne allen Zweifel viel Jammer und Elend ausgestanden und erlebt. Endlich ist er aus diesem Jammertal ins ewige Leben versetzt worden und erwartet seines Leibes selige Auferstehung mit allen Auserwählten, wie ihm der Engel zu Ende seiner Prophezeiung versprochen.


Das 1. Kapitel

  • Nebukadnezar führt den König Jojakim gefangen hinweg, mit etlichen Leuten und heiligen Gefäßen aus dem Tempel, gen Babel. v. 1.
  • Und heißt etliche der sinnreichsten israelitischen Knaben in der Chaldäer Sprachen und Künsten unterweisen und aus des Königs Küche speisen. v. 3.
  • Daniel begehrt und erlangt anstatt der königlichen Speise und Trank, geringer und schlechter essen und trinken. v. 11.
  • Darauf lassen sich an dem Daniel und seinen Gesellen herrliche Gaben des Heiligen Geistes sehen, damit sie alle anderen Weisen weit übertroffen. v. 17.

1. Im dritten Jahr des Reiches Jojakims, des Königs Judas, kam Nebukadnezar, der König zu Babel, vor Jerusalem und belagerte sie.

Im: Zum Eingang dieses Buches wird erzählt, zu welcher Zeit und mit was Gelegenheit Daniel gen Babel gekommen sei und da berühmt geworden. Und wird seine ausbündige Frömmigkeit beschrieben, welche Gott der Herr auch in diesem Leben ihm vergolten hat.

Belagerte: Denn der König in Juda, Jojakim, war dem Könige zu Babel zinsbar geworden und hatte sich unter seinem Gehorsam ergeben, aber später nicht Glauben gehalten, sondern treulos an ihm geworden und sich an den König in Ägypten gehängt, auf welche Hilfe und Beistand er sich verließ. Es war aber der gemeldete König Jojakim daneben gottlos und abgöttisch und führte sonst auch ein lasterhaftes Leben, verachtete dazu des Propheten Jeremia Bußpredigten und treuherzige Warnungen und die derselbe Prophet in Schriften verfasst hatte, ließ er in seinem Beisein zerschneiden und ins Feuer werfen {Jer 36}.

2. Und der Herr übergab ihm Jojakim, den König Judas und etliche Gefäße aus dem Hause Gottes; die ließ er führen ins Land Sinear, in seines Gottes Haus und tat die Gefäße in seines Gottes Schatzkasten.

Übergab ihm: Nämlich dem Könige zu Babel in seiner Gewalt, also dass der König Jojakim gefangen und gebunden wurde. Und hatte der König zu Babel im Sinn, ihn gen Babel mit sich hinwegzuführen, wurde aber danach anderen Rats (wie zu geschehen pflegt) und ließ ihn noch länger in Judäa bleibe. Endlich aber über nicht gar viele Jahre später, ist er nichtsdestoweniger gen Babel gefangen gebracht worden {2Sam 24 2Chr 36}. Da er jämmerlich in großem Elend gestorben und unbegraben hinweggeworfen wurde, wie ihm der Prophet Jeremia in Kapitel 22 zuvor gedroht hatte. Obwohl nun der gemeldete König Jojakim im dritten Jahr seines Königreichs, da man die Stadt Jerusalem erobert, nicht selber gefangen weggeführt wurde, so ist doch ein großer Schaden und dem Königreich Juda ein merklicher Abbruch geschehen. Denn es haben viele vornehme Leute, unter denen Daniel und seine Gesellen auch gewesen, müssen gen Babel ins Elend hinwegziehen und ist der Tempel etlichermaßen beraubt worden. Wie man auch mit den Bürgern und Einwohnern der Stadt Jerusalem umgegangen, ist leicht zu erachten. [Es übergibt aber Gott seine Kirche um der Sünde willen, besonders aber von wegen der Verfälschung der Religion, den Feinden, sie zu plagen, welche er als seine Geisel dazu braucht, sonst wären die Feinde nicht so mächtig, dass sie wider das Volk Gottes könnten Wüterei treiben].

Land Sinear: Das ist gen Babel. Es ist aber der König Nebukadnezar zu etlichen unterschiedlichen Malen gen Jerusalem gekommen und hat immer eine Beute mit sich davon gebracht. Unter des Jojakims Regierung hat er den Daniel mit vielen anderen und etlichen heiligen silbernen und goldenen Gefäßen hinweggeführt. Danach hat er auch den König Jechanja und mit ihm den Propheten Hesekiel samt vielen anderen gen Babel gebracht. Endlich aber hat er die Stadt Jerusalem in Grund zerstört, den Tempel verbrannt, den König Zedekia geblendet und mit Ketten gebunden, mit sich gen Babel genommen. [Da man in Acht zu nehmen, wie Gott in der Züchtigung seines Volkes anfangs gelindere Strafen brauche, welche er doch von wegen der Leute Halsstarrigkeit immer schärft, bis endlich, wo man nicht Buße tut, der gänzliche Untergang darauf erfolgt. Denn Gottes Drohungen sind nicht vergebens].

Nach Luther: Sinear ist das Land Babel {1Mos 10v10 11v2}.

Schatzkasten: Solche Gefäße sind später vom König Kores in Persien wiederum gen Jerusalem geschickt worden, da er das Volk Israel aus dem Gefängnis zu Babel frei gemacht. [Obwohl nun der König zu Babel damals noch abgöttisch war, so ist doch das an ihm zu loben, dass er die heiligen Gefäße nicht lassen zerschmelzen oder sie sonst unnütz werden, sondern hat sie unter seinen heiligen Schätzen aufbehalten: Indem er viel anders gesinnt gewesen als ihrer etliche, denen nichts so heilig sein kann, dass sie es nicht dürften hinwegnehmen und zu ihren Nutzen wenden oder auch sonst üppig vertun. Diese wird der König zu Babel Nebukadnezar am Jüngsten Tage verdammen, als der sich von den heiligen Sachen so ganz enthalten, dass er nichts davon für sich selbst und zu seinen Nutzen zu benutzen begehrte].

3. Und der König sprach zu Aspenas, seinem obersten Kämmerer, er sollte aus den Kindern Israel vom königlichen Stamm und Herrenkindern wählen

Herrenkindern: Denn der König wusste, dass im Volk Israel und besonders in den vornehmen Geschlechtern vortreffliche Leute gefunden würden, die eines herrlichen Verstandes wären, darum er es für gut und ratsam geachtet, wenn er aus den gefangenen Israeliten etliche Diener und Räte hätte, die aus einem vornehmen Geschlecht geboren und mit Weisheit und anderen Tugenden begabt wären. [Denn obwohl die menschliche Natur durch die Sünde so verdorben ist, dass der Verstand in geistlichen Sachen blind und der Wille Gott widerstrebt. So spürt man doch etliche Anweisungen der weltlichen Tugenden in vornehmen Geschlechtern. Welche, wenn sie in der Jugend wohl erzogen und recht unterwiesen werden, zu ihrer Zeit großen Nutzen schaffen können].

4. Knaben, die nicht gebrechlich wären, sondern schöne, vernünftige, weise, kluge und verständige, die da geschickt wären, zu dienen in des Königs Hofe und zu lernen chaldäische Schrift und Sprache.

Nicht gebrechlich: Die einer gesunden Natur und geraden Leibes wären und an keinem Glied Mangel hätten. [Denn man soll zu den hohen und wichtigen Geschäften, auch schwerer Arbeit im Regiment nicht solche Leute nehmen, wo es anders möglich sein kann, die am Leibe gebrechlich und immer siech sind oder die solche Mängel des Leibes haben, so nicht zu verbessern stehen. Ja es sollen auch diejenigen, welche gesund und stark sein und zu Ämtern, es sei gleich in der Kirche oder weltlichen Regiment, gebraucht werden, sich hüten, dass sie ihre Gesundheit entweder mit Überfluss in Essen und Trinken oder mit unzeitiger übermäßiger Arbeit nicht verwahrlosen, damit sie ihrem Beruf lang mit Nutzen dienen können].

Schöne: Denn obwohl bisweilen auch in einem ungestalteten Leibe ein feiner Verstand ist und wiederum bei einem schönen Leibe ein grober Unverstand sich findet, so geschieht es dennoch meistenteils, dass ein holdseliges Angesicht und gerader Leib auch eine Andeutung gibt eines feinen Verstandes und sinnreichen Gemüts, wie wiederum ein tölpischer Leib und hässliche Gestalt oft auch einen boshaften Menschen und einen groben verkehrten Unverstand anzeigt].

Verständige: Die einen feinen gelehrigen Kopf haben und von Jugend auf in guten Künsten etlichermaßen bereits unterwiesen wurden und einen guten Anfang haben. Denn man soll es nicht dafür ansehen, als ob die Israeliten, besonders an den königlichen Höfen, nicht auch ihre Kinder in guten Künsten hätten unterweisen lassen oder dass ein wildes und rohloses Leben da vorgegangen wäre. [Denn welche aus hohen Geschlechtern geboren sind, die soll man besonders dazu halten, dass sie die freien Künste lernen. Und die anderen sollen vorgesetzt werden, müssen nicht allerdings ungelehrte Laien sein, so weder schreiben noch lesen können, daher sie auch später alle guten Künste hassen und die so solche lehren und studieren, anfeinden, sondern sollen zum wenigsten einen Anfang davon haben. Denn welche den freien Künsten abhold sein, die haben oft störrische Köpfe und ein tyrannisches Gemüt, dass sie nur begehren ihrem Willen nach zu leben. Damit aber solche Knaben, die mit einem feinen Verstand begabt sind, mögen recht auferzogen werden, so muss man auch Schulen unterhalten und sich nach gelehrten Leuten umsehen].

Zu dienen: Das ist, dass sie die vornehmsten Ämter an des Königs zu Babels Hofe versehen könnten. [Jetziger Zeit findet man etliche, die meinen, es sei ganz übel angesehen und gehandelt, wenn man einen fremden und ausländischen Menschen sollte zu einem Vorhaben Amt befördern. Und hat zwar hier der König auf weltliche Sachen sein Vorhaben gerichtet. Aber Gott hat gewollt, dass solche Männer an diesem Hof erzogen würden, die seines Namens Ehre beförderten und den anderen gefangenen Israeliten ein Trost wären. So gütig, weise und mächtig ist Gott].

Sprach: Dass sie die chaldäische Sprache im Schreiben und Lesen gebrauchen könnten und die chaldäischen Künste zugleich mit zu lernten. Es haben aber die Chaldäer sich sehr auf die Sternkunst gelegt. [Und ist es zwar eine große Zierde an hohen Personen, wenn sie viele Sprachen gelernt, dass sie mit vielen Völkern sich unterreden können. Doch soll man achthaben, dass man nicht zugleich mit den Sprachen auch derselben Völker Laster und Untugenden lerne und es ihnen darin nachtue].

5. Solchen verschaffte der König, was man ihnen täglich geben sollte von seiner Speise und von dem Wein, den er selbst trank, dass sie, also drei Jahre auferzogen, danach vor dem Könige dienen sollten.

Geben sollte: Zu ihrer Aufenthaltung, dass sie keinen Mangel litten, noch auch überschüttet würden und zur Völlerei Anlass bekämen. [Denn es sollen die Studenten ein mäßiges Leben führen. Weil der Hunger das Haupt schwächt und die lebhaften Kräfte durch die Gedanken verzehrt werden: Und wiederum bei einem vollen Bauch nicht bald ein subtiler Verstand gefunden wird].

Trank: Weil er nicht Unrecht daran war, dass er meinte, wenn man gute Speise und Trank mäßig brauchte, der Mensch überkäme daher einen bessern und subtileren Verstand. [Denn man kann nicht leugnen, dass die Nahrung bei einem Menschen viel vermöge, denn die melancholische und grobe Speise macht auch ein melancholisches Geblüt. Darum, wenngleich der Studenten Speise und Trank nicht so ganz köstlich sein kann, so soll sie doch auch nicht ganz zu grob und unverdaulich sein, nachdem es eines jedem Vermögen leiden mag].

Dienen sollten: Wenn sie tauglich und geschickt wären zu mancherlei Ämtern, die man ihnen auflegen würde, selbige gebührlich zu versehen. Weil demnach diese Jünglinge bereits zuvor in den israelitischen Künsten und Weisheit einen guten Anfang hatten, haben sie leicht in drei Jahren erlernen können, was ihnen weiter zu wissen vonnöten gewesen, das ihnen also der König Zeit genug gelassen. [Denn man soll im Studieren also forteilen, dass man eins nicht ins anderer werfe und wenn man alles zugleich wissen will, von keinem nichts rechtes lerne. Und weil des Menschen Leben kurz ist, auch die Gelegenheit zum Studieren manchem oft benommen wird, ehe er es gemeint, so sollen die Lehrmeister dahin sehen, dass sie, was am meisten nötig ist, ihre Schüler lernen lassen. Damit nicht die Schüler einmal mit Seufzen sagen müssen: Wir wissen das nötigste nicht, weil wir unnötige Sachen haben lernen müssen].

6. Unter welchen waren Daniel, Hananja, Misael und Asarja von den Kindern Judas.

Waren: Nämlich die Vornehmsten unter denen, welche der König erwählen heißen.

7. Und der oberste Kämmerer gab ihnen Namen und nannte Daniel Beltsazar und Hananja Sadrach und Misael Mesach und Asarja Abed-Nego.

Namen: Nämlich chaldäische, dabei sie ihrer Geburt erinnert würden.

Daniel: Welches sonst so viel heißt als ein Richter Gottes, nämlich der von Gott gegeben ist.

Beltsazar: Heißt so viel als ein Schatz Gottes oder göttlicher Schatz.

Hananja: Bedeutet einen, der bei Gott angenehm und in Gnaden ist.

Sadrach: Welches soll so viel sein als ein Gesandter.

Misael: Der so viel heißt, als von Gott gefordert oder durch das Gebet erlangt.

Mesach: Heißt einen Vortrefflichen oder Köstlichen.

Asarja: Das ist, der Gott zum Gehilfen hat.

Abed Nego: Heißt so viel als ein vortrefflicher Diener. Ob nun wohl ohne allen Zweifel Daniel und seine Gesellen ihre vorigen Namen viel lieber umgeändert behalten hätten. So ist es doch nicht zu ihnen gestanden, dass sie den Chaldäern, unter welcher Gewalt sie waren, hätten dürfen vorschreiben, wie sie wollten genannt werden. [Aber man heiße uns gleichwie man wolle, so sollen wir immer bedenkt sein, dass wir Christen sind und heißen. Darum wir auch ein rechtschaffenes Vertrauen zu unserem Heiland Christo behalten und das Bekenntnis unseres Glaubens mit einem heiligen Wandel zieren sollen].

8. Aber Daniel setzte sich vor in seinem Herzen, dass er sich mit des Königs Speise und mit dem Wein, den er selbst trank, nicht verunreinigen wollte und bat den obersten Kämmerer, dass er sich nicht müsste verunreinigen.

Nicht verunreinigen: Denn so viel die Speise belangt, aßen die Chaldäer viele Sachen, die im Gesetz zu essen verboten waren. Es hatte aber Gott in seinem Gesetz {3Mos 11} den Israeliten vorgeschrieben, von welchen Tieren, Fischen und Vögeln sie essen oder sich enthalten sollten. Solche göttlichen Gebote hat Daniel mit seinen Gesellen nicht übertreten wollen. Und ist auch wohl zu glauben, dass des Königs Wein mit heidnischem Aberglauben etlichermaßen verunreinigt wurde. Denn es pflegten die Heiden besonders bei köstlichen Mahlzeiten etwas vom Wein ihren Göttern zu opfern. Obwohl nun, was zum Munde eingeht, den Menschen nicht verunreinigt {Mt 15}. So hatte doch die Übertretung des ausdrücklichen Gebots Gottes, da sie keine Not dazu gedrungen, von wegen des Ungehorsams den Daniel und seine Gesellen verunreinigt. Denn obwohl solche Gebote vom Unterschied der Speise nur eine Zeremonie war und im Fall der Not konnte aus der acht gelassen werden, besonders in dem Gefängnis, da den Juden nicht freistand, dass sie nach dem Gesetz leben möchten. So haben sie doch hier recht und löblich getan, dass sie zuvor alle angemessenen Mittel versucht, ehe sie darin bewilligten, dass sie Speise brauchten, die im Gesetz verboten war. Wenn sie aber entweder hätten sollen Hungers sterben oder aber der Chaldäer gewöhnliche Speise benutzen, so halt ich es dafür, dass sie auf den Notfall von ihrer Meinung abgestanden wären und gegessen hätten, was man ihnen vorgetragen. Denn es haben ohne allen Zweifel die anderen Israeliten, so hin und wieder im Königreich Babel zerstreut gewesen, solche Gesetz von den äußeren Zeremonien nicht immer halten können, sofern sie nicht Hungers sterben wollten. [Ist deswegen dies die Meinung, dass man auf den Notfall die Zeremonien mag unterwegs lassen, doch sofern dem Bekenntnis zur rechten Religion dadurch kein Abbruch geschehe. Ebenmäßig verhält sich es auch mit den Mitteldingen, welche man benutzen mag oder nicht. Wenn aber ein falscher Wahn eines Verdienstes oder dass sie vonnöten sind, dazu kommt oder die Widersacher es dahin zu deuten begehren, als ob man durch den Brauch der Mitteldinge mit ihnen in der Religion einig wäre und dass die Bekenntnisse oder Verleugnungen der reinen Lehre darauf bestünden, so sind es keine Mitteldinge mehr. Darum wenn Daniel und seine Mitgesellen mit solchem Essen der königlichen Speise hätten bezeugen sollen, dass sie es mit des Königs Religion hielten, da hätten sie sich viel eher umbringen lassen, als dass sie einen einigen Bissen versucht hätten. Denn dass wir die rechte Religion bekennen, ist eine Notdurft, dass wir aber leben, ist nicht so nötig]. Darum Daniel und seine Gesellen, damit sie ihre Religion nicht verhehlten und das Gesetz, so viel möglich, aufs genaueste hielten, von der königlichen Speise und Trank nicht essen wollten.

Verunreinigen: Wenn er von des Königs Speise esse. Weil sie nach Ausweisung ihres Gesetzes nicht allerlei Speise essen dürften. Darum sie demütig dafür wollten gebeten haben, dass sie nicht wider ihre Religion und wider ihr Gewissen tun durften. [Ob nun wohl Daniel sich besorgen müsse, dass er mit solcher Bitte ihm und seinen Gesellen nicht nur eine große Feindschaft machte, sondern auch sich mit ihnen in Leibes und Lebens Gefahr brächte: So hat er doch mit seinem Beispiel uns lehren wollen, dass man Gott mehr fürchten müsse als die Menschen].

9. Und Gott gab Daniel, dass ihm der oberste Kämmerer günstig und gnädig wurde.

Gnädig wurde: Und solcher Bitte halben nicht über ihn zürnte, sondern ihn viel mehr liebte von wegen seiner Frömmigkeit und Standhaftigkeit in seiner Religion. [Denn Gott wendet und regiert der Menschen Herzen bisweilen also, dass sie uns eben um solcher Sachen willen gewogen werden, da wir unser Amt verrichten, dadurch wir meinten, dass sie möchten über uns zornig werden]. Darum auch der oberste Kämmerer den Daniel nicht hart anfährt, ob er wohl genügend zu verstehen geben, als hielte er die Chaldäer für unrein, sondern demütigt sich schier vor Daniel und begehrt sich freundlich zu entschuldigen.

10. Derselbe sprach zu ihm: Ich fürchte mich vor meinem Herrn, dem Könige, der euch eure Speise und Trank herangeschafft hat; wo er würde sehen, dass euer Angesicht jämmerlicher wären denn der anderen Knaben eures Alters, so brächtet ihr mich bei dem Könige um mein Leben.

Herangeschafft hat: Dass man es aus der königlichen Küche und Keller geben soll. Solchen Befehl darf ich nicht überschreiten, denn er ist ein strenger Herr, sonst wollte ich euch gern hierin willfahren und eurem Begehren statt tun.

Leben: Ich würde um euer willen müssen den Kopf zurücklassen, als der ich des Königs Gebote übertreten und eure Gesundheit verwahrlost hätte. [Denn etliche Könige und Fürsten wollen vielmehr gefürchtet als geliebt werden. Und tun etliche Hofleute bisweilen indem zu viel, dass sie ihre Obrigkeit gar zu sehr fürchten, also dass sie meinen, sie müssen auch ihre unrechten und unrechten Befehle ins Werk richten. Andere aber tun der Sachen zu wenig, dass sie ihrer Herren auch gute und nützliche Gesetze und Ordnungen aus der acht lassen und nichts davon verrichten, ohne was ihnen gefällt. Da ist aber übel gehandelt, wo keinem nichts zugelassen wird. Aber wo jedermann alles freisteht, da kann man noch viel übler fortkommen und ist dieser oberste Kämmerer etlichen Hofdienern sehr ungleich. Denn er sich dabei befürchtet, da er seinen ihm anbefohlenen Leuten auf ihr Begehren geringer Speise vorsetzen soll, als ihnen der König verordnet hatte, aber andere sind aus Geiz und Neid so geblendet, dass sie auch anderen Hofdienern neben sich nicht leiden wollen, was ihnen von der Obrigkeit geordnet ist, sondern geben ärger oder weniger als der Herr befohlen hat und behalten unterdes das Beste für sich, welches sie zu ihrem Nutzen wenden].

11. Da sprach Daniel zu Melzar, welchem der oberste Kämmerer Daniel, Hananja, Misael und Asarja befohlen hatte:

Befohlen: Dass er Acht auf sie geben soll und der oberste Kämmerer sich ihrer nicht mehr annahm, was sie äßen oder tränken. [Denn zu Hofe geht es so zu, dass immer ein Diener nach einem anderen sich umsieht, dem er seine Sachen zu verrichten befiehlt und gibt es viel Knechts Knechte]. Und weil Daniel merkte, dass der oberste Kämmerer gar zu furchtsam war und von ihm der Speise halben nichts erlangen konnte, hat er es mit dem unteren Kämmerer versuchen wollen.

12. Versuch es doch mit deinen Knechten zehn Tage und lass uns geben Gemüse zu essen und Wasser zu trinken!

Zehn Tage: Auf dass du erkundigst, ob die königliche köstliche Speise und Trank oder aber eine geringere Nahrung zu unserer Gesundheit besser sei.

13. Und lass dann vor dir unsere Gestalt und der Knaben, so von des Königs Speise essen, besehen; und danach du sehen wirst, danach schaffe mit deinen Knechten.

Sehen wirst: Dass uns solche geringe Speise bekommen wird. Da du denn wirst gewisslich innewerden, dass wir bei dem Gemüse und Wasser viel gesünder und besser uns befinden werden als andere, die des Königs Speise genießen. [Denn wenn wir Gottes Gebote halten, so haben wir viel einen besseren Fortgang in unseren Sachen zu hoffen, als wenn wir sie aus der acht lassen und uns sonst Rat schaffen wollen].

14. Und er gehorchte ihnen darin und versuchte es mit ihnen zehn Tage.

Versuchte es: Dass er ihnen anstatt der königlichen köstlichen Speise ließ Gemüse kochen und anstatt des besten Weins Wasser vorsetzten, auf dass er ihrer Bitte genüge tat. [Diese Jünglinge sind denen sehr ungleich, welche die Schleckerspeisen und den guten Wein so sehr sich belieben lassen, dass sie auch ihre Güter darüber verschwenden und mit stetiger Überfüllung des Weins ihre Gesundheit und Verstand allerdings verwahrlosen].

15. Und nach den zehn Tagen waren sie schöner und bass bei Leibe denn alle Knaben, so von des Königs Speise aßen.

16. Da tat Melzar ihre verordnete Speise und Trank weg und gab ihnen Gemüse.

Weg: Denn da er gesehen, dass ihnen solches schlechte Essen und Trinken so wohl zugeschlagen, hat er ihnen nicht mehr zumuten wollen, dass sie von des Königs Speise essen oder von seinem Wein trinken sollten. [Obwohl nun die Leiber nicht aus Kraft der Speise, sondern aus dem göttlichen Segen gesund und stark erhalten werden. So ist doch kein Zweifel, dass eine schlechte Speise, doch dass sie auch reinlich zugerichtet und verdaulich ist, die Gesundheit länger erhalte, als eine große Anzahl von mancherlei Trachten, die dazu auf vielerlei Gattungen und von unterschiedlichen Sachen zugerichtet wurden, auch daher nicht nur einerlei Geschmack haben. Denn vielerlei Speise verursachen vielerlei Krankheiten].

17. Aber der Gott dieser vier gab ihnen Kunst und Verstand in allerlei Schrift und Weisheit; Daniel aber gab er Verstand in allen Gesichten und Träumen.

Dieser vier: Der diese vier Jünglinge herzlich liebte und väterlich für sie sorgte.

Kunst und: Dass sie besondere herrliche Gaben hatten vor anderen und was dunkle Schriften oder geheime und verborgene Sachen waren, verstanden, auch in allerlei weltlicher Weisheit, besonders aber im Rechten ausbündig gelehrt waren. Doch soll man auch nicht meinen, dass sie die Heilige Schrift daneben zu studieren unterlassen haben. [Ist deswegen die Kunst und Geschicklichkeit eine Gabe Gottes und wird nicht nur mit menschlichen Fleiß und Unverdrossenheit zuwege gebracht. Welche auch ihrem sinnreichen Verstand und eigenem Fleiß zu viel trauen und achten sich der Gottesfurcht und des Gebets daneben nicht, denen schlägt es oft so übel aus, dass sie entweder von Sinnen kommen oder sonst weder sich selbst noch anderen mit ihrer Kunst nutzen, sondern vielmehr schaden. Es haben aber auch ohne allen Zweifel die chaldäischen Lehrmeister diesen Jünglingen ihre abergläubischen, Gottlosen und Wahrsager Künste zu lehren begehrt, wie denn solche im Chaldäer Lande sehr im Brauch waren. Aber weil sie sich vor der königlichen unreinen Speise mit so großem Fleiß gehütet, so soll man nicht zweifeln, dass sie sich von allen verbotenen Künsten, die Gott im Gesetz bei Leibes Strafe zu treiben den Israeliten untersagt hatte, vielmehr werden enthalten haben. Denn man soll im Lernen sich also verhalten, dass wir nicht zugleich das Böse mit dem Guten fassen. Und hat hier die Ermahnung des Apostels Paulus statt {1Thes 5}: Prüft alles und das Gute behaltet].

Schrift: nach Luther: Das ist, sie lernten alle Künste, so bei den Chaldäern waren geschrieben.

Und Träumen: Also dass er nicht nur für sich selbst prophetische Gesichte hatte und dieselben verstand, was sie bedeuteten, sondern auch, dass er anderer Leute prophetische Gesichte, besonders aber die ihnen im Traum vorkamen, recht auslegen und deuten könnte. Und war mit dieser Gabe Daniel insbesondere geziert vor seinen anderen drei Gesellen, die sonst auch feine Gaben hatten. [Denn Gott teilt seine Gaben auf mancherlei Weise aus {1Kor 12}. Und gibt Gott nicht alles einen allein. So will er auch, dass je einer dem anderen mit seinen Gaben dienen soll und dass ein jeder in seinem Beruf nach dem Maß seiner Gaben gebührlich sich verhalte].

18. Und da die Zeit um war, die der König bestimmt hatte, dass sie sollten hineingebracht werden, brachte sie der oberste Kämmerer hinein vor Nebukadnezar.

Zeit: Nämlich der drei Jahre, in denen die vorgemeldeten Jünglinge studieren sollten.

Gebracht werden: Wie der König zu Anfang, da er sie in guten Künsten zu unterweisen befohlen, begehrt hatte, dass man sie nach drei Jahren vor ihn bringen sollte, damit der König sehe, was sie gelernt hätten.

19. Und der König redete mit ihnen und wurde unter allen niemand erfunden, der Daniel, Hananja, Misael und Asarja gleich wäre. Und sie wurden des Königs Diener.

Redet: Dass er von allerlei Sachen in den guten Künsten, Rechten und anderen hochwichtigen Geschäften sie fragte.

Königs Diener: Also dass sie stets um den König sich verhielten und sich auf den Dienst warteten. [Es ist aber löblich an Fürsten und Herren, wenn sie gelehrte Leute begehren, um sich zu haben. Und ist dies den Israeliten, so zu Babel gefangen waren, ein großer Trost gewesen, da sie gesehen, dass ihre Landsleute bei dem Könige so hoch angesehen und geehrt worden. Denn also lindert Gott den seinen ihr Kreuz mit Trost].

20. Und der König fand sie in allen Sachen, die er sie fragte, zehnmal klüger und verständiger denn alle Sternseher und Weisen in seinem ganzen Reich.

Sternseher: Sie übertrafen alle gelehrten Leute unter den Chaldäern, die sich auf gute Künste gelegt und dieselben studiert hatten. [Weil aber niemand von anderen erkundigen kann, was sie studiert haben, wo er nicht selber auch gelehrt ist, so wird freilich dieser König in guten Künsten erfahren gewesen sein. Und ist es zwar an Fürsten und Herrn eine große Zierde, wenn sie die freien Künste gelernt haben, bringt ihnen auch viel Nutzen].

21. Und Daniel lebte bis ins erste Jahr des Königs Kores.

Kores: Unter welchem König das israelitische Volk seine Freiheit wiederum erlangt, dass sie heim in ihr Vaterland ziehen dürfen. Dass aber die Schrift hier vorher meldet, wie Daniel bis ins erste Jahr des Königs Kores gelebt habe, werden damit die beiden folgenden Jahre nicht ausgeschlossen, in denen Daniel auch noch im Leben gewesen, wie später in Kapitel 10 gemeldet wird: Sondern es wird hier nur allein so viel zu verstehen gegeben, dass Gott ihn so lange leben lasse, bis er gesehen, wie die Verheißung von der Wiederkunft ins Land Kanaan ihre Erfüllung erreicht. [Denn Gott ist wahrhaftig in seinen Verheißungen, ob er wohl bisweilen damit verzieht].


Das 2. Kapitel

  • Gott lässt dem König zu Babel einen prophetischen Traum vorgekommen von den vier Monarchien in der Welt und von dem ewigen Reich Christi. Da aber solcher Traum dem Könige aus dem Gedächtnis gekommen und die Weisen der Chaldäer denselben nicht erdenken noch auslegen können, hat ihn Daniel gefunden und erklärt. Welches zur Ehre Gottes, dem Daniel zu großem Ansehen und den gefangenen Israeliten zum herrlichen Trost gereicht.

1. Im anderen Jahr des Reiches Nebukadnezars hatte Nebukadnezar einen Traum, davon er erschrak, dass er aufwachte.

Anderen Jahr: Da er nämlich die Monarchie in völlige Besitzung innehatte und nicht allein die Juden, sondern auch die Ägypter, Moabiter und andere benachbarte Völker unter seine Gewalt gebracht. Denn die Könige und Fürsten fangen bisweilen die Jahreszahlen ihrer Regierung an zu zählen, wenn sie das Reich in völlige Besitzung haben bekommen. Und war dies eben dasselbe Jahr, nachdem Daniel und seine Gesellen ihre angesetzte Zeit im Studieren vollbracht hatten.

Aufwachte: Und zugleich im Schrecken allerdings vergaß, auch sich nicht wieder besinnen konnte, was er im Traum gesehen. Obwohl es nun leicht geschehen kann, dass eine geschwinde und große Veränderung des Gemüts einem das Gedächtnis nimmt, dass er sich eines Dinges nicht wiederum erinnern kann. So ist doch kein Zweifel, es sei dies dem Könige aus einer besonderen Schickung Gottes widerfahren, auf dass mit solcher Gelegenheit die Erklärung und Deutung des Traums auf den Daniel kam. [Denn es pflegte Gott vorzeiten sowohl den Propheten als anderen Leuten im Traum künftige Sachen zu zeigen. Wie auch noch wohl heutigentags geschieht, dass die Leute ihrer zukünftigen Gefahr oder auch anderer Sachen halben im Traum erinnert werden. Und solche werden oft den Leuten so tief eingebildet, dass sie keine Ruhe haben können, sie sind denn des Ausgangs und der Deutung halben versichert. Es entstehen aber bisweilen auch Träume, und zwar den mehreren Teil aus vorhergehenden Sorgen und Gedanken, damit man des Tages umgeht oder sonst aus natürlichen Ursachen, nach denen eines Menschen Natur und Geblüt beschaffen ist. Ja es sind auch falsche Träume, die der böse Feind einem eingibt, damit er die Leute begehrt zu verhetzen und anzutreiben, dass sie sich und anderer Leute in Gefahr stürzen: Wie zu Zeiten Jeremia der falschen Propheten Träume waren. Von solchen Träumen redet der Prediger Salomo also (Kapitel 5). Wo viel Träume sind, da ist Eitelkeit und viel Worte: Aber fürchte du Gott].

2. Und er hieß alle Sternseher und Weisen und Zauberer und Chaldäer zusammenfordern, dass sie dem Könige seinen Traum sagen sollten. Und sie kamen und traten vor den König.

Sagen sollten: Weil er ihm entfallen war und ihn danach auch anzeigten, was er bedeutet. Ob nun wohl etliche sich gefunden, welche mit großem Fleiß danach getrachtet, wie die Namen der Sternseher, Weisen, Zauberer und Chaldäer zu unterscheiden wären. Aber weil der Chaldäer abergläubische Künste und die eigentliche Bedeutungen ihre Namen heutigentags unbekannt sind, so halt ich es nicht dafür, dass man etwas Gewisses davon haben könne. Das ist außer Zweifel, dass die Weisen der Chaldäer in der Philosophie oder Weltweisheit und Erkundigung der natürlichen Sachen fleißig sich geübt, darunter sie doch auch allerlei abergläubische Sachen und von Gott verbotene Künste mit eingemengt, als die Schwarzkunst gewesen. Welchen Künsten der König selber, als ein Heide, auch nicht abhold gewesen. [Wie denn noch wohl heutigentags auch unter den Christen solche Bosheit gefunden wird, da ihrer etliche, die sich für Ärzte ausgeben, viel Gottlose, abergläubische und teuflischen Sachen mit einmengen und mit den Teufeln Gemeinschaft haben. Welche Verführer und Leutebetrüger vor Gott ein Gräuel sind, wie auch die, so ihre Kunst gebrauchen. Denn dergleichen Künste sind im Gesetz Gottes aufs ernstlichste verboten {3Mos 20}. Es sind aber auch die nicht viel besser, welche der Wahrsager Kunst aus der Sterne Lauf also missbrauchen, dass sie denselben Wahrsagungen, die doch aus vielen Ursachen fehlen können, nicht anders glauben und sich darauf verlassen, als wenn es lauter göttliche Offenbarungen wären]. Es hat aber der König den Daniel und seine Gesellen ohne Zweifel nicht gefordert, sondern ihre Lehrmeister, weil er gewusst, dass Daniel mit seinen Gesellen die Wahrsager Kunst nicht gelernt hatte, darauf doch er, der König, viel hielte.

3. Und der König sprach zu ihnen: Ich habe einen Traum gehabt, der hat mich erschreckt; und ich wollte gerne wissen, was es für ein Traum gewesen sei.

Der König: Von dem sie ohne Zweifel gnädig empfangen und ehrlich gehalten wurden.

Traum: Der mir ohne Zweifel von irgendeinem Gott eingegeben wurde und gewisslich etwas Großes bedeutet.

Gewesen sei: Weil mir im Schrecken der Traum aus dem Sinn gekommen, dass ich mich seiner nicht mehr erinnern kann.

4. Da sprachen die Chaldäer zum Könige auf chaldäisch: Herr König, Gott verleihe dir langes Leben! Sage deinen Knechten den Traum, so wollen wir ihn deuten {Dan 3v9 5v10 6v21},

Chaldäer: Nämlich die Vornehmsten und Weisesten unter ihnen.

Langes Leben: Sie wünschen dem Könige zum Eingang alle glückliche Wohlfahrt. [Denn es sollen die Untertanen ihrer Obrigkeit von Herzen alles Gutes wünschen und Gott für ihr langes Leben fleißig bitten, weil die vielfältigen Veränderungen der Obrigkeiten oft im Regiment großen Schaden bringen].

Deuten: Das zwar eine große Vermessenheit an ihnen war, als ob die rechte Deutung des Traums ihnen nicht fehlen könnte. [Welche aber ihrer Kunst mehr trauen als Gott, die werden zuschanden, wie es denn hier mit diesen Weisen auch einen solchen Ausgang gewonnen].

5. Der König antwortete und sprach zu den Chaldäern: Es ist mir entfallen. Werdet ihr mir den Traum nicht anzeigen und ihn deuten, so werdet ihr ganz umkommen und eure Häuser schändlich zerstört werden.

Antwortet: Nämlich im Zorn wider sie, dass sie ihm den Traum nicht sagen wollten, sondern nur die Deutung anzuzeigen sich erklärten, wenn sie den Traum zuvor von ihm gehört hätten.

Entfallen: Darum kann ich euch den Traum nicht erzählen. Aber ihr sollt mir den Traum und die Deutung sagen.

Zerstört: Sie sollen zu eurer ewigen Schande zu Boden geschleift werden und in Ewigkeit keinem frei stehen oder zugelassen sein, dass er am selben Ort wieder bauen möge.

6. Werdet ihr mir aber den Traum anzeigen und deuten, so sollt ihr Geschenke, Gaben und große Ehre von mir haben. Darum so sagt mir den Traum und seine Deutung!

Haben: Ich will euch mit Gütern und Ehren reichlich begaben.

Sagt mir: Wollt ihr anders beim Leben bleiben. [Aus diesen Worten zu lesen ist, dass dieser König eines tyrannischen Gemüts gewesen sei. Es sollen aber die Herren und Regenten sich hüten, dass sie ihre Untertanen nicht ohne erhebliche Ursache mit harten Worten sich abhold machen].

7. Sie antworteten wiederum und sprachen: Der König sage seinen Knechten den Traum, so wollen wir ihn deuten.

Ihn deuten: Und solches gern und willig tun. Es sieht ihm aber gleich, als ob diese Weisen oder Wahrsager dem Könige nicht zugetraut, dass er den Traum allerdings vergessen hätte, sondern dass er ihre Kunst begehrte zu probieren, ob sie den Traum recht erzählen würden und daraus abnehmen könnte, dass sie auch eine rechte Auslegung vorbrächten.

8. Der König antwortete und sprach: Wahrlich, ich merke es, dass ihr Frist sucht, weil ihr seht, dass mir es entfallen ist.

Frist sucht: Ihr sucht Aufschub und Ausflüchte, dass ihr den Traum nicht sagen oder deuten dürft.

Seht: Ihr habt doch wohl gehört, dass ich den Traum vergessen habe. Dennoch wollt ihr mir ihn nicht sagen, nur damit ihr auch keine Deutung vorbringen dürft.

9. Aber werdet ihr mir nicht den Traum sagen, so geht das Recht über euch, als die ihr Lügen und Gedichte vor mir zu reden vorgenommen habt, bis die Zeit vorübergehe. Darum so sagt mir den Traum, so kann ich merken, dass ihr auch die Deutung trefft.

Über euch: Ich hab das Urteil bereits wider euch gefällt, dass ich euch alle miteinander will lassen umbringen.

Vorübergehe: Denn ihr hofftet, ihr wolltet unterdes etwas erdenken oder dass ich werde anders Sinnes werden, auf dass ihr mir den Traum nicht deuten dürft, treibt also noch dazu euer Gespött mit mir, aber es wird euch übel ausschlagen. [Es ist aber nicht löblich an Fürsten und Herren, wenn sie zum bösen Argwohn gar zu sehr geneigt sind].

Trefft: Denn wenn ihr mir den Traum recht vorbringt, dass ich mich seiner wiederum erinnern kann, so will ich daraus schließen und abnehmen, dass ihr auch in der Deutung nicht fehlt. Aber es folgt nicht eins aus dem anderen und ist nicht eines sowohl als das andere in des Menschen Vermögen, dass er einen Traum erraten und die Träume deuten könne und dass die Traumdeuter einen Traum, der einem aus den Gedanken gekommen, mit ihrer Kunst könnten wieder hervorbringen. So war das auch übel gehandelt, dass der König um einer einzigen Sache willen, die man nicht wissen konnte, von der ganzen Kunst und von allen Personen ein hartes Urteil fällte. [Denn es werden bisweilen auch die allerweisesten und verständigsten Regenten von ihrem eigenen Gutdünken und Begierden gehindert, dass sie nicht recht urteilen können. Und soll man um eines einzigen verborgenen Dinges Unwissenheit willen nicht die ganze Kunst verwerfen. So ist es auch eine große Tyrannei und Grausamkeit, dass man um weniger Personen Vergreifung willen einen ganzen Stand und Orden zu vertilgen begehrt].

10. Da antworteten die Chaldäer vor dem Könige und sprachen zu ihm: Es ist kein Mensch auf Erde, der sagen könne, das der König fordert. So ist auch kein König, wie groß oder mächtig er sei, der solches von irgendeinem Sternseher, Weisen oder Chaldäer fordere.

Kein Mensch: Es ist unmöglich, dass ein einziger Mensch aus seinem Verstand erfinden und wissen könne, was ein anderer im Traum gesehen. Darum bitten wir alleruntertänigst, du wollest uns das nicht in Ungnaden aufrechnen, dass wir eine unmögliche Sache nicht leisten können.

Fordere: Weil es mit keinem menschlichen Verstand, Kunst oder Weisheit mag ergründet werden.

11. Denn das der König fordert, ist zu hoch und ist auch sonst niemand, der es vor dem Könige sagen könne, ausgenommen die Götter, die bei den Menschen nicht wohnen.

Nicht wohnen: Als wollten sie sprechen, wir haben die Götter nicht so nahe bei uns oder in unserer Gewalt, dass wir solche heimlichen Sachen von ihnen erkundigen könnten.

12. Da wurde der König sehr zornig und befahl, alle Weisen zu Babel umzubringen.

Umzubringen: Denn er hielt sie alle für Leutebetrüger und Verführer, die nicht wert wären, dass sie länger leben sollten, als die bisher mit einer königlichen Besoldung in der königlichen Stadt erhalten wurden und aber hingegen nichts könnten oder wollten leisten, wenn der König ihrer am meisten bedürfte. [Es hat aber derselbe König, so zwar sonst eines hohen Verstandes gewesen, in diesem Stücke vielfältig sich geirrt. Denn obwohl der größte Teil von wegen ihrer abergläubischen und Gottlosen Künste nach dem Gesetz Mose Wert gewesen, dass man sie aus dem Mittel geräumt hätte, so war doch dies Urteil des Königs nicht aus augenscheinlichen Ursachen, sondern aus zornigem Gemüt gestellt. Und waren auch noch nicht alle gelehrten und weisen Männer zu Babel gehört. Dazu soll man nicht von wegen etlicher verborgenen und heimlichen Sachen Unwissenheit die ganze Kunst verwerfen, besonders aber sollen Fürsten und Regenten sich wohl vorsehen, dass sie kein Urteil im Zorn fällen: Und nicht meinen, sie haben über der Menschen Leben und Tod eine solche Gewalt, dass sie nicht einmal Gott als dem obersten Richter werden müssen Rechenschaft geben].

13. Und das Urteil ging aus, dass man die Weisen töten sollte. Und Daniel samt seinen Gesellen wurde auch gesucht, dass man sie tötete.

Ging aus: Also dass bereits Leute dazu geordnet wurden, welche es vollstrecken sollten.

Tötet: Standen also mit den anderen Weisen der Chaldäer in großer Gefahr. [Denn der Satan ist den frommen Leuten so feind, dass er auch seine Angehörigen lässt in Gefahr und Not kommen, nur dass er die Frommen zugleich mit aufräumen möge].

14. Da vernahm Daniel solches Urteil und Befehl von dem obersten Richter des Königs, welcher auszog, zu töten die Weisen zu Babel.

Urteil: Des Königs, das er wider ihn und alle Weisen zu Babel gefällt hatte.

Richter: Der vom Könige dazu gesetzt war, dass auf seinen Befehl sollte getötet werden, welche er anzeigen würde.

Auszog: Dass er sich allerdings dazu gerüstet und gefasst gemacht hatte. [Denn etliche Hofleute richten der Fürsten und Herren unrechten Befehl und Urteil schleunigst ins Werk, die sonst in guten und gerechten Sachen so langsam wie die Schnecken einher schleichen].

15. Und er fing an und sprach zu des Königs Vogt Arioch: Warum ist so ein strenges Urteil vom Könige ausgegangen? Und Arioch zeigte es dem Daniel an.

Strenges Urteil: Dass ohne Unterschied Fromme und Böse miteinander sollen hingerichtet werden. [Denn ob man wohl seine Hoffnung allein auf Gott setzen soll, so muss man doch auch die angemessenen Mittel zu Abwendung eines Unglücks nicht ausschlagen].

Zeigte es: Wie sie nämlich darum zum Tode verurteilt wären, weil sie den Traum, welchen der König vergessen hatte, nicht wieder erdenken und dem Könige erzählen könnten.

16. Da ging Daniel hinauf und bat den König, dass er ihm Frist gäbe, damit er die Deutung dem König sagen möchte.

Frist gebe: Und die Vollstreckung des ernsten Befehls unterdes eingestellt würde. [Denn es können bisweilen fromme Leute ein großes Blutvergießen verhindern].

17. Und Daniel ging heim und zeigte solches an seinen Gesellen Hananja, Misael und Asarja,

Solches an: Er erzählte ihnen den ganzen Handel, was für große Gefahr vorhanden wäre, sofern der König seines Traums halben keinen Bericht empfinge.

18. dass sie Gott vom Himmel um Gnade bäten solches verborgenen Dinges halben, damit Daniel und seine Gesellen nicht samt den anderen Weisen zu Babel umkämen.

Gnade beten: Dass sie ihre Zuflucht suchten zu der göttlichen Barmherzigkeit und Güte und den wahren und ewigen Gott, als einen Schöpfer und allmächtigen Herrscher über alles demütig anriefen um die Offenbarung solches verborgenen Dinges. [Denn man soll in Gefahr und Unfall nicht zu verbotenen Teufelskünsten oder zu ungebührlichen Mitteln seine Zuflucht haben, sondern zum gottseligen Gebet und sollen die Frommen mit ihrem Gebet zusammenhalten, weil Christus spricht {Mt 18}. Wo zwei unter euch eins werden auf der Erde, warum es ist, dass sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel].

Nach Luther: Gebet ist unser endlicher Trost und Zuflucht und lässt uns auch nicht fehlen.

19. Da wurde Daniel solch verborgenes Ding durch ein Gesicht des Nachts offenbart.

Offenbart: Nach getanen inbrünstigen, eifrigen und herzlichem Gebet. [Denn Gott erhört das Gebet der Frommen].

Nach Luther: Wie gerne und gnädig hört Gott der Gläubigen Gebet.

20. Darüber lobte Daniel den Gott vom Himmel, fing an und sprach: Gelobt sei der Name Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit; denn sein ist beides, Weisheit und Stärke!

Und Stärke: Er ist der Allerweiseste und Mächtigste, dass er die Weisheit und Stärke, damit ein jeder seinen Beruf verrichtet, gibt und mitteilt, wem er will, der hat mir auch Weisheit und Kraft verliehen, des Königs Traum zu erfahren.

21. Er ändert Zeit und Stunde; er setzt Könige ab und setzt Könige ein; er gibt den Weisen ihre Weisheit und den Verständigen ihren Verstand;

Er ändert: Weil Daniel über die Bedeutung des Traums von den Monarchien künftiger Veränderung sich verwundert, so gibt er Gott dem Herrn das Lob und die Ehre in solcher Sache und rühmt seine hohe Majestät und Herrlichkeit.

Nach Luther: Er setzt die Zeit wie lange ein jegliches Reich stehen, ja wie lange ein jeglicher Mensch leben und ein jegliches Ding währen soll.

Er setzt: Das ist, er ändert den Zustand eines Regiments, wann und wie oft er will, indem er entweder durch den Tod oder mit anderer Gelegenheit die Könige hinwegnimmt und andere an ihre statt aufstellt. [Sollen deswegen Fürsten und Könige wissen, dass sie durch Gottes Gnade und nicht aus eigener Kraft regieren, darum sie diesen obersten Monarchen, dessen Lehnleute sie sind, sollen in Ehren halten, auf dass sie nicht von dem Stuhl gestürzt werden und andere an ihre statt kommen. So sollen auch die Untertanen Gott bitten, dass die Regimente nicht oft verändert werden, weil oft viel Ungemach dabei sich zuträgt: Daher geschrieben steht {Spr 28}: Um des Landes Sünde willen werden viele Änderungen der Fürstentümer].

Er gibt: [Denn es hat niemand die Weisheit und den Verstand von sich selbst, sondern es sind lauter göttliche Gaben und Guttaten, der die Frommen recht benutzen zur Ehre Gottes und zu ihrer samt des Nächsten Wohlfahrt, darum sie auch Belohnungen von Gott empfangen, als die ihr Pfund wohl angelegt haben, das ihnen befohlen gewesen. Die Gottlosen aber missbrauchen solcher Gaben und werden darum von Gott gestraft].

22. er offenbart, was tief und verborgen ist; er weiß, was in Finsternis liegt; denn bei ihm ist eitel Licht.

Liegt: Und sonst von niemand kann gesehen oder erkundet werden, das weiß er.

Eitel Licht: Dass ihm alles kund und offenbar ist, wie auch der 139. Psalm bezeugt. [Weil deswegen unserem Herrn Gott nichts verborgen ist, so sollen wir solcher Sachen Offenbarung von ihm bitten und begehren, welcher Erkenntnis uns heilsam und vonnöten ist und sollen uns vor allen Sünden hüten, weil er solche auch sieht und wunderlich an den Tag bringt].

23. Ich danke dir und lobe dich, Gott meiner Väter, dass du mir Weisheit und Stärke verleihst und jetzt offenbart hast, darum wir dich gebeten haben; nämlich du hast uns des Königs Sache offenbart.

Meiner Väter: Die dich erkannt und geehrt haben, denen du auch viele Guttaten erzeigt hast.

Verleihst: Damit ich meinem Beruf mit Lob und Ruhm dienen und meinen und anderer Schaden abwenden und verhüten kann.

Wir dich: Es will ihm Daniel die Offenbarung der geheimen Sache nicht allein zumessen, weil sie mit ihrer aller Gebet und zu ihrer wie auch anderer Leute gemeinem Besten war erlangt worden. [Dabei wir zu lernen haben, dass wir uns von wegen unserer besonderen Gaben nicht überheben sollen, sondern sie mit unseren Mitbrüdern etlichermaßen teilen. Und wenn unser Gebet erhört wurde, so sollen wir auch Gott dem Herrn von Herzen dafür danken und seinen Namen preisen].

24. Da ging Daniel hinauf zu Arioch, der vom Könige Befehl hatte, die Weisen zu Babel umzubringen, und sprach zu ihm also: Du sollst die Weisen zu Babel nicht umbringen, sondern führe mich hinauf zum Könige, ich will dem Könige die Deutung sagen.

Nicht umbringen: Weil sie bisher dem Könige den Traum nicht sagen können: Denn ich hab es erkundet und kann es dem Könige anzeigen, was er zu wissen begehrt. Darum wenn solches hinweg und aus dem Wege geräumt ist, darüber der König so heftig erzürnt wurde, so wird er ohne Zweifel seinen Zorn fallen lassen und mit meiner Auslegung zufrieden sein, dass er sein Urteil nicht vollstrecken wird, welches aus einem jähen Zorn gefällt wurde. Es bittet aber Daniel für die Weisen zu Babel, weil zu vermuten, dass unter ihnen etliche gewesen, die in der weltlichen und natürlichen Weisheit sich geübt oder doch nicht aus Mutwillen gesündigt, darum zu vermuten, dass ihnen noch zu helfen war und zur wahren Erkenntnis Gottes mögen gebracht werden. So war auch das grausame königliche Urteil aus keinem zuvor wohl bedachten Mut und gebührender Erwägung der Sachen gefällt worden, sondern aus einem großen Zorn entstanden, darum Daniel die Vollstreckung desselben begehrt zu verhindern, damit der König sich und das Königreich mit einer unrechten Grausamkeit nicht beschwerte. [Denn man soll der Grausamkeit mit höchstem Fleiß und Treue abwehren und dieselbe hindern, so viel uns immer möglich ist].

25. Arioch brachte Daniel eilends hinauf vor den König und sprach zu ihm also: Es ist einer gefunden unter den Gefangenen aus Juda, der dem Könige die Deutung sagen kann.

Eilends: Weil er hoffte, dem Könige dadurch einen besonders großen Gefallen zu erzeigen. [Denn wenn man den Fürsten und Herrn soll etwas Anmutiges verkündigen, so bieten sich ihrer viel selber freiwillig an, aber in unangenehmen Sachen ziehen sie den Kopf aus der Schlinge].

26. Der König antwortete und sprach zu Daniel, den sie Beltsazar hießen: Bist du, der mir den Traum, den ich gesehen habe und seine Deutung zeigen kann?

Beltsazar: Welcher Name ihm von dem obersten Kämmerer gegeben war, wie oben gehört in Kap. 1.

