Bibel-Kommentar: Das Buch der Richter


Das 1. Kapitel

  • Der Stamm Juda und Simeon überwinden einen König der Kanaaniter, Adom Besek und verhauen ihm seine Daumen an Händen und Füßen, wie er anderen vor der Zeit auch getan hat. v. 1.
  • Jerusalem und Kiriath Arba werden erobert. v. 8.
  • Des Kalebs Tochtermann empfängt ein Erbteil, welche Guttat auch den Kindern des Keniters, Mose Schwager widerfährt. v. 12.
  • Danach werden die Städte Zephath, Gaza, Asklon, erobert. v. 17.
  • Doch vertilgen die Kinder Israel die Kanaaniter nicht aus den Städten, die sie eingenommen, wie sie hätten tun sollen. v. 27.

1. Nach dem Tod Josuas fragten die Kinder Israel den Herrn und sprachen: Wer soll unter uns den Krieg führen wider die Kanaaniter?

Tode: Als das Land Kanaan zwar durch das Los ausgeteilt, aber noch nicht alles erobert war, sondern noch ein gutes Teil desselben einzunehmen ihnen bevorstand.

Fragten: Nämlich um Rat, dass er seinen Willen dem Hohepriester entweder durch einen besonderen göttlichen Traum oder durch den Schein der Edelsteine, die auf des Hohepriesters Brust im Amtsschild waren, oder sonst durch ein Gesicht wollte zu erkennen geben, welcher Stamm dem ersten Haufen wider die übrige Kanaaniter führen sollte und vorne anziehen.

Führen: Das ist: Welcher Stamm soll zuerst die Kanaaniter anfallen, so noch zu vertilgen übrig sind: Denn ihre Frage ist nicht, wer ihr Fürst oder Feld-Oberster sein soll, sondern begehren Bericht zu haben, was sie für eine Ordnung halten und welchergestalt sie den Krieg führen sollen.

2. Der Herr sprach: Juda soll ihn führen. Siehe, ich habe das Land in seine Hand gegeben.

Juda: Nämlich der Stamm Juda. Denn Juda der Patriarch war an die zweihundert Jahre zuvor in Ägypten gestorben: Derselbe Stamm nun soll den Krieg wider die Kanaaniter anfangen.

Gegeben: Das ist: Ich will ihm den Sieg verleihen, dass er vertreiben mag, welche er will und ihr Land einnehmen. [Ob wir wohl solche göttlichen Berichte und Antworten nicht haben, so sollen wir dennoch auch nichts anfangen, noch zu tun uns unterstehen, wir sind denn gewiss, dass es Gott nicht missfalle. Denn was nicht aus Glauben ist, das ist Sünde {Röm 14}.]

3. Da sprach Juda zu seinem Bruder Simeon: Zieh mit mir hinauf in meinem Los und lass uns wider die Kanaaniter streiten, so will ich wieder mit dir ziehen in deinem Los. Also zog Simeon mit ihm.

Zieh: Das ist: Stehe mir bei im Krieg und leiste mir einen Reiter-Dienst.

Los: Das ist: In mein Land, welches mir durch das Los zugeteilt wurde, dass ich es zu meiner Besitzung einnehmen soll.

Kanaaniter: Welche noch ein großes Teil des Landes, so uns verheißen ist, innehaben.

Mit dir: Denn es war dem Stamm Simeon sein Erbteil gefallen, unter dem Stamm Juda {Jos 19}. Darum nimmt der Stamm Juda den Stamm Simeon für anderen zum Beistand mit sich, weil sie in einem Ort des Landes beieinander wohnen würden. [Und soll keiner seiner Mitbrüder guten Rat und Hilfe verachten, weil hier Juda als ein mächtiger Stamm des viel geringeren und schwächeren Stammes Simeons Hilfe und Beistand nicht ausschlägt. Denn mit Nachbarn richtet man Scheunen auf.]

Simeon: Das ist: Es hat sich ein Kriegsvolk aus diesem Stamm gewappnet und ausgerüstet, den Krieg wider die Kanaaniter mit dem Stamm Juda zu führen.

4. Da nun Juda hinaufzog, gab ihm der Herr die Kanaaniter und Pheresiter in ihre Hände; und schlugen zu Besek zehntausend Mann.

Hände: Das ist: In ihre Gewalt.

Zu Besek: Das ist: Nahe bei der Stadt Besek.

5. Und fanden den Adoni-Besek zu Besek und stritten wider ihn; und schlugen die Kanaaniter und Pheresiter.

Gefunden: Das ist: Sie trafen ihn darin an.

Und Pheresiter: Denn dieselben Völker hatte Adoni-Besek wider die Israeliten angeführt.

6. Aber Adoni-Besek floh und sie jagten ihm nach; und da sie ihn ergriffen, zerhieben sie ihm die Daumen an seinen Händen und Füßen.

Floh: Da er die Schlacht verloren hatte.

Verhieben: Welches keine Grausamkeit an ihnen war. Denn sie hätten ihn auch ganz totschlagen können, weil ihnen das von Gott befohlen war, dass sie die Kanaaniter ohne alle Barmherzigkeit erwürgen sollten. Aber sie haben es bei dieser Strafe bleiben lassen.

7. Da sprach Adoni-Besek: Siebzig Könige mit verhauenen Daumen ihrer Hände und Füße lagen auf und unter meinem Tisch. Wie ich nun getan habe, so hat mir Gott wieder vergolten: Und man brachte ihn gen Jerusalem; dort starb er.

Könige: Das ist: Fürsten und oberste Häupter. Denn die Israeliten haben zu der Zeit einen jeglichen Oberherrn in einer Stadt einen König geheißen.

Lagen auf: Nämlich die Krümel, wie die Hunde.

Vergolten: Hat also dieser König oder Fürst erkannt, dass er solche Strafe wohl verdient hatte. [Und sieht man hier, dass auch die Grausamkeit, so man an den Bösen begeht, Gott nicht ungerächt lässt, wie vielmehr wird er diejenigen strafen, welche an den Frommen Mutwillen üben.]

Jerusalem: Nämlich nachdem sie dieselbe Stadt erobert, davon bald später folgt.

Starb er: Und ist vielleicht durch diesen seinen trübseligen Zustand, weil er sein Unrecht, auch dass er diese Strafe wohl verdient, bekannt, dazu verursacht wurde, dahin ihn auch die Israeliten ohne Zweifel gewiesen und unterrichtet, dass er Buße getan und noch vor seinem Ende zu der rechten Erkenntnis Gottes gekommen ist, wie seinem Wort und freies Bekenntnis dahin lauten. [Denn Gott schickt den Leuten oftmals Widerwärtigkeit und Trübsal zu, dass er sie dadurch zu Erkenntnis ihrer Sünden bringe, damit sie also Buße tun und selig werden.]

8. Aber die Kinder Juda stritten wider Jerusalem und gewannen sie und schlugen sie mit der Schärfe des Schwertes und zündeten die Stadt an.

Gewonnen: Das ist: Sie haben die Stadt mit einem Sturm erobert.

Schlugen: Nämlich die Einwohner der Stadt, besonders die sich ihnen widersetzten.

9. Danach zogen die Kinder Juda herab, zu streiten wider die Kanaaniter, die auf dem Gebirge und gegen Mittag und in den Gründen wohnten.

Herab: Von Jerusalem.

Gebirge: So in der Nähe bei Jerusalem gelegen war.

10. Und Juda zog hin wider die Kanaaniter, die zu Hebron wohnten (Hebron aber hieß vorzeiten Kiriath-Arba) und schlugen den Sesai und Ahiman und Thalmai {Jos 15v14}.

Kiriath Arba: Das ist: Arbs Stadt, welcher ein Riese war.

Und Thalmai: Welche alle drei Enaks Söhne und Riesen waren. [Denn wo Gott den Seinen Sieg verleihen will, da hilft keine Kraft noch Stärke des Leibes zum Widerstand.]

11. Und zog von dort wider die Einwohner zu Debir. Debir aber hieß vorzeiten Kiriath-Sepher.

Kiriath Sepher: Das ist: Eine Stadt der Künste: Vielleicht, weil es eine Hohe-Schule da hatte, darauf man die freien Künste studiert hat, wie sie damals üblich waren.

12. Und Kaleb sprach: Wer Kiriath-Sepher schlägt und gewinnt, dem will ich meine Tochter Achsa zum Weibe geben.

Kaleb: Ein Fürst im Stamm Juda, der mit Josua das Lande Kanaan erkundet hatte, mit dem er auch beständig und Treue geblieben, da sonst die anderen zehn Kundschafter das Volk Israel von der Einnahme des Landes Kanaan abschreckten {4Mos 13}.

Sprach: Als er dieselbe Stadt belagert hatte.

Gewinnt: Das ist: Wer die Stadt am ersten ersteigen und bei derselben Eroberung das Beste tun wird, dass man, nach Gott ihm das Los geben muss, dass er die Stadt gewonnen hat.

Geben: Nämlich zur Belohnung seiner Tapferkeit und Tugend. [Denn die Eltern sollen sich nach solchen Tochter-Männern umsehen, nicht, welche mit Reichtum, sondern die mit Tugenden und Frömmigkeit andere übertreffen. Weil es besser ist, einen Mann zu nehmen, der kein Geld hat, aber durch Tugend dasselbe erlangen kann, als, da man das Geld ansieht und einen solchen Mann nimmt, der es zwar hat, aber nicht zu gebrauchen weiß.] Es wird aber diese ganze Historie auch im Buch Josua, Kapitel 15. beschrieben, doch nicht, dass sie damals noch bei des Josua Lebzeiten geschehen sei, sondern weil ohne das von des Kalebs Erbteils dort Meldung getan wird, so wird diese Geschichte auch zugleich mit eingeführt, welche sonst eigentlich hierher gehört.

13. Da gewann sie Athniel, der Sohn Kenas‘, des Kalebs jüngsten Bruders. Und er gab ihm seine Tochter Achsa zum Weibe.

Gewann: Also dass er sie entweder am ersten erstiegen oder der vorderste im Einfall war.

Bruder: Das ist: Vetter oder Verwandter, welche die Schrift oft Brüder heißt. Denn dass er sein leiblicher Bruder nicht gewesen, ist daher gut zu lesen ist, weil Athniels Vater Kenas und Kalebs, Jephunne geheißen.

14. Und es begab sich, da sie einzog, wurde ihr geraten, dass sie fordern soll einen Acker von ihrem Vater; und fiel vom Esel. Da sprach Kaleb zu ihr: Was ist dir {Jos 15v18}?

Einzog: Dass man sie ihrem Bräutigam zuführte.

Geraten: Nämlich von ihrem Bräutigam, welcher es vor Furcht und Scham selber nicht tun dürfte. [Dass denn an ihm als einen züchtigen Jüngling, zu loben war, dass er des geringen Heirats-Gut halben sich nicht beklagen durfte. Heutigentags sind etliche Schwiegermuttertöchter viel anders gesinnt.]

Acker: Der besser und fruchtbarer wäre als der ihr zum Heirat-Gut versprochen war.

Fiel: Das ist: Sie ist abgesessen und auf den Vater zugegangen, daraus er leicht abnehmen könne, dass sie eine Bitte an hätte und etwas von ihm begehren würde.

Was ist dir?: Was willst du vorbringen oder was begehrst du?

15. Sie sprach: Gib mir einen Segen; denn du hast mir ein Mittagsland gegeben, gib mir auch ein wässeriges. Da gab er ihr ein wässeriges oben und unten.

Segen: Als wollte sie sagen: Tue noch einen Zusatz zu meinem Heirat-Gut, damit ich dessen desto besser und reichlicher zu genießen habe.

Land: Welches dürr und deshalb unfruchtbar ist, dass ich einen schlechten Nutzen davon haben werde.

Und unten: Das ist: Er gab ihr einen Acker, der an beiden Orten Bäche hatte, von denen er konnte gewässert und fruchtbar gemacht werden. [Denn es sollen die Eltern ihre Kinder, nachdem sich ihr Vermögen erstrecken mag, aussteuern und den Kindern notwendige Hilfe leisten. Wie es oft geschieht, dass von wegen der Eltern Kargheit die Kinder eine böse Ehe bekommen.]

16. Und die Kinder des Keniters, Moses Schwagers, zogen herauf aus der Palmenstadt mit den Kindern Juda in die Wüste Juda, die da liegt gegen Mittag der Stadt Arad; und gingen hin und wohnten unter dem Volk.

Keniters: Der sonst mit einem anderen Namen Hobab geheißen und des Priesters in Midian Reguels oder Jethro Sohn war. Diesem hatte Mose versprochen, sofern er mit dem Volk Israel durch die Wüste ziehen würde, so sollten er und seine Nachkommen aller Guttaten mit genießen, die Gott den Israeliten erzeigen würde {4Mos 10v29}. Das wird hier gehalten und ein Gut unter dem Stamm Juda übergeben, weil der Vater Hobab sich um die Israeliten wohl verdient hatte, da er ihnen in der Wüste Nachricht gebe, wo und an welchen Orten sie ihre Lager am besten aufschlagen könnten. [Denn es ist richtig, dass man deren Kindern Gutes tue, die sich um die Kirche wohl verdient haben.]

Palmen-Stadt: Welche vielleicht also geheißen, weil viele Palmenbäume da standen.

Wüste Juda: Welche dem Stamm Juda durch das Los zugefallen war.

17. Und Juda zog hin mit seinem Bruder Simeon und schlugen die Kanaaniter zu Zephath und verbannten sie; und nannten die Stadt Horma {4Mos 14v45}.

Harma: Das ist: Eine Verbannung, weil die Kinder Israel alle Einwohner derselben Stadt erwürgt und in Grund vertilgt hatten. Denn das hat bei ihnen verbannt geheißen.

18. Dazu gewann Juda Gaza mit ihrer Zugehör und Asklon mit ihrer Zugehör und Ekron mit ihrer Zugehör.

Zugehör: Das ist: Mit der umliegenden Landschaft, so zu denselben Städten gehörte.

19. Und der Herr war mit Juda, dass er das Gebirge einnahm; denn er konnte die Einwohner im Grunde nicht einnehmen, darum dass sie eiserne Wagen hatten {Jos 17v18}.

Mit Juda: Das ist: Er stand diesem Stamm mit seiner gnädigen Hilfe bei.

Einnahm: Nämlich nachdem er die Kanaaniter daraus vertrieben hatte.

Grunde: So nahe bei dem Gebirge war, ob er wohl sonst auf dem ebenen Gefilde fast den meisten Teil Landes eingenommen hatte.

Eiserne Wagen: Denn man hat vorzeiten in Kriegen besondere Streitwagen gebraucht, so zu beiden Seiten lange spitzige und scharfe Eisen hatten, damit man in der Feinde Heer gesetzt, die zu beiden Seiten, was sie angetroffen hinweg geräumt haben und die Schlachtordnung getrennt. Darum hat sich der Stamm Juda von diesen Kanaanitern, die sowohl zum Kriege versehen waren, damals enthalten, bis er zu größeren Kräften käme und mächtiger würde und also bessere Gelegenheit hätte, den Feind anzugreifen. So hatte ihnen auch Gott zuvor gesagt, dass er die Kanaaniter nicht zugleich und auf einmal, sondern nach und nach vor ihnen her vertilgen wollte {5Mos 7}. Damit nicht das Land wüste und unerbaut liegen bliebe und daher die wilden Tiere sich mehrten und den Israeliten danach mehr als die Feinde zu schaffen geben: Und ob ihnen wohl verboten war, dass sie keinen Bund mit den Kanaanitern machen sollten. So war ihnen doch auch nicht auferlegt, dass sie sich wider so mächtige Feinde einstmals auflehnen sollten, sondern möchten sie wohl eine Zeit lang bleiben lassen, damit sie nicht die Feinde zu ihrem Unglück wider sich aufbrächten. [Denn wir sollen nicht vorsätzlicherweise größerer Sachen uns unterstehen, als unsere Vermögen ist: Und hat ein jegliches Ding seine Zeit.]

20. Und sie gaben dem Kaleb Hebron, wie Mose gesagt hatte; und er vertrieb daraus die drei Söhne des Enak {4Mos 14v24 Jos 14v13 15v13}.

Gaben: Nämlich außerhalb dem Los zu einer Belohnung seiner Standhaftigkeit und Treue, die er erzeigt, da er das Land Kanaan erkundschaftet hatte.

Mose: Der ihm solches verheißen hatte.

Vertrieb: Wie oben in diesem Kapitel gemeldet wurde und hier wiederholt wird. [Auf dass wir lernen, wie Gott die Frömmigkeit endlich nicht unbelohnt lasse.]

21. Aber die Kinder Benjamin vertrieben die Jebusiter nicht, die zu Jerusalem wohnten, sondern die Jebusiter wohnten bei den Kindern Benjamin zu Jerusalem bis auf diesen Tag {Jos 15v63 18v28}.

Jebusiter: Denn obwohl die Stadt Jerusalem von dem Stamm Juda eingenommen und zum Teil verwüstet war, so waren doch die Jebusiter wiederum hineingezogen.

Diesen Tag: Da diese Geschichte beschrieben wurde: Denn später hat sie der König David vertrieben {2Sam 5}. Es hatten aber die Kinder Juda, nachdem sie die Stadt eingenommen, sich von dort wiederum heraus gemacht und sie ihren Geschlechtsverwandten, den Benjamitern zur Wohnung eingeräumt, als denen sie durch das Los heimgefallen war {Jos 18}. Die zwar auch darin gezogen, aber die Jebusiter, so sie noch darin gefunden, neben ihnen bleiben und wohnen lassen. Welches sie doch nicht hätten tun sollen, damit ihre Kinder und Nachkommen durch böse Beispiele nicht verführt würden. [Heutigentags aber haben die Christen keinen göttlichen Befehl davon, dass sie die Heiden und Ungläubigen ausrotten sollen. Darum, welche unter dem Schein der Religion zur Wehr greifen und wider die, so nicht ihres Glaubens sein, Krieg führen wollen, da sie keine andere Ursache dazu haben, als diese, die tun Unrecht und weil sie das Schwert nehmen, so werden sie auch durch das Schwert umgekommen]

22. Desselben gleichen zogen auch die Kinder Josef hinauf gen Bethel; und der Herr war mit ihnen.

Gen Beth El: dieselbe Stadt zu erobern.

Mit ihnen: Er stand ihnen bei mit seiner Hilfe, dass sie dieselbe einnehmen konnten.

23. Und das Haus Josef erkundschaftete Bethel, die vorhin Lus hieß {1Mos 28v19}.

erkundschaftete: Das ist: Sie berannten die Stadt und hatten Acht darauf, welchergestalt und an welchem Ort sie am besten möchte erobert werden.

Lus: Von den Einwohnern des Landes Kanaan also genannt.

24. Und die Wächter sahen einen Mann aus der Stadt gehen und sprachen zu ihm: Weise uns, wo wir in die Stadt kommen, so wollen wir Barmherzigkeit an dir tun.

Wächter: Das ist: Die Kundschafter der Kinder Israel, so die Stadt besichtigten.

Gehen: Dem sie nachsetzten und ihn lebendig fingen.

Kommen: Das ist: An welchem Ort sie am besten zu gewinnen sei, da wir mit unserem Kriegsvolk können hineinfallen.

Tun: Das ist: Wir wollen dir einen freien Abzug gönnen und es mit einer besonderen Guttat belohnen.

25. Und da er ihnen zeigte, wo sie in die Stadt kämen, schlugen sie die Stadt mit der Schärfe des Schwertes; aber den Mann und all sein Geschlecht ließen sie gehen.

Die Stadt: Dass sie alle Einwohner erwürgten, die sie in der Stadt fanden.

Mann: Der ihnen die Stadt verraten hatte.

Gehen: Nämlich sicher und unbeschädigt, dass er mit seinen Verwandten und was er hatte, möchte frei und ungehindert hinziehen wo er wollte. Es haben nun gleich diese Bürger seine Stadt aus Glauben verraten, wie die Rahab, oder aus Furcht des Todes, so handeln doch die Israeliten löblich daran, dass sie ihr Versprechen halten. [Denn wir sollen unsere Versprechungen tun, sie sind gleich wer oder wie sie wollen, denen wir etwas verheißen haben, sofern es nur nicht wider Gott oder wider Recht und Gerechtigkeit ist.]

26. Da zog derselbe Mann ins Land der Hethiter und baute eine Stadt und hieß sie Lus; die heißt noch heutigentags so.

Baute: Nämlich mit seinen Freunden und Verwandten, die er mit sich dahin führte. Darum, obwohl dieser Mann sein Vaterland verlassen musste, welches von anderen eingenommen und besessen wurde: So hat er doch, weil er dem Volk Gottes behilflich war, ein neues Vaterland erlangt und ist ein Herr geworden über eine Stadt, da er zuvor nur ein schlechter allgemeiner Bürger war. [Denn es ist keine Guttat verloren, die man dem Volk Gottes und seiner Kirche erzeigt, sondern wird von Gott selbst belohnt.]

27. Und Manasse vertrieb nicht Beth-Sean mit ihren Töchtern, noch Thaenach mit ihren Töchtern, noch die Einwohner zu Dor mit ihren Töchtern, noch die Einwohner zu Jebleam mit ihren Töchtern, noch die Einwohner zu Megiddo mit ihren Töchtern; und die Kanaaniter fingen an zu wohnen in demselben Lande {Jos 17v12}.

Manasse: Nämlich derselbe Stamm.

Beth Sean: Nämlich die Einwohner derselben Stadt, die Kanaaniter.

Töchtern: Das ist: Flecken und Dörfer.

Fingen an: Das ist: Sie haben sich nicht wollen von den Kindern Israel austreiben lassen und andere Orte zu ihrer Wohnung suchen. So haben die Kinder Israel auch nicht so ganz hart darauf gedrungen und es geschehen lassen, dass sie untereinander wohnen möchten.

28. Da aber Israel mächtig wurde, machte er die Kanaaniter zinsbar und vertrieb sie nicht.

Mächtig wurde: Und sie, die Israeliten, Stärke genug gehabt hätten, die Kanaaniter zu vertreiben oder zu vertilgen, wenn sie nur wollten, haben sie doch dieselben zufriedengelassen, welches nicht sein sollte.

Sie nicht: Welches ihnen doch von Gott befohlen war. Sie aber haben es vielmehr fürs Beste angesehen, wenn sie die Kanaaniter beim Leben erhielten und einen Nutzen von ihnen haben könnten. [Das kann der eigene Dünkel und der Geiz samt dem eigenen Nutzen bei den Menschen, dass sie darüber Gottes Gebote ohne Scheu verachten.]

29. Desgleichen vertrieb auch Ephraim die Kanaaniter nicht, die zu Gaser wohnten, sondern die Kanaaniter wohnten unter ihnen zu Gaser.

Unter ihnen: Welches doch nicht sein sollte und die von Ephraim hätten es ihnen nicht sollen zulassen, gleichwie auch die anderen nicht. Aber es hat in dem Fall ein Stamm dem anderen gefolgt. [Da man doch nicht nach den Exempeln, sondern nach den Gesetzen sich richten soll.]

30. Sebulon vertrieb auch nicht die Einwohner zu Kitron und Nahalal, sondern die Kanaaniter wohnten unter ihnen und waren zinsbar.

Zinsbar: Dass sie aber Unrecht daran taten und dessen einen schlechten Nutzen hatten, ist aus dem folgenden Kapitel zu sehen und hat sie Mose etliche Mal dafür gewarnt.

31. Asser vertrieb die Einwohner zu Acko nicht, noch die Einwohner zu Zidon, zu Ahelab, zu Achsib, zu Helba, zu Aphik und zu Rehob,

32. sondern die Asseriter wohnten unter den Kanaanitern, die im Lande wohnten; denn sie vertrieben sie nicht.

Nicht: Welches ihnen doch Gott zu tun befohlen hatte.

33. Naphthali vertrieb die Einwohner nicht zu Beth-Semes noch zu Beth-Anath, sondern wohnten unter den Kanaanitern, die im Lande wohnten. Aber die zu Beth-Semes und zu Beth-Anath wurden zinsbar.

Zinsbar: Welches auch Unrecht und gegen den Befehl Gottes gewesen.

34. Und die Amoriter drangen die Kinder Dan aufs Gebirge und ließen nicht zu, dass sie herunter in den Grund kämen.

Drangen: Das ist: Sie waren diesem Stamm so überlästig, dass er ihnen weichen und Platz geben musste.

Grund: Nämlich auf der Ebene, da es viel bessere und gelegenere Orte gehabt. Und ist solches der Israeliten eigene Schuld gewesen. Denn da sie hätten können sich zusammenhalten und miteinander die gottlosen Völker ausrotten, haben sie viel lieber, ein jeder Stamm in sein Erbteil, Frieden und Freundschaft mit ihnen machen wollen, damit sie desto eher zur Ruhe kämen, als dass sie dem Befehl Gottes nachgekommen wären. Daraus ihnen alles Unglück kam. [Einen solchen Ausgang pflegen die menschlichen Ratschläge zu gewinnen, wenn sie dem ausdrücklichen Worte und Geboten Gottes vorgezogen werden, dass es mit der Sache immer je länger je ärger wird.]

35. Und die Amoriter fingen an zu wohnen auf dem Gebirge Heres, zu Ajalon und zu Saalbim. Doch wurde ihnen die Hand des Hauses Josef zu schwer und wurden zinsbar.

Schwer: Das ist: Der Stamm Josef ist ihnen zu mächtig gewesen und hat der Amoriter Mutwillen gesteuert, dass sie von ihrem Vorhaben ablassen mussten. [Durch die kanaanitischen Völker aber, unter denen die Amoriter auch waren, wird bedeutet, der alte Adam, so noch an uns klebt und in unserem Fleische steckt, welcher je mehr man ihm nachlässt, je weiter er mit Lastern und Sünden um sich greift und sich ausbreitet und begehrt uns ganz einzunehmen. Dem sollen wir aus Glauben und durch die Kraft des Heiligen Geistes widerstehen, ja auch, so immer möglich, ihn dämpfen, unterdrücken und ausrotten.]

Zinsbar: Ist ihm also der Stamm Josef gar zu gnädig war. [Denn wo man einen Gewinn und Nutzen haben kann, da nimmt man alles an, sollte aber bei dem Volk Gottes nicht sein.]

36. Und die Grenze der Amoriter war, da man gen Akrabbim hinaufgeht und von dem Fels und von der Höhe.

Höhe: Das ist: Die Amoriter bewohnten noch den ganzen oberen Teil desselben Landes, die man doch hätte vertilgen sollen, wenn man dem Befehl Gottes wollte nachkommen. [Denn unserer verdorbenen Natur Wille immer Gnade erzeige, da man sollte einen Ernst benutzen und ist oft ganz rau und hart, da man mit Lindigkeit handeln könnte.]


Das 2. Kapitel

  • Gott lässt es den Israeliten ernstlich beweisen, dass sie die gottlosen Völker nicht vertilgen, sondern Freundschaft mit ihnen gemacht hätten, deshalb die Israeliten mit Weinen um Verzeihung bitten. v. 1.
  • Nichtsdestoweniger aber fallen sie nach des Josua und der Ältesten, so zu seiner Zeit lebten, nach deren Tod, in Abgötterei. v. 12.
  • Darauf wird summarischerweise erzählt, wie sie Gott oft deshalb straft und wenn sie Buße taten, durch die Richter, so er ihnen erweckt, wiederum erlöst habe und dass sie bald nach der frommen Richter Tod wieder in die vorigen Sünden geraten sind. v. 14.

1. Es kam aber der Engel des Herrn herauf von Gilgal gen Bochim und sprach: Ich habe euch aus Ägypten heraufgeführt und ins Land gebracht, das ich euren Vätern geschworen habe und sprach, ich wollte meinen Bund mit euch nicht nachlassen ewig,

Engel: Das Wörtlein Engel heißt sonst in seiner Sprache eigentlich ein Gesandter, also ist es hier auch zu verstehen von einem Propheten, oder wie etliche wollen, dass es der Hohepriester Pinehas gewesen, der von Gott zu den Kindern Israel gesandt wurde.

Nach Luther: Der Priester Pinehas.

Bochim: Welcher Ort von dieser Geschichte später also genannt wurde.

Nach Luther: Das heißt die Weinenden.

Sprach: Nämlich in der Person Gottes.

Land: Nämlich ins Land Kanaan, welches sehr köstlich, lustig und fruchtbar ist.

Geschworen: Dass ich es euch zustellen und einräumen wollte, welchem Versprechen ich allerdings nachgekommen bin.

ewig: Dass ich euch nie verstoßen wollte, sondern immer für mein Volk erkennen, euch schützen und selig machen und alles Gute tun, auch meine Barmherzigkeit nie von euch wenden.

2. dass ihr nicht solltet einen Bund machen mit den Einwohnern dieses Landes und ihre Altäre zerbrechen. Aber ihr habt meiner Stimme nicht gehorcht. Warum habt ihr das getan {5Mos 7v2}?

Einwohnern: Sondern dass ihr sie vertilgen und ausrotten solltet, welche ich um ihrer großen Sünden willen, nach meinem gerechten Urteil vorlängst mit zeitlichem und ewigem Verderben und Untergang zu strafen, bei mir selbst beschlossen habe.

Altar: Auf denen sie ihren Götzen und den Teufeln geopfert haben.

Zerbrechen: Welchen Gehorsam ich von euch wiederum forderte und begehrt habe und wäre euch wohl angestanden, dass ihr demselben angemessen nachgekommen wäret.

Nicht gehorcht: Dass ihr die kanaanitischen Völker nicht vertilgt habt, wie ich befohlen, sondern habt Frieden mit ihnen gemacht.

Getan: Als wollte er sagen: Ist das eure Dankbarkeit für so viele und große Wohltaten, die ich euch bisher erzeigt habe? Oder seid ihr gerechter und gnädiger als ich? Dass ihr diejenigen zu eurem eigenen Schaden und Verderben erhalten wolltet, welche ich habe wollen lassen umbringen?

3. Da sprach ich auch: Ich will sie nicht vertreiben vor euch, dass sie euch zum Strick werden und ihre Götter zum Netz {Jos 23v13}.

Da sprach: Weil ich sah, dass ihr von eurem Eifer sehr viel nachgelassen habt.

Nicht vertreiben: Weil ihr euch selber im Licht gestanden und euren eigenen Nutzen nicht betrachten wolltet.

Stricke: Die eurer zeitlichen und ewigen Wohlfahrt nachstellen und euch nie rechte Treue noch halten sein werden. Denn sie werden euch begehren zur Abgötterei abzuführen und also ins Verderben zu bringen. [Und muss ein Mensch mit dem Worte Gottes wohl verwahrt sein und fest darin gegründet sein, dass er durch die tägliche Gemeinschaft mit den abgöttischen Leuten nicht vergiftet werdet.]

4. Und da der Engel des Herrn solche Worte geredet hatte zu allen Kindern Israel, hob das Volk seine Stimme auf und weinte.

Weinte: Das ist: Sie haben ihre Sünde erkannt und herzliche Reue und Leid darüber gehabt, dass sie so undankbar waren, dass sie auch ihre heißen Tränen vergossen, und demütig um Verzeihung baten. [Ist deswegen das Predigtamtes des göttlichen Wortes ein Instrument und Werkzeug, dadurch Gott der Menschen Herzen zur Buße leitet.]

5. Und hießen die Stätte Bochim; und opferten dort dem Herrn.

Bochim: Welches Wort eben so viel heißt als die Weinenden, weil die Israeliten ihr Unrecht am selben Ort herzlich beweint hatten.

Opferten: Nämlich für ihre Sünde, damit sie ihren Glauben von derselben Vergebung, durch Christus zu erlangen, bestätigten. Und zur Dankbarkeit für die empfangenen leiblichen und geistlichen Wohltaten. [Denn zu einer wahren Buße und Bekehrung des Menschen gehört nicht allein die Erkenntnis der Sünden und dass man Reue und Leid darüber habe, sondern es wird auch der Glaube an das Opfer und Verdienst Christi dazu gefordert. Aus welchem Glauben später gute Werke folgen, welches geistliche Dankopfer sind.]

6. Denn als Josua das Volk von sich gelassen hatte und die Kinder Israel hingezogen waren, ein jeglicher in sein Erbteil, das Land einzunehmen {Jos 24v28},

Denn als: Jetzt wird im Folgenden angezeigt und erklärt, wie lange die Israeliten bei solcher Frömmigkeit beständig geblieben und mit was Gelegenheit sie von der wahren Religion wieder abgefallen sind.

Gelassen: Nachdem er seinen letzten Reichstag kurz vor seinem Tode gehalten, auf welchen er die Israeliten mit einer ernsten Ermahnung angeredet und sie erinnert, dass sie bei der rechten Religion und reinen Lehre des göttlichen Wortes beständig verharren sollten, wie er auch vormals oft getan.

7. diente das Volk dem Herrn, solange Josua lebte und die Ältesten, die lange nach Josua lebten und alle die großen Werke des Herrn gesehen hatten, die er Israel getan hatte.

Ältesten: Welche auch bei ihren Lebzeiten das Volk zu der rechten Religion anhielten.

Gesehen: Denn sie waren als junge Knaben aus Ägypten gezogen, also dass sie sich der Wunderwerk noch wohl erinnern konnten, welche beide vor dem Auszug der Kinder Israel in Ägypten und später in der Wüste geschehen waren.

8. Da nun Josua, der Sohn Nuns, gestorben war, der Knecht des Herrn, als er hundertundzehn Jahre alt war,

Gestorben: Davon im letzten Kapitel des Buches Josua auch Bericht geschehen.

9. begruben sie ihn in den Grenzen seines Erbteils zu Thimnath-Heres auf dem Gebirge Ephraim, von mitternachtwärts am Berge Gaas {Jos 24v29 v30}.

10. Da auch alle, die zu der Zeit gelebt hatten, zu ihren Vätern versammelt wurden, kam nach ihnen ein anderer Geschlechter auf, das den Herrn nicht kannte, noch die Werke, die er an Israel getan hatte.

Gelebt hatten: Nämlich die mit Mose und Josua aus Ägypten gezogen waren und in der Wüste die herrlichen Wunder Gottes gesehen hatten.

Versammelt: Dass sie nämlich aus dieser Welt durch den Tod ins andere Leben eingingen.

Geschlechter: Das ist: Der vorigen Nachkommen.

Kannte: Das ist: Sie haben das Wort Gottes aus der acht gelassen, daraus sie hätten können erlernen, wenn sie gewollt, welche und wie große Wunder Gott unter ihren Voreltern getan und wie er sich und seinen Willen ihren Altvätern geoffenbart hatte, ob sie gleich selbst dergleichen Wunder und Zeichen mit Augen nicht gesehen. [Denn es heißt: Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Aber sie haben sich des Predigtamts und des Wortes Gottes weder angenommen noch demselben geglaubt. Ein solcher Überdruss und Verachtung des göttlichen Wortes wird auch in Deutschland das Licht des Evangeliums an vielen Orten auslöschen, besonders wenn die alle gestorben sind, welche sich erinnern können, wie wunderlich Gott die Lehre des Evangeliums wiederum hat lassen an den Tag kommen und wider alle listigen Anschläge und gewalttätigen Anläufe des Satans bisher erhalten hat.]

11. Da taten die Kinder Israel übel vor dem Herrn und dienten Baalim.

Übel: Das ist: Sie warfen den wahren Gottesdienst von sich, wie er ihnen im Worte Gottes vorgeschrieben war, und richteten neue und verbotene Gottesdienste an, ihrem Gott, den sie nach Gewohnheit der benachbarten Völker, Baal, das ist, einen Herrn, oder Baalim, das ist, die Herren, nannten. [Solche falschen und selberwählten Gottesdienste findet man heutigentags im Papsttum sehr viel, welche von Menschen ohne und wider das Wort Gottes erdacht sind, darunter die Messe das Vornehmste ist.]

12. Und verließen den Herrn, ihrer Väter Gott, der sie aus Ägyptenland geführt hatte, und folgten anderen Göttern nach, auch den Göttern der Völker, die um sie her wohnten; und beteten sie an und erzürnten den Herrn.

Völker: Das ist: Sie haben aus den Göttern der benachbarten Völker etliche erwählt, die sie anstatt des wahren Gottes verehrt und anbeteten. Also dass sie nicht nur mit einerlei, sondern mit viel und mancherlei Abgötterei sich verunreinigten.

13. Denn sie verließen je und je den Herrn und dienten Baal und Astharoth {1Sam 31v10 1Sam 11v5 2Sam 23v13}.

Verließen: [Weil der den wahren Gott verlässt und von ihm abfällt, welcher einen anderen Gottesdienst anrichtet, außer dem, den Gott befohlen hat, ob er gleich meint, dem wahren Gott damit zu dienen. Und kann Gott solchen Abfall und Anbetung der fremden Götter viel weniger leiden, als ein ehrlicher Mann, wenn er von seinem Weibe verlassen wird und dieselbe den Ehebrechern nachläuft. Und ist keine Unzucht so schändlich als die Abgötterei.

Astharoth: Welcher der Zidonier Abgott war, im 2. Buch der Könige, Kapitel 23.

14. So ergrimmte dann der Zorn des Herrn über Israel und gab sie in die Hand derer, die sie raubten, dass sie sie beraubten, und verkaufte sie in die Hände ihrer Feinde umher. Und sie konnten nicht mehr ihren Feinden widerstehen,

Raubten: Nämlich der benachbarten Völker, die um sie herum wohnten, welche sie vor der Zeit nicht vertreiben wollten. Und muss man hier in Acht nehmen, dass die Schrift an diesem Ort, fast bis zu Ende des Kapitels, kürzlich und als in einer Summe zu verstehen gibt, was es für ein Zustand mit dem israelitischen Volk nach des Josua Tod nahm, wie sie geartet waren und was sie für Trübsal erlitten, auch wie sie sich bekehrt und daraus erlöst wurden, aber doch immer wieder umgeschlagen und zur Abgötterei abgefallen sind, solches alles wird später in den folgenden Kapiteln dieses Buches ausführlich erklärt.

Beraubten: Also dass sie den Fremden ihre Äcker besäten und arbeiteten, sie aber selber keinen Nutzen davon hatten. Da die Feinde oft unversehens einen Einfall taten und hinweg führten, was sie mit großer Mühe und Arbeit erworben hatten, wie später im 6. Kapitel gemeldet wird.

Verkauft: Das ist: Gott hat sie in der Feinde Gewalt übergeben, dass sie derselben Joch auf sich nehmen und ihnen dienen müssen.

Nicht mehr: Ob sie wohl zur Wehr griffen und vor öffentlicher Gewalt sich schützen wollten.

15. sondern wo sie hinaus wollten, war des Herrn Hand wider sie zum Unglück, wie denn der Herr ihnen gesagt und geschworen hatte; und wurden hart gedrängt {3Mos 26v17 v33 5Mos 28v32 v36 v63}.

Hinaus: Was sie anfingen und vornahmen.

wider: Das ist: Gott widerstand ihnen, dass sie nichts Glückliches verrichten konnten in allem, was sie vornahmen, sondern es schlug ihnen alles übel aus.

Gesagt: Dass um ihrer Abgötterei und Sünde willen sie alles Unglück überfallen würde.

Gedrängt: Wie sie verdient hatten. [Deswegen sollen wir wissen und glauben, dass Gott ebenso wahrhaftig sei, seine Drohungen zu erfüllen, als seine Verheißungen zu leisten.]

16. Wenn denn der Herr Richter auferweckte, die ihnen halfen aus der Räuber Hand,

Richter: Das ist: Vortreffliche Helden, die sich des Volkes Gottes annehmen und sie wider ihre Feinde schützten.

Auferweckte: Dass er sich seines Volkes erbarmte, wenn sie durch viel und mancherlei Unglück, nachher genommen und klug, ihre Sünde bekannten, sich durch wahre Buße zu Gott bekehrten und um Gnade und Hilfe baten. (Denn Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe {Hes 33}.)

17. so gehorchten sie den Richtern auch nicht, sondern hurten anderen Göttern nach und beteten sie an und wichen bald von dem Wege, da ihre Väter gegangen waren, des Herrn Geboten zu gehorchen, und taten nicht wie dieselben.

Auch nicht: Das ist: Obwohl die Richter sich bemühten, sie zu überreden, dass sie sollten die Abgötterei abtun und derselben nicht nachgehen, dagegen aber dem einzigen wahren Gott allein dienen und beständig immer bei ihm bleiben, so haben sie doch solches von ihnen nicht erhalten können. Denn ihrer viele noch bei der Richter Lebzeiten in ihrer Abgötterei beharrt oder doch bald nach derselben Tod und Absterben wiederum darin gefallen sind.

Hurten: Denn die Abgötterei ist vor Gott ein geistlicher Ehebruch und ärger als die allerschändlichste Unzucht.

Beteten: Mit Verachtung des wahren Gottes, dessen große Macht und Güte sie bei der Richter Lebzeiten gespürt und erfahren hatten.

Wege: Der rechten Religion.

Väter: Bei des Mose und Josua Lebzeiten.

Dieselben: Das ist: Ihre Väter waren bereit, die Gebote Gottes zu hören und denselben zu gehorchen, aber ihre Kinder sind ihnen in diesem Fall nicht nachgeschlagen. Denn sie haben das Wort Gottes verachtet und in den Wind geschlagen: Darum es auch kein Wunder war, dass auf solche Verachtung des göttlichen Wortes schreckliche Finsternis und Blindheit in der Religion erfolgt sind.

18. Wenn aber der Herr ihnen Richter erweckte, so war der Herr mit dem Richter und half ihnen aus ihrer Feinde Hand, solange der Richter lebte. Denn es jammerte den Herrn ihr Wehklagen über die, so sie zwangen und drängten.

Mit dem: Dass er ihm mit seiner gegenwärtigen Hilfe beistand.

Half ihnen: Nämlich durch denselben Richter, dass sie ihre Feinde besiegten.

Jammerte: Das ist: Wenn sie Gott um Hilfe anschrien wider ihre Feinde, die ihnen großen Überdrang und alles Leid antaten, so konnte Gott von wegen seiner großen Barmherzigkeit nicht länger zusehen und errettet sie aus ihren Nöten. [Ist also seinem Volk zu Hilfe gekommen, nicht um ihres Verdienstes willen, sondern aus seiner lauter Gnade und Barmherzigkeit.]

19. Wenn aber der Richter starb, so wandten sie sich und verdarben es mehr denn ihre Väter, dass sie anderen Göttern folgten, ihnen zu dienen und sie anzubeten; sie fielen nicht von ihrem Vornehmen noch von ihrem halsstarrigen Wesen.

Wandten: Nämlich wieder zur Abgötterei.

Mehr: Also dass die Nachkommen immer ärger waren und ihre Vorfahren mit Bosheit übertrafen, dadurch sie Gott heftig erzürnten.

Fielen nicht: Das ist: Es war ihnen kein Ernst mit dem Ende von der Abgötterei, sondern erdachten entweder selbst neue Gottesdienste oder nahmen die an, welche andere erfunden hatten und gingen also auf dem Wege, der sie zum Verderben führte. [Denn dahin bringen einen Menschen die falschen und selberwählten oder von Menschen erdachten und angerichteten Gottesdienste, die Gott nicht geboten hat.]

20. Darum ergrimmte dann des Herrn Zorn über Israel, dass er sprach: Weil dies Volk meinen Bund übergangen hat, den ich ihren Vätern geboten habe und gehorchen meiner Stimme nicht,

21. so will ich auch künftig die Heiden nicht vertreiben, die Josua gelassen hat, da er starb {Jos 23v13},

Starb: Dass er sie bei seinen Lebzeiten nicht vertilgte.

22. dass ich Israel an ihnen versuche, ob sie auf dem Wege des Herrn bleiben, dass sie darin wandeln, wie ihre Väter geblieben sind, oder nicht.

Versuche: Dass ich sie dadurch prüfe und ihre Standhaftigkeit oder Wankelmut erkundige.

Bleiben: Das ist: Damit offenbar werde, ob die Kinder Israel wollen bei der rechten Religion, wie sie dieselbe von ihren Vätern empfangen, verharren oder ob sie viel lieber der benachbarten Völker gottloses Wesen begehren anzunehmen.

23. Also ließ der Herr diese Heiden, dass er sie nicht bald vertrieb, die er nicht hatte in Josuas Hand übergeben.

Diese Heiden: So damals noch übrig waren und im Lande Kanaan wohnten, wie dies Buch beschrieben wurde.

Vertrieb: Wie er wohl und leicht hätte tun können, wenn er gewollt. [Also bleiben noch heutigentags des Antichrist, nämlich des römischen Papstes Glieder und andere mehr Ketzer in der Welt, dass die christliche Kirche dadurch geprüft und bewährt werde, ob sie wolle wieder zu des Antichristen Gräueln umkehren oder den Ketzern zufallen oder aber bei dem Bekenntnis des Evangeliums beständig verharren.]


Das 3. Kapitel

  • Die Israeliten werden durch Verheiratung mit den Kanaanitern zur Abgötterei gezogen. v. 1.
  • Darum sie dem Könige in Mesopotamien, Cusan Risathaim, in seiner Gewalt übergeben werden und da sie Buße tun, erlöst sie Athniel. v. 8.
  • Danach wenden sie sich wieder zur Abgötterei und werden von Eglon der Moabiter Könige überwältigt, dass sie ihm dienen müssen, welche Ehud errettet, da sie Buße tun, der den König Eglon ersticht und die Moabiter im Streit überwindet. v. 12.
  • weiter erschlägt Sanigar, ein tapfer Held, sechshundert Philister, mit einem Ochsenstecken. v. 31.

1. Dies sind die Heiden, die der Herr ließ bleiben, dass er an ihnen Israel versuchte, die nicht wussten um die Kriege Kanaans {5Mos 7v22},

Bleiben: Nämlich im Lande Kanaan.

Versuchte: Damit kundwürde, ob die Israeliten an der rechten Religion steif und fest halten und dabei bleiben wollten oder aber der Gottlosen Kanaaniter Weise annehmen.

Wussten: Das ist: Die noch nie keinen Feind in der Schlacht gesehen hatten und kein Treffen getan, damit sie eine Übung hätten und wenn es die Not erforderte, ihren Mann bestehen könnten. [Ist deswegen der Brauch der Wehr und Waffen dem Volk Gottes unverboten.]

2. und dass die Geschlechter der Kinder Israel wüssten und lernten streiten, die vorhin nichts drum wussten:

3. nämlich die fünf Fürsten der Philister und alle Kanaaniter und Zidonier und Heviter, die am Berge Libanon wohnten, von dem Berge Baal-Hermon an, bis man kommt gen Hemath {5Mos 3v8 Jos 11v3}.

Kanaaniter: So viel ihrer übergeblieben waren, die Josua nicht vertilgt hatte.

Zidonier: Das ist: Die Einwohner der weitberühmten Gewerbe- und Handel-Stadt Zidon.

Hemath: Einer Stadt, also genannt.

4. Dieselben blieben, Israel an denselben zu versuchen, dass es kundwürde, ob sie den Geboten des Herrn gehorchten, die er ihren Vätern geboten hatte durch Mose.

Blieben: Nämlich dass sie von den Kindern Israel nicht überwältigt wurden. [Also bleibt in uns der alte Adam, damit durch den Streit des Fleisches und Geistes kund und offenbar werde, ob wir dem Worte Gottes oder unseres Fleisches Begierden und Gelüsten begehren zu folgen.]

5. Da nun die Kinder Israel also wohnten unter den Kanaanitern, Hethitern, Amoritern, Pheresitern, Hevitern und Jebusitern,

Da nun: Was zuvor von der Israeliten Abfall und ihrer Strafe in allgemeiner und summarischerweise vorgebracht wurden, das wird jetzt bis zu Ende dieses Buches weitläufiger ausgeführt und erklärt.

Und Jebusitern: Welche Völker alle miteinander im Lande Kanaan hin und wieder wohnten.

6. Nahmen sie jener Töchter zu Weibern und gaben ihre Töchter jener Söhnen und dienten jener Götter;

Zu Weibern: Welches ihnen doch in seinem Gesetz ausdrücklich verboten hatte.

Göttern: Dazu sie sich von ihren Gottlosen und in der Abgötterei halsstarrigen kanaanitischen Weibern überreden ließen, wie ihnen Gott zuvor gesagt, dass es geschehen würde, darum er sie auch davor gewarnt und solches zu tun verboten hatte. [Obwohl nun den Christen nicht gewehrt ist, sich mit Weibern zu verheiraten, die eines anderen Glaubens sind, so ist doch eine große Gefahr dabei.]

7. und taten übel vor dem Herrn und vergaßen des Herrn, ihres Gottes und dienten Baalim und den Hainen.

Übel: Dass sie sich mit der Abgötterei und anderen groben Lastern an Gott schwerlich versündigten.

Vergaßen: Dass sie ihn nicht mehr ehrten nach seinem Worte, wie er ihnen vorgeschrieben hatte.

Baalim: Das ist: Sie dienten Gott nicht nach dem Gesetze Mose, sondern auf heidnische Weise, den man den baalitischen Gottesdienst nannte und opferten Gott nicht an dem Ort allein, da die Bundeslade war, an welchem einzigen Ort er wollte, ordentlicherweise mit den Opfern verehrt und angebetet werden: Sondern richteten in den grünen Wäldern und an anderen lustigen Orten neue und von Gott verbotene Gottesdienst an: Welches aber nicht hieß Gott, sondern den Götzen, ja dem Teufel selber dienen. [Denn es wird Gott mit Menschensatzungen vergeblich gedient {Mt 15}.]

8. Da ergrimmte der Zorn des Herrn über Israel und verkaufte sie unter die Hand Kusan-Risathaims, des Königs zu Mesopotamien; und dienten also die Kinder Israel dem Kusan-Risathaim acht Jahre.

Verkaufte: Das ist: Er hat sie demselben Könige in seine Gewalt übergeben, dass sie ihm dienen und unterworfenen sein mussten. [Wir werden aber dann von unseren Feinden überwunden, wenn wir Gott mit unseren Sünden erzürnen und er selbst uns unter der Feinde Hand und Gewalt übergibt.]

9. Da schrien die Kinder Israel zu dem Herrn; und der Herr erweckte ihnen einen Heiland, der sie erlöste, Athniel, den Sohn Kenas, Kalebs jüngsten Bruders.

Schreien: Das ist: Als die Israeliten unter der schweren Dienstbarkeit sich der vorigen Guttaten Gottes erinnert und wie undankbar sie sich dagegen verhalten, haben sie ihre Sünde erkannt und ihnen dieselbe lassen von Herzen leid sein, auch um Verzeihung gebeten und dass sie Gott aus solchem Jammer und Elend erlösen wollte.

Heiland: Das ist: Einen vortrefflichen Helden, der sie wiederum frei machte von der Dienstbarkeit.

Jüngsten Bruder: Das ist: Sein naher Verwandter, der viel jünger war als Kaleb. [Denn man muss nicht immer das Alter, sondern auch die besonderen Gaben Gottes ansehen.]

10. Und der Geist des Herrn war in ihm; und wurde Richter in Israel und zog aus zum Streit. Und der Herr gab den König zu Syrien, Kusan-Risathaim, in seine Hand, dass seine Hand über ihn zu stark wurde.

In ihm: Das ist: Gott hat ihn mit einer besonderen Gabe des Heiligen Geistes, als der Weisheit und der Stärke, begabt.

Richter: Dass er aus Anregung des Heiligen Geistes das Regiment annahm und ergaben sich ihm die Israeliten willig unter seinen Gehorsam, weil er in Eroberung der Stadt Kiriath Sepher sich tapfer und männlich gehalten hatte, wie zuvor im ersten Kapitel gemeldet wurde, deshalb ihm auch Kaleb seine Tochter zum Weibe gab.

Zog aus: Nämlich da er ein Kriegsheer aus dem Volk Gottes versammelt hatte, welches er wider den König in Mesopotamien führte.

Syrien: Oder Mesopotamien, denn es eine Landschaft war.

Zu stark: Das ist: Er hat ihn überwunden und so geschwächt, dass er sich nicht mehr wider die Kinder Israel auflehnen durfte. Haben also die Israeliten ihre vorige Freiheit wiederum erlangt, nicht durch ihr Verdienst, sondern aus Gottes Gnaden. [So werden auch die bußfertigen Sünder, so mit einem gläubigen Herzen zu Gott schreien, erhört und vom ewigen Verderben errettet.]

11. Da wurde das Land stille vierzig Jahre. Und Athniel, der Sohn Kenas, starb.

Still: Das ist: Nämlich nach gemeldeter Schlacht und unter diesem Richter, solange er lebte, dass die Israeliten ganze vierzig Jahr keinen Krieg mehr gehabt. [Es ist aber eine große Wohltat Gottes, wenn ein Regiment so viele Jahre ruhig sein kann und daneben diese Gnade noch viel größer, wenn in der rechten Kirche ein gottseliger und beständiger Friede ist.]

Starb: Nämlich da vierzig Jahre nach dem Kriege verflossen waren.

12. Aber die Kinder Israel taten weiter übles vor dem Herrn. Da stärkte der Herr Eglon, den König der Moabiter, wider Israel, darum dass sie übles taten vor dem Herrn.

Übles: Als ihr Richter Athniel gestorben war: Der die Kinder Israel nicht allein vor der Feinde Gewalt geschützt, sondern auch im Zaum gehalten hatte, dass sie nicht in Abgötterei gerieten: Da sind sie bald wieder abgefallen und haben sich mit Abgötterei verunreinigt, wie nicht weniger mit anderen groben Lastern, die aus der Abgötterei entstehen. [Und empfindet das Land einen großen Verlust, welches eines frommen und tapferen Fürsten beraubt wird, weil der Gemeinde Pöbel leicht in Abgötterei, Ketzerei und andere grobe Laster fällt, welche Gott später mit schweren Strafen heimsucht.]

Stärkt: Denn er wäre sonst den Kindern Israel viel zu schwach gewesen. [Aber Gott erweckt nicht allein die Feinde, dass er durch sie die Sünde seines Volkes strafe: Sondern gibt ihnen auch Kraft und Mut, dass sie sein Volk können demütigen.]

Wider Israel: Dass sie ihm nicht widerstehen konnten und den Kürzeren ziehen mussten.

13. Und sammelte zu ihm die Kinder Ammon und die Amalekiter. Und er zog hin und schlug Israel und nahm ein die Palmenstadt.

Sammelt: Dass sie sich zu ihm schlugen und er ein großes und mächtiges Heer zusammenbrachte.

Palmenstadt: Welche zuvor der Israeliten gewesen war und er, der König Eglon, nach erhaltenem Sieg ihnen abgedrungen.

14. Und die Kinder Israel dienten Eglon, der Moabiter Könige, achtzehn Jahre.

Achtzehn: Da sie unterdes ohne allen Zweifel viel Ungemach und Überdrang in solcher Dienstbarkeit erleiden mussten. [Denn Gott zieht sein Volk bald nachdem es gesündigt, zur Strafe {1Petr 4}. Auf dass sein Wort wahrhaft bleibe, indem er die Sünder und Übertreter seiner Gebote zu strafen droht: Und dann, dass er die Seinen, so sich an ihm vergriffen, zur Buße leite und führe: Wie auch, dass die gottlosen Heiden Beispiel hätten, daraus sie leicht erkennen und sich die Rechnung machen konnten, wenn sie wollten, was sie endlich zu erwarten haben, weil Gott seine Kinder und Gläubigen also züchtigt.]

15. Da schrien sie zu dem Herrn; und der Herr erweckte ihnen einen Heiland, Ehud, den Sohn Geras, des Sohnes Jeminis, der war link. Und da die Kinder Israel durch denselben Geschenk sandten an Eglon, der Moabiter Könige,

Schrien: Nämlich um Vergebung der Sünden und Erlösung aus solchem Elend. Denn sie empfangen, dass sie um ihres Abfalls willen von der rechten wahren Religion, diese schwere Strafe verdient hätten, darum haben sie sich durch eine wahre Buße zu Gott bekehrt.

Heiland Das ist: Einen tapferen Helden, der sie aus solcher Dienstbarkeit erlöste.

Jemini: Aus dem Stamm Benjamin.

Link: Denn er an der rechten Seite krank war, wie es im Hebräischen dahin lautet, darum er sich mit der linken Hand behelfen müssen. [Und kann Gott auch wohl durch ein schwaches und gebrechliches Werkzeug große Taten und Wunder verrichten.]

Geschenke: [Denn welche ihrer ordentlichen und frommen Obrigkeit nicht gerne ihre angemessenen Steuern geben, die müssen später den Tyrannen nicht allein Steuer geben, sondern auch mit Geschenken und Verehrungen sie versöhnen.]

16. machte ihm Ehud ein zweischneidiges Schwert einer Elle lang und gürtete es unter sein Kleid auf seine rechte Hüfte;

Machte: Weil er aus göttlichem Eingeben mit denen Gedanken umging, wie er das Volk Israel aus des Königs Eglon Tyrannei erretten möchte und aber kein anderes Mittel sah, dadurch der Sache könnte geholfen werden, denn wenn er den Tyrannen umbrächte und danach das israelitische Volk hieße zur Waffe zu greifen.

Unter: Damit niemand merkte, dass er eine Waffe bei sich trüge.

Rechte: Auf dass er mit seiner linken Hand, die er gebrauchen musste, das Schwert desto leichter ausziehen könnte.

17. und brachte das Geschenk dem Eglon, der Moabiter Könige. Eglon aber war ein sehr fetter Mann.

Brachte: Ohne Zweifel mit Zeichen einer großen Demut und vieler Ehrerbietung.

18. Und da er das Geschenk hatte überantwortet, ließ er das Volk, die das Geschenk getragen hatten,

Überantwortet: Dass er seine Sache allerdings verrichtet hatte, darum er zum Könige abgefertigt wurde.

Ließ er: Das ist: Nachdem er einen Feldweg mit denen Leuten gegangen war und ihnen das Geleit geben hatte, die mit ihm zum Könige zogen und seine Gefährten gewesen waren, hat er sie ihres Pfads lassen fortziehen und sich von ihnen abgesondert.

19. und kehrte um von den Götzen zu Gilgal und ließ ansagen: Ich habe, o König, dir was Heimliches zu sagen. Er aber hieß schweigen und gingen aus von ihm alle, die um ihn standen.

Götzen: Das ist: Er machte sich von dem Ort, in Gilgal, da auf der Straßen öffentliche Götzenbilder standen, wieder zurück zu dem Könige, als ob er etwas wichtiges, so dem Könige und dem ganzen Königreiche zum Aufnehmen geben würde, vorzubringen hätte, darum er sich wiederum gen Hof machte.

Ansagen: Das ist: Er ließ sich bei dem Könige anzeigen und begehrte vor ihn.

Gingen aus: Denn weil des Königs Diener nicht anders meinten, es würde Ehud dem Könige geheime Sachen vorbringen, sind sie abgetreten und aus dem Gemach gewichen.

