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Predigten zu Johannes 15,2

"Jede Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, die nimmt er weg; und jede, die Frucht bringt, die reinigt er, auf dass sie mehr Frucht bringe."

Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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"Jedes fruchtbare [Schoss] aber reinigt er, damit es mehr Frucht bringe."

Hier wird gelehrt, dass das Gereinigtwerden das Los aller Heiligen ist, die Frucht bringen. Du magst dem entgehen, wenn du nicht fruchtbar bist; denn dann wirst du einfach abgeschnitten und nicht gereinigt.

Beachte die Erzväter! Hatten diese Patriarchen nicht ihre Prüfungen? Obgleich sie ihren Herrn sehr ehrten, entgingen sie doch nicht dem reinigenden Messer. Und wenn du zu den Heiligen des Neuen Testaments kommst, so war die Flamme für sie siebenmal heißer als für ihre "älteren Brüder".

Im allgemeinen wird gesagt, dass der Herr sein Volk durch Not und Anfechtung reinigt. Ich bezweifle, dass man dies ohne weiteres sagen kann. Unser Herr sagt uns, was uns reinigt. "Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe." Es ist das Wort Gottes, durch den Heiligen Geist lebendig und wirksam gemacht, das den Christen reinigt. Die Anfechtung macht uns bereit, auf das Wort zu hören, aber das wahrhaft Reinigende ist das Wort in der Hand des großen Weingärtners.

"Jedes fruchtbare Schoss aber reinigt er." Gerade die Rebe, die nützlich ist, wird behandelt. Lerne in deiner Prüfung, in deinen Schmerzen, nicht einen zornigen Gott zu sehen, sondern statt dessen den Weingärtner, der in dir eine gute Rebe sieht, die er für so wertvoll hält, dass er sich die Mühe macht, dich zu reinigen.

Der Zweck der Reinigung ist, dass mehr Frucht gebracht wird. Der Mann, der das Messer des Weingärtners gespürt hat, geht in der Kraft des Heiligen Geistes ans Werk, um mehr für Jesus zu tun. Bevor er unter das "Messer" kam, wusste er nicht, was Geduld ist; nun aber hat er es gelernt. Eine schwere Lektion. Bevor er arm wurde, wusste er nicht, was Demut ist; aber er lernte es.

Wenn das die Folge der Reinigung ist, dann möge unser himmlischer Vater mit der Reinigung fortfahren; denn was könnte für uns segensreicher sein, als mehr Frucht für Gott zu bringen?


Autor: Watchman Nee (* 04.11.1903; † 30.05.1972) chinesischer Prediger
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"Jede Rebe, die Frucht trägt, die säubert er, damit sie mehr Frucht trage."

Alle möglichen Arten von Training zielen heute darauf ab, die Seele des natürlichen Menschen zu entwickeln, ihn selbständig, stolz, schlagfertig, selbstbewusst zu machen. Man liebt heute Männer, die andere ausstechen können. Das Training bereitet sie also so zu, dass der Satan sie als Werkzeuge gebrauchen kann, es verrichtet die Arbeit, die normalerweise der Teufel selbst tut. Was Gott an dir und mir tut, ist anders; es gleicht der Arbeit des Winzers, der die zu üppigen Triebe der Weinstöcke ausputzt. Das vorzeitige Wachstum in unseren Seelen muss eingedämmt und behandelt werden. Gott muss es wegschneiden. Auf der einen Seite will er uns dorthin bringen, dass wir ganz aus der Kraft seines Sohnes leben, die uns bei der Wiedergeburt eingepflanzt worden ist. Andererseits arbeitet er unmittelbar an unseren Herzen, um den Grundstock unserer natürlichen Gaben, der vor allem anderen zu Adams Sünde führte, zu schwächen. Tagtäglich haben wir diese zwei Dinge zu lernen: das Leben Christi in uns muss hochgebracht, jenes andere, das natürliche, zurückgedrängt und dem Tod überliefert werden. So stehen wir in den Augen der Welt als schwache, unwissende Menschen da, die oft zugeben müssen: "Ich weiss es nicht - aber er weiss es, und das genügt." Möge Gott uns von der heutigen anmassenden Selbstüberschätzung befreien!