Zeigen kann: Es lautet schier dahin, als ob der König noch daran gezweifelt hätte, dass Daniel solches leisten könnte, weil er noch ganz ein junger Mensch und keine grauen Haar hätte. [Aber man muss die Gaben Gottes nicht nach den vielen Jahren oder nach dem Alter rechnen, daher der Apostel Paulus zum Timotheus schreibt, niemand verachte deine Jugend {1Tim 4}].

27. Daniel fing an vor dem Könige und sprach: Das verborgene Ding, das der König fordert von den Weisen, Gelehrten, Sternsehern und Wahrsagern, steht in ihrem Vermögen nicht, dem Könige zu sagen,

Vermögen nicht: Noch in irgendeines anderen Menschen Gewalt, sie heißen gleichwie sie wollen. Darum du über die Weisen und Wahrsager keine Ursache zu zürnen hast, viel weniger sie zu töten, dass sie ein solches Ding nicht leisten, welches kein Mensch tun kann. [Denn es ist kein Mensch gegen dem anderen in unmöglichen Sachen gebunden].

28. sondern Gott vom Himmel, der kann verborgene Dinge offenbaren; der hat dem Könige Nebukadnezar angezeigt, was in künftigen Zeiten geschehen soll.

Vom Himmel: Der Schöpfer und Erhalter Himmels und der Erde, dem wir Israeliten nach seinem uns geoffenbarten Willen dienen, der ist nicht allein der Allermächtigste, sondern auch der Allergütigste und Weiseste.

Offenbaren: [Denn was wahre und gewisse Weissagungen sind, die kommen allein von Gott].

29. Dein Traum und dein Gesicht, da du schliefst, kam daher: Du, König, dachtest auf deinem Bette, wie es doch später gehen würde; und der, so verborgene Dinge offenbart, hat dir angezeigt, wie es gehen werde.

Kam daher: Mit solcher Gelegenheit und aus dieser Ursache, die ich dir sagen will, ist dir nachfolgender Traum aus einer starken Einbildung vorgekommen.

Dachtest: Da du noch wachtest und mancherlei Gedanken hattest, als der du dir die Regierung ließest mit Ernst angelegen sein.

Gehen würde: Ob das Königreich Babel später noch lange würde bestehen und nicht von einem anderen Königreich einmal wiederum möchte überwältigt werden, gleichwie du viele andere Königreiche und Herrschaften unter dich gebracht hast und da solche Änderung einfallen sollte, wie es mit denselben Königreichen würde beschaffen sein. [Denn es ist dieser Monarch ein weiser und verständiger Herr gewesen, obwohl er auch daneben wie andere mehr, seine großen Fehler und Mängel hatte. Es sollen aber Fürsten und Regenten mit hohen Gedanken umgehen. Und werden uns von Gott zukünftige Sachen geoffenbart, auf dass wir verstehen, wie er die Regierung der ganzen Welt in seiner Gewalt habe. Darum werden auch alle seine Weissagungen erfüllt, wie der Ausgang bezeugt].

30. So ist mir solches verborgene Ding offenbart, nicht durch meine Weisheit, als wäre sie größer denn aller, die da leben, sondern darum, dass dem Könige die Deutung angezeigt würde und du deines Herzens Gedanken erführest.

Nach Luther: Das mag ja eine Demut heißen.

Meine Weisheit: Es lehnt Daniel das Lob der Erforschung geheimer und verborgener Sachen mit großer Bescheidenheit gebührlich von sich ab und gibt es Gott: Als wollte er sprechen, ich bin nicht der verständigste vor allen anderen Leuten, dass ich durch meine Kunst und Geschicklichkeit solche geheime Sache hätte können erfahren und ergründen, sondern Gott hat mir es geoffenbart, auf dass er dich von zukünftigen Sachen erinnerte, denen du mit großem Fleiß und vielen Sorgen nachdachtest. [Denn wir sollen es uns selbst nicht zuschreiben, was nicht unser, sondern Gottes ist. Und sollen auch uns unserer Gaben mit des Nächsten Schmälerung und geringen Schätzung nicht überheben].

31. Du, König, sahst und siehe, ein sehr groß und hohes Bild stand vor dir, das war schrecklich anzusehen.

Du König: Jetzt fängt Daniel an den Traum zu erzählen.

Schrecklich: Also dass du dich vor ihm, da du es im Traum gewahr wurdest, entsetztest. [Durch die Größe und Höhe wurde der Monarchien und Königreiche Majestät und Herrlichkeit bedeutet. Das schreckliche Ansehen gab zu verstehen, dass die Königreiche nicht ohne große Unruhe der Menschen hervorgekommen, weil sie oft mit vielem Blutvergießen angerichtet und bestätigt werden. [Andere mehr Bedeutungen werden sich später in der Auslegung des Propheten Daniels, die am allergewissesten ist, auch finden.

32. Desselben Bildes Haupt war von feinem Gold; seine Brust und Arme waren von Silber; sein Bauch und Lenden waren von Erz;

33. seine Schenkel waren Eisen; seine Füße waren eines Teils Eisen und eines Teils Ton.

34. Solches sahst du, bis dass ein Stein herabgerissen wurde ohne Hände; der schlug das Bild an seine Füße, die eisernen und Ton waren und zermalmte sie.

Sahst du: Mit großer Verwunderung schautest du dasselbe Bild an.

Schlug: Nachdem er in einem Augenblick mit großer Gewalt auf das Bild gefallen war.

35. Da worden miteinander zermalmt das Eisen, Ton, Erz, Silber und Gold und wurden wie Spreu auf der Sommertenne; und der Wind verwebte sie, dass man sie nirgends mehr finden konnte. Der Stein aber, der das Bild schlug, wurde ein großer Berg, dass er die ganze Welt füllte.

36. Das ist der Traum. Nun wollen wir die Deutung vor dem König sagen.

37. Du, König, bist ein König aller Könige, dem Gott vom Himmel Königreich, Macht, Stärke und Ehre gegeben hat {Hes 26v7}

Aller Könige: Auf Erden bist du der allermächtigste Monarch, denn auch viele andere Könige für ihren Herrn und Oberen erkennen.

Gegeben: Das ist, Gott hat dir das allermächtigste Königreich auf der Erde gegeben, dass dich alle Menschen für ihren Herren halten und auch alles andere in deiner Gewalt ist, so viel, als einem großmächtigen Monarchen auf Erde unterworfen sein mag. [Sollen deswegen die Könige und Regenten wissen, dass sie alle ihre Gewalt von Gott empfangen haben. Darum sie denselben benutzen sollen zu des göttlichen Namens Ehre und zu der Kirche, auch so viel immer möglich zu aller Menschen Wohlfahrt. Und sollen dem Regiment also vorstehen, dass sie einmal dem Obersten Herrn können Rechenschaft dafür geben].

38. und alles da Leute wohnen, dazu die Tiere auf dem Felde und die Vögel unter dem Himmel in deine Hände gegeben und dir über alles Gewalt verliehen hat. Du bist das goldene Haupt.

Haupt: Das du an dem Bilde gesehen hast. Du bist der alleroberste Herr im Königreich Babel, welches durch das goldene Haupt bedeutet wird. Und ist die babylonische Monarchie einem goldenen Haupte verglichen worden, weil eine bessere und glimpflichere Regierung darin vorgegangen als in den anderen folgenden. So ist auch unter allen assyrischen und babylonischen Monarchen Nebukadnezar der vornehmste und mächtigste gewesen. Denn ob er wohl viele Heiden und unter denselben auch das Volk Gottes geplagt hat, auch in während seiner Regierung viele grausame Sachen mit untergelaufen. Jedoch, da man seine Geschichte gegen der anderen folgenden Monarchen Taten hält, so wird man bekennen müssen, dass er ein weiser und oftmals gnädiger König gewesen. Denn da die Könige in Juda zu etlichen unterschiedlichen Malen von ihm abfällig und treulos geworden. So hat er ihnen eine lange Zeit übersehen und den Juden die Verwaltung ihres Regiments im jüdischen Land frei gelassen, bis er endlich des Königs Zedekia übermachte Untreue rächen müsse. Dazu wie die Stadt Jerusalem erobert und zerstört wurde, hat er etlichen Juden, die er im Lande gelassen, einen Fürsten zugegeben, mit Namen Gedalja, einen frommen Mann und hat sie geheißen unter seinem Schutz ihre Felder und Weinberge zu bauen. [Es sind aber auch noch heutigentags diejenigen goldenen Könige, Fürsten und Regenten, welche die Gnade der Strenge vorziehen]. Die ganze assyrische oder Babylonische Monarchie aber hat in die tausend und dreihundert Jahre gedauert.

39. Nach dir wird ein anderes Königreich aufkommen, geringer denn deines. Danach das dritte Königreich, das ehern ist, welches wird über alle Lande herrschen.

Nach dir: Wenn nämlich die Babylonische oder chaldäische Monarchie wird ein Ende haben, welche jetzt unter deiner Regierung in ihrem besten Tun ist, aber bald danach immer abnehmen und sich zum Untergang neigen wird.

Geringer: Dass es mit der babylonischen Monarchie nicht kann verglichen werden. Denn es ist der Meder und Perser Monarchie etwas schwächer und unansehnlicher gewesen als die Babylonische. Es ist aber solche andere Monarchie durch die silberne Brust bedeutet worden. Denn gleichwie die Brust zwei Arme hat, also ist diese Monarchie gleichsam zweifach gewesen, als die von den Meden und Persern zusammengesetzt worden. Und haben diese beiden Völker unter ihren obersten Fürsten, Dario dem Meden und Cyro oder Kores, dem Persien, die babylonische Monarchie unter ihre Gewalt gebracht. Es hat aber diese andere Monarchie nicht über zweihundert Jahr gewährt. [Und weil dies andere Reich geringer gewesen als das erste, sollen wir uns dabei erinnern, dass oft das Ärgere später komme und selten etwas Besseres zu hoffen sei. Darum sollen wir Gott bitten, dass er nicht viele Veränderungen im Regiment vorgehen lasse].

Alle Lande: Dies ist des großen Alexanders, Königs in Mazedonien, Monarchie, welcher innerhalb zwölf Jahre fast die ganze Welt bezwungen und sich unterworfen hat. Es wird aber Eherne genannt, weil das Gerücht von seinen Kriegen wie der Schall oder Donner des Erzes schnell und schnell durch die ganze Welt gegangen ist. So findet man beim Homero und anderen griechischen Skribenten, dass die Alten vorzeiten eiserne Waffen meistenteils gebraucht haben. Darum wird hier darauf gedeutet, dass solche Monarchie, solange sie währt, immer mit Kriegen werde zu tun haben. Und wird der Griechen Reich dem Bauch verglichen, der Griechen Übermaß und Völlerei anzudeuten. Denn der große Alexander, als der erste und vornehmste Monarch in Griechenland, hatte sich der Schwelgerei allerdings ergeben, besonders um das Ende seiner Regierung. So hat auch diese Monarchie kaum zwölf Jahr recht gedauert. Denn da Alexander gestorben, ist sie in vier Königreiche zerteilte worden, die einander mit stetigen Kriegen zugesetzt und sich selbst also geschwächt, bis sie sämtlich nach und nach in der Römer Gewalt gekommen. [Denn welche dem Wein und der Unzucht nachhängen, die leben selten lange].

40. Das vierte wird hart sein wie Eisen. Denn gleichwie Eisen alles zermalmt und zerschlägt, ja, wie Eisen alles zerbricht, also wird es auch alles zermalmen und zerbrechen.

Wie Eisen: Dies ist die römische Monarchie, welche darum dem Eisen verglichen wird, weil sie wird unüberwindlich sein und ihr niemand wird widerstehen können. Die zwei Schenkel geben zu verstehen, dass ihr Reich in Okzident und Orient sich abteilen werden. [Obwohl nun auch die Römer abgöttisch und gottlos gewesen. So hat dennoch Gott ihre weltlichen Tugenden mit zeitlichem Sieg und Gewalt belohnt. Denn bei den Römern die Wahrheit, Gerechtigkeit und Keuschheit eine lange Zeit im Wert gewesen].

41. Dass du aber gesehen hast die Füße und Zehen eines Teils Ton und eines Teils Eisen, das wird ein zerteiltes Königreich sein; doch wird von des Eisens Pflanze darin bleiben, wie du denn gesehen hast Eisen mit Ton vermengt.

Zerteilt: Also dass es bald schwach, bald stark sein wird, besonders wenn es wird fast zum Ende laufen.

Pflanze: Es wird noch etwas von des Eisens Natur behalten, ob es wohl zum Teil mit Ton wird untermengt sein.

Nach Luther: Pflanze] Etliche sagen von des Eisens Stärke. Er will aber sagen: Dass das Römische Reich zur Zeit, wenn es zertrennt sein wird, versetzt und gleichwie eine Pflanze oder Wurzel anders wohin kommt und soll doch desselben Eisens oder Reiches-Pflanze und nicht ein neues anderes Reich sein. Dies ist alles geschehen, da das Römische Reich von den Griechen auf die Deutschen gekommen ist.

Vermengt: Denn es sind von den letzten römischen Kaisern ihrer etliche vielmehr Leimen und Irden gewesen, als Eisen, unter denen das Römische Reich sehr abgenommen und schwach geworden, weil sie kein Glück in Kriegen hatten oder doch sonst träge und fahrlässige Regenten gewesen. [Und hat sich solche Änderung im Römischen Reich etliche Male begeben, also dass es einstmals sehr gering und unansehnlich geschienen, danach aber etlichermaßen wieder zugenommen. Wie denn dergleichen Änderungen fast in allen Königreichen gespürt werden].

42. Und dass die Zehen an seinen Füßen eines Teils Eisen und eines Teils Ton sind, wird es zum Teil ein starkes und zum Teil ein schwaches Reich sein.

43. Und dass du gesehen hast Eisen mit Ton vermengt, werden sie sich wohl nach Menschengeblüt untereinander mengen, aber sie werden doch nicht aneinander halten, gleichwie sich Eisen mit Ton nicht mengen lässt.

Nicht mengen: Denn obwohl der Leim oder Ton, weil er nass und weich ist, an das Eisen klebt, so fällt es doch alles wieder ab, wenn es trocken und hart geworden ist. Solche ungleiche Vermischung, die dazu keinen Bestand hat, zeigt an, dass die Fürsten des Reiches und die römischen Kaiser mit anderen Königen werden Freundschaft und Schwägerschaft machen, so sonst dem Römischen Reich nicht mehr wahrhaftig zugetan und doch auch nicht allerdings davon abgesondert sind, als der König in Frankreich, England, Polen und dergleichen der Meinung und Hoffnung, dass sie solchergestalt das Römische Reich stärken oder auch vermehren wollen. Aber es werden solche Schwägerschaften keinen Bestand haben, sondern vielmehr zu größer Widerwillen und Feindschaft Anlass geben, wie die Beispiele, so auch noch bei Menschen Gedächtnis vorgegangen, solches genügend bezeugen. [Denn die Schwägerschaften machen keine beständige noch rechtschaffene Freundschaft, wo nicht Gott die Herzen der Menschen vereinigt und durch das Band der Liebe zusammen verbindet. Weil demnach Gott nur vier und nicht mehr Monarchien in diesem Gesicht vorgebildet hat und darauf den Jüngsten Tag setzt, wie wir bald hören werde, so ist offenbar, dass keine fünfte Monarchie mehr zu erwarten sei. Darum, wenngleich der Türke oder Moskowiter oder Tartar sich dergleichen etwas unterfangen wollten, werden sie doch nichts ausrichten. Denn es mag zwar wohl geschehen, dass ihrer einer mit einem Kriegsvolk das Römische Reich anfalle und dasselbe weit und breit verheere, dass er aber das ganze Reich unter sich bringe und ein Monarch der ganzen Welt werde, wird er nicht erhalten können, weil Gott ein anderes im Himmel beschlossen hat].

44. Aber zur Zeit solcher Königreiche wird Gott vom Himmel ein Königreich aufrichten, das niemals zerstört wird; und sein Königreich wird auf kein anderes Volk kommen. Es wird alle diese Königreiche zermalmen und zerstören, aber es wird ewig bleiben.

Aber: Jetzt folgt auch eine Weissagung von dem Reich Christi, welches nicht zeitlich oder vergänglich, sondern geistlich und ewig ist.

Vom Himmel: Der Schöpfer und Regierer Himmels und der Erde.

Königreich: Welches ein geistliches Reich sein wird und nicht auf weltliche Weise geführt werden, sondern wird seinen Untertanen die wahren und himmlischen Güter mitteilen.

Kommen: Das ist, diese himmlische Monarchie wird nicht geändert werden, sondern der einzige König Christus wird immer bleiben und wird auch dasselbe Königreich bei einem Volk stets verharren, nämlich bei allen denen, die an Christus glauben. Das Reich Christi wird nicht wie andere Königreiche seine bestimmte Zeit haben, nach welcher es wiederum zugrunde gehe, sondern es wird in alle Ewigkeit währen. Und wird solches Reich Christi seinen Anfang nehmen, weil die vier obersten Monarchien noch währen. Denn da die erste Monarchie aufkam, hatten die Patriarchen bereits die Verheißung von Christo und durch das Wort solcher Verheißung, so mit den Opfern bestätigt wurde, worden bereits zur selben Zeit dem Sohn Gottes, der da sollte Mensch werden, Untertanen und Bürger des Himmelreichs gesammelt und hat die Zahl der Gläubigen immer zugenommen. Daher Christus sagt in {Joh 8}: Abraham sah meinen Tag und freut sich. Es war aber damals das Reich Christi gleichsam noch verborgen. Und ob es wohl später unter der Regierung Kaisers Tiberi durch das Evangelium in der ganzen Welt ausgebreitet wurde, so wird es doch noch auf den heutigen Tag in der Welt verachtet und auf mancherlei Weise beschwert. Wenn aber Christus unser König am Jüngsten Tage erscheinen wird, so wird sein Reich alle anderen Reich abtun und es mit ihnen ein Ende machen, das seine aber wird in alle Ewigkeit bestehen. Davon Daniel in folgenden Worten redet.

Zerstören: [Denn am Jüngsten Tage werden alle irdischen Reiche ein Ende nehmen und nie wieder aufgekommen].

Bleiben: [Weil aber das Reich des römischen Papstes nicht kann ewig stehen bleiben, so folgt daraus, dass des Papstes Reich nicht das Reich Christi sei, darum rühmt er sich fälschlich einen Statthalter Christi].

45. Wie du denn gesehen hast, einen Stein ohne Hände vom Berge herabgerissen, der das eiserne, Erz, Ton, Silber und Gold zermalmt. Also hat der große Gott dem König gezeigt, wie es später gehen werde; und das ist gewiss der Traum und die Deutung ist recht.

Zermalmt: Denn am Jüngsten Tage wird nicht das geringste Zeichen von allen Monarchien überblieben und wird niemand können sagen, hier oder da haben vorzeiten die Assyrer, Meder, Perser, Griechen regiert. [Der Stein aber, so ohne Hände herabgerissen wurde, bedeutet Christus, welcher der Fels ist, so plötzlich am Jüngsten Tage erscheinen wird, nicht anders, als wenn ein großer Fels von einem Berg gerissen, mit großem Gepolter dem Tal zuliefe und alles, was er antreffe, zerschlüge. Dieser Stein Christus erfüllt auch noch heutzutage doch unsichtbarerweise die ganze Welt und regiert alles gegenwärtig. Denn er ist über alle Himmel gefahren, auf dass er alles erfülle {Eph 4}. Und wird nach diesem Leben sichtbarlich bei allen Auserwählten sein in alle Ewigkeit].

Gehen werde: In was Ordnung ein Königreich nachdem anderen aufkommen werde und wie Gott der Herr durch die herrliche Zukunft Christi an allen solchen irdischen Reichen werde ein Ende machen.

Ist recht: Wie du dieselbe von mir gehört hast. Dies ist ein starker Glaube an Daniel gewesen, dass er so gewiss darauf besteht, er habe den Traum und die Deutung recht troffen. [Denn welche Gott mit dem Heiligen Geist erleuchtet, die vergewissert er auch, dass sie wissen, wie sie von der Wahrheit nicht irren].

46. Da fiel der König Nebukadnezar auf sein Angesicht und betete an vor dem Daniel und befahl, man sollte ihm Speiseopfer und Rauchopfer tun.

Betete an: Als einen Gott, weil er meinte, Daniel wäre nicht nur ein schlechter Mensch, sondern hätte auch eine göttliche Natur an sich, weil er solche dunklen und verborgenen Sachen hätte können erfinden und hervorbringen.

Nach Luther: Er betete an, nicht Daniel, sondern Gott in Daniel, sonst hätte es Daniel nicht gelitten.

Tun: Weil der König über des Daniels wunderbare Weisheit sich entsetzt, so wird erzählt, was er zu tun befohlen, wird aber nicht gesagt, dass es geschehen sei und ins Werk gerichtet wurde. Und hat zwar Daniel dem Könige nicht wehren können, dass er nicht plötzlich und unversehens vor seinen Füßen niedergefallen. Hat aber ohne allen Zweifel den König wieder aufgerichtet und vom Anbeten abgemahnt, auch erlangt, dass die Opfer unterwegen blieben. Gleichwie der Apostel Petrus den Hauptmann Cornelius aufgerichtet, da er ihn anbeten wollte und gesagt, stehe auf, ich bin auch ein Mensch{Apg 10}. Und die Apostel, Paulus und Barnabas, haben den Bürgern zu Lystra in Lycaonia gewehrt, dass sie ihnen nicht, als Göttern, opfern sollten {Apg 14}. Aber weil Daniel der Kürze sich beflissen, hat er es mit Stillschweigen übergangen, wie er sich darauf gegen den Könige erzeigt. Ob nun wohl der König aus der Erfindung und Deutung dieses Traums so viel gelernt, dass er es dafür gehalten, der Gott des israelitischen Volkes sei der wahre, allmächtige und ewige Gott, so hatte er doch denselben noch nicht allerdings recht erkennen lernen, hatte auch von der israelitischen Religion noch keinen genügenden Bericht, sonst hätte er das goldene Bilde später bei Strafe eines schrecklichen Todes nicht anbeten heißen, davon im folgenden Kapitel gesagt wird. [Denn Gott führt die Menschen nach und nach und je länger je mehr zu seiner Erkenntnis, also dass sie zuerst ein wenig einen Schein der rechten Religion bekommen, danach aber mit der Zeit zu besser und völliger zur heilsamen Erkenntnis Gottes gebracht werden].

47. Und der König antwortete Daniel und sprach: Es ist kein Zweifel, euer Gott ist ein Gott über alle Götter und ein Herr über alle Könige, der da kann verborgene Dinge offenbaren, weil du dies verborgene Ding hast können offenbaren {1Tim 6v15}.

Euer Gott: Nämlich der Israeliten, ist der allergrößte und oberste Gott, in dessen Gewalt aller anderen Könige, Reiche und Herrschaften sind.

Offenbaren: Die sonst durch keines Menschen Verstand können ergründet oder erkundet werden. [Denn allein dem wahren Gott sind alle Geheimnisse bekannt. Darum auch der heidnischen Abgötter Weissagungen oft nichtig oder doch so zweifelhaft und dunkel sind, dass sie auf widerwärtige Meinungen können verstanden werden].

48. Und der König erhöhte Daniel und gab ihm große und viele Geschenke und machte ihn zum Fürsten über das ganze Land zu Babel und setzte ihn zum Obersten über alle Weisen zu Babel.

Geschenke: Dass er neben seiner Ehre auch mit vielem Reichtum begabt wurde. [Denn es darf ein Kirchendiener wohl Geschenke und seine Besoldung nehmen. Aber die Lehre zu fälschen oder ums Gelds willen heucheln, ist verboten. Und verkaufen diejenigen die Gaben Gottes nicht um Geld, welche ihren Sold nehmen und ihr Amt in der Kirche treulich verrichten, sondern die, welche um des Gewinns willen das Predigtamt nach der Menschen Gefallen verwalten].

Nach Luther: Weisheit regiert über Gewalt.

Ganze Land: Also dass er nach dem König die höchste Gewalt hatte in dem ganzen Königreich Babel. [Denn man soll zu den vornehmsten Ämtern im Regiment weise und fromme Leute benutzen].

Obersten: Also dass er ein Oberaufseher gewesen über alle Schulen. Da denn kein Zweifel ist, es habe Daniel, so viel immer möglich, die wahre Erkenntnis Gottes gepflanzt und die zauberischen Künste mit Fleiß abgeschafft. [Es ist aber dies dem Volk Gottes ein großer Trost gewesen, dass Daniel, ein gefangener Jude, der oberste Regent im ganzen Königreich nach dem König wurde, welches denn ein augenscheinliches Zeichen war, dass Gott sein Volk nicht ganz verstoßen hätte, ob es gleich in dem Gefängnis und im Elend war. Denn Gott tröstet seine Kirche immer im Kreuz, auf dass sie nicht darunter versinke].

49. Und Daniel bat vom König, dass er über die Landschaften zu Babel setzen möchte Sadrach, Mesach, Abed-Nego; und er, Daniel, blieb bei dem Könige zu Hofe.

Setzen möchte: Seine Gesellen, von wegen ihrer Weisheit und Redlichkeit, auf dass er sie in Verrichtung des Reiches Geschäften als treue und taugliche Mitgehilfen nützlich und glücklich benutzen könnte. Welches er auch vom König erlangt hat. [Denn es mag einer seine Freunde oder auch Verwandten wohl zu Ämtern befördern, wenn sie tauglich dazu sind und keine besondere Zuneigung oder Freundschaft darin angesehen wird].

Zu Hofe: Dass er des Königs Ratschlägen beiwohnte und das oberste Regiment verwaltete. [Denn es bedürfen auch die allerweiseste Fürsten treue und kluge Leute, mit denen sie von wichtigen Sachen handeln können und die müssen sich täglich um sie finden lassen, auf dass sie zur Hand sind, wenn Sachen vorfallen, die keinen Verzug oder Aufschub leiden].


Das 3. Kapitel

  • Daniel beschreibt, wie der König zu Babel ein goldenes Bild zum Anbeten aufstellt, darüber seine Gesellen im feurigen Ofen geworfen, aber doch von Gott wunderlich erhalten wurden. Welches Wunderwerk dem wahren Gott Israels zum Lobe gereicht und des Daniels Gesellen zu noch höheren Ehren Anlass gegeben.

1. Der König Nebukadnezar ließ ein goldenes Bild machen, sechzig Ellen hoch und sechs Ellen breit und ließ es setzen im Lande zu Babel im Tal Dura.

Goldenes Bild: nach Luther: Dies Bild mag vielleicht der König haben machen lassen nach dem Traum, als damit Gott zu loben, der durch Daniel ihm den Traum hatte offenbart. Aber weil es Gott nicht befohlen hatte, und wider das erste Gebote war, ist es Unrecht und eine Abgötterei. Denn Gottesdienst ohne Gottes Wort ist immer Abgötterei.

Machen: Nämlich nach dem eine gute Zeit von der vorigen Geschichte des Traums angestanden und sich verlaufen. Denn es hatte sich Daniel nicht vorgenommenen, die ganze Historie und alle Geschichten des Königs Nebukadnezar zu beschreiben, sondern nur der vornehmsten etliche verzeichnen wollen, die Gottes Ehre und der Kirche Wohlfahrt betrafen. Und halte ich es nicht dafür, dass dies Bild ganz golden gewesen, sondern künstlich und aufs Zierlichste übergoldet, in Maßen solches in der Schrift auch oft golden genannt wird, was ganz und gar übergoldet ist: Dennoch müssen große Kosten darauf gegangen sein. [Denn die Abgöttischen lassen sich keine Kosten bedauern, ihre falsche Religion zu zieren]. Und ist wohl zu vermuten, es habe dieser König solches Bild guter Meinung verfertigen und aufrichten lassen, dem Gott zu Ehren, der ihm das große Bild, dessen im vorigen Kapitel gedacht wurde, im Traum lassen vorkommen, dadurch der vier obersten Königreiche in der Welt Zustand vorgebildet wurde. So hat der König begehrt, dass man bei demselben Bild das allgemeine Gebet verrichten soll, für die babylonischen Monarchie langwierige Erhaltung, als die damals das goldene und oberste Haupt war in der ganzen Welt. Und zweifelt mir nicht, es habe Daniel sich solch Vorhaben nicht allein lassen missfallen, sondern es auch mit höchstem Fleiß widerraten, dennoch ist der König auf seiner Meinung beharrt, dazu ihn vielleicht auch etliche andere Hofleute verhetzt und gereizt haben. Aber er hat in diesem Stück schwer gesündigt. [Denn man soll dem wahren Gott zu Ehren nicht solche Gottesdienste anrichten, die er selbst nicht befohlen hat: Weil ihm dieselben nicht angenehm sind, sondern nichts besser als irgend eine andere Abgötterei achtet, sintemal man mit Menschensatzungen Gott vergeblich ehrt {Mt 15}. So hatte der König auch eine gemengte Religion in seinem Herzen. Denn er glaubte, dass der Gott Israel ein rechter und mächtiger Gott wäre, wie der Beschluss des anderen Kapitels bezeugt. Daneben aber verwarf er die babylonischen Götter auch nicht, wie bald später aus diesem Kapitel wird zu sehen sein. Mit diesem seinem Vorhaben aber war er willens den Gott Israel eine Ehre anzutun, von dem er durch den Daniel heimlicher und verborgener Sachen Bericht empfangen hatte. Aber der Teufel ging darauf um, dass er eine Verfolgung erregte wider das Volk Gottes und wo möglich, die gefangenen Israeliten umbrächte und vertilgte. Gott aber sah zu und ließ es geschehen, auf dass er mit solcher Gelegenheit seines Namens Ehre unter die abgöttischen Heiden ausbreitete. [Denn Gott kann nach seiner unendlichen Weisheit und Güte auch der bösen Menschen und des Teufels Vorhaben zur Beförderung der wahren Religion richten].

2. Und der König Nebukadnezar sandte nach den Fürsten, Herren, Landpflegern, Richtern, Vögten, Räten, Amtleuten und allen Gewaltigen im Lande, dass sie zusammenkommen sollten, das Bild zu weihen, das der König Nebukadnezar hatte setzen lassen.

Zu weihen: Denn er wollte, dass dies große Bild, so später von jedermann sollte angebetet werden, mit einem ansehnlichen Gepränge und herrlicher Majestät, in Gegenwart des Reiches Stände und der vornehmsten Amtleute, eingeweiht würde, auf dass es zukünftig und viele Jahre lang in großem Ansehen und in Ehren bliebe. [Denn die Götzendiener unterstehen und bemühen sich, ihre falsche und erdichtete Religion mit einem großen Gepränge und mit mancherlei Zeremonien herauszustreichen. So werden der Menschen Augen mit solchem Gaukelwerk geblendet und die Einfältigen dadurch verführt, wie man denn dergleichen Narrenwerk bei der päpstlichen Religion viel sieht].

3. Da kamen zusammen die Fürsten, Herren, Landpfleger, Richter, Vögte, Räte, Amtleute und alle Gewaltigen im Lande, das Bild zu weihen, das der König Nebukadnezar hatte setzen lassen. Und sie mussten vor das Bild treten, das Nebukadnezar hatte setzen lassen.

Da kamen: Nämlich auf des Königs Befehl sind sie alle gehorsam und willig, die Abgötterei anzurichten. [Denn die gottlosen Leute richten der Obrigkeit unrechten Befehl viel eher ins Werk, als wenn sie etwas Rechtes oder Löbliches gebieten].

Treten: Mit großer Ehrerbietung und heuchlerischer Andacht und waren bereit, dem goldene Bilde göttliche Ehre zu erzeigen. [Es werden aber die vornehmsten Herren und Amtleute vorne angestellt, nicht nur Ehren halben, sondern auch dass sie mit ihrem Beispiel dem Volk vorgingen. Denn der gemeine Haufen wird in Religionssachen durch der Oberen Ansehen leicht bewegt, ihrem Beispiel zu folgen].

4. Und der Ehrenhold rief überlaut: Das lasst euch gesagt sein, ihr Völker, Leute und Zungen:

Rief: Dass er des Königs Befehl mit lauter Stimme ablas, von Anbetung des goldene Bildes.

Zungen: Ihr habt gleich eine Sprache wie ihr wollt, und aber unserem Herrn, dem Könige zu Babel unterworfen seid.

5. Wenn ihr hören werdet den Schall der Posaunen, Trompeten, Harfen, Geigen, Psalter, Lauten und allerlei Saitenspiel, so sollt ihr niederfallen und das goldene Bild anbeten, das der König Nebukadnezar hat setzen lassen.

Niederfallen: Auf die Knie oder auch aufs Angesicht, vor großer Andacht.

Anbeten: Dem großen und allmächtigen Gott zu ehren und ihn bitten, dass er das babylonische Königreich, so durch das goldene Bild angedeutet wird, in seinem ruhigen Wohlstand lange erhalten wolle. So viel die musikalischen Instrumente oder Saitenspiele belangt, kann man davon heutzutage keine gewisse Nachricht haben und sind ohne Zweifel mehreren teils, so damals im Brauch gewesen, heutigentags unbekannt. Es hat aber der König mit einer lieblichen und hell klingenden Musik dem neuen Gottesdienst, den er angerichtet, ein Ansehen machen wollen. [Gleichwie es aber ein schändlicher Missbrauch der Musik ist, wenn jemand derselben zur Unterhaltung oder Anreizung der unzüchtigen Liebe braucht. Also ist es noch viel ein abscheulicheres Ding, wenn man solche herrlichen Gaben Gottes zum Gepränge bei der Abgötterei missbraucht. Denn sie dem menschlichen Geschlecht gegeben wurden, dass man den Namen Gottes damit rühmen und der Menschen Herzen, welche mit Traurigkeit, Sorge und Angst überfallen sind, dadurch erquicken soll].

6. Wer aber alsdann nicht niederfällt und anbetet, der soll von Stand an in den glühenden Ofen geworfen werden.

Wer aber: Jetzt werden dem königlichen Befehl schreckliche Drohungen und Strafen angehängt, welche die Übertreter würden müssen gewärtig sein. [Wiewohl es nun die Notdurft fordert, dass man auf die Übertretung der wohl geordneten Gesetze rechte Strafe setze, so ist es doch ein unrechter Handel, dass man bei Vermeidung der Strafen unrechte Sachen zu halten befehle oder wenn die Strafen schärfer und größer sind, als die Übertretung].

7. Da sie nun hörten den Schall der Posaunen, Trompeten, Harfen, Geigen, Psalter und allerlei Saitenspiel, fielen nieder alle Völker, Leute und Zungen und beteten an das goldene Bild, das der König Nebukadnezar hatte setzen lassen.

Beteten an: Dass sie Gott baten, er wollte das babylonische Königreich als das goldene und oberste Haupt der Welt, viele Jahre lange fristen und erhalten. [Denn es fürchten viel Leute mehr dieser Welt Macht und Grausamkeit, als Gott den Schöpfer und Erhalter Himmels und der Erde. Und ist der allgemeine Haufen in Religionssachen ganz unbeständig, darum man demselben gar nicht folgen soll].

8. Von Stand an traten hinzu etliche chaldäische Männer und verklagten die Juden,

Juden: Nämlich des Daniels drei Gesellen, die sie ohne das um der Religion willen anfeindeten und ihnen ihren Ehrenstand missgönnten. [Denn man findet überall Verräter und Verleumder]. Es waren aber des Daniels drei Gesellen Hanania, Misael und Asaria unter den anderen Fürsten und Amtleuten des Königs zu Babel auch erschienen, die sie zur Anbetung des Bildes forderten und beschrieben wurden, welches sie doch anzubeten sich gewidert.

9. fingen an und sprachen zum Könige Nebukadnezar: Herr König, Gott verleihe dir langes Leben!

Langes Leben: Sie machen den Eingang, wie zur selben Zeit gebräuchlich war, mit dem gewöhnlichen Wunsch. [Und soll man zwar der Obrigkeit von Herzen alles Gute wünschen, auf dass wir unter derselben langwierigen Regierung ein ruhiges Leben führen].

10. Du hast ein Gebot lassen ausgehen, dass alle Menschen, wenn sie hören würden den Schall der Posaunen, Trompeten, Harfen, Geigen, Psalter, Lauten und allerlei Saitenspiel, sollten sie niederfallen und das goldene Bild anbeten;

Gebote: Welches man keineswegs übertreten soll. Darum will jetzt die Notdurft erfordern, dass es mit gebührenden Gewalt gehandhabt werde und man die aufs Ernstlichste strafe, welche dein Gebot verachten.

11. wer aber nicht niederfiele und anbetete, soll in einen glühenden Ofen geworfen werden.

12. Nun sind da jüdische Männer, welche du über die Ämter im Lande zu Babel gesetzt hast: Sadrach, Mesach und Abed-Nego; dieselben verachten dein Gebot und ehren deine Götter nicht und beten nicht an das goldene Bild, das du hast setzen lassen.

Jüdische Männer: Die in dein Königreich aus dem jüdischen Land gefangen gebracht wurden und gar eine andere und besondere Religion haben, als alle anderen Leute, darum sie deinem Gebote nicht gehorsam leisten wollen.

Gesetzt: Dass du sie aus leibeigenen Knechten frei und dazu zu Herren gemacht hast, darum sie dir richtig mit allem untertänigsten Gehorsam dankbar sein sollten.

Götter nicht: Sie wollen deine Religion nicht annehmen. [Denn wenn die Frommen in Religionssachen sich nicht nach anderer Leute Meinung und Vernunftsdenken richten wollen, so werden sie einer Ketzerei und Aufruhr beschuldigt. Es unterstand sich aber der Satan diese Gesellen des Daniels, entweder zum Abfall zu bringen oder doch aus dem Mittel zu räumen und hoffte, dass durch ihr entweder Abfall oder Tod die anderen Juden in ihrem Glauben heftig werden bestürzt und endlich dahin verursacht werden, dass sie von dem wahren Gott abwichen. Denn der Teufel meint die Bekenner der Wahrheit durch große Pein und Marter von Gott abwendig zu machen].

13. Da befahl Nebukadnezar mit Grimm und Zorn, dass man vor ihn stellte Sadrach, Mesach und Abed-Nego. Und die Männer wurden vor den König gestellt.

Befahl: Weil er in seinem Gottlosen einmal gefassten Sinn noch immer beharrte.

Stellt: Damit er ihnen ihren Ungehorsam ernstlich verwiese und sie mit grausamen Drohworten das Bild anzubeten zwänge. [Es ist aber ein zorniges Gemüt an einem Regenten nicht zu loben, denn er im Zorn viele unrechte Sachen tun und heißen darf].

Gestellt: Auf seinem Befehl. [Denn wenn man die Bekenner der Wahrheit zum Tode suchen soll, da lassen sich die Gottlosen willig benutzen].

14. Da fing Nebukadnezar an und sprach zu ihnen: Wie? Wollt ihr, Sadrach, Mesach, Abed-Nego, meinen Gott nicht ehren und das goldene Bild nicht anbeten, das ich habe setzen lassen?

Sprach: Dass er ihnen seines Herzen Meinung mit zornigen Gebärden zu verstehen gab.

Nicht ehren: Haltet ihr meine Religion für ein Gespött? Und wollt allein die sein, die sich meinem Gebot widersetzen? Das soll euch freilich nicht ungestraft hingehen. [Denn die Verfolger der Wahrheit begehren keine Ursachen anzuhören, warum die Frommen ihrem Befehl nicht können Gehorsam leisten, sondern wollen nur hören, ob sie gehorchen wollen oder nicht? Auf dass, wenn sie sich widern, die Strafe ihnen bald darauf zu erkannt werde].

15. Wohlan, schickt euch! Sobald ihr hören werdet den Schall der Posaunen, Trompeten, Harfen, Geigen, Psalter, Lauten und allerlei Saitenspiel, so fallt nieder und betet das Bild an, das ich habe machen lassen! Werdet ihr es nicht anbeten, so sollt ihr von Stand an in den glühenden Ofen geworfen werden. Lasst sehen, wer der Gott sei, der euch aus meiner Hand erretten werde!

Wohlan: Der König tut die Bedrohungen der Strafe hinzu, damit er hoffte, sie zum Anbeten zu bewegen und von ihrem Vorhaben abzuschrecken.

Schickt euch: Dass ihr bereit seid, meinem Befehl zu gehorsamen.

Geworfen: Und soll euch meine vorige Gnade oder auch euer hohes Ansehen und Ehrenstand nichts helfen, dass ich euer deshalb verschonen wollte.

Erretten werde: Meint ihr auch einen Gott zu finden, der euch als Verächter der Religion aus meiner Gewalt könne oder wolle erretten? [Denn die Tyrannen bilden sich selbst ein, als ob aller ihrer Untertanen Leben in ihrer Gewalt stünde, und machen also aus sich selbst Götter].

16. Da fingen an Sadrach, Mesach; Abed-Nego und sprachen zum Könige Nebukadnezar: Es ist nicht Not, dass wir dir darauf antworten.

Nicht Not: Wir halten es dafür, es bedürfe sich nicht, dass wir uns weitläufig in ein Gespräch mit dir von deinem Götzen und Gebot einlassen. Einmal ist das unser Vorsatz, dessen wir deutliche erhebliche Ursachen haben, dass wir deinem Gebot von Anbetung des Bildes nicht gehorsamen wollen: Wir haben zwar deine Drohungen wohl gehört, aber wir bleiben nichtsdestoweniger durch Gottes Gnade bei unserer Religion beständig und lassen uns die vor Augen schwebende Gefahr nichts irren.

17. Siehe, unser Gott, den wir ehren, kann uns wohl erretten aus dem glühenden Ofen, dazu auch von deiner Hand erretten.

Erretten: Dass wir entweder nicht in den feurigen Ofen geworfen werden oder doch nicht darin umkommen. [Denn Gott kann der Menschen Herzen wenden, wohin er will, dazu auch der Natur Lauf ändern und die natürlichen Wirkungen hindern].

18. Und wo er es nicht tun will, so sollst du dennoch wissen, dass wir deine Götter nicht ehren, noch das goldene Bild, das du hast setzen lassen, anbeten wollen.

Nicht tun: Dass er uns nicht leiblich erlösen will, sondern es geschehen lässt, dass wir zu Asche verbrannt werden.

Nicht ehren: Es gehe uns darüber, wie es Gott über uns verhängt. [Denn das Bekenntnis der rechten Religion ist ein notwendiges Werk, die man tun soll, wenn sie erfordert wird, und soll man Weib, Kinder oder zeitliches Gut nicht mehr lieben als Gott, sondern vor dem soll man sich fürchten, der Leib und Seele ins höllische Feuer werfen kann {Mt 10}. Man soll aber auch gewiss schließen, dass keine Gefahr so groß sei, die Gott nicht von uns abtreiben könne. Jedoch sollen wir uns seinem Willen nichtsdestoweniger gehorsam ergeben und bereit sein, wenn es ihm also gefällt, die Marter und den Tod zu leiden, in gewisser Hoffnung und Zuversicht, dass uns solches alles im ewigen Leben mit unaussprechlicher Freude und Herrlichkeit wird wiederum vergolten werden]. Hier möchte einer nicht unrecht denken, wo Daniel damals gewesen, da seine Gesellen ihres Glaubens halben in solche Gefahr geraten und ob die anderen Juden zu Babel das goldene Bilde angebetet haben. Denn man liest nichts davon, dass ihrer einer deshalb wäre in Gefahr gewesen? Ich halt s dafür, wie oben auch angefasst, dass Daniel die Aufrichtung des Bildes mit höchstem Fleiß widerraten habe, da er aber den König nicht überreden konnte, dass er von seinem Vorhaben abgestanden wäre, so habe er sich daheim in seiner Behausung verhalten und sei auf das Fest der Einweihung des abgöttischen Bildes nicht erschienen. Welches ob es wohl der König gemerkt, hat er doch nicht dergleichen getan, als er um sein Abwesen eine Wissenschaft trüge, und hat seiner verschont, dass er nichts Grausames wider ihn vorgenommenen, von wegen seines großen Ansehens und hohen Verstandes, deshalb er viel auf ihn hielte und ihn schier für einen Gott achtete. So viel denn die anderen Juden betrifft, glaube ich, dass so viel ihrer gekonnt, nach Gelegenheiten und Schein Ursachen sich umgesehen und sich davon weggetan haben, dass sie das Bild nicht anbeten mussten. Denn hat Gott im israelitischen Königreich unter der Gottlosen und abgöttischen Regierung des Ahabs und der Isebel sich können vorbehalten siebentausend Mann, die ihre Knie vor dem Abgott Baal nie gebeugt, so hat er auch zu Babel etliche tausend gefangene Juden vor dieser Sünde befreien können. Daneben will ich es doch nicht hoch widerstreiten, dass nicht etliche Gottlose und leichtfertige Leute unter den Juden möchten sich gefunden haben, die zugleich mit den Chaldäern das Bild angebetet haben, welche der Heilige Geist nicht wert geachtet, dass er ihrer hätte wollen Meldung tun.

Nach Luther: Merk, welche ein Glaube das ist.

19. Da wurde Nebukadnezar voll Grimms und stellte sich scheußlich wider Sadrach, Mesach und Abed-Nego und befahl, man sollte den Ofen siebenmal heißer machen, denn man sonst zu tun pflegte.

Da: Folgt, wie dem Könige Nebukadnezar die gottseligen Bekenntnisse der drei Männer zugeschlagen.

Voll Grimms: Dass er vor großem Zorn hätte mögen von Sinnen kommen.

Scheußlich: Also dass ihm die Augen vor Zorn gebrannt und sein ganzes Angesicht sich entfärbt, weil er so ganz auf sie erbittert war. [Denn die Heuchler werden von einem verkehrten Eifer angetrieben, dass sie die Verachtung der Abgötterei zu rächen begehren. Ein solches scheußliches Angesicht aber ist nicht rühmlich an einem Regenten].

Pflegte: [Denn der Geist, welcher in den Abgöttischen steckt, ist ein Lügner und Totschläger {Joh 8}. Darum unterlässt er keine Grausamkeit, die frommen Bekenner Gottes und seines Wortes aufs Jämmerlichste hinzurichten, wo es ihm Gott verhängt. Und hat da kein Mitleiden und Barmherzigkeit statt].

20. Und befahl den besten Kriegsleuten, die in seinem Heer waren, dass sie Sadrach, Mesach und Abed-Nego bänden und in den glühenden Ofen würfen.

Besten Kriegsleuten: [Denn in den Verfolgungen lassen sich auch solche Leute an Henkers statt gebrauchen, welche sonst, da man Übeltäter abtun sollte, sich keineswegs zu dergleichen Verrichtungen zwingen ließen].

21. Also worden diese Männer in ihren Mänteln, Schuhen, Hüten und anderen Kleidern gebunden und in den glühenden Ofen geworfen.

Kleidern: Die ohne Zweifel nicht schlecht gewesen. [Es ist aber ein närrischer Handel, dass man mit der Marter und Erwürgung eines unschuldigen Menschen begehrt zu eilen. Denn die Lebendigen können immer umgebracht werden. Welche aber einmal hingerichtet wurden, die kann auch der allermächtigste Monarch nicht wieder lebendig machen].

22. Denn des Königs Gebote musste man eilend tun. Und man schürte das Feuer im Ofen so sehr, dass die Männer, so den Sadrach, Mesach und Abed-Nego verbrennen sollten, verdarben von des Feuers Flammen.

Eilend: nach Luther: Dass man nicht hat mögen ihnen zuvor die Kleider ausziehen.

So sehr: Dass die drei Männer verbrennen, da sie nahe zum Ofen kommen. Aber Gott erhielt sie durch ein Wunderwerk.

Flammen: Die aus dem Ofen schlugen. [Denn die Verfolgung bringt endlich die Verfolger selbst ins Verderben].

23. Aber die drei Männer Sadrach, Mesach und Abed-Nego, fielen hinab in den glühenden Ofen, wie sie gebunden waren.

Gebunden: An Händen und Füßen, die doch bald loswurden, dazu hat ihnen das Feuer nichts geschadet, sondern sind im Ofen herumgegangen und haben Gott gelobt und gepriesen, weil sie den Sohn Gottes in menschlicher Gestalt bei sich hatten, wie aus des Königs folgender Rede zu vernehmen.

24. Da entsetzte sich der König Nebukadnezar und fuhr eilends auf und sprach zu seinen Räten: Haben wir nicht drei Männer gebunden in das Feuer lassen werfen? Sie antworteten und sprachen zum Könige: Ja, Herr König!

Da: Folgt jetzt wie sich der König Nebukadnezar verhalten und erzeigt, da er in den feurigen Ofen gesehen und gewahr geworden, dass die heiligen Bekenner Gottes im Feuer unversehrt und ungehindert herumgingen.

25. Er antwortete und sprach: Sehe ich doch vier Männer los im Feuer gehen und sind unversehrt; und der vierte ist gleich, als wäre er ein Sohn der Götter.

Unversehrt: Dass ihre Leiber nicht verbrannt wurden. [Denn Gott hat die Natur allerdinge in seiner Hand und kann ihre Wirkungen zurückhalten oder auch ganz ändern, dass sie müssen nützlich oder doch nicht schädlich sein, welche sonst natürlicherweise einen schnell ums Leben brächten. Darum sollen wir ihm in aller, auch in der höchsten Gefahr vertrauen].

Götter: Denn der König, als der noch in dem heidnischen Aberglauben steckte, meinte, es wäre der untern Götter einer, von den höheren Gott diesen Männern zugeschickt worden, dass er sie in dem glühenden Ofen unbeschädigt erhielte. [Es ist aber dieser vierte der Sohn Gottes gewesen, so in menschlicher Gestalt erschienen, welche verheißen hat, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind, da wolle er mitten unter ihnen sein {Mt 18}. Ja er wolle bei uns sein alle Tage, bis an der Welt Ende {Mt 28}].

26. Und Nebukadnezar trat hinzu vor das Loch des glühenden Ofens und sprach: Sadrach, Mesach, Abed-Nego, ihr Knechte Gottes des Höchsten, geht heraus und kommt her! Da gingen Sadrach, Mesach und Abed-Nego heraus aus dem Feuer.

Loch: So nahe er von wegen der herausschlagenden Flammen konnte hinzukommen.

Höchsten: Die ihr den höchsten und allermächtigsten Gott ehrt.

Heraus: Hier sieht man eine wunderbare Standhaftigkeit an diesen Märtyrern, dass sie nicht eher begehrt aus dem feurigen Ofen zu gehen, bis es ihnen vom Könige befohlen wurde. Denn dergestalt ist das Wunderwerk desto herrlicher gewesen. [Sollen wir deswegen also die Erlösung aus der Gefahr begehren und suchen, dass unter des der Ehren Gottes nichts abgehe]. Wie zu unserer Zeit der vortrefflichen und standhaftem Bekenner des Evangeliums, Herzog Johan Friedrich, Churfürst zu Sachsen, da er lange gefangen herumgeführt wurde, und wohl hätte auf eine Zeit können loswerden, hat er doch nicht wollen ledig sein, bis ihn der mit gutem Willen von sich gelassen, welcher ihn gefangen hatte.

Aus dem: [Denn Gott hat allen Verfolgungen und Trübsalen ein Ziel gesetzt, das ein Ende an denselben mache muss].

27. Und die Fürsten, Herren, Vögte und Räte des Königs kamen zusammen und sahen, dass das Feuer keine Macht am Leibe dieser Männer bewiesen hatte und ihr Haupthaar nicht versengt und ihre Mäntel nicht versehrt waren; ja, man konnte keinen Brand an ihnen riechen.

Riechen: [Mit diesem großen und herrlichen Wunderwerk hat Gott die rechte Religion, so wir aus der Bibel lernen, bestätigt].

28. Da fing an Nebukadnezar und sprach: Gelobt sei der Gott Sadrachs, Mesachs und Abed-Negos, der seinen Engel gesandt und seine Knechte errettet hat, die ihm vertraut und des Königs Gebote nicht gehalten, sondern ihren Leib dagegeben haben, dass sie keinen Gott ehren noch anbeten wollten ohne allein ihren Gott.

Fing an: Dass er ein öffentliches Bekenntnis der Wahrheit tat.

Vertraut: [Denn der rechte Gott lässt nicht zuschanden werden, die sich mit rechtem Vertrauen auf ihn verlassen].

Nicht gehalten: Sondern weil es gottlos und wider ihren wahren Gott gewesen, dasselbe verachtet haben.

Ihren Gott: Welcher allein der einzige und wahre Gott ist. Und hat der König diese Worte geredet aus Erleuchtung des Heiligen Geistes, mit denen er dieser Männer Religion und Standhaftigkeit rühmt und recht heißt und sein abgöttisches Gebot verdammt. Denn es ist ihm dies Wunderwerk gewesen, anstatt einer ausführlichen Predigt, dadurch er der Israeliten Religion anzunehmen bewegt wurde. Und ist wohl zu glauben, dass bald später er das abgöttische Bild hat lassen hinweg tun. [Wenn wir deswegen mit der Wahrheit überwunden sind, so sollen wir uns weisen lassen und derselben nicht länger widerstreben, sondern unseren Irrtum und Sünden viel mehr bekennen, denn wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Gott treu und gerecht, dass er uns dieselben verzeihe und reinige uns von aller Untugend {1Joh 1}].