20. Und Ehud kam zu ihm hinein. Er aber saß in der Sommerlaube, die für ihn allein war. Und Ehud sprach: Ich habe Gottes Wort an dich. Da stand er auf vom Stuhl.

Gottes Wort: Das ist: Ich habe dir aus Gottes Befehl etwas anzuzeigen. Und hatte zwar Ehud im Ernst und in der Wahrheit aus Eingeben des Heiligen Geistes diesen Befehl, dass er den König erstechen sollte, welches er doch vor der Zeit nicht schuldig war zu eröffnen, darum redet er den König mit dunklen und zweifelhaften Worten an.

Stand: Auf dass er desto besser hören und mit Fleiß aufmerken könnte, was ihm Ehud Großes verkündigen würde. Denn weil er nicht anders gedacht, als dass Ehud hochwichtige Sachen vorzubringen hätte, besonders, da er den Namen Gottes gehört, ob er wohl sonst ein gottloser Mensch war, so hat er dennoch solche Worte Gottes mit gebührender Reverenz anhören wollen.

21. Ehud aber reckte seine linke Hand aus und nahm das Schwert von seiner rechten Hüfte und stieß es ihm in seinen Bauch,

22. dass auch das Heft der Schneide nach hineinfuhr und das Fett das Heft verschloss (denn er zog das Schwert nicht aus seinem Bauch), dass der Mist von ihm ging.

Verschloss: Das ist: Weil Eglon so feist war, ist die ganze Waffe mit Klinge und Heft in den Bauch gefahren, dass es sich allerdings darin verbarg.

Mist: Ist also eines jämmerlichen und schändlichen Todes gestorben und hat ein Ende genommen, wie die Tyrannen pflegen.

23. Aber Ehud ging den Saal hinaus und tat die Tür hinter ihm zu und verschloss sie.

Saal: (Nach Luther) Die Ratsstube, da die Stühle standen.

Verschloss: Damit des Königs Diener nicht leicht und ohne Schlüssel in das Gemach, darin der König erstochen lag, könnten hineinkommen, sondern meinten, der König hätte selber die Tür zugeschlossen. [Obwohl nun Ehud in diesem Stücke viel falscher Praktiken gebraucht und seinen Herrn, den König, erwürgt hat, so soll man ihn doch darum keines Bubenstücks bezichtigen, weil er, wie zuvor gemeldet, von Gott besonders dazu erweckt wurde, dass er das Volk Gottes von des moabitischen Königs Tyrannei erlösen sollte. Darum gleichwie eine Obrigkeit nicht sündigt, wenn sie nach dem Befehl Gottes einen Übeltäter, der durch die weltlichen Gesetze zum Tode verurteilt ist, hinrichten lässt: Also hat Ehud auch nicht Unrecht daran getan, dass er auf den Befehl Gottes einen Tyrannen erwürgt hat, und muss man seine vorgewandten Scheinreden nicht der Treulosigkeit zuschreiben, sondern als sinnreiche Anschläge rühmen. Denn man soll in wichtigen Sachen weislich und behutsam handeln. Doch soll nicht ein jeder solche besondere Heldentaten nachzutun sich unterstehen.]

24. Da er nun hinaus war, kamen seine Knechte hinein und sahen, dass die Tür der Sommerlaube verschlossen war, und sprachen: Er ist vielleicht zu Stuhl gegangen in der Kammer an der Sommerlaube.

Hinein: Vor die Sommerlaube, oder wie wir es nennen möchten, ins Vorgemach.

25. Da sie aber so lange harrten, bis sie sich schämten (denn niemand tat die Tür der Laube auf), nahmen sie den Schlüssel und schlossen auf; siehe, da lag ihr Herr auf der Erde tot.

Harrten: Ob er würde wieder herauskommen.

Schämten: Weil er so lange an solchem Ort blieb.

Niemand tat: Das ist: Die vor der Tür konnten nichts merken, dass sich der König wiederum hervormachen und auftun wollte.

26. Ehud aber war entronnen, dieweil sie verzogen und ging vor den Götzen über und entrann bis gen Seirath.

Verzogen: Da sie nämlich vor der Tür eine gute Weile umsonst und vergeblich warteten, bis der König auftun würde.

Götzen: An welchem Ort er wieder umgekehrt war, zu dem Könige, wie kurz zuvor gemeldet.

27. Und da er hineinkam, blies er die Posaune auf dem Gebirge Ephraim. Und die Kinder Israel zogen mit ihm vom Gebirge und er vor ihnen her;

Hinein: Nämlich in Seirath.

Posaunen: Damit er den Israeliten ein Zeichen gegeben, dass sie sollten zur Waffe greifen und ihre Freiheit wiedererlangen.

Zogen: Denn sie sich nicht lange gesäumt, sondern haben die Waffe zur Hand genommen und sind ihm nachgefolgt.

Vor ihnen: Als ihr Anführer und Feld-Oberster. [Denn es sollen die Obersten sich voran finden lassen]

28. und sprach zu ihnen: Jagt mir nach; denn der Herr hat euch die Moabiter, eure Feinde, in eure Hände gegeben. Und sie jagten ihm nach und gewannen die Furt am Jordan ein, die gen Moab geht, und ließen niemand hinübergehen.

Mir nach: Als der euch vorzieht und den Weg weis und schlagt keck alle Moabiter zu Boden, die ihr antrefft.

Gegeben: Darum ist es Zeit, dass wir das Joch der Dienstbarkeit von unserem Halse reißen und uns an unseren Feinden rächen.

Ihm nach: Das ist: Sie sind ihrem Obersten mit Willen gefolgt, als den Gott ihnen zugeschickt hatte.

Geht: Damit nicht die Völker, so jenseits des Jordans wohnten, den Moabitern könnten zu Hilfe kommen. [Denn es soll ein Kriegsoberster nicht warten noch verziehen, bis die Feinde alle ihre Macht zusammen gebracht haben.]

Niemand: Der den Moabitern zuziehen wollte.

29. Und schlugen die Moabiter zu der Zeit, bei zehntausend Mann, allzumal die besten und streitbaren Männer, dass nicht einer entrann.

Schlugen: Nachdem sie ihnen den Pass verlegt hatten.

Entrann: Sondern wen sie trafen, der musste herhalten.

30. Also wurden die Moabiter zu der Zeit unter die Hand der Kinder Israel gedämpft. Und das Land war stille achtzig Jahre.

Gedämpft: Das ist: Sie sind so geschwächt und gedemütigt worden, dass sie nicht mehr über die Israeliten zu herrschen begehrten, sondern ihnen vielmehr unterworfen waren. [Denn Gott stößt die Hoffärtigen vom Stuhl und erhebt die Niedrigen.]

Stille: Das ist: Es war guter Friede im Lande, da die Kinder Israel wohnten, dass sich niemand wider sie setzte. [Und ist ein beständiger langwährender Friede in einem Regiment eine große Gnade und Guttat Gottes, dass man Gott täglich danken soll.]

31. Danach war Samgar, der Sohn Anaths; der schlug sechshundert Philister mit einem Ochsenstecken und erlöste auch Israel.

Danach: Als Ehud gestorben war.

Samgar: Der auch von Gott besonders dazu erweckt war, dass er Richter über Israel sein sollte.

Schlug: Aus einer besonderen Kraft und Stärke des Heiligen Geistes, damit er von Gott begabt war.

Philister: Da sie den Israeliten Unruhe machten und überlästig waren.

Ochsenstecken: Damit man die Ochsen treibt und regiert. Welches denn ein wunderbarer Sieg war und des Simsons Geschichte fast gleicht, da er mit einem Esel-Kinnbacken tausend Mann erschlug. [Denn wenn Gott den Feinden ein Schrecken einjagen will, so darf er nicht viele Leute noch starke Waffen oder Harnisch dazu.]


Das 4. Kapitel

  • Die Kinder Israel fallen wieder in Abgötterei, darum sie vom Könige der Kanaaniter Jabin überwältigt werden. v. 1.
  • Aber Debora eine Prophetin (so das Volk zur Buße ermahnt) heißt Barak wider den Tyrannen sich rüsten. v. 4.
  • Dem zieht des Königs Hauptmann Sisera entgegen, wird aber in die Flucht geschlagen und da er in der Hütte Jael, einer Matronen, einkehrt, wird er von derselben erwürgt. v. 12.

1. Aber die Kinder Israel taten weiter übel vor dem Herrn, da Ehud gestorben war.

Übel: Dass sie ihren Gott, der sie aus ihrer Not errettet, abermals verließen und mit Abgötterei sich befleckten.

Gestorben: Welcher, neben Samgar, bei ihren Lebzeiten das Volk von der Abgötterei abgehalten, dass sie dieselbe nicht öffentlich treiben dürfen. [Denn wenn vortreffliche Regenten, die von Gott besonders erweckt wurden, absterben, so fällt das Volk ganz leicht und mit schlechter Gelegenheit von der rechten Religion ab.]

2. Und der Herr verkaufte sie in die Hand Jabins, der Kanaaniter König, der zu Hazor saß; und sein Feldhauptmann war Sisera und er wohnte zu Haroseth der Heiden {1Sam 12v9}.

Zu Hazor: Und ist dieser König einer von desselben Königs Nachkommen gewesen, den Josua umgebracht hatte: Welchem die Kinder Israel zur Dienstbarkeit von Gott übergeben wurden, der ihnen viel Leid getan und haben sie sich seiner Gewalt nicht erwehren können.

Sisera: Dem der König als einem tapferen Helden und berühmten Feldobersten die Kriegssachen vertraut hatte.

Der Heiden: Welcher Ort ohne Zweifel von den Israeliten also genannt wurde, weil noch viele Heiden und unbeschnittene Völker darin später gewohnt. [Kann deswegen Gott bald eine Geißel oder Rute finden, wenn er seines Volkes Vertretungen strafen will.]

3. Und die Kinder Israel schrien zum Herrn; denn er hatte neunhundert eiserne Wagen und zwang die Kinder Israel mit Gewalt zwanzig Jahre.

Schrien: Sie baten um Vergebung der Sünden und dass er sie von solchem mächtigen Tyrannen erlösen wollte.

Eiserne Wagen: Damit er auch die allerbeste und mächtigste Schlachtordnung trennen können und darum als unüberwindlich geachtet wurde.

4. Zu der selbigen Zeit war Richterin in Israel die Prophetin Debora, ein Eheweib des Lapidoth.

Zeit: Wie die Israeliten so bedrängt waren und zum Herrn schrien, da hat Gott ihr Gebet erhört und sich dahin entschlossen, dass er ihnen helfen wollte durch nachfolgende Mittel.

Prophetin: Die mit besonderen Gaben des Heiligen Geistes erleuchtet war, also dass sie von zukünftigen Dingen aus Eingeben des Heiligen Geistes weissagen konnte und denn auch das Volk mit dem Worte Gottes unterrichtete und nach dem Gesetz Gottes in streitigen Sachen das Urteil fällte. [Dies Weib hat Gott dazu ausersehen, dass er durch ihr zutun sein Volk erlösen wollte, welche doch im Ehestand gelebt und nichtsdestoweniger ein prophetisches und politisches Amt verwaltet hat. Dabei wir lernen sollen, dass Gott das weibliche Geschlecht nicht verworfen hat und dass der Ehestand ein heiliger und Gott wohlgefälliger Stand sei.]

Debora: Welches so viel heißt als eine Biene.

5. Und sie wohnte unter der Palme Deboras, zwischen Rama und Bethel, auf dem Gebirge Ephraim. Und die Kinder Israel kamen zu ihr hinauf vor Gericht.

Palmen: Die von ihr den Namen bekam.

Gericht: Das ist: Sooft sie Unterricht begehrten in Gottes Wort oder eine schwere Sache in politischem Handel vorfiel, so brauchten sie ihres Rates und richteten sich nach ihrem Ausspruch. Also dass sie von wegen der herrlichen Gaben des Heiligen Geistes bei dem israelitischen Volk in großem Ansehen war.

6. Die selbige sandte hin und ließ rufen Barak, dem Sohn Abinoams, von Kedes-Naphthali und ließ ihm sagen: Hat dir nicht der Herr, der Gott Israels, geboten: Gehe hin und zieh auf den Berg Thabor und nimmt zehntausend Mann mit dir von den Kindern Naphthali und Sebulon {Hebr 11v32}?

Sandte: Aus Anregung und Eingeben des Heiligen Geistes.

Naphthali: [Erwählt also Gott aus einem unachtsamen Stamm einen Fürsten seines Volkes, damit anzuzeigen, wie er das verachtete vor der Welt erwähle, auf dass er, was vor der Welt hoch und groß scheint, zuschanden mache {1Kor 1}.]

Zehntausend: Die dazu vielleicht in Kriegen nicht besonders geübt waren.

7. Denn ich will Sisera, den Feldhauptmann Jabins, zu dir ziehen an das Wasser Kison mit seinen Wagen und mit seiner Menge und will ihn in deine Hände geben.

Geben: Dass du ihn überwindest und samt seinem Heer in die Flucht schlägst.

8. Barak sprach zu ihr: Wenn du mit mir ziehst, so will ich ziehen; ziehst du aber nicht mit mir, so will ich nicht ziehen.

Ziehst du: Nämlich in diesem Zug und in den Streit, damit ich deines Rats gebrauchen könne, denn also werde ich diesen Krieg glücklicher zu Ende bringen, wenn ich dich zu einer Gesellin und Ratgeberin bei mir habe.

Nicht ziehen: Es schlägt aber Barak seinen Beruf hiermit nicht allerdings aus, ist auch nicht ungläubig, noch dem Worte Gottes ungehorsam, sondern hat später die Feinde durch den Glauben überwunden, wie der Apostel zu Hebräer Kapitel 11, von ihm rühmt: Dennoch ist es nicht allerdings ohne Schwachheit des Fleisches, dass er wieder fortziehen will, wenn er nicht die Prophetin mit und bei sich habe. [Denn die Christen sind nie so vollkommen im Glauben, als sie wohl sollten und begehren.]

9. Sie sprach: Ich will mit dir ziehen, aber der Preis wird nicht dein sein auf dieser Reise, die du tust, sondern der Herr wird Sisera in eines Weibes Hand übergeben. Also machte sich Debora auf und zog mit Barak gen Kedes.

Ich will: Stärkt also die Prophetin den Barak und hilft seiner Schwachheit auf.

Preis: Du wirst den Ruhm nicht davon bringen, dass du den Feind erschlagen hast: Und das zur Strafe deines schwachen Glaubens.

Weibes Hand: Das ist: Ein Weib wird den Feldhauptmann umbringen und nicht du. [Also will Gott, dass man ihm allein die Ehre gebe, dass er seine Kirche erlöse.]

10. Da rief Barak Sebulon und Naphthali gen Kedes und zog zu Fuß mit zehntausend Mann. Debora zog auch mit ihm.

Rief: Das ist: Er erwählte ein Kriegsheer aus diesen beiden Stämmen.

Fuß: Das ist: Er hatte nur lauter Fußvolk in seinem Kriegsheer.

11. Heber aber, der Keniter, war von den Kenitern, von den Kindern Hobabs, Moses Schwager, gezogen und hatte seine Hütte aufgeschlagen bei den Eichen Zaanaim neben Kedes {Jud 1v16}.

Von den: Das ist: Von seinen anderen Mitbrüdern und Geschlechtsverwandten.

Hobab: Welcher mit seinen Nachkommen sich zu den Israeliten gesellt hatte und mit ihnen durch die Wüste ins Land Kanaan gezogen war.

Hütte: Denn es wohnten im Lande Kanaan viele in Hütten, mit denen sie von einem Ort zum anderen zogen. Und wird diese Geschichte von dem Heber hier mit eingeführt, von wegen der nachfolgenden Historie, da gemeldet wird, dass des Hebers Weib den Feldhauptmann Sisera, wie er zu ihr in ihre Hütte um Sicherheit geflohen war, umgebracht habe.

12. Da wurde Sisera angesagt, dass Barak, der Sohn Abinoams, auf den Berg Thabor gezogen wäre.

13. Und er rief alle seine Wagen zusammen, neunhundert eiserne Wagen und alles Volk, das mit ihm war, von Haroseth der Heiden an das Wasser Kison.

Allem Volk: Das ist: Er hat die ganze Macht des Königreichs zusammengebracht, damit er meinte den Barak anzugreifen, und ihn mit seinem Kriegsvolk bald aufzureiben. [Also pflegte der Antichrist alle seine Macht daran zu strecken, damit die Kirche ihre Freiheit nicht wiederum erlange.]

14. Debora aber sprach zu Barak: Auf, das ist der Tag, da dir der Herr Sisera hat in deine Hand gegeben; denn der Herr wird vor dir herausziehen. Also zog Barak von dem Berge Thabor herab und die zehntausend Mann ihm nach.

Auf: Zieh dem Sisera mit deinem Volk entgegen und falle die Feinde männlich an.

Für dir: Darum du mit Gottes Hilfe den Sieg erhalten wirst, daran du keineswegs zweifeln sollst.

Zog: Denn obwohl Sisera, dem äußerlichen Ansehen nach, ein unüberwindliches Kriegsvolk bei sich hatte, so hat doch Barak dem Worte Gottes geglaubt. [Also sollen auch wir unseren Glauben mit dem Worte Gottes stärken, wider alle Gefahr, die uns zu Händen stößt, so werden wir nicht zuschanden werden.]

15. Aber der Herr erschreckte den Sisera samt allen seinen Wagen und ganzem Heer vor der Schärfe des Schwertes Baraks, dass Sisera von seinem Wagen sprang, und floh zu Fuß {Jos 10v10 Ps 83v10}.

Erschreckte: Also dass weder der Feldhauptmann Sisera, noch die auf den Wagen streiten sollten, noch das ganze übrige Kriegsvolk vor den Israeliten stehen, noch ihnen das Angesicht bieten durften, sondern sich schändlich in die Flucht gaben. [Denn der Menschen Herzen sind in Gottes Hand, dergestalt, dass er aus Herzhaften Verzagte und die, so verzagt sind, in einem Augenblick herzhaft machen kann. Heutigentags aber schreckt und schlägt Gott die Feinde seiner Kirche, als da sind die Ketzer und der Antichrist zu Boden mit dem geistlichen Schwert und mit den Waffen des göttlichen Wortes, damit dasselbe mitten unter den Feinden die Oberhand behalte.]

16. Barak aber jagte nach den Wagen und dem Heer bis gen Haroseth der Heiden. Und alles Heer Sisseras fiel vor der Schärfe des Schwertes, dass nicht einer überblieb.

17. Sisera aber floh zu Fuß in die Hütte Jaels, des Weibes Hebers, des Keniters. Denn der König Jabin zu Hazor und das Haus Hebers, des Keniters, standen miteinander im Frieden.

Keniters: Von dem kurz zuvor gemeldet wurde, dass er von Moses Schwager hergekommen ist.

Friede: Das ist: Der König Jabin und Heber waren gute Freunde miteinander, also dass sich einer zum anderen nichts Feindliches versah. Darum Sisera zu des Hebers Hütte floh, weil er darin sicher zu sein meinte.

18. Jael aber ging heraus Sisera entgegen und sprach zu ihm: Weiche, mein Herr, weiche zu mir und fürchte dich nicht! Und er wich zu ihr ein in ihre Hütte; und sie deckte ihn zu mit einem Mantel.

Weiche zu mir: Kehre zu mir ein, du sollst in meiner Hütte sicher sein.

19. Er aber sprach zu ihr: Lieber, gib mir ein wenig Wassers zu trinken, denn mich dürstet. Da tat sie auf einen Milchtopf und gab ihm zu trinken und deckte ihn zu.

Ihn: Nämlich den Sisera, als ob sie ihn begehrte vor den Feinden zu verbergen.

20. Und er sprach zu ihr: Tritt in der Hütte Tür und wenn jemand kommt und fragt, ob jemand hier sei, so sprich: Niemand.

Jemand: Nämlich von des Baraks Kriegsleuten.

Hier sei: Der aus dem Heer geflohen wäre.

Niemand: Zu welchem Befehl Jael sich gestellt, als ob sie demselben nachkommen wollte: Da sie doch bereits mit den Gedanken umgegangen, dass sie ihn erwürgen möchte.

21. Da nahm Jael, das Weib Hebers, einen Nagel von der Hütte und einen Hammer in ihre Hand und ging leise zu ihm hinein und schlug ihm den Nagel durch seinen Schlaf, dass er zur Erde sank. Er aber entschlummerte, wurde ohnmächtig und starb.

Nagel: Nämlich einen starken eisernen Nagel, damit man die Seile der Hütte aufzieht.

Schlug: [Obwohl dieses Weibes Tat bei jemand das Ansehen gewinnen möchte, als ob es ein treuloses und verräterisches Stück wäre: So hat sie doch nicht daran gesündigt, dass Gott ihre Tat als eine besondere und tapfere Heldentat im Lobgesang lässt rühmen. Denn gleichwie diejenigen, welche vom Reich in die Acht erklärt sind, vogelfrei gemacht werden, dass sie von jedermann mögen angefallen und danieder geschlagen werden und ihnen keiner weder Treue noch Glauben zu halten schuldig ist, sie zu schützen, ja vielmehr allen allgemein befohlen und auferlegt wird, dass sie solche Ächter sollen fangen und umbringen, wo sie dieselben antreffen: Also weil Sisera durch der Debora Prophezeiung von Gott als ein Feind des Volkes Gottes erklärt und vogelfrei gemacht wurde, so ist die Jael ihm nicht mehr gebunden gewesen, dass sie ihm hätte müssen Glauben halten, sondern hat recht und löblich daran getan, dass sie den öffentlichen und allgemeinen Feind des Volkes Gottes umgebracht hat.]

22. Da aber Barak Sisera nachjagte, ging ihm Jael entgegen heraus und sprach zu ihm: Gehe her, ich will dir den Mann zeigen, den du suchst. Und da er zu ihr hinein kam, lag Sisera tot und der Nagel stak in seinem Schlaf.

Nachjagte: Und bis zu der Jael Hütte kam, seinen Feind zu suchen, von welchem er gehört hatte, dass er aus der Schlacht entronnen wäre.

Mann: Nämlich deinen Feind Sisera.

Tod: Über welche kühne Tat sich Barak ohne Zweifel erstlich entsetzt war. [Aber Gott kann und pflegt bisweilen auch durch das weibliche schwache Geschlecht große und tapfere Taten auszurichten.]

23. Also dämpfte Gott zu der Zeit Jabin, der Kanaaniter König, vor den Kindern Israel.

Jabin: Nach dem er eine solche große und schwere Niederlage erlitten, dass er nicht wieder aufkommen konnte.

Israel: Dass er sich nicht mehr dürfte in den Sinn nehmen, die Kinder Israel zu bestreiten noch unter seine Dienstbarkeit zu bringen: Denn sie waren von Gott wiederum in ihre vorige Freiheit eingesetzt.

24. Und die Hand der Kinder Israel fuhr fort und wurde stark wider Jabin, der Kanaaniter König, bis sie ihn ausrotteten.

Ausrotten: [Also sollen auch wir, die wir immer wieder mit unserem alten Adam streiten und zu Felde liegen müssen, aus dem Worte Gottes je länger je mehr gestärkt werden und des Fleisches Lüsten und Begierden widerstehen, bis wir dieselben dämpfen und unterdrücken und sie im Tode endlich allerdings ausgerottet und vertilgt werden.]


Das 5. Kapitel

  • Die Prophetin Debora und der tapfere Held Barak preisen Gott mit einem Lobgesang, darin die Guttaten Gottes erzählt werden, die er seinem Volk in Erlösung desselben erzeigt hat: Und werden auch diejenigen gerühmt, die Gott zur Erhaltung des Sieges gebraucht, hingegen aber die anderen, so dem Volk Gottes in der Gefahr nicht zu Hilfe kommen, mit einem Verweis abgefertigt: Und wird der Jael kühne Tat mit lebendigen Farben herausgestrichen. v. 2.
  • Darauf erfolgt ein vierzigjähriger Friede. v. 31.

1. Da sang Debora und Barak der Sohn Abinoams, zu der Zeit und sprachen:

Sang: Nämlich zur Danksagung für den erlangten Sieg und Erlösung. Welcher Gesang später auch von dem anderen Israeliten Gott zu Ehren oftmals ist gesungen und wiederholt worden. [Denn es fordert Gott von uns, dass wir für die empfangene Guttaten, besonders aber für die erhaltenen herrlichen, leiblichen oder geistlichen Siege und Überwindungen ihn mit Lobgesängen ehren und preisen sollen. Welches aber von den Christen selten geschieht oder geht doch kalt ab. Darum es kein Wunder ist, dass Gott über unsere Undankbarkeit erzürnt wird und in unserer Trübsal uns eine gute Zeit stecken lässt.]

2. Lobt den Herrn, dass Israel wieder frei geworden ist und das Volk willig dazu gewesen ist.

Nach Luther: Dies Lied will so viel sagen, dass Gott habe den Sisera geschlagen durch die geringsten Leute in Israel, dass die Geringen auch einmal hoch und groß geworden sind, da die großen hohen Geschlechter Israel stille saßen und sie verließen in Nöten. Das ist das Neue, das der Herr erwählt hat, da sind die Bauern Israel prächtig und auch Herren geworden.

Wieder frei: Nämlich nach dem Gott an unseren Feinden Rache geübt und uns den Sieg verliehen hat.

Willig: Das ist: Gott hat verschafft, dass die Leute zu solcher Sache gern und freiwillig sich haben gebrauchen lassen.

3. Hört zu, ihr Könige und merkt auf ihr Fürsten! Ich will, dem Herrn will ich singen, dem Herrn, dem Gott Israels, will ich spielen.

Fürsten: Das ist: Alle miteinander, ihr seid gleich in so hohen Ehren und Würden gesetzt, als ihr immer mögt, so sollt ihr dennoch mir als einer Prophetin zuhören und aufmerken.

Singen: Ich will aus Eingeben des Heiligen Geistes die wunderbaren Werke und großen Wohltaten Gottes rühmen und preisen.

4. Herr, da du von Seir auszogst und einhergingst vom Felde Edoms, da erzitterte die Erde, der Himmel troff und die Wolken troffen mit Wasser {5Mos 2v2 v3 33v2 Ps 68v8 v9 Ps 114v7}.

Seir: Es fängt die Debora ihren Gesang nicht an von der Geschichte, die sich neulich zutrug, da sie von ihren Feinden wiederum waren erlöst und frei gemacht worden: Sondern rühmt auch die Guttat Gottes, da er die benachbarten Völker vor den Kindern Israel geschreckt und furchtsam gemacht, als sie durch die Wüste ins Land Kanaan gezogen.

Edom: Das ist: Da du dein Volk Israel durch die Grenzen des Gebirges Seir, welches der Edomiter Land und Wohnung ist, führtest.

Erzitterte: Das ist: Da du vor deinem Volk Israel hergingst und es zu dem Lande Kanaan führtest, dass es den Völkern in den benachbarten Ländern ein solcher Schrecken und große Furcht ankam, als wenn in einem gräulichen Wetter die Erde erbebt, die Berge zittern, der Blitz hin und wieder leuchtet und die Wolken ein grässliches Aussehen haben, dass man meint, sie werden die Erde mit einer neuen Sündflut überschwemmen und alles durcheinander in einen Haufen werfen.

5. Die Berge ergossen sich vor dem Herrn, der Sinai vor dem Herrn, dem Gott Israels.

Ergossen: Ist einerlei Meinung mit dem vorigen und nur mit anderen Worten wiederholt.

6. Zu den Zeiten Samgars, des Sohnes Anaths, zu den Zeiten Jaels, waren vergangen die Wege; und die da auf Pfaden gehen sollten, die wandelten durch krumme Wege.

Samgars: Jetzt beschreibt sie mit kurzen Worten, wie ein elender und jämmerlicher Zustand im israelitischen Volk war, vor dieser Erlösung, die durch Barak geschah.

Vergangen: Das ist: Es stand zur selben Zeit in der Kirche wie auch im weltlichen Regiment sehr übel. Denn obwohl Samgar sechshundert Philister erschlagen, wie oben Kapitel 3. gemeldet. So ist doch auf solchen Sieg keine rechte Reformierung der Kirche erfolgt, noch das weltliche Regiment zu seiner völligen Freiheit wiederum gekommen. Denn so viel die Religion betrifft, so wandelte das Volk nicht in den Wegen, das ist nach den Geboten des Herrn: Und war niemand, der in weltlichen Sachen Recht und Gerechtigkeit gehandhabt hätte.

Krumme: (Nach Luther) Das ist: Es war kein Regiment noch Ordnung im Lande.

7. Es gebrach, an Bauern gebrach es in Israel, bis dass ich, Debora, aufkam, bis ich aufkam, eine Mutter in Israel.

Bauern: Das ist: Die Bauern haben unter so großer Tyrannei und schwerer Dienstbarkeit, damit das Land bisher bedrückt wurde, das Feld nicht bebauen können, sondern es ist der Ackerbau ganz darniedergelegen. Denn wenn sie schon gerne etwas im Bau erhalten hätten, so wurde es doch von den Tyrannen entweder verwüstet oder hinweggenommen, dass also die Ackerleute zur Arbeit verdrossen wurden, weil sie sahen, dass ihre angewandte Mühe vergebens und umsonst war. Ist es deswegen in der Kirche, im weltlichen und Hausregiment sehr übel gestanden.

Aufkam: Das ist: Bis Gott mich (Debora) hervorzog, die ich ein mütterliches Herz zu diesem Volk trage und habe durch Gottes Gnade aus seinem Befehl den Israeliten den rechten Weg des Wortes Gottes gezeigt, auf dem sie wandeln sollen: Wie ich auch in diesem Volk Recht und Gerechtigkeit wieder aufgerichtet habe und den Fürsten Barak angemahnt, dass er mit unerschrockenem Herzen den Kindern Israel ihre vorige Freiheit wiedergebe.

8. Ein Neues hat Gott erwählt, er hat die Tore bestritten. Es war kein Schild noch Spieß unter vierzigtausend in Israel zu sehen.

Neues: Nämlich einen neuen, seltsamen und wunderbaren Krieg.

Er hat: Nämlich Gott. Denn Barak nicht mit seiner Geschwindigkeit und Stärke die Feinde geschlagen, sondern weil Gott ihnen einen Schrecken einjagte. [Also sollen auch wir, was Gott durch uns wirkt und ausrichtet, nicht uns selber zuschreiben, wie die ruhmsüchtigen Scharrhansen tun, sondern in allem Gott die Ehre geben.]

Kein Schild: Das ist: Unter vielen tausend in Israel wurde fast keiner gefunden, der einen Spieß oder einen Schild wider Sisera geführt hätte. Denn die Israeliten zur selben Zeit mit Spaten oder Hacken und Zaunpfählen und andere dergleichen bäuerischen Instrumenten stritten: Derer aber die Schwerter, Schild und Spieße führten, waren ganz wenig, wie im 1. Sam. 13. klar steht.

9. Mein Herz ist wohl an den Regenten Israels, die freiwillig sind unter dem Volk. Lobt den Herrn,

Regenten: Welche nämlich in den Stämmen Sebulon und Naphthali gefunden werden: dieselbe Obersten und Hauptleute (Will sie sagen) achte ich für ruhmwürdig und Lobes wert.

Freiwillig: Das ist: Die aus freiem Willen und mit einer besonderen Freudigkeit zur Waffe griffen und die Freiheit wiederum zu erlangen, mit Barak in Streit gezogen sind. [Denn welche mit Willen und ungezwungen ihrem Beruf nachsetzen, derselben Tun ist Gott besonders angenehm und gefällig.]

Lobt: (Nach Luther) Das ist: Ihr Herren, Richter und Leute des Volkes.

10. die ihr auf schönen Eselinnen reitet, die ihr am Gericht sitzt und singt, die ihr auf dem Wege geht.

Reitet: Nämlich ihr Israeliten alle miteinander, klein und groß, hohen und niedrigen Standes, preist und dankt Gott, dass er euren Kriegsherren einen solchen Sinn gegeben hat.

Sitzt: Das ist: Ihr Obersten im Volk, die ihr andere an Würde übertrefft und dem Regiment vorsteht.

Geht: Das ist: Ihr Untertanen, die ihr nicht auf Rossen reitet, sondern zu Fuß geht.

11. Da die Schützen schrien zwischen den Schöpfern, da sage man von der Gerechtigkeit des Herrn, von der Gerechtigkeit seiner Bauern in Israel; da zog des Herrn Volk herab zu den Toren.

Schöpfern: Das ist: Bei dem Bach Kison, da man Wasser schöpft, hat man ein Schreien und Seufzen gehört derer, die von den Kindern Israel im Streit erschlagen wurden. Da hat Gott seinen Bauern Recht geschafft und die Feinde und gottlosen Tyrannen mit allem Ernst und in seinem Grimm gestraft, welches Urteil die Israeliten an ihnen vollstreckt haben und nach erlangtem Sieg sich auch zu der Feinde Städte gemacht, dieselben einzunehmen.

Nach Luther: Das ist: Da die Schützen Sisera schrien vor Not am Wasser Kison, da man pflegt zu schöpfen, da half Gott seinen Bauern und ließ das Recht gehen.

12. Wohlauf, wohlauf, Debora, wohlauf, wohlauf und singe ein Liedlein! Mache dich auf, Barak und fange deine Fänger, du Sohn Abinoams!

Wohlauf: Die Prophetin muntert sich selber auf zur Dankbarkeit.

Fänger: Das ist: Erkenne, wie es so eine große Wohltat Gottes sei, dass du, der du zuvor den Kanaanitern unterworfen und als im Kriege gefangener leibeigener Knecht warst, jetzt dieselbe wieder unter dein Joch gebracht und gefangen genommen hast, die dich zuvor unterdrückt und dir viele Plagen antat. [Dergleichen Veränderung gibt es im menschlichen Leben in allen Sachen, dass diejenigen, welche andere begehren ins Verderben zu stürzen, selbst hineinfallen. Darum, wenn es uns wohl geht, sollen wir nicht stolzieren und uns unseres Glücks nicht überheben: wenn es uns übel geht, sollen wir nicht den Mut allerdings sinken lassen und verzagen.]

13. Da herrschten die Verlassenen über die mächtigen Leute; der Herr hat geherrscht durch mich über die Gewaltigen.

Verlassenen: Das ist: Welche zuvor unter den Israeliten unterdrückt und schier allerdings vertilgt wurden, die sind durch diesen Sieg Herren geworden über die stolzen Kanaaniter.

Geherrscht: Das ist: Gott, der seine allmächtige Majestät wider die mächtigen Feinde sehen ließ und dieselben ihm unterworfen, der hat uns seine Gnade und Segen dazu verliehen, dass wir jetzt über die herrschen, welche wir zuvor unüberwindlich sein meinten.

14. Aus Ephraim war ihre Wurzel wider Amalek und nach dir, Benjamin, in deinem Volk. Von Machir sind Regenten gekommen und von Sebulon sind Regierer geworden durch die Schreibfeder.

Wurzel: Das ist: Aus dem Stamm Ephraim sind, als aus einer Wurzel, Häupter und Oberste hergekommen und entsprossen, welche etliche herrliche Siege wider die Amalekiter erhalten. Denn Josua, der aus dem Stamm Ephraim seine Herkunft hatte, ein gutes Teil der Amalekiter vertilgt hat.

Nach Luther: Das ist: Josua war der erste Fürst aus dem Stamm Ephraim {1Chr 8}, der schlug Amalek und nach ihm die anderen, bis dass Sebulon auch einmal einen Josua bekommen hat wider Sisera.

Benjamin: Das ist: Nach Josua ist unter die Fürsten des Volkes Gottes vor anderen berühmt gewesen, Ehud, aus dem Stamm Benjamin gebürtig. Der den Eglon der Moabiter König erwürgt und die Israeliten wieder zu ihrer Freiheit gebracht hat.

Machir: Hiermit halte ich, dass auf Samgar gedeutet werde, der sechshundert Philister umgebracht hat.

Regierer: (Nach Luther) Es nennt Debora die Fürsten Regierer, die mit der Schreibfeder streiten, das ist (geistlich davon zu reden), sie gewinnen mehr durch den Glauben an Gottes Wort, denn mit dem Schwert.

Schreibfeder: Dies verstehe ich von der Debora, die meines Erachtens aus dem Stamm Sebulon war, durch welchen Befehl das Volk wider Sisera angeführt wurde. Denn Debora das israelitische Volk nicht mit Waffen, sondern mit Gesetzen regiert hat und weil sie eine Prophetin war, ist sie nicht mit Spießen und Schwertern, sondern mit Büchern umgegangen: Daher es das Ansehen gehabt, als ob sie mehr mit der Feder als mit dem Schwert dem Regiment vorstand.

15. Und Fürsten zu Isaschar waren mit Debora. Und Isaschar war wie Barak im Grunde, gesandt mit seinem Fußvolk. Ruben hielt hoch von ihm und sonderte sich von uns.

Mit Debora: Das ist: Sie haben sich zu dem Haufen gefunden, welchen Debora versammelt hatte und sind mit in den Krieg gezogen.

Isaschar: Nämlich derselbe Stamm.

Wie Barak: Das ist: Sie sind mit gleicher Freudigkeit fortgezogen wie Barak, bis ins Tal an den Bach Kison, da die Schlacht geschah.

Fußvolk: Das ist: Dieser Stamm hat auch nur lauter Fußvolk mit sich geführt. [Die sind aber Lobens wert und soll man sie nie in vergessen, welche ihre Mitbrüder in der Gefahr nicht verlassen.]

Sonderte: Das ist: Der Stamm Ruben hat in dieser allgemeinen Gefahr den Kopf aus der Schlingen gezogen und ist daheim sitzen geblieben, weil er unsere geringe Anzahl verachtet und hoch von sich selber hielt. [Denn die menschliche Vernunft verachtet die vor der Welt unansehnliche Mittel und Werkzeuge Gottes.]

16. Warum bleibst du zwischen den Hürden, zu hören das Blöken der Herde und hältst groß von dir und sonderst dich von uns?

Hürden: Das ist: Warum sitzt du daheim still und hältst dich neutral, dass du weder zu des Sisera Kriegsvolk stößt, noch uns beistehst? Aber du wartest auf den Ausgang des Streits und willst sehen, welches Teil den Sieg erhalten wird. [Und wird den Rubenitern recht aufgerückt, dass sie in einem so gefährlichen Kriege zu keinem Teil sich schlagen wollten. Dergleichen finden sich auch etliche, die in den Vorhaben streitigen Religionspunkten und Artikeln keinem Teil beifallen wollen, welches ein Zeichen ist, dass sie nicht wissen, was sie glauben. Solche Leute sind weder kalt noch warm, denen Gott feind ist.]

Nach Luther: Das ist: Du bliebest daheim, ob du wohl hörtest das arme Häuflein zu Felde blasen und warst doch nahe bei ihm.

Blöcken: Das ist: Ihr Rubeniter versorgt unterdes daheim euer Vieh und achtet euch eurer Mitbrüder nicht viel, ob es ihnen wohl oder übel gehe. Denn die Rubeniter sich besonders auf die Viehzucht gelegt, darum sie auch von Mose begehrten, dass ihnen ihre Besitzung jenseits dem Jordan gegeben würde, weil es da viel Weide hatte {4Mos 32}.

Groß: Das ist: Aus dieser deiner Absonderung ist leicht, zu lesen, wie du gegen uns gesinnt bist, dass du nämlich einen hohen Geist führst und uns verachtest. [Denn wenn die Kirche in Gefahr steckt, werden vieler Herzen Gedanken offenbar {Lk 2}.]

17. Gilead blieb jenseits des Jordans. Und warum wohnte Dan unter den Schiffen? Asser saß an der Anfurt des Meers und blieb in seinen zerrissenen Flecken.

Gilead: Das ist: Das israelitische Volk, welches im Lande Gilead wohnt, deutet damit vielleicht auf den Stamm Manasse, der dieselbe Landschaft meistenteils innehatte.

Bleib: Das ist: Dasselbe Volk saß auch still und wollte nicht mit uns ausziehen wider Sisera, sondern trachtete nach seinem Nutzen und Vorteil.

Schiffen: Das ist: Warum hat derselbe Stamm viel lieber wollen bei den Schiffen müßig sitzen, als uns in der Gefahr beistehen? Es war aber das Land dieses Stammes am Meer gelegen.

Anfurt: Das ist: Der Stamm Asser, welcher auch am Meer wohnt, hat sich ebenso wenig geregt, uns mit Hilfe beizuspringen, als andere. Welche aber von den Menschen verlassen werden, die verlässt darum unser Herr Gott nicht.

18. Sebulons Volk aber wagte seine Seele in den Tod; Naphthali auch, in der Höhe des Feldes.

Höhe: Nämlich als sie (die beiden Stämme) auf den Berg Thabor sich versammelt hatten, dass sie wider Sisera zu Felde zögen. [Denn wenn man in Gefahr steckt, so findet man wenige Freunde. Nach dem Sprichwort: Freunde in der Not, gehen fünfundzwanzig auf ein Lot.]

19. Die Könige kamen und stritten; da stritten die Könige der Kanaaniter zu Thaanach, am Wasser Megiddo; aber sie brachten keinen Gewinn davon.

Könige: Das ist: Die Fürsten und Obersten, welche bei Sisera in dem Zug waren.

Stritten: Nämlich wider die Israeliten.

Megiddo: Das ist: An dem Bach Kison, da die Schlacht geschah. Denn dasselbe Wasser von den umliegenden Orten viele Namen hatte.

Gewinn: Denn da sie meinten, sie zögen vielmehr auf die Beute und zum Raub, als zum Streit aus, da hat ihnen ihr Anschlag gefehlt und haben anstatt des Raubes Streiche einnehmen müssen. [Denn was die Gottlosen hoffen, ist verloren.]

20. Vom Himmel wurde wider sie gestritten, die Sterne in ihren Läufen stritten wider Sisera.

Stern: Das ist: Es hat Gott selbst wider unsere Feinde gestritten und ihnen einen solchen Schrecken eingejagt, dass sie unseren Angriff nicht erwarten wollten, sondern zeitlich ausgerissen sind. Denn es hat ihnen (wie man im Sprichwort sagt) kein Stern leuchten wollen, ja es sind ihnen alle Elemente zuwider gewesen. [Denn wer Gott zum Feinde hat und die Zeit seiner Strafe sich herzunaht, da denkt man nicht anders, als ob alle Kreaturen wider sich zusammen geschworen hätten.]

21. Der Bach Kison wälzte sie, der Bach Kedumim, der Bach Kison. Tritt, meine Seele, auf die Starken!

Kison: Ist eben derselbe, so zuvor das Wasser Megiddo genannt wurden und auch später der Bach Kedumim heißt und ist alles einerlei Meinung, so wiederholt wird, wie bei den Hebräer gebräuchlich, besonders in ihren Lobgesängen.

Tritt: Mit diesen Worten erzeigt die Prophetin ihre Freudigkeit, vom Geist Gottes erregt, wider die überwundenen und erschlagenen Feinde.

22. Da rasselten der Pferde Füße vor dem Zagen ihrer mächtigen Reiter.

Rasselten: Das ist: Sie sind geflohen, dass sie sich die Eisen abgerannt haben. [Denn wenn Gott den Kriegsleuten den Mut nimmt, da kann kein Feldherr, wie tapfer und mutig er auch sonst ist, bestehen.]

23. Flucht der Stadt Meros, sprach der Engel des Herrn; flucht ihren Bürgern, dass sie nicht kamen dem Herrn zu Hilfe, zu Hilfe dem Herrn zu den Helden!

Engel: Das ist: Gott befiehlt, dass wir nicht zwar aus einer fleischlichen Rachgierigkeit, sondern aus einem rechten göttlichen Eifer, die Einwohner der Stadt Meros (welche ohne Zweifel in der Nachbarschaft gelegen gewesen) verfluchen sollen.

Bürgern: Das ist: Die Einwohner der Stadt Meros sind verflucht und Gott wolle sie ernstlich strafen.

Herrn: d. i. Weil sie dem Volk Gottes nicht Beistand getan, da sie wider ihre Feinde in den Streit zogen, damit sie Gott einen angenehmen Dienst getan hätten. [Denn was seinem Volk Gutes oder Böses geschieht, das rechnet Gott, als wäre es ihm selber geschehen.]

24. Gesegnet sei unter den Weibern Jael, das Weib Hebers, des Keniters; gesegnet sei sie in der Hütte unter den Weibern.

Weibern: Das ist: Die Jael ist unter allen anderen Weibern, so zu dieser Zeit leben, lobenswert, als die in ihrer Hütte eine solche herrliche Heldentat beging, dass sie der Feinde Feld-Obersten Sisseram erwürgt hat. Darum soll ein jeder einem solchen Held ein Gutes wünschen, dass sie einen reichen Segen und viel Glück von Gott erlangen.

25. Milch gab sie, da er Wasser forderte und Butter brachte sie dar in einer herrlichen Schale.

Milch: Jetzt beschreibt Debora die herrliche Heldentat der Jael und malt den Handel gleichsam vor, als ob sie einen wollte auf den Augenschein führen.

Forderte: Damit er seinen Durst begehrte zu löschen.

Schalen: Das ist: Sie hat sich gestellt, als ehre sie ihn ganz hoch, wie einen Fürsten, dass er nichts Böses argwöhnen könne und nicht anders gemeint, denn er sei jetzt aller Gefahr entronnen.

26. Sie griff mit ihrer Hand den Nagel und mit ihrer Rechten den Schmiedehammer; und schlug Sisera durch sein Haupt und zerquetschte und durchbohrte seinen Schlaf.

27. Zu ihren Füßen krümmte er sich, fiel nieder und legte sich; er krümmte sich, fiel nieder zu ihren Füßen; wie er sich krümmte, so lag er und verdarb.

Krümmte: Wie sich die zu krümmen pflegen, welche eines unnatürlichen Todes sterben.

Verderbe: Er hatte sein Teil empfangen, das er sterben musste. [Ein solches schändliches Ende nehmen die Tyrannen und Feinde des Volkes Gottes.]

28. Die Mutter Sisseras sah zum Fenster aus und heulte durch das Gitter: Warum verzieht sein Wagen, dass er nicht kommt? Wie bleiben die Räder seiner Wagen so dahinten?

Sah: Da es nämlich mit seiner Wiederkunft sich lange verzog.

Verzieht: Als wollte sie sagen: Es wird gewisslich nicht recht zugehen, dass er so lange fernbleibt, sonst wäre er, als ein siegreicher Überwinder, auf seinem herrlichen Triumphwagen längst wiedergekommen.

29. Die weisesten unter seinen Frauen antworteten, da sie ihre Klageworte immer wiederholte:

Frauen: Welche er nämlich in seinem Frauenzimmer daheim hielte.

30. Sollen sie denn nicht finden und austeilen den Raub, einem jeglichen Mann eine Metze oder zwei zur Ausbeute und Sisera bunte gestickte Kleider zur Ausbeute, gestickte bunte Kleider um den Hals zur Ausbeute?

Sollen: Als wollten sie sprechen: Warum verwunderst du dich darüber, dass es sich mit ihrer Wiederkunft so lange verzieht? Denn sie gehen jetzt damit um, wie sie wollen den Raub austeilen: Und werden ohne Zweifel etliche schöne Weibsbilder im Voraus auswählen, das wird die Ursache sein, dass er so lange fortbleibt.

Hals: Dass er sie anziehe und trage und darin prange.

Ausbeute: Das ist: Wenn sie nicht mit Austeilung des Raubes aufgehalten würden, so wären sie längst alle miteinander frisch und gesund wiedergekommen. Aber es hat diesen Frauen ihre Rechnung weit gefehlt, wie der Ausgang bezeugt und ist geschehen, was des Gottlosen Sisera Mutter gefürchtet hat, denn was der Gottlose fürchtet, das begegnet ihm.]

31. Also müssen umkommen, Herr, alle deine Feinde! Die ihn aber liebhaben, müssen sein, wie die Sonne aufgeht in ihrer Macht! Und das Land war stille vierzig Jahre.

Also: Debora beschließt ihren Lobgesang mit einem Wunsch, dass es mit allen denen ein gutes Ende nehmen soll, welche in beharrlicher Unbußfertigkeit wider das Volk Gottes toben und wüten. [Dabei wir zu lernen haben, dass, ob man wohl von wegen seiner eigenen Privatsache, da ihm Unrecht geschehen, niemand Böses anwünschen soll: So ist es doch unverboten, dass man den Feinden Gottes, von denen keine Hoffnung der Buße oder Besserung ist, aus einem besonderen Eifer des Heiligen Geistes wohl mag ihren Untergang wünschen.]

Sonne: Das ist: Sie sollen von wegen ihrer herrlichen und großen Taten, die Gott durch sie wirkt, bekannt und berühmt werden und einmal eins in der anderen Welt leuchten, wie die Sonne, in dem Reich ihres Vaters {Mt 13}. Und hat Debora mit diesem schönen Lobgesang, den Ernst Gottes, die Feinde zu strafen und seine Güte, in Erlösung seines Volkes, uns zu betrachten vorgestellt. [Darum sollen wir ihn fürchten und unsere Vertrauen und Zuflucht zu ihm haben und wenn wir aus einer Gefahr errettet sind, sollen wir ihm von Herzen dafür danken.]

Land: Nämlich darin die Israeliten wohnten.

Stille: Nämlich nach dem Sisera mit seinem Kriegsheer umgekommen und vertilgt war. [Wir in Deutschland sollen Gott für den friedlichen Zustand in unserem Lande auch richtig dankbar sein und dessen nicht missbrauchen zur Üppigkeit und Mutwillen, sondern sollen vielmehr in der Erkenntnis Gottes und im H. gottseligem Wandel zunehmen.]


Das 6. Kapitel

  • Die Israeliten geraten wieder in Abgötterei. v. 1.
  • Welche Übeltat dem Volk von einem Propheten Gottes höchlich verwiesen wird. v. 7.
  • Der Sohn Gottes erbarmt sich über die bußfertigen Israeliten und beruft Gideon, dass er sein Volk erlösen soll. v. 11.
  • Der zerstört den Altar und Hain des Baals, welches nicht ohne Gefahr seines Lebens abgegangen. v. 25.
  • Die Midianiter und Amalekiter greifen wider das Volk Gottes zur Wehr. v. 33.
  • Gideon sammelt ein Kriegsvolk und wird durch ein Wunderzeichen des Sieges vergewissert. v. 38.

1. Und da die Kinder Israel Übles taten vor dem Herrn, gab sie der Herr unter die Hand der Midianiter sieben Jahre.

Übles: Dass sie sich mit Abgötterei und anderen Sünden befleckten und des Friedens und guten Glücks, so ihnen Gott die vierzig Jahr über gnädiglich verliehen, missbrauchten. [Denn wenn es den Leuten gut geht, so benutzen sie ihres glücklichen Zustands selten recht und können die guten Tage nicht wohl ertragen.]

Gab: Da er nämlich ihre Undankbarkeit und ihrem gottlosen Wesen nicht länger zusehen konnte.

2. Und da der Midianiter Hand zu stark wurde über Israel, machten die Kinder Israel für sich Klüfte in den Gebirgen und Höhlen und Festungen.

Stark: Dass sie das Joch der midianitischen Dienstbarkeit nicht mehr von sich werfen konnten, ob sie gleich gerne gewollt hätten.

Klüfte: Sie suchten in ihren großen Nöten nicht zuerst die göttliche Hilfe, sondern verließen sich auf menschliche Zuflucht.

Festungen: Das ist: Sie machten sich heimliche verborgene Gänge unter der Erde und wo sie konnten, dass sie ihr Getreide in sicheren Gewahrsam behalten möchten, damit es von den Midianitern nicht geraubt würde, welches ihnen doch wenig genutzt hat.

3. Und wenn Israel etwas säte, so kamen die Midianiter und Amalekiter und die aus dem Morgenlande herauf über sie;

Säte: Und wartete, dass das Land seine Früchte brächte, zur Nahrung und notdürftiger Leibesunterhaltung, so wurde die Saat von den Feinden verdorben.

4. und lagerten sich wider sie und verdarben das Gewächs auf dem Lande bis hinten an gen Gaza; und ließen nichts übrig von Nahrung in Israel, weder Schafe, noch Ochsen noch Esel.

Gaza: Bis fast zu dem Tor derselben Stadt.

Ließen nichts: Sondern trieben es alles hinweg.

5. Denn sie kamen herauf mit ihrem Vieh und Hütte, wie eine große Menge Heuschrecken, dass weder sie noch ihre Kamele zu zählen waren; und fielen ins Land, dass sie es verderbten.

Verderbten: Dergestalt, dass sie die Früchte auf dem Felde zum Teil wegführten, zum Teil zertraten und die Weide durch das Vieh der Feinde abgefressen würde, daher, wenngleich die Israeliten etwas vom Vieh übrig behielten, sie dennoch keine Fütterung für dasselbe haben oder finden konnten.

6. Also wurde Israel sehr geringe vor den Midianitern. Da schrien die Kinder Israel zu dem Herrn.

Geringe: Ihre Güter nahmen, von wegen der Midianiter Einfälle, sehr ab, dass sie an der Nahrung großen Mangel litten.

Schrien: Denn wie sie gesehen, dass alle menschliche Hilfe aus gewesen, haben sie sich endlich zu Gott gewandt und durch das Gebet Zuflucht bei ihm gesucht. [Und ist das Gebet der Kirche stärkste Festung, Wehr und Waffen, damit man sich vor Gefahren schützen und handhaben kann.]

7. Als sie aber zu dem Herrn schrien um der Midianiter willen,

8. sandte der Herr einen Propheten zu ihnen, der sprach zu ihnen: So spricht der Herr, der Gott Israels: Ich habe euch aus Ägypten geführt und aus dem Diensthause gebracht;

Sandte: Denn es hat zwar Gott das Gebet des elenden Volkes erhört: Aber dennoch hat er den Israeliten, damit sie rechtschaffene ernstliche Buße taten, zuerst wollen zu verstehen geben, woher die Ursache, solches Übel käme.

Propheten: Der hier mit Namen nicht genannt wird. Derselbe hat aus dem Befehl Gottes dem Volk ihre Sünden und Undankbarkeit aufgerückt, damit sie solche Strafe verschuldet hatten.

Gebracht: Das ist: Ich hab euch aus der harten und schweren Dienstbarkeit erlöst, damit ihr in Ägypten gedrückt und sehr geplagt wurdet: Davon man im 2. Buch Mose nachlesen mag.

9. und habe euch errettet von der Ägypter Hand und von aller Hand, die euch drängten, und habe sie vor euch ausgestoßen und ihr Land euch gegeben;

Vor euch: Also dass sie eure Gewalt nicht aufhalten, noch davor bestehen könnt.

Land: Nämlich das Land Kanaan, welches sehr lustig und fruchtbar ist.

10. und sprach zu euch: Ich bin der Herr, euer Gott; fürchtet nicht der Amoriter Götter, in welcher Lande ihr wohnt. Und ihr habt meiner Stimme nicht gehorcht.

Gott: Von dem ihr allerlei zeitliche und ewige Guttaten zu erwarten habt, darum ihr ihm richtig allen Gehorsam wiederum leisten und dankbar sein sollt und will es sich gebühren, dass ihr ihm allein in wahrer Gottseligkeit anhängt.

Fürchtet: Ehrt sie nicht und betet sie nicht an, lasst euch auch die bösen Beispiele der abgöttischen Völker, so im Lande noch überbleiben, nicht verführen, dass ihr mit ihnen ihren falschen Göttern dienen wolltet, die doch ihre Anbeter nicht erretten mögen.

Gehorcht: Dass ihr in meinem Dienst standhaft geblieben wärt. Darum sollt ihr euch nicht verwundern, dass ich über eure Sünde erzürnt, euch eine Zeit lang verlassen habe. Dürft euch auch nichts Besseres zu mir versehen, bis ihr wahrhaftig Buße tut und euch von ganzem Herzen zu mir bekehrt. [Und hat man hier in Acht zu nehmen, wie Gott in seinem Wort solcher Werke Unrecht schilt und heißt, die von der Welt für den allerheiligsten Gottesdienst gehalten werden.] Wie nun solche Bußpredigt vorher geschehen, die nicht ohne Frucht abgegangen, ist danach die leibliche Erlösung auch darauf erfolgt, die mit solcher Gelegenheit ihren Anfang genommen, wie aus dem, was später steht, zu sehen ist.

11. Und ein Engel des Herrn kam und setzte sich unter eine Eiche zu Ophra, die war Joas‘, des Vaters der Esriter und sein Sohn Gideon drosch Weizen an der Kelter, dass er flöhe vor den Midianitern.

Engel: Dies ist der Sohn Gottes selber gewesen, der mit dem Vater und Heiligem Geist wahrer Gott ist, wie der folgende Text solches genügend zu erkennen gibt, er ist aber in menschlicher Gestalt erschienen, also dass ihn Gideon zuerst auch für keinen Engel gehalten hat.

War: Das ist: Joas regierte in derselben Stadt, Ophra, als eine ordentliche Obrigkeit.

Esriter: Das ist: Er war in demselben Geschlecht der Ältesten und Vornehmsten und wurde von den anderen als ein Vater gehalten.

Drosch: [Denn es war der Obrigkeit vorzeiten im Volk Gottes, wie auch bei den Heiden, keine Schande, wenn sie sich auf den Ackerbau oder andere Handarbeit legte.]

Flöhe: Nämlich mit seinem Korn, dass er ausgedroschen hatte und es etwa vor den Feinden verbarg.

12. Da erschien ihm der Engel des Herrn und sprach zu ihm: Der Herr mit dir, du streitbarer Held!

Mit dir: Das ist: Du hast einen gnädigen Gott, der dir beisteht und dich schützt. [Denn wenn die Sache unserem Bedenken nach am übelsten steht, so ist Gott mit seinem Trost und seiner gnädigen Hilfe am allernächsten bei uns.]

13. Gideon aber sprach zu ihm: Mein Herr, ist der Herr mit uns, warum ist uns denn solches alles widerfahren? Und wo sind alle seine Wunder, die uns unsere Väter erzählten und sprachen: Der Herr hat uns aus Ägypten geführt? Nun aber hat uns der Herr verlassen und unter der Midianiter Hände gegeben.

Sprach: Dass er ihm Antwort gab, als einem Menschen, den er doch für einen frommen und ehrlichen Mann hielt.

Widerfahren: Als wollte er sprechen: Wenn Gott mit seiner Gnade gegenwärtig bei uns wäre und uns begehrte zu helfen, wie du sagst: So würden wir nicht in so großem Unglück stecken. [Denn wenn der Mensch sich selbst überlassen ist, so urteilt er, da es ihm übel geht, nicht anders, als ob Gott ferne von ihm wäre, das doch nicht ist.]

Wo sind: Will so viel sagen: Zu wünschen wäre es, dass Gott noch heutigentags also auch gegen uns gesinnt wäre, wie er gegen unsere Väter war und wenn er solche Wunder in Ägypten und in der Wüste, wie man davon sagt, getan, daran ich zwar nicht zweifle, so wäre es Zeit, dass er uns jetzt in diesem unserem trübseligen Zustande auch zu Hilfe käme.