Autor: Hermann Friedrich Kohlbrügge (* 15.08.1803; † 05.03.1875) niederländischer reformierter Theologe

Der rechtschaffene Glaube sieht lediglich auf Christum, was er ist, was er getan, gelitten und erworben hat; er sieht von Christo auf Gott, wozu Gott seinen Sohn zum Christus und Herrn uns gegeben hat; und wie dieser Glaube auf Gott und Christum sieht, so hat er keinen toten Gott oder toten Christum zum Gegenstand seines Vertrauens, sondern einen lebendigen. Er nun, der lebt, gibt das Leben, ist tätig in den Glaubenden mit dem Geist der Heiligung und macht sie tätig im Werk durch diesen Geist. Wo er aber tätig ist und tätig macht, da sieht es nicht mit einem Mal so aus, als wäre ein vollkommenes Tun, eine vollkommene Heiligkeit da, sondern das Tätigsein Gottes und Christi ist ein Tätigsein in Gnaden, und das Tätigsein des Gläubigen besteht darin, unaufhörlich zu empfangen und zu nehmen aus der Fülle Christi Gnade um Gnade. Wäre alles Tun mit einem Mal hienieden heilig und vollkommen, so würde das einen Stillstand verursachen, welcher dem Tode gleich wäre. Nun ist aber das Widerspiel vorhanden, ohne Aufhören und bis an die letzte Lebensstunde; und es besteht das Tätigsein Gottes und Christi, wie auch das Tätigsein des Gläubigen durch den Geist der Heiligung eben darin, in der Gnade, welche in Christo Jesu ist, stark zu werden, um im Glauben Christi über das stete Widerspiel hinweg oder durch dasselbe hindurch zu kommen. Das Widerspiel soll nicht den Sieg davontragen, sondern der Glaube.

Der Glaube bricht durch Stahl und Stein
und kann die Allmacht fassen;
er wirket alles und allein,
wenn wir ihn walten lassen.
Wenn einer nichts als glauben kann,
so kann er alles machen;
der Erde Kräfte sieht er an
als ganz geringe Sachen.


Autor: Hermann Friedrich Kohlbrügge (* 15.08.1803; † 05.03.1875) niederländischer reformierter Theologe

Der rechtschaffene Glaube sieht lediglich auf Christum, was er ist, was er getan, gelitten und erworben hat; er sieht von Christo auf Gott, wozu Gott seinen Sohn zum Christus und Herrn uns gegeben hat. Nun ist aber das Widerspiel vorhanden ohne Aufhören und bis an die letzte Lebensstunde. Es soll aber nicht den Sieg davon tragen, sondern der Glaube.

Damit der Glaube den Sieg davongetragen habe, wird uns nicht ein Heiligwerden gepredigt, wonach auf das Werden das Sein folgt, als machten wir uns heilig durch unsere Werke, sondern es wird uns ein Heiligsein gepredigt ohne Rücksicht auf unsere Werke, auf dass aus dem Sein das Werden hervorgehe. – Erst der Baum, dann die Frucht. Der den Baum geschaffen, schafft auch die Frucht, dass sie aus dem Baum durch dessen Saft als von selbst hervorgehe, lustig und prächtig; da ist nichts, was von außen die Frucht macht, sondern sie geht hervor aus innerem Drang der Fruchtbarkeit des Baumes, und es kommt erst Knospe und Blüte, sodann die Frucht, klein und unansehnlich, und gedeiht bis zur völligen Reife, durch das Widerspiel und allerlei Anfechtung hindurch.

So verhält es sich mit der Heiligung des Geistes. Sie ist da, wenn nicht, so ist der völlige Tod da. Ist sie aber da, so wird es an den Tag kommen; das Wort Christi treibt die Frucht heraus und hervor, nicht aus dem Menschen, sondern aus Christo durch seinen Geist in den Menschen hinein, und macht den Menschen so tätig, wie der Baum tätig ist, nicht durch sich selbst, sondern durch den innern Drang, welcher in dem Baume ist.