29. So sei nun dies mein Gebot: Welcher unter allen Völkern, Leuten und Zungen den Gott Sadrachs, Mesachs und Abed-Negos lästert, der soll umkommen und sein Haus schändlich zerstört werden. Denn es ist kein anderer Gott, der also erretten kann als dieser.

Völkern: Die unter meinem Gebiet sind und mich für ihre Obrigkeit erkennen.

Zerstört: Dass es zum ewigen Gedächtnis soll zu Boden geschleift und nie wieder erbaut werden.

Kein anderer: Dieser Gott allein kann helfen, allen die auf ihn trauen. [Es handelt aber der König weislich, dass er zwar die rechte Religion annimmt und dennoch seine Untertanen nicht mit Gewalt zu zwingen begehrt, dass sie dieselbe auch annehmen müssten. Daneben aber verbietet er, dass keiner bei Leibes Strafe die wahre Religion verlästern soll. Denn es soll eine Obrigkeit niemand mit Gewalt zwingen, dass er die rechte Religion annehme, aber doch auch keineswegs zulassen, dass man derselben schimpflich nachrede].

30. Und der König gab Sadrach, Mesach und Abed-Nego große Gewalt im Lande zu Babel.

Große Gewalt: Dass sie zu noch höheren Ehren erhoben worden, denn sie zuvor hatten. [Also belohnt Gott die Standhaftigkeit in der Religion und derselben gottselige Bekenntnisse auch oft noch in diesem Leben mit vielen Guttaten. Geschieht es aber in dieser Welt nicht, so werden doch solche Bekenner im künftigen Leben die Krone der Ehren empfangen].


Das 4. Kapitel

  • Der König Nebukadnezar hat einen Traum von einem großen und breiten Baum, den man zwar abhauen, aber doch nicht mit der Wurzel ausreißen soll. v. 1.
  • Da andere Wahrsager nichts wissen, legt Daniel den Traum aus von dem Unfall, der dem König begegnen und ihn sieben Jahre seines Königreichs berauben würde. v. 6.
  • Welche Auslegung der Ausgang wahr machte. v. 16.

1. König Nebukadnezar allen Völkern, Leuten und Zungen: Gott gebe euch viel Friede!

König: Der Prophet Daniel setzt hier das Edikt des Königs, welches er abkürzen will seiner historischen Beschreibung mit einverleiben wolle, damit er nicht einerlei zweimal schreiben dürfen und denn auch, dass dieses Königs, der nur zu Gott bekehrt war, Frömmigkeit aus seinem eigenen Schreiben zu sehen wäre. Und hätte dieser König einen ganzen Haufen Titel nacheinander setzen und erzielen können, wie heutigentags wohl Potentaten zu tun pflegen, aber er ist mit dem Namen des Königs zufrieden. Ob es nun wohl an sich selbst nicht Sünde ist, der Länder und Herrschaften Namen Titel zu erzählen. Jedoch wenn es aus Übermut und Hoffart geschieht, so wird Gott dadurch zum Zorn gereizt und verschafft, dass solche Könige und Fürsten zwar große und lange Titel führen, daneben aber geringe Herrschaften besitzen, die dazu mit Schulden beschwert und Fremden zum größten Teil verschuldet sind.

Nach Luther: Dies ist ein Brief des Königs, darin er bekennt, was ihm Gott gezeigt hat, in den folgenden Historien.

Zungen: Was für eine Sprache sie oft gebrauchen und aber unter meinem Gebiet sind, neben allen begehre ich kundzutun, wie es mir ergangen ist. Denn wir sollen uns nicht schämen Gottes Gerechtigkeit, Güte und Majestät vor den Leuten zu geben.

Friede: Dies ist der Gruß des Königs, den er seinen Untertanen befiehlt und wünscht sich einen glücklichen und beständigen friedlichen Zustand. Denn es soll eine Obrigkeit nicht nur majestätisch und prächtig, sondern auch freundlich und ehrlich sein.

2. Ich sehe es für gut an, dass ich verkündige die Zeichen und Wunder, so Gott der Höchste an mir getan hat.

Ich sehe: Jetzt macht er einen kurzen Eingang und zeigt an, wovon er reden wolle, nämlich dass er ein Wunderwerk Gottes zu erzählen vorhabe, daraus seine Majestät und Güte erscheine und er seine rechtschaffene Demut und Dankbarkeit damit erkläre.

Getan hat: Denn der Gott Himmels und der Erde hat ein großes Wunderwerk an mir erzeigt in meiner Verstoßung und Erniedrigung und dann wiederum in meiner Einsetzung und Erhöhung. [Denn es ist ein fast ebenso großes Wunderwerk, dass ein mächtiger Monarch von seinem Stuhl gestürzt und danach wieder darauf gesetzt werde, als wenn einer von den Toten erweckt wird.)

3. Denn seine Zeichen sind groß und seine Wunder sind mächtig; und sein Reich ist ein ewiges Reich und seine Herrschaft währt für und für.

Weisen: Gelehrte Leute im Königreich Babel. Denn obwohl der König Nebukadnezar den wahren Gott Israels etlichermaßen erkannt hatte, so war ihm doch der heidnische Aberglaube noch nicht allerdings aus dem Kopf kommen, weil er sich so ganz daran gewöhnt hatte. [Also sind etliche heutzutage, denen die Lehre des Evangeliums nicht zuwider ist, von der Rechtfertigung des Glaubens aus Gnaden und können doch den päpstlichen Aberglauben noch nicht allerdings fahren lassen. Solche Schwachen soll man dulden und besser unterweisen].

4. Ich, Nebukadnezar, da ich gute Ruhe hatte in meinem Hause und es wohl stand auf meiner Burg,

Ich: Jetzt erzählt der König den Traum, dadurch ihn Gott sein zukünftiges Unglück hatte zu verstehen gegeben.

Ruhe hatte: Nachdem ich viele große und schwere Kriege glücklich zu Ende gebracht und in meinem Königreich gut Leben hatte, es war mir ganz wohl, ich grünte und blühte in großem Glück und Herrlichkeit, ja ich saß in Rosen. [Aber das Glück ist wie ein durchschneidendes Glas, welches bricht, ehe man sich es versieht].

5. sah ich einen Traum und erschrak und die Gedanken, die ich auf meinem Bette hatte über dem Gesichte, so ich gesehen hatte, betrübten mich.

Traum: [Denn Gott warnt uns bisweilen vor dem zukünftigen Unglück durch Träume, Kometen und Wunderzeichen und will, dass wir sollen Buße tun, damit wir der künftigen Strafe entfliehen mögen].

Erschrak: Weil mich mein Gewissen erinnerte, es würde solcher Traum etwas Großes bedeuten und ein zukünftiges Unglück vorher verkündigen.

Betrübten mich: Nämlich nachdem ich erwachte, war ich ganz schwermütig, von wegen des Gesichtes, das mir im Traum vorgekommen war und fielen mir allerlei Gedanken ein, was es bedeuten möchte. [Denn Gott steckt den Leuten durch ungewöhnliche Zeichen eine Furcht ein, dass ihnen nichts Gutes einfallen will, wenn ein Unglück vorhanden ist, ehe denn es kommt].

6. Und ich befahl, dass alle Weisen zu Babel vor mich heraufgebracht würden, dass sie mir sagten, was der Traum bedeutete.

Oberster: Denn ich dich von wegen deiner ausbündigen Weisheit und vortrefflichen Kunst über alle gelehrte Leute in meinem Königreich erhoben, dass du vor den Vornehmsten und Obersten unter ihnen allen geachtet wirst. [Und soll man gelehrte Leute in Ehren halten: Wo auch Kunst und Weisheit hoch geachtet wird, da finden sich Leute, die danach streben].

Nichts verborgen: Es ist nichts so dunkel und unverständlich, dass du nicht könntest erklären und ans Licht bringen.

Bedeutet: Lege mir den Traum aus, den ich gesehen habe und dir jetzt erzählen will, da ich auch etwas vom Traum vergessen hätte und außen ließe, wirst du es mich wiederum erinnern können, weil du mir auch zuvor einen ganzen Traum hast können her sagen, der mir ausgefallen war.

7. Da brachte man herauf die Sternseher, Weisen, Chaldäer und Wahrsager und ich erzählte den Traum vor ihnen; aber sie konnten mir nicht sagen, was er bedeutete {Hes 31v3},

Und Wahrsager: Durch diese Namen werden allerlei gelehrte Leute verstanden, in den freien und auch anderen abergläubischen Künsten erfahren, welche die Chaldäer oft durcheinander mengten.

Nicht sagen: [Denn die göttlichen Geheimnisse können durch keine weltliche Weisheit erklärt werden]. Darum sie mich im Zweifel stecken ließen.

8. bis zuletzt Daniel vor mich kam, welcher Beltsazar heißt, nachdem Namen meines Gottes, der den Geist der heiligen Götter hat. Und ich erzählte vor ihm den Traum:

Meines Gottes: Das ist: Von wegen seines hohen Verstandes, der in seiner Jugend an ihm gespürt wurde, hab ich ihm damals den Namen gegeben, dessen Anfang mit dem Namen meines Gottes übereinstimmt. Denn der Chaldäer Gott hieß Bel, darum wurde Daniel in der chaldäischen Sprache Beltsazar genannt, welches so viel heißt, als ein Schatz Gottes oder ein göttlicher Schatz. Denselben, sagt der König, hab ich fordern lassen, nachdem die anderen Weisen mich in meiner Hoffnung betrogen. [Es hatte aber der König den Daniel eine Zeit lang aus der acht gelassen, bis ihn die Not dahin gedrungen, dass er ihn wieder zu sich fordern müssen. Denn die frommen und weisen Leute sind nicht immer zu Hofe in Gnaden oder hoch angesehen].

Den Geist: Das ist, er ist von Gott mit einem göttlichen Verstand begabt, dass er verborgene Dinge erkundigen kann.

9. Beltsazar, du Oberster unter den Sternsehern, welchen ich weiß, dass du den Geist der heiligen Götter hast und dir nichts verborgen ist, sage das Gesicht meines Traums, den ich gesehen habe und was er bedeutet.

Oberster: Denn ich dich von wegen deiner ausbündigen Weisheit und vortrefflichen Kunst über alle gelehrten Leute in meinem Königreich erhoben, dass du vor den Vornehmsten und Obersten unter ihnen allen geachtet wirst. [Und soll man gelehrte Leute in Ehren halten: Wo auch Kunst und Weisheit hoch geachtet wird, da finden sich Leute, die danach streben].

Nichts verborgen: Es ist nichts so dunkel und unverständlich, dass du nicht könntest erklären und ans Licht bringen.

Bedeutet: Lege mir den Traum aus, den ich gesehen habe und dir jetzt erzählen will, da ich auch etwas vom Traum vergessen hätte und außen ließe, wirst du es mich wiederum erinnern können, weil du mir auch zuvor einen ganzen Traum hast können her sagen, der mir ausgefallen war.

10. Dies ist aber das Gesicht, das ich gesehen habe auf meinem Bette: Siehe, es stand ein Baum mitten im Lande, der war sehr hoch,

11. groß und dicke; seine Höhe reichte bis in Himmel und breitete sich aus bis ans Ende des ganzen Landes.

12. Seine Äste waren schön und trugen viele Früchte, davon alles zu essen hatte. Alle Tiere auf dem Felde fanden Schatten unter ihm und die Vögel unter dem Himmel saßen auf seinen Ästen und alles Fleisch nährte sich von ihm.

13. Und ich sah (im Traum mit Verwunderung: Ein Gesicht auf meinem Bette und siehe, ein heiliger Wächter fuhr vom Himmel herab,

Nach Luther: Wächter heißt er die Engel, dass sie wachen und hüten ohne Unterlass wieder die Teufel. Wie Psalm 91, 11. sagt. Er hat seinen Engeln befohlen über dir. Und ist ein sehr tröstliches Wort allen Menschen, besonders den gefangenen Juden zu Babel.

14. der rief überlaut und sprach also: Haut den Baum um und behaut ihm die Äste und streift ihm das Laub ab und zerstreut seine Früchte, dass die Tiere, so unter ihm liegen, weglaufen und die Vögel von seinen Zweigen fliehen.

Laub ab: Das ist, beraubt ihn aller seiner Zierde und Schmucks.

Früchte: Dass sie zunichtewerden und der Baum seine vorige Nutzung nicht mehr darreiche.

Fliehen: Weil sie keinen Aufenthalt bei ihm mehr finden. Was ein jedes dieser Stücke bedeute, wird später in der Auslegung des Traums folgen.

15. Doch lass den Stock mit seinen Wurzeln in der Erde bleiben; er aber soll in eisernen und eisernen Ketten auf dem Felde im Grase gehen; er soll unter dem Tau des Himmels liegen und nass werden und soll sich weiden mit den Tieren von den Kräutern der Erde.

Doch: Jetzt wird das Urteil von Abhauen des Baums etlichermaßen gemildert und geschlossen, dass man ihn nicht ganz ausrotten soll.

Bleiben: Denn es wird einmal die Zeit kommen, dass dieser Baum wiederum soll hervorkommen.

Er aber: Nämlich der Mensch, so durch diesen Baum bedeutet wird, soll aus anderer Leute Gesellschaft ausgeschlossen und verstoßen werden.

Ketten: Damit man ihn wird binden müssen, auf dass er nicht in unsinniger Weise entweder ihm selbst oder anderen am Leben Schaden tue.

Tau: Denn er auch des Nachts unter dem freien Himmel bleiben wird wie andere wilde und unvernünftige Tiere.

16. Und das menschliche Herz soll von ihm genommen und ein viehisches Herz ihm gegeben werden, bis dass sieben Zeiten über ihm um sind.

Nach Luther: Weisheit muss am ersten weggenommen werden, wenn ein Herr fallen soll, dass man sehe, wie allein die Weisheit und nicht Gewalt regiert {Spr 29v18}.

Viehisch Herz: Dass er keinen menschlichen Verstand mehr haben wird, sondern allerdings wie ein Vieh sich stellen und viehische Gedanken bekommen wird.

Sieben Zeit: Es werden sich sieben Jahr verlaufen, bis derselbe Mensch wieder zu recht und zu ihm selbst komme.

17. Solches ist im Rat der Wächter beschlossen und im Gespräch der Heiligen beratschlagt, auf dass die Lebendigen erkennen, dass der Höchste Gewalt hat über der Menschen Königreiche und gibt sie, wem er will und erhöht die Niedrigen zu denselben.

Wächter: Das ist die Heilige Dreifaltigkeit, Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist, haben nach gehaltenem Ratschlag dies Dekret gestellt. [Es werden aber die drei Personen der Gottheit Wächter genannt, weil die Heilige Dreifaltigkeit wacht über der Auserwählten Wohlfahrt. Denn es steht geschrieben, siehe, der Hüter Israel schläft, noch schlummert nicht {Ps 121}].

Höhest: Nämlich Gott, der der Allerhöchste ist an Macht und Majestät (aber nicht eines räumlichen Orts halben) wird mit diesem ernsten Beispiel anzeigen und beweisen, dass er allein Macht habe über die weltlichen Königreiche und Herrschaften und gebe oder nehme sie, welchen er will, dass er auch die Stolzen ihrer Würden und Ehren beraube und die, so wahrhaftig demütig sind, dazu erhöhe. [Darum sollen wir nicht meinen, dass die Königreiche einem ungefähr zukommen, sondern die, so im Regiment sein, dafür ansehen und erkennen, dass ihnen solcher Gewalt von Gott gegeben sei. Welcher auch nicht will von seinem Stuhl gestürzt und seines Ehrenstands entsetzt werden, der soll sich vor Gott demütigen. Denn Gott stößt die Gewaltigen von Stuhl und erhebt die Niedrigen {Lk 1v52}].

18. Solchen Traum habe ich, König Nebukadnezar, gesehen. Du aber, Beltsazar, sage, was er bedeute; denn alle Weisen in meinem Königreich können mir nicht anzeigen, was er bedeute; du aber kannst es wohl, denn der Geist der heiligen Götter ist bei dir.

Bei dir: Du bist mit dem Heiligen Geist begabt und hast die Gnade von Gott, dass du kannst dunkle und unverständliche Sachen erklären. [Und soll man von solchen Leuten viel und hoch halten, die für andere herrliche Gaben des Heiligen Geistes haben].

19. Da entsetzte sich Daniel, der sonst Beltsazar heißt, bei einer Stunde lange, und seine Gedanken betrübten ihn. Aber der König sprach: Beltsazar, lass dich den Traum und seine Deutung nicht betrüben! Beltsazar fing an und sprach: Ach, mein Herr, dass der Traum deinen Feinden und seine Deutung deinen Widerwärtigen gälte!

Nach Luther: Daniel sagt es nicht gerne und ist ihm leid um seinen Herrn König.

Betrübten: Weil er merkte, was für ein großes Unglück über seinen Herren den König kommen würde. Und sah man an des Daniels Gesicht und Gebärden, dass er heftig bestürzt und erschrocken war, nicht zwar, dass er des Königs Zorn fürchtete, wenn er ihm den Traum auslegte, sondern weil er ein Mitleiden mit dem König hatte. [Denn die Untertanen sollen auch mit ihrer harten und strengen Obrigkeit ein Mitleiden haben, wenn dieselbe in Gefahr oder Unglück gerät. Denn die Obrigkeit sei gleichwie sie wolle, so soll man sie anstatt der Eltern halten].

Nicht betrüben: Denn es soll dir keine Gefahr daraus entstehen, wenn du mir gleich etwas Unangenehmes verkündigst. Und will ich es getrost auf mich nehmen, was Gott über mich verhängt hat. [Denn es sollen die Könige und Regenten nicht also gesinnt sein, dass sie viel lieber wollten hören, was ihnen wohl zuschlägt, als was wahr ist].

Gülte: Denn ich kann es nicht verbergen, dass dir durch diesen Traum ein großes Unglück bedeutet wird. Doch will ich die Deutung sagen, weil du es also haben willst und mein Amt solches auch fordert. [Denn es sollen fromme und reine Lehrer ohne Ansehen der Personen lehren, was wahr ist, ob es gleich bisweilen nicht ohne etlicher Personen Beleidigung und Widerwillen aufhören kann].

20. Der Baum, den du gesehen hast, dass er groß und dick war und seine Höhe an den Himmel reichte und breitete sich über das ganze Land,

21. und seine Äste schön und seiner Früchte viel, davon alles zu essen hatte und die Tiere auf dem Felde unter ihm wohnten und die Vögel des Himmels auf seinen Ästen saßen:

22. das bist du, König der du so groß und mächtig bist; denn deine Macht ist groß und reicht an den Himmel und deine Gewalt langt bis an der Welt Ende.

Himmel: Du hast eine solche große Gewalt bekommen, dass du auf dieser Erde nicht höher hättest kommen oder aufsteigen können.

Welt Ende: Denn du hast die anderen Königreiche dir unterworfen und da noch etliche übrig sein, derer doch wenig sein werden, so dir nicht ohne Mittel unterworfen sein, die fürchten sich dennoch vor deiner großen Macht und Gewalt und dürfen sich dir nicht widersetzen. [Und ist die Obrigkeit gleichwie ein schöner großer Baum, unter dessen Schutz und Schatten die Untertanen ihre und der ihrigen Nahrung suchen, Kinder ziehen und ein ruhiges Leben führen können. Darum gebietet Paulus, dass man Gebet und Fürbitte tun soll für die Könige und für alle Obrigkeit, auf dass wir ein ruhiges und stilles Leben führen mögen, in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit {1Tim 2}. Eine Obrigkeit aber soll denken, was sie für ein hohes und nützliches Amt trage, darum sie die Mühe der Regierung, zu der Ehre Gottes und des Nächsten Wohlfahrt, geduldig überstehen und ihrem Beruf, so viel in der Schwachheit dieses Fleisches geschehen kann, mit gebührendem Fleiß dienen soll. Für solche Treue wird sie zu seiner Zeit zeitliche und ewige Belohnung empfangen].

23. Dass aber der König einen heiligen Wächter gesehen hat vom Himmel herabfahren und sagen: Haut den Baum um und verderbe ihn, doch den Stock mit seinen Wurzeln lasst in der Erde bleiben; er aber soll in eisernen und eisernen Ketten auf dem Felde im Grase gehen und unter dem Tau des Himmels liegen und nass werden und sich mit den Tieren auf dem Felde weiden, bis über ihm sieben Zeiten um sind:

Wächter: Nämlich einen Engel. [Denn die Engel halten aus Gottes Befehl die Wacht über die Menschen zu ihrer Seligkeit].

Sieben Zeit: Das ist bis Sommer und Winter siebenmal aufeinander gefolgt sind, welches in sieben Jahren geschieht.

24. das ist die Deutung, Herr König und solcher Rat des Höchsten geht über meinen Herrn König.

Rat: Gott hat solches in seinem Rat über dich beschlossen und das Urteil bereits gefällt, wird auch gewisslich vollstreckt werden.

25. man wird dich von den Leuten verstoßen und musst bei den Tieren auf dem Felde bleiben; und man wird dich Gras essen lassen wie die Ochsen; und wirst unter dem Tau des Himmels liegen und nass werden, bis über dir sieben Zeiten um sind, auf dass du erkennst, dass der Höchste Gewalt hat über der Menschen Königreiche und gibt sie, wem er will.

Verstoßen: Denn du wirst so ganz von Sinnen kommen und rasend werden, dass man dich unter den Leuten nicht mehr wird dulden können. [Und obwohl die Melancholie und Blödigkeit des Haupts ihre natürliche Ursachen hat, dazu auch den frommen Leuten dergleichen etwas zu Händen stoßen mag, die zuvor in der rechten Erkenntnis und Furcht Gottes unsträflich gelebt haben, so sind es doch bisweilen besondere göttliche Strafen, damit Gott die vorhergegangene Bosheit eines Menschen ernstlich heimsucht, und lässt auch solche oft wiederum richtig kommen oder erhält doch die Seele zur Seligkeit, ob sie gleich in solchem Jammer sterben].

Sieben Zeit: Du wirst solche Strafe sieben Jahre lang leiden müssen. [Denn welche Gottes Zorn eine lange Zeit über sich gehäuft haben und daneben alle göttliche, väterliche und treuherzige Warnungen verachtet und in Wind geschlagen, die geraten endlich in ein großes und langwieriges Unglück].

Er will: Das ist: Es wird solches Unglück so lange währen, bis du wohl gedemütigt worden und daraus hast lernen erkennen, dass die Königreiche durch keine menschliche Weisheit oder Gewalt zuwege gebracht oder erhalten, sondern von Gott gegeben werden und dass Gott davon verstoße, welche er will, auch erhöhe, welche er will und dass er der allermächtigste Gott und Herr Himmels und der Erde sei, so wirst du alsdann wiederum zu deiner Gesundheit kommen und in dein Königreich wieder eingesetzt werden. [Denn die Auserwählten werden durch das Kreuz gebessert].

26. Dass aber gesagt ist, man soll dennoch den Stock mit seinen Wurzeln des Baums bleiben lassen: Dein Königreich soll dir bleiben, wenn du erkannt hast die Gewalt im Himmel.

Dir bleiben: Gott wird dich in solchem seinem Zorn nicht ganz zugrunde vertilgen, dass du des Königreichs beraubt in deinem Elend umkommst, sondern, wenn du deinen obersten Herren und himmlischen König demütig erkannt und dich recht für ihm gedemütigt hast, so wirst du wieder in dein Königreich eingesetzt werden: Unterdes aber werden deine Räte das Königreich verwalten, welche, wenn du wieder zu deiner Vernunft kommst, dir es wiederum zustellen werden und wirst du deine vorige Gewalt und Ehre wieder erlangen. [Denn Gott lindert den Bußfertigen die Strafen].

27. Darum, Herr König, lass dir meinen Rat gefallen und mache dich los von deinen Sünden durch Gerechtigkeit und ledig von deiner Missetat durch Wohltat an den Armen, so wird er Geduld haben mit deinen Sünden.

Darum: Jetzt ermahne Daniel den König, dass er durch wahre Buße die angedeuteten Strafen abwenden und ihnen zu entgehen sich bemühen soll.

Gefallen: Weil dir so ein großes Unglück zubereitet ist, so will ich dir einen guten Rat mitteilen, wie du solcher Strafe vielleicht entgehen könntest. Denn du hast in deiner Regierung viele unrechte Sachen aus großem Übermut und Geiz, dazu mit großer Grausamkeit getrieben. Darum so siehe zu und tue wahre rechtschaffene Buße, führe weiter einen gerechten und unsträflichen Wandel, befleißige dich anstatt der bisher geübten Ungerechtigkeit und Grausamkeit der Gerechtigkeit und Gerechtigkeit gegen jedermann, anstatt der Hoffart erzeige dich demütig und leutselig, vor den Geiz brauche dich der Freigiebigkeit und Guttätigkeit gegen armen Leuten, vor der Grausamkeit halt dich gnädig und gelind gegen deinem Nächsten: So wird Gott, wenn er die rechtschaffenen Früchte der wahren Buße an dir sehen wird, des übles sich bereuen lassen, dass er dir anzutun gedacht {Jer 18} und wird nach seiner unaussprechlichen Langmütigkeit und Güte die wohlverdiente Strafe entweder allerdings abwenden oder doch zum großen Teil mildern. [Welche aber aus diesem Ort schließen wollen, dass unsere Sünden mit unseren Werken und besonders mit den Almosen abgebüßt und bezahlt werden können, die irren sich ganz weit. Denn allein Christus hat für die Sünden des ganzen menschlichen Geschlechts mit seinem Blut bezahlt und genug getan. Welcher Verdienst Christi uns allein durch den Glauben zugeeignet wird. Danach aber folgen die recht guten Werke als rechtschaffene Früchte einer wahren Buße, mit denen wir die Liebe gegen Gott und gegen dem Nächsten beweisen. Darum bestätigt der Prophet Daniel hier ganz nichts das Vertrauen der Heuchler auf eigene Werke und Verdienst, sondern ermahne den König zur Buße und verheißt ihm, wenn er werde Buße tun, dass ihm Gott seine Sünden verzeihen und die Strafen entweder hinweg nehmen oder doch mildern werde. Ein fast gleiche Bußpredigt findet man auch im Propheten Jesaja, Kapitel 1. lasst ab (spricht er) von Bösen, lernt Gutes tun, trachtet nach Recht. Und bald darauf setzt er die Verheißung hinzu von Vergebung der Sünden, da er sagt, wenn eure Sünde gleich blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden. Sind es deswegen zwei ungleiche und unterschiedliche Reden, wenn man sagt: Tue Buße, so wird dir Gott verzeihen. Und: Um deines Verdienstes willen wird dir Gott verzeihen. Denn die erste Rede ist wahr und der Heiligen Schrift gemäß, aber die anderer ist falsch und gereicht dem Verdienst Christi zur Schmach].

28. Dies alles widerfuhr dem Könige Nebukadnezar.

Dies alles: Was Daniel aus dem Traum zuvor verkündigt hatte. Denn nach der Deutung des Traums erzählt der König, wie die göttliche Bedrohung ins Werk gerichtet und erfüllt worden [weil Gottes Drohungen nicht leer aufhören]. Und redet der König hier von sich selbst als von einer anderen Person.

29. Denn nach zwölf Monden, da der König auf der königlichen Burg zu Babel ging,

Ging: Ohne Zweifel in der Höhe des Schlosses, auf einem herrlichen Altan, da er die ganze Stadt übersehen können. [Es hat aber Gott diesem Könige ein ganzes Jahr zur Buße Frist gegeben, auf dass er damit anzeige, wie er ein langmütiger Gott sei, der nicht Lust habe an den Gottlosen strafe, sondern viel lieber wollte, dass sie sich bekehrten und der Strafe entgingen. Aber der König hat diese Langmütigkeit Gottes missbraucht und ist dadurch in noch größerer Sicherheit geraten, weil er gemeint, dass nichts Widriges auf diesen Traum erfolgen würde. Denn was sichere Leute sind, die meinen, dass die Strafen allerdings aufgehoben und hinweggenommen sein, wenn damit verzogen wird].

30. hob er an und sprach: Das ist die große Babel, die ich erbaut habe zum königlichen Hause durch meine große Macht, zu Ehren meiner Herrlichkeit.

Große Babel: Die gewaltige, reiche und feste Stadt, die ich so gemehrt und befestigt habe, dass sie richtig für den obersten Sitz des ganzen Königreichs gehalten wird, ja die schier allein ein ganzes Königreich sein möchte.

Nach Luther: Hier vergisst der König, von wem er solche Königreich hat, erhebt sich, als hätte er es durch seine Gewalt und Klugheit erlangt und muss es anders lernen.

Zu Ehren: Auf dass mein Name, Gewalt und Majestät in der ganzen Welt überall berühmt werde. Es verwunderte sich aber dieser König über seine eigene Weisheit, Gewalt, Majestät und großes Glück und hielt es nicht dafür, dass er alles von Gott hätte, Ja er darf wohl sagen, dass er ein solches mächtiges Königreich angerichtet und eine solche feste Stadt zu seiner und nicht zu Gottes Ehre erbaut habe. [Es ist aber beides ganz eine große und schwere Sünde, wenn jemand das, was er von Gott dem Herrn empfangen hat, ihm selbst und seiner Weisheit oder Macht zuschreibt: Und denn, da einer sein Tun nicht zu Gottes, sondern zu seiner eigenen Ehre richtet. Solche Leute sind abgöttisch und machen aus ihnen selbst Götter. So kommt es einem auch ganz sauer an, dass er sich in der wahren Demut verhalte, wenn es ihm allerdings wohl geht].

31. Ehe der König diese Worte ausgeredet hatte, fiel eine Stimme vom Himmel: Dir, König Nebukadnezar, wird gesagt: Dein Königreich soll dir genommen werden,

Ehe: Jetzt folgt die Strafe der Hoffart und des Übermuts.

Gesagt: Also dass dem Könige die Worte des Traums wiederholt und vorgehalten werden, auf dass er wisse, die Zeit sei jetzt vorhanden, da er müsse erfüllt werden.

32. und man wird dich von den Leuten verstoßen und sollst bei den Tieren, so auf dem Felde gehen, bleiben; Gras wird man dich essen lassen, wie Ochsen, bis dass über dir sieben Zeiten um sind, auf dass du erkennst, dass der Höchste Gewalt hat über der Menschen Königreiche und gibt sie, wem er will {Lk 21v26}.

Verstoßen: Dass man ihn von wegen seiner Unsinnigkeit und Ungebärden unter den Leuten nicht mehr leiden können, doch hat man ihm zuvor Fessel und Ketten angelegt.

Nach Luther: Es mag auch wohl dazu kommen sein, dass er mit bösen Geistern besessen worden.

Tau: Dass er in der Wüste herumzog wie andere wilde und unvernünftige Tiere.

Klauen: Und also einem unvernünftigen Tiere ähnlicher war als einem Menschen. O wie ist dieser Nebukadnezar dem vorigen so ganz ungleich, der allererst zuvor in großer Majestät, unter vielen Fürsten und Herren, in voller Wollust und königlicher Pracht, dazu in einem köstlichen Palast gelebt: Der wird jetzt in großer Verachtung und Schmach von den Leuten verstoßen, zieht in der Wüste in der Irre herum, büßt den Hunger mit Kraut und Wurzeln und liegt im Kot und Unflat Tag und Nacht unter dem freien Himmel. [Also kann Gott einen Menschen von seinen höchsten Ehren in den größten Jammer stürzen. Daneben aber vergisst doch Gott auch nicht allerdings seiner göttlichen Gnade und Güte und erhält diesen König so viele Jahre lang wunderlich unter den wilden Tieren, dass er nicht umkommt. Denn Gott mengt immer in seinem Zorn etwas von seiner Barmherzigkeit und Gnade mitunter].

33. Von Stand an wurde das Wort vollbracht über Nebukadnezar und er wurde von den Leuten verstoßen und er aß Gras wie Ochsen und sein Leib lag unter dem Tau des Himmels und wurde nass, bis sein Haar wuchs, so groß als Adlerfedern und seine Nägel wie Vogelklauen worden.

34. Nach dieser Zeit hob ich, Nebukadnezar, meine Augen auf gen Himmel und kam wieder zur Vernunft und lobte den Höchsten. Ich preiste und ehrte den, so ewig lebt, des Gewalt ewig ist und sein Reich für und für währt,

Dieser Zeit: Nämlich nach Ablauf der sieben Jahre. Und gibt der König hier in diesem seinem Ausschreiben Gott die Ehre, dass er bekennt, er sei richtig von Gott gestraft worden, der sich aber wieder über ihn erbarmt und ihn wieder zurechtgebracht habe, auf dass er lernte, wie er nicht sich selber, sondern Gott, den Schöpfer Himmels und der Erde, ehren und preisen soll.

Hob ich: Der ich zuvor wie ein unvernünftiges wildes Tier auf der Erde herumkroch und keinen menschlichen Verstand mehr hatte, bin doch endlich durch die göttliche Barmherzigkeit wieder in meinem Gemüt verwandelt und gleichsam wieder erneuert worden.

Gen Himmel: Dass ich mit demütigem Herzen zu Gott seufzte, der mich zwar hart aber doch väterlich gezüchtigt hatte.

Vernunft: Dass mich Gott mit einem menschlichen Verstand wiederum begabte. [Denn Gott kann eben dieselbe Gaben und Guttaten wieder geben, die er eine Zeit lang entzogen hat].

Preist: Ich sagte Gott Lob und Dank, dass er mich zu meinem Besten gezüchtigt hatte und wieder zu meiner Gesundheit und Vernunft kommen lassen, darum ich ihm den Ruhm und die Ehre gab, welche dem allmächtigen und ewigen Gott gebührt. [Denn nach den göttlichen Züchtigungen soll man Gott danken und ihm das Lob der Gerechtigkeit, Allmacht und unendlichen Güte geben].

Dauerte: Dass es kein Ende nimmt, sondern immer bleibt. [Wer wollte aber nicht desselben Königreichs Bürger sein, welches ewig ist und dabei man lauter Glück hat].

35. gegen welchen alle, so auf Erde wohnen, als nichts zu rechnen sind. Er macht es, wie er will, beide, mit den Kräften im Himmel und mit denen, so auf Erde wohnen; und niemand kann seiner Hand wehren noch zu ihm sagen: Was machst du?

Als nichts: Wenn sie auch gleich die allermächtigsten Leute sind, so kann mansie doch mit Gott im Geringsten nicht vergleichen, so groß ist seine Majestät, Gewalt und Weisheit.

Im Himmel: Denn es sind auch die himmlischen Geister in seiner Gewalt, dass er mit ihnen umgeht nach seinem gerechten und gnädigen Willen, vielmehr werden es die Menschen sein, die auf der Erde wandeln. [Soll man deswegen weder Engel noch Menschen, sondern Gott allein anbeten.)

Nach Luther: Siehe welch ein schöner Glaube und feines Bekenntnis.

Wehren: Es kann seiner Allmacht niemand im Himmel und auf Erde widerstehen. Wird auch nichts erhalten, wenn er gleich seine wunderbaren Werke als Unrecht tadeln wollte, denn er ist nicht schuldig, dass er deshalb jemand Rechenschaft gebe. [Sollen wir deswegen von der Regierung Gottes in der Kirche und im weltlichen Regiment wie auch in der Haushaltung nicht übel reden, sondern seinen Willen uns gefallen lassen. Was ihn auch recht und richtig sein bedünkt, das sollen wir nicht unrecht oder schädlich heißen.)

36. Zur selbigen Zeit kam ich wieder zur Vernunft, auch zu meinen königlichen Ehren, zu meiner Herrlichkeit und zu meiner Gestalt. Und meine Räte und Gewaltigen suchten mich; und wurde wieder in mein Königreich gesetzt; und ich überkam noch größere Herrlichkeit.

Zeit: Da die sieben Jahre, so Gott zur Strafe über mich bestimmt hatte, verflossen waren.

Gestalt: Denn die unsinnigen Leute ändern sich auch im Gesicht, besonders wenn es lange mit ihnen dauert, dass sie in der unsinnigen Weise stecken, also dass man sie zuletzt kaum mehr erkennen kann.

Räte: Die bis daher dem Regiment vorgestanden waren und aber gehört hatten, dass ich wäre wieder zu meiner Vernunft gekommen.

Suchten mich: Dass sie mir mein Reich und die Regierung wieder übergäben. Also dass eben derselbe Gott, welcher der königlichen Räte und Obersten Sinn und Gemüt von dem Könige zuvor abgewandt hatte, dass sie ihn von den Leuten verstoßen, der wendet sie auch wieder zu ihm, dass sie ihren König suchen und ihn wieder einsetzen. [Welche deswegen begehren und wünschen, dass die Untertanen ihnen geneigt und treu sind, die sollen darauf zuerst sehen, dass sie bei Gott in Gnaden und mit ihm versöhnt sind, der aller Menschen Herzen in seiner Hand hat. Es ist aber dies auch ein besonderes Beispiel der Treue, Aufrichtigkeit, Gehorsam und Demut an diesen Räten, dass sie die Regierung dem Könige freiwillig wiederum zustellen, da sonst andere, wenn sie des Regiments einmal sich unterfangen, dasselbe schwer wiederum von Händen lassen.

Noch größere: Also ganz ist mir es weder bei den Meinen noch bei den Fremden zu keiner Verkleinerung oder Verachtung gereicht, dass ich von Gott mit der Unsinnigkeit und Beraubung meines Verstandes gestraft wurde, dass man mich mehr geehrt und höher geachtet als zuvor und ist meine königliche Majestät und hohes Ansehen nicht dadurch geschmälert, sondern viel mehr von der Zeit an gemehrt worden. [Denn nachdem Gott seine Kinder gezüchtigt und seine Gaben ihnen eine Zeit lang entzogen hat. So gibt er sie später nicht nur schlecht wieder, sondern erstattet sie gleichsam mit Wucher und da etwas in diesem Leben dahinten bliebe, wird es ihm doch im Himmel hinterlegt sein, da er es häufig wiederfinden wird.)

37. Darum lobe ich, Nebukadnezar und ehre und preise den König vom Himmel. Denn all sein Tun ist Wahrheit und seine Wege sind recht; und wer stolz ist, den kann er demütigen.

König: Nämlich den allmächtigen Gott, der der höchste Herr und Regent ist über alle Herrschaften im Himmel und auf Erde. [Denn wir sollen Gott gern die Ehre geben und unsere Schande und Schmach bekennen, auf dass Gott der Herr gelobt und gepriesen werde und man seine Gerechtigkeit und Güte erkenne, damit auch andere dadurch gebessert werden.)

Wahrheit: Er meint es mit seinen Auserwählten in allewege treulich und tut niemand Unrecht oder zu kurz. Denn das Wörtlein Wahrheit bedeutet hier und an vielen anderen Orten mehr, ebenso viel als Güte und Treue. [Wenn wir deswegen von Gott gezüchtigt werden, so sollen wir erkennen und bekennen, dass uns recht geschehen sei.)

Demütigen: Es ist ihm keiner zu weise und mächtig, wenn er sich dessen überhebt, dass ihn Gott nicht wiederum stürzen und demütigen könnte. [Sollen wir deswegen die Hoffart in allem unserem Tun und Lassen und ein jeder in seinem Stande mit höchstem Fleiß meiden als ein schädliches und tödliches Gift, das ins Verderben stürzt: Und sollen uns an diesen König spiegeln, der so tief gedemütigt wurde. Wiederum aber sollen wir dies Beispiel der göttlichen Gnade und Güte gegen alle bußfertigen Sünder fleißig betrachten und es wohl zu Herzen fassen, auf dass wir unter der Strafe nicht verzagen.)


Das 5. Kapitel

  • Nachdem Daniel das große Wunderwerk erzählt, welchergestalt der König Nebukadnezar von seinem Königreich verstoßen, gedemütigt und wieder eingesetzt, auch zu Gott bekehrt wurde. So überspringt er jetzt ganz viele Jahre und schreitet zu des letzten Königs Belsazers Historie. Gibt sein gottloses Leben kürzlich zu verstehen und zeigt an, wie er von Gott gestraft wurde, dass er sein Leben mit dem Königreich verlor. Dadurch die Babylonische oder chaldäische Monarchie zugleich ihre Endschaft erreicht und der Meder und Perser Regierung angefangen. Es hat aber der vorgemeldete Nebukadnezar dreiundvierzig Jahre regiert, sein Sohn Euilmerodach dreißig Jahre, dessen Sohn Regassar, drei Jahre und dieses Sohn Labassardach sechs Jahre. Auf welchen Belsazer gefolgt, des vorigen Sohn, der fünf Jahre im Regiment gewesen: Von welches letzten Königs verruchtem Leben und schändlichem Ende wir zuletzt hören wollen.

1. König Belsazer machte ein herrliches Mahl tausend seinen Gewaltigen und Hauptleuten und soff sich voll mit ihnen.

Mit ihnen: Dass sie das Trinkgeschirr tapfer ließen herumgehen und miteinander um die Wette tranken, bis sie alle voll wurden. Denn es war zur selben Zeit ein allgemeines Fest in der Stadt Babel, da jedermann im Sause lebte und gleichsam Fastnacht hielt. Unterdes aber lagen die Meder und Perser als Feinde um die Stadt herum. Und meinten zwar die Chaldäer, dass die Stadt unüberwindlich und nicht zu erobern wäre. Darum sie eben zu der Zeit, da ihr Untergang herannahte, schwelgten und bankettierten, auch allerlei Schandbüberei und Unzucht trieben. Aber in derselben Nacht, da sie dies Bankett gehalten, ist die Stadt erobert worden. Wie denn von diesem Wohlleben und bald darauf erfolgtem Untergang des Königreichs Babel der Prophet Jesaja lange zuvor auch geweissagt hatte in Kapitel 21. [Denn wenn rohlose Leute in der fleischlichen Sicherheit ganz und gar ersoffen sind und im Sause leben, so ist ihr Verderben vor der Tür. Und hasst Gott die Schwelgerei, also dass er auch die Trunkenbolde nicht im Himmel haben will {1Kor 6 Gal 5}]. Was aber sonst auch für viel ungereimtes Ding aus der Trunkenheit entsteht, dass man nüchtern nicht tut, kann man aus den folgenden Beispielen sehen.

2. Und da er trunken war, hieß er die goldenen und silbernen Gefäße herbringen, die sein Vater Nebukadnezar aus dem Tempel zu Jerusalem weggenommen hatte, dass der König mit seinen Gewaltigen, mit seinen Weibern und mit seinen Kebsweibern daraus tränken {2Chr 36v18 Dan 1v2}.

Sein Vater: Es wird aber Nebukadnezar des Belsazers Vater genannt, nicht, dass Belsazer von ihm gezeugt wurde, sondern dass er aus seinem Stamm in gerader absteigender Linie hergekommen war. Denn dies ist ein allgemeiner Brauch in der Schrift. Gleichwie auch Christus ein Sohn Abrahams und Davids genannt wird, da doch viele Personen zwischen Abraham, David und Christo gewesen {Mt 1}.

Kebsweibern: Denn es hatten die Könige zweierlei Weiber. Etliche, die sie aus Vorhaben und stattlichen Geschlechtern zur Ehe genommen, waren Königinnen und konnten ihre Kinder das Königreich erben. Die übrigen wurden Kebsweiber oder Konkubinen genannt, so viel mehr von wegen ihrer schönen Gestalt als hohen Geschlechts halben waren geheiratet worden und derselben Kinder hatten selten Teil am Königreich. Ob nun wohl dieser König, auch wenn er nüchtern war, der Abgötterei nachhängte und ein gottloses Leben führte. So hat ihn doch die Trunkenheit noch ärger gemacht, dass er den Gott Israels, mit Entheiligung seiner heiligen Gefäße, getrotzt. [Denn durch Trunkenheit wird oft viel närrisches, ungereimtes und schändliches Ding begangen, darum ein frommer und ehrliebender Mensch sich mit allem Fleiß dafür hüten soll].

3. Also wurden hergebracht die goldenen Gefäße, die aus dem Tempel, aus dem Hause Gottes zu Jerusalem, genommen wären; und der König, seine Gewaltigen, seine Weiber und Kebsweiber tranken daraus.

Hergebracht: Zu solchem vollen und tollem Bankett, dem Könige Israels und den Juden zur Schmach und Verachtung. [Denn der gottlosen Herren böse Diener sind willig, wenn sie einen Befehl ausrichten sollen, der Gott und seinem Wort zuwider ist].

Tranken daraus: Welches ein schrecklicher Missbrauch der heiligen Gefäße war. [Denn gleichwie es nicht Sünde ist, wenn man solche Sachen, so zur Abgötterei und Aberglauben geweiht wurden, zum gottseligen, ehrlichen und nötigen Brauch verwendet. Also ist es im Gegenteil eine große Kirchenräuberei, wenn man, was zur Erhaltung des Predigtamts des reinen göttlichen Wortes gestiftet wurde, üppig vertut und verschwendet].

4. Und da sie so soffen, lobten sie die goldenen, silbernen, ehernen, eisernen, hölzernen und steinernen Götter.

Soffen: nach Luther: Es bleibt nicht bei dem Saufen, sondern sie müssen Gottes auch dazu spotten und seine Gefäße missbrauchen. Darum spricht Paulus: Aus Trunkenheit folgt ein wüstes und wildes Leben {Eph 5v18}.

Lobten: nach Luther: Zu Hohn und Spott des Gottes zu Jerusalem, dem sie die Gefäße genommen hatten, als einem kranken nichtigen Gott.

Götter: Als ob ihre Götzen rechte Götter wäre nicht anders meinten, denn sie hielten einen Triumph über den Gott Israel. Dergestalt lästerte der König mit seinen Gästen beim Gesäuf den wahren Gott, welches noch eine größere Sünde war als die vorige, da er die heiligen Gefäße zum Gesäuf missbrauchte. [Denn die Gottlosen sind damit nicht vergnügt, das sie sich über die Kirche Gottes erheben, wenn sie nicht auch dazu Gott selbst lästern. Aber wenn sie am aller mutwilligsten und verwegensten mit allerhand Speiworten und giftigem Gespött sich erzeigen wider die rechte Religion, so ist ihr Verderben vor der Tür].

5. Eben zur selbigen Stunde gingen hervor Finger, als einer Menschenhand, die geschrieben, gegenüber dem Leuchter, auf die getünchte Wand indem königlichen Saal. Und der König wurde gewahr der Hand, die da schrieb.

Hand: Welche engelische Hand zwar ganz wenige Worte geschrieben, wie wir später hören werden, aber die dem Könige und seinem Königreich den Untergang gedroht und verkündigt hat.

Gewahr: Dass er sah, wie sie sich regte und etliche Worte an die Wand schrieb. [Denn Gott lässt sich endlich merken, dass er die Schmach höre und sehe, welche ihm und seiner Kirche zugefügt wird. Und warnt die Gottlosen mit vorhergehenden Zeichen, ob sie vielleicht wollten Buße tun, dass sie selig würden].

6. Da entfärbte sich der König und seine Gedanken erschreckten ihn, dass ihm die Lenden schütterten und die Beine zitterten.

Entfärbte: Dass also der zuvor mit fröhlichem Angesicht und einer guten Farbe gesehen wurde, jetzt allerdings erblichen und traurig wurde.

Erschreckten: Denn es wollte ihm gleich nichts Gutes einfallen und konnte doch nicht eigentlich wissen, was es für ein Unfall sei oder woher er ihm kommen würde.

Zitterten: Also dass alle die zugegen waren, ihn mit Verwunderung und nicht ohne großen Schrecken ansahen. [Denn wenn die Gottlosen sicheren Leute alle heilsamen Erinnerungen und Warnungen mit großem Übermut verachten, ja verlacht und verspottet haben, so erschrecken sie und entfällt ihnen der Mut ganz, wenn sie den Zorn und das Urteil Gottes empfinden, dass sie nicht wissen, was sie anfangen oder wo sie hinaus sollen].

7. Und der König rief überlaut, dass man die Weisen, Chaldäer und Wahrsager heraufbringen soll. Und ließ den Weisen zu Babel sagen: Welcher Mensch diese Schrift liest und sagen kann, was sie bedeute, der soll mit Purpur gekleidet werden und goldene Ketten am Halse tragen und der dritte Herr sein in meinem Königreiche.

Rief: Dass er in großem Schrecken befahl, man sollte allerlei gelehrte und hochverständige Leute vor ihn bringen, besonders, welche die Wunderzeichen zu deuten und auszulegen wüssten.

Den Weisen: So viele ihrer in solcher Eile konnten zusammengebracht werden.

Purpur: Welche Kleidung niemand zu tragen zugelassen wurde, er wäre denn in einem hohen Ehrenstand gesetzt.

Dritte Herr: Er soll an Ehren und Gewalt nach dem Könige den dritten Platz oder Sitz haben, also dass nur er, der König und noch eine Person (vielleicht die Königin) über ihm sei. [Man soll aber hochverständige Leute in Ehren haben und sie mit Guttaten begaben, auf dass andere auch etwas zu lernen dadurch aufgemuntert werden].

8. Da wurden alle Weisen des Königs heraufgebracht; aber sie konnten weder die Schrift lesen noch die Deutung dem König anzeigen.

Alle Weisen: Die von wegen ihrer Kunst vor anderen im Ansehen waren, ob sie wohl allerlei, gute und böse verbotene Künste ohne Unterschied durcheinander gelernt hatten. [Denn des Menschen Natur ist zu den abergläubischen Künsten sehr geneigt].

Lesen: Ob sie dieselbe wohl vor Augen sahen. [Denn die menschliche Weisheit und Kunst vermag die göttlichen Geheimnisse nicht aus eigener Willkür hervorbringen und an den Tag geben].

9. Des erschrak der König Belsazer noch härter und verlor ganz seine Gestalt und seinen Gewaltigen wurde bange.

Noch härter: Dass unter allen seinen Weisen keiner gefunden wurde, der die Schrift lesen oder deuten könnte.

Bange: Weil ein solch ungewöhnliches Ding gewisslich nichts Gutes bedeuten würde und dazu sahen, wie der König so gar erschlagen war. [Denn etliche Hofleute sind wie ein Spiegel, dass sie können süß und sauer sehen, nachdem sie spüren, dass ihre Herren lustig oder Unmuts sind].

10. Da ging die Königin um solcher Sache willen des Königs und seiner Gewaltigen hinauf in den Saal und sprach: Herr König, Gott verleihe dir langes Leben! Lass dich deine Gedanken nicht so erschrecken und entfärbe dich nicht also {Dan 2v4 3v9 6v6}!

Königin: Nämlich eine von den Alten, die entweder des Nebukadnezars oder Euilmerodachs Gemahl gewesen und aus des Daniels Lehre den wahren Gott hatte lernen erkennen, darum sie auch bei solchem Gottlosen und unzüchtigen Bankett sich nicht gefunden.

Nach Luther: Das wird vielleicht des Königs Mutter gewesen sein, die alte Königin und Witwe. Denn oben im Anfang sind des Königs Weiber auch mit im Trinksaal.

Hinauf: Dass sie den König tröstete. Denn es ist ohne allen Zweifel das Geschrei von der wunderbaren unleserlichen Schrift alsbald durch das ganze königliche Schloss hin und wieder erschollen. [Und soll man den Erschrockenen mit Rat und Trost beispringen].

Langes Leben: [Dieser Eingang so damals, wenn man die Könige anreden wollte, im Brauch gewesen, erinnert uns, dass wir der Obrigkeit Gutes wünschen und für sie bitten sollen {1Tim 2}].

Nicht also: Darum, dass noch niemand sich gefunden hat, der diese Schrift lesen könne.

11. Es ist ein Mann in deinem Königreich, der den Geist der heiligen Götter hat. Denn zu deines Vaters Zeit wurde bei ihm Erleuchtung erfunden, Klugheit und Weisheit, wie der Götter Weisheit ist; und dein Vater, König Nebukadnezar, setzte ihn über die Sternseher, Weisen, Chaldäer und Wahrsager,

Götter hat: Der mit dem Geist Gottes begabt ist, dass er verborgene Dinge offenbaren und dunkle Sachen erklären kann.

Götter Weisheit: Das ist, er hat eine göttliche Weisheit. Denn sie nach dem Hofbrauch der Chaldäer redet.

Über die Sternseher: Dass er sie lehren und unterweisen sollte. Denn er mit solchen hohen und herrlichen Gaben des Geistes Gottes begnadet ist, dass er in Erklärung der Träume und Erforschung anderer verborgener Sachen, auch Entscheidung vieler verwirrter und unrichtiger Fragen, alle Weisen und gelehrten Leute deines Königreichs weit übertrifft, denselben kannst du hören. [Und soll man solche Personen über andere Leute setzen, die an Lehre, Weisheit und Aufrichtigkeit andere übertreffen. Obwohl nun fromme Fürsten durch taugliche Personen viel Böses zu verbessern sich unterstehen. So wird doch solches durch andere böse Leute verhindert, dass es sein erwünschtes Ende nicht erreicht, sondern noch viel Unrichtiges überbleibt, das sich nicht will richtig bringen lassen].