Verlassen: Dass er uns mit seiner Hilfe nicht zuspringt. [Und sieht man an Gideon ein Beispiel eines gottseligen Menschen, in dem der Heilige Geist mit des Fleisches Schwachheit und mit dem Unglauben durch den Glauben ringt.]

14. Der Herr aber wandte sich zu ihm und sprach: Gehe hin in dieser deiner Kraft; du sollst Israel erlösen aus der Midianiter Händen. Siehe, ich habe dich gesandt {1Sam 12v11 Hebr 11v32}.

Herr: Nämlich der Gott Jehova: Welcher Name keiner Kreatur gegeben wird.

Kraft: Das ist: Ob du wohl schwach im Glauben bist, jedoch weil dein Glaube, damit du auf Gott den Erlöser deines Volkes dein Vertrauen stellst, den Unglauben überwindet. Siehe, so hab ich dir bereits zuvor einen starken Heldenmut gegeben und will dir auch künftig Kraft und Stärke verleihen, so viel dessen vonnöten ist, dass du die Israeliten erlöst. Darum greif die Sache tapfer an und zweifle an den Sieg nicht, weil du nicht aus eigener Willkür den Handel anfängst, sondern einen göttlichen Beruf von mir hast. [Denn das ist einem ein großer Trost, wenn er weiß, dass er in seinen Verrichtungen einen göttlichen Beruf hat.]

15. Er aber sprach zu ihm: Mein Herr, womit soll ich Israel erlösen? Siehe, meine Freundschaft ist die geringste in Manasse und ich bin der Kleinste in meines Vaters Hause.

Womit: d. i. Durch welche Mittel und auf was für eine Weise. Denn es sind nicht allerdings Wort eines Unglaubens: Aber dennoch erkennt er sein Unvermögen zu solcher großwichtigen Sache.

Kleinste: Darum wird mir es schwerfallen, dass ich solche großen Dinge ausrichten soll. [Es pflegt aber Gott diejenigen, so vor der Welt nicht groß geachtet werden, zu erhöhen und den berühmtesten Geschlechtern vorzuziehen.]

16. Der Herr aber sprach zu ihm: Ich will mit dir sein, dass du die Midianiter schlagen sollst wie einen einzelnen Mann.

Mit dir: Ich will dir beistehen mit Rat und Hilfe und will dir Kraft geben.

Midianiter: Dasselbe mächtige Volk.

Einzelnen: Also ganz wird dir der Sieg nicht sauer noch schwer ankommen.

17. Er aber sprach zu ihm: Lieber, habe ich Gnade vor dir gefunden, so mache mir ein Zeichen, dass du es seist, der mit mir redet.

Gnade: Aus der vorigen Rede hat Gideon so viel gemerkt, dass nicht nur ein einfacher Mensch, sondern Gott selber mit ihm rede, dessen er doch begehrt vergewissert zu sein, damit er in seinem Glauben gestärkt werde.

Seist: Das ist: Dass du Gott selber jetzt und mit mir redest und ich deiner Zusage glauben könne.

18. Weiche nicht, bis ich zu dir komme und bringe mein Speiseopfer, das ich vor dir lasse. Er sprach: Ich will bleiben, bis dass du wiederkommst.

Lasse: Damit du solches durch ein Wunderzeichen ohne dazu geholtes Feuer anzündest und ich daher abnehmen könne, dass du Gott der Herr seist, dessen Worten ich sicherlich trauen dürfe.

Bleiben: [Denn Gott lässt sich halten und tut, was die Gottesfürchtigen begehren {Ps 145}.]

19. Und Gideon kam und schlachtete ein Ziegenböcklein; und nahm ein Epha ungesäuerten Mehls und legte Fleisch in einen Korb und tat die Brühe in einen Topf; und brachte es zu ihm heraus unter die Eiche und trat herzu.

Kam: Heim in sein Haus.

Schlachtete: Und rüstet es zu, wie man es zum Opfer zubereiten pflegt.

Epha: Ist eine Maß, die so viel hält, als zehn Menschen zur täglichen Speise brauchen.

Mehls: So zum Speiseopfer gebraucht wurden, denn man zu den anderen Opfern gewöhnlich auch ein Speiseopfer hinzutat. Es hat aber Gideon die Materie zum Opfer dem Herrn ganz wohl bringen dürfen, ob er gleich selber kein Priester war: Weil Gott selbst das Priesteramt durch Anzündung des Opfers verrichten wollte. So hatte damals Gideon keinen levitischen Priester, der dazu tauglich gewesen, an der Hand, dessen er in Verrichtung des Opfers, bei solcher ihm unversehens zugestandener Gelegenheit, gebrauchen könnte. Und hat es der Ausgang bezeugt, dass dies alles vom Gideon aus einer heimlichen und innerlichen Bewegung des Heiligen Geistes angefangen wurde. Darum, ob er gleich von der allgemeinen Regel des Opfers, dem Ansehen nach etlichermaßen abwiche: So ist er doch genügend entschuldigt, weil ihn Gott selber solche seine Werke gnädig gefallen lassen. Und war damals dies neue Wunderwerk vonnöten, die neue Offenbarung von der lieblichen Erlösung des Volkes Gottes damit zu bestätigen. [Wir dürfen heutigentags kein anderes Wunderwerk suchen, außer denen Offenbarungen, so im Alten und Neuen Testament geschehen und verzeichnet und mit herrlichen Wunderwerken bestätigt sein: Und sind auch keine neuen mehr vonnöten.]

20. Aber der Engel Gottes sprach zu ihm: Nimm das Fleisch und das Ungesäuerte und lass es auf dem Fels, der hier ist und gieß die Brühe aus. Und er tat also.

Gieß: Das hieß ihn der Sohn Gottes darum tun, damit das hernach folgende Wunderzeichen desto herrlicher wäre, wenn das Opfer, mit der Brühe übergossen, trotzdem brannte. Gleichwie auch Elias sein Opfer mit viel Wasser begießen hieß {1Sam 18}.

21. Da reckte der Engel des Herrn den Stecken aus, den er in der Hand hatte und rührte mit der Spitze das Fleisch und das ungesäuerte Mehl an. Und das Feuer fuhr aus dem Fels und verzehrte das Fleisch und das ungesäuerte Mehl. Und der Engel des Herrn verschwand aus seinen Augen.

22. Da nun Gideon sah, dass es ein Engel des Herrn war, sprach er: O Herr, Herr, habe ich also einen Engel des Herrn von Angesicht gesehen?

O Herr: Das ist: Als Gideon jetzt genügend vergewissert war, dass ihm Gott in der Gestalt eines Menschen erschienen wäre und allererst recht in sich selber ging, mit Betrachtung, wie er so ein elender Mensch und nicht wert wäre, dass er mit Gott reden sollte, hat er aus Furcht angefangen, sich selber zu bejammern, weil er sich besorgte, er möchte vielleicht sterben müssen, dass er Gott gesehen hätte. [Denn sooft der Mensch seiner Schwachheit und Unreinigkeit sich selbst erinnert und empfindet, dass Gott mit seiner Gegenwart bei ihm sei, so kann er nicht anderes als zittern und davor erschrecken. Gleichwie auch Petrus zu Christo sagte {Lk 5}. Gehe von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch.]

23. Aber der Herr sprach zu ihm: Friede sei mit dir! Fürchte dich nicht; du wirst nicht sterben.

Sprach: Da er ihm wiederum erschien. Denn nachdem Gideon die Schrecken seines Gewissens empfangen, bekommt er wiederum Trost von Gott.

Friede: Als wollte er sagen: Ich zürne nicht mit dir und hast dich nichts, als alles Gutes, zu mir zu versehen.

Nicht sterben: Ob du gleich Gott gesehen hast. Denn er ist dir nicht darum erschienen, dass er dich umbrächte, sondern vielmehr dich aufzumuntern, dass du einen herrlichen Steg wider die Feinde erhältst und davonbringst. [Denn Gott, der ein Gott ist allen Trostes, richtet die aus Furcht zuschlagenden Herzen auf und tröstet sie.]

24. Da baute Gideon dort dem Herrn einen Altar; und hieß ihn: Der Herr des Friedens. Der steht noch bis auf den heutigen Tag zu Ophra, des Vaters der Esriter.

Baute: Zur Dankbarkeit.

Friedens: Das ist: Der Altar wurde vom Gideon gebaut zum Gedächtnis und Ehre Gottes des Herrn, welcher den erschrockenen und geängstigten Gewissen ein friedfertiger und gnädiger Gott ist. [Darum, sooft unser Gewissen, von wegen einer begangenen Sünde unruhig ist, sollen wir uns erinnern, dass wir um Christi willen einen Gott des Friedens haben, der die bußfertigen Sünder nicht verloren, sondern selig haben will. Denn wenn wir durch den Glauben gerechtfertigt sind, so haben wir Frieden mit Gott {Röm 5}.]

Tag: Da nämlich diese Geschichte beschrieben wurde. [Dass aber Gideon aus einer besonderen Offenbarung des Heiligen Geistes denselben Altar baute, von dem man doch nicht liest, dass er darauf geopfert habe. (Gleichwie auch die Rubeniter und Gadditer an des Jordans Ufer einen Altar aufrichteten, aber nur zum Zeugnis und nicht zum Opfer) tut solches der Katholiken Gottesdienste, die sie ohne Gottes Wort aus eigener Willkür erdacht und einsetzten, keinen Vorschub. Denn gleichwie wir vielen anderen der Patriarchen besonderen vortrefflichen Heldentaten nicht nachfolgen sollen. Aber uns wohl darüber verwundern mögen: Also gebührt auch keinem Christen, neue Gottesdienste zu erdenken ohne den ausdrücklichen Befehl Gottes.]

25. Und in derselben Nacht sprach der Herr zu ihm: Nimm einen Farren unter den Ochsen, die deines Vaters sind und einen anderen Farren, der siebenjährig ist und zerbrich den Altar Baals, der deines Vaters ist und haue ab den Hain, der dabei steht;

Zu ihm: Nämlich zu Gideon, im Gesicht.

Farren: Der sonst dem Baal würde geopfert werden und tue ihn beiseite hinweg, dass er den Leuten aus den Augen komme, oder schlachte ihn, damit dem Baal kein Opfer davon geschehen möge.

Anderen: Den sollst du von der Herde nehmen, dass er dem wahren Gott geopfert werde auf dem Altar, den du später auf meinen Befehl bauen sollst.

Vaters: Darauf dein Vater bis daher hat geopfert.

Hain: Das ist: Den Lustwald, der neben dem Altar zur Übung der Religion gepflanzt ist. Es war aber der baalitische Gottesdienst, von den Kindern Israel zwar dem rechten Gott damit zu ehren, eingesetzt und gemeint, wie aus dem Propheten Hosea, Kapitel 2. zu vernehmen ist: Weil sie aber Gott nicht nach seinem Worte, wie er ihnen vorgeschrieben, dienten, sondern nach ihrem eigenen Vernunftsdenken und dass sie mit solchen ihren selber erdachten Werken ihre Sünde versöhnen und sowohl zeitliche Wohlfahrt als die ewige Seligkeit dadurch erlangen wollten, so war derselbe Gottesdienst eine Abgötterei, daran Gott einen Gräuel hatte. Darum heißt er denselben Gottesdienst abtun den Ochsen, so zum Opfer bestimmt, hinwegnehmen und den Altar zerbrechen.

26. und baue dem Herrn, deinem Gott, oben auf der Höhe dieses Felsen einen Altar und rüste ihn zu; und nimm den anderen Farren und opfre ein Brandopfer mit dem Holz des Hains, den du abgehauen hast.

Rüste: Solchergestalt, wie ich dir gebiete.

Anderen: Dessen kurz zuvor Meldung geschah.

Brandopfer: Solche Opfer wurden allerdings zu Asche verbrannt und waren ein Zeichen oder Zeugnis, dass Gott dem, der solche Opfer brachte, um des Sohnes Gottes willen, welcher einmal Mensch werden sollte, wiederum versöhnt und gnädig wäre.

Abgehauen: Und sollst also vor den Augen des Volkes dem wahren Gott ein Opfer tun, wenn du zuvor den baalitischen Altar zerbrochen und den abgöttischen Wald oder Hain umgehauen hast. [Denn die weltlichen Händel, besonders was hohe und wichtige Sachen sind, gehen dann glücklich und wohl, wenn die Obrigkeit zuvor die falschen Gottesdienste abschafft.]

27. Da nahm Gideon zehn Männer aus seinen Knechten und tat, wie ihm der Herr gesagt hatte. Aber er fürchtete sich, solches zu tun des Tages vor seines Vaters Haus und den Leuten in der Stadt und tat es bei der Nacht.

Knechten: Dass sie ihm halfen den baalitischen Altar niederzureißen und den Hain umhauen.

Gesagt: Denn er den baalitischen Altar zerbrochen und den Hain umgehauen hat, danach hat er einen neuen Altar Gott wieder aufgebaut, den anderen Ochsen geschlachtet und zum Opfer, wie sich es gebührt, zugerüstet.

Tages: Denn er sich besorgte, er möchte von seinen Verwandten oder auch Einwohnern der Stadt, wenn er im besten Tun und an der Arbeit wäre, daran verhindert oder wohl darüber erschlagen werden.

Haus: Das ist: Für seine Verwandten, die alle noch dem baalitischen Gottesdienst anhingen.

Nacht: Also dass fast alles verrichtet war, eher es die Bürger recht wahrgenommen hatten. [Denn man mag sich vor der Gefahr wohl hüten, so viel möglich, in Verrichtung einer schweren Sache. Und sind auch die tapferen Helden nicht immer gleich mutig.]

28. Da nun die Leute in der Stadt des Morgens frühe aufstanden, siehe, da war der Altar Baals zerbrochen und der Hain dabei abgehauen; und der andere Farre, ein Brandopfer auf dem Altar, der gebaut war.

Gebaut: Nämlich dem Herrn allererst von neuem. Und war das Opfer darauf zugerüstet, dass man es nur anzünden brauchte.

29. Und einer sprach zu dem anderen: Wer hat das getan? Und da sie suchten und nachfragten, wurde gesagt: Gideon, der Sohn Joas‘, hat das getan.

Getan: Wer ist so keck gewesen, dass er eine solche gräuliche Tat begehen dürfe.

30. Da sprachen die Leute der Stadt zu Joas: Gib deinen Sohn heraus! Er muss sterben, dass er den Altar Baals zerbrochen und den Hain dabei abgehauen hat.

Sterben: Denn man muss ihn als einen Gotteslästerer, Kirchenräuber und Ketzer zur angemessenen Strafe ziehen. [Hier sieht man, wie die abgöttischen Leute so einen blutdürstigen Eifer haben, ihre Abgötterei zu schützen.]

31. Joas aber sprach zu allen, die bei ihm standen: Wolltet ihr um Baal hadern? Wollt ihr ihm helfen? Wer um ihn hadert, der soll dieses Morgens sterben. Ist er Gott, so rechte er um sich selbst, dass sein Altar zerbrochen ist.

Standen: d. i. Welche zusammengelaufen waren und den Sohn zur Strafe forderten, von wegen, dass er den baalitischen Gottesdienst abgetan hatte.

Wollt ihr: Obwohl Joas, des Gideons Vater, vor der Zeit selber auch abgöttisch war, so ist er doch nicht viel anders gesinnt, ohne Zweifel, weil ihm von seinem Sohn des göttlichen Befehls halben berichtet wurde. Darum, weil er eine Obrigkeit in derselben Stadt war, gibt er den Bürgern eine männliche Antwort.

Gott: Wie ihr meint, will so viel sagen: Seid ihr so närrisch, dass ihr euch selber überredet, Baal bedürfe eurer Hilfe, wenn er ein Gott ist? Ist er denn anderer Hilfe nötig, was wird er denn für ein hübscher Gott sein? Er mag seine Sache selber handhaben, ist anders etwas Göttliches in ihm. [Es tut aber Joas recht, dass er des baalitischen Gottesdienstes spottet und dem unbändigen Pöbel tapferen Widerstand tut. Denn es soll eine Obrigkeit der unsinnigen Weise des Volkes, wenn es die Abgötterei verteidigen will, in nichts nachgeben, noch einen unschuldigen Menschen seiner Untertanen Mutwillen übergeben, dass sie ihres Gefallens mit ihm umgehen möchten.]

32. Von dem Tage an hieß man ihn Jerubbaal und sprach: Baal rechte um sich selbst, dass sein Altar zerbrochen ist!

Von dem: Des Joas gottselige Erinnerung und ernster Verweis ist bei dem gemeinen Mann nicht ohne Frucht abgegangen. Denn da sie der Sachen besser nachdachten und gesehen, wie Gideon darum von Gott nicht gestraft wurde, dass er des Baals Altar zerbrach, haben sie ihre vorige Meinung geändert und über des Gideons männliche Heldentat sich zu verwundern angefangen.

Rechte: Das Volk setzt die Ursache hinzu, warum sie dem Gideon solchen Namen gaben. Denn das Wort Jerub-Baal eben so viel heißt, als Baal hadere oder rechte um sich selbst. Als wollten sie sprechen: Wir halten Gideon für einen tapferen Helden, weil er sich hat dürfen unterstehen, den baalitischen Gottesdienst auszurotten, welchen Baal selbst nicht beschützen konnte: Daher urteilen wir, dass er recht und löblich getan habe. [Und sieht man hier, wie leicht Gott der Menschen Herzen und Gemüter ändern und uns geneigt machen kann, wenn wir nur unserem anbefohlenen Amt fleißig nachkommen.]

33. Da nun alle Midianiter und Amalekiter und die aus dem Morgenlande sich zu Haufe versammelt hatten und zogen herdurch und lagerten sich im Grunde Jesreel,

Da nun: Nachdem die Israeliten ihre falsche Religion geändert und verbesserten, lässt sich es ansehen, als gerieten sie in große Gefahr Leibes und Gutes, weil sie von ihren mächtigen Feinden mit Heereskraft überzogen wurden. Aber Gott wollte eben solcher Gelegenheit sich gebrauchen, sein Volk dadurch zu erlösen. [Denn nach geschehener Reformation oder Verbesserung in der Religion pflegen bisweilen große Gefährlichkeiten sich erregen, damit Gott die Seinen bewehrt, ob es ihnen auch bereuen wolle, dass sie die Religion geändert haben.]

Herdurch: Nämlich durch der Israeliten Land, in welches sie einen feindlichen Einfall taten. Daher es bei den Israelitern alles voller Furcht und Zittern war: Und haben ohne Zweifel deren sich nicht wenige gefunden, die solch Unglück der Zerstörung des baalitischen Altars und Gottesdienstes zugemessen.

34. zog der Geist des Herrn Gideon an; und er ließ die Posaunen blasen und rief Abieser, dass sie ihm folgten.

Zog: Das ist: Der Geist Gottes hat den Gideon mit einem tapferen Heldenmut und weisen Verstand begabt, dass er wider die Feinde keck und unerschrocken zur Wehr griff.

Posaunen: Gleichwie bei uns in Deutschland der Brauch ist, dass, welche Kriegsleute werben wollen, diejenigen mit einer Trommel oder Pauken zu sich berufen, so sich wollen einschreiben lassen.

Abieser: Nämlich dasselbe Geschlecht, aus welchem Gideon seinen Ursprung hatte. Es ist aber Abieser, der erste dieses Geschlechts, nach dem man seine Nachkommen genannt, aus Molecheth, Gileads Schwester und des Manasse Enkelin oder Neffen geboren wurden, wie 1. Chron. 8. zu sehen ist.

Folgten: Nämlich zum Streit gerüstet.

35. Und sandte Botschaft in ganz Manasse und rief ihn an, dass sie ihm auch nachfolgten. Er sandte auch Botschaft zu Asser und Sebulon und Naphthali; die kamen herauf ihm entgegen.

Manasse: Also dass er auch das anderer Volk aus diesem Stamme zu Hilfe begehrte.

Entgegen: Nämlich gutwillig und beflissen mit ihren Waffen.

36. Und Gideon sprach zu Gott: Willst du Israel durch meine Hand erlösen, wie du geredet hast,

Hand: Das ist: Durch mein Zutun, obwohl aber Gideon der göttlichen Verheißung glaubte, dass er die Feinde des Volkes Gottes überwinden würde {Hebr 11}, so begehrt er dennoch seinen Glauben mit einem neuen Zeichen zu bestätigen.

37. so will ich ein Fell mit der Wolle auf die Tenne legen. Wird der Tau auf dem Fell allein sein und auf der ganzen Erde trocken, so will ich merken, dass du Israel erlösen wirst durch meine Hand, wie du geredet hast.

Fell: (Nach Luther) Man muss es also deutsch ein Fell, ob es wohl ist gewesen die abgeschorene Wolle.

Tau: Der diese Nacht fallen wird.

Also: Wie Gideon gebeten hatte.

38. Und es geschah also. Und da er des anderen Morgens früh aufstand, drückte er den Tau aus von dem Fell und füllte eine Schale voll des Wassers.

39. Und Gideon sprach zu Gott: Dein Zorn ergrimme nicht wider mich, dass ich noch einmal rede. Ich will es nur noch einmal versuchen mit dem Fell. Es sei allein auf dem Fell trocken und Tau auf der ganzen Erde.

40. Und Gott tat also dieselbe Nacht, dass trocken war allein auf dem Fell und Tau auf der ganzen Erde.

Tat: Nach des Gideons Begehren. [Wir Christen sollen uns heutigentags begnügen lassen mit den zwei heiligen und genügenden Zeichen der Taufe und des Abendmahls, mit denen uns der Sieg verheißen wird, wider die geistlichen Feinde, den Teufel, Welt und die Hölle. Weil aber der 72. Psalm von Christo, der damals noch zukünftig sollte als Mensch geboren werden, sagt: Er wird herabfahren, wie der Regen (oder Tau) auf das Fell: So ist mit dieser Historie angedeutet worden, dass Christus zuerst den Juden müsste geoffenbart werden, die in einem engen Winkel der Welt, gegen den Umkreis des ganzen Erdbodens zu rechnen, wohnten: Aber später erquickte eben derselbe auch mit seinem Evangelium, als mit einem Tau, den ganzen Umkreis der Erde, wie wir denn wissen, dass es mit der Predigt des Evangeliums durch die Apostel geschehen sei, deren Schwiegermuttertochter oder Stimme in alle Lande ausgegangen sind {Ps 19 Röm 10}.]


Das 7. Kapitel

  • Gott erwählt aus des Gideon ganzem Kriegsheer nur dreihundert Mann, durch welche er sein Volk erlösen will. v. 1.
  • Gideon hörte der Feinde Traum, dadurch er des Sieges vergewissert wird. v. 9.
  • Und zieht den Feinden mit drei Haufen entgegen und da seine Kriegsleute die Posaune blasen, ihre Krüge zerbrechen und die Lampen zeigen, begeben sich die Midianiter zum Teil in die Flucht, zum Teil erwürgen sie selbst einander. v. 19.
  • Zwei Fürsten, Oreb und Seb, werden gefangen und von Gideon erwürgt. v. 25.

1. Da machte sich Jerubbaal, das ist Gideon, frühe auf und alles Volk, das mit ihm war, und lagerten sich an den Brunnen Harod, dass er das Heer der Midianiter hatte gegen Mitternacht, hinter den Hügeln der Warte im Grunde.

Harod: Welches Wörtlein so viel heißt als Furcht: Und hat vielleicht der Brunnen von der Geschichte den Namen bekommen, so sich da zutrug, weil nicht weit davon den Midianitern eine große Furcht und Schrecken ankam, wie bald später folgen wird.

2. Der Herr aber sprach zu Gideon: Des Volkes ist zu viel, das mit dir ist, dass ich sollte Midian in ihre Hände geben; Israel möchte sich rühmen wider mich und sagen: Meine Hand hat mich erlöst.

Rühmen: Nämlich wenn ihrer eine große Anzahl zum Streit auszöge, dass sie alsdann den Sieg sich selber zuschrieben. [Denn was Gott in und durch uns wirkt {Phil 2}, das sollen wir nicht unseren Kräften zumessen.]

3. So lass nun ausschreien vor den Ohren des Volkes und sagen: Wer blöde und verzagt ist, der kehre um und hebe bald sich vom Gebirge Gilead. Da kehrte des Volkes um zweiundzwanzigtausend, dass nur zehntausend überblieben.

Ausschrein: Durch einen Herold. Denn das gebietet auch das Gesetz {5Mos 20v8}. Dass man nämlich, ehe man zum Treffen komme, die Furchtsamen und Verzagten aus dem Heer soll wieder heimziehen lassen, damit sie nicht das andere Kriegsvolk auch verzagt machen und mit sich in die Flucht bringen. [Also ist es viel besser, dass die ganz zu Kleinmütigen in irgendeiner großen Gefahr, so der Kirche zu Händen stößt, als Verfolgung, Pestilenz und dergleichen, durch die Flucht beizeiten sich aus dem Staube machen und der Gefahr entgehen (doch sofern es ihr Beruf leiden mag), als dass sie still sitzen bleiben und andere mit sich irremachen.]

4. Und der Herr sprach zu Gideon: Des Volkes ist noch zu viel. Führe sie hinab ans Wasser, dort will ich sie dir prüfen; und von welchem ich dir sagen werde, dass er mit dir ziehen soll, der soll mit dir ziehen; von welchem aber ich sagen werde, dass er nicht mit dir ziehen soll, der soll nicht ziehen.

Wasser: Das in der Nähe ist.

Prüfen: Dass ich dir anzeige, welche ich zu diesem Kriege haben und benutzen will.

5. Und er führte das Volk hinab ans Wasser. Und der Herr sprach zu Gideon: Welcher mit seiner Zunge des Wassers leckt, wie ein Hund leckt, den stelle besonders; desselben gleichen, welcher auf seine Knie fällt zu trinken.

Leckt: Das ist die Meinung: Welche, sobald sie ans Wasser kommen, niederfallen und das Maul ins Wasser stoßen werden, dass sie das Wasser mit dem Maul, ohne Zutun der Hände, wie die Hunde werden schlecken, die sollst du besonders stellen und wieder heimschicken: Welche aber nicht so gierig wie die Hunde das Maul ins Wasser gestoßen, sondern mit den Händen das Wasser schöpfen und aufgefangen haben, die sollen mit dir in den Streit gehen.

6. Da war die Zahl derer, die geleckt hatten aus der Hand zum Munde, dreihundert Mann; das andere Volk alles hatte kniend getrunken.

Geleckt: Nicht zwar mit der Zunge aus dem Fluss, wie die Hunde pflegen und die vorigen getan hatten, sondern (wie folgt) aus der Hand und also immer mäßig sich erquickt hatten.

Getrunken: Nämlich mit dem Maul aus dem Fluss, ohne Zutun der Hände.

7. Und der Herr sprach zu Gideon: Durch die dreihundert Mann, die geleckt haben, will ich euch erlösen und die Midianiter in deine Hände geben; aber das andere Volk lass alles gehen an seinen Ort.

Geleckt: Nicht zwar gierig, wie die Hunde, sondern aus der Hand zum Munde.

Andere Volk: Welches, wie die Hunde, mit dem Munde aus dem Fluss geschleckt.

Ort: In seine Behausung. [Also sind zum geistlichen Kriege nicht tauglich, welche des Fleisches Lüsten nicht widerstehen können: Sondern sobald sie angefochten werden, fallen sie wie die unvernünftigen Tiere dahin und hängen den Lüsten ihres Fleisches nach.]

8. Und sie nahmen Fütterung für das Volk mit sich und ihre Posaunen. Aber die anderen Israeliten ließ er alle gehen, einen jeglichen in seine Hütte; er aber stärkte sich mit dreihundert Mann. Und das Heer der Midianiter lag unten vor ihm im Grunde.

Volk: Nämlich für die dreihundert Mann.

Posaunen: Nämlich auch dreihundert.

Stärkt: Das ist: Er nahm nicht mehr Kriegsvolk zu sich als die vorgemeldeten dreihundert Mann. [Denn Gott nimmt uns bisweilen unseren Vorrat und was wir übrig gehabt, hinweg, nicht zwar der Meinung, dass er uns begehre zu verderben, sondern dass wir seiner Hilfe desto herrlicher spüren und erfahren.]

9. Und der Herr sprach in derselben Nacht zu ihm: Stehe auf und gehe hinab zum Lager; denn ich habe es in deine Hände gegeben.

Lager: Nämlich der Feinde, dass du erkundigst, was sie machen. Und darfst dich keiner Gefahr darüber besorgen, denn du wirst da solche Sachen hören und erfahren, die dich eines gewissen Sieges versichern werden. Den obwohl Gideon Gottes Verheißung von dem Siege vorhin gehabt: So hat ihn doch das sehr ängstlich gemacht, dass er so wenige Kriegsleute mit sich führte. Darum, ob er wohl kein Zeichen mehr von Gott begehrte oder vielleicht nicht begehren dürfte: So hat ihn doch Gott, nach seiner Güte, noch mehr im Glauben stärken wollen, und zwar solche Stärkung aus der Feinde Traum (von dem bald später folgt) genommen.

10. Fürchtest du dich aber hinabzugehen, so lass deinen Knaben Pura mit dir hinabgehen zum Lager,

11. dass du hörst, was sie reden. Danach sollst du mit der Macht hinabziehen zum Lager. Da ging Gideon mit seinem Knaben Pura hinab an den Ort der Schildwächter, die im Lager waren.

Reden: Nämlich die Feinde, wie so ganz keine Hoffnung sie haben, den Sieg zu erhalten, welches dir einen so viel desto bessern Mut machen wird. [Denn Gott wirft die Schwachgläubigen nicht weg, sondern richtet sie auf. Und ist seine Weisheit so groß, dass er auch von unseren Feinden, uns unseren Nutzen verschaffen kann.]

Macht: d. i. Mit deinem unterhabenden Kriegsvolk der dreihundert Mann. Damit du eben so viel ausrichten sollst, als wenn du gleich noch so eine große Macht bei dir hättest.

12. Und die Midianiter und Amalekiter und alle aus dem Morgenlande hatten sich niedergelegt im Grunde wie eine Menge Heuschrecken; und ihre Kamele waren nicht zu zählen vor der Menge, wie der Sand am Ufer des Meers.

13. Da nun Gideon kam, siehe, da er zählte einer einem anderen einen Traum und sprach: Siehe, mir hat geträumt, mich deuchte, ein geröstet Gerstenbrot wälzte sich zum Heer der Midianiter und da es kam an die Gezelte, schlug es die selbigen und warf sie nieder und kehrte sie um, das Oberste zuunterst, dass das Zelt lag.

Kam: Nämlich nahe zu der Feinde Lager, an die Schildwacht, doch dass es niemand von ihnen innewurde.

14. Da antwortete der andere: Das ist nichts anderes denn das Schwert Gideons, des Sohnes Joas‘, des Israeliten. Gott hat die Midianiter in seine Hände gegeben mit dem ganzen Heer.

Antwortet: Und legte den Traum aus.

Anderes: Als wollte er sagen: Durch das Gerstenbrot wird nichts anders bedeutet als der Gideon mit seiner Kriegsrüstung. Denn ob wir wohl denselben, wie ein Stück Brot, schwach und unmöglich geachtet, dass wir zur Morgensuppe aufzufressen meinten: So wird er doch unser Lager umkehren und unser Kriegsvolk zerstreuen. [Also widerfährt den Gottlosen, was sie fürchten.]

15. Da Gideon den hörte solchen Traum erzählen und seine Auslegung, betete er an und kam wieder ins Heer Israel und sprach: Macht euch auf, denn der Herr hat das Heer der Midianiter in eure Hände gegeben.

Betet er an: Nämlich Gott den Herrn und sagte ihm Dank, dass er den Feinden den Mut genommen, ihm aber, durch Anhörung des Traums, ein Herz gemacht hatte.

Kam: Mit genügsamer Versicherung, dass er den Sieg erhalten würde.

Macht: Schickt euch und fallt die Feinde tapfer an, denn der Sieg wird unser sein.

16. Und er teilte die dreihundert Mann in drei Haufen und gab einem jeglichen eine Posaune in seine Hand und ledige Krüge und Fackeln darin.

Teilte: Obwohl Gideon den Sieg in Händen hatte, so unterlässt er doch nichts, was die Feinde zu schrecken dienlich sein möchte und greift die Sache mit einem Vorteil an. [Denn wenn wir an unserem besten Fleiß nichts finden, da wir gleich der Hilfe von Gott genügend vergewissert sind, so gibt Gott einen glücklichen Ausgang.]

Drei Haufen: Damit er der Midianiter Lager an drei unterschiedlichen Orten überfallen könnte.

Krüge: Die sie mit sich tragen sollten.

Darin: Auf dass sie die Fackeln in den Krügen, so viel immer möglich, verborgen hielten, bis sie nahe an das Lager der Feinde kämen.

17. Und sprach zu ihnen: Seht auf mich und tut auch also; und siehe, wenn ich an den Ort des Heers komme: Wie ich tue, so tut ihr auch {Ps 83v10 Esra 9v4}.

18. Wenn ich die Posaune blase und alle, die mit mir sind, so sollt ihr auch die Posaunen blasen ums ganze Heer und sprechen: Hier Herr und Gideon!

Blase: Denn weil er zwei Haufen von sich schicken wollte, dass sie an anderen unterschiedliche Orten ins Lager fielen, so sagt er ihnen ausdrücklich, was er zu tun im Sinn habe und was sie ihm nachtun sollen: Gibt ihnen also gleichsam die Losung.

Ihr auch: Das ist: Wenn ihr, die ihr in den beiden anderen Haufen seid, mich und die Meinen hören werdet mit den Posaunen blasen, so sollst ihr auch dergleichen tun und die Feinde anfallen.

Sprechen: Mit heller und freudiger Stimme schreien.

Hier: Das ist: Hier ist Gott gegenwärtig mit dem Gideon und seinem siegreichen Kriegsvolk.

19. Also kam Gideon und hundert man mit ihm an den Ort des Heers, an die ersten Wächter, die da verordnet waren und weckten sie auf und bliesen mit Posaunen und zerschlugen die Krüge in ihren Händen.

Hundert: Denn die anderen zweihundert, so sich von ihnen und unter sich selbst auch abgesondert hatten, waren bereits an andere Orte gegangen, dort auf Gideons Posaunen Schall zu warten und einen Einfall zu tun.

Verordnet: Nämlich von den Feinden, dass sie vor dem Lager die Wacht halten sollten.

Weckten: [Denn wenn die Gottlosen am sichersten sind, so ist ihnen die Gefahr am nächsten.]

Bliesen: Nämlich Gideon mit seinen dreihundert Mann.

20. Also bliesen alle drei Haufen mit Posaunen und zerbrachen die Krüge. Sie hielten aber die Fackeln in ihrer linken Hand und die Posaunen in ihrer rechten Hand, dass sie bliesen und riefen: hier Schwert des Herrn und Gideon!

Drei Haufen: Nämlich an drei unterschiedliche Orte, wie sie sich abgeteilt und es Gideon mit ihnen verlassen hatte.

Fackeln: Die sie zuvor in den Krügen verborgen hatten.

Riefen: Das ist: Wenn sie auf hörten zu blasen, so machten sie ein großes Geschrei, den Feind zu schrecken.

Hier Schwert: Das ist: Hier ist des allmächtigen Gottes und Gideons siegreiches Schwert und Macht vorhanden.

21. Und ein jeglicher stand auf seinem Ort um das Heer her. Da wurde das ganze Heer laufend und schrien und flohen.

Ort: Dahin er geordnet war und tat, was ihm befohlen war: Also dass sie bliesen, schrien und sich so grausam stellten, als sie immer konnten.

Laufend: Nämlich im Lager mit großem Schrecken, dass sie hin und her mit großer Unordnung durcheinander liefen und nicht wussten, wo aus oder ein. [Also schreckt, verwirrt und zerstört Christus das Reich des Satans mit einer einfacheren Macht, wie sie vor der Welt scheint, nämlich mit dem Predigtamt des Evangeliums, welches er an allen Orten der Welt erschallen lässt.]

22. Und indem die dreihundert Mann bliesen die Posaunen, schaffte der Herr, dass im ganzen Heer eines jeglichen Schwert wider den anderen war. Und das Heer floh bis gen Beth-Sitta Zereratha, bis an die Grenze der Breite Mehola bei Tabath {2Chr 20v22 v23}.

Bliesen: Das ist: Sie fuhren immerfort mit ihrem Blasen, die Feinde damit je länger je mehr zu schrecken.

Wider: Das ist: Gott machte, dass die midianitischen Kriegsleute in solchem Schrecken und von wegen der finsteren Nacht einander selbst erwürgten, da sie nichts anders meinten, denn dass sie gegen ihre Feinde stritten.

23. Und die Männer Israels von Naphthali, von Asser und vom ganzen Manasse schrien und jagten den Midianitern nach.

Schrien: Das ist: Sie mahnten einander auf, dass man sollte zur Waffe greifen und dem zerstreuten Heer der Midianiter nachsetzen, von welchen sie vernommen, dass sie sich in die Flucht gewendet hatten. [Also wenn des Antichristen Reich zu sinken anfängt und zum Fall sich neigt, so bekennen sich auch diejenigen zum Evangelium, welche zuvor aus Furcht im wenigsten sich nichts dürfen merken lassen.]

24. Und Gideon sandte Botschaft auf das ganze Gebirge Ephraim und ließ sagen: Kommt herab, den Midianitern entgegen und verlauft ihnen das Wasser bis gen Beth-Bara und den Jordan! Da schrien alle, die von Ephraim waren und verliefen ihnen das Wasser bis gen Beth-Bara und den Jordan.

Verlauft: Auf dass die Feinde da nicht hinübersetzen konnten.

Jordan: Will so viel sagen: Sie sollen die Furt am Jordan einnehmen, damit die Feinde nicht entrinnen können. Denn Gideon hatte sich vorgenommen, das midianitische Kriegsheer bis aufs Haupt zu erlegen und allerdings aufzureiben, damit nicht, wenn sie in der Flucht davonkämen, sich zukünftig wieder erholten und das Land Israel mit einem feindlichen Einfall abermals verheerten.

Schrien: Dass sie sich untereinander ermahnten und die Feinde schreckten.

25. Und fingen zwei Fürsten der Midianiter, Oreb und Seeb; und erwürgten Oreb auf dem Fels Oreb und Seeb in der Kelter Seeb; und jagten die Midianiter und brachten die Häupter Orebs und Seebs zu Gideon über den Jordan {Ps 83v12 Esra 10v26}.

Fels Oreb: Welcher später von ihm also genannt wurde, weil man ihn darauf ertappt und umgebracht hatte.

Kelter Seb: Die auch von ihm den Namen bekamen, weil er darin angetroffen und erwürgt wurde. [Ein solch schreckliches Ende pflegen die Tyrannen und Feinde des Volkes Gottes zu nehmen.]

Häupter: Zum gewissen Zeichen, dass sie sich tapfer gehalten und den Feinden einen großen Abbruch getan hätten, weil sie zwei Fürsten oder Kriegsobersten gefangen und erschlagen haben.


Das 8. Kapitel

  • Gideon stillt die Ephraimiter mit einer gelinden Antwort, da sie mit ihm zankten, dass er sie nicht mit sich in Streit nahm. v. 1.
  • Und erwürgt die Bürger in Sucoth, weil sie seinen Kriegsleuten keinen Proviant reichen wollten, wie er auch um gleicher Ursache willen den Turm zu Pnuel zerbricht: Danach erschlägt er die beiden Fürsten der Midianiter, Sebah und Zalmuna, weil sie vorhin seine Brüder auch umgebracht hatten. v. 5.
  • Da man ihm das Königreich anträgt, will er es nicht annehmen. v. 22.
  • Versündigt sich aber gröblich, dass er einen ungebührlichen Gottesdienst anrichtet. v. 24.
  • Verlässt siebzig Söhne und einen Sohn, den er mit seinem Kebsweibe erzeugt. v. 29.
  • Die undankbaren Israeliten vergessen die Guttat Gideons. v. 33.

1. Und die Männer von Ephraim sprachen zu ihm: Warum hast du uns das getan, dass du uns nicht riefest, da du in Streit zogst wider die Midianiter? Und zankten sich mit ihm heftig.

Warum: Als wollten sie sprechen: Ist es nicht ein unrechter Handel und ganz nicht zu dulden, dass du ohne unser Vorwissen einen solchen schweren Krieg gegen so viele und mächtige Feinde zu führen dich unterstanden hast. Fangen also die Ephraimiter einen Hader mit Gideon an, da der den Sieg bereits erhalten und die Feinde in die Flucht gebracht waren, dass er sie nicht auch mit sich in den Streit nahm. [Also sind die Leute so geartet, dass, wenn etwas glücklich abgegangen, gerne jedermann des Lobes teilhaftig sein wollte: Wenn aber eine Sache nicht wohl abgeht, so wollen auch diejenigen, welche mit Rat und Tat dazu geholfen, nicht davor angesehen sind, als ob sie etwas damit zu tun gehabt.]

Riefest: Meinst du wir hätten nicht Kraft und Mut oder auch Wehr und Waffen genug gehabt, den Feinden zu widerstehen?

Heftig: Dass sie viele Worte darüber machten und ihn hoch anklagten.

2. Er aber sprach zu ihnen: Was habe ich jetzt getan, das eurer Tat gleich sei? Ist nicht eine Rebe Ephraims besser denn die ganze Weinernte Abiesers?

Sprach: Nicht zwar trotzig, wie er wohl gut recht hätte, sondern ganz freundlich, damit er sie nicht noch hitziger machte und weiter aufbrächte, daraus ein innerlicher Krieg oder anderer Schaden hätte entstehen mögen.

Gleich: Als wollte er sagen: Ich erkenne und gestehe gerne, dass ihr in diesem Krieg viel einen größeren Ruhm davonbringt durch eure Taten als ich, darum sollt ihr euch nicht die Gedanken machen, als ob ihr durch den erhaltenen Sieg kein besonders Lob erlangt hättet, weil ihr den Feinden so tapfer nachgesetzt.

Besser: Das ist: In euer jedem steckt mehr Kraft, Mut und Tapferkeit als in meinem ganzen Geschlecht.

3. Gott hat die Fürsten der Midianiter, Oreb und Seeb, in eure Hände gegeben. Wie hätte ich können das tun, das ihr getan habt? Da er solches redete, ließ ihr Zorn von ihm ab.

Gegeben: Dass ihr sie erwürgt habt.

Tun: Denn ob ich wohl durch Gottes Hilfe und Beistand mit einem Vorteil die Feinde angegriffen und in die Flucht gebracht habe, so habt ihr doch viel eine herrlichere Tat verrichtet, indem, dass ihr der Feinde vornehmste Häupter unter eure Gewalt gebracht und aus dem Wege geräumt, daraus leicht zu lesen ist, dass ich den Krieg angefangen, ihr aber denselben hinausgeführt und glücklich zum erwünschten Ende gebracht habt.

Ließ: Das ist: Wie sie solche gelinde Antwort von ihm gehört, sind sie zufrieden gewesen und haben keine Ursache mehr gehabt, wider ihn zu zürnen, weil sie gesehen, dass er sie seiner Ehren und erlangten Lobes mit ihm auch teilhaftig machte. [Hier hat man in Acht zu nehmen, wie der Teufel, wenn das Volk Gottes in einem geistlichen Streit der Kirche oder auch weltlichen Schlacht den Sieg wider die Feinde erhält, bald und von stund an sich untersteht, die Überwinder unter sich selbst uneins zu machen und einen schädlichen Krieg unter ihnen zu erregen. Danach sollen wir hier bei des Gideons Beispiel lernen, dass wir, die wider uns erbitterten Herzen und Gemüter viel eher mit einer gelinden Antwort zur Güte bewegen als durch raues anfahren, nur desto mehr aufbringen und zu größerem Zorn reizen. Und ist solche Demut insbesondere zu loben, da man die Ehre, so einem von Rechtswegen zusteht, mit anderen teilt und macht.]

4. Da nun Gideon an den Jordan kam, ging er hinüber mit den dreihundert Mann, die bei ihm waren; und waren müde und jagten nach.

Hinüber: In willens den Feinden weiter nachzusetzen, so davon gekommen waren, denn man nicht genug abwehren könne, dass nicht etliche über den Jordan gesetzt hätten.

5. Und er sprach zu den Leuten zu Suchoth: Lieber, gebt dem Volk, das unter mir ist, etliche Brote; denn sie sind müde, dass ich nachjage den Königen der Midianiter, Sebah und Zalmuna.

Königen: Denn die anderen zwei Fürsten der Midianiter, Oreb und Seb, waren bereits ertappt und erwürgt, wie oben gemeldet.

6. Aber die Obersten zu Suchoth sprachen: Sind die Fäuste Sebahs und Zalmunas schon in deinen Händen, dass wir deinem Heer sollen Brot geben?

Händen: Als wollten sie sagen: Du befiehlst uns, dass wir dir Proviant herausgeben, als ob du die midianitische Könige, unsere Freunde und Schutzherren, bereits gefangen und gebunden in deiner Gewalt hättest, daran es dir doch noch weit und mehr als einen Bauernschritt fehlt, darum achten wir uns deines Zorns wenig, der keinen Nachdruck hat und sein dir samt deinem Volk nichts zu willen, du zürnst gleich oder lachst darüber. [Denn wenn die Welt sieht, dass sie keine große Macht um sich haben, die verlacht sie und hält nur viel von denen, die groß und hoch angesehen sind.]

7. Gideon sprach: Wohlan, wenn der Herr Sebah und Zalmuna in meine Hand gibt, will ich euer Fleisch mit Dornen aus der Wüste und mit Hecken zerdreschen.

Zerdreschen: Und zwar, was er ihnen gedroht, hat er auch in der Tat geleistet, wie später folgen wird. [Denn sie eine harte Strafe ganz wohl verschuldet, weil sie die Obrigkeit in ihrem göttlichen Beruf verhindert und verspottet.]

8. Und er zog von dort hinauf gen Pnuel und redete auch also zu ihnen. Und die Leute zu Pnuel antworteten ihm gleichwie die zu Suchoth {1Mos 32v30}.

Pnuel: Zu einem festen Städtlein.

Auch also: Dass er um Proviant anhielte für seine müden Kriegsleute.

Gleich: Dass sie ihn mit einer stolzen Rede schimpflich abfertigten.

9. Und er sprach auch zu den Leuten zu Pnuel: Komme ich mit Frieden wieder, so will ich diesen Turm zerbrechen.

Frieden: Dass ich meine Sache glücklich ausgerichtet habe, daran ich nicht zweifle.

Turm: Nämlich die Festung der Stadt Pnuel, darauf sie sich verließen, trotzten und pochten.

Zerbrechen: Welche Drohungen auch nicht leer ausgingen und nicht unrichtig gewesen sind. [Die aber auf ihre Festungen zu viel trauen und deshalb allen Übermut und Ungerechtigkeit treiben, die bestehen endlich samt ihren Festungen mit Schanden und kommen jämmerlich um, wie der Ausgang später von denen zu Pnuel bezeugen wird.]

10. Sebah aber und Zalmuna waren zu Karkor und ihr Heer mit ihnen, bei fünfzehntausend, die alle übergeblieben waren vom ganzen Heer derer aus Morgenland. Denn hundertundzwanzigtausend waren gefallen, die das Schwert ausziehen konnten.

Gefallen: Denn der Schrecken, so ihnen von Gott eingesteckt wurden, hatte gemacht, dass sie in der finsteren Nacht einander selber unbekannter Weise erwürgten.

Ausziehen: Das ist: Welche Harnisch führen konnten und im Kriege zu gebrauchen waren.

11. Und Gideon zog hinauf auf der Straße, da man in Hütten wohnt, gegen Morgen, gen Nobah und Jagbeha und schlug das Heer, denn das Heer war sicher {4Mos 32v35 v42}.

Hütte: Denn die in den Morgenländern nur Hütten anstatt der Häuser gebraucht haben.

Schlug: Nämlich nachdem er seinen Gefährten zugesprochen und sie ermahnt hatte, dass sie tapfer in die Feinde setzen und sie vollends aufreiben sollten zur Vollendung des Sieges: Darauf er die Feinde unversehens angegriffen.

Sicher: [Denn die fleischliche Sicherheit ist nie ohne Gefahr, dazu oft schädlich, dass sie einem das Verderben verursacht, wie hier den Midianitern geschehen, die über ihrer Sicherheit zugrunde gegangen sind.]

12. Und Sebah und Zalmuna flohen; aber er jagte ihnen nach und fing die zwei Könige der Midianiter, Sebah und Zalmuna und erschreckte das ganze Heer.

Flohen: Nachdem sie der Feinde gewahr wurden.

Erschreckte: Das ist: Er hat sie in eine Unordnung gebracht und geschreckt, dass einer hier der anderer dort hinaus gelaufen ist. [Gleichwie aber Gideon mit einem geringen und dazu ermüdetem Kriegsvolk die übrigen Feinde erlegt, damit sie nicht von neuen einen Schaden zufügen könnten: Also, wenn wir durch Christus erlöst sind, ob wir wohl noch das schwache Fleisch mit uns herumschleppen, so sollen wir dennoch uns bemühen, dass wir die übrigen Sünden, so noch an uns kleben, so unterdrücken und dämpfen, damit uns unser Fleisch nicht von neuem in Gottes Ungnade bringe und ins Verderben stürze.]

13. Da nun Gideon, der Sohn Joas‘, wiederkam vom Streit, eher die Sonne heraufgekommen war,

Streit: Indem er das übrige Heer der Midianiter getrennt und zerstreut hatte.

eher die: Denn er bei Nacht mit den Seinen fortgezogen, auf dass er die Bürger zu Sucoth unversehens schnell überraschen könnte, eher sie von seinem Sieg innewürden und die Pforten vor ihm zuschließen möchten. [Denn die Geschwindigkeit im Kriege nutzt ganz viel.]

14. fing er einen Knaben aus den Leuten zu Suchoth und fragte ihn; der schrieb ihm auf die Obersten zu Suchoth und ihrer Ältesten, siebenundsiebenzig Mann.

Knaben: Oder Jüngling, den er auf dem Felde antraf.

Ältesten: Das ist: Ratsherren, die dem Regiment vorstanden.

15. Und er kam zu den Leuten zu Suchoth und sprach: Siehe, hier ist Sebah und Zalmuna, über welchen ihr mich spottetet und spracht: Ist denn Sebahs und Zalmunas Faust schon in deinen Händen, dass wir deinen Leuten, die müde sind, Brot geben sollen?

Kam: Nämlich in die Stadt, mit seinem Kriegsvolk und den Gefangenen.

Spottet: Und aus großem Übermut eine trotzige Antwort gabt, die hab ich jetzt gefangen bekommen, wie ihr vor Augen seht.

16. Und er nahm die Ältesten der Stadt und Dornen aus der Wüste und Hecken und ließ es die Leute zu Suchoth fühlen.

Fühlen: Das ist: Er hat sie gelehrt, wie gefährlich es sei, einer Obrigkeit verächtlich zu spotten, die von Gott eingesetzt und geordnet ist. [Und sieht man auch hier, was ein böses Maul für Schaden bringt.]

Nach Luther: Das ist: Erfahren, innewerden und lehrt sie Mores.

17. Und den Turm Pnuel zerbrach er und erwürgte die Leute der Stadt.

Turm: Das ist: Die Festung derselben Stadt, darauf sie sich verließen.

Zerbrach: [Denn es ist keine Festung so stark, die nicht könnte überwältigt und zerstört werden. Weil was Menschenhände bauen, das können auch Menschenhände wiederum abbrechen.]

18. Und er sprach zu Sebah und Zalmuna: Wie waren die Männer, die ihr erwürgte zu Thabor? Sie sprachen: Sie waren wie du und ein jeglicher schön wie eines Königs Kinder.

Und er: Nachdem Gideon alle diese Siege erhalten, geht er jetzt mit sich selber zu Rat, was er mit den gefangenen Königen anfangen wolle.

Erwürgt: Aus dieser Frage erscheint, dass die Midianiter vor ihrer Niederlage nicht allein der Israeliten Güter angefallen und geraubt, sondern auch ihre Personen tyrannisiert haben.

Wie du: Das ist: Sie sahen dir nicht ungleich und waren einer ansehnlichen Gestalt.

Königs: Oder Fürsten. Dass man an ihnen spüren konnte, sie müssten nicht schlechte Leute sein.

19. Er aber sprach: Es sind meine Brüder, meiner Mutter Söhne, gewesen. So wahr der Herr lebt, wo ihr sie hättet leben lassen, wollte ich euch nicht erwürgen.

Söhne: Das ist: Sie sind nicht allein meine Verwandten gewesen (die in der Heiligen Schrift auch Brüder genannt werden), sondern meine leiblichen Brüder, von Vater und Mutter her, die wir verloren haben, wie die Feinde in unserem Lande oftmals hin und wieder gestreift, aber wie, und von wem sie umgebracht wurden, haben wir nicht erfahren können.

Lassen: Und damit immer vergnügt waren, dass ihr sie beraubt hättet.

Nicht erwürgen: Aber weil ihr ohne alle Ursache so grausam und unbarmherzig gewesen seid, so hat euch Gott in meine Hände gegeben, dass ihr eben dasselbe wiederum leiden müsst, wie ihr anderen tatet. [Denn mit welchem Maß einer misst, der wird mit gleichem Maß wieder gemessen werden.]

20. Und sprach zu seinem Erstgeborenen Sohn Jether: Stehe auf und erwürge sie! Aber der Knabe zog sein Schwert nicht aus; denn er fürchtete sich, weil er noch ein Knabe war.

Fürchtete: Nämlich solches zu tun, was ihm sein Vater geheißen hatte, und dürfte sich nicht an den midianitischen Könige reiben, ob sie gleich gefangen und gebunden waren.

Knabe: Oder Jüngling, in seinen jungen Jahren: Also dass ihn sein Vater vielmehr ans Schwert gebunden, als damit bewehrt gemacht hatte.

21. Sebah aber und Zalmuna sprachen: Stehe du auf und mache dich an uns; denn danach der Mann ist, ist auch seine Kraft. Also stand Gideon auf und erwürgte Sebah und Zalmuna; und nahm die Spangen, die an ihrer Kamele Hälsen waren {Ps 83v12}.

Mann ist: Als wollten sie sprechen: Es ist kein Wunder, das dein Sohn, weil er noch ganz jung ist, vor Furcht und Schwachheit uns nicht anfallen darf: Darum so erwürge du uns viel lieber selber, wenn wir je sterben müssen, damit wir so, desto geschwinder hingerichtet werden und von der Marter kommen.

Erwürgt: Denn es war vorzeiten einem an seiner Ehren ganz nicht nachteilig, da er die Übeltäter selber strafte und hinrichtete, welches jetziger Zeit die Henker tun, sondern war vielmehr rühmlich und ehrlich, wie im 1. Buch der Könige Kapitel 2. zu sehen ist. Als man aber später im Papsttum anfing, den Stand der weltlichen Obrigkeit für einen unreinen Stand zu achten und darüber in Verachtung kam, hat man besondere Personen dazu genommen, die an den Übeltätern das Recht und wider sie gefällte Urteile vollstreckten, welche Folgendes mit ihrem schändlichen Leben (wie denn deren viele sind) solches Amt, so am sich selber ehrlich und Gott gefällig ist, noch in eine größere Verachtung gebracht haben.]

Hälse: Denn die Könige waren in des Überwinders Gewalt mit allem, was sie hatten.

22. Da sprachen zu Gideon etliche in Israel: Sei Herr über uns, du und dein Sohn und deines Sohnes Sohn, weil du uns von der Midianiter Hand erlöst hast.

Sohn: Das ist: Wir wollen dir und deinen Nachkommen die Herrschaft über uns erblich einräumen.

Hand: Oder Gewalt. Darum, dieweil du dich sowohl um uns verdient hast, so soll es uns gebühren, dass wir dir dagegen dankbar sind. Und tragen sie jetzt dem Gideon die Herrschaft oder Regierung auf, samt seinen Nachkommen, aber bald nach seinem Tode lassen sie es geschehen, dass fast alle seine Nachkömmlinge erwürgt werden. [Also ganz weiß der allgemeine Haufen kein Maß zu halten, dass sie entweder die Leute mit Loben und Ehren im Himmel erheben wollen oder bald darauf ihr Gemüt ändern und sie bis in die Hölle hinunter zu stoßen begehren. Darum darf sich auf des gemeinen Pöbels Gunst niemand verlassen noch deshalb stolzieren.]

23. Aber Gideon sprach zu ihnen: Ich will nicht Herr sein über euch und mein Sohn soll auch nicht Herr über euch sein, sondern der Herr soll Herr über euch sein.

Nicht Herr: Als wollte er sagen: Weil Gott das Regiment bis daher nicht ändern wollte und es zu keiner Herrschaft, die erblich wäre, kommen lassen, sondern sein Volk selber also regiert und geführt hat, das er unter und obere Amtleute und Richter oder Vorsteher, bald aus diesem, bald wieder aus einem anderen Stamm erwählt, die keine andere Gewalt über das Volk hatten, denn dass sie nach den Geboten des Gesetzes Mose die Urteile und das Recht aussprechen sollten: Und die Gewalt, welche sonst ein Herr oder König über seine Untertanen hat, dass manchmal anstatt eines Rechten sein Wille gelten muss, ihm Gott bis daher allein vorbehalten, dass er allein oberster Herr und König sein wollte: So halte ich es so, dass man solchen Zustand des Regiments nicht ändern soll, solange ihn Gott nicht ändern heißt und bedanke mich zwar eures geneigten Willens gegen mich und die Meinen. Aber die angebotene Ehre nehme ich nicht an, weil sie mir Gott nicht gegeben hat. [Denn wir sollen die uns aufgetragenen Güter und Herrlichkeiten oder Ehre mit standhaftem Gemüte ausschlagen, die wir nicht rechtmäßigerweise besitzen und haben können.]

24. Gideon aber sprach zu ihnen: Eins begehre ich von euch: Ein jeglicher gebe mir die Stirnbänder, die er geraubt hat; denn weil es Ismaeliter waren, hatten sie goldene Stirnbänder.

Begehre: Für meine euch erzeigten Guttaten, weil ich sehe, dass ihr mir sowohl gewogen seid.

Geraubt: Von den Feinden.

25. Sie sprachen: Die wollen wir geben. Und breiteten ein Kleid aus und ein jeglicher warf die Stirnbänder darauf, die er geraubt hatte.

26. Und die goldenen Stirnbänder, die er forderte, machten am Gewicht tausendsiebenhundert Sekel Goldes, ohne die Spangen und Ketten und Purpurkleider, die der Midianiter Könige tragen und ohne die Halsbänder ihrer Kamele.

Sekel: Diese Summe, wenn man sie nach des Heiligtum Gewicht schätzen will, welches noch so schwer war als der Sekel, würde ungefähr in die siebentausendundsiebenhundert Rheinische Goldene machen.