Ach, komm in deinen Garten dann;
ich will dir bringen, was ich kann,
was du mir erst gegeben.
Willst du noch mehr, so gib es mir,
ich will es wiederbringen dir;
der Weinstock gibt den Reben
Kräfte, Säfte,
die von innen Raum gewinnen, aufwärts dringen,
dass sie reife Früchte bringen.


Autor: Carl Olof Rosenius (* 03.02.1816; † 24.02.1868) schwedischer Laienprediger und Initiator einer neuevangelischen schwedischen Erweckungsbewegung

"Eine jegliche Rebe an Mir, die nicht Frucht bringt, wird Er wegnehmen; und eine jegliche, die da Frucht bringt, wird Er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe."

Hier redet Christus von einigen Reben an Sich, die nicht Frucht bringen und darum weggenommen - ja, weggeworfen werden, verdorren und verbrennen sollen. Das sind schreckliche Worte, gesprochen von dem milden Herrn, zumal Er sie Reben an Sich nennt! Was mag Er wohl damit meinen? Wenn Er sie hier Reben an Sich nennt, dann bedeutet das gewiss nicht, dass jemand wirklich und rechtschaffen durch den Glauben in Ihm sein und bleiben und danach unfruchtbar sein und verworfen werden kann. Denn Er sagt gleich darauf: "Wer in Mir bleibt und Ich in ihm, der bringt viele Frucht!" Vielmehr will der Herr mit den Worten "Reben an Mir" fein und scharf ausdrücken, welche Ähnlichkeit zwischen den wahren Kindern und den Bastarden bestehen kann, wieviel Religiosität, Bekenntnis und äußere Gemeinschaft auch ein Mensch, der das wahre Leben, den Saft und die Kraft aus Ihm nicht hat, doch mit Ihm und den wahren Christen haben kann, was sich durch die Früchte beweisen würde. Danach ist sowohl der Inhalt als auch die Redeweise die gleiche, als wenn der Herr von den "Jungfrauen" redet, "welche ausziehen dem Bräutigam entgegen, von denen aber die Hälfte töricht ist, kein Öl hat und auf ewig ausgeschlossen wird." - Und zum Engel zu Sardes sagt der Herr: "Du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot." Lasst uns jetzt die Worte des Herrn Christus betrachten! Er sagt von den rechten, guten Reben, von denen, die da Frucht bringen, dass der Weingärtner sie reinige, d.h., sie beschneidet, züchtet und biegt, bei ihnen das entfernt, was ihren Wuchs hindert. Er lässt sie nicht nach ihrem eigenen Gefallen wachsen. Die Reben aber, die keine Frucht bringen, entgehen dem Messer des Weingärtners, sie dürfen ruhig ungestraft, ungereinigt bleiben, denn - sie sollen doch nur brennen. Ihre auszeichnenden Merkmale sind demnach erstens, dass sie nicht Frucht bringen, zweitens, dass sie nicht vom Weingärtner gezüchtet und gereinigt werden, sondern frei nach ihrem Belieben wachsen dürfen.

Hier hätte nun wohl ein jeder Anlass genug, stillzuhalten und seinen Zustand zu prüfen, sich mit Furcht und Aufrichtigkeit gegen sich selbst nach solchen Worten Christi zu prüfen. Es wird sich aber bewahrheiten, dass das Messer des Weingärtners nicht die falschen, sondern nur die guten Reben trifft, so dass "die, so sich fürchten sollten, die fürchten sich nicht, wiederum die, so sich nicht fürchten sollten, die fürchten sich" (Luther). Es wird bei manchem sogleich ein bedenkliches Zeichen sein, wenn er sich unmöglich fürchten oder sich auch nur einen einzigen Augenblick ernstlich prüfen kann. Vielmehr wird er infolge seines ruhigen Gefühles, seiner alten Frömmigkeit und Religiosität, so sicher und mit sich zufrieden sein, dass Christi Worte wie ein leichter Wind an ihm vorbeifliegen werden. O, dass doch "der glückliche Augenblick" jetzt für jemanden da wäre, der Augenblick, wo es ihm gegeben würde, zu sehen, "was ihm noch fehlt", um von seinem heimlichen Tod und von seiner falschen Geistlichkeit zu erwachen!