12. darum dass ein hoher Geist bei ihm gefunden wurde, dazu Verstand und Klugheit, Sprüche zu deuten, dunkle Sprüche zu erraten und verborgene Sachen zu offenbaren, nämlich Daniel, den der König ließ Beltsazar nennen. So rufe man nun Daniel; der wird sagen, was es bedeute.

Rufe: Aus dieser der Königin Rede ist gut zu lesen, dass Daniel damals nicht bei Hofe gewesen, sondern entweder freiwillig von so Gottlosen Hofe sich hinweg gemacht, da man seines guten Rats nicht mehr geachtet oder aber unter einem ehrlichen Schein von Hofe verzogen war. [Denn etliche Herren Höfe mögen bisweilen weise, tugendhafte und fromme, Gottesfürchtige Leute nicht leiden].

13. Da wurde Daniel hinauf vor den König gebracht. Und der König sprach zu Daniel: Bist du der Daniel, der Gefangenen einer aus Juda, die der König, mein Vater, aus Juda hergebracht hat?

Nach Luther: Daniel ist bei diesem König so vergessen, dass man ihn suchen und rufen muss. Also geht es allen treuen Dienern in der Welt.

Aus Juda: Aus welchem Lande du gefangen bist hierher geführt worden? Und er zeigt sich in dieser Frage bei dem Könige noch ein besonderer Stolz und Übermut, ob er wohl heftig erschrocken war, weil er dem Daniel sein Elend und Gefängnis etlichermaßen vorhält. [Denn ein hochtrabendes Gemüt kann auch im bösen Zustande sich nicht allerdings in die Demut schicken].

14. Ich habe von dir hören sagen, dass du den Geist der heiligen Götter hast und Erleuchtung, Verstand und hohe Weisheit bei dir gefunden sei.

Hast: Dass du mit einer besonderen und hohen göttlicher Weisheit begabt bist.

Gefunden sei: Mehr als bei anderen gelehrten und hochverständigen weisen Leuten, darum begehr ich von der Sache, die mir hart anliegt, deine Meinung zu hören.

15. Nun hab ich vor mich fordern lassen die Klugen und Weisen, dass sie mir diese Schrift lesen und anzeigen sollen, was sie bedeute; und sie können mir nicht sagen, was solches bedeute.

Und Weisen: Allerlei gelehrte Leute, die sonst viele geheime und dunkle Sachen können an den Tag bringen und erklären.

Nicht sagen: Es kann ihr keiner die Schrift weder lesen noch erklären.

16. Von dir aber höre ich, dass du könntest die Deutung geben und das Verborgene offenbaren. Kannst du nun die Schrift lesen und mir anzeigen, was sie bedeutet, so sollst du mit Purpur gekleidet werden und goldene Ketten an deinem Halse tragen und der dritte Herr sein in meinem Königreiche.

Offenbaren: Und sei keine Sache so schwer, die du nicht weislich entscheiden könntest.

Lesen: Die du dort an der Wand siehst. [Gleichwie aber dieser König, da er bei seinen Leuten keinen Rat mehr zu finden weiß, zum Propheten Gottes seine Zuflucht hat und dennoch nicht Buße tut: Also rufen auch die Gottlosen, wenn alle menschliche Hilfe aus ist, Gott um Hilfe an, aber ihrer zuvor begangener Bosheit will sie noch nicht bereuen].

17. Da fing Daniel an und redete vor dem Könige: Behalte deine Gaben selbst und gib dein Geschenk einem anderen; ich will dennoch die Schrift dem Könige lesen und anzeigen, was sie bedeute.

Redet: Mit männlichem Herzen und ansehnlichen Gebärden, wie einem solchen Propheten gegen einen gottlosen König gebührte.

Anderen: Wem du willst, ich achte mich deiner Gaben und Geschenke nicht, will sie auch nicht nehmen. [Denn ob es wohl an sich selbst nicht Sünde ist, dass man Geschenke annehme. So geben es doch die Umstände bisweilen also dass es einem frommen und besonders einem Kirchendiener übel anstünde, wenn er von einem Gottlosen und lasterhaften Menschen wollte mit Geschenken sich bestechen lassen, besonders aber soll er sich hüten, dass er Gunst zu erlangen oder Reichtum zu erwerben, niemand etwas zu gefallen rede].

18. Herr König, Gott der Höchste hat deinem Vater, Nebukadnezar, Königreich, Macht, Ehre und Herrlichkeit gegeben.

Höchste: Der allermächtigste, einzige, wahre Gott, dem wir Israeliten dienen.

Gegeben: [Denn die Königreiche werden von Gott gegeben und erhalten]. Und erzählt Daniel erstlich das Beispiel des Königs Nebukadnezar seines Altvaters, wie derselbe, ob er wohl der allermächtigste König gewesen, dennoch von Gott gedemütigt wurde, und verweist es dem Könige Belsazer aufs Ernstlichste, dass er durch solches öffentliche und jedermann bekannte Beispiel der göttlichen Gewalt und großen Ernsts sich nicht bewegen lasse und der Lästerungen wider den Gott Israels sich enthalten hätte.

19. Und vor solcher Macht, die ihm gegeben war, fürchteten und scheuten sich vor ihm alle Völker, Leute und Zungen. Er tötete, wen er wollte; er schlug, wen er wollte; er erhöhte, wen er wollte; er demütigte, wen er wollte.

Und Zungen: Es hielten alle Leute in der ganzen Welt, so mancherlei und unterschiedliche Sprachen haben, viel und hoch von ihm und fürchten sich für seiner großen Majestät und Gewalt. [Solche Ehrerbietung aber, da die Obrigkeit von den Untertanen geehrt und gefürchtet wird, ist eine Gabe Gottes. Gleichwie auch Gott bisweilen, da die Obrigkeit gottlos ist, Verachtung über die Fürsten ausschüttet, dass sie nicht mehr gefürchtet werden].

Er wollte: Also dass er wie ein irdischer Gott anzusehen war. [Denn Gott gibt der Obrigkeit große Gewalt, daher sie auch Götter genannt werden. Aber doch sollen sie ihre Gewalt nicht missbrauchen].

20. Da sich aber sein Herz erhob und er stolz und hochmütig wurde, wurde er vom königlichen Stuhl gestoßen und verlor seine Ehre;

Erhob: Dass er sich nichts mehr einreden ließ und keine Warnung noch Ermahnung statthatte. [Wenn man aber nicht nur sündigt, sondern auch alle heilsamen Warnungen verachtet, so ist gewisslich ein großes Unglück vorhanden].

21. und wurde verstoßen von den Leuten und sein Herz wurde gleich den Tieren und musste bei dem Wild laufen und fraß Gras wie Ochsen und sein Leib lag unter dem Tau des Himmels und wurde nass, bis dass er lernte, dass Gott der Höchste Gewalt hat über der Menschen Königreiche und gibt sie, wem er will.

Tieren: Er verlor alle menschlichen Sinne und Vernunft und stellte sich wie ein wildes Tier. Welche Strafe über ihn ganze sieben Jahre dauerte.

Lernte: Denn es hat ihn Gott darum so ernstlich und hart gezüchtigt, auf dass er dabei erkennen könnte, wie die Regierung und Herrschaften nicht in der Menschen Gewalt, sondern in Gottes Hand stehen, der sie gibt oder nimmt, wem und wenn er will. [Sollen deswegen die Könige und Regenten sich erinnern, dass sie nicht die obersten Herren der Welt sind, sondern nur Gottes Lehenleute, der ihnen das Lehen ganz leicht entziehen kann, wenn sie nicht recht damit umgehen].

22. Und du, Belsazer, sein Sohn, hast dein Herz nicht gedemütigt, ob du wohl solches alles weißt,

Nicht gedemütigt: Vor dem wahren Gott Israel, der deinen Vorfahren ab und wieder eingesetzt hat. [Denn wir sollen bei fremden Schaden lernen klug werden und anderer Leute Beispiel uns nütze machen].

23. sondern hast dich wider den Herrn des Himmels erhoben und die Gefäße seines Hauses hat man vor dich bringen müssen; und du, deine Gewaltigen, deine Weiber und deine Kebsweiber habt daraus gesoffen, dazu die silbernen, goldenen, ehernen, eisernen, hölzernen, steinernen Götter gelobt, die weder sehen, noch hören, noch fühlen; den Gott aber, der deinen Odem und alle deine Wege in seiner Hand hat, hast du nicht geehrt {Ps 115v5 v6 v7}.

Des Himmels: Wider den wahren Gott Israels, der im Himmel und überall herrscht, den du aus großem Übermut verachtet und seiner gespottet hast.

Bringen müssen: Dem Gott Israel zur Schmach, das du sie verunreinigtest und entheiligtest, von welchen doch dein Ahnherr, der sie gen Babel geführt, sich enthalten hat.

Gelobt: Welches vor unserem Herrn Gott gar zu abscheulich und ein solches gräuliches Ding ist, dass er es nicht mehr leiden könne. Gerade als ob durch ihr Zutun so viele Königreiche und Herrschaften unter dein Gebiet gekommen wären. [Je mehr man aber die falschen Götter und erdichte Religion hochhebt, je größere Schmach dem wahren und ewigen Gott damit angetan wird].

Wege: All dein Tun und Lassen, der dir das Leben und Königreich gegeben und bisher erhalten hat, dem hast du nie dafür gedankt. [Wenn aber Gott nicht mit dankbarem Gemüt für seine Guttaten gepriesen wird, so nimmt er sie wieder hinweg].

24. Darum ist von ihm gesandt diese Hand und diese Schrift, die da verzeichnet stehen.

Gesandt: Auf dass dir deine Sünden und darauf vor Augen bereits schwebende Strafen verkündigt würden. [Denn Gott deutet auch durch Wunderzeichen auf die herzunahenden Strafen].

25. Das ist aber die Schrift da verzeichnet: Mene, mene, tekel, upharsin.

Da: An der Wand. Ich halt es aber dafür, dass es ganz besondere Buchstaben gewesen, so in keiner anderen Sprache gebräuchlich sind. Also dass ohne Daniel sie niemand lesen könne, der sie zugleich aus Erleuchtung des Heiligen Geistes mit einer ausführlichen Erklärung deutet. Denn Mene heißt zählen, Tekel heißt abwägen, Upharsin heißt eine Teilung und deutet zugleich auch auf die Perser.

26. Und sie bedeutet dies: Mene, das ist, Gott hat dein Königreich gezählt und vollendet.

Vollendet: Die bestimmte Jahreszahl deines Königreichs ist herum, sie ist gezählt und ausgezählt und ist das Ende vor der Tür.

27. Tekel, das ist, man hat dich in einer Waage gewogen und zu leicht gefunden.

Zu leicht: Das ist, da Gott dein Herz probiert, hat er dich als einen leichtfertigen, nichts werten, Gottlosen und lasterhaften Menschen befunden, der zum Königreich nicht tauglich sei.

28. Peres, das ist, dein Königreich ist zerteilt und den Medern und Persern gegeben.

Und Persern: Die bereits um die Stadt liegen. [Welches zwar eine scharfe Bußpredigt gewesen, aber doch dem Könige hätte angezeigt werden müssen. Denn es steht den Predigen zu, dass sie das Wort Gottes nicht verhehlen noch gestümmelt vorbringen, sondern ohne Falsch und Scheu, dass sie keine Person ansehen, ob sie gleich nicht bei jedermann Dank verdienen].

29. Da befahl Belsazer, dass man Daniel mit Purpur kleiden sollte und goldene Ketten an den Hals geben; und ließ von ihm verkündigen, dass er der dritte Herr sei im Königreich.

Befahl: Weil er sich über des Daniels Weisheit und Aufrichtigkeit verwunderte. [Denn obwohl der König keine gute oder angenehme Nachricht gehört, so hat er dennoch seinem Versprechen wollen genug tun. Da er denn viel aufrichtiger gehandelt als etliche andere, die in großem Tun und Ansehen sind, welche viel verheißen und wenig leisten].

30. Aber des Nachts wurde der Chaldäer König Belsazer getötet.

Des Nachts: Nämlich noch in derselben Nacht, da der König mit seinen Gewaltigen und Untertanen ein Freudenfest hielt und im Sause lebte, da hat Cyrus oder Kores durch den Fluss Euphrat, den er mehreren teils mit großer Kunst und vieler Mühe anders wohin abgeführt und geleitet hatte, gesetzt und ist also der Stadt mächtig geworden, wie Herodotus bezeugt in seinem 1. Buch und Xenophon in seinem siebten Buch von des Cyri Kinderzucht: Welcher auch sagt, dass der Chaldäer König von einem, Gobrya genannt, sei erwürgt worden, weil dessen Sohn, der König, vor der Zeit auf der Jagd ermordet hatte. [Denn die Bosheit und Tyrannei, wie auch die Trunkenheit und Unzucht sind Ursache daran, dass ganze Königreiche zugrunde gehen und zerstört werden und kann es keine menschliche Weisheit hindern noch Gewalt erwehren, wenn Gott die Königreiche verändern und auf ein anderes Volk oder Geschlecht bringen will]. Dergestalt hat die erste Monarchie der Assyrer und Babylonier oder Chaldäer ein Ende genommen und die andere Monarchie der Meder und Perser angefangen.

31. Und Darius aus Medien nahm das Reich ein, da er zweiundsechzig Jahre alt war.


Das 6. Kapitel

  • Der König Darius bringt das Königreich Babel unter sich und hält Daniel in großen Ehren, weil er ohne Zweifel von seiner Weisheit und Redlichkeit guten Bericht empfangen. Solche Gunst und Gnade des Königs, hat ihn bei den anderen Hofleuten desto mehr Ungunst und Widerwillen verursacht, daher er in große Gefahr des Leibes und Lebens geraten, aber durch Gottes Güte und Allmacht daraus wiederum errettet und seine Widersacher in die Grube gestürzt wurden, die sie ihm gegraben hatten: Welches zu der Ehre Gottes, des israelitischen Volkes Trost und zu mehr Stärkung des Glaubens Daniels, auch zu seiner größeren Würde und Hoheit gereicht. Es setzt aber Daniel auch die Ursache hinzu, warum die anderen Hofdiener ihm abhold wurden.

1. Und Darius sah es für gut an, dass er über das ganze Königreich setzte hundertundzwanzig Landvögte.

Landvögte: Als Regenten, da ein jeder seiner Landschaft mit gebührender Gewalt vorstünde, Recht und Gerechtigkeit handhabte und die Untertanen zur Gebühr anhielte. Damit also es im Regiment besser zuginge als zuvor unter des Belsazers Regierung, der es in eine große Unordnung und Zerrüttung geraten lassen. [Es gibt aber die Viele der Landvögte nicht allein zu verstehen, was für einen großen Begriff und Umkreis das Königreich Babel hatte, sondern wir werden auch dabei erinnert, dass man vortreffliche und ansehnliche Personen nehmen soll, die über andere sollen gesetzt werden und ein Aufsehen haben, dass nichts Unrichtiges vorlaufe. Und müssen solche Personen auch ein Lob der Weisheit, Aufrichtigkeit und Frömmigkeit haben].

2. Über diese setzte er drei Fürsten, deren einer war Daniel, welchen die Landvögte sollten Rechnung tun und der König der Mühe überhoben wäre.

Fürsten: Die die oberste Gewalt nach dem König hatten.

Daniel: [Denn es ist einem frommen Menschen unverboten, dass er wohl mag im Stande der Obrigkeit sein].

Rechnung tun: Von des Königreichs Einkommen und anderen Sachen, die zur Regierung gehörten.

Überhoben: [Denn obwohl die Obrigkeiten nicht recht tun, welche die Geschäfte der Regierung allerdings den Räten befehlen und sie unterdes sich mit guten Tagen lassen wohl sein. So kann man es doch auch frommen und fleißigen Regenten nicht verargen, wenn sie einen großen Teil der Arbeit in der Regierung auf die Räte verschieben, damit sie nicht gar zu sehr beschwert werden, vor der Zeit absterben und die Untertanen ihrer getreuen und väterlichen Fürsorge mangeln müssen].

3. Daniel aber übertraf die Fürsten und Landvögte alle, denn es war ein hoher Geist in ihm; darum gedachte der König ihn über das ganze Königreich zu setzen.

Übertraf: Mit dem Ansehen und Aufrichtigkeit der Geschäfte.

Hoher Geist: Er war mit einer besonderen Weisheit, Vorsichtigkeit und mit einem hohen Verstand begabt, dass ihm keiner im ganzen Königreich gleichen möchte. [Es ist aber die Weisheit eine herrliche Gabe Gottes und macht einem Menschen ein großes Ansehen, wird auch dem gegeben, der Gott fürchtet].

Setzen: Als einen Statthalter, weil er nicht allein mit großer Weisheit begabt war, sondern auch von vielen Jahren her in Sachen sich geübt und erfahren, auch der Zustand im Königreich Babel ihm am besten bekannt war. [Und so soll man in Erwählung eines Regenten besonders auf Frömmigkeit, Redlichkeit und Weisheit sehen].

4. Darum trachteten die Fürsten und Landvögte danach, wie sie eine Sache zu Daniel fänden, die wider das Königreich wäre; aber sie konnten keine Sache noch Übeltat finden, denn er war treu, dass man keine Schuld noch Übeltat an ihm finden mochte.

Sache: Sie suchten Gelegenheit, wie sie Daniel verklagen möchten, von wegen dass er dem Regiment nicht wohl, sondern untreu vorstünde. [Also geschieht es, wo Tugend und Glück ist, da findet sich auch bald der Neid und Missgunst, besonders an großer Herren Höfen].

Treu: In allem seinem Tun. [Und soll ein frommer Mensch sich bemühen, dass er mit einem unsträflichen Leben einen guten Namen behalte].

5. Da sprachen die Männer: Wir werden keine Sache zu Daniel finden ohne über seinem Gottesdienst.

Keine Sache: Wir werden ihm nichts beibringen noch mit Wahrheit überzeugen können.

Gottesdienst: Darüber er ganz steif hält. Darum müssen wir etwas erdenken und bei dem Könige einen Befehl ausbringen, der des Daniels Religion zuwider sei. Also wird es geschehen, wenn er über seinen Gottesdienst so steif halten will, dass er dem königlichen Befehl wird müssen zuwiderhandeln und in seine Ungnade fallen, sich auch selber also ins Verderben stürzen. [Denn man findet etliche, da sie sonst ihrem Widerpart mit keinem Schein des Rechten zukommen können, damit sie sich das Leben nehmen oder seine Güter an sich ziehen. So stellen sie in Religionssachen solche Dekrete, denen fromme Leute mit gutem Gewissen nicht gehorsam leisten können. Darüber beschuldigt man sie alsdann der Widerspenstigkeit und sie werden ihrer Güter beraubt].

6. Da kamen die Fürsten und Landvögte häufig vor den König und sprachen zu ihm also: Herr König Darius, Gott verleihe dir langes Leben!

Kamen: Nachdem sie etwas erdacht, dass dem Daniel zuwider und ihm nicht annehmlich sein würde.

Häufig: Da nämlich die Glocke gegossen war, haben sie sich in großer Anzahl bei dem Könige eingestellt, auf dass sie ihn desto eher überredeten, was sie wollten. [Denn etliche raten ihren Fürsten also, dass sie dieselben vielmehr zwingen, als mit Zeichen genügsamer Ursachen auf ihre Meinung bringen].

Langes Leben: Dies ist eine gewöhnliche Form des Grußes zum Eingang damals gewesen.

7. Es haben die Fürsten des Königreichs, die Herren, die Landvögte, die Räte und Hauptleute alle gedacht, dass man einen königlichen Befehl soll ausgehen lassen und ein strenges Gebot stellen, dass, wer in dreißig Tagen etwas bitten wird von irgendeinem Gott oder Menschen ohne von dir, König, alleine, soll zu den Löwen in den Graben geworfen werden.

Gedacht: Sie haben es mit Fleiß und treulich beratschlagt, welchergestalt du als ein neuer König zu Babel bei den Untertanen ein Ansehen bekommst, damit dies dein angehendes Königreich bestätigt werde und deine Untertanen dich mit gebührendem Gehorsam ehren und fürchten.

Alleine: Denn deine Macht ist so groß und hast Reichtum genug, dass du einem jeden mit deiner Freigiebigkeit kannst einen ganzen Monat lang reichlich mitteilen und in allen ehrlichen Sachen zu willen werden, was sie begehren. Dergestalt wirst du dir bei den Untertanen ein großes Ansehen machen, dass sie dich werden für einen irdischen Gott halten und dir treulich anhangen, wenn sie deine Freigiebigkeit spüren. Da auch etliche es nicht mit dir haben würden, die wird man durch die Übertretung solches deines Gebots können auskundschaften, auf dass sie zur gerechten Strafe gezogen und andere in der Furcht behalten werden. [Also sind etliche Hofleute gesinnt, dass sie auch Gott im Himmel nicht achten, sondern die großen Herren auf Erde für Götter ehren, an welcher Gnade sie meinen genug zu haben, dass sie nach ihrem Willen und Wohlgefallen leben mögen].

8. Darum, lieber König, sollst du solche Gebote bestätigen und dich unterschreiben, auf dass nicht wieder geändert werde, nachdem Recht der Meder und Perser, welches niemand übertreten darf.

Geändert: Dass es niemand durften abtun oder vernichten, sondern in seinen Kräften bleibe, bis die bestimmte Zeit vorüber sei.

Niemand übertreten: Weil die Meder und Perser ein solches unwandelbares Recht haben, dass man kein königliches Dekret, so mit des Königs Hand unterschrieben wurde, durften schwächen oder ändern, damit die königliche Majestät nicht geschmälert werde und in Verachtung komme. Es konnten aber diese Buben jene die Rechnung leicht machen, dass Daniel die ganzen dreißig Tage über sein Gebet nicht einstellen oder unterlassen würde, weil sie um seinem Eifer in seiner Religion gute Wissenschaft trugen. Darum sie es gänzlich davor hielten, dass er solche Gebote des Königs ungeachtet seinem gewöhnlichen Gebet unverhohlen obliegen würde, daher sie später Ursache zu ihm haben könnten, ihn seiner Widerspenstigkeit halben zu verklagen und zum Tode zu verurteilen. [Stellten sich also diese Räte des Königs, als ob sie des Königs Ansehen und Majestät begehrten zu erhalten und größer zu machen, da sie doch nichts anderes als des Daniels Untergang suchten: Ebenmäßig lassen sich etliche ihresgleichen auch vernehmen, als begehrten sie ihrer Herren Nutzen zu befördern, da sie doch unterdes ihren eigenen Vorteil suchen oder anderen Schaden zuzufügen im Sinn haben. So viel aber das unwiderrufliche Dekret der Meder und Perser antrifft, sollen wir wissen, dass man in allen Dingen das Mittel suchen muss, damit man der Sachen weder zu viel noch zu wenig tue. Denn was unrechte Dekrete sind, die sollen richtig keinen Nachdruck haben, sondern vielmehr vernichtet und abgetan werden. Was aber nützliche und heilsame Dekrete sind, die soll man nicht lassen aus der acht und in Verachtung kommen, sondern mit allem Fleiß darüber halten, dass man kein Gespött oder Narrenwerk damit treibe].

9. Also unterschrieb sich der König Darius.

Unterschrieb: Dass er mit seiner Unterschrift solch unrechtes Edikt bestätigte. [Es sollen aber Fürsten und Herren sich wohl vorsehen, was sie unterschreiben, damit sie nicht bald danach ihre Unbedachtsamkeit bereuen].

10. Als nun Daniel erfuhr, dass solche Gebote unterschrieben wären, ging er hinauf in sein Haus (er hatte aber an seinem Sommerhause offene Fenster gegen Jerusalem). Und er fiel des Tages dreimal auf seine Knie, betete, lobte und dankte seinem Gott, wie er denn vorhin zu tun pflegte.

Erfuhr: Da er denn leicht merken könne, dass es auf und wieder gesehen wäre. Und ob er wohl von solcher ganzen Handlung ausgeschlossen wurde (wie zu geschehen pflegt, dass man fromme Leute bei gottlosen Ratschlägen nicht leiden kann]. So ist ihm doch von ihrem gestellten Dekret aller Bericht zugekommen. Hat aber daneben gehofft, es würde der König solches gottlose Vorhaben nicht rechten, viel weniger unterschreiben und bestätigen. Da er aber vernommen, dass der König darin bewilligt hätte, hat er daraus abnehmen können, wie ihm von Gott auferlegt würde, dass er seines Glaubens Rechenschaft geben und seine Bekenntnisse tun sollte. Und ob er wohl wusste, was ihm für Gefahr darauf stünde, so hat er doch wiederum den Trost gefasst, dass Gott, der seine Gesellen im feurigen Ofen erhalten, ihn auch unter den grausamen Löwen schützen könnte, da es aber Gott haben wollte, so wäre er auch bereit und willig, um des Bekenntnisses willen der rechten Religion zu sterben.

Offene Fenster: Dass er von anderen konnte gesehen werden, wenn er betete. [Und war dies ein Stück des Bekenntnisses seiner Lehre. Auf dass er nicht dafür angesehen würde, als hätte er Gott und seine Religion verleugnet um eines gottlosen Befehls willen, den die Landvögte beim König ausgebracht hatten. Denn was gottlose Gebote sind, denen soll man keinen Gehorsam leisten. Und ist das Bekenntnis des Glaubens zur Zeit der Verfolgung in allen Wegen besonders vonnöten, beides um der Ehre Gottes willen und damit die Schwachen nicht in Zweifel geführt werden und abfallen. So war Daniel der Vornehmste im Volk Gottes und konnte nach seiner vortrefflichen hohen Weisheit leicht erachten, dass es auf ihn allein angesehen wäre. Dazu ist vermutlich, dass man auf die anderen Juden entweder nicht achthatte oder aber sie doch niemand anzuklagen begehrte, sie beteten gleich oder nicht, besonders, da sie irgend ihr Gebet nicht öffentlich verrichteten. Er wandte aber sein Angesicht gegen Jerusalem, da der Tempel Gottes war. Weil Gott dem Salomo {1Sam 8} versprochen, dass er seines Volkes Gebet erhören wollte, auch wenn sie gleich in der Fremde wären und gegen den Tempel beteten. Welches doch nicht aus Aberglauben geschah, sondern zu dem Ende, auf dass die Israeliten mit dieser Zeremonie sich erinnerten und zu verstehen gäben, wie sie den wahren Gott Israels anriefen, der den Messias senden würde und zugleich mit der vorgemeldeten göttlichen Verheißung im Glauben der Erhörung halben, desto mehr vergewissert und gestärkt würden. Wenn wir beten wollen, so sollen wir die Augen unseres Gemüts zu Christo, als dem Tempel der Gottheit {Joh 2} richten und in seinem Namen bitten, so werden wir gewisslich erhört werden {Joh 16}. Sonst ist bei uns im Christentum wenig daran gelegen, wie oft oder an welchem Ort wir beten, wenn nur das Gebet ernstlich und aus Glauben geschieht. Dass man niederkniet, bezeugt man damit seines Herzen Demut und ist doch auch ein solcher Brauch, den man tun oder unterlassen mag, weil man auch stehend recht beten kann, wie man dessen in der Schrift viele Beispiele hat. Man soll aber allerlei Guttaten und wessen man benötigt, von Gott bitten und wenn wir, was wir begehrt, empfangen haben, sollen wir auch die Danksagung nicht vergessen].

11. Da kamen diese Männer häufig und fanden Daniel beten und flehen vor seinem Gott.

Männer: Die vorgemeldeten Fürsten und Landvögte, welche das Gebot bei dem Könige ausgebracht hatten, auf dass sie dem Daniel also könnten beikommen und ihn aus dem Wege räumen.

Häufig: Eben zur selben Zeit, da sie wussten, dass Daniel zu beten pflegte, auf dass sie ihn überzeugen könnten, wie er das königliche Gebot übertreten und sämtlich auf den König dringen möchten, damit die Strafe der Übertretung nach Ausweisung des Gebots an Daniel vollstreckt würde.

Und flehen: Welches sie ihm nicht anders gedeutet, als wenn er das ärgste Bubenstück begangen hätte. [Denn es trägt sich bisweilen in der Welt zu, dass der Frommen gute Werke für Übeltaten angezogen und gestraft werden, was aber böse Stücke sind, die darf man wohl für Tugenden ausschreien und mit Guttaten belohnen. Aber im anderen Leben wird es eine große Veränderung geben].

12. Und traten hinzu und redeten mit dem Könige von dem königlichen Gebot: Herr König, hast du nicht ein Gebot unterschrieben, dass, wer in dreißig Tagen etwas bitten würde von irgendeinem Gott oder Menschen ohne von dir, König, alleine, soll zu den Löwen in den Graben geworfen werden? Der König antwortete und sprach: Es ist wahr und das Recht der Meder und Perser soll niemand übertreten.

Hinzu: Sie verfügten sich in großer Anzahl in den königlichen Saal. Und schämen sich diese ansehnlichen Personen nicht, des Daniels, ihres Mitgesellen, Inquisitoren und Verräter zu werden, welches sie sonst in anderen dergleichen Fällen nicht getan hätten und ihres hohen Standes ohne Zweifel daran geschont. [Aber der Hass und Missgunst treibt die Leute an, dass sie tun dürfen, dessen sie sich sonst schämten].

Wahr: Was ihr redet, ich habe ein solches Gebot lassen ausgeben.

Niemand übertreten: Man darf es auch nicht widerrufen noch ändern. Denn der König merkte noch nicht, womit die Fürsten und Räte umgingen und was sie wider Daniel im Sinne hätten.

13. Sie antworteten und sprachen vor dem Könige: Daniel, der Gefangenen aus Juda einer, der achtet weder dich noch dein Gebot, das du verzeichnet hast; denn er betet des Tages dreimal.

Sprachen: Nachdem sie die Bestätigung des Dekrets von neuem bei dem König ausbrachten.

Einer: Der kein Chaldäer noch Meder noch Perser ist, sondern einer von dem losen Gesindlein, die man vorzeiten aus dem jüdischen Land gen Babel gefangen gebracht hat.

Dreimal: Zu seinem jüdischen Gott. Darum, wo du anders nicht willst aller persischen Gesetz und Ordnungen Ansehen schwächen und eine ganze Regierung in Gefahr setzen, so will vonnöten sein, dass Daniel um seines Ungehorsams willen seine angemessene Strafe empfange und den Löwen vorgeworfen werde. [Also geschieht es, dass die Hofleute der Obrigkeit eine Sache zuerst im Allgemeinen vorbringen, als meinten sie es trefflich gut, da die Herren unterdes nicht Acht darauf geben, was es für einen Nachdruck haben werde, wenn sie nun das erste erlangt, machen sie danach den Beschluss darauf, da befinden die Herren allererst, dass sie unvorsichtig gehandelt und verstrickt sind].

14. Da der König solches hörte, wurde er sehr betrübt und tat großen Fleiß, dass er Daniel erlöste und mühte sich, bis die Sonne unterging, dass er ihn errettete.

Betrübt: Weil er den Daniel von wegen seiner wunderbaren Weisheit und Aufrichtigkeit sehr lieb hatte.

Mühte sich: Dass er die Sache hin und wieder beratschlagt, was er möchte vorwenden, damit Daniel den Löwen nicht zuteilwürde. Hat auch ohne Zweifel den Fürsten und Landvögten ernstlich zugeredet und ihnen lange Widerpart gehalten. Da er ihnen erzählt, obwohl sich Daniel um das Königreich Babel nun eine lange Zeit her verdient hätte und auch jetzt in der angehenden Monarchie der Meder und Perser sich trefflich wohl gehalten, dass man im wenigsten nichts Böses an ihm spüren könne. Wie er auch mit einer hohen und göttlichen Weisheit begabt wäre, damit er dem Königreich und ganzem Lande zukünftig sehr nützlich sein könnte. Ja wenn man ihn umbrächte, so durfte es wohl den Meden und Persien übel ausschlagen und möchte einmal die Zeit kommen, dass es sie sämtlich bereuen würden, weil sie einen solchen trefflichen Mann verlieren. [Denn es soll ein jeder mit höchstem Fleiß, nach Ausweisung seines Berufes, sich dahin bearbeiten, dass unschuldige Leute vom Tode errettet werden {Spr 24}].

15. Aber die Männer kamen häufig zu dem König und sprachen zu ihm: Du weißt, Herr König, dass der Meder und Perser Recht ist, dass alle Gebote und Befehle, so der König beschlossen hat, sollen unverändert bleiben.

Häufig: Also dass sie zuliefen und der Haufen je länger je größer wurde, damit sie den König zur Vollstreckung seines Gebots zwängen.

Unverändert: Darum, ob wir dich dafür halten, dass du an der Würde und Hoheit über uns bist, so musst du dennoch auch denken, dass, da du zum Könige erwählt wurdest, der Meder und Perser Rechte und Ordnungen bestätigt hast. Darum steht es jetzt nicht mehr in deiner Gewalt, dass du solchem wolltest zuwiderhandeln. Denn wir werden es nicht zulassen, dass um eines nichts werten gefangenen Juden willen der Meder und Perser alte und löbliche Gesetze sollten vernichtet und abgetan werden. [Also findet man unter den Hofleuten und besonders unter den Räten, die einen Schein des Rechten erwischen und ihren Oberherrn damit zwingen, dass er in ganz unrechte Sachen bewilligen muss].

16. Da befahl der König, dass man Daniel herbrächte; und warfen ihn zu den Löwen in den Graben. Der König aber sprach zu Daniel: Dein Gott, dem du ohne Unterlass dienst, der helfe dir!

Befahl: Weil er von seinen Fürsten und Räten übertäubt und etlichermaßen mit Gewalt dazu gezwungen war.

Warfen: Wider des Königs Willen, der es aber musste geschehen lassen.

Löwen: Der Hoffnung, dass sie ihn von Stand an zerreißen sollten. [Und ob es wohl gar eine alte Gewohnheit gewesen, dass man die Leute den wilden Tieren lebendig vorgeworfen, wie auch der Apostel Paulus mit ihnen streiten musste {1Kor 15}. So ist es doch ein unmenschliches und grausames Ding].

Helfe dir: Denn es geschieht nicht mit meinem Willen, dass du in solche Gefahr deines Lebens gerätst, sondern es ist etlichermaßen meine Unvorsichtigkeit und Unbedachtsamkeit daran schuldig: Der Gott aber, dem du bisher mit gottseligem Wandel gedient hast, wird dich nicht verlassen. Aus dieser Rede des Königs kann man abnehmen, dass er etlichermaßen eine Erkenntnis des wahren Gottes hatte, darin er ohne Zweifel vom Daniel unterrichtet wurde. [Welche deswegen wir aus ihrem Unfall nicht erretten, noch ihnen Hilfe leisten können, die sollen wir doch zum wenigsten freundlich trösten, dass sie nicht unter dem Kreuz verzagen].

17. Und sie brachten einen Stein, den legten sie vor die Tür am Graben; den versiegelte der König mit seinem eigenen Ringe und mit dem Ringe seiner Gewaltigen, auf dass sonst niemand an Daniel Mutwillen übte.

Tür: Dadurch man hinein in den Graben kommen konnte.

Übte: Und er dennoch irgend von bösen Leuten erwürgt würde, da die Löwen seiner gleich schonten. [Denn man muss der Gottlosen Bosheit mit einer besonderen Vorsichtigkeit abwehren].

18. Und der König ging weg in seine Burg und blieb ungegessen und ließ kein Essen vor sich bringen, konnte auch nicht schlafen.

Nicht schlafen: Weil er den Daniel so hoch liebte und dazu sein Gewissen ihn beschuldigte, dass er mit einem unbedachtsamen und Gottlosen Edikt den frommen Daniel in solche Gefahr gestürzt hätte. [Auf dass deswegen Fürsten und Herren nicht mit verletztem Gewissen heimlich seufzen und sich bejammern müssen, so sollen sie wohl bedenken und sehen, was sie ordnen oder unterschreiben].

19. Des Morgens früh, da der Tag anbrach, stand der König auf und ging eilend zum Graben, da die Löwen waren.

Morgens: Nämlich des folgenden Tages. Gleichwie wir aber bisher gehört haben, in was Not und Angst Daniel durch das königliche Edikt geraten. Also werden wir jetzt im Folgenden vernehmen, wie wunderlich er wiederum daraus erlöst wurde. Und geben es alle Umstände, wie hoch der König gewünscht, dass Daniel noch möchte am Leben sein.

Eilend: Denn er hoffte, den Daniel noch lebendig zu finden, und begehrte ihn aufs Förderlichste, wenn er noch am Leben wäre, aus solchem trübseligen Zustand zu erretten. [Denn wir sollen uns des Nächsten Wohlfahrt lassen angelegen sein].

20. Und als er zum Graben kam, rief er Daniel mit kläglicher Stimme. Und der König sprach zu Daniel: Daniel, du Knecht des lebendigen Gottes, hat dich auch dein Gott, dem du ohne Unterlass dienst, möge von den Löwen erlösen?

Gottes: Des wahren und ewigen Gottes, der alles regiert und erhält.

Erlösen: Wie ich denn hoffe. Und redet der König diese Worte nicht aus Unglauben, sondern das große Verlangen und die heftige Begierde dringen ihm diese Worte heraus, damit er schnell erführe, wie es dem Daniel ging, doch stritten die Furcht und Hoffnung in ihm miteinander, obwohl er der Hoffnung den Ausschlag gab und glaubte, dass Daniel noch leben würde. [Denn der Glaube und Zweifel kämpfen bisweilen miteinander in den Frommen, aber endlich überwindet der Glaube].

21. Daniel aber redete mit dem Könige: Herr König, Gott verleihe dir langes Leben!

22. Mein Gott hat seinen Engel gesandt, der den Löwen den Rachen zugehalten hat, dass sie mir kein Leid getan haben. Denn vor ihm bin ich unschuldig erfunden, so habe ich auch wider dich, Herr König, nichts getan.

Gesandt: Denn es sind die heiligen Engel Gottes Diener, die ausgesandt werden, dass sie die Frommen schützen {Hebr 1}. Und obwohl nicht alle Frommen auf diese Weise zeitlich erlöst werden, so werden sie doch zum ewigen Leben erhalten, dass sie auch im Tode nicht verloren werden {Joh 5 6}.

Kein Leid: Gott hat mich durch der Engel Zutun und Schutz unter den Löwen erhalten, dass sie mich nicht angefallen haben.

Unschuldig: Weil ich durch den Glauben an den Messias bin vor Gott gerechtfertigt worden.

23. Da wurde der König sehr froh und ließ Daniel aus dem Graben ziehen. Und sie zogen Daniel aus dem Graben und man spürte keinen Schaden an ihm; denn er hatte seinem Gott vertraut.

Vertraut: [Ist deswegen Daniel durch den Glauben unter den Löwen erhalten worden, wie der Apostel zu Hebräer in Kapitel 11 auch bezeugt. Aus einem wahren Glauben aber folgt ein gottseliger Wandel und gibt Gott auch oft noch in diesem Leben der Unschuld Zeugnis durch wunderbare Erlösungen. Danach hat man hier auch des Daniels Demut und Ehrerbietung gegen seiner Obrigkeit in Acht zu nehmen. Denn er fängt keinen Hader darüber mit dem König an, durch dessen Unvorsichtigkeit er in solche Gefahr gekommen war, sondern lobt Gottes Güte und Barmherzigkeit und erklärt seine Unschuld mit großer Bescheidenheit].

24. Da hieß der König die Männer, so Daniel verklagt hatten, herbringen und zu den Löwen in den Graben werfen samt ihren Kindern und Weibern. Und ehe sie auf den Boden hinab kamen, ergriffen sie die Löwen und zermalmten auch ihre Gebeine.

Da hieß: Jetzt folgt der Verleumder Strafe, welche vor anderen auf das Ausschreiben und auf die Vollstreckung des königlichen Edikts den König wider Daniel angetrieben und genötigt hatten.

Und Weibern: [Denn es erstreckt sich der gerechte Zorn Gottes bisweilen nicht nur über die gottlosen Hausväter, sondern auch über all ihr gottloses Personal. Und sind dies besondere Strafen des schrecklichen Zornes Gottes. Sonst soll man der gemeinen Regel nachgehen, dass die Väter nicht für die Kinder noch die Kinder für die Väter sterben sollen. So bezeugt dies Beispiel auch, dass man die Verleumder ernstlich strafen soll, damit sie nicht ihres Gefallens anderen Leuten an ihrem Leben oder guten Namen schaden können. Weiter sieht man bei diesem Beispiel, dass Gott der Obrigkeit, die anfangs furchtsam ist, endlich einen Heldenmut gibt, dass sie ihr Amt verrichtet und keine Gefahr fürchtet].

Gebeine: Sie fraßen sie mit Haut und Haar, dass ihr keines der Gebeine davon kam. [Also lässt Gott bisweilen augenscheinliche und erkennbare Beispiele seines gerechten Gerichts sehen an der Gottlosen Strafen. Und fällt der Gottlose in die Grube, die er dem Frommen gemacht hat].

25. Da ließ der König Darius schreiben allen Völkern, Leuten und Zungen: Gott gebe euch viel Frieden!

Schreiben: Denn weil er durch dies Wunderwerk in seinem Glauben noch mehr als zuvor gestärkt wurde, so hat er mit einem öffentlichen Edikt seinen Untertanen befehlen und auferlegen wollen, dass sie den wahren ewigen Gott Daniels ehren sollten.

Zungen: In allerlei Sprachen, die ein jedes Volk gebrauchte.

26. Das ist mein Befehl, dass man in der ganzen Herrschaft meines Königreichs den Gott Daniels fürchten und scheuen soll. Denn er ist der lebendige Gott, der ewig bleibt; und sein Königreich ist unvergänglich und seine Herrschaft hat kein Ende.

Mein Befehl: Als eines obersten Monarchen der ganzen Welt.

Und scheuen: Das ist, dass man den wahren Gott Israels, welchen Daniel ehrt, mit gebührender Ehrerbietung erkenne und ihm in der Gottseligkeit diene. Auch keiner diesen Gott schmähe und lästere. [Denn es steht der Obrigkeit zu, die rechte Religion zu befördern und die Lästerungen wider Gott und seinen wahren Gottesdienst zu verbieten].

Lebendige: Kein erdichteter oder unlebhafter Götze, der da weder sehe noch höre, wie der Heiden nichtige Götter sind.

ewig: Denn gleichwie er keinen Anfang hat, also ist auch an seinem Leben und Herrschaft kein Ende.

Unvergänglich: Es kann nicht zerstört werden wie die irdischen Reiche, welche, wenn ihre Zeit herum ist, zugrunde gehen. [Solchen Herren aller Herren und König aller Könige sollen wir fürchten und ehren].

27. Er ist ein Erlöser und Nothelfer und er tut Zeichen und Wunder, beide, im Himmel und auf der Erde. Der hat Daniel von den Löwen erlöst.

Nothelfer: Derer, die ihm vertrauen. Denn gleichwie der König zuvor Gottes Majestät gerühmt hat. Also preist er auch jetzt seine Güte.

Zeichen: Damit er seine Herrlichkeit und Güte beweist. [Darum sollen wir in Widerwärtigkeit zu ihm fliehen, als dem allermächtigsten und gütigsten Helfer aus allen Nöten und Gefährlichkeiten].

Erlöst: Bis daher lautet das königliche Edikt. Und hat der König gewollt, dass dies Wunderwerk jedermann kundgetan würde, damit ihrer viele sich dadurch bewegen ließen, den wahren Gott zu erkennen und zu ehren, und die ewige Seligkeit erlangten. [Denn es soll eine Obrigkeit nicht allein ihrer Untertanen zeitliche, sondern auch ewige Wohlfahrt suchen und befördern. Und ist durch diese des Daniels wunderbare Erlösung wie auch durch des Königs gottselige Bekenntnisse das Volk Gottes in seinem Elend zu Babel sehr getröstet worden. Denn Gott verlässt seine Kirche nie ganz und gar].

Nach Luther: Das ist die Frucht des Glaubens Daniels, denn der Glaube tut immer Wunder und große Dinge.

28. Und Daniel wurde gewaltig im Königreich Darius und auch im Königreich Kores, der Perser.

Gewaltig: Also dass er später von beiden Königen in großen Ehren gehalten wurde. Denn Kores ist auf Darium gefolgt. Und ist kein Zweifel, es habe Daniel beiden Königen dem Volk Gottes viel Gutes erzeigt und auch dem Königreich sehr genutzt. Denn er ohne Zweifel dem Könige Kores die Weissagung des Propheten Jesaja vorgezeigt, da seines Namens ausdrückliche Meldung geschieht und geweissagt wird, dass unter der Regierung des Königs Kores das Volk Gottes wieder ins jüdische Land kommen würde. Darum ich der Meinung bin, dass Kores durch des Daniels Anregung, die Israeliten wieder in ihr Vaterland zu erlauben, verursacht wurde. [Es erhält aber Gott bisweilen vortreffliche Leute in diesem Leben lange und macht ihnen ein großes Ansehen, auf dass sie seines Namens Ehre und der Kirche Wohlfahrt befördern].


Das 7. Kapitel

  • Bis daher hat Daniel etlicher babylonische Könige Handlungen, daran besonders viel gelegen war, erzählt. Darunter auch des Königs Nebukadnezar Träume gewesen, die ihre besondere Bedeutungen hatten: Jetzt schreitet der Prophet zu seinen eigenen Gesichten, die ihm zum Teil unter der Regierung des Königs Belsazer, zum Teil unter den folgenden Königen geoffenbart wurden. Und wird in diesem Kapitel ein Gesicht erzählt, da unter den Gestalten viererlei Tiere, die vier Monarchien der Welt abgemalt werden. Denn obwohl damals, als dem Daniel dies Gesichte vorkam, die erste Monarchie fast ihre Endschaft erreicht hatte. So hat dennoch Gott derselben Figur zu den folgenden setzen wollen, auf dass man eine ganze Entwerfung aller vornehmsten Herrschaften in der Welt hätte. Es wird aber die letzte, nämlich die römische Monarchie, aufs allerfleißigste abgemalt und beschrieben, weil unter derselben Christus sollte geboren werden. Und werden herrliche Weissagungen von Christo und seinem Reich, wie auch von der Welt Ende hinzugesetzt.

1. Im ersten Jahr Belsazers, des Königs zu Babel, hatte Daniel einen Traum und Gesicht auf seinem Bette; und er schrieb denselben Traum und verfasste ihn also:

Belsazer: Von dem oben im fünften Kapitel gehört wurde, dass er umgekommen, da die Stadt Babel von den Persern erobert wurde.

Hatte Daniel: Es redet der Prophet von sich selbst als von einer anderen Person.

Bette: In seiner Behausung. Denn er damals von Hofe war verschnupft worden und lebte für sich selbst, wie aus dem vorigen 5. Kapitel zu lesen ist.

2. Ich, Daniel, sah ein Gesicht in der Nacht und siehe, die vier Winde unter dem Himmel stürmten widereinander auf dem großen Meer.

Großen Meer: Nämlich auf dem Mittelländischen Meer, da sich ein großes Ungestüm erhob, dass es sah, als würde es alles das Unterste über sich gehen. [Dass aber das Meer zuvor ganz unruhig wird, ehe sich die Tiere hervortun und sehen lassen, durch welche die Monarchien vorgebildet wurden, wurde dadurch bedeutet, dass keine Monarchie ohne große Tumulte und blutige Kriege bestätigt werde, wie solches auch die heidnischen Historien bezeugen. Mit welchem ernstlichen Tun Gott der Leute Bosheit straft].

3. Und vier große Tiere stiegen herauf aus dem Meer, eins je anders denn das andere.

Vier: Darum man nicht auf mehr Monarchien warten soll.

Tiere: Die Monarchien werden an diesem Ort den Tieren verglichen, weil darin viele unrichtige Dinge vorkommen, da man denn Gewalt braucht, als dass man mit Bescheidenheit oder Verstand handelte. [Wie auch in den geringeren Regimentern eine große Unordnung gespürt wird und es nirgends allerdings zugeht, wie es wohl recht und richtig sein sollte, wenngleich die Obrigkeit fromm ist und dem Regiment mit großer Sorgfältigkeit vorsteht].

Anders: An der Gestalt und Art. [Denn es sind die Regimenter einander sehr ungleich].

4. Das erste wie ein Löwe und hatte Flügel wie ein Adler. Ich sah zu, bis dass ihm die Flügel ausgerauft wurden; und es wurde von der Erde genommen und es stand auf seinen Füßen wie ein Mensch und ihm wurde ein menschliches Herz gegeben.

Löwe: Dies waren die Bildnisse der ersten Monarchie. Denn die babylonischen Monarchen sind einesteils (wie besonders Nebukadnezar) mit einem rechten Löwen und Heldenmut begabt gewesen und haben große Taten verrichtet, dass sie jedermann gescheut und sich vor ihnen gefürchtet. Gleichwie auch der Löwe ein König ist über alle anderen wilden Tiere und einen majestätischen Gang hat. [Und sollen die Könige und Regenten einen tapferen Heldenmut haben, auf dass sie der Unterdrückten wissen zu verschonen und die Stolzen zu dämpfen].

Adler: Mit diesen Worten wird besonders auf den König Nebukadnezar gedeutet, weil er alle anderen babylonischen Könige an Macht und Majestät übertroffen. Von dem wird gesagt, dass er Flügel hatte, weil er große und schwere Sachen mit einer besonderen Geschwindigkeit zu Ende gebracht. Und bedeuten die beiden Flügel das assyrische und chaldäische Reich, die er beide unter sich hatte. Danach wird auch durch die Flügel zu verstehen geben, dass er sich seiner Macht und Majestät überhebt und stolz wurde. [Gleichwie aber die Geschwindigkeit in Verrichtung großer und hochwichtiger Sachen lobenswert ist. Also werden auch wiederum der Menschen Herzen sehr stolz und übermütig, wenn ihnen alles glücklich vonstattengeht].

Ausgerauft: Denn da der König unsinnig geworden, hat man ihn von der Verwaltung beider Königreiche verstoßen. Also dass man ihn auch nicht mehr unter die Leute dulden könne, sondern hat sich im Walde unter den wilden Tieren behelfen müssen, da er ohne Zweifel oft auf Händen und Füßen herumgekrochen. [Denn dem Stolz ist Gott und die Welt feind, darum kann kein Glück dabei sein].

Füßen: Also dass er sich von der Erde wieder aufgerichtet und nachdem er gedemütigt wurde, wieder zu seinem Verstand gekommen, Buße getan und das Königreich wiederum erlangt hat.

Menschliches Herz: Das ist, es deuchte mich, das Tiere wären zum verständigen Menschen geworden. Denn da Nebukadnezar nicht nur wieder zu seiner Vernunft gekommen, sondern auch Gott den Herrn recht erkennen lernen und sich zu ihm bekehrt hat, da ist er allererst ein rechter Mensch gewesen. Als indem das Bildnis Gottes angefangen wiederum erneuert zu werden, zu welchem der Mensch erschaffen wurde. [Denn der natürliche Mensch, welcher fleischlich gesinnt ist und sich nur auf irdische Sachen versteht, sich auch dieselben allein lässt angelegen sind, von den himmlischen aber nichts weiß oder doch derselben sich nicht achtet, der ist einem Tiere ähnlicher als einem Menschen, wenn er gleich sonst noch so weise und verständig wäre. Nach dem Spruch des 83. Psalms: Seid nicht wie Ross und Mäuler, die nicht verständig sind]. Die anderen Könige aber, so nachdem Nebukadnezar regiert, werden hier nicht gemeint, wie andere babylonische Monarchen, weil sie nichts Gedenkwürdiges, das da lobenswert wäre, verrichtet haben.

5. Und siehe, das andere Tier später war gleich einem Bären und stand auf der einen Seite und hatte in seinem Maul unter seinen Zähnen drei große lange Zähne. Und man sprach zu ihm: Stehe auf und friss viel Fleisch!

Bären: Dadurch die anderen Monarchien vorgebildet wurden. Denn gleichwie ein Bär nicht so ein mutiges Tiere ist als ein Löwe, aber doch auch grausam und stark, dass es große Arbeit ausstehen und lange Hunger leiden kann. Also sind auch die Meder und Perser, welche besonders damit vorgebildet wurden, grausame, starke und arbeitsame Völker gewesen, die dazu den Hunger eine lange Zeit dulden mögen, wie aus dem Buch von des Cyri Kinderzucht zu sehen. [Und folgen oft in den Regimentern und Königreichen auf bessere ärgere, welches um des Volkes Sünde willen geschieht].

Zähne: Diese bedeuteten die drei vornehmsten und mächtigsten Könige in Persien, Cyrum, Darium und Xerxem.

Viel Fleisch: Nämlich es wurde eine solche Stimme gehört, dass es die anderen Tiere in großer Anzahl auffressen soll. Denn es hat diese Monarchie viel Blut vergossen und viele Völker verschlungen. [So reizt Gott die mächtigen Monarchen an, dass sie wider andere Völker gräulich wüten, damit ihre Bosheit und Sünden gestraft werden].

6. Nach diesem sah ich und siehe, ein anderes Tier, gleich einem Parden, das hatte vier Flügel, wie ein Vogel, auf seinem Rücken; und dasselbe Tier hatte vier Köpfe und ihm wurde Gewalt gegeben.