Ohne die: Welchen Raub an Gold die Israeliten dem Gideon gutwillig gelassen, ob er wohl solches nicht begehrt hatte. [Es geschieht aber oft, dass solche Kriegsheere unten liegen und in der Schlacht den Kürzeren ziehen, welches mehr von Gold und Silber, als Wehr und Harnisch schimmert und ist mehr Ausbeute, als Gefahr bei ihnen.]

27. Und Gideon machte einen Leibrock daraus und setzte es in seine Stadt zu Ophra. Und ganz Israel verhurte sich daran dort und geriet Gideon und seinem Hause zum Ärgernis {2Mos 28v4 v6}.

Machte: Nämlich aus dem Gold und köstlicher Kleidung.

Leibrock: Das ist: Ein priesterliches Kleid, dessen die Hohepriester bei Verrichtung des Gottesdienstes sich gebrauchten, wie solches 2. Mose 28. beschrieben wird.

Setzte: Das ist: Als die priesterlichen Kleider gemacht waren, welche an Schöne und Köstlichkeit den anderen nichts nachgaben, so man aus dem Befehl Gottes gefertigt und die in dem Heiligtum des Herrn gebraucht wurden, richtete er in seiner Stadt Ophra ein besonderes Priestertum an, dass man darin dem Herrn auch Opfer tun sollte, ohne Zweifel auf dem Altar, den er kurz zuvor aus Gottes Befehl gebaut hatte. Daher es geschehen, dass das israelitische Volk den ordentlichen und rechten Gottesdienst bei der Stiftshütte nicht mehr so hoch geachtet, sondern diesen neuen Gottesdienst, so allererst eingesetzt wurde, viel eifriger angenommen. Dass dies der Verstand des Textes sei, ist aus dem Folgenden genügend zu lesen. Und hat hieran Gideon gröblich sich vergriffen und eine schwere Sünde getan. Denn Gott hatte denselben Altar nicht der Meinung bauen heißen, dass man darauf oft opfern sollte, sondern dem Gideon befohlen, dass er nur ein einziges Opfer, dazu nur einmal darauf tun sollte. Darum es weder ihm noch einem anderen keineswegs freistand, ohne einen neuen Befehl oft darauf zu opfern. Und hatte Gott zu mehreren malen ausdrücklich und ernstlich geboten, dass man an keinem anderen Ort als in der Hütte des Zeugnisses den gewöhnlichen Gottesdienst mit den Opfern verrichten sollte.

Verhurte: Das ist: Weil solcher Gottesdienst von Gott nicht eingesetzt war, so hat ihn auch Gott nicht so gehalten, sondern nicht um ein Haar besser als eine Abgötterei geachtet. Es nennt aber Gott die Abgötterei eine Hurerei oder Ehebruch, weil er dieselbe ebenso wenig leiden kann, als ein ehrlicher Mann zu dulden begehrt, dass ein anderer mit seinem Weibe zuhalte.

Ärgernisses: d. i. Dieser Gottesdienst ist des Gideons ganzem Geschlechter übel ausgeschlagen, denn es hat Gott solche unzeitigen und widerspenstigen Eiferer in der Religion an seinen Nachkommen hart gestraft, wie aus dem folgenden Kapitel zu sehen ist, weil er einen solchen Gottesdienst angerichtet, damit Gott mehr erzürnt als geehrt wurde. [Und sieht man hier, dass die Gottesdienste, so auch dem wahren Gott, und zwar guter Meinung (wie man es nennt), aber ohne Gottes Wort eingesetzt werden, Gott nicht allein missfallen, sondern auch ein Gräuel vor ihm sind, dadurch man keine Belohnungen, sondern vielmehr Strafe verdient. Und erinnert uns solches Mannes Fall, dass wir unsere Schwachheit erkennen sollen und Gott um die Regierung seines Heiligen Geistes bitten und anrufen, dass wir nicht in dergleichen oder auch in schwere Sünde fallen.]

28. Also wurden die Midianiter gedemütigt vor den Kindern Israel und hoben ihren Kopf nicht mehr empor. Und das Land war stille vierzig Jahre, solange Gideon lebte.

Gedemütigt: d. i. Durch die oben erzählten Kriege sind die Midianiter an Kräften so geschwächt worden, dass sie gegen die Israeliten nicht mehr zur Waffe greifen dürfen.

Stille: Dass kein Krieg darin war.

Lebte: Und dem Regiment vorstand.

29. Und Jerubbaal, der Sohn Joas‘, ging hin und wohnte in seinem Hause.

Ging: Nach geendetem Kriege.

Hause: Und suchte nicht Ursache, Anlass oder Gelegenheit zu einer neuen Unruhe, wie etliche Könige und Fürsten tun, welche immer einen Krieg nach dem anderen anzetteln. [Denn gleichwie ein Kriegsoberster oder Feldherr, wenn es die Not fordert, zur Wehr greifen soll: Also soll er auch nach erlangtem Sieg die Waffen wieder von sich legen.]

30. Und Gideon hatte siebzig Söhne, die aus seiner Hüfte gekommen waren; denn er hatte viele Weiber.

Hüfte: Das ist: Die er gezeugt hatte.

Viele Weiber: Daher ihm so viel Kinder geboren wurden. [Es hat aber Gott an den Vätern geduldet, dass sie viele Weiber nahmen, aber solches nie gelobt noch befohlen.]

31. Und sein Kebsweib, das er zu Sichem hatte, gebar ihm auch einen Sohn; den nannte er Abimelech.

Abimelech: Das ist: Auf Deutsch so viel geredet, als ein Vater des Königs und will die Schrift zu verstehen geben, dass dieser Name des Gideons Geschlecht und Stamm übel bekam, davon wir später hören werden. Derselbe Abimelech aber ist aus einer leibeigenen Magd geboren worden, die Gideon zur Ehe nahm, so die Schrift gewöhnlich eine Konkubine oder Kebsweib nennt. Die anderen siebzig Söhne sind aus freien Eheweibern und nicht leibeigenen Mägden geboren worden. [Es sind aber die Kebsweiber oder Konkubinen keine Huren, sondern rechte Eheweiber gewesen. Und wenn einer ein freies Mädchen, so keine leibeigene Dienstmagd war, ehelichte, wurde sie eine Ehefrau geheißen: Nahm er aber eine Dienstmagd zur Ehe, so wurde sie nicht eine Ehefrau, sondern ein Kebsweib genannt, weil solcher Kebsweiber Kinder nicht zu gleichem Teil erbten, mit den anderen, so aus den rechten Ehefrauen und freien Personen, geboren waren. Es wurden aber der Kebsweiber Kinder mit etlichen Verehrungen von dem Vater nach desselben Wohlgefallen und Vernunftsdenken, anstatt ihres Erbteils begabt.] Ein solches Kebsweib oder Konkubine ist Ketura gewesen, welche Abraham nach der Sara Tod zum Weibe genommen, deren Söhne kein Erbteil mit Isaac, sondern allein etliche Geschenke und Gaben zu ihrem Anteil empfingen.

32. Und Gideon, der Sohn Joas‘, starb in gutem Alter und wurde begraben in seines Vaters Joas‘ Grab zu Ophra, des Vaters der Esriter.

Alter: Als er ein hohes Alter erreicht und lange genug gelebt hatte.

Esriter: Das ist: Welche Stadt Ophra demselben Geschlecht zugehörte, unter denen Joas der vornehmste war.

33. Da aber Gideon gestorben war, kehrten sich die Kinder Israel um und hurten den Baalim nach und machten ihnen Baal-Berith zum Gott.

Hurten: Das ist: Sie trieben Abgötterei. Und sind dazu mit der Abgötterei nicht zufrieden gewesen, die sie bei des Gideons Lebzeiten hatten, zu welcher er ihnen zwar Anlass gab, sondern haben sich noch mehr von Gott abgewandt und sind wiederum zu dem Gottlosen baalitischen Götzendienst getreten, welchen Gideon zuvor abgetan hatte. [Denn wenn man dem Satan einmal Platz gibt, so feiert er nicht, bis er uns immer aus einer Sünde in die andere und dazu größer stürzt.]

Baal-Berith: Heißt so viel als ein Herr des Bundes. Es war aber dies auch eine große Abgötterei und ein Gräuel vor Gott, weil Gott auf eine andere Weise gedient wurde, als er geboten hatte, darum verneint Gott, dass man ihm solchen Gottesdienst erzeigt habe, obwohl die Israeliten meinten, sie ehrten den wahren Gott, Herrn Himmels und der Erden, der vor der Zeit mit dem israelitischen Volk einen Bund in der Wüste gemacht hatte.

34. Und die Kinder Israel gedachten nicht an den Herrn, ihren Gott, der sie errettet hatte von der Hand aller ihrer Feinde umher.

Gedachten nicht: Das ist: Gott hat bei ihnen nicht so viel erhalten können, dass sie ihn an dem Ort und auf solche Weise geehrt hätten, wie er ihnen im Gesetz ausdrücklich geboten, das ihm gefiele. So groß ist dieses Volkes Halsstarrigkeit, Undank und Bosheit gewesen.

35. Und taten nicht Barmherzigkeit an dem Hause Jerubbaal-Gideon, wie er alles Gute an Israel getan hatte.

Taten nicht: Das ist: Sie erzeigten sich gegen des Gideons Nachkommen nicht dankbar für solche große Wohltaten, die sie von ihm empfangen hatten. Denn bald im nächsten Kapitel folgen wird, wie böslich sie seine Söhne auf die Fleischbank geliefert haben. [Das pflegt der Welt Dank zu sein für die empfangenen Guttaten. Doch sollen wir darum unseren Beruf nicht fahren lassen oder aufhören Gutes zu tun und um anderer Leute uns wohl zu verdienen: Denn unser Lohn wird im Himmel groß sein {Mt 5}.]


Das 9. Kapitel

  • Abimelech des Gideons Sohn, den er mit seinem Kebsweib erzeugt, erwürgt fast alle seine Brüder und wird von denen zu Sichem, zum König erwählt. v. 1.
  • Jotham des Gibeons jüngster Sohn, rückt den Sichimitern ihre Undankbarkeit und Grausamkeit auf und droht ihnen die göttliche Rache. v. 5.
  • Darauf entsteht ein Widerwille zwischen dem Abimelech und den Sichimitern, welcher endlich in einen Krieg ausbricht und werden die Sichimiter geschlagen, dazu wird ihre Festung mit Feuer verbrannt. v. 22.
  • Abimelech erobert das Städtlein Thebez und da er in das Schloss Feuer einwerfen will, wird er mit einem Stücke von einem Mühlstein, so ein Weib herabgeworfen, tödlich verwundet und begehrt von seinem Waffenträger, dass er ihn vollends hinrichten soll, wie geschehen. v. 34.

1. Abimelech aber, der Sohn Jerubbaals, ging hin gen Sichem zu den Brüdern seiner Mutter und redete mit ihnen und mit dem ganzen Geschlecht des Hauses seiner Mutter Vaters und sprach:

Abimelech: In diesem Kapitel wird angezeigt, wie die Abgötterei, zu welcher Gideon Anlass gab, an seinem Geschlecht und Nachkommen durch den Gottlosen Tyrannen Abimelech gestraft wurden: Und wie bald später derselbe Tyrann um seiner Bosheit willen auch seine gebührliche Strafe empfing.

Sohn: Aus des Gideons Kebsweibe geboren.

Brüdern: Welche, wie alle Umstände anzeigen, von wegen jeder Schwester, weil sie der Gideon geheiratet, ob sie wohl ihrer Herkunft halben leibeigen war, vor anderen Bürgern zu Sichem ein besonderes Ansehen gehabt.

Vater: Das ist: Er hielt bei allen seinen Freunden von der Mutter her an, dass sie ihm beistehen und zu seinem Tun behilflich sein sollten.

2. Lieber, redet vor den Ohren aller Männer zu Sichem: Was ist euch besser, dass siebzig Männer, alle Kinder Jerubbaals, über euch Herren sind, oder dass ein Mann über euch Herr sei? Gedenkt auch dabei, dass ich eurer Gebein und Fleisch bin.

Männer: Nämlich der Vornehmsten und Ansehnlichsten und überredet sie, dass sie mich zum Könige erwählen und meine siebzig Brüder, so aus freien Weibern geboren sind, aus dem Wege räumen.

Ein Mann: Nämlich Abimelech, als wollte er sagen: Seht ihr nicht, dass, sofern ihr nicht den Abimelech allein zum Könige erwählt und die anderen Söhne Gideons ab dem Brot tut, ihr anstatt eines Königs siebzig Könige haben werdet? Denn daran ist kein Zweifel, es wird ein jeder unter ihnen Herr über euch sein wollen. Was wird aber das dem israelitischen Regiment für großen Schaden und Nachteil bringen, wenn so viele Könige zugleich herrschen und die Bürger mit Gewalt unterdrücken werden? Und wie lange werden sie wohl untereinander eins bleiben, weil, wie man sagt, so viel Köpfe, so viel Sinne? Was wird es für eine große Unrichtigkeit geben in den Ratschlägen und in der Regierung? Es beschwert aber der gottlose Bösewicht Abimelech seine unschuldigen Brüder mit falschen Verleumdungen und Lästerungen, als ob sie nach dem Königreich stünden, da ihnen doch solches nie in Sinn gekommen war, noch sie einen Gedanken dahin hatten. [Also pflegen die Tyrannen diejenigen, welche sie unterdrücken und ums Leben bringen wollen, zuvor mit falschen Auflagen zu beschweren.]

Gedenkt: Das ist: Ihr sollt auch den Bürgern zu Sichem von meinetwegen (will Abimelech sprechen) also sagen: Erinnert euch dessen, dass ich, Abimelech, vor anderen des Gideons Söhnen, bei euch einen Vorteil habe, weil ich euer Mitbürger bin und meine Mutter in dieser Stadt geboren und erzogen ist und noch viele Blutsverwandte, Schwäger und Freunde hier hat. Darum mögt ihr euch wohl vorsehen, dass die Herrschaft nicht auf Fremde gebracht werde. Wenn ihr dies (will Abimelech zu seinen Blutsfreunden sagen) den Obersten der Stadt fleißig vorhaltet, so werdet ihr mir das Reich und euch viele Güter und Ehren zuwege bringen.

3. Da redeten die Brüder seiner Mutter von ihm alle diese Worte vor den Ohren aller Männer zu Sichem; und ihr Herz neigte sich Abimelech nach, denn sie gedachten: Er ist unser Bruder.

Redeten: Des Abimelechs Verwandten lassen sich des gottlosen Menschen gottloses Vorhaben gefallen. [Denn was tut der Ehrgeiz nicht.]

Männer: Nämlich mit den Obersten der Stadt und hielten heimliche Gespräche und Unterhandlungen mit ihnen, indem sie des Abimelechs Reden scheinbar vorbrachten, wie sie von ihm unterrichtet waren.

Neigt: Dass sie ihm gewogen wurden und fürs Beste ansahen, dass man ihm die Herrschaft auftrüge.

Bruder: Das ist: Die Sichimiter gedachten, wenn sie je einen Herrn und König haben müssten, so wollten sie viel lieber einen haben als siebzig und wäre der nicht unrichtig den anderen vorzuziehen, der mit Blutsfreundschaft oder doch von wegen der Landsmannschaft ihnen am nächsten verwandt und am meisten zugetan wäre. Weil demnach des Abimelechs Mutter eine Bürgerin zu Sichem war, so sahen sie es fürs Beste an, dass sie ihm die Regierung zuerst anböten. Darum heißen sie den Abimelech, dass er der Herrschaft sich unterfange und seine Brüder, als die ihm nach dem Reich trachteten, umbringen soll.

4. Und gaben ihm siebzig Silberlinge aus dem Hause Baal-Beriths. Und Abimelech dingte damit lose, leichtfertige Männer, die ihm nachfolgten.

Baal- Berith: Das ist: Aus dem abgöttischen Tempel, darin sie ihrem Abgott Baal Berith dienten: In welchem Tempel oder Kirche allem Ansehen nach der Gemeinde Schatz der Stadt in Verwahrung gelegt wurde, als an einen heiligen und sicheren Ort, der auch etlichermaßen befestigt war, wie aus dem Folgenden zu sehen ist. Was aber ein Silberling gegolten und an Wert hatte, nach unserer Münze zu rechnen, kann man nicht eigentlich wissen: Doch ist gut zu lesen, dass es keine geringe Summe war, weil er damit etliche Mörder bestellt und an sich gehängt, durch deren Hilfe und Beistand er seine siebzig Brüder erwürgte.

Lose: Welche sich nämlich keiner Ehrbarkeit, Frömmigkeit oder Gerechtigkeit achteten, sondern ein jedes böses Stücke zu verrichten bereit waren, wo sie nur konnten einen Gewinn davon bringen.

Nachfolgten: Als die Kriegsleute ihrem Obersten.

5. Und er kam in seines Vaters Haus gen Ophra und erwürgte seine Brüder, die Kinder Jerubbaals, siebzig Mann, auf einem Stein. Es blieb aber über Jotham, der jüngste Sohn Jerubbaals; denn er wurde versteckt.

Kam: Nämlich mit seinen gottlosen Gefährten.

Haus: Da er seine Brüder zusammensuchen und greifen ließ, die aus den freien Eheweibern geboren waren.

Mann: Die viel besser waren denn er. Zu solcher grausamen Tat hatten die Sichimiter dem Abimelech Geld vorgestreckt, wie kurz zuvor gemeldet. [Denn man findet etliche, die viel freigebiger sind Geld auszugeben zur Beförderung einer bösen Tat, als dass sie zu ehrlichen Sachen Hilfe tun. Obwohl nun Abimelech sehr übel getan, dass er durch die Brudermörder sich einen Zugang zum Königreich machen wollte, damit er dasselbe behaupten und behalten könnte: So hat doch Gott auch, nach seiner unerforschlichen Weisheit, solche grausame Tat geschehen lassen, damit des Gideons große Sünde an den Nachkommen gestraft würde, da er einen neuen Gottesdienst angerichtet, dessen er keinen Befehl hatte und also den Israeliten Anlass gegeben zur Abgötterei. Deswegen sollen wir die Abgötterei als einem tödlichen Gift meiden und fliehen.]

Jerubbaal: Das ist: Gideons. [Und sieht man hier, wie ein großer Haufen Kinder in kurzer Zeit kann verloren werden. Daher wir Deutschen im Sprichwort sagen: Ein Haufen Eier und ein Haufen Kinder vergehen bald.]

6. Und es versammelten sich alle Männer von Sichem und das ganze Haus Millo, gingen hin und machten Abimelech zum Könige bei der hohen Eiche, die zu Sichem steht.

Millo: Es erscheint aus etlichen Orten der Heiligen Schrift, als 2. Sam. 5. und im 1 Buch der Könige, Kapitel 9. und 1 Chron. 32. dass Millo ein fester Ort war an der Stadt Jerusalem, dessen Einwohner hier mit den Bürgern zu Sichem im Bund waren, über des Abimelechs Sache.

Gingen: Nämlich eine Räteversammlung oder einen Reichstag zu halten.

Abimelech: Den Brudermörder, welcher vielmehr wert gewesen, dass man ihn an die Eichen gehängt hätte, als dass man ihn darunter zum Könige gekrönt. [Und hat es bisweilen das Ansehen, als ob die Bubenstücke mit stattlichen und reichen Belohnungen vergolten würden. Aber solch großes Glück der Gottlosen währt nicht lange und ist ganz unbeständig.]

7. Da das angesagt wurde dem Jotham, ging er hin und trat auf die Höhe des Berges Grisim und hob auf seine Stimme, rief und sprach zu ihnen: Hört mich, ihr Männer zu Sichem, dass euch Gott auch höre!

Angesagt: Dass nämlich die Leute zu Sichem und aus Millo einen Reichstag gehalten und Abimelech zum Könige gemacht hatten.

Grisim: Von dem das Volk seine Stimme hören könnte und er dennoch nichtsdestoweniger an einen sicheren Ort wäre, damit er ihnen ihre Undankbarkeit und Grausamkeit, an des Gideons Geschlechter und Nachkommen begangen, ohne Scheu vorwerfen und aufrücken möchte.

Auch höre: Denn ich will euch sagen, was recht und wahr ist. [Und welche diejenigen nicht hören wollen, die sie zum Rechten anmahnen oder ihre rechte Klagen vorbringen, die werden von Gott dem Herrn auch nicht erhört.]

8. Die Bäume gingen hin, dass sie einen König über sich salbten und sprachen zum Ölbaum: Sei unser König!

Bäume: Da Jotham den Sichimitern ihr ungereimtes unsinniges Wesen und ihre Bosheiten aufrücken wollte, tut er solches mit einem schönen Gleichnis oder Beispiel. [Denn die Beispiele haben einen besonderen Nutzen und Nachdruck im Lehren oder Ermahnen.]

Gingen hin: Das ist: Sie hielten eine Versammlung.

9. Aber der Ölbaum antwortete ihnen: Soll ich meine Fettigkeit lassen, die beide, Götter und Menschen, an mir preisen und hingehen, dass ich schwebe über die Bäume?

Preisen: Das ist: Die man zum Opfer brauchte und sonst auch Leute die großen Nutzen davon haben.

Schwebe: Das ist: Zur hohen königlichen Würde und Ehren erhoben werden. Und ist dies die Meinung: Ich Ölbaum lass mich an meiner Gabe der Fettigkeit, die mir Gott gegeben hat, begnügen und will gern bei dem Brauch bleiben, dazu mich Gott erschaffen hat, begehre nichts mehr noch Höheres. [Denn was verständige weise Leute sind, die lassen sich an ihrem Stande begnügen und streben nach keiner Regierung oder Herrschaft, weil sie wissen, was für eine Lasst diejenigen auf sich nehmen, welche einem Regiment vorstehen wollen. Und ist es eine große Torheit, ein fremdes Reich anfallen, darin zu regieren, da einer doch schwerlich das verrichten kann, was ihm vorhin von Gott befohlen und auferlegt ist.]

Nach Luther: Es besteht nicht. Es ist ein Schuckel.

10. Da sprachen die Bäume zum Feigenbaum: Komm du und sei unser König!

Sprachen: Nämlich als sie von dem Ölbaum eine abschlägige Antwort empfangen hatten.

11. Aber der Feigenbaum sprach zu ihnen: Soll ich meine Süßigkeit und meine gute Frucht lassen und hingehen, dass ich über den Bäumen schwebe?

Soll ich: Das ist: Ich bin mit der Gabe meiner Süßigkeit vergnügt, die mir Gott mein Schöpfer gegeben hat, die Menschen damit zu erfreuen und begehre nichts Höheres.

12. Da sprachen die Bäume zum Weinstock: Komm du und sei unser König!

13. Aber der Weinstock sprach zu ihnen: Soll ich meinen Most lassen, der Götter und Menschen fröhlich macht und hingehen, dass ich über den Bäumen schwebe {Ps 104v15}?

Götter: [Denn obwohl Gott des Weins nicht bedarf, so haben ihm doch die Opfer gefallen, da man nach seinem Befehl Wein dazu gebrauchte und hat an dem Gehorsam Lust gehabt, den man ihm in der Verrichtung dergleichen Opfer leistete. So hat auch Christus, der Sohn Gottes selber, da er Mensch wurde, aus Wasser Wein gemacht und Wein getrunken {Joh 2}. Daher ihn die gottlosen Verleumder einen Weinsäufer schimpften {Mt 11}.]

Fröhlich: Denn der Wein ist darum erschaffen, dass er die Leute fröhlich machen soll. Solche meine herrliche Gabe (will der Weinstock sagen) kann ich nicht in den Wind schlagen und unterdes eine andere, wenn es auch gleich eine königliche Würde ist, annehmen. Mit allen diesen Worten und Gleichnisse malt Jotham des Gideons und seiner Söhne Mäßigkeit und Demut ab, als die das israelitische Königreich im wenigsten nicht begehrt, sondern mit ihrem Stande sich begnügen lassen und die Herrschaft über das Volk Israel dem Herrn ihrem Gott anheimgestellt.

14. Da sprachen alle Bäume zum Dornbusch: Komm du und sei unser König!

Dornbusch: Weil sie überall abgewiesen werden und sonst nirgends mehr hinaus wissen, so bieten sie dem Dornbusch das Königreich an.

15. Und der Dornbusch sprach zu den Bäumen: Ist es wahr, dass ihr mich zum Könige salbt über euch, so kommt und vertraut euch unter meinen Schatten; wo nicht, so gehe Feuer aus dem Dornbusch und verzehre die Zedern Libanons.

Vertraut: Das ist: Ergebt euch unter meinen Schutz und Gewalt. Und wird mit diesen Worten, unter des Dornbusches Gestalt, der Abimelech ganz eigentlich getroffen und abgemalt. Denn was der Dornbusch im Mittage für einen Schatten gibt, nämlich der nichts wert ist, solchen Schutz werden auch die Israeliten von ihrem Könige dem Abimelech haben, der auch deshalb einem Dornbusch nicht unrichtig verglichen wird, weil der Dornbusch diejenigen, so zu nahe zu ihm kommen, sticht und verwundet und den Vorübergehenden die Kleider abreißt. Und nimmt zwar der Dornbusch das aufgetragene Königreich mit Willen an, droht auch den Untertanen ihr Verderben, wo sie nicht mit rechtem Ernst und Willen, sich und alle die Ihren, ihm vertrauen und untergeben. Gibt also Jotham des Abimelechs ehrgeiziges, treuloses, störrisches, räuberisches und grausames Gemüt durch dieses Gleichnis genügend zu verstehen und verkündigt dem Volk zuvor, dass solche Wahl ihnen ihr Verderben verursachen werde. [Also sind diejenigen oft so beschaffen, welche eine Herrschaft gerne und mit Willen annehmen, ob sie gleich zu Anfang sich ganz demütig stellen, bis sie die Schlüssel finden. Daher man von dergleichen Regenten zu sagen pflegt: Er ist ins Regiment getreten als ein Fuchs, hat regiert wie ein Löwe und ist gestorben wie ein Hund. Hat man also in diesem Beispiel eines Tyrannen Konterfei abgemalt und vorgebildet, der die Untertanen nicht schützt, sondern sie beraubt und erwürgt. Solche Regenten werden den Dornen und Hecken verglichen {Mi 7}.]

16. Habt ihr nun recht und redlich getan, dass ihr Abimelech zum Könige gemacht habt? Und habt ihr wohlgetan an Jerubbaal und an seinem Hause und habt ihm getan, wie er um euch verdient hat,

Habt: Jetzt legt ihnen Jotham sein Beispiel aus und deutet auf sein gegenwärtiges Vorhaben.

Abimelech: Den gottvergessenen Brudermörder.

Hause: Oder Geschlechter und Nachkommen dessen, der euch von euren Feinden erlöst hat, die ihr habt lassen umbringen.

Getan: Wie ihr tun solltet, wenn ihr der Guttaten euch erinnert hättet, die ihr von ihm empfangen habt.

17. dass mein Vater um euretwillen gestritten hat und seine Seele dahingeworfen von sich, dass er euch errettete von der Midianiter Hand?

Gestritten: Wider die Midianiter.

Geworfen: Dass er sein Leben gewagt und in die äußerste Gefahr gesetzt hat.

18. Und ihr lehnt euch auf heute wider meines Vaters Haus und erwürgt seine Kinder, siebzig Mann, auf einem Stein; und macht euch einen König, Abimelech, seiner Magd Sohn, über die Männer zu Sichem, weil er euer Bruder ist.

Magd: Welche er, Gideon, zu seinem Kebsweibe aufgenommen hatte.

Sohn: Den ihr seinen anderen Brüdern vorgezogen habt, die viel besser gewesen denn er.

Bruder: Das ist: Weil er euer etlichen von seiner Mutter her, die zu Sichem geboren wurde, mit Blutsfreundschaft und Schwägerschaft verwandt ist.

19. Habt ihr nun recht und redlich gehandelt an Jerubbaal und an seinem Hause an diesem Tage, so seid fröhlich über dem Abimelech und er sei fröhlich über euch.

Gehandelt: Nämlich in allem dem, was ich bisher vorgebracht und euch vorgehalten habe.

Jerubbaal: Oder Gideon, nach seinem Tode.

Fröhlich: Das ist: Ich wünsche euch, dass ihr an diesem euren neuen Könige Freude, Trost und Schutz habt und er auch seine Lust an euch habe und also miteinander euch wohl betragt, dass ihr ein glückliches und friedliches Regiment habt.

20. Wo nicht, so gehe Feuer aus von Abimelech und verzehre die Männer zu Sichem und das Haus Millo; und gehe auch Feuer aus von den Männern zu Sichem und vom Hause Millo und verzehre Abimelech.

Feuer aus: Als aus einem Dornbusch.

Haus: Das ist: Das Geschlechter, so in Millo wohnt. Will so viel sagen: Weil es kund und unleugbar ist, dass ihr in dem allem, was vorgemeldet, böslich gehandelt habt, so wünsche ich, dass eurer König euch Sichimiter und Einwohner zu Millo verderbe und ihr den König wiederum: Dass also ihr selbst untereinander der Sache uneins werdet, einander überzieht und anfallt und je einer den anderen zugrunde richte. Dieser Wunsch, der aus einem göttlichen Eifer, durch Anregung des Heiligen Geistes und nicht aus einer fleischlichen Rachgierigkeit herkommen, ist zukünftig, an Abimelech und an den Sichimitern, samt anderen seinen Untertanen, wahr und erfüllt worden, wie wir bald später hören werden.

21. Und Jotham floh und entwich; und ging gen Ber und wohnte dort vor seinem Bruder Abimelech.

Entwich: Nämlich an einen sicheren Ort, da er sich keiner Gefahr zu besorgen. [Ist aber hier zu sehen, dass sich es bisweilen zuträgt, dass uns von denen am Leben nachgestellt wird, welche uns wider andere schützen sollten.]

22. Als nun Abimelech drei Jahre über Israel geherrscht hatte,

Drei Jahre: Also dass es ihm alles glücklich und wohl hinaus gegangen und die Israeliten in Sichem und an anderen Orten, die sich an ihm ergeben, nicht anders gedacht, sie hätten es mit der Wahl ganz wohl troffen und wäre die Regierung ganz wohl versehen. Es hat aber solche Freude nicht lange gewährt.

23. sandte Gott einen bösen Willen zwischen Abimelech und den Männern zu Sichem. Denn die Männer zu Sichem versprachen Abimelech;

Sandte: Das ist: Gott ließ es geschehen, dass zur Strafe ihrer Sünden der Satan ihre Herzen und Gemüter gegeneinander aufs heftigste verbitterte. [Es ist aber darum Gott nicht eine Ursache der Sünden gewesen, da er sie dem Teufel übergeben, der sie zu beiden Teilen plagen und umtreiben sollte. Denn das ist eine wohlverdiente Strafe ihrer Sünden gewesen, die ihnen Gott richtig und mit gutem Fug auferlegt hat. Und haben wir daraus zu lernen, dass gottlose Verbündnisse und ungebührliche Rottierungen ein böses Ende nehmen.]

Versprachen: Das ist: Sie redeten ihm übel nach. Haben sich also an ihm vergriffen und sind ihm nicht treu und hold geblieben, also dass sie ihm auch nach dem Leben stellten, wie bald später folgen wird.

24. und zogen an den Frevel, an den siebzig Söhnen Jerubbaals begangen und legten derselben Blut auf Abimelech, ihren Bruder, der sie erwürgt hatte und auf die Männer zu Sichem, die ihm seine Hand dazu gestärkt hatten, dass er seine Brüder erwürgte.

Zogen an: Das ist: Gott ließ es geschehen, dass die Obersten in Sichem aus Anreizung des bösen Feindes wider ihren Herrn und König sich auflehnten, damit durch solchen ihnen selbst zu beiden Teilen verderblichen erregten Zwiespalt Abimelech gestraft würde, von wegen, dass er seine eigenen Brüder erwürgte und die in der Stadt auch ihren angemessenen Lohn empfingen, dass sie ihm mit Geld dazu geholfen und Vorhaben getan, seine Brüder umzubringen. Fängt also die Strafe vom Abimelech an, dass er seiner Untertanen Aufruhr und Abfall erfahren muss, weil die Sünde von ihm den Anfang genommen, da er die Sichimiter an sich gezogen und wider seine Brüder aufgehetzt hatte. [Und sind der Täter und der in die Tat bewilligt, noch vielmehr über dem, der dazu hilft (wie die Sichimiter getan hatten), gleicher Strafe würdig.]

25. Und die Männer zu Sichem bestellten einen Hinterhalt auf den Spitzen der Berge und raubten alle, die auf der Straße zu ihnen wandelten. Und es wurde Abimelech angesagt.

Hinterhalt: Der Hoffnung, es würde Abimelech aus Unvorsichtigkeit ihnen in die Hände geraten, dass sie ihn erwürgten.

Raubten: Welcher vorsätzliche Mutwille, da er noch zu dem vorigen Abfall kam, ihnen endlich ihr Verderben verursacht hat. Denn es hat nicht lange können verborgen bleiben, da sie solchen Übermut getrieben.

Angesagt: Wie nämlich die Sichimiter die Straßen beraubten und die Wege darum verlegten, dass sie hofften, er würde ihnen in die Hände geraten und also sich selber ins Verderben stürzen. [Denn eine Herrschaft, die mit Unrecht zuwege gebracht ist, bleibt nicht lange. Gleichwie es auch mit dem Reichtum keinen Bestand hat, den man durch Betrug und mit Hinterlist an sich bringt.]

26. Es kam aber Gaal, der Sohn Ebeds und seine Brüder und gingen zu Sichem ein. Und die Männer zu Sichem verließen sich auf ihn;

Es kam: Indem Abimelech damit umgeht und sich beratschlagt, wie er an den Sichimitern, die ihm heimlich nach dem Leben stellten, möchte Strafe üben, bricht unterdes der Sichimiter heimlicher Abfall in einen öffentlichen Aufruhr aus, welcher durch einen meuterischen und unruhigen Kopf, Gaal genannt, angezettelt und erregt wird.

27. und zogen heraus aufs Feld und lasen ab ihre Weinberge und kelterten; und machten einen Tanz und gingen in ihres Gottes Haus und aßen und tranken und fluchten dem Abimelech.

Tanz: Wie bei der Weinlese zu geschehen pflegt und waren durch des Gaals Gegenwart allerdings sicher und mutig geworden, dass sie sich hinaus gemacht, da sie sonst zuvor nicht vor der Stadt gehen dürfen, weil sie wussten, dass Abimelech erfahren hatte, wie sie ihm nachstellten, deshalb sie sich die Rechnung leicht machen konnten, es würde Abimelech solches, sofern es ihm möglich, nicht ungerächt lassen. Aber ihre Hoffnung, die sie zum Gaal gehabt, hat sie später hässlich betrogen. [Denn verflucht ist der, welcher sich auf Menschen verlässt {Jer 17}.]

Haus: Nämlich in den abgöttischen Tempel oder Kirche, so sie dem Baal Berith gebaut hatten. Da haben sie ihren falschen Gottesdienst verrichtet mit ihren Opfern und haben Gott gedankt, dass er ihnen einen Obersten und Anführer, den Gaal, wider Abimelech zugeschickt hätte, unter dessen Schutz sie ihre Früchte eingesammelt, die sie sonst vor Furcht vom Felde nicht einholen dürfen. Nach verrichtetem Opfer aber hielten sie auch eine Gasterei am selben Ort, wie man gewöhnlich zu tun pflegte.

Fluchten: Dass sie ihn einen gottlosen Brudermörder und Tyrannen nannten und was sie sonst wider ihn erdenken konnten. Meinten also aus einem närrischen Wahn, dass sie ihre vorige Sünde, da sie ihn zum Könige erwählt und seine Brüder auf die Fleischbank übergeben hatten, jetzt mit aufrührerischen Schmach- und Scheltworten aussöhnen und verbessern wollten.

28. Und Gaal, der Sohn Ebeds, sprach: Wer ist Abimelech und was ist Sichem, dass wir ihm dienen sollten? Ist er nicht Jerubbaals Sohn und hat Sebul, seinen Knecht, hergesetzt über die Leute Hemors, des Vaters Sichems? Warum sollten wir ihm dienen?

Gaal: Der, vom Wein erhitzt, den König Abimelech hochmütig verachtete und bei jedermann zu verkleinern begehrte.

Wer ist: Als wollte er sprechen: Mich wundert, wie ihr euch habt das können in den Sinn nehmen, dass ihr dem Abimelech zu dienen euch unterworfenen, da er doch aus keinem königlichen Stamm in dieser Stadt seine Herkunft hat, sondern ist des Jerubbaals oder Gideons Sohn, der zwar durch den Sieg, den er wider die Midianiter erhalten, hervorgekommen und berühmt geworden. Aber sonst eines schlechten geringen Standes und Herkommens ist. Zudem, so herrscht Abimelech nicht so sehr über euch, als sein Vogt der Sebul, darüber ich mich noch mehr verwundere, dass ihr sein Joch tragen mögt, die ihr sonst freies Leute seid. Darum werft solches Joch der schändlichen Dienstbarkeit von euch und befiehlt die Regierung den Obersten dieser Stadt, welche von dem Edlen und altem Stamm, Hemor, des Fürsten dieser Stadt, der einen Sohn mit Namen Sichem gehabt (von dem die Stadt ihren Namen bekam), her entsprungen sind. Was haben wir mit des Gideon Geschlechter und Nachkommen zu tun, dass wir ihre Herrschaft über uns leiden müssten? Dies hat Gaal mit dergleichen prächtigen Worten vorgebracht, aber nicht daran gedacht, dass die rechten Sichimiter, sowohl die Verwandten als Untertanen des Fürsten Hemor, von den Söhnen des Patriarchen Jacobs entweder erwürgt oder zur Dienstbarkeit hinweg geführt wurden {1Mos 34}. Aber was unruhige Köpfe sind, die pflegen so große Streiche vorzugeben.

29. Wollte Gott, das Volk wäre unter meiner Hand, dass ich den Abimelech vertriebe! Und es wurde Abimelech gesagt: Mehre dein Heer und zieh aus!

Hand: Ich möchte wünschen und leiden, dass ihr mich zum Obersten über die Stadt Sichem erwähltet.

Vertriebe: Denn er meiner Gewalt nicht würde widerstehen können. Aber es ist diesem versoffenen vollen Scharrhansen weit anders ausgeschlagen. [Denn die Ratschläge, so man beim Wein vornimmt, geraten selten wohl.]

Gesagt: Nämlich durch etliche, die ihm noch treu blieben, was Gaal rühmte und von sich ausgäbe. Und haben solche Boten bei den Abimelech angehalten, dass er bei Zeit zur Wehr griffe und den Aufruhr stillte.

30. Denn Sebul, der Oberste in der Stadt, da er die Worte Gaals, des Sohnes Ebeds, hörte, ergrimmte er in seinem Zorn

Oberst: Nämlich vom Könige Abimelech zum Vogt oder Statthalter dahin geordnet.

Hörte: Da man ihm anzeigte, was Gaal für böse Worte und aufrührerische Reden beim Gastmahl ausgestoßen und sich hören lassen.

Zorn: Den er doch meisterlich verbergen konnte.

31. und sandte Botschaft zu Abimelech heimlich und ließ ihm sagen: Siehe, Gaal, der Sohn Ebeds und seine Brüder sind gen Sichem kommen und machen dir die Stadt widerwärtig.

Widerwärtig: Darum du wohl bei Zeit dazu tun magst und den Sachen helfen, sofern du anders nicht willst vom Königreich verstoßen werden.

32. So mache dich nun auf bei der Nacht, du und dein Volk, das bei dir ist und mache einen Hinterhalt auf sie im Felde.

Hinterhalt: Dass du dein Volk um die Stadt her verbergest und den Bürgern zu Sichem heimlich nachstellst.

33. Und des Morgens, wenn die Sonne aufgeht, so mache dich frühe auf und überfalle die Stadt. Und wo er und das Volk, das bei ihm ist, zu dir hinauszieht, so tue mit ihm, wie es deine Hand findet.

Überfalle: Dass du sie mit Gewalt eroberst und einnimmst.

Zieht: Wie er denn damit umgeht, dass er dir morgen entgegenziehen will.

Tue: Setze tapfer zu ihm hinein und schlage ihn. [Hat also Gaal durch seine eigene Zunge, die er nicht konnte im Zaum halten, sich selber ins Verderben gestürzt, wie später folgen wird. Darum man sich wohl vorsehen soll, was und gegen wem einer etwas redet.]

34. Abimelech stand auf bei der Nacht und alles Volk, das bei ihm war und hielt auf Sichem mit vier Haufen.

35. Und Gaal, der Sohn Ebeds, zog heraus und trat vor die Tür an der Stadt Tor. Aber Abimelech machte sich auf aus dem Hinterhalt samt dem Volk, das mit ihm war.

Heraus: Der Meinung, dass er sein Kriegsvolk wider den Abimelech anführen wollte, den er noch weit von der Stadt zu sein meinte und gedachte nicht anders, denn dass er ihn unversehens, da der Abimelech dessen im wenigsten nicht besorgte, an einen Ort antreffen, überfallen und aufreiben wollte.

Machte: Dass er näher zu der Stadt käme.

36. Da nun Gaal das Volk sah, sprach er zu Sebul: Siehe, da kommt ein Volk von der Höhe des Gebirges hernieder. Sebul aber sprach zu ihm: Du siehst die Schatten der Berge für Leute an.

Sebul: Des Abimelechs Vogt: Der sich im geringsten nicht merken ließ, dass ihm des Gaals aufrührerisches Wesen zuwider war, sondern dergleichen tat, als ob er ihm dazu helfen wollte.

Sprach: Betrüglich. Denn er begehrte den Gaal aufzuhalten, dass er nicht meinen sollte, dass ein Kriegsvolk vorhanden wäre, bis sie nahe hinzukämen, damit Gaal einstmals geschreckt, nicht wissen könnte, was er in der Eile anfangen sollte und weder zum Treffen noch zum Fliehen Platz hätte.

Schatten: Welche nämlich, wenn die Sonne aufgeht, von den Bergen herunter groß erscheinen.

37. Gaal redete noch mehr und sprach: Siehe, ein Volk kommt hernieder aus dem Mittel des Landes und ein Haufe kommt auf dem Wege zur Zaubereiche.

Noch mehr: Da er nämlich gemerkt, wie das Kriegsheer, welches er zuvor gesehen, je länger je mehr zu der Stadt sich nahte.

Zaubereiche: Welche Eiche vielleicht daher den Namen bekommen, dass am selben Ort die abergläubischen Leute vorzeiten der Zauberei nachgegangen waren.

38. Da sprach Sebul zu ihm: Wo ist nun hier dein Maul, das da sagte: Wer ist Abimelech, dass wir ihm dienen sollten? Ist das nicht das Volk, das du verachtet hast? Zieh nun aus und streite mit ihm!

Ihm: Als er des Abimelechs Zukunft nicht länger verbergen konnte, spottet er des aufrührerischen Obersten, wie er gesehen, dass ihm vor der Feinde Zukunft bange wurde.

Maul: Damit du dem Abimelech übel nachgeredet und ihm geflucht hast.

Volk: Dass du jetzt siehst wider dich daher ziehen, darüber du erschrocken bist.

Verachtet: Als hättest du es bereits geschlagen und überwunden.

Streit: Samt deinem Anhang und erzeige deine Mannheit nicht mit Worten, sondern auch mit der Tat.

39. Gaal zog aus vor den Männern zu Sichem her und stritt mit Abimelech.

Für: Das ist: Er führt sein Kriegsvolk dem Feinde entgegen und war er vorne an der Spitze, dem die aufrührerische Sichimiter samt dem anderen Haufen gefolgt.

40. Aber Abimelech jagte ihn, dass er floh vor ihm; und fielen viele Erschlagene bis an die Tür des Tors.

Jagte: Da er das Feld behalten und den Gaal überwunden.

Tors: Und hätte Abimelech, wenn er nicht allein überwinden, sondern auch den Sieg recht zu gebrauchen wissen, mit den Flüchtigen zugleich in die Stadt kommen können, weil er aber vielleicht eines Hinterhalts sich besorgt, hat er es nicht tun wollen.

41. Und Abimelech blieb zu Aruma. Sebul aber verjagte den Gaal und seine Brüder, dass sie zu Sichem nicht mussten bleiben.

Verjagte: Denn es hatte Sebul, des Königs Abimelechs Vogt, in der Stadt auch noch seinen Anhang, die es mit ihm und dem Könige Abimelech hielten. [Es kann aber in einem Regiment nichts Schädlicheres vorgehen, als wenn die Bürger untereinander uneins sind, daher allerlei Unruhe und Empörungen entstehen und endlich Mord und Totschlag darauf erfolgt.]

42. Auf den Morgen aber ging das Volk heraus aufs Feld. Da das Abimelech wurde angesagt,

Ging: Damit sie noch einmal ihr Heil versuchten und ihrem Könige eine Schlacht lieferten, weil sie ihrer aufrührerischen Anschläge noch nicht gereute.

43. nahm er das Volk und teilte es in drei Haufen und machte einen Hinterhalt auf sie im Felde. Als er nun sah, dass das Volk aus der Stadt ging, erhob er sich über sie und schlug sie.

Sie: Nämlich wider seine aufrührerischen Bürger.

Schlug sie: Also dass sie sich abermals in die Flucht begeben mussten.

44. Abimelech aber und die Haufen, die bei ihm waren, überfielen sie und traten an die Tür der Stadt Tor; und zwei der Haufen überfielen alle, die auf dem Felde waren und schlugen sie.

Stadt Tor: Denn nachdem er sie in die Flucht gebracht, eilt er als bald der Stadt zu, dass er die Tore mit einem Teil seines Volkes eher erreichte als die Flüchtigen.

Felde: Das ist: Welche auf dem Platz, da die Schlacht geschah, noch zum Teil widerstanden, zum Teil hin und wieder sich zerstreuten, die wurden von des Abimelechs zwei Haufen aufgerieben, da unter des Abimelech den anderen der Weg verlaufen, dass sie nicht wiederum in die Stadt kommen konnten, weil er eher vor dem Tor war als sie.

45. Da stritt Abimelech wider die Stadt denselben ganzen Tag und gewann sie; und erwürgte das Volk, das darin war und zerbrach die Stadt und säte Salz darauf.

Volk: Seine aufrührerischen Bürger.

Salz: Denn welche vorzeiten die Städte in Grund zerstörten und nicht wollten, dass sie wieder aufgebaut wurden, die pflegten über den Steinhaufen der zerstörten Stadt Salz zu werfen, damit anzuzeigen, dass dieselbe Stadt künftig verbannt, verflucht und unfruchtbar sein sollte, da von wegen der vorigen Einwohner Bosheit niemand mehr wohnen würde.

46. Da das hörten alle Männer des Turms zu Sichem, gingen sie in die Festung des Hauses des Gottes Berith.

Turms: Das ist: Ihres Schlosses oder Festung.

Gingen: Denn sie ihrem vorigen Turm oder Festung nicht trauen dürfen und hofften sie würden an einem heiligen und dazu wohl verwahrten Ort mehr Sicherheit haben, aber wie der Gottesdienst war, also war auch ihre Hilfe, nämlich keine. [Man soll aber in Nöten nicht zu den Götzen, sondern durch den Glauben zu dem wahren Gott Zuflucht haben. Denn der Name des Herrn ist ein festes Schloss, der Gerechte läuft dahin und wird, beschirmt {Spr 18}.

47. Da das Abimelech hörte, dass sich alle Männer des Turms zu Sichem versammelt hatten,

Des Turms: Das ist: Die zuvor den Turm zu Sichem innegehabt.

Versammelt: Nämlich in die Festung ihres Gotteshauses Baal Berith, dahin sie geflohen waren.

48. ging er auf den Berg Zalmon mit all seinem Volk, das bei ihm war und nahm eine Axt in seine Hand und hieb einen Ast von Bäumen und hob ihn auf und legte ihn auf seine Achsel und sprach zu allem Volk, das mit ihm war: Was ihr gesehen habt, dass ich tue, das tut auch ihr eilend, wie ich.

Ging: Nämlich als er seines Volkes ein Teil da gelassen, die ihnen den Ausgang wehrten. Denn er die Festung zu erobern ihm allerdings vorgenommen hatte, damit wenn er dieselben, so darin sich aufhielten, vertilgt hätte, alle aufrührerischen Bürger aufgerieben wären.

49. Da hieb alles Volk ein jeglicher einen Ast ab und folgten Abimelech nach; und legten sie an die Festung und steckten sie mit Feuer an, dass auch alle Männer des Turms zu Sichem starben, bei tausend Mann und Weib.

Sie: Nämlich die abgehauenen Äste.

Turms: Welche nämlich zum Teil zuvor bereits darin gewohnt, zum Teil dahin geflohen waren. [Es hat aber Gott dem gottlosen König den Sieg verliehen, damit die Übeltat gestraft würde, dass die Sichimiter Geld aus demselben ihrem Götzenhause, in dem sie später umgekommen, dargereicht zur Beförderung des Mords, an des Gideons Söhnen begangen: Und dann damit angezeigt würde, dass auch eine Aufruhr gegen eine gottlose und böse Obrigkeit kein Glück habe. So lässt Gott die Festung erobern, auf dass wir unser Vertrauen nicht auf die Festungen, sondern auf unseren Herrn und Gott stellen lernen.]

50. Abimelech aber zog gen Thebez und belegte sie und gewann sie.

Zog gen: Denn weil ihm das Glück so wohl zuschlug, wurde er dadurch stolzer und übermütiger und begehrte weiter, um sich zu greifen. Warum er aber wider dasselbe Städtlein gezogen, wird nicht gemeldet. Ist aber vermutlich, dass er nicht so ganz gute Ursache dazu gehabt, als zu Sichem, weil ihm solcher Zug übel ausgeschlagen ist.

51. Es war aber ein starker Turm mitten in der Stadt, auf welchen flohen alle Männer und Weiber und alle Bürger der Stadt; und schlossen hinter sich zu und stiegen auf das Dach des Turms.

Turm: Den sie für ihre beste Festung und Wehr hielten, wider den Feind.

Flohen: Da sie die Mauern verlassen, weil sie gesehen, dass die Stadt nicht länger zu halten wäre.

Dach: Da sie sich wehren wollten, solange sie könnten. Denn im jüdischen Lande hat man breite und flache Dächer gehabt, darauf man stehen und gehen konnte, wie bei uns die Altanen sind.

52. Da kam Abimelech zum Turm und stritt dagegen; und nahte sich zur Tür des Turms, dass er ihn mit Feuer verbrannte.

Verbrannte: Wie er dem Turm zu Sichem getan hatte, dass er also die Belagerten durch das Feuer umbrächte, und hatte es allerdings das Ansehen, als ob es um sie geschehen wäre.

53. Aber ein Weib warf ein Stück von einem Mühlstein Abimelech auf den Kopf und zerbrach ihm den Schädel {2Sam 11v21}.

Warf: Der Meinung, dass sie dem Abimelech begehrte abzuwehren, damit er kein Feuer zum Turm brächte. [Denn Gott kann durch das schwache weibliche Geschlecht auch große Ding ausrichten, darum man dasselbe keineswegs verachten soll.]

54. Da rief Abimelech eilend dem Knaben, der seine Waffen trug und sprach zu ihm: Zieh dein Schwert aus und töte mich, dass man nicht von mir sage: Ein Weib hat ihn erwürgt. Da durchstach ihn sein Knabe und er starb.

Rief: Nämlich da er empfand, dass er von des Weibes Wurf eine tödliche Wunde empfangen hatte.

Erwürgt: Welches mir eine ewige Schande wäre. [Denn die Tyrannen bekümmern sich nicht so sehr, wie christlich und gottselig, aber wie rühmlich sie sterben mögen.]

55. Da aber die Israeliten, die mit ihm waren, sahen, dass Abimelech tot war, ging ein jeglicher an seinen Ort.

Waren: In dem vorgemeldeten Kriegszug.

Ort: Und ließen den Turm zu Thebez unangefochten.

56. Also bezahlte Gott Abimelech das Übel, das er an seinem Vater getan hatte, da er seine siebzig Brüder erwürgte.

Vater: Nämlich dem Gideon, indem, dass er seiner Söhne nicht verschont hatte. [Und pflegen die Tyrannen ein solches jämmerliches Ende zu nehmen. Denn obwohl die göttliche Rache langsam fortgeht und zu Anfang den Gottlosen alles Glück gleichsam zuschneit, so kommt doch endlich die Strafe nur desto härter.]

57. Desselben gleichen alles Übel der Männer Sichems vergalt ihnen Gott auf ihren Kopf und kam über sie der Fluch Jothams, des Sohnes Jerubbaals.

Übel: Da sie nämlich Geld dar gegeben, des Gideons Söhne zu ermorden.

Vergalt: Dass sie jämmerlich umkamen.

Kam: Das ist: Es wurde erfüllt, was ihnen Jotham zuvor verkündigt und geweissagt hatte. Denn derselbe den Sichimitern und ihren Anhängern gewünscht, dass sie von eben dem selbigen Abimelech zugrunde sollten gerichtet werden, dem sie mit ihrem Gelde, in seinem unrechten Vorhaben, geholfen und Vorhaben getan. [Also straft Gott einen bösen Buben mit und durch den anderen, dass sie endlich zu beiden Teilen aus gerechtem Urteil Gottes zugrunde gehen]


Das 10. Kapitel

  • Thola steht dem israelitischen Regiment 23. Jahr vor. v. 1.
  • Dem folgt Jair ein Gileaditer, so dreißig Söhne hatte. v. 3.
  • Als die Israeliten wieder zur Abgötterei umfallen, werden sie den Philistern und Amonitern zur Dienstbarkeit übergeben. v. 6.
  • Und da sie Gott um Verzeihung bitten und Hilfe begehren, werden sie ernstlich gescholten, aber doch danach zu Gnaden aufgenommen. v. 10.
  • Die Gileaditer versprechen dem das Fürstentum, der zuerst wider die Ammoniter zur Waffe greift. v. 18.

1. Nach Abimelech machte sich aufzuhelfen Israel Thola, ein Mann von Isaschar, ein Sohn Puas, des Sohnes Dodos. Und er wohnte zu Samir auf dem Gebirge Ephraim.

Helfen: Das ist: Gott gab seinem Volk einen Richter, der sie beschützte, wenn es nötig war und dem Regiment vorstünde.

Isaschar: Welcher einer unter den geringsten Stämmen im Volk Gottes war.

Samir: In demselben Städtlein.

2. Und richtete Israel dreiundzwanzig Jahre; und starb und wurde begraben zu Samir.

Richtete: Das ist: Er ist dem Regiment nicht als ein König, sondern als ein Richter vorgestanden. Und ist guter Friede gewesen, wie er regiert hat.

3. Nach ihm machte sich auf Jair, ein Gileaditer und richtete Israel zweiundzwanzig Jahre.

Auf: In der Regierung.

4. Und hatte dreißig Söhne auf dreißig Eselsfüllen reiten; und hatte dreißig Städte, die heißen Dörfer Jairs bis auf diesen Tag und liegen in Gilead.

Söhne: Ist also in einem großen Ansehen gewesen und haben viel auf ihn gehalten von wegen der Menge seiner Kinder und weil er viele Güter hatte. Denn den göttlichen Segen vieler Kinder hat man bei dem Volk Gottes groß geachtet.

Eselsfüllen: Das ist: Sie sind von wegen ihres hohen Standes nicht zu Fuß gegangen, sondern auf Eseln geritten, wie damals bei hohen Standes Leuten gebräuchlich war. Wie heute, was vornehme Leute sind, auf Pferden reiten.

Städte: Dass er darüber zu gebieten hatte. Ist deswegen einer von den vornehmsten Fürsten und Richtern im Volk Gottes gewesen. [Und wird eine fromme, gottselige und christliche Obrigkeit bei Gott lieb und wert gehalten.]

5. Und Jair starb und wurde begraben zu Kamon.

6. Aber die Kinder Israel taten weiter übel vor dem Herrn und dienten Baalim und Astharoth und den Göttern zu Syrien und den Göttern zu Zidon und den Göttern Moabs und den Göttern der Kinder Ammon und den Göttern der Philister; und verließen den Herrn und dienten ihm nicht.

Vor dem: Das ist: Sie sind wieder umgeschlagen und haben ihr gottloses Wesen wieder angefangen, wo sie es vor der Zeit gelassen hatten, wie ein Hund sein Ausgespeites wieder frisst. Denn aus dem, was später folgt, erscheint, dass unter den vorgemeldeten beiden Richtern, so viel die Religion belangt, die Sache etwas besser stand.

Zu Syrien: Welche die Syrer und andere Völker mehr verehrt. Denn da die Israeliten gesehen, wie diese Völker großes Glück hatten, reich und mächtig waren, haben sie gemeint, wenn sie derselben Götter ehrten, so würde es ihnen auch alles glücklich vonstattengehen, was sie vorhätten: Und sich selber eingebildet, wenn sie viele und mancherlei Gottesdienste anrichteten, so würde es Gott sich gefallen lassen, es wäre gleich, mit was Zeremonien man ihm diente. [Dies ist eine fleischliche Klugheit, aber vor Gott ein Gräuel gewesen. Darum sie mit Aufrichtung solcher Gottesdienste den wahren Gott vielmehr verleugnet als geehrt haben.]

Verließen: Das ist: Sie haben den rechten Gottesdienst verachtet, wie er von Gott eingesetzt wurde, und sind mit den vorgemeldeten falschen Religionen zugefallen. [Es ist aber keine größere Torheit, als wenn man von wegen des äußerlichen zeitlichen Glücks der gottlosen Völker ihre Religion guter Meinung, annimmt. Denn man soll Gott nach seinem vorgeschriebenem Worte ehren und die Religion nicht nach dem Glück richten.]

7. Da ergrimmte der Zorn des Herrn über Israel und verkaufte sie unter die Hand der Philister und der Kinder Ammon.

Hand: Oder Gewalt: Dass sie derselben Tyrannei unterworfen jämmerlich geplagt würden.

8. Und sie zertraten und zerschlugen die Kinder Israel von dem Jahr an wohl achtzehn Jahre, nämlich alle Kinder Israel jenseits des Jordans, im Lande der Amoriter, das in Gilead liegt.

Jahr an: Da nämlich die Philister und Ammoniter angefangen, die Kinder Israel zu bekriegen.

Jenseits: Die nämlich mehr als die anderen Israeliten von den Feinden Überdrang litten.

9. Dazu zogen die Kinder Ammon über den Jordan und stritten wider Juda, Benjamin und wider das Haus Ephraim, also dass Israel sehr geängstigt wurde.

Ephraim: Die bis daher vor den Feinden mehr Ruhe gehabt und sicher gewesen waren.

10. Da schrien die Kinder Israel zu dem Herrn und sprachen: Wir haben an dir gesündigt; denn wir haben unseren Gott verlassen und Baalim gedient.