Du hoffst, dass du ein Christ bist, dass du im Glauben stehst und die Gnade Gottes hast. Du hast vielleicht einen solchen Frieden in deinem Gefühl, eine solche Zuversicht im Gebet, eine solche Liebe zum Wort Gottes, so viele Beweise der Liebe Gottes, dass du unmöglich anders meinen kannst, als dass du in Seiner Gnade bist. Ja, du denkst vielleicht mit Freimütigkeit: "Ich bin ja lange einer unter den Christen gewesen, bin schon lange von der Welt ausgegangen, ja, habe wegen meiner Gottesfurcht Schmach erlitten; ich habe für Christi Sache gekämpft und religiöse Wirksamkeit gehabt - jedermann weiss, dass ich ein Christ bin." Nun, das sind sicher gute Sachen, viele Tausende können solches nicht vorweisen; aber, mein Lieber, das beweist noch nicht, dass du damit auch ein lebendiger, wahrer Christ bist. Die Ähnlichkeit zwischen den echten und den unechten Reben, zwischen den klugen und den törichten Jungfrauen ist so groß, dass du bei alledem betrogen sein kannst. Prüfe dich deshalb in der Weise, die das Wort lehrt! Christi Worte an dieser Stelle und alle Worte Gottes fordern unausgesetzt, dass der Glaube seine Echtheit durch die Früchte beweisen soll, die ihm folgen. Zwar ist auch ein Christ schwach, mangelhaft, sündenvoll; zwar ist die Gnade groß, unverdient, mächtig, das ist keine Frage. Es gibt aber doch bestimmte Wirkungen und Früchte, die der Glaube, der Geist und die Neugeburt selbst bei den schwächsten Gnadenkindern stets mit sich bringen. Von diesen Früchten und Wirkungen ist jetzt die Rede. Hier denkst du vielleicht an einige gute Werke, die du ausübst, einige Sünden, die du abgelegt hast, einige geistliche Fähigkeiten, eine gewisse religiöse Wirksamkeit, die du hast, und meinst nun, dass dieses von deinem Glaubensleben zeugt. Untersuche aber dabei, ob auch die Schrift es damit bewenden lässt. Bei Mt. 7, 22 sagt der Herr: "Es werden viele zu Mir sagen an jenem Tage: Herr, Herr, haben wir nicht in Deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in Deinem Namen Teufel ausgetrieben? Haben wir nicht in Deinem Namen viele Taten getan? Dann werde Ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie erkannt; weichet alle von Mir, ihr Übeltäter!"

Wer nicht der Sünde Greu'l erkennt, Glaubt auch im Herzen kein Versöhnen; Und wenn er einen Heiland nennt, Geschieht es nur in Heucheltönen. Er rühmt zwar einen großen Sieg, Doch leugnet er den Feind und Krieg. Der ewigen Erlösung Gründe Find't man im Überschwang der Sünde.


Autor: Dora Rappard (* 01.09.1842; † 10.10.1923) Schweizer Missionarin und evangelische Kirchenlieddichterin

"Eine jegliche Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, wird er wegnehmen. Und eine jegliche, die da Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe."

Unser heutiges Wort soll uns zwei Wahrheiten einprägen. Die erste ist die, dass es nicht nur gut und heilsam ist, Früchte des Geistes zu bringen, sondern dass es eine unerlässliche Bedingung ist zu unserem ewigen Heil. Denn wo keine Frucht ist, ist kein Leben. Beachten wir, dass es nicht heißt: Wer böse Früchte bringt, wird abgehauen, sondern: Wer keine Frucht bringt (siehe auch Mt. 3, 10). Wer gleichgültig dahinlebt, ohne etwas besonders Böses zu tun, aber ohne Glauben, ohne Liebe, ohne den Heiligen Geist, der ist in Gefahr des ewigen Feuers, der schrecklichen Gottferne. O prüfen wir uns im Spiegel dieses Wortes! "Weggenommen", "abgehauen" zu werden von der Wurzel und Quelle des Lebens und der Seligkeit, muss etwas Entsetzliches sein. Die andere Wahrheit soll uns Mut und Trost einflössen. Vielleicht sprossen die Früchte des Geistes nur spärlich an unserem Glaubensbaum hervor. Aber der Herr anerkennt auch dies Geringe, und in großer Treue reinigt er seine Reben, damit sie mehr Frucht bringen. Hier ist auch eine Antwort auf das große Problem des Leidens.