Parden: Dies ist die dritte Monarchie des großen Alexanders. Denn gleichwie ein Parde ein starkes und schnelles Tier ist. Also hat Alexander König in Mazedonien, des Philippi Sohn, der die dritte Monarchie angefangen, mit einer besonderen Großmütigkeit und Geschwindigkeit schier die ganze Welt innerhalb zwölf Jahren unter sich gebracht und ist gestorben im zweiunddreißigsten Jahr seines Alters.

Flügel: Darum es mit einer viel größeren Geschwindigkeit, als Nebukadnezar getan, große Sachen verrichtet. Also dass sich es ansehen lassen, als wenn es durch die Welt flöge. Es worden aber durch solche vier Flügel bedeutet die vier vornehmsten Fürsten des Alexanders, mit denen er die Welt unter sich gebracht. Welche auch nach seinem Tode die Monarchie unter sich geteilt und vier unterschiedliche Königreiche gemacht, die hier durch vier Köpfe vorgebildet werden. [Was deswegen schnell wird, das vergeht auch schnell wieder, wie man im Sprichwort sagt. Denn es hat diese Monarchie nicht lange gedauert. Und hat Alexander sich der Trunkenheit und Unzucht ganz zu viel ergeben, ist auch endlich so übermütig und stolz geworden, dass er für einen Gott wollte gehalten und geehrt werden. Aber durch Trunkenheit, Unzucht und Hoffart werden die Königreiche zugrunde gerichtet].

7. Nach diesem sah ich in diesem Gesicht in der Nacht und siehe, das vierte Tier war gräulich und schrecklich und sehr stark und hatte große eiserne Zähne, fraß um sich und zermalmte und das übrige zertrat es mit seinen Füßen; es war auch viel anders denn die vorigen und hatte zehn Hörner.

Nach diesem: Folgt jetzt das Bild der vierten und letzten Monarchie, welche ist die römische.

Schrecklich: Denn die Römer haben allen anderen Völkern einen Schrecken eingejagt.

Stark: Denn der Römer Macht ist ganz groß gewesen.

Zertrat es: Denn die Römer haben mit Würgen und Blutvergießen gräulich gehaust, dass in dieser Monarchie mehr Blut vergossen wurde als in irgendeiner anderen. So haben sie auch die anderen Königreiche mit Gewalt zertreten und aufgerieben, wie die Historien bezeugen. [Denn weil die Welt immer ärger wird, so braucht auch Gott schärfere Geißel, der Menschen Bosheit zu strafen].

Anders: Also dass es ganz ein seltsames Ansehen hatte, als wenn es von vielerlei Art der Tiere stückweise wäre zusammengesetzt worden. [Denn es sind in dieser Monarchie mancherlei Regimenter gewesen. Erstlich hatte sie Könige. Da die vertrieben, sind die Bürgermeister und ein Rat dem Regiment vorgestanden. Welches bald später auch wiederum geändert und zehn Männer erwählt worden. Darunter sich die Zunftmeister aus dem gemeinen Volk mit eingedrungen. Nach welche wieder Bürgermeister gefolgt. Endlich hat Julius Caesar die Monarchie der römischen Kaiser angefangen, bis zuletzt der Papst und römische Antichrist den Sitz des Kaisertums behauptet und die römischen Kaiser sich zu Lehnleuten gemacht hat, als ob er Macht hätte, dieselben seines Gefallens ein und abzusetzen].

Zehn Hörner: Durch das Horn wird in der Heiligen Schrift die Macht oder Herrschaft bedeutet. Darum sind die zehn Hörner hier eben so viel als zehn Königreiche oder Landschaften, welche die Römer unter ihre Gewalt hatten, als da sind Italien, Spanien, Frankreich, Deutschland, Griechenland, England, Asia, Syria, Afrika und Ägypten. Es sind aber die Römer den mehreren Teil standhafte, wahrhafte und redliche Leute gewesen, welche Tugenden Gott mit zeitlichen Guttaten vergolten hat. [Denn es haben auch der gottlosen Leute weltliche Tugenden ihre zeitlichen Belohnungen dafür hier auf Erde von Gott zu erwarten].

8. Da ich aber die Hörner schaute, siehe, da brach hervor zwischen denselben ein anderer kleines Horn, vor welchem der vordersten Hörner drei ausgerissen wurden; und siehe, dasselbe Horn hatte Augen wie Menschenaugen und ein Maul, das redete große Dinge.

Da: Jetzt folgt die Beschreibung des türkischen Reiches, welches doch Gott nicht wert achtet, dass er davon als von einer besonderen Monarchie reden möchte. [Denn der Türke ist nicht ein rechter Monarch, sondern hat etliche Stücke des Römischen Reiches zu sich gerissen. In denen er steckt, als wie der Krebs, so eine abscheuliche Krankheit ist, im menschlichen Leibe. Und ob er wohl eine große Gewalt hat, so muss er sich dennoch vor dem Römischen Reich fürchten, wie sehr es auch geschmälert und zerrissen ist. Welches man leicht würde spüren können, wenn das Römische Reich mit seiner Macht zusammen setzte und die Sache mit Ernst angriffe, auch nicht nur seine Stärke und Mannheit sehen, sondern auch dem Türken mit der Tat empfinden ließe. Doch dass eine wahre Buße gegen Gott vorhergegangen wäre].

Kleines Horn: Denn die Agarener oder Sarazener, daher endlich das türkische Reich entstanden, haben einen schlechten und geringen Anfang, dass niemand gemeint, dass die Sarazener und Türken jemals zu solcher Gewalt aufsteigen würden. Weil aber die römischen Kaiser damals sich ihrer nicht viel geachtet, ist aus solcher Fahrlässigkeit später der ganzen Christenheit merklicher Schaden erfolgt. [Denn wo man den Rauch und die kleinen Funken bleiben lässt, da kann man die Brunst später nicht mehr löschen].

Drei: Denn der Türke hat Asien, Ägypten und Griechenland unter sich gebracht.

Augen: Denn obwohl die Sarazener und Türken grobe ungeschliffene Tölpel sind, die sich keiner guten Künste oder verständiger Höflichkeit achten. So sehen sie doch ganz scharf darauf und sind ganz sinnreich indem, was zur Erweiterung ihrer Länder und Herrschaften dienlich sein mag, trachten auch nach aller Gelegenheit, wie sie die um ihnen her liegenden Orte mögen zu sich reißen und unter ihr Joch bringen. Und weiß ohne Zweifel der Türke besser, was im Römischen Reich geschieht, als etliche Stände des Reiches. [Es werden aber die Herrschaften durch Vorsichtigkeit und Unverdrossenheit erweitert und ganz nicht mit Unfleiß, Sicherheit und Trägheit].

Große Dinge: Nämlich gräuliche Lästerungen wider Gott. [Denn obwohl der türkische Alcoran bekennt, dass Christus ein vornehmer Prophet gewesen, dazu höher als andere Propheten, so leugnet er doch, dass Christus der ewige Sohn Gottes sei, gleichwie er auch nicht gesteht, dass er für uns gekreuzigt wurde. Welches die allergrößten und gräulichsten Gotteslästerungen sind, damit die Türken so viel an sich, die Gottheit und das Amt des Mittlers Christi vernichten. Darum sollen die Christen sich viel eher zerreißen lassen, als die türkische Religion annehmen].

9. Solches sah ich, bis dass Stühle gesetzt wurden; und der Alte setzte sich, des Kleid war schneeweiß und das Haar auf seinem Haupt wie reine Wolle; sein Stuhl war eitel Feuerflammen und desgleichen Räder brannten mit Feuer {Apg 1v14}.

Solches: Jetzt wird ein Trost hinzugesetzt für die Frommen, welche über der Türken Lästerungen und Grausamkeit nicht wenig bestürzt werden und wird angezeigt, dass Gott durch die Zukunft seines eingeborenen Sohnes zum allgemeinen Gericht der Türken Tyrannei stürzen und den Frommen das ewige Leben schenken werde.

Sah ich: Was nämlich dasselbe Horn machte, welches zu Anfang klein war, aber später an Größe die anderen alle übertraf.

Stühle gesetzt: Ein öffentliches Gericht zu halten. Denn, wie Christus spricht, so werden die Apostel sitzen auf Stühlen und richten die zwölf Geschlechter Israel {Lk 22}. [Welches noch nicht dahin zu verstehen ist, als ob man im Himmel besondere Stühle benutzen würde, sondern es wird damit angezeigt, dass die Apostel und Propheten samt anderen vorhaben Heiligen große Ehre im Himmel haben werden].

Alte: Nämlich Gott der Vater. [Welcher doch nicht darum der Alte genannt wird, als ob der Sohn nach seiner göttlichen Natur jünger wäre oder der Zeit nach nicht so lange gewesen oder dass etwas gewesen sei, da der Sohn Gottes nicht war, wie der Ketzer Arius gotteslästerlich vorgegeben hat, sondern dass dem Vater der Ursprung, doch ohne Unterschied der Zeit, zugeeignet wird. Und obwohl der Sohn ein Richter sein wird über den ganzen Umkreis der Erde: Denn wie {Joh 5} gesagt wird, so hat der Vater dem Sohn alles Gericht übergeben. So wird doch der Vater auch in diesem Gericht sitzen mit höchster Majestät und Herrlichkeit und wird durch den Sohn (welcher bald später vom Daniel auch in seiner Herrlichkeit wird eingeführt werden) die Welt richten].

Schneeweis: [Bei dieser weißen Farbe werden wir der höchsten Reinigkeit, die im göttlichen Wesen ist, erinnert. Wir sollen uns auch der Reinigkeit und Unschuld bemühen in unserem ganzen Leben, dieweil wir Gottes Kinder sind, zwar nicht von Natur, sondern aus Gnaden].

Wolle: So auch schneeweiß gewesen. Dadurch ein ansehnliches graues Alter zu verstehen gegeben wird. [Denn obwohl Gott weder alt noch grau wird. So hat er doch als eine alte und graue Mannsperson erscheinen wollen. Uns damit zu erinnern, dass wir die alten grauen Leute sollen in Ehren halten, wie 3. Mose 19 gesagt wird: Vor einem grauen Haupte soll aufstehen und die Alten ehren].

Räder: Das ist der Triumphwagen Gottes des Vaters, welcher auch wie ein Thron gestaltet war, war ganz feurig.

10. Und von demselben ging aus ein langer feuriger Strahl. Tausendmal tausend dienten ihm und zehntausendmal zehntausend standen vor ihm. Das Gericht wurde gehalten und die Bücher worden aufgetan {Apg 5v11}.

Strahl: Will so viel sagen, es war alles um ihn her voller Feuer. [Denn Gott ist den unbußfertigen Sündern ein verzehrendes Feuer].

Tausend: Nämlich der heiligen Engel. Und wird hier eine bestimmte Zahl für eine große und unzählige Menge gesetzt, weil die Engel in großer Anzahl Gott auf den Dienst warten und die Menschen schützen.

Standen: Ist einerlei Meinung mit dem Vorigen und wird abermals eine gewisse Zahl namhaft gemacht, damit eine große Menge anzudeuten.

Aufgetan: Dass daraus sowohl der Gläubigen und Frommen Guttaten als der Gottlosen Unglauben und Übeltaten erzählt würden. [Denn es werden auch der Gottlosen böse Gedanken, vielmehr aber ihr tun, am selben Tage ans Licht gebracht werden, auf dass ein jeder empfange, nachdem er in dieser Welt gehandelt hat. Der Frommen Sünden aber werden so vergeben und zugedeckt sein, dass sie ihnen keineswegs zur Verdammnis zugerechnet werden {Ps 32 Röm 4}. Wie wiederum Gott ihre guten Werke mit himmlischer Ehre und Herrlichkeit vergelten wird {Mt 25}. Darum sollen wir uns zu solchem Gericht gefasst machen, denn es wird gewisslich nicht ausbleiben].

11. Ich sah zu um der großen Rede willen, so das Horn redete; ich sah zu, bis das Tier getötet wurde und sein Leib umkam und ins Feuer geworfen wurde,

Sah zu: Dass ich achthatte und erwartete, was dies alles für einen Ausgang nehmen würde.

Horn redete: Und verwunderte mich, dass Gott solche gräulichen Lästerungen so lange dulden konnte. [Denn Gott ist langmütig. Aber endlich bringt er es mit desto schwerer Strafe wieder herein, was er zuvor lange übersehen hat].

Tiere: Nämlich das vierte schreckliche Tier, unter welches Hörnern das lästerliche Horn hervorgekommen war. Fängt also Daniel hier wiederum von den türkischen und mohametischen Lästerungen an zu reden, ehe er die Beschreibung von dem göttlichen Gericht zum Ende bringt.

Ins Feuer: [Denn es wird der grausame und gottlose Türke zugleich mit dem römischen Kaisertum am Jüngsten Tage allerdings aufgeräumt und zerstört werden, wenn alles im Feuer vergehen wird {2Petr 3}].

12. und der anderen Tiere Gewalt auch aus war; denn es war ihnen Zeit und Stunde bestimmt, wie lange ein jegliches dauern sollte.

Aus war: Als die bereits längst hinweg waren vor dem Untergang des vierten Tiers.

Bestimmt: So ihnen von Gott gesetzt worden, darüber sie nicht werden schreiten können.

13. Ich sah in diesem Gesichte des Nachts und siehe, es kam einer in des Himmels Wolken wie eines Menschen Sohn bis zu dem Alten und wurde vor denselben gebracht {Hes 1v26 Apg 1v13 14v14}.

Ich sah: Zu der vorigen Beschreibung des letzten und Jüngsten Gerichts gehörte noch eins, nämlich die Erscheinung des obersten Richters, Gottes und des Menschen Sohnes, dem der Vater alles Gerichte übergeben hat {Joh 5}. Davon wird nun in den folgenden Worten gesagt, mit was himmlischer Majestät derselbe herzukomme, das Gericht zu halten.

Menschen Sohn: Dieser ist Jesus Christus, Gottes und Marien Sohn.

14. Der gab ihm Gewalt, Ehre und Reich, dass ihm alle Völker, Leute und Zungen dienen sollten. Seine Gewalt ist ewig, die nicht vergeht und sein Königreich hat kein Ende {Dan 4v31 Mi 4v7 Lk 1v33}.

Reich: Das ist, er hat ihm die Herrschaft, Majestät und alle Gewalt übergeben im Himmel und auf der Erde und hat gewollt, dass alle Völker diesen Jesum Christus für ihren Gott und König erkannten und ihm gehorchten.

Seine: Nämlich des Menschensohnes Jesu Christi.

Nicht vergeht: Sondern er wird sie in alle Ewigkeit behalten.

Kein Ende: Es wird niemals aufhören oder zugrunde gehen. [Denn alle weltlichen Königreiche vergehen, allein das Reich Christi bleibt ewig. Denn obwohl Christus das Reich dem Vater übergeben wird, dergestalt, dass er sein Reich durch das Predigtamt des Wortes und der Sakramente in der Welt nicht mehr wird führen, wie davon der Apostel Paulus redet {1Kor 15}. So wird er dennoch ein König und Herr bleiben in Ewigkeit und werden die heiligen Engel und Auserwählten in alle Ewigkeit ihn anbeten. Obwohl nun die Majestät und Allmacht des Sohnes Gottes, so in diesem Gesichte vorgebildet wurde, am Jüngsten Tage besonders sich wird sehen lassen. So hat er doch die selbige vorlängst völlig empfangen nach seiner Auferstehung, da er die Knechtsgestalt von sich gelegt. Darum er auch gesagt {Mt 28}: Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erde. Und Paulus spricht, Gott der Vater hat ihn (Christus) von den Toten auferweckt und gesetzt zu seiner Rechten im Himmel, über alle Fürstentümer, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles was genannt mag werden, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen und hat alle Dinge unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt zum Haupt der Gemeinde über alles, welche da ist sein Leib, nämlich die Fülle des, der alles in allen erfüllt {Eph 1} und zu Philippern spricht er: Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen alle der Knie, die im Himmel und auf Erde und unter der Erde sind und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr sei, zur Ehre Gottes des Vaters {Phil 2}].

15. Ich, Daniel, entsetzte mich davor und solches Gesicht erschreckte mich.

Davor: Über solch großes Ding, das mir im Gesicht vorkamen: Denn ich merkte, dass mir etwas Sonderbares und Hochwichtiges gezeigt wurde und wusste doch noch nicht, was ein jedes bedeutete.

16. Und ich ging zu deren einem, die da standen und bat ihn, dass er mir von dem allen gewissen Bericht gäbe. Und er redete mit mir und zeigte mir, was es bedeutete.

Ging: Wie mich im Traum nicht anders deuchte.

17. Diese vier großen Tiere sind vier Reiche, so auf Erde kommen werden.

Kommen werden: Es redet der Engel hier als von zukünftigen Sachen, obwohl die erste Monarchie bereits zum Ende sich nahte: Sieht aber besonders mit seiner Rede auf die folgenden drei Monarchien, so damals noch zukünftig waren.

18. Aber die Heiligen des Höchsten werden das Reich einnehmen und werden es immer und ewig besitzen.

Aber: Der Engel bringt einen Trost mit ein für das Volk Gottes und will so viel sagen. Obwohl die Frommen und Auserwählten in den vorgemeldeten vier Monarchien mehr Trübsal und Traurigkeit als Freude und Wollust empfinden werden, so wird doch, nachdem solche weltlichen Reiche zugrunde gegangen, ihnen das ewige Reich bereitet sein, in dem sie der ewigen Freude und Seligkeit ohne Ende genießen werden. [Denn in der Welt haben die Frommen Angst, spricht Christus {Joh 16}. Aber es ist ihnen im Himmel das unvergängliche, unbefleckte und unverwelkliches Erbe vorbehalten {1Petr 1}].

19. Danach hätte ich gerne gewusst gewissen Bericht von dem vierten Tier, welches ganz anders war denn die anderen alle, sehr gräulich, das eiserne Zähne und eherne Klauen hatte, das um sich fraß und zermalmte und das übrige mit seinen Füßen zertrat,

Tiere: Was es doch bedeuten möchte. [Denn wenn man danach forscht, was Gott haben will, das wir wissen sollen, so ist solches keine Neugier, sondern ein Fleiß].

Anders war: Es war aber ein großer Unterschied zwischen ihm und den anderen Tieren.

20. und von den zehn Hörnern auf seinem Haupt und von dem anderen, das hervorbrach, vor welchem drei abfielen und von demselben Horn, das Augen hatte und ein Maul, das große Dinge redete und größer war, denn die neben ihm waren.

Größer war: Ob es wohl zuerst klein gewesen, so hat es doch danach so gewaltig zugenommen, dass von den anderen sieben Hörnern ihm keines mehr gleichen mögen.

21. Und ich sah dasselbe Horn streiten wider die Heiligen und behielt den Sieg wider sie,

Heiligen: Denn die Sarazener und Türken haben den Christen nun viele Jahre her mit blutigen Kriegen hart zugesetzt. [Und obwohl die Christen, so vom Türken geplagt werden, Sünder sind, jedoch weil sie getauft sein und an Christus glauben, auch mit seinem Blut gereinigt worden, so werden sie für Heiligen von Gott geachtet.)

Sieg: Es brachte mehreren teils den Sieg wider sie davon. [Darum kann man nach dem Ausgang nicht immer urteilen, welche Partei eine böse oder gute Sache habe. Denn die Gottlosen und lästerlichen Türken drücken die Christen als Heiligen Gottes unter.)

22. bis der Alte kam und Gericht hielt für die Heiligen des Höchsten; und die Zeit kam, dass die Heiligen das Reich einnahmen.

Des Höchsten: Das ist: Bis Gott durch Christus und die Heiligen, als seine Beisitzer, die Welt richtete.

Einnahmen: Nämlich bis der Jüngste Tag herzu nahte, da alle Gläubigen an Christus das Himmelreich erlangen werden. Ich halte es aber dafür, dass dies also zu verstehen sei, dass Gott kurz vor dem Jüngsten Tage des Türken, als des Gogs und Magogs {Hes 38 39}, Gewalt stürzen werde und danach werde bald darauf das Ende der Welt erfolgen.

23. Er sprach also: Das vierte Tier wird das vierte Reich auf der Erde sein, welches wird mächtiger sein denn alle Reiche; es wird alle Lande fressen, zertreten und zermalmen.

Er: Nämlich der Engel redet noch weiter mit mir von der Sache. Denn was von der vierten Monarchie und vom türkischen Reich noch bis daher nur kürzlich angefasst wurde, das erklärt er im Folgenden etwas ausführlicher.

Vierte Reich: Nämlich unter den mächtigsten Königreichen oder Monarchien der Welt.

Fressen: Dass es sie mit Gewalt und Grausamkeit unter sich bringen wird und wird kein Volk dieser Monarchie genügenden Widerstand tun können. Denn es ist in keiner Monarchie so viel Blut vergossen worden als in der römischen. [Weil der Welt schwere Sünden auch große Strafen verursachen].

24. Die zehn Hörner bedeuten zehn Könige, so aus demselben Reich entstehen werden. Nach demselben aber wird ein anderer aufkommen, der wird mächtiger sein denn der vorigen keiner und wird drei Könige demütigen.

Nach Luther: Gleichwie aus dem Königreich Alexandri vier Königreiche wurden: Also aus dem Römischen Reich sind zehn geworden. Als Syria, Ägypten, Asia, Grecia, Italien, Gallia, Spanien, Afrika, Germania, Anglia. Denn diese Länder hatten die Römer alle.

Entstehen: Das ist: Das Römische Reich wird, wenn es am mächtigsten ist, zehn gewaltige Landschaften unter sich haben, deren eine jede ein mächtiges Königreich sein möchte, wie man auch die Regenten solcher Länder nicht unrechte Könige nennen könnte. [Denn welche über der Römer Landschaften gesetzt wurden, die sind den Königen ganz wohl zu vergleichen gewesen. Solche zehn Landschaften aber der Römer hat man vorzeiten (wie auch oben gemeldet) folgendergestalt gezählt: 1. Italien, 2. Spanien, 3. Frankreich, 4. Deutschland, 5. Griechenland, 6. England, 7. Asia, 8. Syria, 9. Afrika, 10. Ägypten].

Ein anderer: Nämlich wenn das Römische Reich wird anfangen an seinen Kräften abzunehmen, so wird sich der Sarazener oder Türken Macht hervortun, die werden dem Römischen Reich drei Landschaften entziehen, als da sind Asien, Griechenland und Ägypten.

25. Er wird den Höchsten lästern und die Heiligen des Höchsten zerstören und wird sich unterstehen, Zeit und Gesetz zu ändern. Sie werden aber in seine Hand gegeben werden eine Zeit und etliche Zeiten und eine halbe Zeit.

Lästern: Denn die türkische Religion verlästert den ewigen Sohn Gottes.

Zerstören: [Denn die Christen (was nämlich rechte Christen sind), so vom Türken umgebracht werden, sind vor Gott rechte und heilige Märtyrer].

Zu ändern: Er wird sich unterstehen, die ganze christliche Religion zu vertilgen und an derselben statt die moslemische anzurichten. [Dass aber der Türke bis daher den Namen Christi auch in Griechenland, welches er doch in seiner Gewalt hat, nicht ausrotten könne, viel weniger in Deutschland, das haben wir der göttlichen Gnade und Güte zu danken].

Zeit: Das ist: Ein Jahr, zwei Jahre und ein halbes Jahr. Und halte ich es dafür, dass ein jedes Jahr in seine Tage abzuzählen sei. Es machen aber viereinhalb Jahre tausend hundert und achtundsiebzig Tage. So viele Jahre werden vielleicht von der Zeit an zu rechnen sein, da Mohammed angefangen, seine lästerliche Lehre an Tag zu geben. Und ist doch auch wohl zu glauben, dass die halbe Zeit nicht werde erfüllt werden. Ist aber zur Erfüllung dieser Weissagung übrig Zeit genug, wenn des Türken Wüterei tausend Jahr und darüber währen soll. So ist Mohammed aufgetreten im Jahr Christi 613. [Obwohl nun die vorgesetzt bestimmte Zahl dunkel und ungewiss ist. So wird doch damit auch angezeigt, dass allen Tyrannen von Gott ein Ziel gesteckt sei, wie lange es mit ihrer Grausamkeit wären soll].

26. Danach wird das Gericht gehalten werden; da wird dann seine Gewalt weggenommen werden, dass er zugrunde vertilgt und umgebracht werde.

Vertilgt: Das ist: Der Jüngste Tag wird mit des Türken Gewalt ein Ende machen.

27. Aber das Reich, Gewalt und Macht unter dem ganzen Himmel wird dem heiligen Volk des Höchsten gegeben werden, des Reich ewig ist und alle Gewalt wird ihm dienen und gehorchen.

Heiligen Volk: Das ist: Die Auserwählten Gottes werden die ganze Herrschaft in aller Welt behaupten und werden mit Christo im anderen Leben regieren. [Denn wenn wir mit Christo leiden, so werden wir auch mit ihm herrschen. Wie Paulus spricht {2Tim 2}].

Ewig ist: Das niemals zugrunde gehen wird, wie anderen weltlichen Königreichen widerfahren.

Gehorchen: Das ist: Alle, die niemals im Regiment gewesen sind, werden unserem Herrn und Gott Jesu Christo müssen unterworfen sein. [Denn die frommen Obrigkeiten werden ihren König Christus in der Gottseligkeit und mit höchsten Freuden anbeten und ehren. Aber die gottlosen Könige und Fürsten werden die Herrschaft Christi in der Hölle empfinden und davor erzittern].

28. Das war der Rede Ende. Aber ich, Daniel, wurde sehr betrübt in meinen Gedanken und meine Gestalt verfiel; doch behielt ich die Rede in meinem Herzen.

Ende: Das ist: Bis daher hat der Engel mit Daniel geredet.

Verfiel: Dass ich vor großer Sorge bleich und mager wurde. Weil ich gern noch einen klärenden Bericht gehabt hätte von dem, was ich gehört hatte. Und weil ich vernahm, dass die Kirche Gottes große und schreckliche Verfolgungen noch zu erwarten hätte, welches mich sehr irre und ängstlich machte. [Denn wer wollte der Kirche Unfall sich nicht lassen zu Herzen gehen, es wäre denn, dass einer nicht allein aller Frömmigkeit den Rücken gewendet, sondern auch nichts Menschliches mehr an sich hätte].

Herzen: Ich ließ sie mir nicht aus dem Gedächtnis kommen, sondern trachtete ihr je länger je weiter nach, ob ich einen richtigen Verstand daraus schöpfen könnte, was ein jedes bedeutet. [Denn man soll das Wort Gottes nicht nur hören, sondern auch mit fleißiger Betrachtung im Herzen behalten].


Das 8. Kapitel

  • In diesem Kapitel erzählt Daniel ein anderes Gesicht und erklärt Esra, welches denn eine Weissagung war von etlichen hochwichtigen Sachen, die besonders in der dritten Monarchie und vor der Zukunft Christi ins Fleisch sich verlaufen würden. Und hat Gott dem Daniel dies alles im Gesicht zeigen wollen, damit das jüdische Volk von seinem Unfall, so durch den Tyrannen Antiochum ihnen würde zugefügt werden, wie auch von der darauf folgenden Rettung durch die Makkabäer, beizeiten erinnert würde. Auf dass sie nicht von wegen der Trübsal meinten, Gott achtete ihr nicht. Ehe aber Daniel von denen Sachen redet, die dem Juden unter dem Antiocho Epiphane begegnen würden, so erzählt er ein Gesicht, dadurch der anderen Monarchie Untergang und der dritten Monarchie Aufrichtung ganz eigentlich vorgebildet wurden.

1. Im dritten Jahr des Königreichs des Königs Belsazer erschien mir, Daniel, ein Gesicht nach dem, so mir am ersten erschienen war.

Dritten Jahr: Nämlich zwei Jahre nach dem vorigen Gesicht von den vier Tieren.

Erschien: Also dass diese Offenbarung dem Daniel, meines Erachtens, in einer Entzückung vorgekommen, denn er keines Traums hier gedenkt, wie bei dem Vorigen. [Und hat Gott seinen Propheten auf mancherlei Weise künftige Sachen geoffenbart].

Gesicht: Indem mir gezeigt wurde, wie es künftig ergehen würde.

2. Ich war aber, da ich solches Gesicht sah, zu Schloss Susan im Lande Elam am Wasser Ulai.

Elam: Das ist in Persien. Denn es bezeugt auch Plinius in seinem (6. Buch, Kapitel 27), dass Susa der König in Persien Sitz gewesen, da sie ihre Hofhaltung hatten, und sei das Schloss mit dem Fluss Eulae, welchen Daniel hier Ulai nennt, umringt gewesen. Es hat aber Daniel bedünkt, dass er in Persien sei, weil dies, was sich hier im Gesicht gezeigt wurde, im selben Lande geschehen sollte.

Nach Luther: Das später Persien-Land heißt.

3. Und ich hob meine Augen auf und sah und siehe, ein Widder stand vor dem Wasser, der hatte zwei hohe Hörner, doch eins höher denn das andere und das höchste wuchs am letzten.

Widder: Der die andere Monarchie der Meder und Perser bedeutete. Und werden beide Reiche durch die zwei Hörner des Widders vorgebildet, darunter das letzte größer war als das andere. Denn nachdem die höchste Obrigkeit allerdings auf die Perser gekommen, ist dieselbe Monarchie sehr gewaltig geworden. Und haben die Könige der Perser, unter denen Cyrus oder Kores, der die Stadt Babel erobert, der vornehmste gewesen, viele herrlichere Sachen verrichtet, als die Meder. [Gott aber ist es, der die Regimenter bisweilen stark und denn wiederum schwach macht, nachdem es seiner göttlichen Majestät gefällt. Welche Änderung die Könige und Regenten in der Furcht Gottes und wahrer Demut mit herzlicher Dankbarkeit gegen ihn behalten sollten].

4. Ich sah, dass der Widder mit den Hörnern stieß gegen Abend, gegen Mitternacht und gegen Mittag und kein Tier konnte vor ihm bestehen noch von seiner Hand errettet werden, sondern er tat, was er wollte und wurde groß.

Abend: Denn die Perser haben Syrien und der Philister Land unter sich gebracht, so ihnen gegen Abend gelegen waren.

Mitternacht: Denn es hat Cyrus auch mit denen Völkern gekriegt, die gegen Mitternacht gewohnt und haben die Perser ihre Herrschaft bis an die mittnächtigen Orte erstreckt.

Mittag: Weil auch Ägypten und Arabien unter der Perser Gebiet kamen. So haben die Meder und Perser in ihrer Monarchie die orientalischen benachbarten Völker nicht unangefochten gelassen, sondern sie mit Krieg verheert und verderbt. [Denn die hohen Häupter missbrauchen oft ihre Gewalt, dass sie andere damit unterdrücken, da sie doch ihre Untertanen damit schützen sollten].

Bestehen: Das seinen Anlauf aufgehalten oder seiner Grausamkeit hätte entgehen können. [Denn solange Gott andere Völker durch einen mächtigen Potentaten will strafen und plagen, so kann demselben niemand genügenden Widerstand tun. Aber doch wirft Gott solche Geißel hinweg und erweckt einen anderen Feind, der den vorigen Tyrannen stürzt, wie später folgt].

5. Und indem ich darauf merkte, siehe, so kommt ein Ziegenbock vom Abend her über die ganze Erde, dass er die Erde nicht rührte; und der Bock hatte ein ansehnliches Horn zwischen seinen Augen.

Und: Jetzt wird dem Daniel im Gesicht weiter gezeigt, mit was Geschwindigkeit und Gewalt der große Alexander, der Perser König, Darium erlegt und mit ihm zugleich die ganze persische Monarchie zugrunde gerichtet hat.

Merkt: Dass ich gut Acht darauf hatte, was mir im Gesicht gezeigt wurde.

Ziegenbock: Durch welchen die dritte Monarchie der Griechen bedeutet wurde, so durch den großen Alexander angerichtet wurde. Und wird diese Monarchie einem Ziegenbock verglichen, von wegen der Mazedonier Grausamkeit und denn weil die Griechen in der Unzucht sehr ersoffen waren. Daher auch, da eine vornehme unzüchtige Metz unter den Griechen großen Reichtum zuwege gebracht und einen stattlichen Bau aufführen lassen, hat ein Spottvogel daran geschrieben: Dies kommt her von der Griechen Unkeuschheit, anzuzeigen, dass die Dirne durch Unzucht, die sie mit den Griechen getrieben, solchen Reichtum bekam. Und wird gesagt, dass der Ziegenbock vom Abend hergekommen sei, weil die Mazedonier, von Persien aus zu rechnen, gegen Abend wohnten. Auch wird gemeldet, dass er über die ganze Erde gekommen sei, die er doch nicht angerührt habe, weil die Mazedonier in kurzer Zeit ganz Orient überwältigt, mit solcher Geschwindigkeit, dass man meinte, sie flögen vielmehr, als dass sie zögen. [Denn die Geschwindigkeit kann in Kriegssachen viel ausrichten. Und wenn Gott eines Volkes Sünden strafen will, so kann er bald einen Feind finden, der so unversehens hereinfällt, dass er schnell kommt, ehe man recht von ihm gehört hat].

Horn: Dadurch der große Alexander bedeutet wurde, der mit einem besonderen und wunderbaren Heldenmut die mächtigsten Könige überwunden hat und innerhalb zwölf Jahren schnell die ganze Welt unter seine Gewalt gebracht. [Denn wenn Gott die Herrschaften ändern will, so erweckt er vortreffliche Helden, die solche Dinge anfangen und ausrichten, daran ein anderer nicht denken durfte].

6. Und er kam bis zu dem Widder, der zwei Hörner hatte, den ich stehen sah vor dem Wasser; und er lief in seinem Zorn gewaltig zu ihm zu.

Zorn: Dass der Ziegenbock den Widder mit großem Grimm und hitzigen Gemüt anfiel. Und wird durch den Widder (wie vorgemeldet) auf die persische Monarchie, besonders aber auf den letzten König der Perser, Darium, gedeutet, der gegen den Ziegenbock zu rechnen wie ein Widder gewesen. Denn ein Widder führt zwar oft einen großen Haufen Schafe mit sich, welche doch alle miteinander ganz schwach und unmöglich zum Widerstand sind. Also ist der Perser große Menge nur wie eine Herde Schafe gewesen gegen die streitbaren und siegreichen Mazedonier.

7. Und ich sah ihm zu, dass er hart an den Widder kam und ergrimmte über ihn und stieß den Widder und zerbrach ihm seine zwei Hörner. Und der Widder hatte keine Kraft, dass er vor ihm hätte mögen bestehen, sondern er warf ihn zu Boden und zertrat ihn; und niemand konnte den Widder von seiner Hand erretten.

Zerbrach: Denn der große Alexander hat Darium überwunden und also die beiden Königreich der Meder und Perser, so durch die zwei Hörner vorgebildet worden, zugrunde gerichtet.

Keine Kraft: Denn obwohl Darius zu etlichen Malen mit großer Heereskraft wider Alexandrum ausgezogen. So ist er doch allemal in die Flucht geschlagen und überwunden worden, bis er endlich das Leben mit dem Königreich verloren.

Erretten: Es hat Darium keine menschliche Gewalt schützen können. [Denn so oft Gott ein Königreich oder Herrschaft von einem Volk hinweg nehmen will, so kann es keine menschliche Weisheit oder Macht hindern].

8. Und der Ziegenbock wurde sehr groß. Und da er aufs stärkste geworden war, zerbrach das große Horn; und wuchsen an des statt ansehnliche vier gegen die vier Winde des Himmels.

Sehr groß: Denn es ist Alexander nicht nur an Gewalt und Herrschaft mächtig geworden, sondern es ist auch sein Name in der ganzen Welt bekannt und berühmt geworden, daher er den Zunamen erlangt, dass man ihn den Großen genannt. [Denn wo tapfere Heldentaten verrichtet werden, da folgt Ehre und Ruhm darauf].

Zerbrach das: Denn Alexander ist nicht allein in seinem besten Alter draufgegangen, sondern auch, da er an Majestät und Herrlichkeit aufs höchste gekommen war und etliche Botschaften schier aus der ganzen Welt zu ihm gen Babylon, als zu dem obersten Monarchen, Ehren halben gesandt wurde, wie Justinus bezeugt, in seinem 12. Buch, da ist er einstmals verloschen, nachdem er wider seine besten Freunde angefangen grausame Wüterei zu treiben und für einen Gott wollte angebetet werden. [Denn wenn die Gewaltigen ihrer selbst anfangen zu vergessen und nicht mehr wissen wollen, dass sie Menschen sind, so stößt sie Gott vom Stuhl].

Viere: Dies sind die vier Königreiche, so aus des Alexanders Monarchie entsprungen. Denn seine vier vornehmsten Fürsten haben das Reich unter sich also ausgeteilt, dass Seleucus in Syrien, Ptolemeus in Ägypten, Antigonus in Asia und Cassander in Griechenland regiert. Und sind später unter diesen seinen Nachkommen große Kriege entstanden. Bis endlich die Römer diese Königreiche alle nacheinander unter ihre Gewalt gebracht. [Gleichwie aber der Griechen Monarchie schnell ausgegangen. Also ist sie auch bald wiederum zu Haufen gefallen. Nach dem Sprichwort: Was bald wird, das vergeht bald wieder].

9. Und aus derselben einem wuchs ein kleines Horn, das wurde sehr groß gegen Mittag, gegen Morgen und gegen das werte Land.

Und: Jetzt wird der Prophet anfangen von dem Antiocho Epiphane oder dem Edlen, zu handeln, der dem Volk Gottes viel Überdrang antun würde und danach umkommen. Es hat aber Gott sein Volk solches zukünftigen Unglücks halben zuvor erinnern wollen, damit es nicht allerdings verzagte, wenn solcher Unfall käme und die Verfolgung hereinfielen. Danach hat Gott unter des Antiochi Grausamkeit und Wüterei auch zugleich des römischen Antichristen Tyrannei abmalen wollen.

Einem: Nämlich aus einem von den vorgemeldeten vier Hörnern. Das ist: Im Königreich Syrien.

Kleines Horn: Denn des Antiochi Macht ist zuerst nicht groß gewesen.

Mittag: Denn er das Königreich Ägypten, welches von seinem Königreich zu rechnen gegen dem Mittage gelegen war, überfallen und denen in seiner Nachbarschaft gegen Orient viel Überdrang angetan, hat sich also je länger je mehr gestärkt.

Werte Land: Nämlich im gelobten Lande, da der rechte Gottesdienst im Schwange geht, wird er seine Tyrannei auch üben. [Es ist aber das reine Wort Gottes und der Sakramente rechtmäßiger Brauch ein werter Schatz und große Zierde in einem Lande].

Nach Luther: Das werte Land ist Judäa, da Gott innen wohnt, zu Jerusalem im Tempel.

10. Und es wuchs bis an des Himmels Heer und warf etliche davon und von den Sternen zur Erde und zertrat sie.

Nach Luther: Himmels Heer ist der Gottesdienst zu Jerusalem, weil Gott vom Himmel damit gedient wurde und er des Heeres Fürst war. Die Sterne sind die Heiligen in solchem Heer.

Zertrat sie: Denn Antiochus Epiphanes hat die Kirche Gottes verfolgt, so damals im jüdischen Land gewesen und hat viele fromme Leute, besonders aber die vortrefflichen und treuen Lehrer des göttlichen Wortes, danieder geschlagen und jämmerlich erwürgt. [Es werden aber die frommen Leute, welche mit dem Bekenntnis des Glaubens und unsträflichem Wandel anderen vorleuchten, besonders aber die Lehrer in der Kirche {Dan 12}, den Sternen am Himmel verglichen. Denn sie auch in jenem Leben mit größerer Herrlichkeit als andere werden geziert werden. Aber in dieser Welt werden sie von den Tyrannen bisweilen sehr geplagt und stehen die Lehrer oft in mehr und größerer Gefahr, als die Zuhörer].

11. Ja, es wuchs bis an den Fürsten des Heers und Name von ihm weg das tägliche Opfer und verwüstete die Wohnung seines Heiligtums.

Fürsten: Nämlich wider Gott selbst, der ein Fürst seiner Kirche ist, hat sich Antiochus auflehnen dürfen, da er die Opfer, so von Gott selbst eingesetzt waren, zu Jerusalem mit großer Grausamkeit verboten und den Tempel des Herrn gräulich verunreinigt hat. Denn er des Jovis Olympi abgöttisches Bild im Tempel zu Jerusalem aufstellen lassen und es von den Juden anbeten heißen. [Es wird aber der Sohn Gottes ein Fürst des Heers, das ist, seiner Kirche genannt, weil er dieselbe regiert und schützt, und die Kirche auf dieser Erde unter ihm streitet wider die Welt, Fleisch und Teufel. Und wenn die Tyrannen den wahren Gottesdienst aufzuheben sich unterstehen, so setzen sie sich nicht nur wider die Menschen, sondern wider Gott selbst, aber sie werden endlich die göttliche Rache empfinden].

12. Es wurde ihm aber solche Macht gegeben wider das tägliche Opfer um der Sünde willen, dass er die Wahrheit zu Boden schlüge und, was er tat, ihm gelingen musste.

Sünde willen: Das ist: Gott wird ihm solche Macht lassen, dass er die reine Religion eine Zeit lang unterdrücke und die rechte Lehre öffentlich zu treiben verbiete, nicht der Meinung, dass er sie ganz wollte ausrotten, sondern von wegen der Sünden seines Volkes. Und wird es dem Antiocho in solcher Verfolgung den mehreren Teil zu Anfang glücklich vonstattengehen. [Denn wenn das Volk Gottes sein Wort nur obenhin anhört und mit fleischlicher Sicherheit vorhin eingenommen ist, das es ein solches Leben führt, welches der rechten Religion nicht wohl ansteht, so schickt Gott Verfolgungen, auf dass die Auserwählten wahrhaftig Buße tun und die Schlafsucht ihnen aus den Augen gewischt werde, welches denn ihnen zu ihrer Seligkeit gereicht. Unterdes aber haben die Tyrannen eine Zeit lang glücklichen Fortgang und sieht es ihm gleich, als ob Gott ihnen beistünde und hülfe. Aber sie steigen hoch auf und fallen später desto härter].

13. Ich hörte aber einen Heiligen reden; und derselbe Heilige sprach zu einem, der da redete: Wie lange soll doch dauern solches Gesicht vom täglichen Opfer und von der Sünde, um welcher willen diese Verwüstung geschieht, dass beide, das Heiligtum und das Heer, zertreten werden?

Dauern: Das ist: Wie lange wird es dauern mit der Erfüllung dieser Weissagung, dass nämlich die Opfer, so von Gott eingesetzt wurden, werden verboten werden und wie lange wird Gott von wegen der Sünden seines Volkes das Heilige Land verwüsten, das Heiligtum verunreinigen und sein Volk zertreten und erwürgen lassen? [Denn die Engel haben ein Mitleiden mit der Kirche in ihrem Jammer und Elend].

14. Und er antwortete mir: Es sind zweitausend und dreihundert Tage, von Abend gegen Morgen zu rechnen, so wird das Heiligtum wieder geweiht werden.

Er: Nämlich ein anderer Engel, der das Gesicht zu deuten und zu erklären von Gott Befehl hatte.

Tage: Welche machen sechs Jahre und ein viertel Jahr, denn eben so lange wütet auch Antiochus wider die Juden und starb des siebten Jahres, dass also die Zahl fein zutrifft, wie das Buch der Makkabäer ausweist.

Nach Luther: Es sind nicht Wochen-Tage, wie Daniel 9, 24. Jahr-Wochen, sondern gewöhnliche und natürliche Tage, da man Abend und Morgen innen rechnet.

Geweiht: Und von des Annocht Entheiligung gereinigt werden. [Steckt deswegen Gott den Trübsalen ein Ziel, dass wir unter dem Kreuz nicht versinken. Und haben wir es Gott höchlich zu danken, dass er seine Kirche auch zu unseren Zeiten von des römischen Antiochi, das ist von der päpstlichen Unreinigkeit und Bosheit durch D. Luther gereinigt hat].

15. Und da ich, Daniel, solches Gesicht sah und hätte es gerne verstanden, siehe, da stand es vor mir wie ein Mann.

Verstanden: Ich wünschte, dass mir niemand solche Gesichte, die mir gezeigt wurden, erklären möchte.

Ein Mann: Denn der Sohn Gottes ist dem Daniel in menschlicher Gestalt, die er eine Zeit lang an sich genommen, damals erschienen.

16. Und ich hörte zwischen Ulai eines Menschen Stimme, der rief und sprach: Gabriel, lege diesem das Gesicht aus, dass er es verstehe!

Stimme: Nämlich desselben Mannes, der zwischen dem Wasser Ulai stand, da derselbe Fluss auf beiden Seiten sich teilte.

Verstehe: Denn der Sohn Gottes gewährt unsere Bitte aufs Allerfreundlichste, wenn dieselbe zur Ehre Gottes und zu unserer Seligkeit gereicht. Und braucht Gott oft der Engel Dienst, wenn er unserem gottseligen Begehren willfahren will].

17. Und er kam hart zu mir. Ich erschrak aber, da er kam und fiel auf mein Angesicht. Er aber sprach zu mir: Merke auf, du Menschenkind; denn dies Gesicht gehört in die Zeit des Endes.

Er kam: Nämlich der Engel Gabriel, welcher auch der Jungfrau die Empfängnis Christi verkündigt. [Und sind die heiligen Engel willig und bereit, den frommen Menschen zu dienen].

Erschrak: Über seine herrliche Majestät. [Denn der menschlichen Natur Schwachheit ist so groß, dass sie in diesem Leben kaum einen Schein oder Blick der himmlischen Herrlichkeit anschauen und erdulden kann].

Endes: Das ist: Es geht nicht nur Antiochum den Edlen an, der über etliche Jahre die Kirche Gottes verfolgen wird, sondern es ist auch zu verstehen von dem Antichrist, der durch den Antiochum vorgebildet wird und um das Ende der Welt der Kirche Gottes viel wird zuleide tun. [Es heißt uns aber Gott auf das künftige Übel achthaben, auf dass, wenn es hereinfällt, wir uns desto weniger ärgern].

Nach Luther: Da zeigt er an, dass Epiphanes nicht allein gemeint wird in diesem Gesichte, sondern auch der Ende-Christ.

18. Und da er mit mir redete, sank ich in eine Ohnmacht zur Erde auf mein Angesicht. Er aber rührte mich an und richtete mich auf, dass ich stand.

Ohnmacht: Denn es hat Daniel sich zum höchsten darüber entsetzt, da er vernommen, dass die Kirche Gottes vor dem Ende der Welt so großes Unglück würde überstehen müssen.

Rührt: Also dass ich von solchem Anrühren etlichermaßen wiederum zu Kräften kam.

19. Und er sprach: Siehe, ich will dir zeigen, wie es gehen wird zur Zeit des letzten Zorns; denn das Ende hat seine bestimmte Zeit.

Letzten Zorns: Wenn nämlich Gott über die Undankbarkeit seines Volkes erzürnt wurde, dass er ein großes Unglück über seine Kirche wird ergehen lassen. Und hat Gott solchem Unfall bereits ein Ziel gesteckt und bei sich selbst beschlossen, wie lange es damit währen soll.

20. Der Widder mit den zwei Hörnern, den du gesehen hast, sind die Könige in Medien und Persien.

Der: Der Engel fängt seine Erklärung an von dem Gesicht, dadurch das Ende der persischen Monarchie bedeutet wurde.

Die Könige: Es begreift aber der Engel die Monarchien und Monarchen zugleich miteinander und fasst sie zusammen.

21. Der Ziegenbock aber ist der König in Griechenland. Das große Horn zwischen seinen Augen ist der erste König.

Große Horn: Daher er einem Einhorn ähnlicher war als einem Ziegenbock.

Erste: In der griechischen Monarchie, nämlich der große Alexander, des Philippi Königs in Mazedonien Sohn.

22. Dass aber vier an seiner statt standen, da es zerbrochen war, bedeutet, dass vier Königreiche aus dem Volk entstehen werden, aber nicht so mächtig, als er war.

So mächtig: Das ist: Es wird des Alexanders mächtige Monarchie in vier Königreiche geteilt werden. Aber es wird dem Vorigen keines gleichen mögen. Ja wenn man sie gleich alle zusammenrechnet, so werden sie doch die Macht und Majestät des vorigen Reiches nicht haben. Denn es haben des Alexanders vornehmste Fürsten das Königreich unter sich geteilt, also dass Seleucus Syrien, Ptolemäus Ägypten, Antigonus Asien, Cassander Griechenland eingenommen, wie oben auch gemeldet. [Denn wenn die Königreiche durch Uneinigkeit und Spaltungen zerteilte werden, so nehmen sie an Kraft und Stärke sehr ab, also dass, wenn sie gleich wiederum würden zusammen kommen, dennoch nicht mehr so mächtig sein würden, als sie zuvor gewesen].

23. Nach diesen Königreichen, wenn die Übertreter überhandnehmen, wird aufkommen ein frecher und tückischer König.

Nach: Jetzt weissagt der Engel von des Antiochi und des Antichristen Bosheit und Tyrannei. Denn es sind auch die Alten der Meinung, dass Antiochus des Antichristen Vorbild gewesen.

Überhand: Das ist: Wenn Gott über die Sünden seines Volkes heftig zürnen wird und sie ihr Maß werden vollgemacht haben, so wird alsdann der Tyrann kommen. [Denn wenn Gott durch die Undankbarkeit gegen sein Wort und durch vielfältige übermachte Sünden erzürnt wird, so schickt er ihnen Verfolgungen über den Hals, auf dass die, welchen noch zu helfen ist, wieder auf den rechten Weg gebracht werden. Die anderen aber für ihre Bosheit angemessene Strafe empfangen].

Frecher: Dem kein Bubenstück zu viel sein wird und für seine Lügen nicht wird schamrot werden. Ja er wird aller Büberei und Bosheit sich bemühen. [Denn die Tyrannen sind oft ganz unverschämt, dass sie weder Treue noch Redlichkeit, weder Briefe noch Siegel oder eine Gottesfurcht achten].

Tückischer: Er wird ganz listig und verschlagen sein und wird es anderen können zu raten geben. [Denn zwischen der Arglistigkeit und rechter Weisheit ist ein großer Unterschied, weil diese Land und Leute erhält, da hingegen jene selten etwas Gutes stiftet oder ausrichtet].

24. Der wird mächtig sein, doch nicht durch seine Kraft. Er wird es wunderlich verwüsten; und wird ihm gelingen, dass er es ausrichte. Er wird die Starken samt dem heiligen Volk zerstören.

Seine Kraft: Er wird an Gewalt sehr zunehmen, welches er doch nicht durch seine Kraft oder Stärke, sondern mit List und Betrug wird zuwege bringen. [Gleiche Meinung hat es auch mit etlichen römischen Päpsten, die an Verwegenheit, Übermut, Geiz und Simonei in Religionssachen sich nichts bedauern lassen, sondern vielmehr mit List, Betrug und Lügen, auch anderen bösen Praktiken ihre Gewalt so gemehrt, dass sie auch die höchsten Monarchen mit Füßen getreten und dennoch von denselben etlichermaßen schier angebetet wurden].

Nach Luther: Sondern durch List, Verräterei und Schalkheit.

Gelingen: Er wird eine Zeit lang gutes Glück haben. Denn es hat Antiochus Epiphanes die Juden vielmehr mit Hinterlist als mit Gewalt angegriffen, da er die Stadt Jerusalem und den Tempel geplündert und nachdem er die Stadt einbekommen, auch unter den Einwohnern grausamen Wüterei getrieben. [Also hat auch der römische Antichrist seine Tyrannei mehr mit List als mit Gewalt behauptet. Und hat die Kirche Gottes nicht so sehr mit äußerlicher Gewalt als mit geschwinden Fündlein und Praktiken beraubt und geplündert, durch viele und mancherlei Krämereien, die er in der Kirche angerichtet. Denn was haben nicht die Christen unterm Papsttum ums Geld von dem Papst und seinen Anhängern erkaufen müssen?]

Starken: Nämlich die vortrefflichen Männer im Volk Gottes wird er sich aus dem Wege räumen, welche seinem Vorhaben Widerstand tun möchten.