Gesündigt: Wir bekennen, dass wir dich mit unseren Sünden schwer erzürnt haben, da wir deinen rechten Gottesdienst verachtet und neue verbotene Abgötterei angerichtet haben: Darum bitten wir demütig, dass du uns unsere schweren Sünden verzeihen wollest, uns zu Gnaden wieder aufnähmest und von unseren Feinden errettest. [Denn die Trübsale haben bei dem Volk Gottes diesen Nutzen, dass sie dadurch zur Erkenntnis ihrer Sünden kommen, welches die erste Staffel zur Seligkeit ist.]

11. Aber der Herr sprach zu den Kindern Israel: Haben euch nicht auch gezwungen die Ägypter, die Amoriter, die Kinder Ammon, die Philister,

Sprach: Nämlich durch einen Propheten und lässt sie heftig schelten, tut auch dergleichen, als ob er sie nicht erhören wolle.

12. die Zidonier, die Amalekiter und Maaniter; und ich half euch aus ihren Händen, da ihr zu mir schriet?

13. Noch habt ihr mich verlassen und anderen Göttern gedient; darum will ich euch nicht mehr helfen {5Mos 31v20}.

Verlassen: Da ihr meine Wohltaten bald vergessen und die rechte Religion aus der acht gelassen habt.

Göttern: Welche doch, weil sie selber nichts sind, euch nie keine Wohltat erzeigt haben, euch auch nicht helfen können.

Helfen: Ich will mich solcher undankbaren Leute nicht mehr annehmen.

14. Geht hin und schreit die Götter an, die ihr erwählt habt; lasst euch dieselben helfen zur Zeit eurer Trübsal!

Geht hin: Dies ist ein ernster Verweis, damit Gott seinem Volk ihre Torheit und gottloses Wesen aufgerückt und vorgeworfen hat, dass sie bisher solche Götter verehrt, die ihnen aus ihren Nöten nicht helfen können. [Dergleichen Versuchungen werden bisweilen in eines Christenmenschen Gewissen erregt, dass er denkt, Gott wolle ihn nicht mehr erhören, weil er so oft mit seinen Sünden von ihm abgefallen und seine Treue und Glauben, zur Verbesserung des Lebens, das er so oft verheißen, nie gehalten habe. Aber wir sollen darum nicht aufhören zu beten, sondern mit Flehen und Schreien immer anhalten, wie hier die Israeliten taten.]

15. Aber die Kinder Israel sprachen zu dem Herrn: Wir haben gesündigt; mache es nur du mit uns, wie dir es gefällt; allein errette uns zu dieser Zeit!

Gesündigt: Wir bekennen, dass wir wohl verschuldet haben, dass du uns in diesem Unglück verlassen hast.

Gefällt: Als wollten sie sagen: Züchtige du uns selber mit deiner väterlichen Rute.

Errette: Damit wir nicht in unser grausamen Feinde Hände geraten. [Denn wir wollen lieber in Gottes als in der Menschen Hände fallen.]

16. Und sie taten von sich die fremden Götter und dienten dem Herrn. Und es jammerte ihn, dass Israel so geplagt wurde.

Taten: Haben also ihren Worten statt getan und im Werke erzeigt, dass sie ihrer begangenen Abgötterei ernstlich bereue.

Dienten: Nach dem Worte Gottes, wie ihnen vorgeschrieben war. [Denn das ist eine rechte und wahre Buße, wenn wir unser Leben mit Ernst verbessern, welches ohne wahren Glauben an Christus nicht geschehen kann.]

Jammert: Das ist: Obwohl er sie bis daher hart gehalten, jedoch nach dem er gesehen, dass sie es mit der Buße sich lassen ein Ernst sein, hat er sein väterliches Gemüt nicht mehr vor ihnen verbergen können, noch länger zusehen, dass sein Volk so großen Überdrang litte: darum er sich vorgenommen hat, ihnen zu helfen. [Sollen wir deswegen mit dem Gebet anhalten und unser Leben bessern, alsdann wird uns Gott nicht von sich stoßen, sondern uns trösten und uns aus unseren Nöten helfen.]

17. Und die Kinder Ammon schrien und lagerten sich in Gilead; aber die Kinder Israel versammelten sich und lagerten sich zu Mizpa.

Schrien: Das ist: Sie machten einen Lärm und hielten ein großes Freudengeschrei, als ob sie die Sache schon gewonnen hätten.

Nach Luther: Jauchzten.

Versammelten: Nämlich nachdem sie durch den Propheten getröstet wurden und vernommen, dass sie bei Gott wiederum in Gnaden wären.

18. Und das Volk der Obersten zu Gilead sprachen untereinander: Welcher anfängt zu streiten wider die Kinder Ammon, der soll das Haupt sein über alle, die in Gilead wohnen.

Gilead: Nämlich in derselben Landschaft jenseits des Jordans. Denn dieselben litten den größten Überdrang von den Feinden, darum griffen sie zur Wehr und verhießen dem die Oberherrschaft in ihrem Lande, der die Feinde zuerst anfallen würde: Aber es hat sich keiner gefunden, der solche Gefahr bestehen wollte. [Denn der muss einen besonderen Heldenmut haben, der dem Regiment begehrt vorzustehen, wenn Gefahr vorhanden ist. Und wird die Kirche oftmals von aller menschlicher Hilfe verlassen.]


Das 11. Kapitel

  • Jephthah, ein streitbarer Held, aber ein Hurenkind, wird der Israeliten Oberster und gibt den Kindern Ammon zu erkennen, dass ihnen kein Teil des Landes Kanaan zugehöre. v. 1.
  • Als sie sich damit nicht wollen abweisen lassen, überwindet er sie in einer großen Feldschlacht. v. 28.
  • Zuvor aber hatte er ein Gelübde getan, wenn er den Sieg erhalten würde, so wollte er Gott opfern, was ihm zuerst aus seinem Hause begegnen würde, da geht ihm seine einzige Tochter entgegen, welche er zu Erfüllung seines Gelübdes, zur ewigen Jungfrauenschaft übergibt: Solchen Jammer beweint die Tochter mit ihren Gespielen, daher eine jährliche Gewohnheit in Israel entstanden. v. 34.

1. Jephthah, ein Gileaditer, war ein streitbarer Held, aber ein Hurenkind. Gilead aber hatte Jephthah gezeugt.

Jephthah: Folgt jetzt, was Gott seinem Volk für einen Feldobersten wider die Feinde zugeordnet habe und mit was Gelegenheit.

Gileaditer: Aus dem Lande Gilead gebürtig. Denn die Epistel zu Hebräer unter die heiligen Richter des Volkes Gottes zählt, Kapitel 11. Welches man durch dies ganze Kapitel wohl in Acht nehmen soll.

Gezeugt: Ist also sein Vater ein vornehmer Mann gewesen, aber seine Mutter ein unzüchtiges loses Weib. [Erwählt deswegen Gott das Verachtete vor der Welt, dass er, was groß ist, zuschanden mache {1Kor 1}. Und muss man die, die unehelich geboren sind, nicht verachten.]

2. Da aber das Weib Gileads ihm Kinder gebar und desselben Weibes Kinder groß wurden, stießen sie Jephthah aus und sprachen zu ihm: Du sollst nicht erben in unseres Vaters Hause, denn du bist eines anderen Weibes Sohn.

Weib: Die nämlich sein eheliches Weib war.

Aus: Nämlich aus ihres Vaters Hause. Und taten zwar dieselben anderen Brüder dem Jephthah nicht Unrecht, fuhren aber doch mit ihm dem strengen Rechten nach und hätten besser getan, wenn sie mit einem solchen tapferen Helden etwas glimpflicher umgegangen wären. [Es hat ihn aber Gott zuvor demütigen wollen, weil er ihn bald später zu großen Ehren zu erheben gesinnt war.]

3. Da floh er vor seinen Brüdern und wohnte im Lande Tob. Und es sammelten sich zu ihm lose Leute und zogen aus mit ihm.

Floh: Weil er allein wider solche Ausstoßung mit Gewalt nichts ausrichten konnte und vom Recht auch keinen Schutz hatte. Denn das Gesetz Mose schloss die unehelichen Kinder aus von den gemeinen Ämtern und von dem Erbteil. Darum ist von er seinen Brüdern gewichen, besonders, weil auch der Obrigkeit Urteil auf seiner Brüder Seite fiel, wie aus dem Folgenden zu lesen ist.

Sammelten: Das ist: Weil er ein tapferer Mann und streitbarer Held war, so fanden sich allerlei Leute und loses Personal zu ihm, das nichts zum Besten hatte und entweder Schulden halben entlaufen waren oder sonst um ihrer Misshandlung willen ihr Vaterland meiden mussten: Die hielten sich zu ihm als zu ihrem Obersten und sind mit ihm fortgezogen, dass sie mit Ausfallen in fremde benachbarte Landschaften, so nicht dem Volk Israel zugehörten, herumstreiften und sich im Stegreif nährten. (Fast eine dergleichen Gesellschaft hat auch David um sich gehabt, als er um des Sauls Wüterei willen im Elend herumziehen musste und der geängstigten Leute Oberster wurde, mit denen er auf die benachbarten gottlosen Heiden streifte {1Sam 27}.] Denselben Jephthah, der unehelich geboren und im Elende war, hat Gott erhöht und zu einem berühmten Fürsten seines Volkes Israel gemacht, wie wir bald hören werden. [Denn Gott hat die Gesetze in seiner Gewalt, darum lässt er zu, dass ein Hurenkind zu einer fürstlichen Hoheit kommt, nicht dass ihm die Unzucht und Büberei so wohl gefalle: Sondern dass er damit zu verstehen gebe, wie dergleichen Leute, wenn sie gleich nicht ehelich geboren sein, darum nicht verzagen sollen, sofern sie nur Gott erkennen und fürchten und daneben fromm und ehrlich leben.]

4. Und über etliche Zeit später stritten die Kinder Ammon mit Israel.

Später: Nämlich nach dem Jephthah hinausgestoßen und gleichsam ins Elend vertrieben war.

5. Da nun die Kinder Ammon also stritten mit Israel, gingen die Ältesten von Gilead hin, dass sie Jephthah holten aus dem Lande Tob.

Stritten: Das ist: Als die Kinder Ammon den Israeliten einen öffentlichen Krieg anböten und die Israeliten merkten, dass sie eines erfahrenen Kriegsobersten mangelte.

Tob: Da er im Elende war. Haben darum die Israeliten stattliche Gesandten zum Jephthah abgefertigt, welche ihn dahin vermögen sollten, dass er wieder aus dem Elende wieder heimkäme und den Israeliten in ihrer Gefahr beistünde.

6. Und sprachen zu ihm: Komm und sei unser Hauptmann, dass wir streiten wider die Kinder Ammon!

Hauptmann: Das ist: Die ganze Gemeinde der Kinder Israel hat dich zu ihrem Feld-Obersten in diesem Kriege erwählt, weil ihnen nicht unbewusst, dass du ein tapferer Held bist. Darum so ziehe mit uns. [Denn die Not zwingt uns bisweilen, dass wir denen müssen unterworfen sein, die wir zuvor hochmütig verachtet haben. Darum sollen wir uns immer der Freundlichkeit und Mäßigkeit bemühen, damit wir nicht mit Scham uns denen unter geben müssen, über welche wir zuvor Hochmut getrieben.]

7. Aber Jephthah sprach zu den Ältesten von Gilead: Seid ihr nicht, die mich hassen und aus meines Vaters Hause gestoßen habt? Und nun kommt ihr zu mir, weil ihr in Trübsal seid?

Seid: Er fährt sie zuerst hart an, damit er erkundige, was ihre eigentliche Meinung sei, darum stellt er sich, als ob er die angebotene Ehre nicht begehre, und rückt ihnen auf, wie übel sie ihn bisher gehalten haben.

Hassen: Dass ihr mich als einen, der nicht ehelich geboren ist, anfeindet und für ein Scheusal haltet.

Trübsal: Dass ich euch helfen soll, weil euch der Schuh drückt und die Not dazu dringt, geschieht aber keineswegs darum, dass ihr mir so wohl gewogen seid. Darum ich mich auch nichts Besseres zu euch zu versehe, denn wenn ich euch aus euren Nöten geholfen habe, dass ihr mich wieder fortschicken werdet und hinziehen heißt, da ich hergekommen bin.

8. Die Ältesten von Gilead sprachen zu Jephthah: Darum kommen wir nun wieder zu dir, dass du mit uns ziehst und hilfst uns streiten wider die Kinder Ammon und seist unser Haupt über alle, die in Gilead wohnen.

Kommen: Das ist: Weil wir erkennen, dass wir herber mit dir umgegangen, als wohl hätte sein sollen. So begehren wir jetzt, unseren vorigen Irrtum zu verbessern, und wollen dich zum Obersten und Fürsten über uns setzen.

Gilead: Nämlich in derselben Landschaft jenseits des Jordans. Denn da wir uns zuvor an dir vergriffen, so wollen wir es jetzt und mit Auftragung der Herrschaft reichlich wiederum erstatten.

9. Jephthah sprach zu den Ältesten von Gilead: So ihr mich wieder holt, zu streiten wider die Kinder Ammon und der Herr sie vor mir geben wird, soll ich dann euer Haupt sein?

Sprach: Denn er wollte der versprochenen Herrschaft gewiss sein.

Wieder holt: Dass es euch ein Ernst ist mit meiner Wiederheimforderung.

Haupt: Das ist: Oberster oder Fürst. [In welchem Namen etwas Ehrgeiz steckte, obwohl er sonst an sich selber nicht böse noch Unrecht ist: Darum Gott solchen Ehrgeiz nach erhaltenem Sieg mit einer väterlichen Strafe heimsuchte, wie später folgen wird. Sollen wir uns darum vor dem Ehrgeiz hüten.]

10. Die Ältesten von Gilead sprachen zu Jephthah: Der Herr sei Zuhörer zwischen uns, wo wir nicht tun, wie du gesagt hast.

Zuhörer: Das ist: Wir reden dies für den Ohren und Angesicht Gottes, der es weiß, dass wir es mit Ernst also meinen, wie wir es sagen und wollen dich nicht betrügen. [Ist deswegen zugelassen, dass man Gott wohl mag zum Zeugen der Wahrheit anrufen, welches denn in einem jeden rechtmäßigem Eide geschieht.]

11. Also ging Jephthah mit den Ältesten von Gilead; und das Volk setzte ihn zum Haupt und Obersten über sich. Und Jephthah redete solches alles vor dem Herrn zu Mizpa.

Redet: Das ist: Er hat abermals in einer öffentlichen Versammlung, die in Mizpa gehalten wurde, vor dem Angesicht Gottes bezeugt, dass er sich zum Obersten wolle gebrauchen lassen wider die Kinder Ammon, sie zu vertilgen, sofern ihm später das Amt eines Fürsten im Volk Gottes gewisslich eingeräumt werde. Und hat nicht eher etwas wider die Feinde vorgenommen, bis die Gileaditer vor dem Herrn mit einer allgemeinen Zusage sich gebunden, dass sie zukünftig diesen Jephthah für ihren Fürsten haben und erkennen wollten. Nach dem er solche Verheißung gehabt, greift er die Sache folgender Gestalt an.

12. Da sandte Jephthah Botschaft zum Könige der Kinder Ammon und ließ ihm sagen: Was hast du mit mir zu schaffen, dass du kommst zu mir, wider mein Land zu streiten?

Sandte: Damit er versuchte, ob der König der Ammoniter durch der Gesandten Rede sich würde dahin bewegen lassen, dass er die Waffen niederlegte und ohne Schwertstreich der Sachen in der Güte könnte geholfen werden. [Denn ein verständiger Regent soll alles zuvor mit Worten versuchen, ehe er es zum Krieg kommen lasse.]

Schaffen: Als wollte er sagen: Mich nimmt Wunder, was du damit meinst, das du ein Kriegsheer in mein Land führst, da ich dir keine Ursache dazu gebe, noch Schaden getan habe? Meinst du aber, du hast eine Ansprache wider mich, so lass uns dieselbe mit Recht ausführen und nicht mit der Faust. Es ist aber Jephthah indem nicht allerdings ohne Sünde gewesen, dass er das Land Israel sein Land heißt, als ob er der oberste Herr und Monarch darüber wäre, da doch Gott der Herr die Oberherrschaft desselben ganzen Landes sich allein vorbehalten hatte und Jephthah nur eines Kriegsobersten Amt verwaltete. [Dergleichen Schwachheiten des Fleisches finden sich auch in heiligen Leuten, dass sie bisweilen einen höheren Geist führen, als sich es gebührt.]

13. Der König der Kinder Ammon antwortete den Boten Jephthahs: Darum dass Israel mein Land genommen hat, da sie aus Ägypten zogen, von Arnon an bis an Jabbok und bis an den Jordan. So gib mir es nun wieder mit Frieden {4Mos 21v24}!

Genommen: Nämlich mit Gewalt, wider Recht und Gerechtigkeit. Welches aber nicht wahr war. Denn dieselbe Landschaft der Ammoniter nie gewesen. Und da sie gleich ihr gewesen wäre, so waren doch von der Zeit an bereits dreihundert Jahr vorüber gegangen, dass er von wegen solcher langen Inhabung und Besitzung, nach Ausweisung der Rechte, keinen Anspruch mehr daran gehabt hätte. [Aber die Weltkinder wissen ihren unrechten Sachen ein Färblein anzustreichen und sie mit einem ehrlichen Vorwort zu beschönigen]

Frieden: Wo du anders nicht willst, dass ich, was mir vorzeiten genommen ist, mit Waffen wieder an mich bringe.

14. Jephthah aber sandte noch mehr Boten zum Könige der Kinder Ammon.

15. Die sprachen zu ihm: So spricht Jephthah: Israel hat kein Land genommen, weder den Moabitern noch den Kindern Ammon {5Mos 2v19}.

Genommen: Oder mit unbilliger Gewalt bekommen, wie du vorgibst. Darum du deine habende Gerechtigkeit zu meine Lande mit Ungrund anziehst. Als ob dir jetzt und gebührte mit bewaffneter Hand wieder einzunehmen, was deinen Voreltern vor viel hundert Jahren mit Krieg abgedrungen wurde.

16. Denn da sie aus Ägypten zogen, wandelte Israel durch die Wüste bis an das Schilfmeer und kam gen Kades;

Sie: Die Kinder Israel.

Schilfmeer: Dadurch Mose die Kinder Israel wunderbarerweise hindurch führte, wie 2. Mose 14. zu lesen ist.

Kades: Welches eine Stadt ist an den Grenzen des Landes Kanaan gelegen, da das Volk Israel eine lange Zeit verharrte.

17. und sandte Boten zum Könige der Edomiter und sprach: Lass mich durch dein Land ziehen! Aber der Edomiter König erhörte sie nicht. Auch sandten sie zum Könige der Moabiter, der wollte auch nicht. Also blieb Israel in Kades {4Mos 20v14}

Ziehen: Damit ich desto eher und zeitlicher in mein verheißenes Land komme und nicht lange umherziehen muss.

Erhört: Das ist: Er wollte den Kindern Israel keinen Durchzug gestatten und ihnen nicht gestatten.

Sie: Die Kinder Israel und begehrten einen Durchzug durch das Land der Moabiter, weil sie von der Edomiter Könige nichts erhalten können.

18. und wandelte in der Wüste; und umzogen das Land der Edomiter und Moabiter und kamen von der Sonnen Aufgang an der Moabiter Land und lagerten sich jenseits des Arnon; und kamen nicht in die Grenze der Moabiter, denn Arnon ist der Moabiter Grenze.

Wüste: Nämlich nachdem sie aus Kades gezogen, sind sie wieder durch die Wüste gereist.

Umzogen: Weil ihnen der Durchzug an beiden Orten abgeschlagen wurde. Haben sich darum die Israeliten von denselben Landschaften enthalten, da sie doch, wenn sie gewollt hätten, solche damals er Oberen einnehmen können: Aber sie haben sich dergleichen Länder nicht mit Gewalt zueignen wollen, dazu sie kein Recht noch Anspruch hatten. So hätten sie auch wider den Amoriter nichts Gewalttätiges vorgenommen, wenn er nicht zuerst Gewalt an sie gelegt hätte. Denn sie begehrten ohne allen Schaden durch sein Land zu ziehen, weil sonst kein Weg mehr war, durch den sie ins verheißene Land Kanaan hätten kommen können.

19. Und Israel sandte Boten zu Sihon, der Amoriter König zu Hesbon und ließ ihm sagen: Lass uns durch dein Land ziehen bis an meinen Ort {4Mos 21v21 5Mos 2v27}.

Sagen: Im Namen des ganzen israelitischen Volkes.

Ziehen: Ohne alle deinen Schaden.

Ort: Ins Land Kanaan, so uns von Gott verheißen ist.

20. Aber Sihon vertraute Israel nicht, durch seine Grenze zu ziehen, sondern versammelte all sein Volk und lagerte sich zu Jahza und stritt mit Israel.

Vertraute: Das ist: Er besorgte sich, die Israeliten würden nicht Glauben halten, da es doch solcher Sorge sich nicht bedurft hätte. [Denn die Gottlosen haben immer einen bösen Argwohn auf die Frommen und meinen dieselben sind auch so falsch im Herzen, wie sie]

Streit: Das ist: Der Amoriter hat zuerst zur Waffe gegriffen und die Israeliten mit feindlichem Gemüte angefallen, also, dass sie wider ihren Willen solcher unrechten Gewalt abzutreiben gedrungen wurden.

21. Der Herr aber, der Gott Israels, gab den Sihon mit all seinem Volk in die Hände Israels, dass sie sie schlugen. Also nahm Israel ein alles Land der Amoriter, die in demselben Lande wohnten,

Nahm: Nach Kriegsbrauch und Recht, weil die Israeliten den Krieg nicht angefangen, sondern zu ihrer Beschützung von sich abgetrieben hatten.

22. und nahmen alle Grenze der Amoriter ein von Arnon an bis an Jabbok und von der Wüste an bis an den Jordan.

Grenze: Dasselbe ganze Land haben die Israeliten mit dem Schwert erobert. [Was deswegen jemand, da er dazu gereizt und verursacht wird, mit bewaffneter Hand erobert, das mag er mit gutem Fug behalten]

23. So hat nun der Herr, der Gott Israels die Amoriter vertrieben vor seinem Volk Israel; und du willst sie einnehmen?

Einnehmen: Und ihr Land dir zueignen, welches doch weder dein noch deiner Voreltern jemals gewesen: Und wenn es gleich gewesen wäre, so hätten es doch die Israeliten jetziger Zeit nach Kriegsbrauch und Recht mit gutem Fug inne, ja sie besitzen es richtig, weil es ihnen von Gott beschert und eingeräumt wurde.

24. Du solltest die einnehmen, die dein Gott Kamos vertriebe und uns lassen einnehmen alle, die der Herr, unser Gott, vor uns vertrieben hat {1Sam 11v7 2Sam 23v13}.

Vertriebe: Das ist: Wir haben dies Land richtig inne, daraus unser Gott unsere Feinde vertrieben hat. Bist du mit deinem Lande, das du jetzt hast, nicht vergnügt, so suche die Länder, welche dein Gott Kamos den Feinden abgedrungen hat, so nirgends sind, sie wären denn in Schlaraffenland. Verlacht und spottet also Jephthah mit diesen Worten der Ammoniter gottloses und unrechtes Begehren.

25. meinst du, dass du besseres Recht hast denn Balak, der Sohn Zipors, der Moabiter König? Hat derselbe auch je gerechtet oder gestritten wider Israel {4Mos 22v2},

Recht: Nämlich dies Land zu erobern und einzunehmen.

Balak: Der selber solches Land sich nicht zueignen dürfe, weil er zuvor mit Krieg von dem Amoriter war überwunden und aus demselben Lande verstoßen wurde.

Gerechtet: Dieses Landes wegen. Als wollte er sagen: Wenn jemand etwas Gerechtigkeit an diesem Lande haben sollte, so hätten vorzeiten die Moabiter deshalb mit den Israeliten einen Rechtshandel oder Krieg anfangen mögen, da sie angefangen, in demselben Lande zu wohnen: Denn die Moabiter solches Land bewohnten, ehe sie von den Amoritern daraus vertrieben wurden. Weil sie aber im Streit von den Amoritern überwunden und die Amoriter von den Kindern Israel wiederum vertrieben und daraus gestoßen wurden, so erkannten die Moabiter, dass sie alle Rechte dieses Landes beraubt wären: Und hat jetzt das israelitische Volk dies Land dreihundert Jahre inne: Das auch der Ursache sie niemand weichen müssten, oder den Besitz irgend einem anderen einräumen.

26. obwohl Israel nun dreihundert Jahre gewohnt hat in Hesbon und ihren Töchtern, in Aroer und ihren Töchtern und allen Städten, die am Arnon liegen? Warum errettetet ihr es nicht zu derselben Zeit?

Dreihundert Jahre: (Nach Luther) Diese 300 Jahr fangen an, von dem Auszug aus Ägypten unter Mose und enden sich 6. Jahr vor der Regierung Jephthah.

Zeit: Das ist: Warum habt ihr es damals, wie die Israeliten dasselbe Land den Amoritern genommen, von den Israeliten nicht wieder gefordert, da ihr einzig den Anspruch dazu hattet? Jetzt sucht ihr euer Recht ganz zu spät, da keins ist.

27. Ich habe nichts an dir gesündigt; und du tust so übel an mir, dass du wider mich streitest. Der Herr fälle heute ein Urteil zwischen Israel und den Kindern Ammon.

Fälle: Das ist: Gott der Oberste und unparteiische Richter, wird mit der Tat beweisen, wenn es unter uns zum Treffen kommt (wie bald geschehen wird, wenn du es nicht anders haben willst) ob wir oder ihr eine gerechte Sache habt. Darum, weil du keinen Anspruch zu diesem Lande hast und einen unbilligen Krieg wider uns führst, so vermahne ich dich, dass du die Waffen niederlegst, wieder in dein Land ziehst und uns unbekümmert lässt, damit es dir nicht übel ausschlage.

28. Aber der König der Kinder Ammon erhörte die Rede Jephthahs nicht, die er zu ihm sandte.

Erhörte: Das ist: Obwohl Jephthah durch seine Gesandten seine gerechte Sache wider die Ammoniter ausführlich genügend dargetan, hat es doch nichts helfen wollen, dass der König der Kinder Ammon sich hätte abwendig machen lassen, sondern er fuhr in seinem Tun immer fort und rüstete sich zum Kriege wider die Israeliten. [Denn die Gottlosen sind oft nicht willig, wenn man ihnen gleich gute Mittel zum Frieden vorschlägt, bis sie sich endlich ins Verderben stürzen]

Sandte: Das ist: Die er durch seine Abgesandten oder Boten zu ihm sagen ließ.

29. Da kam der Geist des Herrn auf Jephthah; und zog durch Gilead und Manasse und durch Mizpe, dass in Gilead liegt und von Mizpe, dass in Gilead liegt, auf die Kinder Ammon.

Kam: Das ist: Gott hat ihn gestärkt mit seinem Heiligen Geist, mit dem Geist der Kraft, dass er durch einen göttlichen Eifer aufgemuntert und beherzt gemacht wurde, die Ammoniter mit unerschrockenem Herzen anzugreifen.

Durch Mizpe: Das ist: Er hat sein Kriegsheer schnell fortgeführt, damit er an die Ammoniter käme und denselben eine Schlacht lieferte.

30. Und Jephthah gelobte dem Herrn ein Gelübde und sprach: Gibst du die Kinder Ammon in meine Hand,

Gelobt: Nämlich ehe er die Feinde angriff.

Hand: Oder in meiner Gewalt, dass ich einen herrlichen Sieg wider sie erhalte, so will ich mich dankbar für solche Wohltat gegen dir erzeigen.

31. was zu meiner Haustür heraus mir entgegengeht, wenn ich mit Frieden wiederkomme von den Kindern Ammon, das soll des Herrn sein und Wille es zum Brandopfer opfern.

Geht: Nämlich zuerst.

Frieden: Nach erhaltenem Sieg.

Des Herrn: Das ist: Ich will es zum Gottesdienst geben und wenn es tauglich ist, das man es opfern möge, so will ich dem Herrn davon ein Brandopfer tun. Denn es ist nicht wohl zu glauben, dass Jephthah seine Tochter geopfert habe, welche zuerst aus dem Hause ihm entgegenkomme, wie bald folgen wird: Sondern er hat sie zum Gottesdienst gegeben, dass sie bei der Hütte des Stifts dienen müsse, wie andere Weiber und die ganze Zeit ihres Lebens unverheiratet blieben. So wusste Jephthah ohne das aus dem Gesetz, das nicht ein jedes Tier gut wäre zum Opfer, sondern nur die im Gesetz rein geschätzt wurden, viel weniger wird er haben begehrt einen Menschen zu opfern, besonders weil er von dem Apostel zu Hebräer unter die heiligen und gottseligen Richter, die mit einem rechten Glauben begabt waren, gezählt wird. Darum er es ohne Zweifel also gemeint hat, dass er, was zum Ersten zu seinem Hause herausging, entweder zum Gottesdienst, demselben abzuwarten, geben, oder, da es zu opfern tauglich wäre, opfern wollte.

32. Also zog Jephthah auf die Kinder Ammon, wider sie zu streiten. Und der Herr gab sie in seine Hände.

33. Und er schlug sie von Aroer an, bis man kommt gen Minnit, zwanzig Städte und bis an den Plan der Weinberge, eine sehr große Schlacht. Und wurden also die Kinder Ammon gedemütigt vor den Kindern Israel.

Hände: Also dass sie ihm nicht widerstehen konnten, sondern fliehen mussten.

Städte: Dass er also die Feinde nicht allein geschlagen und erlegt, welche mit ihm gestritten, sondern auch die Städte wiederum erobert, die sie zuvor eingenommen hatten.

Plan: Denselben ganzen Strich.

Schlacht: Dergleichen Niederlage sie in langer Zeit nicht erlitten.

Gedemütigt: Das ist: Sie sind an ihrer Macht und Stärke so geschwächt worden, dass sie sich künftig wider die Kinder Israel nicht auflehnen dürfen. [Denn die Kriege nehmen gewöhnlich einen bösen Ausschlag, dazu man keine rechte Ursache hat.]

34. Da nun Jephthah kam gen Mizpa zu seinem Hause, siehe, da geht seine Tochter heraus ihm entgegen mit Pauken und Reigen; und sie war ein einziges Kind und er hatte sonst keinen Sohn noch Tochter {1Sam 18v6}.

Mizpa: In dieselbe Stadt, in welcher er damals seinen Sitz und Wohnung hatte, als ein erwählter Fürst des Volkes Gottes.

Heraus: Dass sie ihm Glück wünschte von wegen seines erlangten Sieges wider die Feinde.

Reigen: Das ist: Mit einem Haufen Jungfrauen, ihren Gesellinnen, die ihr das Geleit gaben.

Einiges: Darum sie ihm so viel desto lieber war: Wie zu geschehen pflegt.

35. Und da er sie sah, zerriss er seine Kleider und sprach: Ach, meine Tochter, wie beugst du mich und betrübst mich! Denn ich habe meinen Mund aufgetan gegen den Herrn und kann es nicht widerrufen.

Zerriss: Wie denn die Leute zur selben Zeit zu tun pflegten, wenn ihnen ein großes Unglück zu Händen ging. [Also geschieht es, dass gewöhnlich nach einem großen Glück ein großes Unglück kommt.]

Beugst du: Das ist: Du verdunkelst meinen Sieg von wegen meines Gelübdes und da mich Gott hoch erhoben hat, drückst du es nieder und demütigst mich sehr. Da ich mich auch selber überredet, wie ich großen Trost an dir erleben wollte und Kindes Kinder von dir sehen, so geschieht es jetzt und dass ich mehr Traurigkeit als Freude von dir einnehmen werde.

Beugst du: (Nach Luther) Oder demütigst mich. Gott hat mich hoch erhoben durch diesen Sieg, dass ich mein Haupt hoch und fröhlich aufrichtete. Aber du beugst mich, dass ich den Kopf muss niederschlagen mit großem Herzeleid und solche hohe Freude zum tiefen Herzeleid kehren.

Aufgetan: Nämlich mit einem unbedachtsamen Gelübde, da ich dem Herrn gelobt, was mir zuerst aus meinem Hause begegnen würde, ihm zu seinem Gottesdienst zu übergeben.

Widerrufen: Ich kann es nicht ändern, was ich gelobt habe, darum kann ich dich niemanden zur Ehe geben, ich wollte denn mein Gelübde brechen. [Es ist aber dies Gelübde nicht ohne Irrtum und Mangel gewesen. Denn Jephthah hätte zuvor wohl erwägen sollen, was sich zutragen könnte. Und weil die Gabe sich zu enthalten nicht jedermann gegeben wird {Mt 19}. so wäre es nicht vonnöten gewesen, dass Jephthah sein Gelübde gehalten, wo nicht der Jungfrauen seiner Tochter freie Bewilligung dazu gekommen wäre.]

36. Sie aber sprach: Mein Vater, hast du deinen Mund aufgetan gegen den Herrn, so tue mir, wie es aus deinem Munde gegangen ist, nachdem der Herr dich gerächt hat an deinen Feinden, den Kindern Ammon.

Hast: Weil du dich mit einem Gelübde gegen Gott gebunden hast.

So tue: Vollbringe dein Gelübde, ich will dir gehorsam folgen.

Gerächt: Denn weil du die Feinde überwunden hast, so ist mir es nicht beschwerlich, dass du dein Gelübde vollbringst. Es hat aber auch die Tochter Jephthah in diesem Stücke sehr unvorsichtig gehandelt, dass sie zwar nicht in ihre Aufopferung (vor welchem gräulichen Werke der Jungfrauen Gemüt ohne Zweifel sich gescheut) sondern in die ewige Jungfrauenschaft bald bewilligt, da sie doch viel lieber in Ehestand sich begeben hätte, wie aus dem Folgenden zu lesen ist. Obwohl nun aber fromme Kinder ihren Eltern Gehorsam leisten sollen, so sollen sie doch in den Stücken, welche mit ihrer Seelen Gefahr geschehen, achthaben, wie weit sich ihr Vermögen erstreckt, auf dass sie nicht den Eltern zu Gefallen Gott versuchen.]

37. Und sie sprach zu ihrem Vater: Du wollest mir das tun, dass du mich lässt zwei Monden, dass ich von hinnen hinabgehe auf die Berge und meine Jungfrauenschaft beweine mit meinen Gespielinnen.

Beweine: Das ist: Erlaube mir zuvor, eher denn ich zur ewigen Jungfrauenschaft dem Gottesdienste bei der Hütte des Stifts übergeben werde, dass ich solches wie mein Gefängnis und diesen meinen Unfall beweine, dadurch ich, von wegen deines Gelübdes und aus meiner Bewilligung, der Hoffnung einer ehrlichen Heirat beraubt werde, denn ich sonst von wegen deines Ansehens und großen Würde ganz stattlich antreffen könne.

38. Er sprach: Gehe hin! Und ließ sie zwei Monde gehen. Da ging sie hin mit ihren Gespielinnen und beweinte ihre Jungfrauenschaft auf den Bergen.

Gehe hin: Nämlich wie du begehrt hast. Denn er ihr ihre gleichsam letzte Bitte und weil sie ohne das, der Gerechtigkeit gemäß gewesen, nicht wolle oder können abschlagen.

Beweint: Dass sie nämlich zur ewigen Jungfrauenschaft verlobt war, da sie sonst, sofern sie durch ihres Vaters Gelübde nicht daran gehindert wurde, eine ehrliche Heirat nicht ausgeschlagen und in Ehestande sich begeben hätte.

39. Und nach zwei Monden kam sie wieder zu ihrem Vater. Und er tat ihr, wie er gelobt hatte; und sie war nie keines Mannes schuldig geworden. Und wurde eine Gewohnheit in Israel,

Tat: Dass er sie zum Gottesdienst beim Heiligtum übergab und zur ewigen Jungfrauenschaft verband.

Wie er gelobt hatte: (Nach Luther) Man will, er habe sie nicht geopfert. Aber der Text steht da klar. So sieht man auch beide an den Richtern und Königen, dass sie nach großen Taten haben auch große Torheit müssen begehen, zu verhüten den Hochmut.

Schuldig: Das ist: Sie hatte sich mit niemanden verheiratet und blieb auch künftig unverheiratet. [Es wird aber dies des Jephthah Gelübde vom Heiligen Geist nicht gelobt oder recht geheißen, sondern nur allein erzählt: Und ist nichts Neues, das auch die heiligen und frommen Leute aus Unvorsichtigkeit bisweilen irren. Viel weniger kann man mit diesem Beispiel der Eltern Tyrannei entschuldigen, die ihre Kinder wider ihren Willen, da sie nicht freiwillig oder aus gutem Vorbedacht darin bewilligen, mit Gewalt dazu treiben und zwingen, dass sie ein Gelübde des ehelosen Lebens leisten und halten müssen, welche später, wenn sie die Gabe sich zu enthalten nicht haben, in abscheuliche Unzucht gerate.]

40. dass die Töchter Israel jährliches hingehen, zu klagen die Tochter Jephthahs, des Gileaditers, des Jahres vier Tage.

Klagen: Dass sie nämlich eine ehrliche Heirat durch ein Gelübde etlichermaßen beraubt wurde. Und hat man solches dem Mädchen zu besonderen Ehren getan, dass im Gedächtnis behalten würden, die ihrem Vater in einer so großwichtigen Sache gehört und Gehorsam geleistet hatte. [Aber wir sündigen darum nicht, wenn wir gleich die Gelübde nicht halten, so entweder an sich selbst gottlos, oder doch ohne Verletzung des Gewissens zu halten, unmöglich sind. Ja vielmehr begeht man eine zweifache Sünde, wenn man einem Gelübde, das an sich selber unmöglich, dazu auch wider Gott und sein Gewissen ist (in Maßen die Klostergelübde sind), sich untersteht nachzusetzen. Denn erstlich solches loben Unrecht ist, will man es dennoch dazu ins Werke richten, so ist es noch ärger, darum das Beste, nichts geloben, von dem, so nicht in einer Gewalt steht, hat man aber je aus Unbedachtsamkeit sich zu viel vermessen, so ist der nächste Weg, dass man beizeiten wieder umkehre und Gott um Verzeihung bitte, als dass man Sünde mit Sünden häufen wollte und ein unrechtes oder unrechtmäßiges Gelübde ins Werk richte.]


Das 12. Kapitel

  • Die von Ephraim zanken mit Jephthah, dass er sie nicht auch mit sich in den Krieg genommen habe, welche er zu stillen begehrt, ist aber vergebens: Darum wird er genötigt, wider sie zu streiten und überwindet sie, also, dass ihrer viel, so man an der Sprache erkannte, an der Furt des Jordans getötet wurden. v. 1.
  • Jephthah stirbt: Dem folgt im Regiment nach, Ebzan, welcher sechzig Kinder hatte. v. 7.
  • Da dieser gestorben, tritt Elon ins Regiment. v. 11.
  • Wie derselbe auch hinunter, kommt Abdon auf, der vierzig Söhne und dreißig Neffen gehabt. v. 13.

1. Und die von Ephraim schrien und gingen zu mitternachtwärts und sprachen zu Jephthah: Warum bist du in den Streit gezogen wider die Kinder Ammon und hast uns nicht gerufen, dass wir mit dir zögen? Wir wollen dein Haus samt dir mit Feuer verbrennen.

Schrien: Das ist: Sie griffen zur Waffe und richteten einen Aufruhr an wider Jephthah. Ist also ein innerlicher blutiger Krieg im Volk Gottes entstanden.

Gingen: Mit einem Kriegsheer.

Mitternacht: Nämlich ins Land Gilead.

Sprachen: Das ist: Sie schickten ihre Gesandten zu ihm und ließen ihm in ihrem Namen absagen.

Gerufen: Daraus genügend zu lesen ist, dass du uns und unseren Stamm verachtet hast, die wir doch deines Sieges und deiner Herrlichkeit mit teilhaftig hätten sein sollen, wo wir es anders nicht ganz allein verrichtet hätten.

Verbrennen: Von wegen der Schmach, die du uns angetan hast, indem du uns verachtet und zu dem allgemeinen Krieg nicht forderst, wollen wir dich und die deinen mit Feuer und Schwert verfolgen. [Dies ist das andere Unglück, so auf des Jephthah voriges großes Glück erfolgt, auf dass wir lernen, wie wir uns nicht zu hoch erheben sollen, wenn uns ein großes Glück zukommt, denn es kann leicht und unversehens ein Unglück wiederum hereinfallen. Und sind die von Ephraim ein Vorbild der faulen Scharrhansen, welche, da sie selbst sich nicht in Gefahr begeben dürfen, dennoch anderen ihre Ehre und Ruhm missgönnen, so sie nach glücklich geendeter Sache davongemacht haben und machen sich ganz unnütz und verwöhnt, wenn keine Gefahr mehr vorhanden ist. Welches besonders dem Volk Gottes sehr übel angestanden und eine große Schande war. Aber daneben hat Gott auch den Jephthah mit solchen widerwärtigen Zuständen etlichermaßen wollen demütigen, weil er etwas zu ehrgeizig war und hoch hinaus wollte.]

2. Jephthah sprach zu ihnen: Ich und mein Volk hatten eine große Sache mit den Kindern Ammon; und ich schrie euch an, aber ihr halft mir nicht aus ihren Händen.

Sache: Das ist: Ich musste mit Recht und mit bewaffneter Hand wider die Ammoniter streiten und stand in großer Gefahr.

schrie: Dass ihr mir in meinen Nöten Beistand tätet und zu Hilfe kämt.

Nicht: Da ich euer am besten bedurfte.

3. Da ich nun sah, dass ihr nicht helfen wolltet, stellte ich meine Seele in meine Hand und zog hin wider die Kinder Ammon und der Herr gab sie in meine Hand. Warum kommt ihr nun zu mir herauf, wider mich zu streiten {1Sam 19v5 28v21}?

Hand: d. i. Ich wagte mein Leben in die äußerste Gefahr.

Zog: Nämlich mit wenig Volk, weil ich von euch verlassen war.

Zu streiten: Da ihr doch an diesem ganzen Handel viel mehr schuldig seid als ich: Darum es ein ganz unrichtiges Ding ist, dass ihr jetzt wider mich zur Waffe greift. Dass aber des Jephthah Antwort wahr gewesen, erscheint daraus, weil die von Ephraim still dazu schweigen und solchem nicht widersprechen, sondern fahren in ihrer unsinnigen Weise fort und verlassen sich auf ihre Gewalt und großen Haufen: Aber der Ausgang hat es bezeugt, dass sie weder Fug noch Recht zum Jephthah hatten.

4. Und Jephthah sammelte alle Männer in Gilead und stritt wider Ephraim. Und die Männer in Gilead schlugen Ephraim, darum dass sie sagten: Seid doch ihr Gileaditer unter Ephraim und Manasse als die Flüchtigen zu Ephraim.

Männer: Das ist: Alles, was Harnisch führen konnte, das musste fort, weil er mit Worten nichts ausrichten und keinen Frieden erhalten konnte.

Gilead: Nämlich die Israeliten, welche über dem Jordan im Lande Gilead wohnten.

Sagten: Und über die vorerzählten Drohungen, die Gileaditer noch dazu mit Schmachworten angriffen.

Ephraim: (Nach Luther) Das ist: Die in der Gefahr zum Stamm Ephraim geflohen, Hilfe zu erlangen. Ihr errettet uns nicht, sondern wir helfen euch Flüchtigen, denn wir sind der königliche Stamm.

Flüchtigen: Das ist: Ihr Gileaditer seid für die unachtsamsten und faulsten Leute zu halten, die man in den beiden Stämmen Ephraim und Manasse finde, mag darum hat es euch nicht gebührt, dass ihr allein ohne unser Zutun die Feinde angefallen. Denn wenn ihr dauernd überwunden wurdet, so hättet ihr alle Israeliten in die größte Gefahr gebracht. Durch solche Schmachreden sind die Gileaditer so erbittert geworden wider die Kinder Ephraim, dass sie einen großen Ernst gegen sie hatten und dieselben aufs härteste gestraft haben. [Darum sollen wir uns der Schmachworte enthalten.]

5. Und die Gileaditer nahmen ein die Furt des Jordans vor Ephraim. Wenn nun sprachen die Flüchtigen Ephraims: Lass mich hinübergehen, so sprachen die Männer von Gilead zu ihm: Bist du ein Ephraiter? Wenn er dann antwortete: Nein,

Vor Ephraim: Das ist: Dahin die von Ephraim, weil sie in die Flucht getrieben, wieder umkehren würden, wenn sie wieder in ihr Vaterland begehrten.

Flüchtigen: So aus dem Streit entflohen waren.

Männer: Welche die Furt des Jordans eingenommen und in Verwahrung hatten.

Ephraiter: Nämlich einer aus unseren Feinden, die wir allererst in die Flucht geschlagen haben.

Nein: Denn sie durften ihren Stamm und Namen nicht mehr bekennen, welche doch kurz zuvor die Gileaditer aufs höchste geschmäht und verachtet hatten.

6. so hießen sie ihn sprechen: Schiboleth, so sprach er: Siboleth und konnte es nicht recht reden. So griffen sie ihn und schlugen ihn an der Furt des Jordans, dass zu der Zeit von Ephraim fielen zweiundvierzigtausend.

Schiboleth: (Nach Luther) Welches Wort ein Kornhäher oder auch wohl eine Landstraße heißt.

Siboleth: Nämlich dass er nur ein S für ein Sch aussprach, daher man sie an jeder Sprache erkannt, was Ephraiter waren.

Schlugen: Also dass ihrer ganz wenig aus diesem Zug wieder heimgekommen sind.

Fielen: Nämlich so zum Teil in der Schlacht blieben, zum Teil am Jordan umgebracht wurden. [Also verderblich und schädlich sind die innerlichen Kriege, dass sie oft mehr Blut kosten, als da man einen fremden Krieg führt: Und einen solchen Ausschlag gewinnt es mit den Aufrührern, da etliche unruhige Köpfe, die von sich selbst groß halten, wider vornehmen Helden und wider ihre Oberherren, so ihnen von Gott vorgesetzt sind, sich auflehnen. Und hat Jephthah diese Aufrührer richtig und mit gutem Fug umgebracht, als die ohne Ursache wider ihn zur Waffe griffen, damit er einmal dieses Stammes Hochmut darnieder legte, der sich auch mit dem Gideon zuvor mutwillig widersetzt hatte.]

7. Jephthah aber richtete Israel sechs Jahre. Und Jephthah, der Gileaditer, starb und wurde begraben in den Städten zu Gilead.

Richtet: Das ist: Er ist ihnen vorgestanden als ihr Regent und Schutzherr, der sie wider unrechter Gewalt und wider fremde Völker Anlauf geschützt, auch Recht und Gerechtigkeit unter ihnen gehandhabt hat.

Städten: In seiner Städte eine, so im Lande Gilead lagen.

8. Nach diesem richtete Israel Ebzan von Bethlehem.

9. Der hatte dreißig Söhne und dreißig Töchter setzte er aus und dreißig Töchter nahm er von außen seinen Söhnen; und richtete Israel sieben Jahre.

Setzte: Das ist: Er hat noch bei seinen Lebzeiten dreißig Schwiegermuttersöhne bekommen und seinen Söhnen dreißig Weiber gegeben. Welches als ein sonderbares Beispiel des göttlichen Segens angezogen wird, dass dieser Fürst des Volkes Gottes nicht allein viele Kinder gehabt, sondern auch gesehen und erlebt, dass seine Söhne Weiber und seine Töchter Männer bekommen. [Es ist aber die Menge der Kinder in der Wahrheit eine Gabe Gottes. Und gibt Gott frommen Eltern so viel desto mehr Einkommens, je mehr sie Kinder haben. Dennoch geschieht es, dass durch der Menschen Unglauben solche Gabe von vielen mehr für einen Fluch als Segen gehalten wird: Welches Misstrauen an der Güte Gottes zu verbessern oder vielmehr, so viel immer möglich, abzulegen ist.]

10. Und starb und wurde begraben zu Bethlehem.

11. Nach diesem richtete Israel Elon, ein Sebuloniter; und richtete Israel zehn Jahre.

Richtet: Mit was Gelegenheit der vorige und dieser, samt dem folgenden Richter, zu solcher Würde gekommen sind, wird nicht gemeldet. Jedoch sieht man dabei, dass des Richters Amt nicht ehrlich gewesen ist. [Denn Gott hat die Herrschaften in seiner Gewalt und gibt sie, wem er will {Dan 4}.]

12. Und starb und wurde begraben zu Ajalon im Lande Sebulon.

13. Nach diesem richtete Israel Abdon, ein Sohn Hillels, ein Pireathoniter.

14. Der hatte vierzig Söhne und dreißig Neffen, die auf siebzig Eselsfüllen ritten; und richtete Israel acht Jahre.

Eselsfüllen: Denn die vornehmen Leute im jüdischen Lande ritten damals auf Eseln, wie heutigentags dergleichen Personen auf Pferden reiten. [Und muss man von der Menge dieser eben dasselbe halten, was zuvor vom Ebzan gemeldet wurde. Heutigentags besorgen sich viele Untertanen, wenn ein Fürst viele Kinder bekommt, dass sie desto mehr beschwert werden und denken nicht, wie viel besser es sei, dass man der guten Regenten übrig habe, als dass man deren in Mangel stehen müsste.]

15. Und starb und wurde begraben zu Pireathon im Lande Ephraim auf dem Gebirge der Amalekiter.

Amalekiter: Das ist: Welches Gebirge von den Amalekitern den Namen gehabt und also genannt wurde.


Das 13. Kapitel

  • Die Israeliten fallen wieder in Abgötterei, darum müssen sie viele Jahre den Philistern dienen. v. 1.
  • Endlich erbarmt sich der Sohn Gottes über seine betrübte und bußfertige Kirche und erscheint des Manoah Weib, der er einen Sohn, nämlich den Simson, verheißt, dass er das Volk Israel erlösen soll und heißt ihn der Nazarener oder Verlobten Satzungen halten. v. 2.
  • Danach erscheint der Sohn Gottes abermals des Simsons Eltern und bekräftigt seine Verheißung mit einem Wunderzeichen. v. 9.
  • Simson wird geboren und tut eine Probe seiner künftigen Stärke. v. 24.

1. Und die Kinder Israel taten weiter übel vor dem Herrn und der Herr gab sie in die Hände der Philister vierzig Jahre.

Übel: Denn nachdem die vorgemeldeten Richter oder Regenten gestorben, sind sie wieder zur Abgötterei umgeschlagen, darauf andere und mehr gräuliche Schande und Laster erfolgten. Mit welchem ihrem gottlosen Wesen sie Gott sehr erzürnt haben, dass er sie von wegen ihrer Sünde aus seinem gerechten Urteil gestraft hat.

Philister: Dass sie von derselben Tyrannei geplagt wurden.

2. Es war aber ein Mann zu Zarea von einem Geschlecht der Daniter mit Namen Manoah; und sein Weib war unfruchtbar und gebar nichts.

Unfruchtbar: Es ist aber vorzeiten die Unfruchtbarkeit im Volke Gottes etlichermaßen schier eine Schande gewesen. Darum diese Weibsperson von wegen ihrer Unfruchtbarkeit bei anderen fruchtbaren Matronen nicht Platz gehabt und von jedermann verachtet wurde.

3. Und der Engel des Herrn erschien dem Weibe und sprach zu ihr: Siehe, du bist unfruchtbar und gebierst nichts; aber du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären.

Engel: Dass dieser Engel der Sohn Gottes war, wird sich später im folgenden Text finden. Obwohl nun die Israeliten von wegen ihrer Sünde die Strafe der schweren Dienstbarkeit ganz wohl verdient hatten: Jedoch weil unter den abgöttischen im Volke Gottes immer etliche sich gefunden, die ihre Knie dem Baal nicht gebeugt, das ist, die sich mit Abgötterei nicht befleckt, dazu auch von denen, so in Abgötterei gefallen gewesen, ohne Zweifel ihrer viel durch die Plage der langwierigen Dienstbarkeit umgekehrt, ihre Sünde erkannt und sich gebessert haben: So hat Gott sein unterdrücktes Volk nicht verlassen noch versäumen können. Darum nimmt er sich vor, dass er den Israeliten einen Erlöser geben will, der sie aus der Philister Dienstbarkeit errette. Desselben Erlösers, nämlich des Simsons Geburt, weil er ein vortrefflicher Held und in etlichen Stücken ein Vorbild unseres Erlösers und Heilandes Christi sein sollte, hat Gott seinen Eltern wollen zuvor verkündigen lassen.

Gebären: [Denn es sollte Christus, dessen Vorbild Simson war, von einem Weibe geboren werden, die zuvor nie empfangen noch geboren hätte, nämlich aus der reinen Jungfrauen Maria. Und hat Gott von des Manoah unfruchtbarem Weibe die Schmach der Unfruchtbarkeit hinwegnehmen wollen, dass wir lernen, wie Gott unsere Schmach wisse und Acht darauf habe.]

4. So hüte dich nun, dass du nicht Wein noch starke Getränke trinkst und nichts Unreines essest.

Getränk: Davon sich einer volltrinken kann.

Unreines: Das ist: Du sollst dich von allem dem enthalten, davon sich die Nazarener oder Verlobten nach dem Gesetze Gottes {4Mos 6} enthalten müssen.

5. Denn du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, dem kein Schermesser soll aufs Haupt kommen. Denn der Knabe wird ein Verlobter Gottes sein von Mutterleibe; und er wird anfangen, Israel zu erlösen aus der Philister Hand {4Mos 6v5}.

Schermesser: Das ist: Er soll seine Haare nicht abscheren oder abschneiden lassen, damit er der Verlobten Weise halte, wie die im Gesetz vorgeschrieben ist.

Verlobter: Das ist: Er soll die ganze Zeit über seines Lebens dem Gesetz und Zeremonien unterworfen sein, so die Nazarener halten müssen. [Es hat aber der Nazarener Tun und Weise zu leben die Christen bedeutet, welche Nazarener oder Verlobte sein sollen, das ist, sie sollen immerdar ein nüchternes Leben führen und von aller Unreinigkeit der Sünden, so viel immer möglich, sich enthalten. Christus aber unser Herr und Heiland ist ein Nazarener gewesen, nicht dass er nach der Weise der Nazarener lebte, sondern, weil er in der Stadt Nazareth in Galiläa erzogen wurde und von aller Unsauberkeit befreit gewesen ist.]

Anfangen: [Denn des Simsons leibliche Erlösung, damit er den Israeliten zu Hilfe komme, ist in der Wahrheit nur ein Anfang und Vortrab gewesen der rechten Erlösung, dadurch der Sohn Gottes uns von unseren geistlichen Feinden erlöst hat.]

6. Da kam das Weib und sagte es ihrem Manne an und sprach: Es kam ein Mann Gottes zu mir und seine Gestalt war anzusehen wie ein Engel Gottes, fast schrecklich, dass ich ihn nicht fragte, woher oder wohin; und er sagte mir nicht, wie er hieße.

Sagte es: Denn es hat die gottselige Matronin ihre Freude vor ihrem Mann nicht verbergen können. Und soll es also mit den Eheleuten beschaffen sein, dass sie Freude und Leid miteinander allgemein haben.

Gottes: Der von Gott gesandt war, er sei gleich, wer er wolle.

Anzusehen: Er hatte ein majestätisches und herrliches Ansehen, das ich nicht wohl glauben kann, das es ein Mensch sollte gewesen sein, sondern ich halte, es sei ein Engel gewesen, der mir in eines Menschen Gestalt erschienen ist.

Fragt: d. i. Ich dürfte ihn nicht fragen.

7. Er sprach aber zu mir: Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. So trinke nun keinen Wein noch starke Getränke und iss nichts Unreines; denn der Knabe soll ein Verlobter Gottes sein von Mutterleibe an bis in seinen Tod.

Du wirst: [Es ist aber der Jungfrau Maria mit eben denselben Worten von dem Engel die Empfängnis Christi verkündigt worden.]

Knabe: Der von dir soll geboren werden.

8. Da bat Manoah den Herrn und sprach: Ach, Herr, lass den Mann Gottes wieder zu uns kommen, den du gesandt hast, dass er uns lehre, was wir mit dem Knaben tun sollen, der geboren werden soll.

Gesandt: Zu meinem Weibe.

Tun sollen: Wie er recht müsse auferzogen werden, weil wir vernehmen, dass er zu einem vortrefflichen Mann werden soll.

9. Und Gott erhörte die Stimme Manoahs; und der Engel Gottes kam wieder zum Weibe. Sie saß aber auf dem Felde und ihr Mann Manoah war nicht bei ihr.

Felde: Da sie sonst ihre Geschäfte und Feldarbeit zu verrichten hingegangen war.

10. Da lief sie eilend und sagte es ihrem Manne an und sprach zu ihm: Siehe, der Mann ist mir erschienen, der heute zu mir kam.

11. Manoah machte sich auf und ging seinem Weibe nach; und kam zu dem Manne und sprach zu ihm: Bist du der Mann, der mit dem Weibe geredet hat? Er sprach: Ja.

Mann: Nämlich zu dem Engel, den doch Manoah für keinen Engel ansah, sondern meinte, es wäre ein Prophet, wie aus seinen Worten zu lesen ist.

Weibe: Nämlich mit meinem Eheweibe.

12. Und Manoah sprach: Wenn nun kommen wird, das du geredet hast, welches soll des Knaben Weise und Werke sein?

Kommen: Dass mir nach deiner Verheißung der Sohn geboren wird.

13. Der Engel des Herrn sprach zu Manoah: Er soll sich hüten vor allem, das ich dem Weibe gesagt habe.

Gesagt: Was ich ihr und ihrem Sohn verboten habe, davon sollen sie sich enthalten und der Nazarener Satzungen und Zeremonien mit Fleiß nachkommen. Welches der menschlichen Vernunft seltsam und schier lächerlich meinen möchte, da Gott einen tapferen Kriegsmann hat wollen erwecken, es das Ansehen gewinnt, als wollte er einen Priester aus ihm machen. [Aber Gottes Werke scheinen zu Anfang niedrig, unachtsam und närrisch vor der Vernunft: Da doch der Ausgang später bezeugt, dass sie sehr weise, köstlich und gut sind.]

14. Er soll nicht essen, das aus dem Weinstock kommt und soll keinen Wein noch stark Getränke trinken und nichts Unreines essen; alles, was ich ihr geboten habe, soll er halten {4Mos 6v3}.

15. Manoah sprach zum Engel des Herrn: Lieber, lass dich halten, wir wollen dir ein Ziegenböcklein zurichten.

Opfern: Und dir danach ein Essen davon zurichten. Denn dass dies der Verstand sei, geben die folgenden Worte.

16. Aber der Engel des Herrn antwortete Manoah: Wenn du gleich mich hier hältst, esse ich doch deiner Speise nicht. Willst du aber dem Herrn ein Brandopfer tun, so magst du es opfern. Denn Manoah wusste nicht, dass es ein Engel des Herrn war.