O Weinstock, für und für Lass bleiben mich in Dir, Damit ich bringe süsse, reife Frucht!


Autor: Ludwig Hofacker (* 15.04.1798; † 18.11.1828) deutscher evangelischer Pfarrer
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Es ist gegenwärtig Herbst, und man sammelt die Trauben. Wenn nun der Herr einst bei uns Herbst halten wird, wenn auch wir einst geschnitten und in seine Kelter gesammelt werden, wie wird es dem Herrn gehen mit seinen Trauben? Wird es ihm gehen, wie es Jesaja im 5. Kapitel spricht: »Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fetten Höhe. Und er grub ihn um und entsteinte ihn und pflanzte darin edle Reben. Er baute auch einen Turm darin und grub eine Kelter und wartete darauf, daß er gute Trauben brächte; aber er brachte schlechte. Was sollte man noch mehr tun an meinem Weinberg, das ich nicht getan habe an ihm? Warum hat er denn schlechte Trauben gebracht, während ich darauf wartete, daß er gute brächte?« Lieber Zuhörer, was bist aber du, bist du ein Herling, bist du eine unreife Traube, oder aber bist du eine zeitige Traube? Frage dich und besinne dich; wenn du ein Herling bist, siehe, so kannst du noch heute eine Traube werden am Weinstock Christi, wenn du dich ihm einverleiben und in ihn einsenken lassest. Bist du aber eine unreife Traube, so kannst du noch zeitig werden, wenn du die Hitze der Anfechtung, den Kampf mit Fleisch und Blut, mit Sünde und Welt nicht scheuest. Wenn du aber unreif bleibest, so wirst du auch als unreif behandelt werden an jenem Tage; bist du aber ein Herling, wird er dich zwar auch sammeln, aber er wird dich werfen, wie er selbst sagt, in die Kelter des Weins, des grimmigen Zorns des allmächtigen Gottes. Da werden sie zusammengekeltert, die Herlinge; aber die Trauben wird er in seine Vorratskammern sammeln und wird damit prangen vor Gott, seinem Vater. Welche Freude, wenn auch wir zu diesen reifen Trauben gehören, wenn wir dem Tag der Offenbarung mit Freudigkeit entgegengehen, wenn wir ihm einst in seine feuerflammenden Augen ruhig hineinsehen und sagen körinen: »Herr, du weißest alle Dinge, du weißest, daß ich dich lieb habe.«

Ja, treuer Jesu, miß dem Willen auch Vollbringungskräfte zu; hilf den Vorsatz bald erfüllen, meine Schwachheit stärke du, meine Trägheit muntre auf, bis ich schließe meinen Lauf; hilf mir siegen, hilf mir kämpfen, Satan, Fleisch und Blut zu dämpfen.


Autor: Wilhelm Busch (* 27.03.1897; † 20.06.1966) deutscher evangelischer Pfarrer, Prediger und Schriftsteller
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Als einst die Kirche im Kampf um die Wahrheit ihres Bekenntnisses stand, geschah es mir, daß ich verhaftet und in eine abscheuliche Gefängniszelle eingeliefert wurde. Am ersten Tage hatte ich eine furchtbare Wut auf die Menschen, die mir das antaten. Am zweiten Tage packte mich eine große Verzagtheit und die Angst, ob ich je wieder hier heraus käme. Am dritten Tage aber fiel mir dies Wort Jesu ein. Und nun merkte ich, wie närrisch ich war. Ich hatte es gar nicht mit Menschen und üblen Verhältnissen zu tun. Nein! Ich hatte es in dieser Sache mit dem lebendigen Gott zu tun. Er hatte mich hierhergeführt. Er hatte Sein Winzermesser in die Hand genommen und beschnitt Seine Rebe.