Heiligen: Die frommen und heiligen Leute wird er umbringen. [Denn obwohl das Volk Gottes auch nicht ohne Sünde ist. So sind aber doch diejenigen, welche in der Verfolgung von der rechten Religion nicht abfallen, vor Gott recht und wahrhaftig heilig, ob sie wohl vor der Zeit mit etlichen Sünden sich verunreinigt haben, welche um des Messias willen, da sie Buße getan, ihnen nicht zugerechnet werden. Gleichwie aber Annochus die Israeliten erwürgt hat. Also wütet auch der römische Antichrist mit Mord und Totschlag wider die heiligen Bekenner Christi]. Damit man aber alles besser verstehen möge, so hält sich es mit der ganzen Handlung des edlen Antiochi also: Da der Große Antiochus, dieses Erzbuben Vater, von dem römischen Bürgermeister Scipione überwunden wurde, hat er seinen Sohn, den Edlen Antiochum, davon hier gehandelt wird, den Römern müssen zur Geißel übergeben. Da er nun also in vierzehn Jahren zu Rom sich verhalten, hat er endlich die Gelegenheit ersehen, ist aus Rom entlaufen und wiederum in Syrien, als sein erbliches Königreich, angekommen, nachdem sein Vater vor etlichen Jahren bereits umgebracht wurde. Als er aber kaum sechs Jahre im Regiment gesessen, ist ihm die Lust ankommen, dass er seine Herrschaft möchte weiter erstrecken. Sammelt darum ein großes Kriegsvolk und zieht in Ägypten, unterm Schein, als ob er des jungen Königs dort, Ptolemei Philometors, der noch nicht zu seinen Jahren kommen war, Vormund sein wollte, weil er seiner Mutter Bruder war, ging aber in der Wahrheit darauf um, wie er solches mächtige Königreich, als Ägypten war, möchte unter seine Gewalt bringen. Darum er hin und wieder in den vornehmsten Städten des Landes Ägypten Besatzungen einlegte und zieht danach wieder heim. Zur selben Zeit fanden sich zu Jerusalem etliche gottlose Meutemacher, die es heimlich mit dem Antiocho hielten, durch welcher Anstiftung und zutun Antiochus in seiner Heimreise auf Jerusalem zuzieht und da man ihn eingelassen, erwürgt er etliche vortreffliche Männer und nimmt die goldenen Gefäße aus dem Tempel Gottes mit sich hinweg, zieht also mit einer reichen Beute oder vielmehr Kirchenraub davon. Über zwei Jahre verfügt er sich wiederum mit einer ansehnlichen Heereskraft in Ägypten, ohne Zweifel der Meinung, dass er jetzt dasselbe Reich mit Gewalt einnehmen wollte, ist ihm aber von den Römern gewehrt worden. Denn da der junge König in Ägypten gemerkt, worauf Antiochus umginge, begibt er sich mit seinem Königreich unter der Römer Schutz, so auch sein Vater, der alte Ptolemäus in seinem Testament also verordnet hatte. Darum haben die Römer einen verständigen und ansehnlichen man, Marcum Popilium zum Antiocho abgefertigt, der ihm anstatt des römischen Rats und ganze Gemeinde anzeigte, dass er sich des Königreichs Ägypten enthalten sollte oder des Krieges von den Römern gewärtig sein. Wie nun Antiochus da auch seine gewöhnliche List benutzt und Auszüge suchen wollte, dass er keine richtige Antwort von sich gab, was er zu tun gesinnt. Und aber Popilius um seine Arglistigkeit und Verschlagenheit gute Wissenschaft trug, machte er mit dem Stab, den er in der Hand hielt, einen Ring um den Antiochum her im Sande, da er am Ufer stand und hieß ihn nicht daraus schreiten, er hätte sich denn erklärt, ob er in der Römer Begehren willigen oder den Krieg mit ihnen annehmen wollte. Darauf er ihrem Begehren statt zu tun sich verspreche müsse. Wie es ihm nun in Ägypten nicht nach seinem Willen ergangen, schickt er auf seiner Heimreise nach Syrien seiner Obersten einen gen Jerusalem, welcher unterm Schein der Freundschaft in die Stadt kommt, erzeigt sich aber später als ein Feind. Denn er viele Bürger jämmerlich ermorden lassen, bringt das Schloss in seine Gewalt und reißt mehreren teils Festungen der Stadt ein, verunreinigt auch den herrlichen Tempel, dass er des Jupiters Bildnis darin stellt, zwingt und treibt, aus Befehl Antiochi, das Volk mit Drohungen und Totschlägen, dass sie ihren rechten Gottesdienst sollen fahren lassen und die heidnischen Weisen annehmen, zu welcher Bosheit und Grausamkeit etliche Mamelucken zu Jerusalem nicht allein Lust hatten, sondern auch ihresteils halfen. Darüber einer mit Namen Matthias, aus dem priesterlichen Geschlecht, durch einen göttlichen Eifer sich aufbringen lassen, dass er angefangen hat den Gottesdienst vor solcher heidnischen Bosheit handzuhaben und zu schützen. Danach hat auch sein Sohn Judas Makkabäus sich der Religion und des israelitischen Volkes mit Ernst angenommen und der grausamen Wüterei des Antiochi mit beherztem Mut Widerstand getan. Antiochus aber, als ein rechter Geizwanst, der nur anderer Leute Güter begehrte zu sich zu reißen, zog unterdes in Persien, der Hoffnung, er wollte von dort einen großen Schatz mit sich heimbringen, damit er die Kriegskosten ertragen konnte. Aber weil er außen ist, wird sein Feldoberster Lysias, den er die Juden zu plagen hinter sich gelassen, von Juda Maccabeo überwunden und darnieder gelegt, wird auch der Tempel wiederum gereinigt und des Antiochi Tyrannei ausgemustert. Da solches dem Antiocho, der vor großem Zorn und Grimm wider die Juden brannte, vorgekommen, hat er sich so sehr darüber bekümmert, dass er aus großer Schwermütigkeit in eine Krankheit gefallen und starb. Wie man solches alles im 1. Buch der Makkabäer beschrieben findet].

25. Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten. Und wird sich in seinem Herzen erheben und durch Wohlfahrt wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten aller Fürsten. Aber er wird ohne Hand zerbrochen werden.

Geraten: Weil er so verschmitzt und verschlagen sein wird, so wird er eine Zeit lang bei seinem gottlosen Tun Glück haben. [Denn Gott lässt es bisweilen zu, dass es den Gottlosen glücklich hinausgeht, was sie vorhaben, auf dass die Frommen unterdes bewehrt werden {Ps 37}].

Erheben: Er wird noch stolzer werden, wenn er sehen wird, wie ihm alles so wohl gelingt. [Denn die Gottlosen werden bei ihrem großen Glück übermütig und wollen schier für Götter angesehen sein].

Nach Luther: Dass er großes Gut, Ehre und Glück hat und gutes Leben im Sause führt, wird er viele damit an sich locken.

Verderben: Er wird seines guten Glücks missbrauchen zur Tyrannei und mit Morden unter dem Volk Gottes wüten. Denn je glücklicher es den Gottlosen geht, je stolzer sie werden und finden sich viele zu ihnen, die es mit ihnen halten und ihnen beistehen. Denn wo das Glück ist, da will jedermann wohl mit dabei sein].

Aller Fürsten: Nämlich wider Gott selbst. Indem, dass er die rechte Religion und frommen Leute verfolgt. [Denn welche sich unterstehen den wahren Gottesdienst abzutun und die Frommen auszurotten, die setzen sich nicht nur wider Menschen, sondern sie widerstreben Gott selbst. Daher auch Christus zu Paulus sagte, da er noch nicht bekehrt war: Saul, Saul, was verfolgst du mich? Wenn auch solche Verfolger nicht bei Zeit Buße tun, so treiben sie es nicht lange ungestraft. Was aber Antiochus zu seiner Zeit getan, das tut der römische Antichrist noch heutigentags, indem er die reine Lehre des Evangeliums mit dem Bannstrahl und Schwert begehrt zu vertilgen und auf seine Träume und Menschensatzungen mit großem Ernst dringt, dass man sie anstatt des göttlichen Wortes annehmen und glauben soll. Weiter sollen alle Fürsten hier dessen sich erinnern, dass sie noch einen höheren Fürsten über sich haben, dem sie einmal eins werden müssen Rechenschaft geben, wie sie ihrem Regiment vorgestanden sind].

Ohne Hand: Antiochus wird nicht im Krieg umkommen. Denn er nicht so würdig wird geachtet werden, dass er im Kriege ritterlich stürbe, sondern er wird an einer schmerzlichen Krankheit verschmachten und verzagen, dass jedermann spüren wird, wie er nicht durch menschliche Kraft, sondern von Gott gestraft und aufgerieben wurde. [Denn Gott schickt es oft also, dass er die Tyrannen eines solchen Todes sterben lässt, daraus man abnehmen kann, wie sie von Gott überstritten und vertilgt wurden. Es wird aber auch der römische Antichrist durch Gottes Gewalt und nicht mit menschlichen Kräften zugrunde gerichtet werden: Wie Paulus spricht, dass er durch die herrliche Zukunft des Herrn werde vertilgt werden. Darum sehen die sich selbst nicht recht für, welche des Antichristen Reich mit äußerlichen Gewalt zu stürzen sich unterfangen].

26. Dies Gesicht vom Abend und Morgen, das dir gesagt ist, das ist wahr; aber du sollst das Gesicht heimlich halten, denn es ist noch eine lange Zeit bis dahin.

Und Morgen: Das ist: Von den Tagen der Verfolgung, so man vom Abend bis zum Morgen zählt.

Lange Zeit: Bis die Weissagung ihre gänzliche Erfüllung erreichen wird. Mit welchen Worten denn der Engel klar zu verstehen gibt, dass solches Gesicht nicht nur vom Antiocho, der nach ungefähr dreihundert Jahren regieren würde, sondern auch und besonders vom Antichristen gemeint sei. [Denn die Schrift deutet oft mit einer Weissagung auf zweierlei Dinge, die etlichermaßen eine Gleichheit miteinander haben].

Nach Luther: Abermals zeigt er, dass er etwas mehr den Antiochum meine, denn Antiochus ist nicht über viereinhalb hundert Jahre nach diesem Gesicht gekommen.

27. Und ich, Daniel, wurde schwach und lag etliche Tage krank. Danach stand ich auf und richtete aus des Königs Geschäfte. Und verwunderte mich des Gesichtes; und niemand war, der mir es berichtete.

Krank: Weil mich das Gesicht, dadurch der Kirche Gottes so viel Böses verkündigt wurde, sehr geschreckt hatte. Dazu von wegen der engelischen Klarheit und Majestät, die ich angeschaut, ganz kraftlos geworden war. [Denn unser irdisches Fleisch kann, weil es noch unverändert bleibt, die himmlische Herrlichkeit nicht ertragen].

Danach: Wie ich war ein wenig wiederum zu Kräften gekommen.

Geschäfte: Die mir vom Könige Belfazer auszurichten Amtes halben waren auferlegt und befohlen wurden. Denn obwohl Daniel beim selben König nicht in einem solchen Ansehen gewesen, wie zuvor beim Nebukadnezar und später bei dem Dario und Cyro. So hatte er dennoch etliche Sachen zu verrichten. [Sollen deswegen auch wir unter einer gottlosen Obrigkeit unserem anbefohlenen Amt nichtsdestoweniger fleißig und treulich nachkommen].

Berichtet: Denn ich gerne eine ausführlichere Erklärung davon hätte. [Und sollen wir nach der Erkenntnis der himmlischen Geheimnisse, die Gott geoffenbart hat, ein Verlangen haben: Doch also dass wir nicht übers Ziel des göttlichen Wortes schreiten. Wenn auch das Wort Gottes oft und viel betrachtet wird, so leuchtet es immer heller in unsere Herzen].


Das 9. Kapitel

  • Weil Daniel die Bücher der Propheten fleißig durchlas und an die Gefangenschaft des Volkes Gottes oft mit großer Schwermütigkeit gedachte, wenn es damit würde einmal wieder ein Ende nehmen, auch wünschte, das die Zeit der Erlösung schier vorhanden wäre, hat er sich der Weissagung des Propheten Jeremia wiederum erinnert, wie es nunmehr an dem wäre, das die Israeliten sollten wieder in ihr Vaterland kommen. Denn Jeremias hatte zuvor geweissagt, dass die Babylonische Gefangenschaft siebzig Jahr währen würde, welche damals schier herum waren, v. 1.
  • Darum tut Daniel aus Anleitung solcher Verheißung ein inbrünstiges Gebet zu Gott für das jüdische Volk und bekennt erstlich seine und des Volkes Sünden, um welcher willen sie richtig gezüchtigt wurden. Danach bittet er, das Gott seiner Barmherzigkeit bedenkt sei, ihnen ihre Sünden verzeihen und sie wieder ins Vaterland bringen wolle, v. 4.
  • Solches Gebet Daniels wird erhört und wird der Engel Gabriel zu ihm geschickt, dass er ihm nicht allein anzeigt, wie Gott sein Gebet angenommen habe und das jüdische Volk wieder heimlassen wolle, sondern es bezeichnet ihm auch der Engel die Zeit der Zukunft Christi, wenn er leiden, sterben, auferstehen und ein geistlich Reich durch die Predigt des Evangeliums anrichten werde, v. 20.
  • Endlich wird auch dem Daniel geoffenbart, wie der Tempel und die Stadt Jerusalem werde wiederum zerstört und das undankbare und verstockte jüdische Volk verstoßen werde. v. 27.

1. Im ersten Jahr Darius, des Sohnes Ahasveros, aus der Meder Stamm, der über das Königreich der Chaldäer König wurde,

Meder Stamm: Der aus dem Geschlecht der Könige in Meden seine Herkunft hatte, dessen auch zuvor im Kapitel 5 gedacht wurde.

König wurde: Denn es hat Darius neben dem Cyro das Königreich Babel unter seine Gewalt gebracht und ist dem Dario, von wegen seines Alters und höheren Herkommens, der königliche Name geblieben, obwohl Cyrus im Kriege mit seiner Mannheit den Vorzug hatte.

2. in demselben ersten Jahr seines Königreichs merkte ich, Daniel, in den Büchern auf die Zahl der Jahre, davon der Herr geredet hatte zum Propheten Jeremia, dass Jerusalem sollte siebzig Jahre Wüste liegen {Jer 25v12 29v10}.

Büchern: Der Propheten, da ich mich in denselben fleißig umsah und auf ihre Weissagungen gute Achtung gäbe.

Zahl: Welche nunmehr zum Ende gelaufen oder doch nicht mehr lange dahin war. [Denn welche in der Schrift fleißig und in der Gottseligkeit forschen, die finden ganz lieblichen Trost darin].

3. Und ich kehrte mich zu Gott dem Herrn, zu beten und zu flehen, mit Fasten, im Sack und in der Asche.

Kehrt: Das ist: Ich machte mich aus einem besonderen großen Eifer gefasst, mit meinem inbrünstigem Gebet Gott anzurufen.

Im Sack: Dass ich ein geringes, schlechtes und grobes Kleid anzog, damit ich mich in die Asche setzte und das Haupt mit Asche bestreute. Denn die Juden pflegten eine solche Zeremonie zu gebrauchen, wenn sie anzeigen wollten, dass sie sehr schwermütig und bekümmert waren. [Welches doch nicht darum geschah, dass mit solche Werken, als mit einem Verdienst, die Sünden abgebüßt und bezahlt würden, sondern dass sie ihre Demut vor Gott und den Menschen in der Tat bezeugten. Obwohl nun wir in der Christenheit an keine besonderen Fasten, wie auch weder an Sack und Asche gebunden sind. So sollen wir aber doch, wenn wir inbrünstig beten wollen, uns der Nüchternheit bemühen. Denn durch Völlerei werden die Herzen beschwert, dass sie im Gebet zu Gott sich nicht erheben können. Und gebührt sich es, dass die Traurigen sich anders stellen, als die Fröhlichen].

4. Ich betete aber zu dem Herrn, meinem Gott, bekannte und sprach: Ach, lieber Herr, du großer und schrecklicher Gott, der du Bund und Gnade hältst denen, die dich lieben und deine Gebote halten {Neh 1v5 9v32}:

Betete: Dass er seine Verheißungen von der Erlösung seines Volkes ins Werk richten und erfüllen wolle. [Denn die göttlichen Verheißungen sollen uns am Gebet nicht hindern, sondern vielmehr freudiger und hurtiger machen].

Bekannt: Nämlich mit demütigem Herzen und ohne einzige Vermäntelung, meines und des Volkes Sünden, damit wir den Zorn Gottes längst wider uns aufgebracht hatten. [Denn wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Gott treu und gerecht, dass er unsere Sünde verzeihe und reinige uns von aller Untugend {1Joh 1}. Und tut dieser Text der päpstlichen Ohrenbeichte gar kein Vorhaben, sie damit zu bestätigen. Den Daniel hat keine Sünden in diesem seinem Gebet und Bekenntnis in Sonderheit erzählt, sondern ein Allgemeines seiner und des Volkes Sünden unserem Herrn Gott gebeichtet].

Schrecklicher: Vor dem sich alle Kreaturen fürchten und scheuen müssen. [Denn man soll Gott lieben und ihn fürchten, damit wir ihn nicht beleidigen].

Halten: Denen erzeigst du dich gnädig und als ein getreuer Gott. Darum können wir dich nicht beschuldigen, dass du zu deinem Teil den Bund nicht treulich gehalten hättest, sondern wir sein selber schuldig daran, dass wir vielmehr deine Gerechtigkeit und gestrenges Gericht als Barmherzigkeit empfangen haben.

5. wir haben gesündigt, Unrecht getan, sind gottlos gewesen und abtrünnig geworden; wir sind von deinen Geboten und Rechten gewichen.

Getan: Dass wir viele und große Missetaten begangen haben.

Abtrünnig: Wir sind von dir, unserem Herrn und Gott, abgefallen.

Rechten: Welche doch unsere Regel und Richtschnur hätten sein sollen, davon wir nicht ein Haar breit hätten sollten abweichen oder ausschreiten. [Wo man aber die ausdrücklichen Gebote Gottes aus der acht lässt, da werden nicht nur äußerliche Sünden begangen, sondern es folgt auch darauf die Heuchelei, dass man unter dem Schein der Religion vielfältige gräuliche und abscheuliche Abgötterei treibt].

6. Wir gehorchten nicht deinen Knechten, den Propheten, die in deinem Namen unseren Königen, Fürsten, Vätern und allem Volk im Lande predigten.

Predigten: Dass sie uns ermahnten, wir sollten von der Abgötterei und von Sünden abstehen. [Denn ehe Gott die Strafen schickt, erweckt er in der Kirche getreue Lehrer, welche die Menschen zur Buße rufen. Und da gilt kein Ansehen der Personen, sondern sie strafen der Oberen und Unteren, hoher und niederer Personen Sünden ohne Unterschied, ob sie wohl damit bei dem größeren Teil in dieser Welt wenig Dank davon bringen].

7. Du, Herr, bist gerecht, wir aber müssen uns schämen, wie es denn jetzt geht denen von Juda und denen von Jerusalem und dem ganzen Israel, beide, denen, die nahe und ferne sind, in allen Landen, dahin du uns verstoßen hast um ihrer Missetat willen, die sie an dir begangen haben.

Gerecht: Der du uns, nachdem du uns bei guter Zeit und lange genug zuvor gewarnt, ernstlich gezüchtigt hast.

Schämen: Wir haben keine Entschuldigung vorzuwenden und können uns keiner Unschuld rühmen, sondern bestehen vor dir schamrot und mit Schanden.

Geht: Dass die Einwohner des Königreichs Juda und der Stadt Jerusalem ihre rechte Schmach leiden, da ihrer etliche näher, andere weiter unter die Heiden zerstreut und zerstäubt wurden, da sie in großem Jammer und Elend leben, leiden also für ihre Bosheit, damit sie dich erzürnt haben, rechte Strafe. [Es wird aber Gott sehr zur Barmherzigkeit und Mitleiden dadurch bewegt, wenn wir ihm das Lob der Gerechtigkeit geben und bekennen, dass wir die Strafen unserer Sünden wohl verdient haben].

8. Ja, Herr, wir, unsere Könige, unsere Fürsten und unsere Väter müssen uns schämen, dass wir uns an dir versündigt haben.

Könige: So vorzeiten im Königreich Juda regiert haben.

Väter: Hier rühmt Daniel nicht seiner Voreltern Eifer, Frömmigkeit und Einigkeit in der Religion, wie heutigentags die Katholiken tun, sondern bekennt, dass der meiste Teil gottlos gewesen, wie auch die Bücher der Könige solches bezeugen. Denn ob wir wohl unsere Voreltern zu ehren schuldig sind, wie man auch ihrer Seligkeit halben gute Hoffnung haben soll, so muss man doch ihre Irrtümer und Sünden nicht recht heißen, viel weniger, dass wir es ihnen begehrten nachzutun.

9. Dein aber, Herr, unser Gott, ist die Barmherzigkeit und Vergebung. Denn wir sind abtrünnig geworden

Vergebung: Dir steht es zu, dass du dich über uns erbarmst und uns unsere Sünden verzeihst. Denn wir sind deiner Gnade gar hoch bedürftig.

10. und gehorchten nicht der Stimme des Herrn, unseres Gottes, dass wir gewandelt hätten in seinem Gesetz welches er uns vorlegte durch seine Knechte, die Propheten {2Chr 36v15 v16},

Propheten: [Hier hat man zweierlei zu merken: Das erste und vornehmste ist, dass Gott den bußfertigen Sündern ihre Sünden verzeihen will, wenn wir Buße tun: Das andere, dass die, welche der Propheten und reinen Kirchendiener gottselige und gutherzige Erinnerungen verachten, Gott selbst nicht gehorchen und deswegen nicht nur die Menschen, sondern Gott verachten].

11. sondern das ganze Israel übertrat dein Gesetz und wichen ab, dass sie deiner Stimme nicht gehorchten. Daher trifft uns auch der Fluch und Schwur, der geschrieben steht im Gesetz Mose, des Knechtes Gottes, dass wir an ihm gesündigt haben {3Mos 26v14 5Mos 27v15 29v15 29v20 30v17}.

Wichen ab: Von deinen Geboten. [Wenn man aber aus den Lastern ein Handwerk macht, dass in allen Ständen nur Ungerechtigkeit und ein gottloses Leben gespürt wird, so nahen die allgemeinen Strafen und der Untergang eines Königreichs herzu].

Fluch: Der wie ein großer Platzregen über uns geschüttet werde. Und ist uns alle das Unglück begegnet, davon Mose vorzeiten geschrieben hat {3Mos 26 5Mos 28}.

12. Und er hat seine Worte gehalten, die er geredet hat wider uns und unsere Richter, die uns richten sollten, dass er solches große Unglück über uns hat gehen lassen, dass desgleichen unter allem Himmel nicht geschehen ist, wie über Jerusalem geschehen ist.

Geredet: Dass er seine Meinung damals genügend erklärt, wie er die ungehorsamen Israeliten strafen wolle.

Richter: Nämlich wider unsere Obrigkeiten, denen er auch ihre Strafen gedroht, weil sie mit bösen Exempeln und dass sie dem Regiment übel vorgestanden und vielfältig Anlass zu sündigen gegeben. [Denn Gott achtet kein Ansehen der Person, sondern straft die Obrigkeit sowohl als die Untertanen, wenn sie sündigen].

Nicht geschehen: Denn es ist der Jammer in der Stadt Jerusalem so groß gewesen, dass ihm kein anderer, so bis zur selben Zeit über die Menschen ergangen, können verglichen werden. [Denn wenn Gott sein Volk züchtigen will, so lässt er bisweilen ein ernstes Beispiel seines Zorns sehen, auf dass andere Buße tun und sich vor Sünden hüten lernen].

13. Gleichwie es geschrieben steht im Gesetz Mose, so ist all dies große Unglück über uns gegangen. So beteten wir auch nicht vor dem Herrn, unserem Gott, dass wir uns von den Sünden bekehrten und deine Wahrheit vernähmen.

Steht: Dass nämlich Gott allerlei Unglück und großen Jammer über sein ungehorsames Volk schicken wolle, bis es wohl mürbe gemacht würde und von seiner Widerspenstigkeit abstehe.

Auch nicht: Ob du wohl zeitlich genug deinen Zorn mit geringeren Strafen gegen uns erklärt hast, auf dass du uns zur Buße beriefest, so sind wir doch in unserem gottlosen Wesen fortgefahren.

Wahrheit: nach Luther: Dass wir sollten glauben, dies dein Drohen müsste wahr werden. Denn wir glauben Gottes Drohen nicht, bis wir es erfahren.

Vernehmen: Das ist: Wir taten nicht Buße, dass wir mit demütigem Herzen die wohlverdienten und herzurückenden Strafen abgebeten hätten und betrachteten nicht, wie deine Bedrohungen wahr wären und nie vergebens abgingen. [Denn mit einem demütigen Gebet, welches aus einem recht bußfertigen Herzen herrührt, könnte man oft schwere Strafen abwenden. Aber die Sünder haben sich oft in die fleischliche Sicherheit so vertieft, dass sie den Drohungen Gottes nicht eher glauben, sie empfinden denn derselben Erfüllung mit ihrem Schaden].

14. Darum ist der Herr auch wacker gewesen mit diesem Unglück und hat es über uns gehen lassen. Denn der Herr, unser Gott, ist gerecht in allen seinen Werken, die er tut; denn wir gehorchten seiner Stimme nicht {Jer 1v12 44v27 Ps 119v137}.

Wacker: Das ist: Er hat mit Fleiß dahin gesehen, dass er unsere Sünden mit großem Jammer und Unfall strafte und hat die rechte Zeit und Gelegenheit nicht versäumt. Es deutet aber der Prophet hier auf das Gesicht des Propheten Jeremia, der einen wackeren Stab gesehen, dadurch zu verstehen gegeben wurde, dass Gott wacker und bereit sei, die Strafen zu schicken {Jer 1}. [Denn obwohl Gott eine Zeit lang zu der Menschen Bosheit durch die Finger sieht, so schläft er doch nicht, sondern wenn die Zeit zu strafen kommt, so erzeigt er es in der Tat, dass er nicht geschlafen habe].

Gerecht: Ob er uns wohl schwer gestraft hat. [Wenn deswegen wir in dieser Welt hart gehalten und heimgesucht werden, so sollen wir nicht Gott, sondern unseren Sünden die Schuld zumessen].

15. Und nun, Herr, unser Gott, der du dein Volk aus Ägyptenland geführt hast mit starker Hand und hast dir einen Namen gemacht, wie er jetzt ist: Wir haben ja gesündigt und sind leider gottlos gewesen {2Mos 12v41}.

Und: Bis daher hat Daniel seine und des israelitischen Volkes Sünden bekannt und gesagt, dass sie Gott richtig gestraft habe. Jetzt betet er ernstlich zu Gott, dass er die wohlverdienten Strafen mildern und hinwegnehmen wolle.

Unser Gott: Denn wir glauben auch in der Strafe, dass du dennoch unser Gott und Vater bist.

Namen gemacht: Unter den Heiden, besonders aber bei deinem Volk.

Jetzt ist: Dass du auch noch jetzt deswegen überall berühmt bist: Lieber, so lass solchen deinen Ruhm und herrlichen Namen nicht untergehen, welcher freilich würde geschmälert werden, wenn du uns, dein Volk, immer verließt und nicht erlösen wolltest. [Es wird aber Gott sehr dadurch bewegt, dass er uns zu Hilfe komme, wenn wir ihn ernstlich anrufen, dass er nicht allein unser, sondern auch, und zwar zuerst seines heiligen Namens bedenkt sein wolle].

Gottlos: Dass wir die Furcht Gottes und sein Wort aus der acht gelassen und unseres Herzen Wahn und Wunsch gefolgt haben. Denn es kann sich niemand vor Gott zu sehr demütigen].

16. Ach Herr, um aller deiner Gerechtigkeit willen wende ab deinen Zorn und Grimm von deiner Stadt Jerusalem und deinem heiligen Berge! Denn um unserer Sünde willen und um unserer Väter Missetat willen trägt Jerusalem und dein Volk Schmach bei allen, die um uns her sind.

Gerechtigkeit: Das ist: Von wegen deiner großen Güte. Denn das versteht der Prophet hier durch das Wörtlein Gerechtigkeit. Wie denn oft geschieht, dass die Gerechtigkeit in Gott eben so viel heißt und bedeutet, als seine Güte und nicht immer den strengen Ernst, damit er der Menschen Sünden nach ihrem Verdienst straft.

Stadt: Dass sie nicht mehr wüste und unerbaut liege, sondern bringe dein Volk wieder heim aus dem Elend, auf dass beide, die Stadt und der Tempel, wieder erbaut werden.

Väter Missetat: Die du auch an uns, als ihren Nachfolgern, richtig gestraft hast. [Denn es pflegt Gott der gottlosen Eltern Sünde auch an den gottlosen Kindern zu strafen, bis ins dritte und vierte Glied {2Mos 20}].

Schmach: Die doch nicht nur unser ist, sondern auch deinen heiligen Namen selbst mit betrifft.

17. Und nun, unser Gott, höre das Gebet deines Knechts und sein Flehen und siehe gnädiglich an dein Heiligtum, das zerstört ist, um des Herrn willen!

Heiligtum: Siehe deinen Tempel mit gnädigen Augen an, dass er möge wiederum erbaut werden und die rechte Religion in Schwange gehe. [Denn obwohl fromme Leute Gott immer ehren, wenn gleich die öffentlichen Zeremonien eine Zeit lang abgetan wurden, so bitten sie dennoch, dass Gott die Religion wieder wolle lassen in Übung kommen, auf dass der rechte Gottesdienst desto füglicher den Nachkommen hinterlassen werde].

Herrn willen: Nämlich um des Messias, deines eingeborenen Sohnes willen. [Denn es haben die heiligen Leute im Alten Testament wohl gewusst, dass sie um Christi des Messias willen erhört würden. Und das heißt, im Namen Christi beten, wenn wir bitten, dass Gott um des Mittlers willen uns erhören wolle].

18. Neige deine Ohren, mein Gott und höre, tue deine Augen auf und siehe, wie wir zerstört sind und die Stadt, die nach deinem Namen genannt ist! Denn wir liegen vor dir mit unserem Gebet, nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.

Zerstört: Wie das Königreich Juda so ganz verwüstet ist und wir in großer Verachtung leben, dass wir schier gar für vertilgt gehalten werden.

Barmherzigkeit: Wir setzen unser Vertrauen nicht auf unsere guten Werke, sondern allein auf deine Gnade. [Denn welche mit dem Pharisäer ihre Gerechtigkeit vor Gott rühmen, die werden nicht erhört {Lk 18}].

19. Ach Herr, höre, ach Herr, sei gnädig, ach Herr, merke auf und tue es und verzieh nicht um dein selbst willen, mein Gott! Denn deine Stadt und dein Volk sind nach deinem Namen genannt.

Gnädig: Verzeihe uns unsere Sünde und lass deinen gerechten Zorn fahren.

Tue es: Was uns vonnöten ist und deiner Majestät wohl ansteht.

Verzieh nicht: Schiebe deine Hilfe nicht weiter auf. [Denn ob man wohl Gott keine gewisse Zeit zur Erlösung vorschreiben soll, so soll man doch bitten, dass er uns in unserer Trübsal je eher je lieber zu Hilfe komme].

Mein Gott: Du Mittler des menschlichen Geschlechts. Denn es redet Daniel mit diesen Worten den Sohn Gottes an. [Und gleichwie derselbe um seiner selbst willen unsere Sünde vertilgt {Jes 43}. Also kommt er uns auch, als ein Mittler, zu Hilfe, um seiner selbst willen].

Genannt: Wenn du deswegen dein Volk und Stadt, so Gottes Volk und Stadt heißen, allerdings wirst aus der acht lassen, so wird auch zugleich deines allerheiligsten Namens Majestät dadurch in Verachtung kommen. [Es ist aber oft gesagt worden, wenn Gott dessen erinnert wird, dass er seines heiligen Namens bedenkt sein wolle, so komme er uns zu rechter Zeit zu Hilfe und errette uns aus unserem Elend]. Hier endet sich des Daniels Gebet. Jetzt wird er wieder zu der Erzählung seiner prophetischen Offenbarungen schreiten.

20. Als ich noch so redete und betete und meine und meines Volkes Israel Sünde bekannte und lag mit meinem Gebet vor dem Herrn, meinem Gott, um den heiligen Berg meines Gottes,

Meines: [Denn die Heiligen erkennen auch wahrhaftig, dass sie Sünder sind].

Vor dem: [Denn Gott ist überall gegenwärtig, besonders denen, die ihn aus Glauben anrufen].

Heiligen Berg: Dass ich Gott anrief, er wollte die Stadt und den Tempel auf den Berge Zion wieder bauen lassen. [Denn die Frommen bekümmern sich am allermeisten damit, wie sie die rechte Religion anrichten und befördern mögen].

21. eben da ich so redete in meinem Gebet, flog daher der Mann Gabriel, den ich vorhin gesehen hatte im Gesicht und rührte mich an um die Zeit des Abendopfers {Dan 8v16}.

Mann Gabriel: Nämlich der Erz-Engel in Gestalt eines Mannes.

Gesehen: Der mir zuvor (Kap 8) erschienen war und die Gesichte ausgelegt hatte.

Rührt: Weil ich ganz kraftlos geworden war, dass ich wieder zu mir selbst käme.

Abendopfers: Um die Zeit des Tages, da man vorzeiten, wie wir noch zu Jerusalem waren, das Abend-Opfer täglich zu verrichten pflegte. [Und ist aus sonderbarem Rat Gottes der Engel Gabriel erschienen, dass er dem Daniel von des Herrn Christi Zukunft und Leiden verkündigte. Welcher später auch zu der Jungfrau Maria gesandt wurde, dass er ihr die Empfängnis des Sohnes Gottes ansagte. Und ist zum Daniel gekommen um die Zeit des Abendopfers, weil Christus um der Welt Abend, das ist, im letzten Teil der Welt ein Opfer sein sollte vor der ganzen Welt Sünde].

22. Und er berichtete mir und redete mit mir und sprach: Daniel, jetzt bin ich ausgegangen, dir zu berichten.

Er: Nämlich der Engel, sagte mir von vielen hochwichtigen Sachen, davon bald später folgen wird.

Ausgegangen: Weil mich Gott zu dir gesandt hat, dir große Geheimnisse zu offenbaren. [Denn die Engel dienen den Menschen].

23. Denn da du anfingst zu beten, ging dieser Befehl aus und ich komme darum, dass ich dir es anzeige; denn du bist lieb und wert. So merke nun darauf, dass du das Gesicht verstehst!

Anfingst: nach Luther: Merke, dass unser Gebet schon erhört ist, wenn es anfängt.

Befehl aus: Vom Herrn, dass ich dich trösten und unterrichten soll. [Denn Gott erhört unser Gebet, ehe wir es zum Ende bringen, ob er wohl eine Zeit lang sich stellt, als habe er taube Ohren zu unserem Gebet].

Anzeige: Aus dem Befehl Gottes, was zu deinem Trost und Unterricht vonnöten ist.

Lieb: Du bist unserem Herrn Gott ein lieber und werter Mann. [Denn obwohl Gott alle Gläubigen an Christus liebt und selig macht, so ist er doch etlichen vortrefflichen Leuten besonders gewogen].

Verstehst: Welches ich dir jetzt anzeigen und offenbaren will. [Weil deswegen Gott so gütig ist, dass er uns sein Wort zu offenbaren würdig achtet, so ist es je richtig, dass wir ihm fleißig zuhören. Dergestalt wird Gott seine Gaben in uns mehren].

24. Siebzig Wochen sind bestimmt über dein Volk und über deine heilige Stadt, so wird dem Übertreten gewehrt und die Sünde zugesiegelt und die Missetat versöhnt und die ewige Gerechtigkeit gebracht und die Gesichte und Weissagung zugesiegelt und der Allerheiligste gesalbt werden.

Volk: Dafür du sogar sorgfältig bist: In diesen siebzig großen oder engelischen Wochen wird es alles geschehen, was zu deines Volkes ewigem Heil dienlich ist. Denn man muss hier nicht gemeinen Wochen verstehen, sondern engelische, da eine Woche sieben Jahr lange ist. Also dass siebzig solcher Wochen vierhundert und neunzig Jahre machen. Innerhalb welcher Zeit der Heiland Christus kommen wird und das Amt des Mittlers verrichten, auch sonst nichts unterlassen, was zu deines Volkes rechter Wohlfahrt förderlich sein mag.

Gewehrt: [Denn Christus ist das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trägt {Joh 1}. Also dass nun die Sünden von uns genommen und auf ihn gelegt sind].

Zugesiegelt: Das ist: [Christus wird mit seinem Leiden zuwege bringen, dass der Gläubigen Sünden vor dem Gericht Gottes bedeckt und gleichsam versiegelt sind, damit sie zu unserer Verdammnis nicht gelesen oder erzählt werden, gleichwie man in einem zugesiegeltem Briefe nichts lesen kann].

Versöhnt: [Denn Christus ist die Versöhnung, nicht allein für unsere, sondern auch für der ganzen Welt Sünde {1Joh 2}].

Ewige Gerechtigkeit: Denn die Christen, so wahrhaftig an Christus glauben, werden vor Gott um des Verdienstes Christi willen, so ihnen durch den Glauben zugeeignet wird, gerecht geschätzt. Und wird diese Gerechtigkeit nicht aufhören, wie die Gerechtigkeit des Gesetzes, sondern vor Gottes Gericht beständig bleiben und nie geschwächt oder geschmälert werden].

Zugesiegelt: Dass die Weissagungen aufhören werden. [Denn es ist aller Propheten vornehmster Zweck gewesen, dass sie von Christo geweissagt. Daher Petrus der Apostel {Apg 3} spricht: Alle Propheten von Samuel an und später, wie viel ihrer geredet haben, die haben von diesem Tag verkündigt, nämlich von der Zukunft, Leiden und siegreichen Auferstehung Christi. So sind auch nach der Zukunft Christi keine Propheten mehr entstanden, wie die Alten gewesen, die von Christo geweissagt hätten, weil er bereits gekommen war. Daher auch Christus spricht {Mt 11}: Das Gesetz und die Propheten haben geweissagt bis auf Johannes. Und der Apostel zu Hebräer sagt in Kapitel 1: Zuletzt hat er zu uns geredet durch seinen Sohn. Darum sollen wir die neuen Propheten zu dieser letzten Zeit nicht annehmen].

Nach Luther: Das ist, zugetan, aufgehoben und erfüllt, als ein Ding, das nun aus sei und ein Ende haben soll.

Allerheiligste: Nämlich Christus, welcher der Allerheiligste ist, wird alsdann zum Könige und Priester gesalbt werden. [Und ist Christus mit dem Freudenöl gesalbt {Ps 45}. Das ist: Er ist nach seiner menschlichen Natur mit unendlichen Gaben des Heiligen Geistes begabt worden. Denn ihm ist der Heilige Geist nicht nachdem Maß gegeben {Joh 3}. Obwohl nun Christus immer den Heiligen Geist hat, so hat man doch von der Zeit an seiner Taufe, da der Heilige Geist in Gestalt einer Taube über ihn herniedergefahren, größere Gaben des Heiligen Geistes an ihm gespürt, als zuvor, die sich auch je länger je herrlicher an ihm sehen lassen. Er ist aber gesalbt, dass er unser Hohepriester wäre, der der ganzen Welt Sünden versöhnte, und wäre unser König, der mit dem Predigtamt seines Wortes und seinem Heiligen Geist uns regierte, vor die Feinde schützte und zum ewigen Leben erhielte. Der Allerheiligste wird er genannt, weil er nach seiner göttlichen Natur, der Allerheiligste Gott ist, hoch gelobt in Ewigkeit. So ist er auch nach seiner menschlichen Natur der allerheiligste Mensch, weil er ohne Sünde empfangen wurde, auch nie keine Sünde getan hat und kein Betrug in seinem Munde sich befunden, besonders aber wird er darum der Allerheiligste genannt, weil er uns von Gott gemacht ist zur Heiligung {1Kor 1}. Das ist, dass wir um seinetwillen durch den Glauben vor Gott heilig und gerecht geachtet werden. Also sieht man, was große Dinge der Engel Gabriel mit wenig Worten begriffen hat].

25. So wisse nun und merke: Von der Zeit an, so ausgeht der Befehl, dass Jerusalem soll wiederum gebaut werden, bis auf Christus, den Fürsten, sind sieben Wochen und zweiundsechzig Wochen, so werden die Gassen und Mauern wieder gebaut werden, wiewohl in kümmerlicher Zeit.

Merke: Wie viel Zeit und wie lange es noch dahin sein wird, dass solches alles soll erfüllt werden, welche Zeit ich dir jetzt nennen will.

Befehl: Nämlich da der König in Persien befehlen wird, dass die Stadt Jerusalem mit ihren Mauern und Toren soll wiederum erbaut werden.

Fürsten: Bis Christus, der Welt Heiland, durch sein Leiden und Tod, den Teufel, Tod und Hölle überwinden, von den Toten auferstehen und zur Rechten Gottes sich setzen wird, auf dass er vor den Herzogen unserer Seligkeit erkannt werde, werden sich in die vierhundert und dreiundachtzig Jahre verlaufen. Denn so viel machen neunundsechzig Wochen, wenn man einen Tag für ein Jahr rechnet. Weil im zwanzigsten Jahr Darii Artaxerxis mit der langen Hand, Nehemia ins jüdische Land geschickt wurde, dass er die Mauern und Tore der Stadt wieder aufbauen sollte {Neh 2}. Und obwohl der Tempel lange zuvor angefangen, endlich auch vollendet wurde, so sah doch die Stadt vielmehr einem Dorf als einer Stadt gleich. Aber Nehemia hat die Mauern und Tore wieder erbaut, welches eigentlich die Stadt wieder gebaut geheißen. So befinden sich von dem Zug des Nehemiasins ins jüdische Land bis zu dem Leiden und Auferstehung Christi in die vierhundert und siebzig Jahre. Da der gutherzige Leser sich nicht daran stoßen soll, dass noch sechs Jahre fehlen. Denn weil die Zeit- und Jahr-Rechnung mehreren teils aus den heidnischen Historien muss genommen werden, soll es uns nicht so groß wundernehmen, da sie aus Unachtsamkeit, besonders in den Geschichten von fast fünfhundert Jahren, sechs Jahre überhüpft und überrechnet haben. [Denn man muss der göttlichen Weissagung, so vom Engel Gabriel vorgebracht wurde, mehr glauben als den heidnischen Historienschreibern, bei denen man sonst auch viele Dinge findet, das nicht immer mit der Zeit recht zutrifft].

Gebaut: Dass Jerusalem wiederum ein Ansehen wie eine Stadt bekommen wird.

Kümmerlicher Zeit: Da schwere und gefährliche Zeiten mit unterlaufen werden, dass es viel Mühe und Schnaufens benutzen wird. Denn weil Nehemia an den Mauern und Toren baute, sind die benachbarten gottlosen Heiden wider die Juden so ganz erbittert geworden, dass sie sich immer besorgen müssen, sie möchten etwa durch einen plötzlichen Einfall der Feinde am Bauen verhindert oder wohl ganz darüber erschlagen werden. Darum, da solcher blutdürstiger Anschlag der Heiden dem Nehemia kund wurde, hat er die Anordnung getan, dass ein großer Teil des israelitischen Volkes mit bewaffneter Hand Tag und Nacht die Wacht gehalten und der übrige Teil bei Tag an den Mauern und Toren gebaut. Ja er hat auch Trompeter auf die Mauern bestellt, welche die Bauleute und die auf der Wacht standen, beizeiten anmahnen sollten, wo sich irgendeine Gefahr erzeigte {Neh 4}. Und ist gut zu glauben, dass viele Jahre verlaufen, bis die Stadt etlichermaßen nur ihr voriges Ansehen wiederum erlangt hat, darum auch der Engel die sieben ersten Wochen, als die zur rechten Aufbauung und Wiederanrichtung der Stadt darauf gegangen, von den folgenden zweiundsechzig Wochen unterscheidet. Die gemeldeten sieben Wochen aber machen neunundvierzig Jahre, in denen die Stadt kümmerlich könne wiederum zurechtgebracht werden, obgleich die Tore und Mauern etlichermaßen wieder erbaut gewesen. [Gleichwie aber die Juden viel Mühe hatten, bis sie ihre Stadt wieder erbauten. Also geht es nicht ohne große Beschwernis und Gefahr zu, wenn die Stadt Gottes, nämlich die Kirche, an einem Ort soll recht angerichtet und mit dem Predigtamt des göttlichen Wortes gebührlich bestellt werden].

26. Und nach den zweiundsechzig Wochen wird Christus ausgerottet werden und nichts mehr sein. Und ein Volk des Fürsten wird kommen und die Stadt und das Heiligtum zerstören, dass es ein Ende nehmen wird wie durch eine Flut; und bis zum Ende des Streits wird es wüst bleiben.

Zweiundsechzig: Wenn nämlich über die ersten und zuvor genannten neunundvierzig Jahre noch andere vierhundertdreißig Jahre werden vergangen sein.

Nichts mehr: Nämlich im Mose und weltlichen Regiment wird Christus nicht sein. Denn er ein neues geistliches und himmlisches Reich anfangen wird und werden die Juden wohl erfahren, dass später ihnen kein Messias mehr kommen wird, weil sie diesen Messias ausgerottet haben.

Nach Luther: So wird auch Christus in Moses und weltlichem Regiment nichts sein, denn er ein neues, geistliches, himmlisches Reich wird anfangen und die Juden wohl erfahre werden, dass kein Messias mehr sein wird, weil sie diesen Messias ausgerottet haben.

Volk des Fürsten: Das sind die Römer mit ihrem Kaiser Vespasiano und seinem Sohn Tito.

Nach Luther: Das ist, des Kaisers, der damals das Regiment in der Welt haben wird und Herr sein, das sind die Römer.

Wüste bleiben: Das ist: Die Juden werden mit ihrem Unfall wie mit einer Wasserflut übereilt werden, dass sie sich nicht werden retten können, sondern es wird je länger je ärger mit ihnen werden in währender Belagerung, bis die Stadt erobert und also der Krieg ein Ende haben wird. Und hat es zwar Gott also beschlossen, dass die Stadt Jerusalem samt dem Tempel nie soll wieder erbaut werden. Denn was heutigentags die Stadt Jerusalem heißt, steht nicht am selben Ort, wo sie vor der Zeit gestanden hat. Und da die Juden auf eine Zeit unter der Regierung des Kaisers Juliani, den Tempel auf der vorigen Stätte wieder aufbauen wollen, sind die Grundsteine durch ein Erdbeben zerworfen worden und hat das Feuer vom Himmel der Arbeiter eiserne Werkzeuge verschmolzen. [Denn Gott will, dass ein ewiges Beispiel seines Zorns bleibe wider die, welche Christus lästern und sein Evangelium verfolgen].

27. Er wird aber vielen den Bund stärken eine Woche lang. Und mitten in der Woche wird das Opfer und Speiseopfer aufhören. Und bei den Flügeln werden stehen Gräuel der Verwüstung; und ist beschlossen, dass bis ans Ende über die Verwüstung triefen wird {Mt 24v15}.

Woche lang: Das ist: Innerhalb sieben Jahren nach seiner Auferstehung werden dennoch viele Israeliten durch den Glauben an Christus in den Neuen Bund aufgenommen werden und wird die alte Verheißung des Evangeliums, so durch die Propheten verkündigt wurde, ihnen im Neuen Testament wiederum erneuert und bestätigt werden, dass sie, nämlich um Christi willen, Vergebung der Sünden, einen gnädigen Gott und ewiges Leben haben. [Und gehört dieser Bund allen denen zu, die dem Evangelium Christi glauben]. Gleichwie aber das Osterfest sieben Tage währte. Also ist auch den Israeliten sieben Jahre Frist gegeben worden, dass sie Christus durch das Evangelium erkennen lernten, und sind die sieben Jahre über etliche tausend Juden durch das Evangelium zu Christo bekehrt worden. Danach haben die Apostel angefangen, immer sich zu den Heiden zu wenden, weil die anderen Juden das Evangelium verachteten und verfolgten.

Aufhören: Das ist: Ungefähr um die drei Jahre nach der Auferstehung Christi werden die Apostel und Juden, so zu Christo bekehrt wurden, die mosaischen und levitische Zeremonien immer fallen lassen, als welche Figuren und Vorbild waren des zukünftigen Christi. Denn sie dieselben nicht bald nach der Auferstehung Christi werden abtun, damit nicht die so noch schwach im Glauben sind, geärgert oder die Juden, denen noch zu helfen steht, von dem Evangelium Christi abgeschreckt werden. Weil Mose (wie die alten Väter davon reden) erblich hat müssen begraben werden. [Jetzt aber, nachdem Christus hin und wieder in der Welt kundgeworden, bedarf man den levitischen Zeremonien in der Kirche nicht mehr. Und mögen wir der christlichen Freiheit in den Mitteldingen also benutzen, das die Schwachen doch dadurch nicht geärgert oder denen durch das Evangelium Christi noch zu helfen sein möchte, abgeschreckt werden].

Und: Der Engel wendet sich wieder zur Weissagung von der Stadt Jerusalem Untergang und des jüdischen Volkes Verstoßung.

Flügeln: nach Luther: Das ist, da die Cherubim stehen im Tempel.

Verwüstung: Will so viel sagen: Weil die Juden das Evangelium Christi nicht werden annehmen wollen, so wird es Gott auch geschehen lassen, dass der Tempel, da die geflügelten Cherubime im Allerheiligsten stehen, mit heidnischer Abgötterei verunreinigt werden, damit anzuzeigen, dass Gott die Stadt und den Tempel samt dem jüdischen Volk verworfen habe. Dies ist erfüllt, da Pilatus aus Befehl des Kaisers Tiberi den Adler als des Römischen Reiches Wappen im Tempel gestellt und später Caligula sein Bild im Tempel setzen hieß mit der Überschrift: Dem neuen herrlichen Gott, Cajo. [Denn welche das Evangelium Christi nicht leiden wollen, die müssen schreckliche Abgötterei und abscheuliche Ketzereien annehmen].

Ans Ende: Das ist: Gott hat es in seinem Rat also beschlossen, dass das levitische Priestertum und der Juden Regiment so zu Haufen fallen und zunichtewerden sollen, dass sie niemals wieder aufkommen. Denn der Zorn Gottes wird wie ein großer Platzregen über die Stadt und das jüdische Volk ausgeschüttet werden, auch wenn es nach der Verwüstung im Elend wird herumziehen, dass ihr Jammer nie kein Ende haben wird. [Denn Gott straft die Undankbarkeit gegen dem Wort des Evangeliums mit der Regimenter Untergang und werden die, welche sein Wort mutwilligerweise von sich stoßen, von Gott wiederum verstoßen. Je größere Guttaten er auch den Undankbaren erzeigt, je härter er sie später straft].


Das 10. Kapitel

  • Dies ganze Kapitel ist eine Vorbereitung zur Offenbarung der folgenden Weissagungen, die im elften Kapitel von ganz großwichtigen Sachen vorgebracht werden. Und erzählt Daniel, in was großer Majestät der Engel ihm erschienen, aufs freundlichste mit ihm gesprochen und ihn getröstet habe, mit Zeichen, wie groß Daniel und wie hoch die israelitische Kirche vor den Augen Gottes geachtet werde, auch wie er ihm verheißen, dass er aus Gottes Befehl künftige Sachen ihm verkündigen wolle.

1. Im dritten Jahr des Königs Kores aus Persien wurde dem Daniel, der Beltsazar heißt, etwas offenbart, das gewiss ist und von großen Sachen; und er merkte darauf und verstand das Gesicht wohl.

Dritten Jahr: Nämlich zwei Jahre, nachdem Kores den Juden frei gestellt hatte, dass sie möchten wieder in ihr Vaterland ziehen.

Belsazer: Welchen Namen ihm der König Nebukadnezar vorzeiten gegeben hatte.

Gewiss ist: Es war nicht nur eine schlechte Einbildung, viel weniger eine Blendung des Teufels.

Verstand: Er vernahm es und behielt es gut im Gedächtnis. Es redet aber der Prophet von sich selber als von einem anderen. [Und obwohl die weltweisen Leute es für ein schlechtes Ding halten, dass der Wille Gottes uns geoffenbart wird. So sind es doch in der Wahrheit die wichtigsten und notwendigsten Sachen, welche uns von Gott in der Heiligen Schrift vorgehalten werden, gegen denen alle andere weltlichen Händel als lauter nichts zu rechnen sind.

Nach Luther: Siehe, wie die Engel für uns handeln bei dem großen Herrn.

2. Zur selbigen Zeit war ich, Daniel, traurig drei Wochen lang.

Zur: Jetzt erzählt Daniel, mit was Gelegenheit ihm so große Dinge sind geoffenbart worden. Denn es ist ein Fasten des Daniels vorher gegangen, damit er seinen Leib kasteit hat, auf dass er desto inbrünstiger für sein Volk beten könnte. Denn obwohl Kores im ersten Jahr seiner Regierung den Juden ihre Freiheit wieder gegeben hatte und ihnen erlaubt, in ihr Vaterland zu ziehen, welches auch ihrer viele taten. So sah doch Daniel wohl, was für viele und große Hindernisse mit unterliefen, dadurch die Wiedererrichtung der Religion und des jüdischen Regiments von einer Zeit zur anderen aufgeschoben wurde. Denn der König Kores, um die selbige Zeit mit Kriegshändeln zu tun hatte, dass er der Juden Sachen zu befördern, er sich nicht besonders angelegen sein ließ. Darum war Daniel für sein Volk mit einem gottseligen Eifer sorgfältig und bekümmert.

Traurig: Weil ich sah, dass des israelitischen Volkes Sachen nicht glücklich vonstattengingen, wie ich es gewünscht und gern gesehen hätte.