Hältst: Und sehr nötigst, dass ich mit dir essen soll.

Esse: Ich gebrauche nicht solche Speise, dazu du Lust hast.

Brandopfer: Welches ganz verbrannt und nicht gegessen werde.

magst du: Dazu will ich dir behilflich sein und das Opfer zurichten, wie sich es gebührt.

Wusste nicht: Darum stellt sich auch der Sohn Gottes, als sei er ein Prophet (dafür ihn Manoah hielt) und wolle Gott das Opfer zurüsten.

17. Und Manoah sprach zum Engel des Herrn: Wie heißt du? Dass wir dich preisen, wenn nun kommt, was du geredet hast.

Preisen: Das ist: Dass wir dich mit einer Gabe für die fröhliche Botschaft verehren, wenn deine Weissagung im Werke erfüllt wird und die Wahrheit deiner Prophezeiung auch bei anderen rühmen können.

18. Aber der Engel des Herrn sprach zu ihm: Warum fragst du nach meinem Namen, der doch wundersam ist?

Wundersam: Als wollte er sagen: Ob ich wohl nicht schuldig bin, dir meinen Namen zu offenbaren, jedoch weil du ihn je wissen willst, so will ich dir ihn sagen: Ich heiße Wundersam oder Wunderbar. Es bezeugt aber der Prophet {Esra 9}, dass Christus mit solchem Namen genannt werde. [Der auch in der Wahrheit wundersam ist und heißt. Denn er ist Gott und Mensch in einer Person, der die Welt wunderbarerweise mit seinem Blut erlöst hat und seine Kirche wunderlich regiert und selig macht.]

19. Da nahm Manoah ein Ziegenböcklein und Speiseopfer und opferte es auf einem Fels dem Herrn. Und er machte es wunderlich. Manoah aber und sein Weib sahen zu.

Speiseopfer: Welches von Mehl, Weihrauch und Öl zugerichtet wurde {3Mos 2} und immer zu den Brandopfern musste hinzugetan werden.

Opferte es: Nämlich der Engel.

Wunderlich: Das ist: Er hat es alles zugerüstet, wie bei den Opfern gebräuchlich und ein Wunderwerk dabei getan, vielleicht (wie etliche meinen), dass er Feuer aus dem Felsen gebracht, dadurch das Opfer verzehrt wurde.

Nach Luther: Es ging wunderlich zu, wie folgt, dass der Engel verschwand und in der Flamme auffuhr.

Sahen zu: Mit großer Verwunderung.

20. Und da die Lohe auffuhr vom Altar gen Himmel, fuhr der Engel des Herrn in der Lohe des Altars hinauf. Da das Manoah und sein Weib sahen, fielen sie zur Erde auf ihr Angesicht.

Altar: d. i. vom Felsen, der anstatt eines Altars war.

Fuhr: Und verschwand also zugleich der Sohn Gottes aus ihren Augen, den Manoah für einen Propheten, sein Weib aber für einen Engel gehalten hatte. [Denn es hat der Sohn Gottes seine Lust gehabt mit den Menschenkindern umzugehen und bei ihnen zu sein {Spr 8}. Derselbe ist auch noch bei seiner Kirche unsichtbarerweise alle Tage, bis zu der Welt Ende {Mt 28}.]

Fielen: Nämlich vor Schrecken und mit großer Ehrerbietung.

21. Und der Engel des Herrn erschien nicht mehr Manoah und seinem Weibe. Da erkannte Manoah, dass es ein Engel des Herrn war.

Nicht mehr: Nach dieser anderen Erscheinung.

Engel: Oder vielmehr Gott in der Gestalt eines Engels, wie er bald später selber bekennt.

22. Und sprach zu seinem Weibe: Wir müssen des Todes sterben, dass wir Gott gesehen haben.

Sterben: [Denn sooft ein Mensch Gottes Gegenwart empfindet und die Unreinigkeit seiner Sünden betrachtet, so kann er nichts anders tun, denn dass er sich vor Gott fürchten und entsetzen muss, bis er aus dem Evangelium wiederum einen Trost empfängt, von der Güte und Gnade Gottes gegen ihn.]

23. Aber sein Weib antwortete ihm: Wenn der Herr Lust hätte, uns zu töten, so hätte er das Brandopfer und Speiseopfer nicht genommen von unseren Händen; er hätte uns auch nicht solches alles erzeigt, noch uns solches hören lassen, wie jetzt geschehen ist.

Wenn: Nach dem Schrecken hörte Manoah wieder einen Trost von seinem frommen Eheweibe, die aus Erleuchtung des Heiligen Geistes ihm freundlich und tröstlich zuspricht, als wollte sie sagen: Mein lieber Mann, du darfst dich nicht deshalb bekümmern und Sorgen machen, als ob wir sterben müssten, weil wir Gott gesehen haben, denn er zürnt nicht mit uns.

Genommen: Er hätte auch keines von uns begehrt, wenn er uns feind gewesen wäre.

Erzeigt: Er wäre uns nicht erschienen, hätte das Opfer nicht durch ein Wunderwerk angezündet, wäre auch nicht vor unseren Augen in der Flamme aufgefahren und verschwunden.

Hören: Das ist: Wenn er uns nicht lieb hätte, so hätte er uns auch nicht mit solcher fröhlichen Botschaft erfreut, dass uns ein Sohn soll geboren werden. [Hat deswegen hier das Weib besser geurteilt als der Mann. Darum soll man das weibliche Geschlecht nicht verachten, denn sie, die Weiber, haben auch ihre Gaben.]

24. Und das Weib gebar einen Sohn und hieß ihn Simson. Und der Knabe wuchs und der Herr segnete ihn.

Gebar: Nämlich nach verflossener gebührender Zeit.

Simson: Welches Wort von der Sonne den Namen hat. [Denn Christus, dessen Vorbild Simson war, ist die Sonne der Gerechtigkeit {Mal 4}.]

Segnet: Das ist: Gott hat die Gaben und Kräfte des Leibes und des Gemütes in ihm vermehrt, dass er gewachsen und zugenommen hat.

25. Und der Geist des Herrn fing an ihn zu treiben im Lager Dan, zwischen Zarea und Esthaol.

Treiben: Das ist: Er hat bisweilen eine Probe seiner Tapferkeit und seines Heldenmuts sehen lassen wider die Philister, davon doch weiter nichts gemeldet wird, was es für Heldentaten waren. [Es ist aber wohl zu glauben, dass gleichwie Christus in seiner Kindheit, da er zwölf Jahr alt gewesen, einige Stücke seiner Gottheit sehen lassen: Also hat auch Simson in seinen jungen Jahren etliche Male die sonderbaren Gaben des Heiligen Geistes, einer übernatürlichen Stärke und eines tapferen Heldenmuts blicken lassen, daraus man abnehmen konnte, dass er einmal eins das Volk Gottes an ihren Feinden rächen würde. In Maßen auch Mose dergleichen etwas von sich sehen ließ, als er den Ägypter erwürgte {2Mos 2 Apg 7}.]


Das 14. Kapitel

  • Simson nimmt aus göttlichem Antrieb, wider seiner Eltern Willen, ein Weib, von den Philistern. v. 1.
  • Zerreißt einen Löwen und als er nach etlichen Tagen wieder an den Ort kommt, findet er einen Bienenschwarm in des Löwen Aas und isst davon. v. 5.
  • Aus solcher Tat richtet er ein Rätsel, welches er den jungen Gesellen bei seiner Hochzeit aufgibt: Da sie es aber nicht erraten können, halten sie so lange bei seinem Weibe an, bis sie die Deutung von ihr herausbringen. v. 12.
  • Darauf geht Simson hin und erschlägt dreißig Philister, welcher Kleidungen er nimmt und gibt sie den jungen Gesellen, seinem Versprechen nach, die das Rätsel erraten hatte: Wird danach über sein geschwätziges Weib zornig und weicht er eine Zeit lang von ihr. v. 19.

1. Simson ging hinab gen Thimnath und sah ein Weib zu Thimnath unter den Töchtern der Philister.

Ging: Nämlich als er sein männliches Alter erreicht hatte und zum Ehestande tauglich war.

Thimnath: In eine Stadt also geheißen, so damals unter dem Gebiet der Philister war.

Weib: Die ihm gefiel und zu der er eine Lust bekam.

2. Und da er heraufkam, sagte er es an seinem Vater und seiner Mutter und sprach: Ich habe ein Weib gesehen zu Thimnath unter den Töchtern der Philister; gebt mir nun die selbige zum Weibe.

Herauf: In sein Vaterland.

Gebet: [Es hätte zwar Simson aus dem jüdischen Volk können ein Weib nehmen: Aber aus heimlichem Antrieb des Heiligen Geistes gewinnt er eine von den Philistern lieb, dass er durch solche Gelegenheit Ursache bekäme, der Philister Joch und Herrschaft von der Israeliten Hälse zu reißen: Und ist danach durch solchen Ehestand bedeutet worden, dass Christus sein Evangelium zuerst den Juden predigen würde, welche, ob sie wohl dem äußerlichen Wandel und Ansehen nach in der rechten Kirche waren, so hatten sie doch unbeschnittene Herzen und waren nicht um ein Haar besser als die unbeschnittenen Philister {Apg 7}. Es tut ihm aber Simson auch recht und wohl, dass er der Eltern Bewilligung begehrt, besonders weil er noch ein junger Geselle war, ob er wohl herrliche Gaben des Heiligen Geistes an ihm hatte: Und sündigen die ganz schwer, welche der Eltern Zustimmung in dieser Sache verachten.]

3. sein Vater und seine Mutter sprachen zu ihm: Ist denn nun kein Weib unter den Töchtern deiner Brüder und in all deinem Volk, dass du hingehst und nimmst ein Weib bei den Philistern, die unbeschnitten sind? Simson sprach zu seinem Vater: Gib mir diese, denn sie gefällt meinen Augen.

Sprachen: Und sind nicht damit zufrieden, dass er ein fremdes und ausländisches Weib nehmen will.

Ist denn: Als wollten sie sprechen: Wir verwundern uns, was du damit meinst, dass, da du wohl könntest eine ehrliche Jungfrau aus deinem Stamm oder doch aus dem israelitischen Volk bekommen, dir dennoch unter dem gottlosen Volk ein Weib aussuchst, welches von dem Bund Gottes, der durch die Beschneidung bestätigt wurde, fremd ist?

Gefällt: Diese und keine andere ist mir lieb.

4. Aber sein Vater und seine Mutter wussten nicht, dass es von dem Herrn wäre; denn er suchte Ursache an die Philister. Die Philister aber herrschten zu der Zeit über Israel.

Herrn: Dass es aus Eingebung und Antrieb des Heiligen Geistes geschehe.

Ursache: Und wussten seine Eltern nicht, dass Simson damit umginge, auf dass er die Israeliten von de Joch der Philister befreite. Aber Simson merkte, dass er durch solche Heirat würde Gelegenheit bekommen, die Philister, seines Weibes Landsleute, mit einem ehrlichen Schein anzufallen und zu plagen. Auf dass uns aber dieser Handel keine Ärgernisse gebe, so müssen wir denken, dass Simson unter die heiligen Richter gezählt werde {Hebr 11}. welche aus Antrieb des Heiligen Geistes dergleichen Anschläge vorgenommen. [Denn es tun hohe vortreffliche Personen und tapfere Helden bisweilen solche Sachen, die mit der gemeinen Ordnung dieses Lebens nicht übereinstimmen.]

5. Also ging Simson hinab mit seinem Vater und seiner Mutter gen Thimnath. Und als sie kamen an die Weinberge zu Thimnath, siehe, da kam ein junger Löwe brüllend ihm entgegen.

Also: Denn die Eltern haben endlich ihren Willen darin ergeben, als sie gesehen, wie ihr Sohn so standhaft auf seinem Vorhaben blieb. [Denn gleichwie die Eltern ihre Kinder ermahnen sollen, da sie meinen, dass dieselben ihn verheiraten, von wegen ihres noch unvollkommenen Verstandes dich selbst nicht wohl vorsehen und sie eines Bessern berichten: Also sollen sie wiederum dieselben nicht zwingen, dass sie müssen zur Ehe nehmen, zu denen sie keine Anmutung haben und wenn sie eine beständige Liebe gegen eine nicht unehrbare oder verschreite Person an ihnen spüren, so sollen sie nicht beharrlich sich dagegen setzen, auf dass nicht ein ärgeres daraus entstehe.]

Kamen: Und Simson ein wenig von seinen Eltern und von der Landstraße abgewichen war.

Entgegen: Und begehrte ihn zu zerreißen.

6. Und der Geist des Herrn geriet über ihn; und zerriss ihn, wie man ein Böcklein zerreißt, und hatte doch gar nichts in seiner Hand. Und sagte es nicht an seinem Vater noch seiner Mutter, was er getan hatte.

Geriet: Das ist: Der Heilige Geist teilte ihm eine besondere Stärke des Leibes und des Gemütes mit. [Gleichwie aber Simson auf der Reise, da er ein Weib nehmen wollen, einen brüllenden Löwen überwunden und getötet hat: Also hat Christus, ehe denn er mit der Predigt des Evangeliums angefangen, ihm eine Kirche zu sammeln, den brüllenden Löwen, nämlich den Teufel, in der Wüste überwunden, als er von ihm versucht wurde {Mt 4}. Welches Sieges alle diejenigen genießen, so durch den Glauben Christi Verwandte werden: Gleichwie später des Simsons Eltern von dem Honig gegessen haben, dass in des zerrissenen Löwen Aas gefunden wurde.]

7. Da er nun hinab kam, redete er mit dem Weibe und sie gefiel Simson in seinen Augen.

Kam: Nämlich Simson mit seinen Eltern.

Redet: Das ist: Er begehrte sie zur Ehe und trug noch eine große Liebe zu ihr. Ist darum damals die Eheberedung oder Verlöbnis geschehen. [Denn als die Juden zu Anfang des Herrn Christi herrliche Wunderwerke sahen, sind sie dem Bräutigam der Kirche nicht so ganz abhold gewesen, weil sie ihn zum König machen wollen {Joh 6}.]

8. Und nach etlichen Tagen kam er wieder, dass er sie nähme; und trat aus dem Wege, dass er das Aas des Löwen besähe. Siehe, da war ein Bienenschwarm in dem Aas des Löwen und Honig.

Nähme: Dass er Hochzeit mit ihr hielte.

Trat: Denn er abermals von der Landstraße abgewichen und zu dem Ort gegangen, da er den Löwen zerrissen.

Bienenschwarm: Sonst pflegen aus dem toten Aas einer junge Kuh Bienen zu wachsen, wie die, so des Ackerbaues und der Viehzucht erfahren sind und damit umgehen, aussagen. Da nun die Bienen aus des Löwen Aas hervorkommen, wie aus allen Umständen zu lesen ist, so ist von dem Verlöbnis an bis zur Hochzeit eine gute lange Zeit angestanden.

9. Und er nahm es in seine Hand und aß davon unterwegen; und ging zu seinem Vater und zu seiner Mutter und gab ihnen, dass sie auch aßen. Er sagte ihnen aber nicht an, dass er den Honig von des Löwen Aas genommen hatte.

Nicht an: Denn er ging bereits damals damit um, dass er ein Rätsel daraus machen wollte, mit dem, was ihm begegnet war und seinen Hochzeitsgästen dasselbe zu erraten vorlegen. [Denn was wir wollen verschwiegen haben, das sollen wir niemand sagen, damit es nicht auch durch unsere Freunde aus Unvorsichtigkeit an Tag komme.]

10. Und da sein Vater hinab kam zu dem Weibe, machte Simson dort eine Hochzeit, wie die Jünglinge zu tun pflegen.

Weibe: Nämlich zu seines Sohnes Braut, dass er der Hochzeit beiwohnte.

Jüngling: Welche Bräutigam sind.

11. Und da sie ihn sahen, gaben sie ihm dreißig Gesellen zu, die bei ihm sein sollten.

Sie: Nämlich die Bürger oder Einwohner dasselbe Orts.

Gaben: Als die von dem Bräutigam dazu erbeten waren, wie später folgen wird.

Sein sollten: Ehrenhalben und ihm helfen aufwarten.

12. Simson aber sprach zu ihnen: Ich will euch ein Rätsel aufgeben. Wenn ihr mir das erratet und trefft diese sieben Tage der Hochzeit, so will ich euch dreißig Hemden geben und dreißig Feierkleider.

Sprach: Nämlich während der Hochzeit.

Rätsel: Denn es ist ehrlicher, bei den Gastmahle mit Rätseln als mit Bechern streiten.

Hemden: Die ganz köstlich aus reinstem besten Leinwand gemacht waren.

Feierkleider: Die hübsch und schön sind und derer ihr an Feiertagen zu Ehren gebrauchen könnt.

13. Könnt ihr es aber nicht erraten, so sollt ihr mir dreißig Hemden und dreißig Feierkleider geben. Und sie sprachen zu ihm: Gib dein Rätsel auf, lass uns hören!

14. Er sprach zu ihnen: Speise ging von dem Fresser und Süßigkeit von dem Starken. Und sie konnten in drei Tagen das Rätsel nicht erraten.

Speise: In diesem Rätsel ist das besonders in Acht zu nehmen, wie so ganz widerwärtige Dinge zusammengefügt werden, dadurch das Rätsel so viel desto mehr verdunkelt und unverständlich gemacht wurde: Als ob er sagte: Der Fresser speist und der Grausamen belustigt. Denn aus dem Löwen, der sonst andere nicht zu speisen, sondern vielmehr zu fressen pflegt, hat man Speise und zu essen bekommen und von dem starken grausamen Tiere süßen Honig genommen.

Nicht erraten: Also dass sie an der Auflösung des Rätsels verzagten und es aufgaben.

15. Am siebten Tage sprachen sie zu Simsons Weibe: Überrede deinen Mann, dass er uns sage das Rätsel, oder wir werden dich und deines Vaters Haus mit Feuer verbrennen. Habt ihr uns hierher geladen, dass ihr uns arm macht, oder nicht?

Arm macht: Als wollten sie sagen: Was wird uns das für ein großer Schaden sein, wenn wir nach vorgeschlagener Bedingung dreißig Hemden und so viele Feierkleider zahlen müssen? Heißt das den Gästen gütlich getan und sie wohl traktiert, die wir diese Tage über mit Versäumung unsere eigenen Sachen euch auf den Dienst gewartet haben? [Gleichwie aber diese, des Simsons Gesellen, durch sein Rätsel aufgebracht und zornig werden, dass sie zu drohen anfangen: Also hat Christus mit seiner Lehre (welche die verblendeten Pharisäer nicht verstanden) die Heuchler wider sich verbittert, dass sie mörderische Ratschläge wider ihn erdacht.]

16. Da weinte Simsons Weib vor ihm und sprach: Du bist mir gram und hast mich nicht lieb. Du hast den Kindern meines Volkes ein Rätsel aufgegeben und hast mir es nicht gesagt. Er aber sprach zu ihr: Siehe, ich habe es meinem Vater und meiner Mutter nicht gesagt und sollte dir es sagen?

Weinte: Nämlich denselben siebten Tag heftiger als zuvor je. Denn wie aus dem, was später folgt, zu lesen ist, so hat sie bald am ersten Tage angefangen, mit falschen Tränen bei ihrem Mann anzuhalten, ob sie die Heimlichkeit und den Verstand des Rätsels von ihm erfahren könnte: Da sie entweder von ihren Freunden Anfangs mit guten Worten angemahnt oder aber aus eigenem weiblichen Vorwitz dazu angetrieben wurde.

Kindern: Das ist: Den jungen Gesellen, meinen Landsleuten.

Gesagt: Als wollte sie sprechen: Ich sehe und merke wohl, dass du mir nicht traust, als ob ich ein solche schlechten und geringen Ding nicht verschweigen könnte, und hast dein Gemüt gänzlich von mir abgewandt.

Sagen: Was ich vor meinen Eltern verschwiegen habe. [Denn es ist nicht ratsam, einem Weibe seine Heimlichkeiten zu vertrauen.]

17. Und sie weinte die sieben Tage vor ihm, weil sie Hochzeit hatten. Aber am siebten Tage sagte er es ihr, denn sie trieb ihn ein. Und sie sagte das Rätsel ihres Volkes Kindern.

Weinte: Mit falschen Tränen. [Denn die bösen Weiber können weinen, wenn sie wollen, wie man im Sprichwort sagt.]

Tage: An welchem sie viel heftigere als die vorigen Tage bei ihm anhielte, weil sie durch der Jünglinge oben erzählten Drohungen dazu verursacht wurde.

Trieb: Mit Bitten, Flehen und emsigem Anhalten, besonders aber mit ihren Tränen: Also dass er ihr seine Heimlichkeit nicht länger verbergen könne und durch weibliche List sich überwinden lassen, dass er ihr den Verstand des Rätsels offenbarte.

18. Da sprachen die Männer der Stadt zu ihm am siebten Tage, eher die Sonne unterging: Was ist süßer denn Honig? Was ist stärker denn der Löwe? Aber er sprach zu ihnen: Wenn ihr nicht hättet mit meinem Kalbe gepflügt, ihr hättet mein Rätsel nicht getroffen.

Sprachen: Das ist: Sie sagten ihm, was das Rätsel bedeutete, und stellten sich, als ob sie mit Fleiß die Auflösung des Rätsels so lange aufgeschoben, welches sie eher können auflösen, wenn sie gewollt hätten.

Was ist: Als wollten sie sprechen: Weil du gesagt hast, dass von der starken Süßigkeit und von dem Fresser Speise gekommen sei, so raten wir und lösen dem Rätsel also auf, dass man von dem Löwen Honig bekommen habe.

Sprach: Als er nämlich seines Weibes Untreue und Verräterei gemerkt.

Kalbe: Ist Sprichworts Weise, zur selben Zeit gebräuchlich, geredet und hat die Meinung: Wo ihr nicht meines Weibes Hilfe und Beistand dazu gebraucht und durch ihre Geschwätzigkeit den heimlichen Verstand erfahren hättet, so hättet ihr mein Rätsel nicht erraten.

19. Und der Geist des Herrn geriet über ihn; und ging hinab gen Asklon und schlug dreißig Mann unter ihnen; und nahm ihr Gewand und gab Feierkleider denen, die das Rätsel erraten hatten. Und ergrimmte in seinem Zorn und ging herauf in seines Vaters Haus.

Asklon: Einer Stadt der Philister.

Mann: Die so stattlich bekleidet waren, dass er mit ihren Kleidungen, die er ihnen auszog, seine Gäste bezahlen könnte.

Gab: Denn ob sie wohl in Auslegung und Erfragung des Rätsels ihn mit Hinterlist hintergangen und die Deutung nicht aus ihrem Kopf erdacht hatten, darum er ihnen auch sein Versprechen zu halten unverbunden gewesen wäre: So hat er doch wollen Glauben halten und ihnen geben, was er ihnen schuldig wurde, wenn sie das Rätsel von sich selbst erraten hätten.

Feierkleider: Mit den versprochenen Hemden. Es geben aber die Umstände dieser Tat, dass Simson von Gott mit einer solchen Gewalt und Ansehen begabt wurde, dass die Philister damals den Totschlag solcher dreißig Männer nicht haben rächen dürfen. [Denn was besondere Heldentaten sind, da sie gleich nicht nach der allgemeinen Weise des gemeinen Lebens vorgehen, so gewinnen sie doch durch Gottes Segen einen glücklichen Fortgang.]

Ergrimmte: Nämlich über sein geschwätziges Weib, dass sie seine Heimlichkeit geoffenbart hatte.

Ging: Verließ also sein Weib eine Zeit lang bei seinem Schwager: Nicht zwar, dass er im Sinn hatte ein anderes Weib zu nehmen, sondern auf dass sie ihr Unrecht erkannte, so sie wider ihn begangen hat, indem, dass sie seine Heimlichkeit den Gästen geoffenbart hatte.

20. Aber Simsons Weib wurde einem seiner Gesellen gegeben, der ihm zugehörte.

Weib: Als gottlos und abgöttisch, weil sie meinte, dass der Mann nicht wiederkommen würde, seiner auch nicht hoch achtete.

Gesellen: Nämlich einem von den dreißig, der dem Simson in seiner Hochzeit beigestanden war und helfen aufwarten. [Es ist aber hier auch das in Acht zu nehmen, dass dies des Simsons Weib, nirgends eine Jungfrau oder Mädchen, sondern ein Weib genannt wird: Damit der Heilige Geist vielleicht wolle zu verstehen geben, dass sie von einem anderen vorhin geschwächt wurde. Sie hat aber durch ihre Treulosigkeit des Simsons Gemüt von ihr abgewandt und da er sie eine Zeit lang verlassen, damit ihr ihre Sünde gereute, hat sie sich zu seinen Feinden geschlagen: Also ist die jüdische Synagoge, da sie Christus durch ihre Treulosigkeit heftig erzürnt und eine Zeit lang das Ansehen bekommen, als wäre sie, soviel die leibliche Erlösung belangt, verlassen, damit sie Buße tat, gänzlich von ihm abgefallen und in ein verruchtes gottloses Leben geraten.]


Das 15. Kapitel

  • Weil Simsons Weib einem anderen gegeben wurde, droht er den Philistern alles Übel. v. 1.
  • Fängt darauf dreihundert Füchse, bindet sie mit brennenden Fackeln zusammen und jagt sie durch der Philister Korn. v. 4.
  • Als aber die Philister die Ursache solches Schadens erkundigen und erfahren, verbrennen sie des Simsons gewesen Weib, samt ihren Eltern mit Feuer. v. 6.
  • Damit Simson nicht vergnügt ist und schlägt die Philister. v. 8.
  • Wird darauf von den Seinen gebunden und den Philistern übergeben: Aber er zerreißet die Bande und erschlägt mit einem Esels Kinnbacken tausend Philister. v. 12.
  • Da ihn später dürstet, ruft er den Herrn an, der ihm aus des Kinnbacken Zahn eine Wasserquelle hervorspringen lässt. v. 18.

1. Es begab sich aber nach etlichen Tagen, um die Weizenernte, dass Simson sein Weib besuchte mit einem Ziegenböcklein. Und als er gedachte, ich will zu meinem Weibe gehen in die Kammer, wollte ihn ihr Vater nicht hineinlassen

Besucht: [Denn der Eheleute Uneinigkeit pflegt nicht lange zu dauern.]

Ziegenböcklein: Auf dass er sich also wiederum mit ihr versöhnte.

Gehen: Dass er die eheliche Liebe wiederum erneuerte, wie bei den Eheleuten zu geschehen pflegt.

2. und sprach: Ich meinte, du wärest ihr gram geworden und habe sie deinem Freund gegeben. Sie hat aber eine jüngere Schwester, die ist schöner denn sie; die lass dein sein für diese.

Gram: Weil du im Zorn von ihr bist weggegangen und habe nicht anders gemeint, denn dass du nie wiederkommen wolltest.

Gegeben: Dies ist ein großer Mutwille und Frevel an dem Schwager gewesen, dass er seine Tochter, die noch nicht durch rechtmäßige Erkenntnis vom Simson geschieden war, einem anderen zur Ehe gibt, darum er auch später seine gebührliche Strafe empfangen hat. [Denn es steht keinem frei, dass er um seines Ehegatten Wegweichung willen, für sich selbst, ohne rechtmäßige Erkenntnis der Obrigkeit, mit einer anderen Person sich einlasse.]

3. Da sprach Simson zu ihnen: Ich habe einmal eine rechte Sache wider die Philister; ich will euch Schaden tun.

Sache: Denn sie haben mir mein Eheweib genommen und einem anderen gegeben.

Schaden: Damit ich die mir zugefügte Schmach räche, und sollt euch nichts Gutes zu mir versehen. [Dies wäre einem anderen gemeinen Menschen nicht recht gewesen, denn er sich vor seiner ordentlichen Obrigkeit beklagen könne, da er meinte, dass ihm Unrecht geschehen wäre. Aber die Heldentaten haben ihr Besonderes und können nicht unter die ordentlichen Werke anderer frommer Leute, so nach den Satzungen gehen, gerechnet werden.]

4. Und Simson ging hin und fing dreihundert Füchse; und nahm Brände und kehrte je einen Schwanz zum anderen und tat einen Brand je zwischen zwei Schwänze.

Fing: Nämlich nach und nach mit der Zeit.

5. Und zündete die an mit Feuer und ließ sie unter das Korn der Philister; und zündete also an die Mandeln samt dem stehenden Korn und Weinberge und Ölbäume.

Zündet: [Denn wo ein rechtmäßiger Krieg geführt wird, da mag man auch dergleichen Schaden und Abbruch den Feinden tun, nach dem es die Umstände geben.]

Mandeln: Das ist: Das abgeschnittene, gebundene und zusammen in Haufen gelegte Korn.

Stehenden: Was noch nicht abgeschnitten war.

6. Da sprachen die Philister: Wer hat das getan? Da sagte man: Simson, der Schwiegersohn des Thimniters, darum dass er ihm sein Weib genommen und seinem Freunde gegeben hat. Da zogen die Philister hinauf und verbrannten sie samt ihrem Vater mit Feuer.

Verbrannten: [Ist also der Ehebruch dieses Weibes gestraft worden, welche sich mit einem anderen verheiratetet, da sie vom Simson noch nicht rechtmäßigerweise geschieden wurde. Und ist dies desselben Hausgesindes verdienter Lohn gewesen, dass sie des Simsons Heimlichkeit mit Hinterlist ausgekundschaftet und danach solche offenbar gemacht hatte.]

Vater: Als Anstifter und Verursacher eines so großen Unglücks.

7. Simson aber sprach zu ihnen: Ob ihr schon das getan habt, doch will ich mich an euch selbst rächen und danach aufhören.

sprach: Oder aber hat es ihnen sagen lassen.

Getan: Und hoffte, ihr habt mit dieser Strafe, die ihr der Ehebrecherin und meinem Schwager angetan, mich versöhnt.

Rächen: Von wegen eurer vielfältigen Tyrannei, die ihr wider das Volk Gottes geübt habt.

Aufhören: Wenn mich bedenken wird, dass ihr genug seid gestraft worden, anders habt ihr euch keines Stillstandes noch viel weniger eines Friedens zu mir zu getrösten. Denn es wusste Simson, dass er von Gott dazu erweckt wäre, dass er des Volkes Gottes Unrecht an den Philistern, ihren Feinden, rächen sollte. Weil er demnach dies alles aus Glauben getan, so hat er recht und wohl daran gehandelt und was er geredet, bald darauf mit der Tat wahr gemacht, wie folgt.

8. Und schlug sie hart, beide an Schultern und Lenden. Und zog hinab und wohnte in der Steinkluft zu Etam.

Schultern: Das ist: Er hat sie weidlich gehobelt und rechtschaffen gestriegelt, wo er sie antraf, oben auf den Schultern oder unten auf den Lenden, weil sie ihm den Rücken gewandt hatten.

Nach Luther: Das ist: Er schlug sie, wie sie ihm vorkamen, sie waren hohes oder niedriges Standes.

Hinab: Als er solche herrliche Heldentat verrichtet.

Eram: Da er andere Gelegenheit erwartete, dass er den Philistern abermals eine Schlappe versetzen könnte.

9. Da zogen die Philister hinauf und belagerten Juda und ließen sich nieder zu Lehi.

Zogen: Nämlich mit einem Kriegsheer.

Lehi: Welcher Ort später allererst also genannt wurde, von der Geschichte, so sich dabei kurz nach diesem zutrug, wie folgen wird.

10. Aber die von Juda sprachen: Warum seid ihr wider uns heraufgezogen? Sie antworteten: Wir sind heraufkommen, Simson zu binden, dass wir ihm tun, wie er uns getan hat.

Wider uns: Da wir uns doch keines Missgriffs bewusst sind, dass wir euch sollten sein zuwider gewesen.

Simson: Unser Feind und Widersacher.

Tun: Nach seinem Verdienst.

Getan: Da er unsere Äcker, Gärten und Weinberge verwüstet und uns mit Schlägen übel zugerichtet hat.

11. Da zogen dreitausend Mann von Juda hinab in die Steinkluft zu Etam und sprachen zu Simson: Weißt du nicht, dass die Philister über uns herrschen? Warum hast du denn das an uns getan? Er sprach zu ihnen: Wie sie mir getan haben, so habe ich ihnen wieder getan.

Zogen: Die Israeliten hätten richtig sollen zu Rettung ihres Erlösers, der sie begehrte wiederum zu ihrer vorigen Freiheit zu bringen, zur Waffe greifen, aber sie besorgten sich, dass sie seinethalben möchten in Gefahr kommen, darum begehren sie ihn viel lieber ihren Feinden zu überliefern, als dass sie ihren Mitbürger vor feindlicher unrechter Gewalt zu schützen sich hätten wollen unterstehen. [Denn weil einer etwas glücklich verrichtet und hinausführt, so hat er viele, die solche seine herrliche Tat rühmen und preisen: Wenn aber danach eine Gefahr von wegen solcher tapferen Tat sich zeigt, so sind eben dieselben, welche ihn zuvor gelobt, seine ersten Verräter.]

Steinkluft: [Allerdings wie Judas der Verräter im Garten kam, mit einem Haufen loses Personal, da er Christus verraten wollte.]

Warum: Als wollten sie sagen: Warum hast du dich wider die setzen dürfen, unter deren Gewalt wir sind, dass du sie wider uns aufbrächtest, damit sie später Wüterei wider uns trieben. [Als wollten die Juden viel lieber unter ihr Hohepriester-Joch bleiben, als Christus, den rechten Geber der christlichen Freiheit, erkennen.]

Wie sie: Will so viel sagen: Sie haben mir Ursache und Anlass genug gegeben, indem, dass sie mir einen Schimpf bewiesen und mir mein Weib genommen: Darum ich gute Ursache habe, mich wieder an ihnen zu rächen. Denn weil ich von meinem Schwager, einem Philister, erstlich bin beleidigt worden, so will ich die göttliche Rache an diesem Volk zu vollstrecken nicht ablassen, welche nichts Besseres wert sind, denn dass man alles Leid jenen antue. [Diese rachgierige Rede wäre an einem schlechten gemeinen Menschen nicht zu loben: Aber einem von Gott dazu besonders erweckten Helden, der des Volkes Gottes unrechten Gewalt begehrt zu rächen, steht sie wohl an und ist ihm rühmlich.]

12. Sie sprachen zu ihm: Wir sind herabgekommen, dich zu binden und in der Philister Hände zu geben. Simson sprach zu ihnen: So schwört mir, dass ihr mir nicht wehren wollt.

Hände: Das ist: In ihre Gewalt zu überliefern, darum so gib dich gutwillig gefangen.

Wehren: Das ist: Hinderlich sein wollte, so will ich wohl sehen, wie ich mit den Philistern auskomme.

13. Sie antworteten ihm: Wir wollen dir nicht wehren, sondern wollen dich nur binden und in ihre Hände geben und wollen dich nicht töten. Und sie banden ihn mit zwei neuen Stricken und führten ihn herauf vom Felsen.

14. Und da er kam bis gen Lehi, jauchzten die Philister zu ihm zu. Aber der Geist des Herrn geriet über ihn und die Stricke an seinen Armen wurden wie Faden, die das Feuer versengt hat, dass die Bande an seinen Händen zerschmolzen.

Lehi: Am selben Ort, der später von dieser Geschichte den Namen empfangen, wie bald folgt.

Jauchzten: Weil sie ihren Feind gefangen und gebunden sahen, gegen ihnen daher führen.

Geriet: Das ist: Der Heilige Geist hat den Simson mit einer besonderen und wunderbaren Stärke angetan und begabt, beide am Leibe und am Gemüte.

Versengt: Darum er aus Kraft des Heiligen Geistes dieselben Stricke ebenso leicht als einen Faden zerreißen könne.

15. Und er fand einen faulen Eselskinnbacken; da reckte er seine Hand aus und nahm ihn und schlug damit tausend Mann.

Faulen: Davon das Fleisch abgefault und der noch feucht war.

Schlug: Als ob er ein Schwert überkommen hätte. [Denn wer aus Glauben streitet, der mag leicht Waffen haben, damit er sich seiner Feinde erwehren kann. Also hat Christus in seinem Leiden, da er allerdings für überwunden geschätzt wurde, uns den Sieg erhalten.]

16. Und Simson sprach: Da liegen sie bei Haufen; durch eines Esels Kinnbacken habe ich tausend Mann geschlagen.

Liegen: Nach erlangtem Sieg singt Simson ein kurzes Siegeslied und rühmt die göttliche Kraft, so ihm verliehen war, dass er die Feinde damit überwinden konnte.

17. Und da er das ausgeredet hatte, warf er den Kinnbacken aus seiner Hand und hieß die Stätte Ramath-Lehi.

Ramath Lehi: (Nach Luther) Heißt so viel als ein Hinwurf des Kinnbackens.

18. Da ihn aber sehr dürstete, rief er den Herrn an und sprach: Du hast solch großes Heil gegeben durch die Hand deines Knechts; nun aber muss ich Durstes sterben und in der Unbeschnittenen Hände fallen.

Dürstet: Weil er mit dem Schlagen sich abgemattet und ermüdet hatte.

Heil: Das ist: Du hast durch mich so herrliche Taten verrichtet, die deinem Volk sehr nützlich sind.

Sterben: An diesem dürren Ort, da kein Wasser ist, sofern du mir nicht zu Hilfe kommst, weil ich von großer Arbeit abgemattet bin und keine Kraft mehr habe.

Fallen: Denn wenn die Philister merken werden, dass ich so matt und kraftlos bin, so werden sie wiederum einen Mut fassen und mich von neuen überfallen und unterdrücken, daher aus dem vorigen Sieg ein Leid werden wird. [Denn es pflegt Gott seinen Auserwählten, nachdem sie etwas Glückliches ausgerichtet, einen widerwärtigen Zustand zu zuschicken, damit sie sich ihres großen Glücks nicht zu sehr überheben und Gottes ihres Herrn darüber vergessen.

19. Da spaltete Gott einen Backenzahn in dem Kinnbacken, dass Wasser heraus ging. Und als er trank, kam sein Geist wieder und wurde erquickt. Darum er noch heutigentags des Anrufers Brunnen, der im Kinnbacken wurde.

Backenzahn: Das ist: Es hat einen Springbrunnen oder Wasserquelle aus dem Backenzahn angefangen hervorzukommen. [Denn demselben Gott, der in der Wüste aus einem Felsen hat können Wasser hervorbringen, ist es auch nicht schwer oder sauer geworden, zu verschaffen, dass aus dem Backenzahn eine Brunnquelle herausspringe. Weil viel eher die Ordnung der Natur sich verkehren muss, als dass Gott einen, der in seinem Beruf wandelt, allerdings verlassen sollte.]

Geist wieder: Was das sei, wird mit dem gleich darauf folgendem Wort erklärt, nämlich, dass er sich wiederum erquickt habe.

Tages: Da diese Geschichte in Schriften verzeichnet wurde.

Anrufers: Das ist: Der Brunnen, so aus dem Kinnbacken entsprungen, ist am selben Ort geblieben, obwohl unterdes der Kinnbacken immer sich verzehrt, und hat auch in folgender Zeit derselbe Brunnen den vorigen Namen behalten.

20. Und er richtete Israel zu der Philister Zeit zwanzig Jahre.

Zeit: Das ist: Da die Philister das Volk Gottes unterdrückt hatten.

Jahr: Was er dieselbe Zeit über verrichtet, wird im folgenden Kapitel angezeigt. [Und haben wir hier zu lernen, dass Gott, wenn er angerufen wird, mit seiner Hilfe bei uns sei, denselben sollen wir auch rühmen und preisen.]


Das 16. Kapitel

  • Simson wird durch den erhaltenen Sieg stolzer und mutiger und treibt zu Gasa, in einer Stadt der Philister, Hurerei: Und da die Philister auf ihn lauern, trägt er die Tore der Stadt zu Nacht mit sich hinweg auf einen Berg. v. 1.
  • Danach verliebt er sich in eine andere Hure, mit Namen Delila, welche die Ursache seiner Stärke endlich von ihm erfährt und übergibt ihn in Hände der Philister. v. 4.
  • Darüber Simson seiner Augen beraubt wird und muss in der Mühle den Philistern dienen. v. 21.
  • Endlich wird er auf ihres Götzen Dagons Fest hervorgebracht, dass die Philister das Gespött mit ihm treiben: Er aber ruft den Herrn an um seine vorige Stärke und reißt die Säulen des Hauses um, dass eine große Menge der Philister umgekommen und er auch zugleich mit stirbt, wird danach von den Seinen ehrlich begraben. v. 23.

1. Simson ging hin gen Gasa und sah dort eine Hure und lag bei ihr.

Ging: Bis daher hat Simson das Amt einer gottseligen Obrigkeit verwaltet und die Israeliten errettet von der Philister Tyrannei, wider welche er etliche herrliche Siege erhalten hat: Jetzt wird er darüber stolz und hochmütig, gerade als ob einer siegreichen Obrigkeit von stund an alles zugelassen wäre und freistünde. Fängt deswegen an Hurerei zu treiben, mit Hintenansetzung der Furcht Gottes, darauf später eine schreckliche Strafe erfolgte, wie wir hören werden.

Gasa: In einer Stadt der Philister. Denn er sie so in eine Furcht gebracht, dass sie ihn nicht mehr öffentlich, auch in ihrem eigenen Lande, angreifen dürfen.

Hure: Die dazu vielleicht kein Ausbund vor anderen Weibspersonen, der Schöne wegen, gewesen.

Lag: Das ist: Er hat Unzucht mit ihr getrieben und ist die Nacht über in ihrem Hause geblieben. [Denn der Menschen Bosheit ist von wegen der verdorbenen Natur so groß, dass sie in großem Glück und wenn es ihnen gut geht, schwer in der Furcht Gottes verharren.]

2. Da wurde den Gasitern gesagt: Simson ist hereingekommen. Und sie umgaben ihn und ließen auf ihn lauern die ganze Nacht in der Stadt Tor; und waren die ganze Nacht stille und sprachen: Harre! Morgen, wenn es licht wird, wollen wir ihn erwürgen.

Gasitern: Das ist: Den Einwohnern der Stadt Gasa, welche Philister waren und deshalb des Simsons abgesagten Feinde.

Lauren: d. i. Sie bestellten Leute, welche die Wacht halten sollten, damit er ihnen nicht entginge.

Morgen: Wenn er nämlich will zum Tor hinausgehen, so wollen wir ihn unversehens überfallen.

3. Simson aber lag bis zu Mitternacht. Da stand er auf zu Mitternacht und ergriff beide Türen an der Stadt Tor samt den beiden Pfosten und hob sie aus mit den Riegeln; und legte sie auf seine Schultern und trug sie hinauf auf die Höhe des Berges vor Hebron.

Auf: Willens heimzugehen.

Ergriff: Als er nämlich die Tore verschlossen vorfand. Da unterdes die Wächter entweder geschlafen oder, was glaubhafter ist, über des Mannes Stärke und Verwegenheit sich entsetzten, dass sie aus ihren Wachhäuslein nicht hervorkommen dürfen noch sich an ihn machen, weil ihnen ohne Zweifel nicht unbewusst gewesen, wie er die Philister, als seine Feinde, vor der Zeit empfing. [Und hat Gott der Herr die Gabe der wunderbaren Stärke nicht bald von ihm genommen, nicht zwar, dass er die Hurerei und Unzucht sich gefallen lasse, sondern dass er mit seiner Langmütigkeit den Menschen zur Buße leitete. Obwohl nun Simson mit seiner Hurerei schwer gesündigt hat und in dem Stücke kein Vorbild Christi kann gewesen sein, der nie keine Sünde getan hat: Jedoch, so viel sein Ausgang aus der Stadt belangt, lässt sich es ansehen, als ob der Sieg des Todes Christi damit angedeutet wurde. Denn da man meint, er sei unser Feind, des Teufels und des Todes Gefangener im Grabe, so ist er doch bald danach nicht für sich selbst allein ihnen entgangen, sondern hat auch die Tore des Todes und der Hölle zerstört, dass allen seinen Gliedern, das ist, denen, die an ihn glauben, der Ausgang aus dem Tode und Schrecken der Hölle, zum ewigen Leben offensteht.]

4. Danach gewann er ein Weib lieb am Bach Sorek, die hieß Delila.

Danach: Es wäre dem Simson wohl angestanden, da er aus solcher großen Gefahr entronnen, dass er von der Hurerei abgelassen hätte. Aber er missbraucht der Güte und Langmütigkeit Gottes und fährt in seinen Sünden ohne Scheu fort.

Weib: Nämlich ein unzüchtiges Weib und lose Metze, wie die vorige: Mit der er eine Zeit lang zugehalten, also dass er oft ab und zu ihr gegangen ist, bis es die Philister innewurden. [Denn es oft zu geschehen pflegt, dass, welche einer Gefahr, darin sie durch ihre Sünde geraten, entgangen sind, darum sich nicht bessern, sondern später desto frecher sündigen, bis sie ganz hart gestraft werden.]

5. Zu der kamen der Philister Fürsten hinauf und sprachen zu ihr: Überrede ihn und besiehe, worinnen er solche große Kraft hat und womit wir ihn übermögen, dass wir ihn binden und zwingen, so wollen wir dir geben ein jeglicher tausend und hundert Silberlinge.

Kamen: Nämlich zu gelegener Zeit.

Überrede ihn: Den Simson, dass er dir seine Heimlichkeit offenbare.

Besiehe: Kehre Fleiß an, dass du es erfährst.

Kraft: Woher ihm solche wunderbare übernatürliche Stärke komme, ob er derselben könnte beraubt werden.

Binden: Mit dergleichen Banden, damit er mag gehalten werden und sich nicht davonreißen kann.

Zwingen: Dass wir unseres Gefallens mit ihm umgehen mögen.

Silberling: Deren einer vielleicht nicht viel weniger als ein Taler gegolten. Und waren der Philister Fürsten fünf. Darum sie dieser Hure zum Lohn für ihre Verräterei nicht viel weniger als fünftausend und fünfhundert Taler angeboten haben, mit welchem Geld sie auch des unzüchtigen Weibes Gemüt eingenommen, dass sie in die Sache bewilligt. [Denn die Geschenke blenden und verführen nicht allein lose leichtfertige Leute, sondern auch die weisen und verständigen Personen, wie die Schrift bezeugt. Und denkt mich, ich sehe hier die Hohepriester, dass sie dem Verräter Juda dreißig Silberling anbieten, damit er ihnen Christus verrate.]

6. Und Delila sprach zu Simson: Lieber, sage mir, worin deine große Kraft sei und womit man dich binden möge, dass man dich zwinge.

Sprach: Da er nämlich in folgender Zeit wieder zu ihr kam: Und redet ihm mit ganz freundlichen Worten an, verhehlt aber die Ursache, warum sie solches zu wissen begehre: Stellt sich dergleichen, als ob sie es nur aus weiblichen Vorwitz tue.

7. Simson sprach zu ihr: Wenn man mich bände mit sieben Seilen von frischem Bast, die noch nicht verdorrt sind, so würde ich schwach und wäre wie ein anderer Mensch.

Wenn: Er spottet erstlich des Weibes Vorwitz, daran er zwar weislich und recht tut, dass er seine Heimlichkeit verbirgt, wenn er nur bei solchem Vorsatz beständig geblieben wäre. Denn das Weib hat es bald den Philistern erzählt.

8. Da brachten der Philister Fürsten zu ihr hinauf sieben Seile von frischem Bast, die noch nicht verdorrt waren; und sie band ihn damit.

Brachten: Denn sie hofften, sie würden ihren Feind bald in ihre Gewalt bekommen, dass sie ihres Gefallens mit ihm umgehen könnten. Darum sie die Seile gutwillig mit sich bringen.

Band: Nämlich als er schlief.

9. (man hielt aber auf ihn bei ihr in der Kammer] Und sie sprach zu ihm: Die Philister über dir, Simson! Er aber zerriss die Seile, wie eine flächserne Schnur zerreißt, wenn sie ans Feuer kommt; und war nicht kund, wo seine Kraft wäre.

Hielt: Das ist: Die Philister lauerten auf ihn in der Kammer oder Nebengemach und warteten des Ausgangs.

Sprach: Nämlich als sie ihn gebunden hatte, damit sie versuchte und erkundigte, ob er die Seile zerreißen könnte oder nicht. Darum sie ihn einstmals aus dem Schlaf weckte.

Über dir: Als ob sie sagen wollte, die Feinde sind vorhanden, rette dich: Da unter des dieselben in der Wahrheit an einen heimlichen Ort verborgen lagen und horchten, ob er die Bande zerreißen könnte, damit, wenn er sich nicht könnte losmachen, sie ihn gefangen mit sich hinweg führten.

Zerreißt: Das ist: Eben so leicht, als wie ein Faden bricht, wenn man ihn nahe zum Feuer bringt.

Wäre: Noch wie ihm dieselbe könnte benommen und er geschwächt werden.

10. Da sprach Delila zu Simson: Siehe, du hast mich getäuscht und mir gelogen; nun, so sage mir doch, womit kann man dich binden?

Getäuscht: Du hast mich betrogen und die Wahrheit nicht gesagt, worin deine große Kraft sei.

Binden: Dass man dich behalten kann: Welches ich doch nicht darum zu wissen begehre, dass es dir soll Schaden bringen, sondern damit ich verstehe, dass du mich liebst, wenn du dergleichen heimliche Sachen vor mir nicht verschweigst. Obwohl nun Simson genügend sollte klug geworden sein, dass ihn die Hure bereits einmal im Schlaf gebunden und deshalb sich ferne von ihr hätte sollen hinwegmachen, weil er befunden, dass sie ihn mit Hinterlist nachstellte: So kann dennoch ein solcher vortrefflicher Held der Huren nicht müßiggehen, noch seiner selbst in der Zeit wahrnehmen. [Denn die Hurerei macht tolle Leute und nimmt den Weisen den Verstand {Hos 4}. Dass sie mit sehenden Augen nicht sehen und mit hörenden Ohren nicht hören.]

11. Er antwortete ihr: Wenn sie mich bänden mit neuen Stricken, damit nie keine Arbeit geschehen ist, so würde ich schwach und wie ein anderer Mensch.

Antwortet: Als einer, der seines Verstandes beraubt war und meinten, er habe sich genug gehütet, wenn er das Weib mit einer betrüglichen Antwort abweise.

12. Da nahm Delila neue Stricke und band ihn damit und sprach: Philister über dir, Simson! (Man hielt aber auf ihn in der Kammer] Und er zerriss sie von seinen Armen wie einen Faden.

Band: Nämlich da er eingeschlafen war, damit sie abermals versuchte, ob man ihn schwächen und überwältigen könnte.

Sprach: Das ist: Sie weckte ihn auf mit einem Geschrei, als ob die Feinde vorhanden wären (wie sie denn auch waren) und wollte sehen, ob er die Seile zerreißen könnte.

Hielt: Damit, wenn er sich von den Stricken nicht könnte ledig machen, er bald in der Feinde Gewalt käme.

Zerriss: Nämlich da sie ihn aufgeweckt hatte.

Sie: Nämlich die neuen Stricke oder Seile.

13. Delila aber sprach zu ihm: Noch hast du mich getäuscht und mir gelogen. Lieber, sage mir doch, womit kann man dich binden? Er antwortete ihr: Wenn du sieben Locken meines Haupts flöchtest mit einem Flechtbande und heftetest sie mit einem Nagel ein.

Sprach: Die Hure lässt nicht nach, sondern hält noch weiter bei ihm an, damit sie ihn überlisten möge.

Sage: Denn ich kein Ding lieber wissen möchte.

Flöchtest: Welches denn leichtzutun war, weil er ein langes Haar trug, das er nie abschneiden ließ.

Heftetest: Alsdann würde ich schwach werden.

14. Und sie sprach zu ihm: Philister über dir, Simson! Er aber wachte auf von seinem Schlaf und zog die geflochtenen Locken mit Nagel und Flechtband heraus.

Sprach: Da sie getan, wie er ihr gesagt hatte.

15. Da sprach sie zu ihm: Wie kannst du sagen, du hast mich lieb, so dein Herz doch nicht mit mir ist? Dreimal hast du mich getäuscht und mir nicht gesagt, worinnen deine große Kraft sei.

Kannst du: Denn wie sie gesehen, dass er sie abermals betrog, fängt sie mit ihm an zu zürnen und zu hadern, wie unter den Liebhabern zu geschehen pflegt.

Lieb: Denn du wirst mich nie überreden, dass du eine rechtschaffene Liebe zu mir trägst, weil du mit der Tat erklärst, dass dein Gemüt von mir abgewandt sei, da ich dich doch mehr als mich selber liebe. [Mit dergleichen Anstößen pflegen etliche Weiber ihrer Männer Herzen zu überfallen und zu gewinnen, dass sie klagen, der Mann habe sie nicht lieb, wenn er ihr nicht in allen Dingen folgen will.]

16. Da sie ihn aber trieb mit ihren Worten alle Tage und zerplagte ihn, wurde seine Seele matt bis an den Tod.

Trieb: Dass sie ohne Aufhören und Unterlass bei ihm anhielte und sich über ihn beklagte.

Tod: Das ist: Sie ist ihm mit ihrem emsigen Flehen und erdichten Tränen so überlästig gewesen und hat so hart auf ihn gedrungen und ihm keine Ruhe gelassen, bis er ihres Geilens müde und überdrüssig und so abgemattet wurde, dass er meinte, er wollte lieber tot sein, als dieses Weibes Klagewort also länger hören, das sie ihn damit immer in den Ohren liege. [Eine solche Gewalt bekommen die Huren über einen, den sie einmal eingenommen haben.]

17. Und sagte ihr sein ganzes Herz und sprach zu ihr: Es ist nie kein Schermesser auf mein Haupt gekommen; denn ich bin ein Verlobter Gottes von Mutterleibe an. Wenn du mich beschwörst, so wiche meine Kraft von mir, dass ich schwach würde und wie alle anderen Menschen.

Herz: Dass er ihr nichts mehr verhehlen konnte, sondern sagte heraus alles, was er wusste.

Kommen: Das ist: Mein Haupthaar ist mir die ganze Zeit über meines Lebens nie abgeschnitten worden.

Verlobter: Darum ich der Verlobten Satzungen bis daher gehalten, dass ich mir das Haar nie abschneiden lasse, wie denn solches eine von der Nazarener oder Verlobten Satzungen ist {4Mos 6}.

Menschen: Dass ich keine größere Stärke hätte als sie. Es steckte aber die Stärke nicht in den Haaren, sondern sie war eine Gabe und Gnade Gottes, der er insbesondere empfand, solange er ein Nazarener war. Als er aber aus solchem seinem Stande geschritten, zu dem er von Gott berufen war, hat er auch die Gabe seiner Stärke verloren.

18. Da nun Delila sah, dass er ihr all sein Herz offenbart hatte, sandte sie hin und ließ der Philister Fürsten rufen und sagen: Kommt noch einmal herauf, denn er hat mir all sein Herz offenbart. Da kamen der Philister Fürsten zu ihr herauf und brachten das Geld mit sich in ihrer Hand.

Herz: Das ist: Alle seine Heimlichkeit, die er in seinem Herzen und Gemüt verborgen hatte.

Kommt: Als wollte sie sagen: Ihr sollt diesmal eure Reise nicht vergebens tun, wie zuvor etliche Male geschehen, denn jetzt will ich euch euren Feind in eure Hände überliefern.

Geld: Den Lohn der Verräterei.

19. Und sie ließ ihn entschlafen auf ihrem Schoss und rief einem, der ihm die sieben Locken seines Hauptes abschöre. Und sie fing an ihn zu zwingen. Da war seine Kraft von ihm gewichen.

Entschlafen: Das ist: Mit ihren lieblichen, aber doch falschen Gebärden hat sie ihn müde gemacht.

Zwingen: Das ist: Sie stieß und drückte ihn, damit sie sehe, ob er seine vorigen Kräfte noch hätte.

20. Und sie sprach zu ihm: Philister über dir, Simson! Da er nun von seinem Schlaf erwachte, gedachte er: Ich will ausgehen, wie ich mehrmals getan habe, ich will mich ausreißen; und wusste nicht, dass der Herr von ihm gewichen war.

Gewichen: Das ist: Dass ihn Gott verlassen hatte von wegen seiner vorigen Sünden und denn auch dieser letzten Übertretung halben, da er dem Gesetz der Nazarener zuwiderhandelte. Darum war ihm der göttliche Schutz entzogen und besonders war er der Gabe seiner Stärke beraubt worden.

21. Aber die Philister griffen ihn und stachen ihm die Augen aus; und führten ihn hinab gen Gasa und banden ihn mit zwei eisernen Ketten; und er musste mahlen im Gefängnis.

Griffen: Denn er konnte so vielen und dazu Gewappneten, weil er wehrlos war, nicht mehr widerstehen.

Mahlen: Denn vorzeiten hatte man Mühlen in den Gefängnissen und mussten die Gefangene darin mahlen (Gleich wie man noch heutigentags an denen Orten, da es nicht viel Wasser hat, mit Pferden die Mühlen umtreibt) Welches darum geschah, damit ihnen ihre gefängliche Enthaltung so viel desto beschwerlicher würde und auch, dass die Gefangenen ihr Essen nicht vergeblich verzehrten. [In solch großes Unglück ist dieser tapfere Held auch geraten, der zuvor den Feinden ein Schrecken und seinem Volk ein besonderer Trost war, dazu jedermann über seiner Tapferkeit und Stärke sich verwundern musste. Wir haben aber bei seinem Beispiel zu lernen, wie hoch sich Gott die Hurerei lasse zuwider sein und dass die Huren eines Menschen Verräter sind, die ihn um Leib und Seele zu bringen begehren. Danach gibt uns auch diese Geschichte eine feine Lehre, dass wir unsere Heimlichkeit niemand sagen sollen: Und endlich, dass wir der göttlichen Gaben in der Furcht Gottes recht gebrauchen und nicht des Fleisches Gelüsten nachhängen, sondern zur Ehre Gottes und des Nächsten Nutzen all unserem Tun anstellen.]

22. Aber das Haar seines Haupts fing an wieder zu wachsen, wo es beschoren war.

Aber: Nach dem Simson gedemütigt wurde, damit die Feinde des Volkes Gottes nicht ganz zu großen Übermut trieben, hat Gott ihrem Mutwillen nicht länger zusehen können. Darum er sie auch jetzt zu strafen und zu plagen anfängt. [Denn das Gericht Gottes, das ist die Züchtigung des Herrn, fängt vom Hause Gottes, das ist von den Kindern Gottes an und nimmt sein Ende mit den Gottlosen {1Petr 4}.]