Da wurde ich überaus froh, daß der lebendige Gott, der doch bestimmt viel zu tun hat, sich so viel Mühe mit mir machte. Das Leiden wurde mir ein wunderbares Zeichen Seiner Liebe und Fürsorge. Wir lernen nie aus. Und die Bibel muß unsre dummen Gedanken immer zurechtbiegen.

Wenn uns ein Leid widerfährt, dann murren wir gegen die Werkzeuge, die Gott dazu braucht, um die Rebe zu beschneiden. Wir ärgern uns über Menschen und Verhältnisse, anstatt zu begreifen, daß wir es mit Gott zu tun haben. Aber gegen den zu murren — das sollten doch Christenleute verlernt haben, seitdem sie Gottes Liebe in Jesus kennenlernten. Sie sollten wissen: Wenn Er etwas tut, dann ist das immer Gutes. Wenn uns also ein Leid trifft, dann wollen wir nicht so närrisch sein, mit dem Winzermesser zu zürnen. Wir wollen lieber still halten, lernen, was zu lernen ist, und danken, daß Gott sich in Seiner großen Güte so viel Mühe mit uns gibt. Amen.


Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Der Weingärtner pflanzt nicht nur den Weinstock, sondern widmet ihm bleibend seine Arbeit. Sein prüfendes Auge ruht auf den Reben und misst ihren Wert nach ihrer Fruchtbarkeit. Er vollzieht aber nicht nur sein richtendes Werk an denen, die keine Frucht bringen, indem er sie vom Weinstock entfernt, sondern schenkt auch denen, die er in der Verbindung mit dem Weinstock erhält, seine Zucht; denn er reinigt sie. „Ihr seid rein“, sagte Jesus den Jüngern, „wegen des Wortes, das ich euch gesagt habe“, und darum hat Er ihnen, ehe Er schied, noch die Füße gewaschen, damit sie wüssten, sie seien rein. Nun sollen sie aber nicht stolz und träge sagen: Was fehlt uns noch? Wir sind rein; vielmehr verheißt ihnen Jesus, dass der Vater sie eben deshalb, weil sie mit seinem Weinstock verbunden sind und Frucht tragen, reinigen wird. Warum bedürfen wir für unseren Dienst immer wieder der Reinigung? In uns vermischt sich Empfangenes und Eigenes, das, was von Jesus stammt, und das, was wir selber aus seiner Gabe machen und von anderen erhalten. Wir sind zu Verwaltern über das gemacht, was Jesus uns gegeben hat. Durch die Weise, wie wir das Empfangene verwalten, entsteht aber mancherlei Trübung in unserem Wort und viel Anstoß in unserem Dienst. Geschickt, Gottes Gnade anderen zu bringen und sie im Glauben zu Jesus zu führen, sind wir aber nicht durch unser Eigenes, sondern durch das, was von oben kommt und aus der lebendigen Verbundenheit mit Christus stammt. Wir selber können an dem, was wir für wahr und richtig halten, die Scheidung nicht vornehmen; wir haben das, was aus uns selber stammt, viel zu lieb. Aber das scharfe Messer des Weingärtners kommt uns zu Hilfe und macht, dass in der Christenheit das immer wieder sterben muss, was sie aus sich erzeugt. Darum sollen wir nicht davor erschrecken, dass in der Kirche vieles, was ihr einst als gewiss und heilig galt, zerfällt, sondern davor sollen wir erschrecken, wenn die Christenheit unbußfertig wird und alles behalten will, was sie jetzt meint, und nur das bleiben will, was sie schon ist. Denn so widersetzt sie sich der sie reinigenden Hand des Weingärtners und wird unfruchtbar. Die Rebe aber, die nicht mehr imstande ist, Frucht zu bringen, wird weggetan.

Ich greife, gnädiger Gott, mit der Hand des Glaubens nach Deiner Verheißung, dass Du auch mich in deine uns reinigende Pflege nimmst und mir nicht zulässest, dass mich mein Eigenes blende. Damit ich dieser Deiner Gnade teilhaftig sei, muss ich auf das Gebot unseres Herrn hören, der uns sagt: Bleibt in Mir. Wenn ich in Ihm bleibe, dann bin ich mit dem Weinstock verbunden, dessen Reben du nach Deiner großen Gnade von dem befreist, was Dein Werk hindert. Amen.