3. Ich aß keine niedliche Speise, Fleisch und Wein kam in meinen Mund nicht; und salbte mich auch nie, bis die drei Wochen um waren.

Mund nicht: Nämlich die ganze zuvor genannte Zeit über der drei Wochen, darin ich fastete, sondern ließ mich mit einem Wassertrunk und schlechter, dazu wenig Speise begnügen. [Es brauchten aber heilige Leute das Fasten keines Weges der Meinung, dass sie ihre Sünden vor Gott damit begehrten zu versöhnen, welches ein heuchlerischer und gottloser Wahn ist, sondern sie fasteten und enthielten sich eine Zeit lang von niedlicher Speise und köstlichem Schmuck des Leibes darum, auf dass sie zum Gebet desto geschickter wären und inbrünstiger beten könnten. Denn die Nüchternheit und Mäßigkeit ist in immer vonnöten, wenn man ernstlich und eifrig beten will. Gleichwie aber Daniel sonst und zur anderen Zeit niedliche Speise und Salben, wie damals der Brauch war, ohne Sünde auch gebraucht hat. Also ist den Christen ungewehrt, dass sie bisweilen wohl mögen mit wohlschmeckender Speise sich erlaben, wenn es nur in der wahren Gottesfurcht geschieht und der Überfluss und Völlerei vermieden bleiben].

4. Am vierundzwanzigsten Tage des ersten Monden war ich, bei dem großen Wasser Hiddekel

Ersten Monden: Der zum Teil in unserem März, zum Teil im April gefällt.

Hiddekel: Welches in Assyrien ein großer und sehr schneller Fluss ist, dessen auch in 1. Mose 2 gedacht wird, heißt sonst die Tiger.

5. und hob meine Äugen auf und sah und siehe, da stand ein Mann in Leinwand und hatte einen goldenen Gürtel um seine Lenden {Apg 1v13}.

Leinwand: Welches ganz zart und schneeweiß war. [Diese Amtskleider der heiligen Engel bedeutet Reinigkeit und Freude].

6. sein Leib war wie ein Türkis, sein Antlitz sah wie ein Blitz, seine Augen wie eine feurige Fackel, seine Arme und Füße wie ein glühend Erz und seine Rede war wie ein großes Getön {Apg 1v14 v15}.

Leib: Der durch das zarte leinene Kleid etlichermaßen herdurch schien und gesehen wurde.

Türkis: Welcher Stein des Himmels Farbe hat, wenn es klar ist. [Dadurch der heiligen Engel himmlisches und unsterbliches Leben bedeutet wurde].

Glühend: nach Luther: Helle, klar, poliert.

Getön: Er redete mit solcher Majestät, als wenn nicht nur ein Mensch allein, sondern viel zugleich, doch in einem Ton verständlich redeten. [Aus dieses Engels Majestät kann man etlichermaßen abnehmen, wie groß die Majestät unseres Herrn Gottes selber sei, der so vortreffliche Diener habe, als die Engel sind. Weil aber Christus meldet, dass wir den Engeln im anderen Leben gleich sein werden. Wer wollte denn nicht viel lieber desselben seligen Lebens himmlische Glori und Herrlichkeit begehren zu erlangen, als in dem Schlamm und Wust der Sünden auf dieser Welt sich zu wälzen].

7. Ich, Daniel, aber sah solche Gesicht alleine und die Männer, so bei mir waren, sahen es nicht; doch fiel ein groß Schrecken über sie, dass sie flohen und sich verkrochen.

Gesicht: Nämlich den Engel, in vorgemeldeter großer Majestät und Herrlichkeit.

Schrecken: Dieweil sie des Engels Gegenwart empfangen, ob sie ihn wohl nicht sahen und daher die Ursache nicht wussten, warum sie so erschrocken wären. [Denn es spüren nicht allein die Menschen, sondern auch die unvernünftigen Tiere, besonders aber die Hunde und Pferde, bisweilen der Engel und Geister, sie sind gleich gute oder böse, Gegenwart und erzittern davor].

8. Und ich blieb alleine und sah dies große Gesicht. Es blieb aber keine Kraft in mir und ich wurde sehr ungestaltet und hatte keine Kraft mehr.

Große [Voller himmlischer Majestät und Herrlichkeit.

Keine Kraft: Es verfielen mir alle Kräfte des Leibes.

Ungestaltet: Also dass mir alle Farbe im Angesicht einstmals verschwand und ich mein voriges Ansehen allerdings verlor].

Kraft mehr: Ich meinte nicht anders, denn ich müsste vergehen.

9. Und ich hörte seine Rede; und indem ich sie hörte, sank ich nieder auf mein Angesicht zur Erde.

Zur Erde: Da lag ich gestreckt, solange ich war. [Und bezeugt dies Beispiel, wie groß der menschlichen Natur Schwachheit ist. Darum sind die nicht wohl bei Sinnen, welche sich auf ihre Kräfte verlassen und sich derselben überheben, auch vorgeben und sich rühmen durften, sie fürchten sich vor keinem Geist, auch vor dem Teufel selber nicht: Solche sind oft, wenn ihnen etwas vorkommt, am furchtsamsten, bestehen mit Schanden und reißen am allerersten aus].

10. Und siehe, eine Hand rührte mich an und half mir auf die Knie und auf die Hände

Hand: Eines, der wie ein Mensch gestaltet war: Dies ist aber der Sohn Gottes gewesen in menschlicher Gestalt.

Hände: Dass ich mich darauf enthielt, so gut ich konnte und nicht mehr allerdings auf der Erde lag wie zuvor.

11. und sprach zu mir: Du lieber Daniel, merke auf die Worte, die ich mit dir rede und richte dich auf; denn ich bin jetzt zu dir gesandt. Und da er solches mit mir redete, richtete ich mich auf und zitterte.

Lieber Daniel: Der du vor den Augen Gottes lieb und wert geachtet und gehalten wirst. [Denn Gott liebt die Demütigen, welche in der wahren Gottseligkeit sich verhalten].

Dich auf: Und stelle dich vor mich.

Gesandt: Von dem ewigen und allmächtigen Gott, nicht der Meinung, dass ich dich soll furchtsam und verzagt machen, sondern dass ich dir geheime und künftige Sachen eröffne, darum so fasse wiederum ein Herz. [Denn welche Gott der Herr durch Engel oder auch sonst auf anderem Wege schreckt, die tröstet er auch zu seiner Zeit wieder].

Zittert: Ob ich wohl aufrecht auf meinen Füßen stand: Denn des Engels majestätisches Ansehen war zu groß, dass ich ihn ohne Zittern nicht anschauen konnte.

12. Und er sprach zu mir: Fürchte dich nicht, Daniel; denn von dem ersten Tage an, da du von Herzen begehrst zu verstehen und dich kasteist vor deinem Gott, sind deine Worte erhört; und ich bin gekommen um deinetwillen.

Dich nicht: Gib dich zufrieden und sei ohne Sorge, denn es ist keine Gefahr vorhanden.

Verstehen: Dass du wissen und erfahren möchtest, wie es dem israelitischen Volk, deinen Landsleuten und Glaubensgenossen zukünftig ergehen werde, da hat Gott bald dein Seufzen und Flehen erhört, darum er mich in dieser Stunde zu dir gesandt, dass ich dich von dem Zustand deines Volkes berichten soll. [Es waren aber von der Zeit an, da Daniel zu beten und zu fasten angefangen, bis zu dieser Erscheinung in die drei Wochen verlaufen und meldet doch der Engel, es sei des Daniels Gebet am ersten Tage erhört worden. Darum sollen wir nicht zweifeln, unser Gebet werde erhört, ob wir es gleich nicht bald in der Tat empfinden].

13. Aber der Fürst des Königreichs in Persienland hat mir einundzwanzig Tage widerstanden; und siehe, Michael, der vornehmsten Fürsten einer, kam mir zu Hilfe; da behielt ich den Sieg bei den Königen in Persien.

Fürst: nach Luther: Ein königlicher Hofteufel.

Widerstanden: Als wollte er sprechen: Ich will dir sagen, wie es mit deinem Volk bis daher eine Zeit lang eine Gelegenheit hatte. Dass der König Kores das israelitische Volk losgelassen und wiederum auf freien Fuß gestellt hat, solches ist nicht ohne große Mühe und heftigen Widerstand des Teufels geschehen. Denn ein persischer Hofteufel, der eine große Gewalt hat und am persischen Hof viel vermag, dass man ihn nicht unrecht einen Fürsten des persischen Königreichs nennen möchte, hat es viele Tage gehindert, da ich auf der Juden Wiederkunft in ihr Vaterland drang. Denn er den Fürsten des Reiches, wie auch dem Könige selber, mancherlei Gedanken eingeblasen, dadurch sie in einen Zweifel gezogen wurden, hat auch Stühle und Bänke eingeworfen, dass mir Gott noch einen anderen Erzengel musste zu Hilfe schicken, damit wir miteinander dem Satan genügenden Widerstand tun möchten. Darauf ich auch endlich beim König Kores die Oberhand behalten und ihn auf eine gute Meinung gebracht, dass er geurteilt und deshalb auch ein öffentliches Dekret ausgeschrieben, man soll das Volk Gottes frei und ungehindert wieder in ihr Vaterland ziehen und den israelitischen Gottesdienst wieder anrichten lassen: Daraus kannst du abnehmen, wie gut ich es mit dir und deinem Volk meine, ja wie gnädig sich Gott dein und seines Volkes annehme. [Es ist aber kein Herrenhof, Rathaus oder Kanzlei so heilig, da sich nicht ein Teufel mit untermengt, wo es anders bei einem bleibt, der die heilsamen und nützlichen Dekrete, mit höchstem Fleiß, soviel immer möglich, begehre zu hindern, was aber unrechte und böse Sachen sind, zu befördern sich unterstehe].

14. Nun aber komme ich, dass ich dir berichte, wie es deinem Volk später gehen wird; denn das Gesicht wird nach etlicher Zeit geschehen.

Gesichte: Das ist: Die Erfüllung dieses Gesichtes oder dieser Weissagung.

Etlicher Zeit: Nach vielen Jahren. [Es erinnert aber Gott die Kirche eine lange Zeit zuvor, ehe die Trübsale kommen, auf dass sie dieselben ausstehen und mit standhaftem Gemüt überwinden sich desto zeitlicher gefasst mache].

15. Und als er solches mit mir redete, schlug ich mein Angesicht nieder zur Erde und schwieg stille.

Stille: Dass ich vor Furcht und Schrecken kein Wort reden konnte. [Denn die rechtschaffenen und lebendigen Glieder der Kirche werden über deren zukünftigen Unfall sehr bestürzt].

16. Und siehe, einer, gleich einem Menschen, rührte meine Lippen an. Da tat ich meinen Mund auf und redete und sprach zu dem, der vor mir stand: Mein Herr, meine Gelenke beben mir über dem Gesicht und ich habe keine Kraft mehr.

Menschen: Von diesem halte ich, dass er der Sohn Gottes gewesen, in angenommener menschlicher Gestalt. [Denn das ist des Sohnes Gottes Amt und also zu reden, seine Art, dass er die Kleinmütigen aufrichtet und tröstet].

Redet: Da ich bis daher noch kein Wort von mir bringen konnte.

17. Und wie kann der Knecht meines Herrn mit meinem Herrn reden, weil nun keine Kraft mehr in mir ist, und habe auch keinen Odem mehr?

Reden: Als wollte er sprechen: Wie kann ich schwacher Mensch mit einem so heiligen Engel reden, der in so großer Majestät da vor mir glänzt?

18. Da rührte mich abermals an einer, gleichwie ein Mensch gestaltet und stärkte mich

Stärkte mich: Damit ich mich noch besser wiederum erholte und recht zu mir selber käme. [Denn der Sohn Gottes ist den Frommen mit einer überaus großen und unaussprechlichen Liebe gewogen].

19. und sprach: Fürchte dich nicht, du lieber Mann! Friede sei mit dir; und sei getrost, sei getrost! Und als er mit mir redete, ermannte ich mich und sprach: Mein Herr, rede; denn du hast mich gestärkt.

Sprach: Nämlich der Engel, welcher auch zuvor mit mir geredet hatte.

Friede: Du darfst dich keines Übles besorgen, denn Gott liebt und sorgt väterlich für dich.

Gestärkt: Mit deinen freundlichen Worten, dass ich mir traue deiner Rede zuzuhören.

20. Und er sprach: Weißt du auch, warum ich zu dir gekommen bin? Jetzt will ich wieder hin und mit dem Fürsten in Persienland streiten; aber wenn ich wegziehe, siehe, so wird der Fürst aus Griechenland kommen.

Gekommen bin: Nämlich darum bin ich jetzt von Gott zu dir hierher gesandt, dass ich dich von künftigen Sachen berichte, wenn solches Geschehen und du deshalb genügenden Bericht eingenommen hast, will ich meinen vorigen Kampf wieder antreten, dass ich dem persischen Hofteufel widerstehe, welcher zu Hof große Gewalt hat und mit höchstem Fleiß dahin trachtet, wie er möge dein Volk in Jammer und Not bringen, darum muss ich ihm mit aller Macht Widerstand tun, damit er sein Begehren nicht ins Werk richten könne. [Denn die guten Engel treiben mit großem Fleiß die Gefahr von den Frommen ab].

Wegziehe: Dass ich beizeiten den Kampf mit dem persischen Hofteufel wieder antreten möge.

Kommen: Dass er dem Volk Gottes nachtrachtete. Denn es hat in Griechenland auch bereits einen besonderen Teufel, der darauf umgeht, dass, sobald die Griechen das Regiment zu sich reißen werden, er den Juden so vielen und großen Schaden zufüge, als ihm immer möglich. [Denn der Satan geht oft lange mit einem Unglück schwanger, bis er die Gelegenheit sieht, dass er es über die Kirche Gottes ausschütte].

21. Doch will ich dir anzeigen, was geschrieben ist, das gewisslich geschehen wird. Und ist keiner, der mir hilft wider jene denn euer Fürst Michael.

Geschrieben ist: Ich will dir das Dekret erzählen, welches von künftigen Sachen im himmlischen Rat bereits beschlossen ist, darauf der Ausgang gewisslich und wahrhaftig auch also erfolgen wird und redet der Engel hier auf menschliche Weise. [Es kann aber Gottes Dekret niemand ändern. Mit denen es also beschaffen ist, dass sie den Bußfertigen die Seligkeit anbieten, den Unbußfertigen aber das Verderben drohen].

Jene: Der Kirche Gottes geistliche und leibliche Feinde.

Euer Fürst: Das ist, in meinem Kampf, den ich mit dem persischen Hofteufel habe, damit ich seine blutigen Anschläge hindere und zunichtemache, steht mir der Erzengel Michael bei, dem Gott der Herr ohne das befohlen hat, dass er auf eure Wohlfahrt achthaben soll, welcher auch mit einer wunderbaren Macht und Majestät begabt ist, dass er für euch sorge und das Unglück von euch abwende. [welchergestalt aber der gute und böse Engel wider einander streiten, ob es mit Worten oder mit der Tat geschehe, davon meldet die Schrift nicht. Darum ist es genug, dass wir wissen, wie die guten Engel aus Gottes Befehl und Kraft vor der Auserwählten Wohlfahrt wachen und Sorge tragen, für welche große Guttat wir Gott danken und gottselig leben sollen. Damit wir nicht mit einem unreinen Wandel die heiligen Geister von uns treiben. Wiederum sollen wir auch wissen, dass die Teufel auf alle Gelegenheit achthaben, uns zu schaden, auf dass wir Gott desto ernstlicher anrufen, damit er uns wider solche boshaften und mächtigen Feinde schütze].


Das 11. Kapitel

  • Erstlich wird geweissagt von dem König in Persien, desgleichen von dem großen Alexander und seines Reiches Zerteilung. v. 2.
  • Danach von den Königen in Syrien und Ägypten, was die einander für Unruhe machen werden. v. 5.
  • Weiter vom Antiocho und seinem Sohn, der viele Juden zum Abfall werde verursachen, durch welcher Zutun das Volk Gottes, in dem sich immer beständige Bekenner finden werden, viel Ungemach leiden müssen. v. 21.

1. Denn ich stand auch bei ihm im ersten Jahr Darius, des Meden, dass ich ihm Hilfe und ihn stärkte.

Nach Luther: Siehe, wie die Engel für uns handeln bei den großen Herrn.

Des Meden: Da derselbe zugleich mit dem Kores das Königreich Babel unter sich brachte.

Stärkte:Und also den Sieg wider den Teufel erhielt, der die Meder und Perser wider das Volk Gottes anhetzte oder doch ihr Herz von demselben begehrte abwendig zu machen. Darum pflegt er mir wieder beizustehen, so oft es nötig tut. [Also sollen auch fromme Kirchendiener, welche in der Schrift ebenmäßig Engel genannt werden, mit Lehren und Beten einander Hilfe tun und die Hand bieten mit einem gottseligen Eifer und christlicher Einigkeit].

2. Und nun will ich dir anzeigen, was gewiss geschehen soll.

3. Siehe, es werden noch drei Könige in Persien stehen; der vierte aber wird größeren Reichtum haben denn alle anderen; und wenn er in seinem Reichtum am mächtigsten ist, wird er alles wider das Königreich in Griechenland erregen.

Siehe: Jetzt fängt der Engel an zu erzählen, wie es weiter in den anderen persischen und später auch in der dritten Monarchie der Griechen ergehen werde und was für große Gefahr die Kirche Gottes ausstehen müsse. Er mengt aber auch allerlei Trost mitunter, dass Gott für seine Kirche sorgen und sie erhalten wolle.

Stehen: Nämlich so vor anderen die mächtigsten sein werden, als Kores, Cambyses und Darius Hystaspis.

Vierte: Dieser ist der Xerxes, welcher der allerreichste gewesen und mit einer unzähligen Kriegsmacht Griechenland überzogen hat, davon bald später folgen wird. Es zählt aber der Engel nur vier Könige der Perser, nicht dass ihrer nicht mehr gewesen wären, sondern dass diese an Macht und Ansehen die anderen übertrafen. Denn es haben nach diesen vieren noch andere sechs Könige nacheinander regiert, als Artaxerxes Longimarus, Darius Nothus, Artaxerxes Memon, Darius Artaxerxes Ochus, Arsames und Darius der letzte, der vom großen Alexander des Regiments und Lebens beraubt wurde.

Erregen: Er wird alle seine Macht daran strecken, dass er die Griechen möge unters Joch bringen. Hier muss ich zu mehr Nachricht des Justint Wort mit einbringen, wie er diesen König und seinen Zug wider die Griechen in seinem anderen Buch beschreibt: Der König Xerxes hatte siebenmal hunderttausend Mann aus seinem Königreich aufgebracht und noch dreimal hunderttausend dazu, von fremder Hilfe an sich gezogen. Daher man nicht so ganz ungereimt von ihm vorgebe, sein Kriegsheer habe ganze Wasserflüsse ausgetrocknet und sei ganz Griechenland kaum groß genug gewesen, dass sein Kriegsvolk darin hätte stehen mögen. Soll auch zehntausend Schiffe gehabt. Solcher großer Haufen hatte kein Haupt oder Heerführer. Denn was den König belangt, hätte man vielmehr sein Reichtum als ihn loben mögen, dessen ein solcher Überfluss in seinem Königreich sich befunden, dass da die Flüsse von der großen Menge ausgetrocknet wurden, dennoch dem Könige an Reichtum übergeblieben. Aber man hat ihn immer am ersten in der Flucht und den letzten im Streit gesehen: In der Gefahr war er furchtsam, wo aber keine Furcht war, da erzeigt er sich hochmütig und aufgeblasen. In der Summe, ehe es zum Treffen kam, verließ er sich so ganz auf seine große Macht, dass er, als ein Herr des Erdbodens, die Berge und Täler eben machte und das Meer an etlichen Orten mit Brücken überlegte, am anderen Ort zu desto füglicher Schifffahrt in der Nähe herumgeleitete: Wie schrecklich aber sein Einzug in Griechenland gewesen, so schimpflich und schändlich hat sich sein Abzug erzeigt. Und nach etlichen wenigen Blättern spricht gemeldeter Justinus im selben Buch weiter: Der Xerxes war über solche Nachricht sehr bestürzt, befiehlt das Kriegsvolk den Obersten, dass sie es fortführen sollen, er aber begibt sich mit wenigen in die Flucht gen Abydon. Und wie er darin gesehen, dass die Brücke durch das Unwetter zerrissen war, setzt er sich in ein Fischerboot und fährt mit großem Schrecken hinüber. Welches denn ein recht seltsames und wunderbares Ding zu sehen war, in Betrachtung der großen Veränderung des menschlichen Zustandes, dass der in einem kleinen Schifflein verborgen lag, welcher kurz zuvor das ganze Meer kaum fassen konnte und aller seiner Diener, die auf ihn hätten warten sollen, in Mangel stand, der zuvor mit seinem gewaltigen Kriegsheer der Erde eine Last war. Bis daher Justinus. [Dies Beispiel sollen Fürsten und Herren wohl in Acht nehmen, welche meinen, es sei alles damit ausgerichtet, wenn sie durch allerhand seltsame Fündlein viele Schätze zusammenraspeln, dass sie derselben später missbrauchen, anderen Unruhe zu machen und sich selbst einen schändlichen Ausgang zu verursachen. Daher auch Gott der Herr dem Könige, da einer im israelitischen Volk sein würde, geboten, dass er nicht große Schätze von Silber oder Gold sammeln soll {5Mos 17}. Doch muss man sich auch vorsehen, dass man nicht auf der anderen Seite zu weit gehe und die Güter, so zur Verwaltung und Erhaltung des Regiments notwendig gefordert werden, üppig verschwende und vertue. Darauf später neue Schatzungen und unerträgliche Beschwerden entstehen]. So viel sei gesagt von Xerxe, dem persischen Monarchen.

4. Danach wird ein mächtiger König aufstehen und mit großer Macht herrschen und was er will, wird er ausrichten.

Ausrichten: Er wird in allen Sachen Glück haben und wird ihm alles wohl vonstattengehen, was er anfängt.

5. Und wenn er aufs höchste gekommen ist, wird sein Reich zerbrechen und sich in die vier Winde des Himmels zerteilen, nicht auf seine Nachkommen, auch nicht mit solcher Macht, wie seine gewesen ist; denn sein Reich wird ausgerottet und Fremden zuteilwerden.

Zerbrechen: Dass der Griechen Monarchie bald zugrunde gehen wird. [Denn was bald wird, das vergeht auch bald wieder und was hoch ist, besteht nicht lange].

Winde: Also dass aus seinem Königreich vier andere entstehen werden, gegen die vier Orte der Welt.

Nachkommen: Denn des Alexanders Kinder und Weiber, unter denen eine schwanger gewesen, sind umgebracht worden. [Und ist es ein Stück des göttlichen Fluchs, wenn man sein Geld und Gut seinen Nachkommen und natürlichen Leibes Erben nicht hinterlassen kann]. Es haben aber des Alexanders Reich seine vornehmsten Fürsten unter sich geteilt und hat Seleucus Syrien, Antigonus Asien, Antipater Griechenland, Ptolemäus Ägypten eingenommen.

Macht: Daran es jeder keiner dem Alexander nachtun wird.

zuteilwerden: Das ist, des Alexanders Monarchie wird vergehen und werden die Stücke davon diejenigen zu sich reißen, die keine Erbberechtigung dazu haben. [Denn was man anderen mit Gewalt abdringt, das kann man nicht lange in ruhiger Besitzung behalten]. Was aber hier von dem Alexander und Xerxe sowohl in diesem als vorigen Kapiteln der Engel weissagt, bringt er darum vor, dass man desto besser daraus abnehmen könne, wie die Monarchien aufeinander gefolgt und dass er desto füglicher zu den Geschichten der Königreiche Syrien und Ägypten schreiten möge, davon er besonders zu handeln willens war.

6. Und der König gegen Mittag, welcher ist seiner Fürsten einer, wird mächtig werden; aber gegen ihn wird einer auch mächtig sein und herrschen, welches Herrschaft wird groß sein.

Und: Jetzt wird von des großen Alexanders Nachkommen gehandelt.

Mittag: Dieser ist gewesen Ptolemäus Lagus, der Ägypten an sich gezogen und einer aus den vornehmsten Fürsten des großen Alexanders war.

Auch mächtig: Dieser ist gewesen Seleucus Nicanor, der König in Syrien. Derselben Könige Nachkommen nun haben wider einander Kriege geführt, nämlich Antiochus Theos und Ptolemäus Philadelphus.

7. Nach etlichen Jahren aber werden sie sich miteinander befreunden; und die Tochter des Königs gegen Mittag wird kommen zum Könige gegen Mitternacht, Einigkeit zu machen. Aber sie wird nicht bleiben bei der Macht des Arms, dazu ihr Same auch nicht stehen bleiben, sondern sie wird übergeben samt denen, die sie gebracht haben und mit dem Kinde und dem, der sie eine Weile mächtig gemacht hatte.

Jahren: Wenn sie lang wieder einander gekriegt und je einer dem anderen viel Schaden wird zugefügt haben.

Zumachen: Man wird durch solche Schwagerschaft Friede und Ruhe suchen und haben dadurch alle Sachen sollen richtig gemacht werden. Denn Ptolemäus Philadelphus dem Antiocho mit dem Zunamen Theos seine Tochter Berinicen zur Ehe gegeben. [Und geschieht es gewöhnlich, dass der Könige und Fürsten blutige Kriege endlich mit einer Hochzeit gestillt werden, ist aber selten Glück dabei. Denn es folgen bald hernach nur mehr Verbitterung der Gemüter und größere Feindschaften als zuvor wie allhier auch geschehen.]

Sie: Nämlich die Tochter des Königs gegen Mittag, Ptolemei Philadelphi.

Nicht bleiben] Denn sie wird sich zwar unterstehen, das Königreich auf ihren Sohn zu bringen, dem sie vom Antiocho geboren, aber sie wird nichts erhalten.

übergeben] Zum Tode mit ihren Dienern, die ihr von ihrem Vater zugegeben und mit in Syrien geschickt wurden, dass sie ihr auf den Dienst warten sollten.

Mächtig gemacht: Nämlich ihr Ehemann Antiochos Theos, der sie zur Königin in Syrien gemacht hatte, wird auch umgebracht werden. Denn seine vorherige Gemahlin Laodice, so noch im Leben war und vom Antiocho auch zwei Söhne hatte, nämlich Seleukum Gallinicum und Antiochum Hierax aber von ihm verstoßen war, ist dermaßen über ihn erbittert worden, dass sie ihren König und Gemahl mit Gift hingerichtet und danach ihre Söhne wider die Stiefmutter Berenicen angehetzt, dass sie die selbe mit ihrem Sohn und allen zugeordneten Dienern umgebracht haben. Ist also diese gepflogene Friedenshandlung mit der Hochzeit übel ausgeschlagen, nicht allein, dass Berenice dem Antiocho bei seiner vorigen Ehegemahlin Lebzeiten zur Ehe gegeben wurde, sondern auch weil sie, die Berenice, so ehrgeizig und hoffärtig gewesen, dass sie den älteren königlichen Kindern das Königreich begeht aus den Händen zu reißen und auf ihren Sohn zu bringen. [Darum soll sich ein jeder wohl vorsehen, wie und welchergestalt er seine Töchter aussteuere. Und soll ein jeder mit seinem Stand vergnügt sein, dass er wider Recht und Billigkeit nichts begehre, dass nicht sein ist.]

8. Es wird aber der Zweige einer von ihrem Stamm aufgekommen, der wird kommen mit Heereskraft und dem Könige gegen Mitternacht in seine Feste fallen; und wird es, ausrichten und siegen.

Aufgekommen: Nämlich aus dem Geschlecht der vorgemeldeten Königin, so ermordet worden, wird ein mächtiger König entstehen: Welcher gewesen, Ptolemäus Euergetes, der Berenice Bruder.

Nach Luther: Dem Seleuco Callinico.

Feste: Er wird die vornehmsten Festungen des Königreichs Syrien unter seine Gewalt bringen.

Nach Luther: Das ist: Ins Königreich.

Ausrichten: Es wird ihm sein Vorhaben glücklich vonstattengehen, dass ihm die beide Brüder und Könige in Syrien, Seleucus Gallinicus und Antiochus Hierax, nicht werden genügenden Widerstand tun können.

9. Auch wird er ihre Götter und Bilder samt den köstlichen Kleinoden, beide, silberne und goldene, wegführen nach Ägypten und etliche Jahre vor dem König gegen Mitternacht wohl stehen bleiben.

Götter: Die von Gold und Silber oder anderem köstlichen Metall gemacht sind.

Stehen: Er wird den Königen in Syrien überlegen sein und sie aus dem Königreich vertreiben.

10. Und wenn er durch desgleichen Königreich gezogen ist, wird er wiederum in sein Land ziehen.

Gezogen: Dass er das Königreich Syrien beraubt und geplündert hat.

Nach Luther: Das ist, er wird das Königreich nicht behalten, als er wohl könnte.

Ziehen: Nachdem er an den Königen in Syrien Rache geübt, dass er mit dem Sieg und Raub wird vergnügt sein und das Königreich Syrien nicht begehren. [Denn Gott lässt unrechten Mord nicht ungerächt].

11. Aber seine Söhne werden erzürnen und große Heere zusammenbringen; und der eine wird kommen und wie eine Flut daher fahren und jenen wiederum vor seinen Festen reizen.

Söhne: Nämlich Seleucus Ceraunus und Antiochus, mit dem Zunamen der Große, des Seleuci Gallinici, Königs in Syrien Söhne.

Bringen: In willens, die Niederlage, so ihr Vater von den Ägyptern erlitten, zu rächen. Es ist aber dieser Krieg nach des Ptolemei Euergetis Tode angefangen worden und hofften die beide Brüder in Syrien, dass sie an dem Ptolemeo Philopatore, des Euergetis Sohn, Strafe üben wollten, ob er wohl nicht ungebührlich wider sie gehandelt hatte. [Denn das menschliche Herz ist auch in einer bösen Sache rachgierig].

Eine: Nämlich der große Antiochus, weil sein Bruder, indem er sich zum Kriege gerüstet, gestorben war.

Reizen: Das ist, Er wird Ägypten mit einem Kriegsheer schnell überziehen, der Hoffnung, dass er den Ptolemeum Philopator aus dem Königreich vertreiben wolle.

12. Da wird der König gegen Mittag ergrimmen und ausziehen und mit dem Könige gegen Mitternacht streiten und wird solchen großen Haufen zusammenbringen, dass ihm jener Haufe wird in seine Hand gegeben.

Ausziehen: Nämlich der König in Ägypten, Ptolemäus Phtlopator, wird dem großen Antiocho mit bewaffneter Hand begegnen.

Nach Luther: Dem Antiocho Magno.

Bringen: Nämlich der König Ptolemäus wird auch ein großes Kriegsheer wider Antiochum führen.

13. Und wird denselben Haufen wegführen. Des wird sich sein Herz erheben, dass er so viele tausend danieder gelegt hat; aber damit wird er sein nicht mächtig werden.

Wegführen: Das ist, des Königs in Ägypten Ptolemei Kriegsvolk wird Antiochum mit seinem großen Haufen überwinden und den Sieg wider ihn erhalten, weil er eine gerechte Sache hat und ihn Antiochus unbefugter maßen bekriegen wird. [Denn welche eine böse Sache mit bewaffneter Hand schützen wollen, die dürfen sich keines Sieges getrösten, wenn sie gleich mit einem großen Kriegsvolk versehen sind].

Erheben: Denn nachdem Ptolemäus den Sieg erhalten, ist er darüber stolz worden und hat gräuliche Schande und Laster getrieben, auch große Grausamkeit und Unbilligkeit geübt, dass er auch endlich sein eigen Gemahl, die doch auch seine Schwester war, erwürgt. [Denn es kommt einen ganz sauer an, wenn er bei gutem Glück soll fromm bleiben und in der Gottseligkeit beharren. Darum sollen wir Gott bitten, dass er, wenn es wohl geht, mit seinem Heiligen Geist uns leiten und regieren wolle, damit wir nicht von dem Wege der Gerechtigkeit abweichen und über die Stränge schlagen].

Nicht mächtig: Er wird durch solchen herrlichen Sieg seine Macht nicht erweitern. [Denn wenn etliche gleich den Sieg erhalte, so wissen sie doch denselben nicht zu gebrauchen].

14. Denn der König gegen Mitternacht wird wiederum einen größeren Haufen zusammenbringen, denn der vorige war; und nach etlichen Jahren wird er daher ziehen mit großer Heereskraft und mit großem Gut.

Bringen: Nämlich Antiochus der Große wird nach des Ptolemei Philopators Tode sich aufmachen und an den jungen Ptolemeum, der kaum vier oder fünf Jahr alt gewesen, sich reiben wollen, dazu mit viel einem mächtigeren Kriegsheer, als er zuvor wider seinen Vater geführt hatte.

Gut: Damit er sich wird gefasst machen, auf dass er sein Kriegsheer lange unterhalten könne. [Denn das Geld wird für die vornehmsten Mittel eins, besonders jetziger Zeit geachtet, so zum Krieg gehört].

15. Und zur selbigen Zeit werden sich viele wider den König gegen Mittag setzen; auch werden sich etliche Abtrünnige aus deinem Volk erheben und die Weissagung erfüllen und werden fallen.

Nach Luther: Den Ptolemeum Epiphanem.

Setzen: Das ist, es werden sich auch andere Könige und Fürsten wider den König in Ägypten auflehnen, weil er noch ein Kind sein wird, der Hoffnung, dass sie einen Teil von seinem Königreich zu sich zwacken wollen. [Es ist aber eine große Bosheit, wenn man die noch minderjährigen und unmündigen Waisen begehrt zu plagen und zu berauben, welche man vielmehr schützen und unterhalten soll. Daher der Heilige Geist spricht {Spr 23}. Treibe nicht zurück die vorigen Grenzen und gehe nicht auf der Weisen Acker. Denn ihr Erlöser ist mächtig, der wird ihre Sache wider dich ausführen].

Fallen: Das ist, was gottlose Leute in deinem Volk sein werden, denen das Rauben und Stehlen lieber sein wird als ihre Religion, die werden sich zu dem Gottlosen Antiocho schlagen, wider den weisen Ptolemeum Epiphanem und dem Antiocho in seinem Gottlosen und unrechten Vorhaben, tapferen Beistand tun, damit sie also diese und andere Weissagungen wahr machen, so von dem Abfall deines Volkes vorgebracht worden. Aber sie werden endlich um ihrer Bosheit willen schwere Strafen leiden müssen. [Denn es ist keine Kirche so rein, da nicht mitten drunter auch etliche gottlose Leute zu finden wären, die, wenn sie Gelegenheit bekommen, in der Tat erzeigen, dass sie ganz keiner Religion achten und tun die ihnen selbst auch übel, dazu wider Recht und Gerechtigkeit, welche sich in fremde Kriege mengen, da sie wohl könnten still sein und mit gutem Gewissen ruhig bleiben].

16. Also wird der König gegen Mitternacht daher ziehen und Schütte machen und feste Städte gewinnen; und die Mittagsarme werden es nicht können wehren und sein bestes Volk werden nicht können widerstehen,

Nach Luther: Antiochus der Große, König in Syrien, wider Prolemeum Epiphanem.

Feste Städte: nach Luther: Nicht in Ägypten, sondern in Syria und Judäa, die zuvor des Ptolemet waren.

Gewinnen: Nämlich der große Antiochus wird etliche Städte in Phoenicia und Judäa belagern und erobern, die zuvor dem Ptolemeo zugehört.

Arme: Das ist, des Königs Ptolemei Hauptleute werden die große Gewalt Antiochi nicht aufhalten können. [Denn es gewinnt eine Zeit lang das Ansehen, als ob eine gute und gerechte Sache unten liegen und den Kürzeren ziehen müsste].

17. sondern er wird, wenn er an ihn kommt, seinen Willen schaffen; und niemand wird ihm widerstehen mögen. Er wird auch in das werte Land kommen und wird es vollenden durch seine Hand.

Kommt: Nämlich wenn Antiochus über den Ptolemeum kommen wird, in die vorgemeldeten Orte und Städte der Länder Judäa und Phoenicia.

Werte Land: Nämlich in das Teil Landes, welches die Juden in ihrer Besitzung haben werden.

Nach Luther: Der große Antiochus tat den Juden große Ehre, darum dass sie ihm helfen wider Ptolemeum Epiphanem vollends Syriam gewinnen.

Vollenden: Er wird es alles nach seinem Willen anordnen und wird ihm niemand wehren können. Darum damals die Kirche Gottes in großer Gefahr stehen wird, welche doch durch Gottes Güte wiederum wird abgewandt und die Verfolgung bis zur Regierung Antiochi des Edlen gespart werden. [Denn Gott zeigt erstlich seiner Kirche die Gefahr und wo sie nicht will Buße tun, so lässt er endlich das zuvor gedrohte Unglück kommen].

18. Und wird sein Angesicht richten, dass er mit Macht seines ganzen Königreichs komme. Aber er wird sich mit ihm vertragen und wird ihm seine Tochter zum Weibe geben, dass er ihn verderbe; aber es wird ihm nicht geraten und wird nichts daraus werden.

Vertragen: Weil die Römer sich des jungen Ptolemei annehmen werden, welcher Gewalt Antiochus wird müssen fürchten, so wird er von seinem Vorhaben ablassen und Frieden machen.

Nach Luther: Die Cleopatram.

Verderbe: Denn Antiochus wird es aus keiner guten Meinung tun, dass er dem jungen Ptolemeo seine Tochter wird zur Ehe geben, sondern damit er Gelegenheit bekommen möge, das Königreich Ägypten zu sich zu reißen.

Daraus werden: Des Antiochi listiger Anschlag wird keinen Fortgang gewinnen. Denn des Antiocht Tochter liebte Ptolemeum, ihren Ehemann und machte mit Hilfe der Ägypter ihres gottlosen Vaters listige Anschläge und Praktiken zunichte. [Und findet man so störrische Eltern, die in Aussteuerung der Töchter weder derselben noch ihre Tochter-Männer Nutzen betrachten, sondern nur ihren eigenen Vorteil suchen, solche sind in einen verkehrten Sinn gegeben. So werden, was gottlose listige Anschläge sind, von Gott selber oftmals gehindert. Denn Gott liebt die Aufrichtigkeit und Redlichkeit, aber den Betrug ganz nicht].

19. Danach wird er sich kehren wider die Inseln und derselben viele gewinnen. Aber ein Fürst wird ihn lehren aufhören mit Schmähen, dass er ihn nicht mehr schmähe.

Danach: Wenn der große Antiochus merken wird, dass er im Königreich Ägypten nichts erhalten könne.

Inseln: Dass er die erobere. [Denn der Geiz ist unersättlich].

Fürst: Nämlich der römische Bürgermeister wird dem Antiocho den Hochmut niederlegen und die Schmach rächen, welche er den Römern angetan, auf dass er künftig der die Römer zu verachten einstelle. Denn Scipio, mit dem Zunamen Asiaticus, hat Antiochum überwunden, in welchem Kriege Antiochus ganz Asien verloren, so auf der einen Seiten des Berges Tauri gelegen, welches er den Römern einräumen müssen, da ihm das Gespött wohl vergangen. Welches geschehen ums Jahr nach Erschaffung der Welt dreitausend siebenhundert und sechs. [Denn wer Fremden Gut mit Unrecht begehrt an sich zu bringen, der verliert darüber auch sein Eigenes].

Nach Luther: Die Römer nahmen dem Antiocho Asiam.

20. Also wird er sich wiederum kehren zu den Festen seines Landes und wird sich stoßen und fallen, dass man ihn nirgend finden wird.

Seines Landes: Er wird sich wieder in sein Königreich begeben.

Stoßen: Denn der geizige Mensch nicht ruhig sein können, sondern ist in Persien gezogen, da er gemeint, in der Stadt Elimais einen reichen Tempel zu berauben. Aber das Volk ist im selben Königreich zusammengelaufen und hat Antiochum samt seinem Volk erschlagen und vertilgt. Welches der Engel an diesem Ort Wille zu verstehen geben.

Nach Luther: Zu Elimaide in Persenland wurde er erschlagen.

Finden wird: Denn er ist nicht wieder in sein Königreich gekommen. [Und bleibt die Kirchenräuberei nicht ungestraft].

21. Und an seiner statt wird einer aufgekommen, der wird in königlichen Ehren sitzen wie ein Scherge. Aber nach wenig Tagen wird er brechen, doch weder durch Zorn noch durch Streit.

Seiner statt: Nämlich des großen Antiochi. Denn der Engel fängt jetzt an von desselben Nachkommen zu reden.

Scherge: Das ist ein solcher Mensch, der nichts Löbliches ausrichten und sich nichts Gutes bemühen, sondern nur das Volk plagen und mit Schatzungen belegen wird. Dieser hat geheißen Seleucus Philopator, des großen Antiochi Sohn. [Welche aber die Untertanen mit unnötigen Schatzungen beschweren, die lassen in dieser Welt ein schlechtes Lob hinter ihnen].

Nach Luther: Hierdurch wird verstanden Seleucus Philopator, Antiochi des großen Sohn, welcher nichts Fürstliches getan, sondern die Untertanen mit großen Auflagen beschwert und sie als ein Scherge oder Schinder ausgesogen.

Brechen: Er wird bald sterben, aber nicht im Streit wie ein tapfer Kriegsmann, sondern daheim, dass man ihm nichts Rühmliches oder Lobwürdiges wird können nachsagen. [Denn welche gegen den Untertanen sich rau und trotzig erzeigen, die sind oft gegen die Feinde furchtsam und verzagt].

22. An des statt wird aufgekommen ein Ungeachteter, welchem die Ehre des Königreichs nicht bedacht war; der wird kommen und wird ihm gelingen und das Königreich mit süßen Worten einnehmen.

Nach Luther: Antiochus Epiphanes besser zum Buben denn zum Könige geschickt.

Nicht bedacht: Es hätte keiner geglaubt, dass Antiochus Epiphanes, des Seleuci Philopators Bruder und des großen Antiochi Sohn, zum Königreich in Syrien einmal aufsteigen würde, als der von seinem Vater dem großen Antiocho den Römern zu Geisel übergeben war und darum weder vom Vater noch vom Volk mehr besonders geachtet wurde. Und ob er wohl den Zunamen Epiphanes geführt, welches einen herrlichen und vortrefflichen Fürsten bedeutet, so ist er doch aus Verachtung Epimanes, das ist toll und unsinnig, genannt worden. Und ist zwar der allerärgste Bub und schändlichste Mensch gewesen, als irgendeinen die Sonne möcht beschienen haben, der das Volk Gottes gräulich geplagt und wider Gott selbst große Lästerungen ausgestoßen hat. [Es werden aber durch solche Erzbuben die Sünden des Volkes Gottes gestraft: Und haben es die alten Lehrer gänzlich dafür gehalten, dass unter dieses Antiochi Namen der Antichrist abgemalt werde]. Darum wir die folgenden Weissagungen teils auf den Antiochum, teils auf den Antichrist, etliches auch auf alle beide ziehen und deuten wollen, nachdem der Text Anleitung dazu geben wird.

Gelingen: Dass es ihm nach seines Herzen Wunsch glücklich vonstattengehen wird. Denn er zu Rom entronnen und wieder in sein Vaterland kommen.

Süßen Worten: Denn er sich bei den Untertanen so zu getan, dass sie ihn für ihren König erkannt und angenommen. [Also stellen sich etliche anfangs ganz demütig und freundlich, bis sie zu hohen Ehren aufsteigen, danach lassen sie ihren Übermut und grausames Gemüt sehen. Ebenmäßig ist auch der römische Antichrist mit Heuchelei und Gleisnerei immer zu mehr denn königlicher Hoheit aufgestiegen und hat die Herrschaft über die Kirche Gottes zu sich gerissen, auch mit guten Worten und Segensprechen die unschuldigen Herzen verführt {Röm 16}].

23. Und die Arme, die wie eine Flut daher fahren, werden vor ihm wie mit einer Flut überfallen und zerbrochen werden, dazu auch der Fürst, mit dem der Bund gemacht war.

Arme: Das ist, die Hauptleute und Obersten des Königs Ptolemei werden ein großes Heer zusammenbringen wie eine große Wasserflut und dem Antiocho entgegenziehen, welcher darauf umging, dass er seiner Schwester Sohn, den König in Ägypten, Ptolemäus Philometor genannt, so noch minderjährig war, seines Königreichs beraubte und dasselbe zu sich risse. Wollte aber doch nichtsdestoweniger dafür angesehen sein, als wäre er des Königs Vormund und nahm unter solchem Schein etliche Städte und Landschaften ein, mit Vorwendung, er täte darum, dass sie nicht von anderen angefallen und dem Ptolemeo entwand würden, er aber nehme sie nicht für sich selbst ein, sondern begehre sie dem noch minderjährigen Könige zu erhalten. Aber des Königs Ptolemei Hauptleute merkten den Betrug, darum sie sich ihm widersetzten, obwohl sie von des Antiochi großem Kriegsheer übermannet und überwunden worden und weder sie noch ihr König Ptolemäus ihm genügend abwehren konnten oder verhüten, dass Antiochus nicht etliche Städte in Syria, Phoenicia und Judäa eingenommen und unter seine Gewalt gebracht, da er doch richtig seiner Schwester Sohn, dem er von wegen der Blutsfreundschaft gebunden war, schonen und ihn für andere hätte schützen sollen. [Aber der Geiz zerreißt auch das Band der natürlichen Liebe].

24. Denn nachdem er mit ihm befreundet ist, wird er listig gegen ihn handeln; und wird heraufziehen und mit geringem Volk ihn überwältigen.

Befreundet: Weil Antiochus nach erlangtem Sieg sich dennoch vernehmen ließ, er meinte es mit dem Ptolemeo, seiner Schwester Sohn gut, machte er mit des Ptolemei Hauptleuten einen betrüglichen Frieden und nicht lange später, da man sich nichts Feindliches zu ihm versähe, kam er mit wenig Volk in Ägypten, da er auch freundlich und ehrlich empfangen wurde. Aber er setzte ihm die königliche Krone selber auf und wollte vor den König in Ägypten gehalten sein. Danach als er Ägypten beraubt hatte, zog er mit einer reichen Beute wiederum hinweg in Syrien: Davon weissagt der Engel hier.

Handeln: Er wird seine Zusage nicht halten, die er dem Könige Ptolemeo und seinen Hauptleuten getan.

Überwältigen: Denn da die in Ägypten meinten, dass sie Freunde bei ihnen hätte, siehe, so waren es ihre ärgsten Feinde.

25. Und wird ihm gelingen, dass er in die besten Städte des Landes kommen wird; und wird es also ausrichten, das seine Väter noch seine Voreltern nicht tun konnten mit Rauben, Plündern und Ausbeuten; und wird nach den allerfestesten Städten trachten und das eine Zeit lang.

Nicht tun: Er wird mit Bosheit und Falschheit alle seine Voreltern weit übertreffen.

Ausbeuten: Denn er seinen Kriegsleuten preisgeben wird, was sie erbeuten können, dass es ihr sein soll.

Trachten: Er wird darauf bedacht sein, dass er die vornehmsten Festungen in Ägypten an sich bringe und für sich behalte.

Zeit lang: Er wird eine Zeit lang wehren, dass Antiochus über der Ausbeute sich freuen wird, die er in Ägypten ertappt. [Wer hat aber unter allen Königen und Fürsten dieser Welt mit solchem Geiz, der Welt Güter mit Betrug und Lügen an sich gezogen, als der römische Antichrist? Denn Papst Johannes der zweiundzwanzigste des Namens hat durch seine päpstlichen Praktiken und Betrügereien dreieinhalb hundert Tonnen Goldes zusammengescharrt und hinterlassen. Da mag man ja sehen den Antiochum, wie er Ägypten geplündert, nämlich den römischen Papst, wie er die ganze Welt beraubt hat].

26. Und er wird seine Macht und sein Herz wider den König gegen Mittag erregen mit großer Heereskraft. Da wird der König gegen Mittag gereizt werden zum Streit mit einer großen, mächtigen Heereskraft. Aber er wird nicht bestehen; denn es werden Verrätereien wider ihn gemacht.

Erregen: Das ist, Antiochus Epiphanes wird nicht ruhig sein, sondern mit erhitztem Gemüt alle seine Macht wider Ptolemeum Philometor benutzen.

Aber er: Nämlich der König gegen Mittag, Ptolemäus in Ägypten.

Gemacht: Antiochus wird durch Verräterei zuwege bringen, dass Ptolemäus mit seinem Kriegsvolk wird müssen unten liegen. Denn weil er sich für des Ptolemäer, der nun zu seinen Jahren kommen war, Macht gefürchtet, hat er seine Obersten und Hauptleute mit Gelde bestochen, also dass Ptolemäus von etlichen der seinen treuloserweise verlassen worden und eine große Niederlage erlitten hat. [Denn welche in einer freien Feldschlacht zu überwinden schlechte Hoffnung haben, die unterstehen sich oft ihr Vorhaben mit Verräterei und Hinterlist hinauszuführen. Und halten die Fürsten bisweilen etliche Scharrhansen mit großem Unkosten, von denen sie später böslich verlassen und dem Feinde verraten werden. Darum sollen sie ihre Hoffnung nicht auf die Menschen, sondern auf Gott setzen. Wenn man aber auch der römischen Päpste Geschichte und Taten besieht, so findet sich es, dass sie nach des Antiochi Art ihre Feinde viel mehr mit Verräterei und Hinterlist als mit öffentlicher Gewalt unterdrückt haben].

27. Und eben, die sein Brot essen, die werden ihn helfen verderben und sein Heer unterdrücken, dass ganz viele erschlagen werden.

28. Und beider Könige Herz wird denken, wie sie einander Schaden tun und werden doch über einem Tisch fälschlich miteinander reden. Es wird ihnen aber fehlen; denn das Ende ist noch auf eine andere Zeit bestimmt.

Schaden tun: Denn obwohl nach der geschehenen Schlacht die beiden Könige zum Schein einen Frieden miteinander gemacht, dazu an einem Tisch zusammengekommen, so wird doch je einer dem anderen mit Hinterlist nachstellen.

Reden: Dass sie werden einander mit dem Munde vorbringen und ein anderes im Herzen haben. [Denn es trägt sich bisweilen zu, dass große Herren einander freundlich zusprechen, da sie doch im Herzen einander feind sind. Darum auch, wenn sie kaum voneinander gekommen, wider einander zur Waffe greifen und Kriege führen, dessen man zu jederzeit Beispiele hat, dass sich deswegen fromme Fürsten und Regenten wohl vorsehen mögen, damit sie nicht durch der bösen Leute gute Worte übers Seil geworfen und unterdrückt werden].

Fehlen: Dass keiner den anderen wird können unterdrücken.

Bestimmt: Gott hat ihnen ein anderes Ziel ihres Lebens gesteckt. [Dabei man zu merken, dass mit listigen Praktiken nichts ausgerichtet wird, bis die Stunde kommt, welche von Gott bestimmt ist, doch soll sich darauf niemand in eine unnötige Gefahr begeben].

29. Danach wird er wiederum heimziehen mit großem Gut und sein Herz richten wider den heiligen Bund; da wird er etwas ausrichten und also heim in sein Land ziehen.

Gut: Nämlich der König Antiochus wird sich wieder in sein Königreich begeben und eine reiche Beute mit heimbringen, die er den Ägyptern abgedrungen hat. [Denn es lässt sich bisweilen an, als ob einer bei seiner Untreue und Bosheit Glück hätte].

Bund: Das ist, Antiochus wird auf seiner Heimreise etwas Böses wider den rechten Gottesdienst des wahren Gottes Israel im Sinn haben.

Ausrichten: Er wird es ins Werk richten und vollbringen, was er sich vorgenommenen hat. Denn da Antiochus aus Ägypten wieder seinem Königreich zugezogen, hat er sich auf der Reise gegen Jerusalem gewandt und als er dahin gekommen, mit guten Worten und der Verräter, so in der Stadt gewesen zu tun, erlangt, dass er als ein Freund eingelassen wurde, wie er aber hineingekommen, hat er wider gegebene Treue und Glauben die Stadt und den Tempel geplündert und viele Leute tyrannischerweise ermordet, wie in 1. Makkabäer 1 zu sehen ist. [Denn die Feinde der Wahrheit achten es für keine Schande, wenn sie denen gleich nicht Glauben halten, die sich zur rechten Religion bekennen und dürfen es wohl also entschuldigen, dass man den Ketzern nicht müsse Glauben halten].

30. Danach wird er zu gelegener Zeit wieder gegen Mittag ziehen; aber es wird ihm zum andermal nicht geraten wie zum ersten Mal.

Ziehen: Mit einem Kriegsheer wieder in Ägypten. Und wird sich unterstehen, dasselbe Königreich mit Gewalt an sich zu bringen, den Ptolemeum aber daraus zu verstoßen im Sinn haben.

Nicht geraten: Er wird nicht einen solchen stattlichen Raub davon bringen wie das vorige Mal, sondern die Sache wird einen anderen Ausgang gewinnen.