Wachsen: Und war Simson in dem Gefängnis zur Erkenntnis seiner Sünden gekommen, von welchen er geglaubt, dass sie ihm um des verheißenen Messias willen vergeben wären und wünschte nicht mehr, denn dass er zukünftig ein besseres Leben führen möchte, wie seinem Beruf zustünde. Denn dass er durch wahre Buße mit Gott versöhnt wurde, ist daraus offenbar, weil sein Gebet, das er zu Gott getan, wie bald später folgen wird, erhört wurden und kräftig war. Darum, da ihn Gott, als einen Sohn, zwar ernstlich, aber doch väterlich gezüchtigt, damit er nicht samt der Welt in dem unzüchtigen Leben der Hurerei verdammt würde, geht Gott der Herr jetzt damit um, dass er sich an den Philistern, als den Feinden seines Volkes, räche.

23. Da aber der Philister Fürsten sich versammelten, ihrem Gott Dagon ein groß Opfer zu tun und sich zu freuen, sprachen sie: Unser Gott hat uns unseren Feind Simson in unsere Hände gegeben.

Dagon: Von diesem Götzen schreibt man, dass er am oberen Teil des Leibes eines Menschen und unten eines Fisches Gestalt hatte. Wie denn auch das Wörtlein Dagon einen Fisch bedeutet: Und vom Daga herkommt, welches eben so viel heißt als eine Vermehrung. Und haben allem Ansehen nach die Philister diesen ihren Gott darum geehrt, weil sie hofften, sie könnten durch sein Zutun und Vorhaben aller Sachen und besonders des Getreides einen Überfluss erlangen und alles vollauf haben. Denn das Wörtlein Dagon Korn oder Getreide heißt. Ist darum geschehen, dass sie denselben ihren Götzen mit großer Andacht verehrt und keine Kosten zum Opfer sich haben bedauern lassen, damit sie ihm ja Ehre genug erzeigten. Denn die Abgöttischen sind ganz freigiebig, wenn sie ihren falschen Gottesdienst sollen helfen befördern.

Freuen: Das ist: Ein Wohlleben anzurichten, wie nach Verrichtung der Opfer zu geschehen pflegte.

Gegeben: [Denn wenn Gott sein Volk von wegen ihrer Sünde bisweilen durch gottlose Leute straft, so messen die Abgöttischen solches nicht den Sünden des Volkes Gottes, sondern ihren erdichteten Götzen und falschen Gottesdiensten zu und werden also in ihrer Abgötterei je länger je mehr verhärtet und verstockt.]

24. Desselben gleichen, als ihn das Volk sah, lobten sie ihren Gott; denn sie sprachen: Unser Gott hat uns unseren Feind in unsere Hände gegeben, der unser Land verderbe und unser viele erschlug.

Sah: Wie er, nämlich der Simson, gefangen wäre.

Gott: Nämlich den Dagon. [Es tut aber solches der Gottlosen Frohlocken den Frommen und gottseligen Leuten sehr weh.]

25. Da nun ihr Herz guter Dinge war, sprachen sie: Lasst Simson holen, dass er vor uns spiele. Da holten sie Simson aus dem Gefängnis und er spielte vor ihnen; und sie stellten ihn zwischen zwei Säulen.

Guter Dinge: Nach verrichtetem Opfer, da sie ein Freudenmahl hielten.

Sie: Nämlich die Obersten oder Vornehmsten unter den Philistern.

Spiele: Was dies für ein Spiel gewesen, kann man nicht wissen, ist doch gut zu lesen, dass sie des elenden und blinden Menschen zu seinem Unglück gespottet und ihr Gelächter mit ihm trieben. [Welches denn nicht eine geringe Grausamkeit war, als da sie ihm die Augen ausgestochen, weil er noch dazu jedermann zum Gespött aufgestellt und wie ein Narr sich müsse umherziehen lassen. Denn man soll die Bekümmerten nicht noch mehr beleidigen und bekümmert machen. Und wer einen, der im Unglück steckt, noch dazu verlacht und verspottet, der erzürnt Gott sehr. Also haben auch die Hohepriester und Pharisäer den Herrn Christus verspottet, da er am Kreuz hing.]

Stellten: Damit er desto besser von jedermann könnte gesehen werden.

26. Simson aber sprach zu dem Knaben, der ihn bei der Hand leitete: Lass mich, dass ich die Säulen taste, auf welchen das Haus steht, dass ich mich daran lehne.

Lass: Denn er aus Anregung des Heiligen Geistes mit denen Gedanken umging, wie er sich an den Philistern rächen könnte, welches doch keine eigene oder fleischliche, sondern allgemeine und göttliche Rache gewesen, wie seinem ersten Beruf zustünde.

Lehne: Und ein wenig ruhe. Denn er ließ sich nicht merken, was er im Sinn hatte.

27. Das Haus aber war voll Männer und Weiber. Es waren auch der Philister Fürsten alle da und auf dem Dach bei dreitausend, Mann und Weib, die zusahen, wie Simson spielte.

Dach: Denn im selben Lande waren die Häuser also gebaut, dass die Dächer oben breit und fast eben waren, darauf man gehen konnte, wie bei uns die Altanen sind.

28. Simson aber rief den Herrn an und sprach: Herr, Herr, gedenke mein und stärke mich doch, Gott, diesmal, dass ich für meine beiden Augen mich einst räche an den Philistern.

Gedenke: Dass du mir in meinem Vorhaben zu Hilfe kommst und beistehst.

Stärke: Gib mir meine vorige Kraft und Stärke wieder.

Räche: Er begehrt aber, wie vorgemeldet, nicht nur seine besondere eigene Rache, für seine Person, obwohl ihm sein Unfall sehr zu Herzen ging, sondern unter dem Schein der eigenen Rachgierigkeit begehrt er das Volk Gottes an seinen Feinden zu rächen, weil er noch wohl bedacht war, dass ihn Gott vor der Zeit dazu erwählt und erweckt hatte, dass er an den Feinden des Volkes Gottes Rache üben sollte.

29. Und er fasste die zwei Mittelsäulen, auf welchen das Haus gesetzt war und darauf sich hielt, eine in seine rechte und die andere in seine linke Hand,

30. und sprach: Meine Seele sterbe mit den Philistern; und neigte sie kräftiglich. Da fiel das Haus auf die Fürsten und auf alles Volk, das darin war, dass der Toten mehr war, die in seinem Tode starben, denn die bei seinem Leben starben.

Sterbe: Als wollte er sagen: Ich will gerne sterben, wenn nur die Philister auch mit mir umkommen und zugrunde gehen. Es sind aber dies nicht Worte gewesen eines verzweifelten und an Gottes Barmherzigkeit verzagten Menschen, dass er sich daher selbst den Tod angetan: Sondern weil er ein Fürst des Volkes Gottes, aber nunmehr seiner Augen beraubt und ein gefangener Mann war und auf keine andere Weise den Feinden des Volkes Gottes beikommen konnte, damit er Strafe an ihnen übte, wo er nicht auch zugleich mit drauf ging, da er doch sonst ohne das in kurzem von den Händen der Philister eines schnöden Todes hätte sterben müssen: So erinnerte er sich seines Berufes, und untersteht sich männlich an seinen Feinden Rache zu üben, ungeachtet, dass er selber auch zugleich mit draufgehen würde. Gerade als wenn ein tapferer Held und Kriegsmann, damit er den Sieg erhalten möchte, da er für die Christen wider die Türken stritt, mit seinen Waffen die Feinde anfiele, wo sie am dicksten wären, ob er gleich gewiss wüsste, dass er mit dem Leben nicht würde davonkommen, aber doch durch solche seine Tapferkeit zuwege brächte, dass die Christen obsiegten. [Und sind zwar diejenigen eines ewigen Lobes wert, welche in dergleichen Fällen mehr das ganze Kriegsheer in Achthaben als ihr eigenes Leben, das sie Gott und den Vaterland schuldig sind.]

Starben: Indem er das Haus über den Haufen stürzte und ineinander warf. [Und weil er Buße getan hatte, dazu in seinem Beruf starb, hat er durch den Glauben an den zukünftigen Messias das ewige Leben erlangt: Da hingegen das abgöttische gottlose Personal, weil sie den Sieg ihren Götzen zuschrieben und mit dem unglückhaften Simson gräulich umgingen, in ihrer Bosheit mit Leib und Seele verloren wurden. Denn Gott straft die Abgötterei und Grausamkeit mit zeitlichen und ewigen Strafen. Und ist an diesem Ort Simson wiederum ein Vorbild Christi. Denn gleichwie des Simsons Tod den Philistern als Feinden des Volkes Gottes ihren Untergang und Verderben verursacht: Also hat vielmehr der Tod Christi die Feinde der Kirche, nämlich den Tod, Teufel und Hölle zu Boden gerichtet und gestürzt, laut der Weissagung {Hos 13}. Tod, ich will dir ein Gift sein, Hölle, ich will dir eine Pestilenz sein.]

31. Da kamen seine Brüder hernieder und seines Vaters ganzes Haus und hoben ihn auf und trugen ihn hinauf und begruben ihn in seines Vaters Manoah Grab, zwischen Zarea und Esthaol. Er richtete aber Israel zwanzig Jahre.

Haus: Das ist: Seine ganze Freundschaft.

Trugen: Mit der Philister Zulassen und Bewilligung. [Denn wie böse und gottlos die Philister sonst gewesen sind, so haben sie doch sich so viel erinnern können, dass sie wider den toten Körper eines so tapferen Helden nicht mehr Wüterei zu treiben Fug hätten, dem sie bei seinen Lebzeiten nicht anders als mit Hinterlist beikommen und überwinden konnten.]

Richtet: Das ist: Er stand dem Volk Israel vor als ein Regent und Kriegsfürst und schützte sie wider ihre Feinde. [Es geschieht aber nie ohne großen Schaden und Nachteil eines Landes, wenn vortreffliche hohe Personen, die im Stande der Obrigkeit sind, mit dem Tod aufhören, darum soll man für dieselben fleißig bitten {1Tim 2}.]


Das 17. Kapitel

  • Ein Israelit mit Namen Micha nimmt seiner Mutter heimlich 1100 Silberlinge, die sie zur Aufrichtung eines Gottesdienstes geheiligt hatte, gibt sie aber danach wieder. Aus welchem Geld ein Abgott gemacht und priesterliche Kleider davon gekauft werden. v. 1.
  • Micha ordnet einen von seinen Söhnen zum Priester. v. 5.
  • Danach übergibt er das Priestertum einem Leviten, der bei ihm zur Herberge eingekehrt war und meinten, er wolle großes Glück haben, weil er einen Priester aus dem Stamm Levi bekommen. v. 7.

1. Es war aber ein Mann auf dem Gebirge Ephraim mit Namen Micha.

Es war: Die folgenden Kapitel dieses Buches beschreiben, was für ein unordentliches Wesen und Tun bei dem israelitischen Volk sowohl in der Religion als im weltlichen Regiment nach Absterben der bisher gemeldeten Richter vorging. [Denn es hat die Kirche bisweilen ein jämmerliches Ansehen und leuchtet in der Reinigkeit der Lehre bisweilen heller, bisweilen wiederum dunkler.]

Gebirge: Daher er gebürtig war, wie er auch da seine Wohnung hatte, wie aus dem folgenden Kapitel zu sehen.

2. Der sprach zu seiner Mutter: Die tausend und hundert Silberlinge, die du zu dir genommen hast und geschworen und gesagt vor meinen Ohren, siehe, dasselbe Geld ist bei mir, ich hab es zu mir genommen. Da sprach seine Mutter: Gesegnet sei mein Sohn dem Herrn!

Sprach: Aus den Umständen dieser Geschichte kann man sehen, dass des Micha Mutter eine ansehnlichen Summe Geldes zusammengesammelt und beiseite legte, damit sie Bilder und priesterliche Kleider samt anderen mehr Sachen, so zum Gottesdienst gehörig und dem närrischen Weibe dazu dienlich zu sein meinte, machen ließ: Aber Micha hat solches Geld seiner Mutter heimlich entfremdet, vielleicht der Meinung, dass er es sonst zu seinem Nutzen anwenden wollte. Da er aber sah, dass die Mutter von wegen so viel verlorenen Geldes sehr leidig und bekümmert war und vielleicht dazu ihre böse Wünsche und Verwünschungen, damit sie den Dieb als einen Kirchenräuber, der den Gottesdienst verhindert, in Abgrund der Hölle verdammte, täglich gehört. Hat er aus einem närrischen Aberglauben sich besorgt, er möchte irgend in ein großes Unglück geraten, wenn er den Gottesdienst, welchen die Mutter anzufangen im Sinn hatte, hinderte, wenn er ihr das Geld nicht wiedergebe. Darum ihn seines Diebstahls angefangen hat zu bereuen und hat sich vorgenommen, dass er seiner Mutter ihr Geld wiedergeben wollte.

Geschworen: Da du den Dieb in Abgrund der Hölle verflucht hast.

Nach Luther: Diese Frau wird solches Geld gelobt haben zum Bilde zu geben, das wird dem Sohn zuerst nicht gefallen haben, hat es ihr darum gestohlen. Danach sich ihr Klagen lassen bewegen und wieder gegeben und machen lassen, was sie wollte. Da es nun wohl geriet (wie solche Dinge geschehen), ließ er es sich auch gefallen.

Ohren: Dass ich es gehört habe, wie übel es dem ergehen soll, der dir dein Geld genommen hat.

Bei mir: Welches ich dir nicht darum anzeige, dass ich solches Geld behalten, sondern vielmehr, dass ich es dir wiederum zustellen will, auf dass du damit machst und umgehst, wie dir es gefällt.

Mutter: Welche sehr froh war, dass ihr Sohn den Diebstahl oder vielmehr, wie sie es davor hielt, den Kirchenraub, wieder von sich geben wollte.

Gesegnet: Das ist: Gott tue dir Gutes und gebe dir Glück, mein Sohn, weil du mir mein Geld, welches ich zum Gottesdienst bestimmt habe, so gutwillig wiedergeben willst. [Denn die Heuchler haben sehr enge Gewissen, wenn sie ungefähr etwas in dem falschen Gottesdienste übersehen oder daran hinderlich sind, da sie unterdes sich nichts achten, dass sie den rechten Gottesdienst, welcher von Gott selber eingesetzt ist, ganz versäumen und lassen.]

3. Also gab er seiner Mutter die tausend und hundert Silberlinge wieder. Und seine Mutter sprach: Ich habe das Geld dem Herrn geheiligt von meiner Hand für meinen Sohn, dass man ein Bildnis und Abgott machen soll; darum so gebe ich es dir nun wieder.

Geheiligt: Als wollte sie sagen: Ich habe dich, mein lieber Sohn, in der Wahrheit um solches Geld nicht betrügen wollen, da ich es beiseitelegte, sondern es ist mir um den Gottesdienst zu tun gewesen. Denn damit dir und deinen Nachkommen desto besser geraten würde. So habe ich solches Geld zum Gottesdienst wollen anwenden, dass man aus demselben alles, was zum Gottesdienst gehört, machen ließe. Weil ich demnach jetzt sehe, dass du dir den Gottesdienst auch angelegen sein lässt, so übergebe ich dir die Sache so, dass du alles machen lässt, was ich im Sinn hatte, dass es soll gemacht werden. [Hier sieht man, wie die Weiber zum Aberglauben besonders und mehr als die Mannspersonen geneigt sind. Und ist daneben auch in Acht zu haben, wie dies Weib, indem sie einen neuen Gottesdienst anrichten will, nicht meint, dass sie Abgötterei treibe, sondern dem Herrn ihrem Gott einen angenehmen Gottesdienst erzeige, da es doch in der Wahrheit nichts als eine schreckliche Abgötterei war, so außerhalb dem Ort getrieben wurde, den Gott dazu allein erwählt hatte, dass man ihm darin dienen sollte. Also obwohl heutigentags die Katholiken vorgeben, dass sie dem einzigen Gott alleine dienen: Weil sie aber ihn mit Menschensatzungen und selbsterwählten Gottesdiensten ehren, ohne Gottes Wort und Befehl, so begehen sie in der Wahrheit eine schreckliche Abgötterei.]

4. Aber er gab seiner Mutter das Geld wieder. Da nahm seine Mutter zweihundert Silberlinge und tat sie zu dem Goldschmied; der machte ihr ein Bild und Abgott, das war danach im Hause Michas.

Gab: Schau wie fromm und ehrerbietig die beiden, Mutter und Sohn, gegeneinander in ihrem gottlosen Vorhaben waren, da sie miteinander die Abgötterei begehren zu befördern.

Silberling: Ich halte aber davor, dass ein Silberling nicht viel weniger als bei uns ein Taler galt.

Abgott: Das ist: Eine Figur, so aus dem Silber künstlich gemacht oder gegossen wurde.

5. Und der Mann Micha hatte also ein Gotteshaus und machte einen Leibrock und Heiligtum; und füllte seiner Söhne einem die Hand, dass er sein Priester wurde.

Gotteshaus: Das ist: Er hat in seinem Hause eine Kapelle gebaut und abgesondert, in der er seinen Abgott gestellt hat.

Macht: Nämlich von dem übrigen Gelde.

Leibrock: Das ist: Ein priesterliches Kleid, wie die Hohepriester im israelitischen Volk bei Verrichtung der Opfer zu gebrauchen pflegten.

Das Heilige: Das ist: Allerlei Geräte zum Gottesdienst gehörig, samt anderen mehr Bildern.

Füllt: Denn weil ohne einen Priester ihm die Kapelle und Bilder nichts nütze wären, so hat er sich auch nach einem Priester umgesehen und weil er in der Eile sonst niemand an der Hand hatte, hat er seiner Söhne einen zum Priester geweiht, dass er ihm Opfer zustellte, die er zu seiner Einweihung aufopfern müsse: Denn das heißt die Hand füllen. Welches aber dem ausdrücklichen Worte Gottes zuwider war. Weil Gott befohlen, dass man keine anderen Priester zu den Opfern erwählen sollte als aus dem Stamm Levi und dazu im selben Stamm, nur unter Aarons Geschlechter. Aber dieser Micha hatte seine Herkunft aus dem Stamm Ephraim, darum dies nichts anders als eine lautere Abgötterei gewesen, daran doch Micha einen großen Gefallen hatte, dass er einen solchen neuen Gottesdienst anrichtete. [Denn die Heuchler lassen sich nicht überreden, dass sie Gott damit erzürnen, wenn sie etwas guter Meinung tun.]

Nach Luther: Das ist: Er weiht ihn, wie 2. Mose 40, 13. steht.

6. Zu der Zeit war kein König in Israel und ein jeglicher tat, was ihn recht deuchte.

König: Denn es hätte sich sonst einer nicht unrichtig verwundern mögen, warum dergleichen im Volke Gottes vorgegangen wäre? Wird darum die Ursache gleich hinzugesetzt, dass nämlich kein König oder Regent anstatt eines Königs vorhanden war, der das Volk im Zaum gehalten hätte, damit es nicht von dem Worte Gottes, wie es im Gesetz geoffenbart wurden, abgewichen wäre. [Darum sollen wir bitten, dass uns Gott christliche Obrigkeit geben und erhalten wolle, damit nicht, wenn wir solche verlieren, in Irrtum und Finsternis der Religion geraten.]

7. Es war aber ein Jüngling von Bethlehem-Juda unter dem Geschlecht Judas; und er war ein Levit und war fremd dort.

War: Jetzt folgt, wie Micha einen anderen Priester an seines Sohnes statt angenommen und eingesetzt hat, den er, nach seinem Bedenken, zum Priestertum würdiger geachtet. [Denn der Aberglaube kann nicht ruhig sein, sondern fällt von einem Bösen ins andere.]

Geschlechter: Das ist: Welche Stadt Bethlehem zum Stamm Juda gehörte, denn der Jüngling ist aus dem Stamm Levi gebürtig gewesen, wie gleich darauf folgt.

Fremden: Denn die Leviten hatten im Lande Kanaan keine eigentümlichen und erblichen Güter, wie die anderen Israeliten, sondern waren durch alle Stämme hin und wieder zerstreut und wohnten in den Städten, die ihnen zuerkannt waren, als Fremdlinge, welche sie neben den Vorstädten und nächst herumliegender Weide für ihr Vieh innehatten.

8. Er zog aber aus der Stadt Bethlehem-Juda, zu wandern, wo er hin konnte. Und da er aufs Gebirge Ephraim kam zum Hause Michas, dass er seinen Weg ginge,

Wandern: Und hat es das Ansehen, als ob dieser Levit, aus Armut und Hungersnot getrieben, einen anderen Ort zur Wohnung suchen musste. Sonst wenn ihm die Zehnten ordentlicherweise wären gereicht worden, so hätte er nicht Ursache gehabt, seinen Sitz zu verändern. [Denn wo keine Obrigkeit ist, da achtet der gemeine Mann wenig, wie die Kirchendiener mögen erhalten werden.]

Hause: Da er einkehrte, damit er ein wenig ausruhen möchte.

Ginge: Denn er nicht hoffte, dass er dort Gelegenheit zu seiner Unterhaltung antreffen würde.

9. fragte ihn Micha: Wo kommst du her? Er antwortete ihm: Ich bin ein Levit von Bethlehem-Juda und wandere, wo ich hinkann.

Bethlehem: Da ich geboren und erzogen bin.

Wandere: Denn daheim kann ich mich nicht mehr behelfen, weil ich nichts habe, davon ich mich unterhalten könnte, so geben die Israeliten keine Zehnten mehr, wie sich es gebührt, die den Leviten und Armen zugutekommen möchten. Darum ich aus Not gedrungen werde, einen Ort zu suchen, da ich bleiben könne.

10. Micha sprach zu ihm: Bleibe bei mir, du sollst mein Vater und mein Priester sein; ich will dir jährliches zehn Silberlinge und benannte Kleider und deine Nahrung geben. Und der Levit ging hin.

Bleibe: Will so viel sagen: Weil du ein Levit bist und Gott befohlen hat, dass man aus demselben Stamm die Priester erwählen soll. Ich aber, was zum Gottesdienst gehört, fertig und bei mir habe, als eine Kapelle, priesterliche Kleider, Bilder und einen Altar. So bitte ich dich, du wollest des Priesteramts bei mir pflegen, ich will dich ehren als einen Vater. [Denn vorzeiten waren die Kirchendiener in großem Ansehen und wurde viel auf sie gehalten. Jetziger Zeit tritt man sie schier mit Füßen.]

Silberlinge: Aus diesem Ort mutmaße ich, dass ein Silberling nicht viel weniger gegolten, als ein Taler, oder auch vielleicht mehr.

Ging: Ist eine besondere Art zu reden in der hebräischen Sprache und hat den Verstand, dass er bei ihm zu bleiben bewilligt und den Vertrag eingegangen ist.

11. Der Levit trat an, zu bleiben bei dem Mann; und er hielt den Knaben gleichwie einen Sohn.

Knaben: Also nennt die Schrift den levitischen Jüngling, nach Art der hebräischen Sprache.

Sohn: Das ist: Micha hat diesen Jüngling so hoch geliebt, als wenn er sein eigener Sohn gewesen wäre, und hat ihn von wegen des Priesteramtes als einen Vater geehrt.

12. Und Micha füllte dem Leviten die Hand, dass er sein Priester wurde; und war also im Hause Michas.

Füllte: Das ist: Er weihte ihn zum Priester und gab ihm Opfer, die er zu seiner Einweihung in seinem angenommenen Priesteramt opfern könnte, oder wie man bei uns sagen möchte, damit er könnte seine erste Messe singen. [Es hat aber der levitische Jüngling in diesem seinem Tun auch schwer gesündigt. Denn ob er wohl aus dem Stamm Levi gebürtig war, daraus man die Priester zu erwählen pflegte, so war dennoch den Leviten auch nicht zugelassen, dass sie an einen anderen Ort hätten dürfen opfern, außer dem, den Gott der Herr erwählt hatte. Es hatte aber Gott diesen Ort, da Micha seinen Gottesdienst angerichtet, nicht erwählt. Danach sah dieser Levit zu den silbernen Götzen, die Micha gemacht hatte, durch die Finger, um seines Bauches willen und damit er seine Nahrung hätte. Also sind auch etliche Kirchendiener beschaffen, welche aus Armut getrieben, wider ihr Gewissen in die Abgötterei oder Ketzereien bewilligen, zu ihrem selbst und anderer Leute ewigem Verderben.]

13. Und Micha sprach: Nun weiß ich, dass mir der Herr wird wohltun, weil ich einen Leviten zum Priester habe.

Weiß: Micha kitzelt sich selber mit seiner gottlosen Abgötterei. Als wollte er sagen: Bis daher hab ich keinen ordentlichen Priester aus dem Stamm Levi gehabt, darum ich aus Mangel der Leute meinen Sohn zum Priester gemacht hatte und weil ich nicht Habichte hatte, musste ich mit Eulen beißen. Deswegen ist es kein Wunder gewesen, dass es mir nicht immer mit meinem Tun glücklich vonstattenging. Jetzt aber wird mir es alles nach meines Herzen Wunsch hinausgehen, weil ich einen solchen Priester bekommen, der aus dem Stamm gebürtig ist, welchen Gott selbst zum Priestertum erwählt hat. Es bedachte aber Micha nicht, dass er mit den Bildern und angerichtetem Gottesdienst außerhalb dem von Gott befohlenen Ort schwer sündigte. [Aber die Abgöttischen überreden sich selbst, dass sie von wegen ihres gottlosen und verdammlichen Gottesdienstes nichtsdestoweniger alles vollauf haben werden.]


Das 18. Kapitel

  • Die Daniter suchen ein anderes Erbteil, außer dem, was ihnen zugefallen war und kehren in des Micha Haus ein. v. 1.
  • Da sie mit dem levitischen Priester einen heimlichen Vertrag machen und führen ihn mit den Götzen und priesterlicher Kleidung mit sich hinweg. v. 15.
  • Als sie gen Lais kommen und die Stadt überwältigen und zerstören, bauen sie eine andere, die sie nach ihrem Namen, Dan, nennen, da sie die gestohlenen Götzen aufstellen und den Priester, welchen sie mit sich genommen, zum falschen Gottesdienst gebrauchen. v. 27.

1. Zu der Zeit war kein König in Israel. Und der Stamm der Daniter suchte sich ein Erbteil, da sie wohnen möchten; denn es war bis auf den Tag noch kein Erbe auf sie gefallen unter den Stämmen Israels.

Zeit: Bisher haben wir gehört, wie Micha einen besonderen Gottesdienst angerichtet, mit den Götzen, priesterlichen Kleidern und Priestern. Jetzt lasst uns sehen, durch was Unfall er um solches alles so gekommen ist.

König: Oder Regent, der das Volk nach dem Gesetz Gottes regiert hätte. Darum ein jeder getan, was ihm gefallen hat.

Gefallen: Dergestalt, dass sie es eingenommen und besessen hätten. Denn obwohl Josua in Abteilung des Landes Kanaan diesem Stamm ein gutes Teil Landes zur Wohnung durch das Los zuerkannt: Jedoch weil meistenteils Israeliten und unter denen auch die Daniter in Austreibung der Kanaaniter und Einnahme des verheißenen Landes ganz zu fahrlässig waren, ist es geschehen, dass die Kanaaniter sich wiederum erholt, zu Kräften gekommen und die Israeliten eng zusammen getrieben und gleichsam eingesperrt haben: Also dass auch meistenteils Daniter von den Amoritern gedrungen wurden, dass sie nur auf dem Gebirge wohnen und sich da behelfen mussten {Jud 1}. Darum, weil ihnen der Ort zu eng wurde, auch von wegen der Unfruchtbarkeit sie sich nicht wohl mehr da wohnen konnten, hat ein gutes Teil derselben neuen Plätze zur Wohnung suchen müssen.

2. Und die Kinder Dan sandten aus ihren Geschlechtern von ihren Enden fünf streitbare Männer von Zarea und Esthaol, das Land zu erkunden und zu erforschen, und sprachen zu ihnen: Zieht hin und erforscht das Land. Und sie kamen auf das Gebirge Ephraim, ans Haus Michas und blieben über Nacht dort.

Erforscht: Ob ihr irgend unter den Kanaanitern einen gelegenen Ort zur Wohnung finden könnte, den wir unversehens überfallen und nachdem wir die Einwohner entweder daraus vertrieben oder vertilgt, zu unserer Besitzung einnehmen können. [Wo aber ein rechtmäßiger Krieg geführt wird, da ist es auch recht und zugelassen, dass man der Feinde Anschläge, Gelegenheit und Stärke erkundigen mag.]

Nacht: Denn vor Zeiten waren besonders im jüdischen Lande nicht wie bei uns Wirtshäuser, da jemand hätte können einkehren. Darum ein jeder gegen den Fremden gastfrei sich zu erzeigen schuldig war.

3. Und, weil sie da bei dem Personal Michas waren, kannten sie die Stimme des Knaben, des Leviten; und sie wichen dahin und sprachen zu ihm: Wer hat dich hierher gebracht? Was machst du da und was hast du hier?

Personal: Das ist: In seinem Hause und bei seinen Hausgenossen.

Stimme: Das ist: Sie haben aus seiner Stimme und Sprache so viel erkannt, dass er auf dem Gebirge Ephraim nicht daheim wäre. Denn obwohl alle Israeliten damals die hebräische Sprache gebrauchten, so ist doch im Aussprechen ein Unterschied gewesen wie wir zuvor im 12. Kapitel von den Ephrairern gehört haben. Wie man bei der deutschen Sprache auch solche Veränderung findet.

Leviten: Von dem im vorigen Kapitel gemeldet wurde.

Wichen: Das ist: Sie suchten einen gelegenen Ort, da sie mit dem Leviten allein und insgeheim könnten zu reden kommen.

Hast du: Nämlich zu tun oder zu verrichten, dass du bei dem Micha bleibst? Versiehst du auch hier ein levitisches Amt?

4. Er antwortete ihnen: So und so hat Micha an mir getan und hat mich gedingt, dass ich sein Priester sei.

Getan: Will so viel sagen: Als ich in der Fremde herumzog und einen bequemen Ort zur Wohnung suchte, bin ich zu diesem Micha geraten, der mich zuerst freundlich zur Herberge aufgenommen und mir danach die Ehre und das Amt eines Priestertums aufgetragen, dazu jährliche Besoldung samt Kleidern und Nahrung verordnet hat.

5. Sie sprachen zu ihm: Lieber, frage Gott, dass wir erfahren, ob unser Weg, den wir wandeln, auch wohl geraten werde.

Frage: Weil du ein Priester bist, so erkundige den Willen Gottes, ob unsere Vorhaben und Reise glücklich hinausgehen werde. Denn die Israeliten pflegten aus Gottes Anordnung von dem Hohepriester über ihre Sachen einen göttlichen Bericht zu begehren, welcher, wenn er die priesterlichen Kleider und besonders den Leibrock anzog, darauf das Amtsschild, mit köstlichen Edelsteinen versetzt, geheftet war, auf alles, was er gefragt wurde, eine göttliche Antwort geben könnte. Weil demnach die Daniter hier bei dem Micha eine Kapelle, priesterliche Kleider und Priester sehen, meinen sie aus eine, falschen Wahn, es gelte gleich, wenn sie durch diesen Priester den Herrn nach Rat fragen, als wenn sie von dem rechten Hohepriester aus dem Geschlechter Aaron einen göttlichen Bericht begehrten.

6. Der Priester antwortete ihnen: Zieht hin mit Frieden; euer Weg ist recht vor dem Herrn, den ihr zieht.

Antwortet: Nämlich als er das priesterliche Kleid und den Leibrock angezogen und seines Bedenkens, nach seiner Gewohnheit, gemeint, dass er eine göttliche Antwort herausgebracht hätte.

Recht: Es wird euch alles nach euren Wunsch ergehen. [Ob nun wohl der Ausgang diese Prophezeiung wahr wurde, so ist sie doch darum für keine göttliche Antwort zu halten, wie andere, die der Hohepriester von sich gebe, sondern man kann es für nichts anders als eine Teufelsverblendung schätzen, damit derselbe seine Abgötterei bestätigen wolle. Und kann der Satan auch bisweilen aus Gottes Verhängnis etwas, aber nicht alles von zukünftigen Dingen weissagen. Denn er ist ein scharfsinniger, listiger und verschlagener Geist, der aus den Umständen der vergangenen und vorlaufenden Sachen viel Nachricht haben kann. Solche sind vorzeiten der Heiden, als des Apollinis und anderer Aussprüche gewesen, da nicht Gott, sondern der Teufel zukünftige Dinge geweissagt hat. Wie auch des Bileams etliche seiner ersten Weissagungen waren {4Mos 24}. Und ließ Gott bisweilen zu, dass dergleichen falsche Propheten etwas Wahres sagten, das israelitische Volk damit zu probieren, ob sie dem Worte Gottes steif würden anhangen, welches ihnen zuvor verkündigt und mit herrlichen Wunderwerken genügend bestätigt war: Oder ob sie lieber auf die falschen Propheten achthaben würden, die sie durch solche trügerische Weissagungen zur Abgötterei und zu den verbotenen Gottesdiensten reizten: Wie davon Gott ausdrücklich sagt {5Mos 13}.]

7. Da gingen die fünf Männer hin und kamen gen Lais und sahen das Volk, das darin war, sicher wohnen, auf die Weise wie die Zidonier, stille und sicher; und war niemand, der ihnen Leid tat im Lande, oder Herr über sie wäre; und waren ferne von den Zidoniern und hatten nichts mit Leuten zu tun.

Nach Luther: Sie hatten weder Feinde noch Herren.

Sicher: Das ist: Sie fürchten sich ebenso wenig vor einen feindlichen Einfall als die Zidonier, welche in großer Sicherheit lebten.

Leid: Das ist: Es hatte das Ansehen, als ob sie in großer Glückseligkeit ganz sicher lebten, die weder Herren noch Feinde hätten: So hatten sie sich auch vor der Zidonier Gewalt nichts zu befürchten und hatten keine Gemeinschaft, Hantierung oder Verbündnisse mit den benachbarten Völkern. [Indem sie aber also in großer Sicherheit ohne alle Sorge leben, werden sie einstmals überfallen und vertilgt, wie wir bald hören werden. Denn die Sicherheit bringt oft den Untergang und das Verderben mit sich.]

8. Und sie kamen zu ihren Brüdern gen Zarea und Esthaol; und ihre Brüder sprachen zu ihnen: Wie steht‘s mit euch?

Steht es: Was habt ihr erkundigt und erfahren?

9. Sie sprachen: Auf, lasst uns zu ihnen hinaufziehen; denn wir haben das Land besehen, das ist fast gut. Darum eilt und seid nicht faul zu ziehen, dass ihr kommt, das Land einzunehmen.

Auf: Die Sache steht wohl, wir haben einen gelegenen Ort zu unserer Wohnung gefunden, da solche Leute innen wohnen, die leicht können vertrieben werden.

10. Wenn ihr kommt, werdet ihr zu einem sicheren Volk kommen; und das Land ist weit und breit, denn Gott hat es in eure Hände gegeben, einen solchen Ort, da nichts gebricht, alles, das auf Erden ist.

Sicheren: Das zum Widerstand nicht gerüstet ist.

Weit: Da wir Platz genug zu unserer Wohnung haben werden.

Erden: Das ist: Alles, was uns zur Unterhaltung unseres zeitlichen Lebens nützlich und vonnöten sein wird, das werden wir da vollauf haben. [Zu wünschen wäre es, dass die Leute der Seelen ewige Wohlfahrt ihnen so sehr angelegen sein ließen, als sorgfältig sie für das zeitliche Leben sind, damit es ihnen hier auf Erden wohl gehe.]

11. Da zogen von dort aus den Geschlechtern Dan, von Zarea und Esthaol, sechshundert Mann gerüstet mit ihren Waffen zum Streit.

Geschlechtern: Oder Stamm. Sind also von ihren anderen Stammes- und Geschlechtsverwandten, den Danitern hinweg geschieden.

Zarea: Welche Orte ihnen zu eng wurden, dass sie nicht wohl beieinander sich mehr behelfen konnten.

Mann: Die zugleich auch ihre Weiber und Kinder samt anderem Hausrat mit sich genommen haben, wie später an seinem Ort gemeldet wird.

12. Und zogen hinauf und lagerten sich zu Kiriath-Jearim in Juda. Daher nannten sie die Stätte das Lager Dan bis auf diesen Tag, das hinter Kiriath-Jearim ist.

Lagerten: Das ist: Sie haben ihr Lager am selben Ort aufgeschlagen und mit ihren Weibern und Kindern ein wenig ausgeruht.

Kiriath Jearim: Welches eine Stadt gewesen, so im Stamm Juda gelegen ist.

13. Und von dort gingen sie auf das Gebirge Ephraim und kamen zum Hause Michas.

Hause: Dahin sie die fünf Kundschafter führten, welche vorhin da eingekehrt waren.

14. Da antworteten die fünf Männer, die ausgegangen waren, das Land Lais zu erkunden, und sprachen zu ihren Brüdern: Wisst ihr auch, dass in diesen Häusern ein Leibrock, Heiligtum, Bildnis und Abgott sind? Nun mögt ihr denken, was euch zu tun ist.

Land Lais: In welchem Lande die Hauptstadt Lais gelegen war, von der vielleicht das ganze Land auch also genannt wurde.

Leibrock: Das ist: Ein priesterliches Kleid, das man bei Verrichtung des Gottesdienstes haben und gebrauchen muss.

Heiligtum: Allerlei Geräte, so zum Gottesdienst gehört.

Bildnis: Aus allerhand köstlicher Materie gegraben und gegossen, damit man Gott verehrt. Denn es waren die Daniter auch in Abgötterei gefallen und meinten, Gott würde in Bildern und Säulen verehrt, wider das ausdrücklichen Wort Gottes {2Mos 20}.

Denken: Und beratschlagen, ob es nicht ratsam wäre, dass wir solches alles mit uns hinwegnehmen, auf dass wir in unserem neuen Lande, dahin wir ziehen, nicht ohne Gottesdienst wären? Und wäre es unseres Erachtens besser, auch ohne Zweifel Gott angenehmer, dass der Gottesdienst bei vielen angerichtet und geübt würde als an einem unachtsamen Ort und schier nur in einem einigen Hause. So wird dieser unser Eifer Gott freilich nicht missfallen, wenn wir den Micha gleich um sein Heiligtum anfallen und betrügen, weil wir solches nicht tun zur Verhinderung, sondern vielmehr zur Beförderung der Religion. Ist deswegen ein solcher Diebstahl keine Strafe, sondern vielmehr Belohnung wert. [Und sieht man hier, wie übel Micha seine Wohltat angelegt hat, da er sich gegen den Fremden zur Unzeit gastfrei erzeigte: Darum sollen wir uns wohl vorsehen: Aber darum wohlzutun nicht müde werden.]

15. Sie kehrten da ein und kamen an das Haus des Knaben, des Leviten, in Michas Hause und grüßten ihn freundlich.

Kehrten: Den anderen Danitern gefällt der Vorschlag ihrer Kundschafter nicht übel, darum heißen sie dieselben fortziehen und die Sache verrichten.

Kamen: Nämlich die fünf Kundschafter, da sie von der Landstraße abgewichen waren.

Freundlich: Das ist: Sie haben dem Leviten, des Micha Priester, viel Glück und alles Gutes gewünscht und sich gestellt, als ob sie von wegen alter Kundschaft im Vorüberziehen wiederum bei ihm einkehren wollten. Geben ihm daneben zu verstehen, wie etliche Daniter draußen vor dem Tor seien, welche einen neuen Sitz zur Wohnung suchen, ermahnen ihn, dass er hinausgehe und ihnen als seinen Mitbrüdern aus dem israelitischen Volk freundlich zuspreche. Sie wollen da verweilen, bis er wiederkomme und ein wenig ruhen, suchen aber unter solchem Schein Gelegenheit die Götzen zu stehlen.

16. Aber die sechshundert Gerüsteten mit ihrem Harnisch, die von den Kindern Dan waren, standen vor dem Tor.

17. Und die fünf Männer, die das Land zu erkunden ausgezogen waren, gingen hinauf und kamen dahin; und nahmen das Bild, den Leibrock, das Heiligtum und Abgott. Dieweil stand der Priester vor dem Tor bei den sechshundert Gerüsteten mit ihrem Harnisch.

Standen: Und wusste nicht um die Sache, damit man umging.

Gerüsten: Mit denen er sich besprach.

18. Als nun jene ins Haus Michas gekommen waren und nahmen das Bild, den Leibrock, das Heiligtum und Abgott, sprach der Priester zu ihnen: Was macht ihr?

Nahmen: Hinterrücks Micha, dem sie kein Wort davon sagten.

Sprach: Als er noch vor dem Tor stand und sah, dass man ihm sein Heiligtum hinwegtrug.

Macht: Ist das nicht ein überaus ganz zu unrechter Handel, dass ihr euch mit einem solchen Kirchenraub vergreift und dem Micha so undankbar seid, dass er euch vor der Zeit gutwillig zur Herberge aufnahm?

19. Sie antworteten ihm: Schweig und halte das Maul zu und zieh mit uns, dass du unser Vater und Priester seist. Ist dir es besser, dass du in des einigen Mannes Hause Priester seist, oder unter einem ganzen Stamm und Geschlecht in Israel?

Halt: Rede uns kein Wort mehr ein und setze dich nicht wider uns.

Vater: Das ist: Du sollst bei uns das Priesteramt verwalten und wollen wir dich für unseren Vater halten, was willst du mehr?

Besser: Als wollten sie sagen: Es wird freilich dein großer Nutzen sein und zu deinen besonderen Ehren gereichen, wenn du anstatt eines einzigen Hausvaters eines ganzen Geschlechtes Priester bist und am anderen Ort gute Pfründe bekommst, da du hier am Hungertuch nagen musst.

20. Das gefiel dem Priester wohl und nahm beide den Leibrock, das Heiligtum und Bild und kam mit unter das Volk.

Gefiel: Das ist: Es ist die ihm vorgeschlagene Bedingung mit Willen eingegangen, von wegen seines Nutzens, weil er vernommen, dass er dergestalt zu einer größeren Würde und stattlicherem Einkommen gelangen könnte, ungeachtet aller Ehrbarkeit und Dankbarkeit gegen seinen Guttäter, den Micha, dass er alles in vergaß. [Diesem Priester vergleichen sich etliche Mietlinge unter den Kirchendienern, welche die Kirche wenig achten und eine jede vorfallende Gelegenheit ihrem ordentlichen Beruf vorziehen.]

Name: Nämlich er selbst, der Priester.

Unter: Das ist: Sie haben ihn mitten unter den Haufen genommen, damit er desto sicherer wäre.

21. Und da sie sich wandten und hinzogen, schickten sie die Kindlein und das Vieh und was sie Köstliches hatten, vor ihnen her.

Kindlein: Samt den Weibern.

Vor: Damit nämlich der Micha nicht etwa aus Rachgierigkeit Hand an sie legte und andere Sachen dagegen nehme, die sie ungern verlören: Sie aber als Gewappnete ihm desto besser Widerstand tun könnten.

22. Da sie nun ferne von Michas Haus kamen, schrien die Männer, so in den Häusern waren bei Michas Hause und folgten den Kindern Dan nach und riefen den Kindern Dan.

Schrien: Denn als Micha erfahren, dass ihm sein Heiligtum und Götzen diebischer Weise hinweggenommen und entführt wären, hat er seine Nachbarn zusammen gerufen, dass sie ihm Beistand taten, damit er das Seine könnte wiederbekommen.

Folgten: Da einer den anderen angemahnt, dass man den Feinden nachjagen soll.

Riefen: Dass sie den Diebstahl wieder von sich geben sollten. Denn sie nicht meinten, dass das ganze Kriegsheer um den Kirchenraub Wissenschaft trüge und gehofft, dass sie nicht alle das Bubenstück gerechten oder gut heißen würden, welches etliche unter ihnen begangen hätten.

23. Sie aber wandten ihr Antlitz um und sprachen zu Micha: Was ist dir, dass du also ein Geschrei machst?

Micha: Als sie ihn gesehen mit seinen Nachbarn hinter ihnen hergekommen war.

24. Er antwortete: Ihr habt meine Götter genommen, die ich gemacht hatte und den Priester und zieht hin und was habe ich nunmehr? Und ihr fragt noch, was mir fehle?

Götter: Das ist: Meine Bilder, die ich mit großem Kosten zur Verrichtung des Gottesdienstes habe fertigen lassen.

Priester: Den ich mir verdient hatte und bisher ernährt habe, denselben habt ihr auch weggeführt.

Mehr: Als wollte er sagen: Ist das nicht genug, dass ihr mir genommen habt, welches mir am liebsten gewesen? Denn mir nicht anders ist, als wenn ich aller meiner Habe und Güter beraubt wäre, weil ich mein Heiligtum verloren habe und was kann ich für Glück in meiner Haushaltung haben, nachdem mir solches alles genommen ist. [So voller Eifers sind die abgöttischen Leute in ihrem Aberglauben, dass, wenn sie ihre Bilder und Götzen verloren haben, sie meinen, sie sind um Himmel und Erden gekommen.]

Fragt: Ihr spottet meiner noch fein höhnisch dazu, als ob ich nicht rechte Ursache zu schreien und mich zu beklagen hätte.

25. Aber die Kinder Dan sprachen zu ihm: Lass deine Stimme nicht hören bei uns, dass nicht auf dich stoßen zornige Leute und deine Seele und deines Hauses Seele nicht aufgeräumt werde.

Hören: Halt das Maul und rege dich nicht, damit du nicht in Unglück kommst.

Leute: Nämlich aus unserem Haufen.

Hauses: Das ist: Auf dass du nicht mit deinem ganzen Personal umkommest. Denn du ihrer etliche durch dein ungestümes Anfordern leicht aufbringen möchtest, die die dich und die Deinen erwürgen, darum halt an dich, bist du weise. [Dies ist an den Danitern ein großes Unrecht gewesen. Denn obwohl Micha ein Götzendiener war und wohl verschuldet hatte, dass man ihm also verfuhr: So waren doch auch die Daniter nicht um ein Haar besser und keineswegs dazu befugt, dass sie einem anderen hätten mögen das Seine nehmen und ihnen selbst zueignen, da sie noch darüber mit Drohworten sich wider ihn hören lassen, dem sie Unrecht und Gewalt getan hatten. Und sieht man hier, wie große Ärgernisse auch unter dem Volk vorgehen, welches Gottes Volk genannt wird, da ihr er einesteils mit Abgötterei wider Gott sündigen: Andere an ihrem Nächsten mit unrechter Gewalt sich vergreifen]

26. Also gingen die Kinder Dan ihres Weges. Und Micha, da er sah, dass sie ihm zu stark waren, wandte er sich und kam wieder zu seinem Hause.

Stark: Beide an der Anzahl und Kräften.

Wandte: Musste also seiner Götzen beraubt sein. [Denn die Abgötter können weder sich noch ihre Diener vor Gewalt schützen und handhaben.]

27. Sie aber nahmen, das Micha gemacht hatte und den Priester, den er hatte, und kamen an Lais, an ein stilles, sicheres Volk und schlugen sie mit der Schärfe des Schwertes und verbrannten die Stadt mit Feuer.

Sie: Nämlich die sechshundert Mann.

Gemacht: Nämlich die Götzen, Bilder und Heiligtum.

Sicher: Die keinen Krieg hatten und sich auch ganz keines feindlichen Einfalls besorgten.

Volk: Das noch von den Kanaanitern übrig war.

Schärfe: Das ist: Sie haben die Einwohner alle erwürgt, weil sie in allerlei Schande und Laster lebten. Wie bekannt, dass die kanaanitischen Völker gottlose Leute gewesen sind.

28. Und war niemand, der sie errettete, denn sie lag ferne von Zidon und hatten mit den Leuten nichts zu schaffen; und sie lag im Grunde, welcher an Beth-Rehob liegt. Da bauten sie die Stadt und wohnten darin;

Errettete: Der ihnen in ihren größten Nöten mit Hilfe zugesprungen wäre.

Zidon: Einer mächtigen Kaufstadt, von der sie keiner Gefahr sich zu besorgen hatten. Aber wiederum auch keiner Hilfe zu ihr sich getrösten konnten.

Nichts: Darum sich auch niemand ihrer angenommen noch sie zu schützen oder zu retten begehrt hat.

29. und nannten sie Dan nach dem Namen ihres Vaters Dan, der von Israel geboren war. Und die Stadt hieß vorzeiten Lais.

Vaters: Das ist: Ihres Vorfahren, des Patriarchen.

Lais: Eben die selbige wird in Josua 19, Lesem genannt und wird diese Geschichte am selben Ort, wie nämlich die Stadt von den Danitern eingenommen sei, mit drei Worten angeregt, welche doch allererst lange später und diese Zeit, da keine Richter mehr in Israel waren, sich zugetragen hat.

30. Und die Kinder Dan richteten für sich auf das Bild. Und Jonathan, der Sohn Gersons, des Sohnes Manasses und seine Söhne waren Priester unter dem Stamm der Daniter bis an die Zeit, da sie aus dem Lande gefangen geführt wurden {2Sam 17v29}.

Richteten: Das ist: Sie haben am selben Ort einen falschen Gottesdienst angerichtet und die Bilder geehrt, welche sie aus des Micha Hause genommen hatten.

Waren Priester: Nämlich nachdem der vorige levitische Jüngling, den sie mit sich aus dem Hause Micha genommen, entweder gestorben oder vom Amt gesetzt war: Da haben die Daniter einen anderen zum Priester an seine statt geordnet, der nicht aus dem Stamm Levi, sondern aus dem Stamm Manasse gebürtig war. Denn sie sich des Gesetzes Gottes nicht hoch geachtet, welches ausdrücklich allein die Leviten zum Priesteramt bestimmt und verordnet hatte.

Zeit: Diese Abgötterei hat im selben Stamm so lange gewährt, bis Gott solchem gottlosen Wesen nicht länger zusehen könne und die Daniter mit dem assyrischen Gefängnis gestraft hat.

31. Und setzten also unter sich das Bild Michas, das er gemacht hatte, so lange, als das Haus Gottes war zu Silo.

Bilde: Dass sie es geehrt und angebetet haben.

Lange: Das ist: Weil der rechte Gottesdienst nach Ausweisung des Gesetzes Gottes im Städtlein Silo gehalten und getrieben wurde, in der Hütte des Stifts. Hat unterdes diese Abgötterei im Stamm Dan seinen Vorgang gehabt und also eine gute lange Zeit gewährt. [Deswegen ist es kein Wunder und nichts seltsames ist, dass unter dem Volk Gottes die wahre und falsche Religion zugleich geübt und getrieben wird: Wie noch heutigentags in etlichen Reichsstädten geschieht, da man das Evangelium Christi lehrt und die abgöttische Messe auch daneben hält. Aber wenn ein Irrtum gleich lange währte, so ist er darum nicht recht.]


Das 19. Kapitel

  • Als ein Levit sein Weib, welches Hurerei getrieben und von ihm gelaufen war, zu ihrem Vater wiederholen will, wird er von seinem Schwager freundlich empfangen. v. 1.
  • Danach, da er mit dem Weibe hinwegzieht und in die Stadt Gibea über Nacht bleibt, wird er von etlichen boshaften Bürgern darin zur abscheulichen Unzucht hinausgefordert: Er aber, damit er sie von sich abweise, übergibt ihnen seinen Weib, die sie also zurichten, dass sie darüber starb. v. 13.
  • Darum nimmt sie ihr Mann und zerhackt sie in zwölf Stücke, welche er durch die zwölf Stämme Israel ausschickt und begehrt, dass man solche Übeltat räche. v. 29.

1. Zu der Zeit war kein König in Israel. Und ein levitischer Mann war Fremdling an der Seite des Gebirges Ephraim und hatte ihm ein Kebsweib zum Weibe genommen von Bethlehem-Juda.

König: Oder Regent, der dem Volk vorgestanden wäre. Und will mit diesen Worten der Heilige Geist zu verstehen geben, was für gräuliche Laster unter den Israeliten vorgingen, da sie keine ordentliche Obrigkeit hatten.

Kebsweib: Das ist: Er hat eine leibeigene Magd, die nicht frei war, geheiratet. [Solche, weil sie der Ehre einer Hausmutter nicht fähig war und ihre Kinder nicht erbeten an dem väterlichen Gut, sondern mit Geschenken abgefertigt wurden, hieß man Kebsweiber, da sie doch vor Gott rechte Eheweiber waren.]

2. Und da sie hatte neben ihm gehurt, lief sie von ihm zu ihres Vaters Hause gen Bethlehem-Juda und war dort vier Monden lange.

Lief: Dies ist ein großer Mutwille und übermachte Bosheit an dem Weibe gewesen, dafür sie auch später ihre angemessene Strafe empfing. Denn sie es nicht dabei bleiben lassen, dass sie Gott und ihren Mann mit dem Ehebruch beleidigt, sondern will auch ihres Mannes Strafe nicht erwarten, bis sie zum Hause ausgestoßen werde, wie sie wohl verschuldet hatte und läuft aus freiem Willen von ihm, ihren Eltern zu, bei denen sie ohne Zweifel den Mann angegeben und ihre Hurerei entweder ganz geschwiegen, oder doch ihr Laster, so viel möglich, beschönt und entschuldigt hat.

3. Und ihr Mann machte sich auf und zog ihr nach, dass er freundlich mit ihr redete und sie wieder zu sich holte; und hatte einen Knaben und ein Paar Esel mit sich. Und sie führte ihn in ihres Vaters Haus. Da ihn aber der Dirne Vater sah, wurde er froh und empfing ihn.

Zog: Nämlich als er nach vier Monden erfahren, wo sie wäre. Denn obwohl die Hure wert gewesen wäre, dass sie von der Obrigkeit (wenn damals eine in Israel hätte mögen gefunden werden) nach dem Gesetze Mose mit dem Tode wäre gestraft oder doch vom Manne verstoßen wurde: So ist doch derselbe so fromm und sanftmütig gewesen, dass er sie viel lieber begehrt mit seiner Freundlichkeit zur Buße zu leiten, als dass er sie der weltlichen Strafe oder in des Teufels Strick, indem, dass sie öffentlich zur Hure und zu einer gemeinen Metze geworden wäre, übergeben hätte.

Freundlich: Damit er sie mit guten Worten wiederum auf den rechten Weg brächte.

Knaben: Oder Knecht und Diener: Welche die Schrift ohne Unterschied Knaben nennt.

Paar: Das er auf dem einen und sein Weib auf dem anderen wieder heimritte. [Denn wer sein Eheweib, die in Ehebruch geraten, wiederum zur Buße leitet (sofern eine Hoffnung der Buße und künftiger Besserung vorhanden ist) und sie zu Gnaden aufnimmt, der tut besser, als wenn er dem strengen Rechten nachgeht, dass er sie von sich jagt und verstößt.]

Führt: Also dass es ein gutes Ansehen hatte, die Ehe werde von neuem wieder ganz werden.

Empfing: Mit großen Freuden, weil er gespürt, dass in seinem Tochtermann die eheliche Liebe nicht allerdings gegen sein Weib verloschen: So begehrte er auch nichts lieber, denn dass er seine Tochter ihm, als ihrem Ehemann, wiederum zustellen möchte.

4. Und sein Schwager, der Dirne Vater, hielt ihn, dass er drei Tage bei ihm blieb; aßen und tranken und blieben des Nachts da.

Aßen: Denn die Eheleute waren miteinander wiederum versöhnt, darüber die Eltern besonders fröhlich waren und sich von Herzen freuten.

5. Des vierten Tages machten sie sich des Morgens frühe auf; und er stand auf und wollte ziehen. Da sprach der Dirne Vater zu seinem Schwiegersohn: Labe dein Herz zuvor mit einem Bissen Brot, danach sollt ihr ziehen.

Ziehen: Nämlich der Levit, dass er mit seinem Weibe wieder heimkäme.

Sprach: Nämlich mit ganz freundlichen Worten, als der einen lieben Gast hatte, den er ganz ungern von sich ließ.

6. Und sie setzen sich und aßen beide miteinander und tranken. Da sprach der Dirne Vater zu dem man: Lieber, bleib über Nacht und lass dein Herz guter Dinge sein.

7. Da aber der Mann aufstand und wollte ziehen, nötigte ihn sein Schwager, dass er über Nacht da blieb.

8. Des Morgens am fünften Tage machte er sich früh auf und wollte ziehen. Da sprach der Dirne Vater: Lieber, labe dein Herz und lass uns verziehen, bis sich der Tag neigt. Und aßen also die beiden miteinander.

Labe: Nimm zuvor Speise zu dir.

Neigt: Bis nach Mittag.

Aßen: Also dass sich das Morgenessen so lange verzog, bis der Tag meistenteils vorüber war. [Es ist aber darum die vorgenommene Reise nichts desto glücklicher vonstattengegangen, dass sie fast zwei ganze Tage mit Wohlleben zubringen und der Weg fertig ist, nicht fortzieht. Denn obwohl ehrliche Gastmahle und Freudenmahle unserem Herrn Gott nicht zuwider sind, so soll man doch auch in dergleichen Sachen ein Maß halten: Und tun die übel, welche die Reisenden und wegfertigen Leute über die Zeit aufhalten: Noch viel Ärger aber, welche sie mit Trinken überladen und hindern: Am allerärgsten aber, die ihre Gäste fortschicken, wenn sie dieselben mit Wein überfüllt haben, dass sie weder gehen noch stehen oder sitzen können: Denn es die Erfahrung geben, wie übel es etlichen darüber ergangen ist.]

9. Und der Mann machte sich auf und wollte ziehen mit seinem Kebsweibe und mit seinem Knaben. Aber sein Schwager, der Dirne Vater, sprach zu ihm: Siehe, der Tag lässt ab und es will Abend werden; bleib über Nacht. Siehe, hier ist Herberge noch diesen Tag; bleib hier über Nacht und lass dein Herz guter Dinge sein; morgen so steht ihr früh auf und zieht eures Weges zu deiner Hütte.

Abend: Du wirst heute nicht weit reisen können, weil der Tag meistenteils vorüber ist.

Tag: Das ist: Ich kann dich heute auch noch aushalten und bin darum nicht verdorben.

10. Aber der Mann wollte nicht über Nacht bleiben, sondern machte sich auf und zog hin und kam bis vor Jebus, das ist, Jerusalem und sein Paar Esel beladen und sein Kebsweib mit ihm.

Wollte nicht: [Denn wir sollen der Leute Gutwilligkeit nicht missbrauchen und ist es eine feine Höflichkeit, dass man nicht ganz zu lange an einem Ort bleibt. Weil das Sprichwort lautet: Ein Gast über drei Tage ist eine Last.]

Jerusalem: Wie sie nämlich später von den Israeliten, da sie dieselbe einbekommen, genannt wurde.

11. Da sie nun bei Jebus kamen, fiel der Tag fast dahin. Und der Knabe sprach zu seinem Herrn: Lieber, zieh und lass uns in diese Stadt der Jebusiter einkehren und über Nacht darin bleiben.

Fiel: Das ist: Es fing an Abend zu werden.

Einkehren: Denn du siehst, dass die Sonne untergehen will. [Dies wäre ein sehr guter und heilsamer Rat gewesen, ob ihn gleich der Knecht gegeben, wenn ihm nur der Herr gefolgt hätte. Denn es kann auch bisweilen ein einfältiger Mann einen weisen Rat geben.]

12. Aber sein Herr sprach zu ihm: Wir wollen nicht in der fremden Stadt einkehren, die nicht sind von den Kindern Israel, sondern wollen hinüber gen Gibea.

Fremden: Denn es wohnten die Jebusiter damals noch darin.

Gibea: In welcher Stadt unsere Landsleute, die Israeliten, wohnen.

13. Und sprach zu seinem Knaben: Gehe fort, dass wir hinzukommen an einen Ort und über Nacht zu Gibea oder zu Rama bleiben.

Ort: Da die Israeliten innen wohnen. [Es meidet aber der Levit die Heiden, damit er keiner Gefahr zu besorgen hat, und gerät bald darauf bei seinen Mitbrüdern und Glaubensgenossen unter die ärgsten Buben. Also geschieht es, dass wir oft dieselben fliehen, von denen wir nichts Böses erwarten und unsere Zuflucht bei denen suchen, die uns in Verderben stürzen. Darum sollen wir Gott bitten, dass er unser Tun und Anschläge zum guten Ende richten wolle.]

14. Und sie zogen fort und wandelten und die Sonne ging ihnen unter hart bei Gibea, die da liegt unter Benjamin.

15. Und sie kehrten dort ein, dass sie hineinkämen und über Nacht zu Gibea blieben. Da er aber hineinkam, setzte er sich in der Stadt Gasse; denn es war niemand, der sie die Nacht im Hause herbergen wollte.

Niemand: Dies ist eine große Unfreundlichkeit der Benjamiter gewesen, dass ihrer keiner einen fremden Menschen hat wollen in sein Haus nehmen. Denn vorzeiten waren bei den Juden in den Städten und Dörfern nicht öffentliche Wirtshäuser, da ein jeder um seinen Pfennig zehren und einkehren konnte: Sondern die Bürger pflegten die Fremden zur Herberge aufzunehmen, besonders die, so es nach Gelegenheit ihrer Güter und Behausungen tun konnten. [Ob nun wohl heutigentags bei uns ein jeder, wer Lust dazu hat, in die Wirtshäuser nach seiner Gelegenheit einkehren kann: So sollen wir doch gegen den Armen und besonders gegen den Vertriebenen, welche im Elend herum ziehen, wie auch gegen anderen Vorhaben Leuten uns gastfrei und wohltätig erzeigen, nachdem es unser Vermögen leiden mag.]

16. Und siehe, da kam ein alter Mann von seiner Arbeit vom Felde am Abend; und er war auch vom Gebirge Ephraim und ein Fremdling zu Gibea; aber die Leute des Orts waren Kinder Jemini.

Jemini: Aus dem Stamm Benjamin.

17. Und da er seine Augen aufhob und sah den Gast auf der Gasse, sprach er zu ihm: Wo willst du hin? Und wo kommst du her?

Gast: Das ist: Er sah, dass es ein fremder Mann war und von anderen Orten dahin gekommen war.

18. Er aber antwortete ihm: Wir reisen von Bethlehem-Juda, bis wir kommen an die Seite des Gebirges Ephraim, daher ich bin; und bin gen Bethlehem-Juda gezogen und ziehe jetzt zum Hause des Herrn und niemand will mich herbergen.

Hause: Denn die Stadt Silo, da die Hütte des Stifts zur selben Zeit war, lag unten an dem Gebirge Ephraim.

19. Wir haben Stroh und Futter für unsere Esel und Brot und Wein für mich und deine Magd und für den Knaben, der mit deinem Knechte ist, dass uns nichts gebricht.

Futter: Dass wir niemand mit der Speise begehren überlästig zu sein.

20. Der alte Mann sprach: Friede sei mit dir! Alles, was dir mangelt, findest du bei mir; bleibe nur nicht über Nacht auf der Gasse!

Friede: Das ist: Sei zufrieden und sorge nicht für die Herberge.

21. Und führte ihn in sein Haus und gab den Eseln Futter; und sie wuschen ihre Füße und aßen und tranken.

Füße: Die Alten hielten auf eine andere Weise ihre Mahlzeiten als wir, denn sie lagen beim Essen, darum pflegten sie die Füße zu waschen, damit keiner dem anderen mit dem Gestank eine Unlust machte. [Und sieht man hier, dass der alte Mann, welcher am selben Ort ein Fremdling war, freundlich sich erzeigt und freigebiger ist als alle Bürger, die in Gibea geboren und erzogen sind. Denn es pflegen solche Leute, die nie hinauskommen, gewöhnlich unhöflicher und unfreundlicher zu sein als andere, die etwas gesehen und erfahren haben.]

22. Und da ihr Herz nun guter Dinge war, siehe, da kamen die Leute der Stadt, böse Buben und umgaben das Haus und pochten an die Tür und sprachen zu dem alten Manne, dem Hauswirt: Bringe den Mann heraus, der in dein Haus gekommen ist, dass wir ihn erkennen {1Mos 19v5}!

Guter Dinge: Dass sie miteinander fröhlich waren und an kein Leid gedachten, siehe, da schleicht das Unglück mit Haufen herein. Also ganz unbeständig ist das Glück in diesem zeitlichen Leben.

Buben: Das ist: Teufelskinder, denn also werden sie {2Kor 6}. genannt. Dieselben richten ein großes Unglück an, wie später folgen wird und sind die vornehmsten Bürger in der Stadt gewesen, wie das folgende Kapitel ausweist, in dem sie Herren der Stadt genannt werden.

Hauswirt: Welcher aus ungefärbter Liebe mit einer besonderen Freundlichkeit die fremden Leute zur Herberge aufnahm.

Erkennen: Das ist: Sie begehrten schändliche und abscheuliche Unzucht wider die Natur mit ihm zu treiben. [Ist aber wohl zu verwundern, dass im Volk Gottes Leute gefunden wurden, die solche Übeltat und gräuliches Laster zu begehen sich öffentlich und ohne Scheu vornehmen, welches bei ehrlichen Leuten nicht mag genannt werden.]

23. Aber der Mann, der Hauswirt, ging zu ihnen heraus und sprach zu ihnen: Nicht, meine Brüder, tut nicht so übel, nachdem dieser Mann in mein Haus gekommen ist; tut nicht eine solche Torheit!

Haus: Darum soll ich ihn richtig niemands Gewalt oder Mutwillen übergeben. [Denn es steht einem Hausvater zu, dass er seinen Gast schütze und nicht verrate.]

Torheit: Also nennt er das abscheuliche Laster, das sie zu tun im Sinn hatten. [Denn wenn die Schrift von einem Narren redet, so versteht sie einen Gottlosen, lasterhaften und bösen Menschen, der Gott nicht erkennt, noch fürchtet: Wie in den Sprüchen Salomonis besonders zu sehen ist.]

24. Siehe, ich habe eine Tochter, noch eine Jungfrau und dieser ein Kebsweib; die will ich euch herausbringen, die mögt ihr zuschanden machen und tut mit ihnen, was euch gefällt; aber an diesem Manne tut nicht eine solche Torheit!

zuschanden: Als wollte er sprechen: Sofern ich diesen Mann auf keinen anderen Weg bei Ehren erhalten kann, so will ich viel eher zulassen, dass ihr meine Tochter und dieses Mannes Kebsweib schändet und hurt, als dass ihr eine solche gräuliche Tat begeht. Es heißt sie aber darum der gute fromme Alte nicht, dass sie sollen Hurerei treiben, sondern er erbietet sich, das weniger und geringere Übel zu dulden, damit ein größeres und ärgeres verhütet würde, weil ja eines von den beiden sein musste, und hat ihn die große Furcht und Gefahr zu solchem Vorschlag verursacht, darum er für entschuldigt zu halten ist.

25. Aber die Leute wollten ihm nicht gehorchen. Da fasste der Mann sein Kebsweib und brachte sie zu ihnen hinaus. Die erkannten sie und zerarbeiteten sich die ganze Nacht bis an den Morgen; und da die Morgenröte anbrach, ließen sie sie gehen.

Gehorchen: Sondern forderten den levitischen Mann zur Unzucht.

Mann: Nämlich der Levit, weil er über die gottlosen Leute und grausame Wüterei heftig erschrocken und kein anderes Mittel zu finden wusste, ihren Mutwillen zu stillen.

Erkannten: Das ist: Sie trieben Unzucht mit ihr.

26. Da kam das Weib hart vor morgens und fiel nieder vor der Tür am Hause des Mannes, da ihr Herr innen war und lag da, bis es licht wurde.

Fiel: Und ist tot geblieben. [Durch solchen abscheulichen Tod hat Gott des Weibes vorige Unzucht und begangenen Ehebruch gestraft. Und geschieht es oft, dass, welche der Unzucht nachhängen, solche Krankheiten daher bekommen, daran sie jämmerlich und elendig sterben müssen und ein abscheuliches Ende nehmen: Auf dass, welche mit Unzucht gesündigt, von der Unzucht erwürgt werden.]

27. Da nun ihr Herr des Morgens aufstand und die Tür auftat am Hause und herausging, dass er seines Weges zöge, siehe, da lag sein Kebsweib vor der Tor des Hauses und ihre Hände auf der Schwelle.

Zöge: Damit er heim in sein Haus käme.

28. Er aber sprach zu ihr: Stehe auf, lass uns ziehen! Aber sie antwortete nicht. Da nahm er sie auf den Esel, machte sich auf und zog an seinen Ort.

Sprach: Weil er meinte, dass sie schliefe.

Ziehen: Auf dass wir unsere vorgenommene Reise vollbringen.

Nahm: Als er nämlich merkte, dass sie gestorben wäre.

29. Als er nun heimkam, nahm er ein Messer und fasste sein Kebsweib und stockte sie mit Bein und mit allem in zwölf Stücke und sandte sie in alle Grenzen Israels.

Sie: Nämlich die zwölf Stücke.

Grenze: Das ist: Er hat einem jeglichen Stamm ein Stück zugeschickt und zugleich durch den Boten, der das Stück getragen, verkündigen lassen, was für ein großes Bubenstück die Benjamiter begingen: Auf dass die Israeliten durch Erzählung einer so abscheulichen Tat und Anschauung des gestümmelten Körpers zur gerechten Rache bewegt und gereizt würden. Obwohl nun dieser Levit also zu dem nachfolgenden großen Kriege Anlass und Ursache gab, indem, dass er die Obrigkeit um Rache anschrie: So hat er doch damit nicht gesündigt. Denn es hat dich nicht gebühren wollen, solche schändliche Tat zu verschweigen, sondern hat recht daran getan, dass er angehalten, damit die teuflischen gottlosen Leute zur gerechten Strafe gezogen würden.

30. Wer das sah, der sprach: Solches ist nicht geschehen noch gesehen, seit der Zeit die Kinder Israel aus Ägyptenland gezogen sind, bis auf diesen Tag. Nun bedenkt euch über dem und gebt Rat und sagt an!

Bedenkt: Das ist: Erwägt den Handel wohl, was dies für eine gräuliche Tat sei.

Rat: Wie sie zu strafen sei.

Sagt: Was man tun soll. [Und ist dieser Eifer an den Israeliten zu loben gewesen, dass sie über solcher gräulichen Tat sich entsetzt haben. Denn welche über der Anhörung schrecklicher Taten sich nicht bewegen lassen, sondern noch wohl dazu lachen, die geben damit ihr gottloses und leichtfertiges Gemüt zu verstehen.]


Das 20. Kapitel

  • Die Israeliten halten einen Reichstag und beratschlagen sich, welchergestalt der Benjamiter Bubenstück zu strafen sei. v. 1.
  • Schicken doch erstlich ihre Gesandten zu ihnen und lassen die Schuldigen zur Strafe fordern. v. 11.
  • Aber die Benjamiter setzen sich dagegen und greifen zur Wehr, als die zum Kriege mit tapferen Leuten und Rüstungen wohl versehen waren. v. 13.
  • Und werden die Israeliten von den Benjamitern in zwei Schlachten überwunden, weil sie ihr Vertrauen nicht auf Gott setzten, sondern sich auf ihre gute Sache und eigene Kräfte verließen. v. 19.
  • Aber zum dritten Mal schlagen sie die Benjamiter mit der Hilfe Gottes und vertilgen sie alle, nur sechshundert Jünglinge ausgenommen, verbrennen auch ihre Städte und Flecken. v. 26.

1. Da zogen die Kinder Israel aus und versammelten sich zuhauf wie ein Mann, von Dan bis gen Berseba und vom Lande Gilead, zu dem Herrn gen Mizpa.

Berseba: Welche beide Orte die äußerste Grenze des Landes Kanaan war.

Gilead: Das ist: Auch dieselben Israeliten, so über den Jordan im Lande Gilead wohnten, nämlich der Stamm Ruben und Gad und der halbe Stamm Manasse, sind dazugekommen.

Herrn: Denn was in den allgemeinen Reichsversammlungen gehandelt wird, das heißt vor dem Herrn gehandelt und getan. [Denn Gott steht in seiner Gemeinde {Ps 82}. und ist bei ihren Handlungen, darum sollten sie ihre Ratschläge zur Ehre Gottes und der Kirche Nutzen richten.]

Mizpa: Dass sie darin eine allgemeine Reichsversammlung hielten, welche darauf angesehen war, dass sie erstlich über die Tat und Strafe der Benjamiter beratschlagten und nach gehabtem Rat bald zur Vollstreckung desselben schritten, welches alles beides recht und wohlgetan war. [Denn in einer hohen und großwichtigen Sache nichts Freventliches, oder auch von wenigen etwas soll vorgenommen werden. Und wenn die Sache genügend beratschlagt und erwogen ist, so soll man sie schleunig ins Werk richten, damit nicht die gute Gelegenheit, eine Sache zu vollführen, von Händen gelassen werde. Dass aber diese Ratschläge zuerst übel ausgeschlagen, ist eine andere Ursache dazwischenkommen, davon wir an seinem Ort hören wollen.]

2. Und traten zuhauf die Obersten des ganzen Volkes aller Stämme Israels in der Gemeinde Gottes, vierhunderttausend Mann zu Fuß, die das Schwert auszogen.

3. Aber die Kinder Benjamin hörten, dass die Kinder Israel hinauf gen Mizpa gezogen waren. Und die Kinder Israel sprachen: Sagt, wie ist das Übel zugegangen?

Hörten: Und weil sie sich selbst nichts Gutes bewusst waren, konnten sie die Ursache solcher Versammlung leicht erraten. Darum wäre es Zeit gewesen, wenn sie nur ein wenig Verstandes und Frömmigkeit bei sich gehabt, dass sie durch ihre Gesandten sich entschuldigen lassen und welche an der Tat schuldig, zur Strafe überliefert hätten: Aber deren keines geschieht. [Denn nach begangenen bösen Stücken erfolgen allerlei Missgriffe in Ratschlägen.]

Sprachen: Zu dem Leviten und fragten ihn vor der ganzen Versammlung.

Sagt: Erzählt die Sache eigentlich und ordentlich, wie es damit beschaffen war?

4. Da antwortete der Levit, des Weibes Mann, die erwürgt war und sprach: Ich kam gen Gibea in Benjamin mit meinem Kebsweibe, über Nacht dazubleiben.

Gibea: Welche Stadt im Stamm Benjamin liegt.

5. Da machten sich wider mich auf die Bürger zu Gibea und umgaben mich im Hause des Nachts und gedachten mich zu erwürgen; und haben mein Kebsweib geschändet, dass sie gestorben ist.

Bürger: Nämlich die Vornehmsten und Stadt-Ratsherren.

Erwürgen: Sofern ich mich nicht zu ihren teuflischen Mutwillen ihnen übergebe.

Kebsweib: So ich aus Not gedrungen ihnen ausgeben müsse, weil ich kein anderes Mittel finden konnte, damit ich meine eigene Ehre rettete, als das ich ihnen mein Weib darböte.

6. Da fasste ich mein Kebsweib und zerstückte sie und sandte es in alle Felder des Erbes Israels; denn sie haben einen Mutwillen und Torheit getan in Israel.

7. Siehe, da seid ihr Kinder Israel alle; schafft euch Rat und tut hierzu!

Tut: Lasst das Recht gehen wider die, so es verschuldet haben. [Denn es ist einem jeden gemeinen Mann zugelassen, dass er der Obrigkeit Hilfe wohl anrufen mag, eine Übeltat zu rächen.]

8. Da machte sich alles Volk auf wie ein Mann und sprach: Es soll niemand in seine Hütte gehen noch in sein Haus kehren,

Gehen: Nämlich bis zuvor die schreckliche Tat aufs ernstlichste gerächt ist.

9. sondern das wollen wir jetzt tun wider Gibea:

10. lasst uns losen und nehmen zehn Mann von hundert und hundert von tausend und tausend von zehntausend aus allen Stämmen Israels, dass sie Speise nehmen für das Volk, dass sie kommen und tun mit Gibea-Benjamin nach all ihrer Torheit, die sie in Israel getan haben.

Speise: Das ist: Man soll den zehnten Mann durch das Los aus dem ganzen Heer absondern, welche dazu abgeordnet werden, dass sie das ganze Kriegsheer mit Proviant versehen und versorgen. [Dies ist nicht unweislich beratschlagt gewesen, damit dem Volk Vorrat verschafft würde, bis zum Ende des Kriegs.]

Sie kommen: Nämlich die anderen Israeliten.

11. Also versammelten sich zu der Stadt alle Männer Israels wie ein Mann und verbanden sich.

Verbanden: Nämlich die Übeltat zu rächen. [Welches auch nicht Unrecht gewesen, dass sie mit der Strafe fortzufahren gleich gesinnt sind.]

12. Und die Stämme Israels sandten Männer zu allen Geschlechtern Benjamins und ließen ihnen sagen: Was ist das für eine Bosheit, die bei euch geschehen ist?

Sandten: Ehe dass sie mit Gewalt fahren und sich mit ihrem Kriegsvolk vor die Stadt legen, wollen sie zuvor die Sache in der Güte versuchen, ob etwas möchte zu erhalten sein, damit größeres Unglück verhütet würde.

Bosheit: Dass nämlich eure Mitbrüder aus eurem Stamme sich unterstehen dürfen, einen Mann zur abscheulichen Unzucht wider die Natur herauszufordern und da ihnen solches abgeschlagen wurde, sein Kebsweib zu schänden, dass sie sterben musste?

13. So gebt nun her die Männer, die bösen Buben zu Gibea, dass wir sie töten und das Übel aus Israel tun. Aber die Kinder Benjamin wollten nicht gehorchen der Stimme ihrer Brüder, der Kinder Israel,

Tun: Damit durch solcher boshafter Leute Hinrichtung das Land Israel von einer abscheulichen Sünde gereinigt und gesäubert werde und Gott der Herr nicht, wo solcher Gräuel ungestraft bliebe, eine Strafe über das ganze Land schicke. [Dies ist auch recht und weislich gehandelt, dass sie Gesandten abgefertigt und die Übeltäter zur Strafe gefordert haben und nicht begehrt die Unschuldigen samt den Schuldigen aufzureiben. Aber indem tun sie der Sachen zu viel, dass sie all ihr Vertrauen stellen auf ihre gute Sache und sich auf ihre große Macht verlassen, deswegen sie weder Rat noch Hilfe von Gott begehrten und wollen den Sieg nicht von ihm allein gewärtig sein, sondern meinen, sie sind für sich selber stark genug, dass sie die Benjamiter schlagen können: Solcher Übermut ist in den zwei ersten Schlachten von Gott sehr hart gestraft worden, wie wir bald hören werden.]

Gehorchen: Die Benjamiter hätten einem großen Übel leicht können zuvorkommen, wenn sie die Schuldigen überliefert und nicht halsstarrig oder übermütig gewesen wären: Aber sie lassen sich weder raten noch helfen. [Und ist es zwar nichts Seltsames, dass einer irrt, aber wenn man nicht folgen will, da man uns zum Guten anweist, das bringt einen ins Verderben.]

14. sondern sie versammelten sich aus den Städten gen Gibea, auszuziehen in den Streit wider die Kinder Israel.

Gibea: Dass sie ihnen beistünden. [Machen sich also einer fremden Schuld teilhaftig indem, dass sie zur Wehr greifen und die lasterhaften Leute zu schützen begehren. Denn wer in eine Übeltat bewilligt oder dieselbe verteidigt, der ist ebenso gut als der andere, der sie getan hat: Wie man sagt, der Hehler ist so gut als der Stehler.]

15. Und wurden des Tages gezählt die Kinder Benjamin aus den Städten sechsundzwanzigtausend Mann, die das Schwert auszogen, ohne die Bürger zu Gibea, deren wurden siebenhundert gezählt, auserlesene Männer.

Auszogen: Und zum Krieg tauglich waren.

16. Und unter all diesem Volk waren siebenhundert Mann auserlesen, die link waren und konnten mit der Schleuder ein Haar treffen, dass sie nicht fehlten.

Link: Welche Leute gewöhnlich fertiger und behänder als andere Leute, wie die Erfahrung bezeugt.

Fehlten: Das ist: Sie waren die allerbesten und erfahrensten Schleuderwerfer. Mit solchem Kriegsvolk meinten die Benjamiter, dass sie unüberwindlich wären.

17. Aber derer von Israel (ohne die von Benjamin) wurden gezählt vierhunderttausend Mann, die das Schwert führten und alle streitbare Männer.

Benjamin: Welche damals ihre Feinde waren.

Tausend: Hier sieht man, wie zwei gewaltige Kriegsheere aus einem Volk wider einander zu Felde ziehen. Und ist dies ein innerlicher und sehr schädlicher Krieg im Volk Gottes gewesen. [Dass deswegen die Christen bisweilen auch mit innerlichen Kriegen und Zwietracht, es sei gleich in der Kirche, im weltlichen Stande oder im Hausregiment geplagt werden, ist zwar nicht so große Wunder, aber dennoch zu bejammern: Und wird der Teil, welcher eines solchen üblen Stifters und Anfänger ist, einmal Gott schwere Rechenschaft davor geben müssen.]

18. Die machten sich auf und zogen hinauf zum Hause Gottes; und fragten Gott und sprachen: Wer soll vor uns hinaufziehen, den Streit anzufachen mit den Kindern Benjamin? Der Herr sprach: Juda soll anfangen.

Hause: Das ist: Zu der Hütte des Stifts, in Silo, wie im folgenden letzten Kapitel dieses Buches gemeldet wird.

Fragten: Durch den Hohepriester, welcher damals Pinehas, Aarons Enkel oder Neffe war, wie aus dem Folgenden zu sehen ist.

Wer: Das ist: Welcher Stamm soll vorne an der Spitze ziehen. Und soll man hier das wohl in achtnehmen, dass sie nicht fragen, ob sie sollen in den Streit ziehen, viel weniger begehren zu erfahren, ob ihnen Gott den Sieg geben wolle, wie sie auch nicht um Erlangung desselben bitten oder anhalten, darum ist kein Wunder, dass sie zweimal in die Flucht geschlagen wurden. So heißt sie auch Gott nicht hinaufziehen, ob er sich wohl vorgenommen hatte, die Benjamiter in diesem Kriege endlich zu strafen, und verheißt ihnen nicht, dass er ihnen wolle Sieg geben, weil sie nicht darum baten.

Nach Luther: Sie bitten den Sieg nicht von Gott, sondern verlassen sich auf ihre Macht und gerechte Sache, weil es die Benjamiter so arg gemacht hatten.

Juda: Als wollte er sprechen: Da ihr je streiten wolltet, so soll der Stamm Juda die Feinde zuerst anfallen, weil derselbe Stamm vor langen Zeiten zur Herrschaft bestimmt wurde {1Mos 49}.

19. Also machten sich die Kinder Israel des Morgens auf und lagerten sich vor Gibea.

20. Und ein jedermann von Israel ging heraus, zu streiten mit Benjamin und schickten sich, zu streiten wider Gibea.

21. Da fielen die Kinder Benjamin heraus aus Gibea und schlugen des Tages unter Israel zweiundzwanzigtausend zu Boden.

Fielen: Das ist: Sie haben sich keck herausgewagt und den Israeliten eine Schlacht geliefert.

Schlugen: Dass die Benjamiter eine ganz unbillige Sache gehandhabt und bestritten, ist unleugbar und erhalten dennoch auf diesmal den Sieg. [Darum soll man von der Sache nicht, nachdem sie hinaus geführt wird, urteilen, ob sie böse oder gut sei.]

22. Aber das Volk, der Mann von Israel, ermannte sich und rüsteten sich, noch weiter zu streiten am selben Ort, da sie sich des vorigen Tages gerüstet hatten.

Streiten: Nämlich wider die Benjamiter, ob sie wohl eine große Niederlage erlitten.

23. Und die Kinder Israel zogen hinauf und weinten vor dem Herrn bis an den Abend; und fragten den Herrn und sprachen: Sollen wir mehr nahen, zu streiten mit den Kindern Benjamin, unseren Brüdern? Der Herr sprach: Zieht hinauf zu ihnen!

Zogen: Aus dem Folgenden, da, nachdem sie zum anderen Mal die Schlacht verloren gesagt wird, dass alle Israeliten gen Silo gezogen, ist zu lesen ist, dass zu diesem Mal nicht alles Kriegsvolk, sondern etliche aus dem Haufen dazu erwählt wurden die in der anderen aller Namen hingezogen sind und Gott um Rat gefragt haben.

Weinten: Nämlich von wegen der großen Niederlage, die sie empfangen hatten.

Sollen: Da hörte man noch nichts davon, dass sie um den Sieg hätten angehalten, sondern, als ob es bei ihnen stünde, die Feinde zu überwinden, fragen sie nur, ob sie streiten dürfen, nicht, ob sie überwinden würden.

Zieht: Gott antwortet also, dass er ihnen den Sieg nicht verheißt, sondern nur allein zulässt, dass sie mögen hinaufziehen und streiten, wenn sie wollen: Denn er sah wohl, dass sie noch nicht gedemütigt waren, weil sie weder um Hilfe noch um den Sieg baten.

Nach Luther: Weil die Kinder Israel auch noch diesmal nicht um den Sieg dem Herrn bitten, so verheißt er ihnen auch den Sieg nicht.

24. Und da die Kinder Israel sich machten an die Kinder Benjamin des anderen Tages,

Machten: Und ihnen eine Schlacht anboten.

25. fielen die Benjaminiter heraus aus Gibea ihnen entgegen desselben Tages und schlugen von den Kindern Israel noch achtzehntausend zu Boden, die alle das Schwert führten.

Schlugen: [Sieht man deswegen hier, dass böse Leute und die, so eine böse Sache handhaben, eine Zeit lang Glück und Sieg haben, aber die Frommen sich nicht ärgern sollen {Ps 37 73}.]

26. Da zogen alle Kinder Israel hinauf und alles Volk und kamen zum Hause Gottes und weinten; und blieben dort vor dem Herrn und fasteten den Tag bis zum Abend; und opferten Brandopfer und Dankopfer vor dem Herrn.

Alle: Nämlich das ganze Heer.

Hause: Nämlich zu der Hütte des Stifts, die damals in Silo war.

Weinten: Nämlich über ihre Niederlage, die sie zum anderen Mal erlitten hatten.

Fasteten: Dass sie desto emsiger bitten könnten um Erhaltung des Sieges und sich desto mehr vor Gott demütigten. [Denn was rechte und nicht abergläubische Fasten sind, machen das Gebet desto inbrünstiger.]

Brandopfer: Zur Versöhnung ihrer Sünden, um deren Verzeihung sie demütig baten.

Dankopfer: Mit denen sie ihre Dankbarkeit gegen Gott erzeigten, von wegen, dass sie nicht alle umgekommen und bis aufs Haupt erlegt wurden, sondern ein gutes Teil unbeschädigt davon entronnen. [Denn die Widerwärtigkeit leitet und führt die Auserwählten zur wahren Buße.]

27. Und die Kinder Israel fragten den Herrn (es war aber dort die Lade des Bundes Gottes zu der selbigen Zeit),

Fragten: Von ihren Zustand, ob sie weiter streiten sollten und er ihnen endlich den Sieg verleihen wollte.

28. und Pinehas, der Sohn Eleasars, Aarons Sohn, stand vor ihm zu der selbigen Zeit, und sprachen: Sollen wir mehr ausziehen, zu streiten mit den Kindern Benjamin, unseren Brüdern, oder soll ich ablassen? Der Herr sprach: Zieht hinauf; morgen will ich sie in eure Hände geben.

Stand: Das ist: Er verwaltete damals das Amt eines Hohepriesters in der Hütte des Stifts.

Sollen: Denn wir wollen dir unserem Herrn Gott gehorchen und tun, was dir gefällt.

Nach Luther: Ich, spricht Gott, will es tun: Bisher habt ihr es tun wollen, aber es heißt ich, nicht ihr.

Geben: Dass ihr sie überwinden sollt. Und hat es euch zwar bisher nicht an euren Mut und Stärke gemangelt, sondern an einer wahren Demut und Erkenntnis eurer Sünden. Denn ihr habt eure Brüder mit so großer Vermessenheit angefallen, als ob ihr allerdings ohne Sünde wäret und nie kein Wasser betrübt hättet und als ob es an großer Macht und Menge genug wäre zur Erhaltung des Sieges. Jetzt aber, weil ihr euch demütigt, will ich euch beistehen und den Sieg verleihen. [Denn gleichwie Gott den Hoffärtigen widerstrebt, also nimmt er sich ihrer wiederum mit Gnaden an, wenn sie sich demütigen. Und solange wir die Werke unseres Berufes nicht aus Glauben (der sich auf die Verheißung Gottes gründet) anfangen und angreifen, dürfen wir uns keines glücklichen Fortgangs versehen.]

29. Und die Kinder Israel bestellten einen Hinterhalt auf Gibea umher.

Hinterhalt: [Denn die vorhergehenden widerwärtigen Zufälle machen uns nicht allein frömmer, sondern auch vorsichtiger und behutsamer.]

30. Und zogen also die Kinder Israel hinauf des dritten Tages an die Kinder Benjamin und rüsteten sich an Gibea wie zuvor zweimal.

Tages: Nämlich von der Zeit an, da sie von der Belagerung der Stadt Gibea abgezogen waren.

31. Da fuhren die Kinder Benjamin heraus dem Volk entgegen und rissen sich von der Stadt und fingen an zu schlagen und zu verwunden vom Volk, wie zuvor zweimal, im Felde auf zwei Straßen, deren eine gen Bethel, die andere gen Gibea geht, bei dreißig Mann in Israel.

Volk: Nämlich den anderen Israelitern, ihren Feinden.

Straßen: Darauf sie den Israelitern nachsetzten, welche sich stellten, als ob sie abermals flöhen.

32. Da gedachten die Kinder Benjamin: Sie sind geschlagen vor uns, wie vorhin. Aber die Kinder Israel sprachen: Lasst uns fliehen, dass wir sie von der Stadt reißen auf die Straße.

Vorhin: Da wir sie zweimal in die Flucht getrieben haben.

Straßen: Dass wir sie im freien Felde umringen und erwürgen können und die Stadt unterdes von denen, welchen es befohlen, eingenommen werde, die danach denen, so wieder in die Stadt fliehen wollen, den Weg verlaufen.

33. Da machten sich auf alle Männer von Israel von ihrem Ort und rüsteten sich zu Baal-Thamar. Und der Hinterhalt Israels brach hervor an seinem Ort von der Höhle Gaba.

Alle: Welche nicht in dem Haufen waren, die den Streit angefangen hatten.

Höhle: Da sie einen gelegenen Ort gehabt, dass sie sich in großer Anzahl hatten können verborgen halten.

34. Und kamen gen Gibea zehntausend Mann, auserlesen aus ganzem Israel, dass der Streit hart wurde; sie wussten aber nicht, dass sie das Unglück treffen würde.

Mann: Welche der Stadt zueilten, dieselbe einzunehmen, wie sie auch taten und nachdem sie die in ihren Gewalt gebracht, haben sie bald Feuer eingeworfen und die Stadt angezündet. Da nun der Rauch in die Höhe stieg, haben die anderen Israeliten gemerkt, dass die Stadt eingenommen und den Benjamitern der Weg verlegt wäre, damit sie nicht wieder in die Stadt fliehen könnten. Denn die im Hinterhalt gelegen waren, hatten den anderen Israeliten verheißen, dass sie ihnen ein solches Zeichen geben wollten, wie später ausführlicher Meldung hiervon geschieht. Da nun die Israeliten den Rauch sahen, stellten sie ihre angenommene Flucht bald ein und fallen die Benjamiter tapfer wiederum an.

Nicht: Darum sie eine Zeit lang tapferen Widerstand getan, hat aber nichts helfen wollen.

35. Also schlug der Herr Benjamin vor den Kindern Israel, dass die Kinder Israel auf den Tag verderbten fünfundzwanzigtausend und hundert Mann in Benjamin, die alle das Schwert führten.

Herr: Denn die Israeliten haben nicht durch ihre Macht überwunden, sondern Gott hat ihnen den Sieg gegeben.

Nach Luther: Der Herr schlug sie, nicht Israel, denn es heißt: Ehre sei Gott in der Höhe.

Führten: Die zum Krieg tauglich waren.

36. Denn da die Kinder Benjamin sahen, dass sie geschlagen waren, gaben ihnen die Männer Israel Raum; denn sie verließen sich auf den Hinterhalt, den sie bei Gibea bestellt hatten.

Denn: Was bisher von der Israeliten Sieg kürzlich angeregt wurde, das wird jetzt weitläufiger herausgestrichen und erklärt, wie es zugegangen, dass so viele Benjamiter erschlagen wurden.

Geschlagen: Und anfingen zu fliehen.

Raum: Weil sie wussten, dass sie ihnen nicht entgehen, noch in die Stadt wiederum kommen könnten, die von dem Hinterhalt bereits eingenommen war.

Hinterhalt: Denen die Feinde in die Hände geraten würden.

37. Und der Hinterhalt eilte auch und brach hervor zu Gibea zu; und zog sich hinten an und schlug die ganze Stadt mit der Schärfe des Schwertes.

Stadt: Nämlich alle Einwohner derselben, wie sie ihnen entgegen kamen, besonders aber was sich zur Wehr stellte.

38. Sie hatten aber eine Losung miteinander, die Männer von Israel und der Hinterhalt, mit dem Schwert über sie zu fallen, wenn der Rauch von der Stadt sich erhöbe.

Fallen: Das ist: Welche im Hinterhalt waren, hatten solchen Befehl empfangen, dass, wenn sie die Stadt gewonnen hätten, alsbald Feuer in die Häuser würfen, damit, wenn die Israeliten den Rauch würden sehen aufgehen, wider die Benjamiter sich tapfer zur Wehr stellten und mit Gewalt in sie setzten.

39. Da nun die Männer von Israel sich wandten im Streit und Benjamin anfing zu schlagen und verwundeten in Israel bei dreißig Mann und gedachten, sie sind vor uns geschlagen, wie im vorigen Streit,

Wandten: Nämlich von den Benjamitern abwärts, dass sie ihnen den Rücken kehrten und sich nicht anders stellten, als ob sie die Flucht begeben wollten, wie davon zuvor auch gemeldet.

Geschlagen: Sie haben die Schlacht verloren und ist aus mit ihnen.

40. da fing an sich zu erheben von der Stadt ein Rauch stracks über sich. Und Benjamin wandte sich hinter sich und siehe, da ging die Stadt ganz auf gen Himmel.

Rauch: Weil die Stadt bereits angezündet war und lichterloh brannte.

41. Und die Männer von Israel wandten sich auch um und erschreckten die Männer Benjamins; denn sie sahen, dass sie das Unglück treffen wollte;

Wandten: Nämlich gegen dem Feind und setzten tapfer in sie.

Sie: Nämlich die Benjamiter wurden allererst damals gewahr, wie übel es um sie stünde.

42. und wandten sich vor den Männern Israels auf den Weg zur Wüste. Aber der Streit folgte ihnen nach; dazu die von den Städten hineinkommen waren, die verderbten sie darin.

Folgt: d. i. Sie wurden in der Flucht, da sie zur Wüste sich gewandt hatten, erwürgt und waren nirgends sicher.

Städten: Nämlich aus den anderen Städten, dem Stamm Benjamin zugehörig.

Hinein: Nämlich in Gibea.

Sie: Nämlich die aus dem Hinterhalt hineingekommen waren und die Stadt gewonnen hatten, erschlugen in der Stadt Gibea allerlei allgemeines Personal, so aus den anderen Städten der Benjamiter, in diesem Kriege sich dahin begeben hatten.

43. Und sie umringten Benjamin und jagten ihm nach bis gen Menuah und zertraten sie bis vor Gibea, gegen der Sonne Aufgang.

Zutraten: Das ist: Sie schlugen sie zu Boden und zogen über die toten Körper hin.

Aufgang: Das ist: Auf der Seite der Stadt, die gegen Aufgang der Sonnen gelegen war, haben sie etliche erwischt und vor der Stadt erwürgt, also dass, da sie hin und wieder flohen, dennoch überall ertappt und erschlagen wurden und nicht wissen konnten, wohin sie sich wenden sollten, da sie möchten sicher sein.

44. Und es fielen von Benjamin achtzehntausend Mann, die alle streitbare Männer waren.

Fielen: Nämlich an dem Ort, da der Streit am heftigsten und größten war.

45. Da wandten sie sich und flohen zu der Wüste, an den Fels Rimmon; aber auf derselben Straße schlugen sie fünftausend Mann; und folgten ihnen hinten nach bis gen Gideom und schlugen ihrer zweitausend.

Wandten sie: Nämlich die übrigen von Benjamin.

Rimmon: An welchen Ort doch nur sechshundert Mann entronnen, wie bald später folgt.

man: Die den Fels Rimmon nicht erreichen konnten und in der Flucht aufgefangen wurden.

46. Und also fielen des Tages von Benjamin fünfundzwanzigtausend Mann, die das Schwert führten und alle streitbare Männer waren.

Führten: Das ist: Tapfere und männliche Kriegsleute. Es hat es aber der Schreiber an diesem Ort bei der größeren Anzahl bewenden lassen und gedenkt der hundert Benjamiter nicht, davon oben in diesem Kapitel gemeldet wurde, dass sie auch umgekommen sind. [Man sieht aber hier, wie bald sich das Glück gewendet hat: Darum sollen wir, wenn es gut geht, uns dessen nicht überheben und in Unglück nicht verzagen.]

47. Nur sechshundert Mann wandten sich und flohen zur Wüste zum Fels Rimmon; und blieben im Fels Rimmon vier Monden.

Blieben: Dass sie sich am selben Ort aufhielten, so gut sie konnten. Denn die Israeliten jagten ihnen nicht weiter nach und durften sie doch auch nicht wieder heimkommen.

48. Und die Männer Israels kamen wieder zu den Kindern Benjamin und schlugen mit der Schärfe des Schwertes die in der Stadt, beide Leute und Vieh und alles, was man fand; und alle Städte, die man fand, verbrannte man mit Feuer.

Kamen: Das ist: Sie kehrten wieder um, dass sie denen nicht mehr nachjagten, die zur Wüste flohen.

Schlugen: Was noch übergeblieben und nicht umgekommen war. [So grausame Wüterei treiben die Überwinder im Kriege, nach erhaltenem Sieg, darum sollen wir fleißig um den Frieden bitten.]

Fand: Denn es haben die Israeliten als siegreiche Überwinder alles erwürgt, was sie vom Stamm Benjamin gefunden und antrafen, Männer, Weiber, Jungfrauen, Knaben und kleine Kinder und ihr Land mit Brennen verwüstet, dass von dem ganzen Stamme nur die sechshundert Mann im Fels Rimmon übergeblieben sind. Denn sonst, wenn die Israeliten nicht alle Weiber und Kinder erwürgt hätten, so wäre des Ratschlags nicht vonnöten gewesen, den man später vorhaben müsse, davon im folgenden Kapitel steht. [Es hat aber Gott ein solches schreckliches Beispiel seines Zorns wider die Benjamiter wollen ergeben und sehen lassen, damit der ganzen Welt bekannt würde, wie ihm die Unzucht, Hurerei und Ehebruch so hoch zuwider sei. Danach hat er auch diejenigen lehren wollen, denen es in ihrer unrechten Sache eine Zeit lang gut geht, dass sie endlich mit großem Jammer überfallen und ins Verderben gestürzt werden und warnt jedermann, dass sich niemand fremder Sünden teilhaftig machen soll indem, dass er dieselbe verteidigen wollte, wo er anders nicht schreckliche schwere Strafen sich selber über den Hals laden will.]


Das 21. Kapitel

  • Die Israeliten beklagen und bejammern sich darüber, dass fast der ganze Stamm Benjamin aus ihrer Gemeinde vertilgt wurde. v. 1.
  • Und weil sie, von wegen des Gelübdes, damit sie sich vor der Schlacht gebunden hatten, den übrigen Benjamitern ihre Töchter nicht zu Weiber geben dürften. So erwürgen sie die Bürger zu Jabes in Gilead, welche dem Volk Gottes in der größten Gefahr ihre Hilfe entzogen hatten, bei denen sie 400 Jungfrauen finden, die sie so viel Benjamitern übergeben: Die übrigen zweihundert rauben ein jeder eine Jungfrau vom Reigen in Silo, dadurch also dieser Stamm erhalten und wieder aufgekommen ist. v. 10.

1. Die Männer aber Israels hatten zu Mizpa geschworen und gesagt: Niemand soll seine Tochter den Benjaminitern zum Weibe geben.

Mizpa: Nämlich auf dem Reiches- oder Landtag, den sie dieses Krieges wegen gehalten haben.

Niemand: Dieser Sachen ist zwar zuvor nicht gedacht worden, wird aber an diesem Ort noch zeitlich genug eingeführt. Sind darum die Israeliten wider die Benjamiter mit einem etwas unbedachtem Eifer also entzündet worden, dass sie den Benjamitern mit einem Eid alle Schwägerschaft abgekündet und versagt haben. Obwohl nun dieses Eides sonst nicht vonnöten gewesen wäre, weil Gott das im Gesetz geboten hatte, dass ein jeder (so viel möglich) aus seinem Stamm und aus keinem anderen ein Weib nehmen sollte, damit die Erbteile der Stämme nicht untereinander vermischt würden. Jedoch weil die Israeliten merkten, dass es geschehen könnte, dass die Not etliche von diesem Gesetz befreite (wie denn unter den Israelitern sich oft zugetragen) sind sie aus großem Zorn dahin bewegt worden, dass sie auch die Freiheit mit demselben Gesetz zu dispensieren, durch einen Eid sich selber abschnitten: Denn sie die Benjamiter nicht wert geachtet, dass sie ihre Schwäger sein sollten, weil sie so einer gräulichen Unzucht nachhingen, oder doch zum wenigsten die unzüchtigen Personen in ihren Schutz genommen hatten. Wie übel sie aber durch solchen Zorn ihnen selber vorgesehen, da von wegen dieses verdächtigen Gelübdes nicht viel gefehlt, dass der benjamitische Stamm allerdings zugrunde gegangen wäre, bezeugt der Israeliten folgendes klägliches und ängstiges vorbringe. [Darum sollen wir im Zorn nichts beschließen, weil derselbe auch in einer rechten und gerechten Sache nicht Maß halten kann.]

2. Und das Volk kam zu dem Hause Gottes und blieb da bis zu Abend vor Gott; und hoben auf ihre Stimme und weinten sehr

Hause: d. i. Zu der Hütte des Stifts in Silo. Da sie nämlich ihr Mütlein mit Würgen und Totschlages wohl erkühlt hatten und anstatt des Zorns und Grimms ein barmherziges Mitleiden bei ihnen einkehrte.

3. und sprachen: O Herr, Gott von Israel, warum ist das geschehen in Israel, dass heute eines Stammes von Israel weniger geworden ist?

Warum: Als wollte sie sagen: Ach was haben wir doch immer mehr gedacht und getan, dass wir fast einen ganzen Stamm aus unserem Volk vertilgt haben und noch dazu mit einem Eide uns gebunden, dass wir auch denen, so aus dieser Niederlage überbleiben sein, unsere Töchter nicht zu Weiber geben wollen, so dürfen sie unter der Kanaaniter Völker sich nicht verheiraten? Ist es deswegen um diesen Stamm geschehen, wo du nicht Herr Gott mit einer unverhofften Hilfe diesem Übel zuvorkommst. Wie haben wir doch so ganz ohne alle Barmherzigkeit wider unsere eigenen Mitbrüder und Geschlechtsverwandten grausame Wüterei getrieben? [Und sieht man hier, dass auch die Frommen bisweilen zu streng fahren und der Sachen zu viel tun, darum wir bitten sollen, vergib uns unsere Schuld.]

4. Des anderen Morgens machte sich das Volk frühe auf und baute da einen Altar und opferte Brandopfer und Dankopfer.

Baute: Ohne Zweifel aus einer besonderen Offenbarung Gottes, so ihnen vom Hohepriester angezeigt wurde. Denn sonst war es von Gott aufs allerernstlichste verboten, dass man auf keinen anderen Altar opfern dürfte außer dem, den er in der Wüste machen befehlen.

Brandopfer: Damit sie zugleich begehrten und baten, dass Gott ihnen ihre Sünde und besonders dieselbe, dass sie in diesem Kriege der Sachen zu viel getan und ganz zu grausam gewesen waren, verzeihen wollte, von wegen des Opfers des zukünftigen Messias.

Dankopfer: Zur Danksagung, dass sie endlich den Sieg in solchem gefährlichen Kriege erhalten.

5. Und die Kinder Israel sprachen: Wer ist irgend von den Stämmen Israels, der nicht mit der Gemeinde ist heraufgekommen zum Herrn? Denn es war ein großer Eid geschehen, dass, wer nicht hinaufkäme zum Herrn gen Mizpa, der sollte des Todes sterben.

Sprachen: Dass sie nach Verrichtung der Opfer angefangen zu beratschlagen, welchergestalt die übrigen Benjamiter Weiber bekommen möchten, die vom Geschlechter Israel wären und dennoch ihr Eid, den sie getan, nicht gebrochen würde. [Obwohl nun unbedachte Eide zu halten nicht vonnöten ist. Jedoch, da man einen Weg treffen kann, dass dem Eide nichts benommen werde und dennoch der Fehler mit dem Schwur mag verbessert werden, so ist es gut und dient zur Erhaltung der Ehre Gottes, damit nicht die Menschen, wenn sie ohne Unterschied die unbesonnenen Eidschwüre leicht aufheben, auch die rechtmäßigen anfangen zu verachten.]

Kommen: Das ist: Wer ist auf den Reichs- oder Landtag, den wir zu Mizpa gehalten, nicht erschienen? Denn ein solcher ist wert, dass er mit dem Tode gestraft werde, als der das Volk Gottes in einer sehr großen und hochwichtigen Sache, die wir wider die Benjamiter hatten, verlassen und verraten hat, da wir in Leibes und Gutes äußerster Gefahr standen.

Geschehen: Das ist: Als sie noch daheim gewesen und die Teile des zerstückelten Kebsweibs empfangen, haben sie geschworen, dass man den am Leben strafen soll, welcher zu der allgemeinen Versammlung auf den Reichstag in Mizpa nicht erscheinen würde. [Und ist es nicht unrichtig gewesen, dass dergleichen Leute dem Tode übergeben wurden. Denn welche in einem Aufstand und innerlichem Kriege des Volkes, unter dem sie wohnen, sich zu keiner Partei schlagen, die sind nach der weisen und verständigen Leute Urteil für Feinde zu halten. Also ist es auch mit denen beschaffen, welche in den vornehmsten Religionsstreitigkeiten zu keinem Teil sich bekennen wollen. Damit sie denn nichts anders zu verstehen geben, denn dass sie ganz keine Religion haben.]

6. Und es reute die Kinder Israel über Benjamin, ihre Brüder und sprachen: Heute ist ein Stamm von Israel abgebrochen.

Reute: Das sie fast alle Benjamiter vertilgt hatten.

7. Wie wollen wir ihnen tun, dass die übrigen Weiber kriegen? Denn wir haben geschworen bei dem Herrn, dass wir ihnen von unseren Töchtern nicht Weiber geben.

Tun: Als wollten sie sprechen: Wir müssen allerdings darauf bedacht sein, damit die Benjamiter, so noch übrig sind, nicht ohne Weiber gelassen werden, auf dass nicht der ganze Stamm untergehe. [Aus diesem Ort ist kund und offenbar, dass unter dem Volk Gottes die Heirat nicht gegolten noch zugelassen wurde, welche wider der Eltern Willen geschehen sind. Denn sonst hätten der Israeliten Töchter den Benjamitern ohne der Eltern Bewilligung freien können, da der Eltern Eid solchergestalt nicht wäre gebrochen worden.]

8. Und sprachen: Wer ist irgend von den Stämmen Israels, die nicht hinaufgekommen sind zum Herrn gen Mizpa? Und siehe, da war niemand gewesen im Lager der Gemeinde von Jabes in Gilead.

Mizpa: Auf den Reichstag, damit sie als Ungehorsame und Verräter des Vaterlands gestraft werden und wir ihre Töchter den übrigen Benjamitern zur Ehe geben können.

9. Denn sie zählten das Volk und siehe, da war kein Bürger da von Jabes in Gilead.

Da war: Nämlich auch noch zu derselben Zeit nicht, als das Volk Israel in Silo wieder zusammengekommen war und über die Wiederaufrichtung des benjamitischen Stammes miteinander beratschlagten.

10. Da sandte die Gemeinde zwölftausend Mann dahin von streitbaren Männern; und geboten ihnen und sprachen: Geht hin und schlagt mit der Schärfe des Schwertes die Bürger zu Jabes in Gilead mit Weib und Kind.

Sandte: Nämlich wider die Bürger zu Jabes in Gilead.

11. Doch also sollt ihr tun: Alles, was männliches ist und alle Weiber, die beim Mann gelegen sind, verbannt.

Tun: Bei solchem großen Ernst der gerechten Strafe.

Verbannt: Die Jungfrauen aber lasst leben.

12. Und sie fanden bei den Bürgern zu Jabes in Gilead vierhundert Dirnen, die Jungfrauen und bei keinem Mann gelegen waren. Die brachten sie ins Lager gen Silo, die da liegt im Lande Kanaan.

Gelegen: Welche von niemand beschlafen oder geschwängert wurden, ohne die junge Mädchen, so noch nicht zum Ehestand tauglich waren, die ohne Zweifel auch beim Leben sind erhalten worden.

Brachten: Nämlich die mannbaren Jungfrauen.

13. Da sandte die ganze Gemeinde hin und ließ reden mit den Kindern Benjamin, die im Fels Rimmon waren, und riefen ihnen friedlich.

Waren: Dazu in großer Angst, Furcht und Sorgen steckten und zu den Israeliten sich nichts Gutes versehen dürfte.

Friedlich: Sie sollten weiter sich nichts mehr zu bewahren haben und ohne Sorge sein.

14. Also kamen die Kinder Benjamin wieder zu der selbigen Zeit; und sie gaben ihnen die Weiber, die sie hatten erhalten von den Weibern zu Jabes in Gilead; und sie fanden keine mehr also.

Weiber: Die sechshundert Benjamiter versahen sich nichts anders als eines feindlichen Überfalls und des Todes. Siehe, so verkündigt man ihnen allen guten Willen und trägt ihnen Heirat an. [Also lässt Gott die seinen bisweilen anfangs in Traurigkeit geraten und verändert danach einstmals ihre Furcht in Freuden, nach seiner väterlichen und unermesslichen Güte. Darum sollen wir lernen unsere Hoffnung auf Gott setzen.]

Keine: Über die vierhundert Jungfrauen, dass sie den übrigen zweihundert auch hätten Weiber geben können, wie sie gern gewollt hätten.

15. Da reute es das Volk über Benjamin, dass der Herr einen Riss gemacht hatte in den Stämmen Israels.

Riss: Das ist: Dass einer aus den zwölf Stämmen Israel schier wäre vertilgt worden.

16. Und die Ältesten der Gemeinde sprachen: Was wollen wir tun, dass die übrigen auch Weiber kriegen? Denn die Weiber in Benjamin sind vertilgt.

Ältesten: Das ist: Die Ratsherren und Vornehmsten im Volk.

17. Und sprachen: Die übrigen von Benjamin müssen ja ihr Erbe behalten, dass nicht ein Stamm ausgetilgt werde von Israel.

Behalten: Darum man auf Mittel und Wege muss bedacht sein, dass man sie mit Weibern versehe.

18. Und wir können ihnen unsere Töchter nicht zu Weibern geben; denn die Kinder Israel haben geschworen und gesagt: Verflucht sei, der den Benjaminitern ein Weib gibt!

Verflucht: Das ist: Es gehe ihm kein Glück an und sei ein unseliger Mensch, beide in diesem zeitlichen und auch später im ewigen Leben.

19. Und sie sprachen: Siehe, es ist ein Jahrfest des Herrn zu Silo, die zu mitternachtwärts liegt gegen Bethel, gegen der Sonnen Aufgang, auf der Straße, da man hinaufgeht von Bethel gen Sichem; und von mittagwärts liegt sie gegen Libona.

Sprachen: Nämlich nachdem sie einen Rat fanden, dadurch ihr Eid nicht gebrochen würde und man dennoch den übrigen zweihundert Benjamitern israelitische Jungfrauen zu Weibern überkäme.

Zu Silo: Es sieht ihm gleich, als habe man zur selben Zeit ein jährliches Opfer am selben Ort gehalten, obwohl solcher Gottesdienst außerhalb der Hütte des Stifts nicht recht war. Denn dies nicht das Silo war, da die Hütte des Stifts stand, wie aus den folgenden Worten zu sehen ist. Aber das Volk hatte damals nicht gebührliche Achtung aufs Gesetz.

Liegt: Das ist: Dieser Ort liegt von der Stadt Beth El an zu rechnen, gegen Mitternacht: Von dem Wege nach Sichem sieht man es gegen Morgen und wenn man von der Stadt Libona dahin ziehen will, so muss man gegen dem Mittag reisen. Ist deswegen dies nicht dasselbe Silo gewesen, da die Hütte des Stifts war, sondern eine andere Stadt, da die Benjamiter der Gelegenheit wahrnehmen sollten.

20. Und sie geboten den Kindern Benjamin und sprachen: Geht hin und lauert in den Weinbergen.

Sprachen: Nämlich in Geheim.

Lauert: Nämlich auf demselben Fest, wenn die Bürger da ein allgemeines Wohlleben anrichten.

Weinbergen: Die allernächsten an der Stadt sind.

21. Wenn ihr dann seht, dass die Töchter Silos heraus mit Reigen zum Tanz gehen, so fahrt hervor aus den Weinbergen und nehme ein jeglicher sich ein Weib von den Töchtern Silos und geht hin ins Land Benjamin.

Land: Zu eurer Wohnung.

22. Wenn aber ihre Väter oder Brüder kommen, mit uns zu rechten, wollen wir zu ihnen sagen: Seid ihnen gnädig, denn wir haben sie nicht genommen mit Streit, sondern ihr wolltet sie ihnen nicht geben; die Schuld ist jetzt euer.

Rechten: Dass sie sich über euch beklagen und begehren werden, dass man verschaffe, damit ihnen ihre Töchter wieder zukommen und an euch gebührliche Strafe übe.

Gnädig: Als wollten sie sprechen: Betrachtet und führt den elenden Zustand dieses Stammes zu Herzen, welcher schier ganz vertilgt ist und auf keine andere Weise Weiber bekommen könnte. Darum so lasst euch zum Mitleiden bewegen, dass ihr eure Töchter nicht wiederum begehrt von ihnen zu reißen: Denn sie sind euch nicht im Streit entführt worden, dass man mit ihnen als mit Gefangenen oder Leibeigenen umgehen wollte, sondern dass sie als mit ihren liebsten Ehemännern im Ehestand friedlich und freundlich zusammen leben mögen. Und ist dies nicht eine Entführung zu nennen, weil sie es nicht aus Mutwillen oder Bosheit getan, sondern aus großer Not dahin gezwungen wurden.

Geben: Das ist: Wenn sie gleich darum angehalten hätten, so würden sie bei euch nichts erlangt haben, von wegen des Eids, so dazwischen gekommen. Darum ihr jetzt wider Recht und Gerechtigkeit handelt, dass ihr sie wieder fordert, die man aus hochdringender Not hat nehmen müssen, weil man sie anderer Gestalt nicht bekommen konnte. [Und ist dies ein sehr weiser Anschlag gewesen. Denn durch solche Mittel haben die übrigen Benjamiter auch israelitische Weiber bekommen und haben doch die Siloniter den Eid nicht gebrochen, weil sie ihre Töchter ihnen nicht gegeben, sondern wider ihren Willen verloren hatten und ist diese Entführung keine Sünde gewesen, weil sie nicht aus Mutwillen und Antrieb der Unzucht, sondern aus Not und auf Befehl des Volkes Gottes geschehen war.]

23. Die Kinder Benjamin taten also und nahmen Weiber nach ihrer Zahl von den Reigen, die sie raubten; und zogen hin und wohnten in ihrem Erbteil; und bauten Städte und wohnten darin.

Also: Wie ihnen befohlen war.

Hin: Und obwohl der Jungfrauen Eltern meistenteils übel damit zufrieden gewesen sind, so haben sie doch die anderen Israeliten mit der vorgemeldeten Entschuldigung leicht erweicht: Und sind also die Benjamiter aus einer großen Trübsal wiederum erquickt worden. [Denn Gott richtet sein Volk nach der Züchtigung mit Trost und väterlicher Wohltätigkeit wieder auf.] Fast eine gleiche Geschichte liest man, dass sich in der Stadt Rom zugetragen habe, um das vierte Jahr nach ihrer Erbauung, da die Römer bei den Schauspielen der Sabiner Töchter geraubt und sie zu Weibern genommen, welches in die 390. Jahr nach diesem vorgegangenen, Livius Lib. 1. Dec. 1.

24. Auch die Kinder Israel machten sich von dort zu der Zeit, ein jeglicher zu seinem Stamm und zu seinem Geschlecht und zogen von dort aus, ein jeglicher zu seinem Erbteil.

Zeit: Da sie den Krieg zu Ende gebracht und die Benjamiter mit Weibern wiederum versehen hatten.

Geschlechter: Zu ihren Weibern und Kindern.

25. Zu der Zeit war kein König in Israel; ein jeglicher tat, was ihn recht deuchte.

König: Oder Regent, der das Volk nach Anleitung des Gesetzes Gottes im Zaum gehalten hätte, darum ist es kein Wunder gewesen, dass so große Unrichtigkeit und alles Übel vorgegangen, wie aus den letzten Kapiteln dieses Buches zu sehen ist. [Darum sollen wir Gott bitten, dass er fromme Obrigkeit geben und erhalten wolle, welche die rechte Religion befördere, die Ehrbarkeit und gute Zucht handhabe und die Untertanen väterlich beschütze.]

Deuchte: Was ihm gefiel.