31. Denn es werden Schiffe aus Chittim wider ihn kommen, dass er verzagen wird und umkehren muss. Da wird er wider den heiligen Bund ergrimmen und wird es ausrichten; und wird sich umsehen und an sich ziehen, die den heiligen Bund verlassen.

Chittim: Nämlich die Römer. Denn obwohl sonst die Mazedonier mit solchem Namen genannt werden, so werden doch auch die Völker in Italien damit gemeint, unter denen die Römer leicht den Vorzug hatten. Wie nun es der Engel hier zuvor verkündigt hat, also ist es ergangen. Denn da Antochus Epiphanes nach zwei Jahren mit einem Kriegsheer wieder in Ägypten kam, nicht zwar als ein angemaßter Vormund, sondern als ein öffentlicher Feind, hat Ptolemäus Philometor die Römer um Hilfe ersucht, welche in des alten Ptolemei Testament zu des jungen Ptolemei Vormünder und Beschützer ernannt waren. Deswegen schicken die Römer, wie vormals auch gemeldet, Marcum Popilium mit einem Kriegsheer übers Meer in Ägypten und lassen dem Antiocho befehlen, dass er des Königreichs Ägypten sich nicht anmaßen soll oder es werden ihm die Römer mit bewaffneter Hand begegnen. Da aber Antiochus, seinem Brauch nach, Ausflüchte suchte und sich vernehmen ließ, er wollte sich mit seinen Freunden darüber beratschlagen, machte Marcus Popilius mit dem Stab, den er in der Hand hatte, einen Ring im Sande um Antiochum her und befiehlt ihm ernstlich, er soll nicht aus dem Ring schreiten, er habe sich denn zuvor erklärt, ob er aus dem Königreich Ägypten weichen oder aber mit den Römern darüber einen Krieg führen wollte. Weil nun Antiochus wohl wusste, wie mächtig die Römer wären, so verspricht er, dass er abziehen wolle, wie ungern er es auch getan. [Denn welche böslich sich begehren auszureden, auf die soll man dringen, dass sie recht zusagen. Und soll man der Römer Beispiel, welches löblich ist, folgen, dass sie des Minderjährigen, der ihnen in ihrem Schutz befohlen gewesen, so treulich und fleißig sich angenommen und wider den treulosen Buben Antiochum gehandhabt haben].

Ergrimmen: Es wird ihn verdrießen, dass die Römer sein Vorhaben gehindert und weil er in Ägypten nichts ausrichten könne, so wird er sich an den Gottesdienst zu Jerusalem und an das Volk Gottes machen und seinen Zorn an ihnen ausstoßen wollen, die ihm doch nie kein Leid getan.

Ausrichten: Er wird wider die zu Jerusalem Glück haben. [Denn wenn den Gottlosen nicht alles glücklich hinausgeht, was sie vorhaben, so schütten sie allen ihren Unmut über die Kirche Gottes aus, ob sie gleich von derselben nie sind beleidigt worden. Und lässt ihnen Gott eine Zeit lang den Sieg wider die Kirche, auf das bekannt werde, welche zur Zeit der Verfolgung in der Religion beständig sind oder abfallen].

Verlassen: Das ist, er wird Kundschaft darauf legen, welche die Abtrünnigen unter den Juden sind, dieselben wird er benutzen, die Kirche Gottes dadurch zu plagen und den Gottesdienst zu hindern und zu verdrücken. [Denn wenn die Tyrannen die Kirche Gottes verfolgen, so erhöhen sie die Abtrünnigen oft und bringen sie zu großen Ehren, weil sie wissen, dass solche die rechte Religion aufs heftigste anfeinden und lästern und übel davon reden, die sie treuloserweise verworfen und verraten haben].

32. Und es werden seine Arme dort stehen; die werden das Heiligtum in der Feste entweihen und das tägliche Opfer abtun und einen Gräuel der Wüstung aufrichten.

Arme: Das ist, seine Hauptleute wird er mit Gewalt in die Burg Davids zur Besatzung legen, welche am oberen Teil der Stadt Jerusalem und nahe bei dem Tempel des Herrn war, dass sie den Gottesdienst hindern und wider die Bürger grausame Wüterei treiben. Denn des Antiocht Kriegsleute, so in der Burg Davids lagen, wehrten nicht allein dem rechten Gottesdienst, sondern erwürgten auch die Leute, so zum Tempel kamen und dem Gottesdienst dienen wollten ].

Nach Luther: Seine Hauptleute und Gewaltigen.

Entweihen: Sie werden den Tempel verunreinigen, welcher sonst von wegen der Gelegenheit des Orts ziemlich fest war und die feste Burg Davids in der Nähe hatte.

Opfer: Den ordentlichen und rechtmäßigen Gottesdienst.

Aufrichten: Nämlich in dem Tempel des Herrn werden sie abscheuliche Götzen aufstellen und ihren Altar aufrichten, welches ein Zeichen sein wird, dass selbige Stadt und Land schrecklich wird verwüstet werden. Denn Antiochus hat durch seine Hauptleute und Kriegsvolk, beides zu Jerusalem in der Stadt und im Tempel und auch in anderen Städten des jüdischen Landes, den heidnischen Götzen Altar und Bilder aufrichten lassen, da man Schweine und andere unreine Tiere geopfert verboten gewesen. Auch hat er die Beschneidung verboten und die Eltern töten heißen, welche ihre Kinder beschnitten. Ja er hat die Juden gezwungen, dass sie das Gesetz Gottes verlassen und die Gottesdienste und Bräuche der Heiden annehmen sollten. Denn er ein öffentliches Edikt an alle Völker lassen ausgehen, die unter seiner Gewalt waren, dass sie nur eine Religion, nämlich die heidnische haben sollten. Wie solches alles mit allen Umständen beschrieben wird. [Denn Gott lässt bisweilen zu, dass die Übung des Gottesdienstes eine Zeit lang hart gedrückt wird, aber zu seiner Zeit rächt er seines göttlichen Namens Ehre].

33. Und er wird heucheln und gute Worte geben den Gottlosen, so den Bund übertreten. Aber das Volk, so ihren Gott kennt, werden sich ermannen und es ausrichten.

Heucheln: Das ist, er wird sich stellen, als ob er denen mit besonderen Gnaden gewogen wäre, welche von der israelitischen Religion abfallen und die heidnische Weise annehmen, auf dass er dadurch ihrer viele von der Religion und rechtem Gottesdienst abführe. [Eben also fallen ihrer etliche von der rechten Religion ab und schlagen sich zum Antichristen, weil sie durch stattliche Verheißungen gereizt werden und für ihren Anfall große Belohnungen, Reichtum und Ehre erwarten].

Nach Luther: Das ist Judas und seine Brüder und Anhang.

Ausrichten: Das ist, welche Gott recht erkennen, die werden die rechte Religion standhaft bekennen und viel eher das Leben darüber zu büßen, als den wahren Gottesdienst fahren lassen. Ja sie werden auch wider die mörderischen Tyrannen zur Wehr greifen und ihnen glücklich widerstehen wie 1. Mac. 2. 3 und in den folgenden Kapiteln zu sehen. [Denn in den allergrößten Verfolgungen stellt Gott etliche standhafte Bekenner auf, welche durch keine menschliche Gewalt von der Wahrheit des göttlichen Wortes können abgetrieben werden. Und erweckt auch bisweilen etliche vornehme Helden, die der Tyrannen Bosheit abwehren].

34. Und die Verständigen im Volk werden viele andere lehren; darüber werden sie fallen durch Schwert, Feuer, Gefängnis und Raub eine Zeit lang.

Verständigen: Welche mit besonderen Gaben des Heiligen Geistes begnadet sind und eine reiche Erkenntnis des wahren Gottes haben.

Lehren: Was die rechte Religion und der rechte Gottesdienst sei und werden ihre Zuhörer zur Beständigkeit ermahnen. [Denn der treuen Kirchendiener Amt ist, dass sie in den Verfolgungen aus Furcht des Todes nicht still schweigen, sondern alsdann am allermeisten die Wahrheit bekennen und ihre Zuhörer ermahnen, dass sie um des rechten Glaubens willen alles, was ihnen zu leiden auferlegt wird, geduldig ausstehen. Denen sie auch mit ihrem Beispiel vorgehen sollen, da nämlich die Gefahr im Allgemeinen über die ganze Kirche geht und die Feinde der Zuhörer eben so wenig schonen als der Lehrer. Wo aber der Feinde Wüten nur über die Lehrer geht, da mag man, sofern man so viel Platz haben kann, nach dem Befehl Christi von einer Stadt in die anderer fliehen].

Sie fallen: Nämlich die Lehrer besonders und etliche der Zuhörer auch. Denn der Engel gibt mit diesen Worten zu verstehen, was es für einen Zustand gewinne mit den Kirchendienern in einer allgemeinen Verfolgung.

Zeit lang: Das ist, die Verfolger werden wider die Lehrer der Kirche eine gute lange Zeit grausame Wüterei treiben mit allerlei Plagen, an Leib und Gut. [Welche deswegen sich zum Predigtamt begeben wollen, die sollen sich zuvor die Rechnung machen, dass sie allerlei Ungemach dabei gewärtig sein müssen. Denn es bisweilen mit der Kirche ein solches elendes Ansehen gewinnt, dass es scheint, als sei sie ganz und gar von Gott verlassen].

35. Und wenn sie so fallen, wird ihnen dennoch eine kleine Hilfe geschehen. Aber viele werden sich zu ihnen tun betrüglich.

Fallen: Dass ihrer etliche mit der Marter gekrönt werden. [Es werden aber die Märtyrer ihr Leben, das sie verloren haben, wiederfinden].

Kleine Hilfe: Dass sie sich ein wenig wieder erholen, damit nicht die ganze Kirche unterdrückt werde. Denn es hat Judas Makkabäus den Hauptleuten des Antiochi großen Widerstand getan und viele herrliche Taten verrichtet, wie im 1. Buch der Makkabäer zu sehen. [Denn Gott ist treu, der uns nicht lässt versucht werden, über unser Vermögen {1Kor 10}].

Betrüglich: Es werden sich ihrer viele wiederum zu den Juden, die bei der rechten Religion beständig geblieben sind, schlagen, aber nicht mit Ernst und da sie es so gut mit ihnen meinten, sondern aus falschem und betrüglichen Herzen. [Denn die Kirche Gottes hat immer auch in den Verfolgungen etliche falsche Brüder, die vielmehr ihre Verräter als Freunde sind].

36. Und der Verständigen werden etliche fallen, auf dass sie bewährt, rein und lauter werden, bis dass es ein Ende habe; denn es ist noch eine andere Zeit vorhanden.

Fallen: Dass sie werden durch die Marter hingerichtet werden, wie vorgemeldet.

Bewährt: Wie das Gold durch das Feuer bewährt wird. [Denn die Verfolgungen unterscheiden nicht allein die Mietlinge und Bauchdiener von den getreuen Knechten Gottes, sondern es wird dadurch auch in den rechtschaffenen Gottes Dienern vom Alten Adam viel verzehrt und die Schlafsucht ihnen aus den Augen gewischt].

Ende habe: Bis die Zeit aus sei, welche zur Verfolgung bestimmt ist. [Dessen wir Gott zu danken haben, dass er allen Verfolgungen ein Ziel gesteckt, darüber sie nicht schreiten können].

Andere Zeit: Das ist, diese Verfolgung wird zu bestimmter Zeit ihre Endschaft erreichen. Aber es wird einmal eine andere und neue Verfolgung entstehen unter der Tyrannei des Antichristen, dessen Vorbild Antiochus gewesen. Von welcher antichristlichen Tyrannei in der Kirche Gottes in folgendem Kapitel nach längs gesagt wird.


Das 12. Kapitel

  • Jetzt fängt der Engel an in diesem Kapitel von dem Antichristen zu weissagen, dessen Vorbild Antiochus gewesen und sagt erstlich von seiner Hoffart und Tyrannei in der Kirche, wie auch von seiner lästerlichen Lehre und abgöttischem Opfer der Messe und denn, dass ihn Christus überwältigen und umbringen werde, wie gleichfalls von seinem Sitz etwas hinzugetan wird. v. 36.
  • Danach zeigt der Engel an, dass Christus durch die Sendung seines Evangeliums seine Kirche reformieren und in seiner letzten Zukunft die Toten auferweckt werden. Wird auch die Zeit obwohl dunkel hinzugesetzt, wenn dies alles geschehen werde, und hörte Daniel, dass er solches nicht erleben werde. v. 44.

1. Und der König wird tun, was er will und wird sich erheben und aufwerfen wider alles, das Gott ist; und wider den Gott aller Götter wird er gräulich reden; und wird ihm gelingen, bis der Zorn aus sei; denn es ist beschlossen, wie lange es dauern soll.

Und: Ob es wohl bei etlichen Einfältigen das Ansehen haben möchte, als ob der Engel in des Antiochi Sache zu reden fortführe. So weissagt er doch in der Wahrheit durch dies ganze Kapitel von dem Antichristen, gleichwie auch der Apostel Paulus {2Thes 2} dazu stimmt und die alten Lehrer einmütig dieser Meinung gewesen. Denn gleichwie Gott der Herr nach dem Fall unserer ersten Eltern zuerst zwar seine Rede wider die leibliche Schlange richtet, aber doch bald darauf schlecht und allerdings von der alten Schlange dem Teufel redet. Also hat zwar der Engel in dieser Weissagung den Anfang vom Antiocho gemacht. Aber jetzt wendet er sich allerdings auf den Antichristen und malt denselben mit allen seinen Farben meisterlich ab.

Der König: nach Luther: Hier endet der Engel seinem Wort unter der Person Epiphanias auf den Endchristen und gehen an die versiegelten Worte, davon er am Ende sagt.

Er will: Was ihn nur gelüstet, wird er tun dürfen und wird nicht viel danach fragen, ob es Recht oder Unrecht sei, wird dazu wollen ungestraft sein. [Hier hörte man, wie der Antichrist sich rühmt, dass alle Rechte in dem Schrein seines Herzens verborgen sind. Darum er sich denn auch aus allen Gerichten entzogen und ausgeben dürfe, wenn er gleich viele tausend Seelen mit sich zur Hölle führe, so müsse doch niemand fragen was tust du? Wie man in ihren Dekreten liest. Es nennt aber der Engel ihn einen König, weil der Papst das Hirtenamt, die Schäflein zu weiden, von sich geworfen und die weltliche Herrschaft zu sich gerissen hat, also dass er auch Kaisern und Königen mit großem Übermut gebietet.)

Gott ist: Er wird es nicht achten, was Gott gebietet oder verbietet, oder was er zulasse, sondern was Gott verboten hat, das wird er zulassen und darin dispensieren, was aber Gott frei gelassen hat, das wird er verbieten. In der Summe er wird es in göttlichen und weltlichen Sachen alles anordnen, wie es ihm gefällt, allerdings als wenn er Gott wäre. [Diese Weissagung hat der Apostel Paulus also erklärt {2Thes 2}: Er ist ein Widerwärtiger und überhebt sich über alles, das Gott oder Gottesdienst heißt, also dass er sich setzt in den Tempel Gottes als ein Gott und gibt vor, er sei Gott. Denn der römische Papst hat unzählige Gesetze gestellt und ausgehen lassen, in denen er verbietet, als ob es ganz schreckliche Sünde wäre, was doch Gott hat wollen frei und zugelassen sein. Wiederum dispensiert und lässt er Heirat in der Blutsfreundschaft und Schwägerschaft zu, auch in solchem Grad, den Gott selbst nach dem Gesetz der Natur verboten hat. Ja er ordnet es alles in Religionssachen nach seinem Mutwillen, nicht anders, als ob Gott gestorben wäre und hätte er die Regierung Himmels und der Erde geerbt und also Gott selbst wäre].

Gräulich reden: Das ist: Er wird schreckliche Lästerungen ausstoßen, nicht allein mit Verkehrung der evangelischen reinen Lehre, sondern auch mit Anmaßung einer solchen Gewalt, der allein Gott dem Vater samt seinem eingeborenen Sohn Jesu Christo und dem Heiligen Geist gebührt. [Denn gleichwie Herodes als ein Gotteslästerer von dem Engel geschlagen wurde, weil er dem Zuschreien des Volkes (welches von seiner zierlichen Rede sagte, das ist nicht eines Menschen, sondern Gottes Stimme) nicht widersprochen {Apg 12}. Also werden auch richtig alle Lästerungen der päpstlichen Schmeichler, die sie von des Papstes übermäßiger Gewalt rühmen, dem Papst selbst zumessen. Denn wenn er sie sich nicht gefallen ließe, so sollte er solche Lästerungen mit dem öffentlichen Bann verdammen und verwerfen und mit höchstem Fleiß dagegen sein, dass man entweder dergleichen nichts sagte oder glaubte. In Maßen die Apostel Paulus und Barnabas mit großem Eifer den Leuten zu Lystra in Lycaonia widerstanden, da sie das Volk dort für Götter hielten und ihnen opfern wollte {Apg 14}. Lasst uns aber nur etliche päpstliche Gotteslästerungen vernehmen, damit die römischen Päpste sich ganz lieblich kitzeln und wollen die, so es von ihnen geredet, mit Namen hinzusetzen. Als der Papst ist ein allgemeiner Vater aller Gläubigen und aller Schäflein Christi, spricht Johannes de Turre Cremata. Der Papst hat ein Konsistorium oder Versammlung der Geistlichen mit Gott und einen Richtstuhl mit Christo. Also der Papst ist etwas Göttliches und gleichsam wie ein sichtbarer Gott auf der Erde: Ludovicus Gomesius. Dem Papst ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf der Erde. Also vom Papst kann man auch nicht zu Gott appellieren. Also der Papst kann etwas aus nichts machen. Also der Papst kann alles tun was Gott tut: Decius. Der Papst ist Gott: Felinus. Der Papst ist größer denn alle anderen Kreaturen und seine Macht erstreckt sich zu den Himmlischen, Irdischen und Höllischen: Antonius Florentinus. Der Papst kann die Form der Sakramente, wie sie von den Aposteln eingesetzt wurden ändern: Archidiaconus. Der Papst ist das Fundament des Glaubens, wie die Canones reden. Gott hat dem Papst alle Gesetze unterworfen und seiner Hoheit kann kein Gesetz auferlegt werden: Fortunius. Der Papst kann wider die Episteln des heiligen Apostels Paulus schließen: Caro lus Ruinus. Gott hat alles unter des Papsts Füße geworfen: Barbazia. Dem Papst ist niemand gleich, ohne allein Gott Augustinus Berojus. Der Papst ist der Bräutigam der ganzen Kirche: Johannes de Turre Cremata. Ja die päpstlichen Schmeichler reden den Papst bisweilen also an: Du bist der Priester und der große und der höchste Priester. Du bist der Fürst der Bischöfe und Erbe der Apostel: In dem Primat oder Vorzug der Abel: In der Regierung der Kasten Noah: Im Patriarchat Abraham: In der Ordnung Melchisedek: In der Würde Aaron: Im Ansehen Mose: Im Richteramt Samuel: Mit dem Eifer Elia. Mit der Holdseligkeit David: An der Macht Petrus: Mit der Salbung Christus. Solche gräulichen Gotteslästerungen, die der allerheiligsten Dreifaltigkeit zu Schmach gereichen, wissen die römischen Päpste wohl, dass sie von ihren Heuchlern und Schmeichlern in offenen Schriften sind vorgebracht worden und verdammen oder verwerfen sie doch nicht, sondern haben noch vielmehr ihre Lust und Wohlgefallen daran und verfolgen die mit Feuer und Schwert, welche dergleichen Gotteslästerungen widersprechen. Darum kann man dies alles, was hier vom Engel gesagt wird, nicht anders verstehen, denn dass es von dem römischen Antichristen geredet wurde, weil er solche lästerlichen Schmeichler mit Reichtum und Ehren begabt, die ihm so treulich gedient haben.)

Gelingen: Es wird der gotteslästerliche Tyrann Glück haben und an Macht und Ehren zunehmen.

Aus sei: Das ist: Bis dem gerechten göttlichem Zorn genug geschehe, der durch der Welt Undank erregt wurde.

Dauern soll: Wie lange es derPapst mit seiner Tyrannei und Bosheit treiben wird. [Denn weil die Wahrheit des Evangeliums in der Kirche aus der acht gelassen und dasWort Gottes, welches von den Aposteln und derselben frommen rechtschaffenen Nachkommen gepredigt, aus den Augen gesetzt wurde, hat Gott solche Verachtung seines Wortes gerochen, indem er die päpstliche Bosheit und Tyrannei aufkommen lassen, dass die Leute ein solches Wundertier als den römischen Antichristen für etwas Göttliches geehrt und gehalten, nachdem sie durch seine verführerische Gaukelei geblendet wurden. Davon der Apostel Paulus also spricht {2Thes 2}. Welches (Antichrist) Zukunft geschieht nach der Wirkung des Satans mit allerlei lügenhaften Kräften und Zeichen und Wundern. Wir sollen uns heutigentags auch hüten, dass wir durch unsere Undankbarkeit gegen dem Evangelium Christi Gott nicht erzürnen und er uns entweder wiederum unter das antichristliche Joch geraten oder in andere schreckliche Irrtümer fallen lasse.)

2. Und seiner Väter Gott wird er nicht achten; er wird weder Frauenliebe noch einiges Gottes achten, denn er wird sich wider alles aufwerfen.

Väter Gott: Er wird nach der rechten uralten Religion nichts fragen. [Denn es verlassen nicht nur die den wahren Gott, welche von dem einzigen Gott in drei Personen abweichen und die heidnischen Abgötter ehren, sondern es tun auch die, welche die rechte Weise, wie man den wahren Gott dienen soll, ändern und das ihnen vorgeschriebene Wort Gottes aus den Augen setzen. Wenn man nun die Artikel oder Hauptpunkte der prophetischen und apostolischen Lehre von der Sünde, von der Rechtfertigung, von guten Werken, von der Anrufung Gottes, von den Sakramenten, von weltlicher Obrigkeit, vom Ehestand und viele andere gegen die päpstlichen Satzungen und Dekrete hält, so wird sich es befinden, dass der römische Antichrist die alte Religion verlassen habe und wenig danach frage, was die Propheten oder Apostel (welcher er sich doch als seiner Vorfahren rühmt) geglaubt oder gelehrt haben. Darum auch der Antichrist den wahren Gott der Propheten und Apostel nicht achtet, noch sich viel mit ihm bekümmert. Dass ich davon nichts sage, wie er eine Anbetung der Bilder und Anrufung der Heiligen, welches freilich eine abscheuliche Abgötterei ist, in der Kirche eingeführt hat.)

Nach Luther: Alle andere Götter, auch seiner Vorfahren, Gott müsse nichts sein, aber sein eigener Gott, der soll es sein.

Frauenliebe: Der Antichrist wird zu der ehrlichen Liebe keine Lust haben, sondern seinen geistlichen Personen den Ehestand verbieten, daneben aber werden sie sich darum der Weiber nicht allerdings entäußerten, sondern in ungebührlicher, unzüchtiger und hurerische Liebe gegen ihnen entzündet werden und also Leib und Seele mit ihnen beflecken. Aber mit der ehelichen Liebe wird er nicht wollen, dass die seinen verknüpft werden, weil der Ehestand mancherlei Kreuz und Trübsal mit sich bringt.

Nach Luther: Er will sagen dass der Antichristen in dem unnatürlichen Laster schweben wird, damit die Gottes Verächter mit geplagt werden {Röm 1v27}. Dass man heißt welsche Hochzeit und stumme Sünde. Denn den Ehestand und rechte Liebe oder Brauch derWeiber soll er nicht haben. Wie es denn geht unter dem Papst und Türken aufs allergräulichste.

Wider alles: [Der Antichrist wird auch nicht nach denen fragen, welche der höchste Gott in dieser Welt zu Göttern, das istzu Fürsten und Obrigkeiten gesetzt hat, sondern wird auch über sie sein wollen. Denn der römische Antichrist zieht sich allen Fürsten, Königen und Kaisern vor, wie die nachfolgenden der Päpste und ihrer Heuchler Schriften bezeugen: Der Papst (spricht Baldus) ist aller Fürst und ein König der Könige. Also der Papst hat alle Menschen zu Untertanen. Innocentius: Dem römischen Papst ist alle menschliche Kreatur unterworfen. Bonifacius 8. Der Papst hat ohne Zweifel die Oberherrlichkeit zum Kaisertum und wenn das Kaisertum leer steht, so erbt er den Kaiser. Clemens 5. Der Papst kann sich dem Urteil der Konzilien oder des Kaisers oder irgendeines anderen nicht unterwerfen, denn er tat damit unserem Herrn Gott zu kurz. Jacobatius, allein der Papst kann die Kaiser ohne ein Konsilium absetzen. Innocentius 4. Es kann weder der Kaiser noch die ganze Welt über den Papst urteilen. Johannes de Anagnia, der Papst ist das Haupt der ganzen Welt. Cataldinusn der Kaiser soll dem Papst, wenn er auf dem Pferd sitzt den Steigbügel halten, wenn er auf Sessel geführt wird, den Sessel auf seinen Achseln tragen, wenn er die Hände waschen will, das Wasser aufgießen, das erste Essen dem Papst auf den Tisch tragen, wie im 1. Buch der Zeremonien steht. Also wie das Gold das Blei übertrifft, also wird die kaiserliche Würde von der päpstlichen übertroffen. Und gleichwie der Mond seinen Schein von der Sonne hat. Also ist die kaiserliche Würde vom Papst, wie Innocentius 3. dem Kaiser zu Konstantinopel zugeschrieben].

3. Aber an des statt wird er seinen Gott Mausim ehren; denn er wird einen Gott, davon seine Väter nichts wussten haben, ehren mit Gold, Silber, Edelstein und Kleinoden.

Mausim ehren: Das ist: [Der größte Gottesdienst unter dem Antichristen wird die Messe sein, welche am allerherrlichsten wird gehalten werden an Orten, die aufs köstlichste erbaut sind und viel mehr für Festungen als für Kirchen möchten angesehen werden. Denn Mausim heißen Festungen und lautet doch das Wörtlein an sich selbst der Messe nicht ungleich.Wird aber als von vielen geredet, anzuzeigen, dass der Messen nicht nur unzählige, sondern auch mancherlei Art derselben sein werden. Als die Messe von der dornene Krone, die Messe von den drei Nägeln, die Messe von der Vorhaut Christi, die Messe für die Schiffsleute, die Messe für die, so zu Pferd oder zu Fuß über Land reisen, die Messe für die Schwangeren, die Messe für die Gebärenden, die Messe für die Unfruchtbaren, die Messe für das dreitägliche oder viertägliche Fieber. Diesen Messegott haben seine Väter oder Vorfahren freilich nicht gewusst. Denn es haben weder Christus noch die Apostel die päpstliche Messe eingesetzt oder gehalten, sondern es haben die Apostel und derselben gottseligen Nachkommen das heilige Abendmahl gehalten, nach der Einsetzung Christi und solches nur mit der Erzählung des Vater unseres und der Wort der Stiftung wie Aeneas Syluius (welcher später in seinem Papsttum Pius der andere geheißen) und Platina bezeugen, wie wohl sie nach ihrer Art das Abendmahl des Herrn am selben Ort eine Messe nennen. Dass aber derselbe Messegott mit Gold, Silber, Edelstein und anderen köstlichen Sachen vom Antichristen geehrt werde, bezeugt der Handel genügend und augenscheinliches an sich selbst. Denn wenn jemand in eine Stiftskirche kommt, besonders da man auf ein vornehmes Fest Messe hält, so sieht man alles von Gold Silber und Edelstein schimmern und lauter königliche Pracht treiben].

4. Und wird denen, so ihm helfen stärken Mausim mit dem fremden Gott, den er erwählt hat, große Ehre tun und sie zu Herren machen über große Güter und ihnen das Land zu Lohn austeilen.

Nach Luther: Mausim heißt die Festungen oder Festen præsidia, wie man die Schlösser oder Städte Festen heißt und oben, im 11. Kapitel Daniel oft gebraucht. So heißt nun Gott Mausim, eigentlich einen Gott der Festungen.

Nach Luther: Ein schlechter Gott ist dieser Gott, der keine bessere andere Ehre hat den Gold und Silber.

Austeilen: [Denn der römische Antichrist gibt den Beschützern seiner Religion mit der Messe Ehre, Reichtum, Fürstentümer und anders. Daher es auch kommt, dass etliche von ganz geringem Tun zu Kardinälen werden und andere stattliche Ämter erlangen, dass sie auch das weltliche Regiment führen und über ganze Landschaften herrschen.)

5. Und am Ende wird sich der König gegen Mittag mit ihm stoßen; und der König gegen Mitternacht wird sich gegen ihn sträuben mit Wagen, Reitern und vielen Schiffen; und wird in die Länder fallen und verderben und durchziehen.

Mittag: [Dieser ist der König Christus, der alles Heil und Seligkeit mit sich bringt. Denn gleichwie in der Schrift gesagt wird, dass alles Unglück von Mitternacht herkomme, also bedeutet im Gegenteil der Mittag Glück und Heiligen. Hat deswegen Christus angefangen, durch etliche fromme und gottselige Männer dem römischen Antichristen zu widerstehen, zu Zeiten Kaiser Ludwigs des Bayern, welcher des römischen Papstes Johannis 22. Bann verachtet, den Papst abgesetzt und einen anderen an seine statt geordnet hat. Und gefunden, sich um denselben Kaiser gelehrte fromme und vortreffliche Männer, als Occam Bonagratia und andere, die wider den römischen Papst samt seiner Bosheit und Tyrannei ernstlich geschrieben haben. Von welcher Zeit an das Papsttum angefangen zu schwanken und hat an seinem Ansehen einen starken Stoß bekommen. Darauf in nachfolgender Zeit aufgetreten Johannes Hus, durch welchen Christus dem Antichristen noch härter zu gesetzt hat. Je mehr aber die päpstliche Majestät und Gewalt geschwächt wurden, je heftiger er gewütet und getobt und seine Tyrannei hat begehrt handzuhaben, wie aus dem, was später steht zu besehen].

Mitternacht: Nämlich der Antichrist (welcher hier ein König genannt wird) wird sein Kriegsheer zu Land und zu Wasser ausrüsten und mit bewaffneter Hand viele unter seine Gewalt bringen. Solche Kriegsheere aber und Waffen des römischen Papstes sind seine Botschaften und Gesandten, Legati â latere geheißen, die er an der Könige und Fürsten Höfen hält: Seine Ablassbriefe, damit die Welt betört wurde, der Bann blutige Edikt, Konzilen, Schmähschriften wider die reine Lehre des Evangeliums, die Inquisition oder Nachforschung über der Ketzer Bosheit und was dergleichen Geschmeiß mehr ist, dazu er noch grausame Verfolgungen hinten anhängt. Mit solchen Kriegsleuten und Waffen wurden viele überwunden, dass sie verführt betört und gestürzt, in die Verleugnung der Wahrheit fallen und in des Antichristen Irrtum und Bosheit verwirrt zugrunde gehen.)

6. Und wird in das werte Land fallen und viele werden umkommen. Diese aber werden seiner Hand entrinnen: Edom, Moab und die Erstlinge der Kinder Ammon.

Werte Land: Das ist: Er wird in der Kirche gräulich rumoren, welches durch das gelobte Land hier vorgebildet wird.

Edom Moab und: Edom hat den Namen von der Röte Moab, bedeutet vom Vater durch die Erstlinge, aber der Kinder Ammon, werden die Kinder des Volkes verstanden. [diese dreierlei Leute sind von der antichristlichen Bosheit befreit geblieben, dass sie nicht mit den anderen verloren, sondern von Gott besonders erhalten wurden, nämlich die Märtyrer, welche ihr Blut um der Wahrheit Christi willen wider des römischen Antichristen Abgötterei vergossen haben. Die sind rot vom Blut, darum sie Edomiter genannt werden. Danach die einfältigen Christen, welche aus Glauben dem himmlischen Vater anhangen und nicht auf die Heiligen noch auf ihr Verdienst, sondern auf ihres himmlischen Vaters Barmherzigkeit all ihr Vertrauen gesetzt haben. Solche werden Moabiter geheißen. Die dritten sind die Kinder, welche in der heiligen Taufe wiedergeboren und aus diesem Leben abgefordert wurden, ehe denn ihre Sinne von der papistischen Abgötterei Irrtum und Aberglauben befleckt wurden, diese heißen die Erstlinge der Kinder Ammon. Hatte also Gott auch mitten im Papsttum und in der aller größten Finsternis immer eine Kirche.)

7. Und er wird seine Macht in die Länder schicken und Ägypten wird ihm nicht entrinnen,

8. sondern er wird durch seinen Zug herrschen über die goldenen und silbernen Schätze und über alle Kleinode Ägyptens, Libyens und der Mohren.

Herrschen: Das ist: [Der Antichrist wird die allerreichsten Fürsten und Regenten, welche durch die Ägypten angedeutet werden, betören und durch seine Lügen und Betrügereien, ihre Güter zu sich reißen: In welchem Tun er auch derer nicht verschonen wird, die im mittleren Stande sind. Als da sind die reichsten Bürger und andere vortreffliche Leute, welche durch die Lybier verstanden werden, so der Ägypter Nachbarn gewesen. Ja, er wird auch das unachtsame gemeine Volk, so den Mohren verglichen wird, mit seiner Krämerei aussaugen. Wenn solches, da es durch den römischen Antichristen nicht alles erfüllt wurde, die Menschen leugnen wollten, so würden es doch die Steine reden.)

9. Es wird ihn aber ein Geschrei erschrecken von Morgen und Mitternacht; und er wird mit großem Grimm ausziehen, willens, viele zu vertilgen und zu verderben.

Morgen und: Das ist: [Die Predigt des Evangeliums, welche den geängstigten Gewissen ein angenehmes und liebliches Geschrei ist, wird dem Antichrist einen großen Schrecken einjagen und ihm sehr bange machen, welches Geschrei vom Morgen oder Aufgang her das ist, von oben und gleichsam vom Himmel herab gesandt aus Gottes unendlicher Barmherzigkeit unter den Menschen wird verkündigt werden. Fast eine gleiche Art zu reden, findet man von Christo {Lk 1}. Durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, durch welche uns besucht hat der Aufgang aus der Höhe. Es wird aber auch eben dasselbe Geschrei von Mitternacht herkommen, das ist, es wird durch solche Personen ausgebreitet werden, die vorzeiten auch unter des Königs gegen Mitternacht Gebiet, das ist unter des Antichristen Tyrannei, gelebt haben. Denn der teure Mann Gottes D. Luther heiliges Gedächtnis, durch welchen Gott das liebliche Geschrei des Evangeliums auskommen lassen und die Predigt seines göttlichen Wortes der Kirche wiederum zugestellt hat, ist zuerst nicht allein in der päpstlichen Finsternis gesteckt, wie andere mehr, sondern hatte auch den Mönchsorden angenommen, da er die Lehre des Evangeliums zu reinigen anfing. So liegt auch das Sachsenland, in dem er gelehrt, dem Lande Italien, darin der Papst seinen Sitz hat, gegen Mitternacht. Für diese hohe Guttat Gottes sollen wir Gott dem Herrn ewig Lob und Dank sagen. Und will uns auch gebühren, dass wir des Herrn D. Luthers als eines treuen Werkzeugs Gottes Gedächtnis dankbar erhalten. Daneben sollen wir uns erinnern, dass der Antichrist viel mehr durch das Geschrei und reine Predigt des Evangeliums als mit Waffen geschreckt und gestürzt werde.)

Verderben: Das ist: Der römische Antichrist wird die Lehre des Evangeliums mit großer Unsinnigkeit verlästern verfluchen und verbannen und mit seinen Rat- und Anschlägen diejenigen zu vertilgen begehren, welche sich zur Lehre des Evangeliums bekennen, obwohl es ihm nicht allerdings nach seinem Wunsch vonstattengehen wird. Dass aber dergleichen blutige Anschläge von den römischen Päpsten nun viele Jahre her gemacht worden, bezeugen die verderblichen Kriege, so sie erregt und die unzähligen Morde und Totschläger der unschuldigen Leute, die sie verursacht haben.)

10. Und er wird das Zelt seines Palastes aufschlagen zwischen zwei Meeren um den werten heiligen Berg, bis mit ihm ein Ende werde; und niemand wird ihm helfen.

Zwei Meeren: Mit diesen Worten deutet der Engel gleichsam mit Fingern auf den Sitz des Antichrist. Denn die Stadt Rom liegt zwischen zwei Meeren, als dem Adriatischen und Tyrrhenischen. Und wird die Stadt Rom dem werten oder heiligen Berge Zion verglichen, weil der Apostel Paulus da vorzeiten eine heilige Kirche durch die Predigt des Evangeliums gepflanzt hat, welche auch von wegen vieler Märtyrer Bekenntnisse und Standhaftigkeit in der allerschmerzlichsten Pein berühmt gewesen. [Es nennt aber der Engel den päpstlichen Sitz ein Zelt, weil derselbe auf ein Zeit in Frankreich gen Auignon verrückt wurden, gleichwie man ein Zelt von einem Ort zum anderen führen kann.)

Ende werde: [Denn endlich, wenn der Sohn Gottes in seiner letzten Zukunft dem Antichristen den ganz ausmachen wird, wird ihm niemand helfen können. So wird er auch heutigentags mit dem Geiste des Mundes Christi, nämlich mit der Predigt des Evangeliums bestritten und überstritten, dass ihn keine weltliche Gewalt noch der päpstlichen Heuchler heftige und giftige Schreiben wider die reine Lehre genügend schützen und bei seiner Würde erhalten können, sondern es fällt sein Ansehen in der Auserwählten Herzen ganz und gar darnieder.)


Das 13. Kapitel

1. Zur selbigen Zeit wird der große Fürst Michael, der für dein Volk steht, sich aufmachen. Denn es wird eine solche trübselige Zeit sein, als sie nicht gewesen ist, seit dass Leute gewesen sind, bis auf die selbige Zeit. Zur selbigen Zeit wird dein Volk errettet werden, alle, die im Buch geschrieben stehen.

Zeit: Wenn nämlich der Antichrist in der Kirche Gottes sitzt und die selbige mit seinen Dekreten und gottlosen Menschensatzungen in ihrem Gewissen plagen und martern wird.

Steht: Der für die Kirche Gottes immer seine fleißige Fürsorge trägt, der wird sich rüsten, seine Kirche zu schützen und zu erhalten. [Man muss aber durch den Namen Michael an diesem Ort den Sohn Gottes verstehen. Welcher zu Zeiten ein Engel genannt wird, nicht dass er eine engelische Natur habe und eine Kreatur sei, sondern dass er eines Engels oder Gesandten Amt führt, seine Kirche zu schützen. Und gleichwie Christus von dem Propheten Hesekiel David genannt wird von wegen seines königlichen Amtes, da doch sonst der König David Christo keineswegs soll gleich geachtet werden. Also wird er an diesem Ort genannt Michael, weil er des Erzengels Michael, von dem wir oben gehört, Amt verrichtet, in Handhabung seiner Kirche, obwohl Christus so viel höher und über alle Engel ist, dass er auch von allen Engeln angebetet wird {Hebr 1}. Dieser große Fürst, von dem auch (Jesaja, Kapitel 9) redet, hat zu unseren jetzigen letzten Zeiten seine Kirche, die mit des Antichristen Tyrannei jämmerlich bedrückt wurde, mit Gnaden angesehen, dass er ihr das Evangelium gesandt und die himmlische Lehre rein gelassen an den Tag bringe].

Denn: Der Engel zeigt in den folgenden Worten an, wie nötig die Wiedererstattung der reinen Lehre gewesen, weil unter dem Antichristen die Kirche in großem Jammer geschwebt und gelebt.

Zeit: [Dies muss man aber nicht von den äußerlichen und leiblichen Trübsalen verstehen, sondern von der großen und henkermäßigen Marter der Gewissen, die unter dem Papsttum gewesen ist. Denn damit, dass der römische Antichrist die armen Gewissen gezwungen, mit Bedrohung der ewigen Verdammnis die Menschensatzungen aufs genaueste zu halten und die pünktliche Erzählung aller Sünden in der Beichte bei Meldung gleicher Strafe fordert, auch mit eigenen Verdiensten und von ihm erdichten und aufgelegten guten Werken die Sünden zu büßen aufs ernstlichste geboten. Daneben aber die Guttat und Kraft des Leidens und Genugtuung Christi vor den armen Seelen verborgen. Und die Sterbenden mit der Furcht des Fegefeuers geschreckt und verzagt gemacht, ist nicht auszusprechen, wie gräulich und jämmerlich er die elenden Gewissen gemartert hat. Von solcher mehr denn tyrannischen Peinigung der Gewissen werden aus der besonderen Gnade Gottes alle diejenigen heutigentags erlöst, welche das Evangelium Christi mit Ernst annehmen].

Geschrieben: Das ist: [Die Auserwählten, so durch das Predigtamt im Glauben der Kirche Gottes einverleibt sind, werden durch das Evangelium Christi erhalten werden. Denn das heißt im Buch des Lebens geschrieben stehen. Die anderen aber, welche die Lehre des Evangeliums verachten, werden durch ihre eigene Schuld ewig verderben. Damit denn zu verstehen gegeben wird, dass dennoch ihrer viele unter der päpstlichen Bosheit und Tyrannei zugrunde gehen werben].

2. Und viele, so unter der Erde schlafend liegen, werden aufwachen, etliche zum ewigen Leben, etliche zur ewigen Schmach und Schande.

Viele: [Weil von dieser letzten Reformation der Kirche das Ende der Welt nicht weit sein wird, so schreitet der Engel zugleich zur letzten Zukunft Christi und verkündigt die Auferstehung der Toten. Er sagt aber, dass viele aufwachen werden, nicht der Meinung, dass nicht alle Toten wiederauferstehen würden, sondern weil wir nicht alle sterben werden, wie Paulus spricht {1Thes 4}: Das sagen wir euch, als ein Wort des Herrn, dass wir, die wir leben und übergeblieben, in der Zukunft des Herrn, werden denen nicht vorkommen, die da schlafen. Und {1Kor 15}: Siehe, ich sage euch ein Geheimnis, wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden].

Ewigen Leben: [Dass sie der himmlischen Freude in Ewigkeit teilhaftig sein werden].

Schande: Dass sie werden vor Gott und allen Engeln und Heiligen mit höchster Schande und Schmach stehen und zur ewigen Pein verdammt werden. [Diese Worte erklärt Christus {Mt 25}. Und sie (die Gottlosen) werden in die ewige Pein gehen. Aber die Gerechten in das ewige Leben].

3. Die Lehrer aber werden leuchten wie des Himmels Glanz und die, so viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewig.

Lehrer: Welche mit besonderen Gaben des Heiligen Geistes geziert gewesen und ihr ihnen vertrautes Pfund zur Ehre Gottes und der Kirche Nutzen wohl angewandt haben.

Weisen: Dass sie die wahre Gerechtigkeit des Glaubens lehren und wie darauf ein gerechtes und gottseliges Leben erfolgen müsse, auch ihren Zuhörern mit gutem Exempel vorgehen.

Sterne: [Denn obwohl alle, die an Christus glauben, die ewige Freude und Seligkeit erlangen werden, so wird dennoch unter den Auserwählten und Seligen etlichermaßen ein Unterschied sein der Herrlichkeit halben im anderen Leben, wie auch der Apostel Paulus bezeugt {1Kor 15}, da er sagt: Denn ein Stern übertrifft den anderen nach der Klarheit. Also auch die Auferstehung der Toten. Darum sollen fromme Kirchendiener und gottselige Regenten keine Arbeit sich verdrießen lassen, die sie zu der Ehre Gottes und der Kirche Wohlfahrt anwenden, weil alle ihre Mühe im ewigen Leben ihnen reichlich wird belohnt werden].

4. Und nun, Daniel, verbirg diese Worte und versiegele diese Schrift bis auf die letzte Zeit, so werden viele darüber kommen und großen Verstand finden.

Verbirg: Das ist: Zeichne sie fleißig auf und schreibe sie in ein Buch. Jedoch werden sie nichtsdestoweniger verborgen bleiben als ein zugeschlossenes Buch oder versiegelter Brief.

Letzte Zeit: Da es mit der Tat wird erfüllt werden, als denn wird man es verstehen.

Kommen: Dass sie solche heimlichen Dinge erforschen mögen.

Finden: Wenn sie sich darauf legen werden, dass sie deine Schriften lesen, so werden sie die Erklärung großer Geheimnisse darin finden. [Denn die Weissagungen werden allererst dann zumal eigentlich und vollkommen verstanden, wenn sie ihre Erfüllung erlangt. Als denn bestätigen sie unseren Glauben entweder in gegenwärtigen oder vergangenen Sachen, wenn man die göttlichen Weissagungen dem Ausgang derselben recht entgegenhält und empfindet, dass sie wohl miteinander eintreffen].

5. Und ich, Daniel, sah und siehe, es standen zwei andere da, einer an diesem Ufer des Wassers, der andere an jenem Ufer.

Andere: So ohne Zweifel auch Engel gewesen, obwohl ihre Namen nicht gesetzt werden.

6. Und er sprach zu dem in leinenen Kleidern, der oben am Wasser stand: Wann will es denn ein Ende sein mit solchen Wundern?

Wasser: Welches die Tiger gewesen, wie oben auch gemeldet.

Ende sein: Wie lange werden solche großen Trübsale der Kirche währen, über welcher Erzählung auch wir Engel uns entsetzen? [Denn die Engel haben ein Mitleiden mit der Kirche, wenn sie in Trübsal und Nöten steckt und seufzen um ihre Erlösung].

7. Und ich hörte zu dem in leinenen Kleidern, der oben am Wasser stand; und er hob seine rechte und linke Hand auf gen Himmel und schwur bei dem, so ewig lebt, dass es eine Zeit und etliche Zeiten und eine halbe Zeit dauern soll; und wenn die Zerstreuung des heiligen Volkes ein Ende hat, soll solches alles geschehen.

Hand auf: Wie die zu tun pflegen, welche einen Eid schwören wollen: Zu mehr Bestätigung aber seiner Sachen hat er beide Hände zugleich aufgehoben.

Halbe Zeit: Das ist, es wird solcher Jammer viereinhalb Jahre dauern, also dass eine Zeit für ein Jahr, etliche Zeit für zwei Jahre und eine halbe Zeit für ein halbes Jahr genommen werde. Solche Jahre aber muss man also rechnen, dass ein jeder Tag in denselben Jahren ein besonderes Jahr mache, also dass diese Zeit tausendzweihundert und etliche Jahre anlaufen würde. Und halte ich es dafür, dass diese Jahre von der Zeit müssen zu zählen angefangen werden, da die römischen Päpste angefangen haben, die göttliche Lehre zu verfälschen und die Abgötterei in der Kirche Gottes einzuführen und ihre Tyrannei zu üben, welches bereits viele Jahre zuvor geschehen, ehe denn der Kaisermörder Phocas dem römischen Papst den Titel eines allgemeinen Bischofs bestätigt hat, und bin ich der Meinung, dass das Ende dieser Jahre in die Zeit eintreffen werde, wenn das römische Papsttum auch leiblich wird zugrunde gerichtet werden, ob es wohl in etlicher Herzen heimlich bleiben wird bis am Jüngsten Tag.

Geschehen: Das ist, das Volk Gottes muss zuvor durch Christus in den Schafstall Gottes mit der Predigt des Evangeliums gesammelt werden, ehe denn solches geschehe. Denn die rechte Wiederkunft aus der Babylonischen Gefangenschaft ist geschehen, nicht da die Israeliten unter dem Könige Kores wieder ins jüdische Land gekommen, sondern da Christus mit seinem Evangelium die verlorenen Schafe des Hauses Israel gesucht und in die himmlische Stadt, nämlich in die Kirche wiedergebracht hat.

8. Und ich hörte es: Aber ich verstand es nicht und sprach: Mein Herr, was wird danach werden?

Hört es: Dass der Engel von so wichtigen Sachen redete.

Verstand es nicht: Was damit gemeint wurde und welches der Anfang oder das Ende solcher Sachen sein würden.

Danach werden: Wenn dies alles geschehen ist, was hat man danach weiter zu erwarten.

9. Er aber sprach: Gehe hin, Daniel; denn es ist verborgen und versiegelt bis auf die letzte Zeit.

Gehe hin: Sei damit vergnügt, was dir bisher geoffenbart wurde.

Letzte Zeit: Das ist, Gott will nicht, dass dies alles bald verstanden werde, sondern alsdann allererst, wenn es schier wird erfüllt sein. [Sollen deswegen wir nicht begehren zu wissen oder zu erforschen, was Gott will für uns verborgen haben].

10. Viele werden gereinigt, geläutert und bewährt werden; und die Gottlosen werden gottloses Wesen führen und die Gottlosen werden es nicht achten; aber die Verständigen werden es achten.

Bewährt: Das ist: [Unterdes, bis solche Zeit kommt, wird die Kirche mit vielen Trübsalen schwer geplagt und werden die Auserwählten durch Kreuz und Trübsal bewährt werden, wie das Feuer, ob sie beim wahren Glauben beständig beharren wollen oder nicht? Unter solcher Trübsal aber wird der alte Adam in den frommen Menschen sehr getötet, dass sie von den Gelüsten des Fleisches abgehalten werden].

Nach Luther: Die Gottlosen fahren fort und bleiben, wie sie sind und kehren sich nichts daran. Das soll aber niemand ärgern.

Wesen führen: Das ist: [Die gottlosen Leute werde in großer fleischlicher Sicherheit leben und dieses Geheimnis nicht achten noch verstehen oder daran denken, was Gott damit meine, dass er die Kirche so vielem Unheil lässt unterworfen sein, sondern sie werden sich der Wollust ergeben und ihrer Schanze in zeitlichen Sachen wahrnehmen. Welche aber in heiliger Schrift unterwiesen wurden und dieselbe zu lernen und zu verstehen in der Gottseligkeit sich bemühen, die werden diese Dinge verstehen, wenn sie erfüllt wurden und sie den Ausgang gegen die Weissagungen halten werden, da sich denn eine herrliche Vergleichung und Übereinstimmung befinden wird. So werden sie auch spüren, dass Gott seine Kirche nicht betrübe, sie zu verderben, sondern dass er sie reinige. Was aber sichere und rohlose Herzen sind, die achten weder auf die Weissagungen noch auf die wunderbare Regierung der Kirche, sondern vertiefen sich in den Händeln und Wollüsten dieser Welt so ganz, als ob kein anderes Leben nach diesem folgen würde].

11. Und von der Zeit an, wenn das tägliche Opfer abgetan und ein Gräuel der Wüstung dar gesetzt wird, sind tausendzweihundert und neunzig Tage:

Und: Jetzt schreitet der Engel noch näher hinzu zur Bestimmung der Zeit, da des Antichristen Tyrannei soll gestürzt werden.

Gräuel: Das ist: Von der Zeit an, da der Gottesdienst im Christentum wird gefälscht und die Abgötterei in der Kirche eingeführt werden, bis zum letzte Fall des Antichristen sind so viele Tage, 1290.

12. Wohl dem, der da erwartet und erreicht tausenddreihundert und fünfunddreißig Tage!

Erreicht: Denn da wird die Zukunft Jesu Christi vorhanden sein und wird der ein seliger Mensch sein, welcher im Glauben, Hoffnung und Liebe seine Zukunft mit Freuden zur selben Zeit erwartet. [Denn welche die Zukunft Christi lieb haben, die werden mit ihm ins Himmelreich eingehen. So viel aber die Zeit der Zukunft Christi betrifft, halt ich es dafür, dass der Engel mit Fleiß von der Sache also geredet habe, damit man keine gewisse Zeit eigentlich haben könne, von welcher man die Tage zu zählen anfangen möchte. Denn Gott will, dass die Zeit des Jüngsten Tages ungewiss bleibe, auf dass wir alle Zeit bereit sind und doch daneben unzweifelhaft glauben, dass Christus gewisslich kommen werde, zu richten die Lebendigen und die Toten]. Wenn man auch die Zeit der Tyrannei Antiochi, so oben Kapitel 8 bestimmt wird, gegen dieser Weissagung von der Wehrung der antichristlichen Tyrannei hält, so befindet sich der Jahre und Tage eine große Gleichheit.

13. Du aber, Daniel, gehe hin, bis das Ende komme und ruhe, dass du aufstehst in deinem Teil am Ende der Tage!

Der Tage: Du, mein lieber Daniel, wirst nicht so lange leben, bis dies alles geschehe, sondern wirst sterben und mit dem Leibe in der Erde ruhen bis an der Welt Ende, da wirst du am Jüngsten Tage auferweckt werden, auf dass du empfängst die himmlische Erbschaft und Herrlichkeit, welche Gott dir zubereitet und verordnet hat. [Denn wenn wir in wahrem Glauben an Christus von hinnen scheiden, so ist uns beigelegt die Krone der Gerechtigkeit, welche uns Gott geben wird, der gerechte Richter, an jenem Tage, nicht allein aber uns, sondern auch denen, die seine Erscheinung lieb haben {2Tim 4}. Welchem einzigen wahren Gott in drei Personen sei Lob, Ehre und Preis in alle Ewigkeit, Amen].