Psalmenkommentar von Charles Haddon Spurgeon

PSALM 20 (Auslegung & Kommentar)


Inhalt

Wir haben hier eine Nationalhymne vor uns, deren Bestimmung offenbar war, beim Ausbruch eines Krieges gesungen zu werden, wenn der König sich das Schwert umgürtete und in den Streit zog. Wenn David nicht mit Kriegen geplagt gewesen wäre, so würden wir wohl nie mit einem Psalm wie diesem beschenkt worden sein. Es waltet ein hehrer göttlicher Plan in den Trübsalen der Heiligen auf dieser Erde. Der eine muss durch viel Schweres hindurch, damit er andern Trost darreichen könne. Ein glückliches Volk bittet hier für seinen geliebten Herrscher; aus vollem Herzen rufen sie zu Jahwe: Domine salvum fac regem.1 Dass dieser Psalm für den öffentlichen Gottesdienst bestimmt war, ersehen wir nicht nur aus dem Inhalt des Liedes, sondern auch aus der Widmung an den Musikvorsteher (Vorzusingen). Israels bester Dichter war sein Verfasser, wie uns die kurze Überschrift "Ein Psalm Davids" meldet. Die nächste Veranlassung zur Abfassung dieses Liedes erraten zu wollen, wäre vergebliche Mühe; führte Israel zu Davids Zeiten doch fast beständig Krieg. Das Schwert dieses Helden mag je und dann stumpf geworden sein, aber rostig war es nie. Rabbi David Kimchi († 1250) und andere übersetzen den Titel: Ein Psalm auf David. Es scheint uns klar, dass dieser König sowohl der Gegenstand des Liedes ist als auch sein Verfasser, der es der Gemeinde in den Mund legt. Bei einigem Nachdenken wird man den alten jüdischen und christlichen Auslegern Recht geben, die den vorliegenden wie den folgenden Psalm auf den Messias deuten 2 Dieses Gebetslied weist prophetisch auf unseren Herrn Jesus. Wir hören darin das Flehen der alten Kirche für ihren Herrn, den sie im Geist in heftigem Kampf für sie begriffen erschaut. Das streitbare Volk Gottes, mit dem mächtigen Herzog der Seligkeit an der Spitze, hat noch heute ernstlich im Gebet zu ringen, dass des Herrn Vornehmen durch die Hand seines auserwählten Knechtes fortgehe (Jes. 53,10) Darauf wird denn auch bei unserer kurzen Erklärung des Psalms unser Augenmerk hauptsächlich gerichtet sein, jedoch ohne dass wir uns ausschließlich darauf beschränken.

Einteilung. V. 2-5 sind ein Gebet um Erfolg für den König. V. 6-8 drücken das unerschütterliche Vertrauen des Volkes auf Gott und seinen Gesalbten aus. V. 9 bezeugt den Fall des Feindes und V. 10 macht den Schluss mit einer nochmaligen Anrufung des Herrn.


Auslegung

2. Der Herr erhöre dich in der Not,
der Name des Gottes Jakobs schütze dich!
3. Er sende dir Hilfe vom Heiligtum, und stärke dich aus Zion.
4. Er gedenke all deines Speisopfers,
und dein Brandopfer müsse vor ihm fett sein. Sela.
5. Er gebe dir, was dein Herz begehrt,
und erfülle alle deine Anschläge.


2. Der Herr erhöre dich in der Not, wörtl.: am Tage der Drangsal. Allen treuen Untertanen ist es Herzenssache, für ihren König zu beten, und in Zeiten des Kampfes verdoppeln sie ihr Flehen. So konnte es auch nicht anders sein, als dass schon die alttestamentliche Gemeinde des Herrn in prophetischem Geist an den Leiden des Messias voll Inbrunst betend Anteil nahm. Alle Tage in dem Leben unseres Heilands waren Tage der Not, der Drangsal und Anfechtung; doch er wandelte sie in Tage des Flehens und die Gemeinde vereinigt ihre Fürbitte mit dem Flehen ihres Herrn und dringt auf Erhörung für ihn in seinem Geschrei und seinen Tränen. Besonders dunkel war die Stunde des Kampfes dort im Garten; aber er wurde erhört, darum dass er Gott in Ehren hatte. Er wusste, dass sein Vater ihn immer erhörte; dennoch kam in jener Trübsalsstunde keine Antwort, bis dass er dreimal betend auf sein Angesicht gefallen war. Dann erst erlangte er genügende Kraft als Antwort auf sein Flehen, so dass er als Sieger aus dem Kampfe hervorgehen konnte. Auch am Kreuz blieb sein Gebet nicht unerhört, wie er im 22. Psalm V. 25 sagt: Da der Elende zu ihm schrie, hörte er’s. - Die Gemeinde Christi setzt in diesem Vers voraus, dass ihr Herr ein Beter ist. Er war in der Tat ein Meister in der heiligen Kunst des Flehens. Darin ist er unser Vorbild. Wollen wir irgendwelchen Nutzen von den Gebeten anderer haben, so müssen wir vor allem auch selber beten. Welche Gnade ist’s, dass wir beten dürfen am Tage der Drangsal, und welch köstliches Vorrecht, dass keine Not, wie groß sie immer sei, den Herrn hindern kann, uns zu hören! Die Trübsalswogen mögen grollen und tosen wie der Donner; es kann dennoch kein Sturmesbrausen die Stimme des Glaubens übertäuben, sie wird trotz allem gehört. Ja, o Jesu, wenn du für uns bittest in der Stunde der Not, so wird der Herr, Jahwe, dich hören. Wie erquickend ist diese Gewissheit! Wir dürfen ohne den geringsten Zweifel unser Herz daran weiden.
  Der Name des Gottes Jakobs schütze dich, wörtlich: stelle dich hoch, erhöhe dich, so dass du sicher bist; er entrücke dich deinen Feinden auf Triumpheshöhe. Der Name Gottes bezeichnet die Offenbarung des Wesens Gottes. Wir sollen nicht "dem unbekannten Gott" Altäre errichten, sondern den Bundesgott Jakobs kennen zu lernen suchen, dem es gefallen hat, sein Wesen dem auserwählten Volke kundzutun. Es gibt der hohen Namen viel auf Erden; aber was sind sie alle gegen diesen Namen über alle Namen, dessen Tiefen zu ergründen unsere selige Aufgabe sein wird, wenn wir einst an der Hochschule des Himmels studieren. - Die herrliche Macht Gottes beschützte und bewahrte den Herrn Jesus in dem Kampf seines Lebens und seines Todes und erhöhte ihn über die Gewalt aller seiner Feinde. Für seine eigene Person ist der Streit nun beendet; aber in seinem geistlichen Leib, der Gemeinde, ist der Herr noch von Gefahren umringt und nur der allmächtige Arm unseres Bundesgottes kann die Streiter des Kreuzes beschützen und sie dem Bereich ihrer Feinde hoch entrücken. Noch ist der Tag der Not nicht vorüber, noch darf die Fürbitte des Heilands nicht aufhören, noch muss der Name des Gottes Israels seine Getreuen schirmen. Der Name "der Gott Jakobs" ist sinnreich. Die Geschichte des Erzvaters zeigt, wie Gott in der Not erhört. Vor allem denken wir an den einen Tag der Drangsal, als Jakob mit Gott rang, bis die Morgenröte anbrach (1. Mose 32). Er wurde erhört. Gott schirmte ihn vor Esau und entrückte ihn der drohenden Gefahr. Jakobs Gott ist unser Gott. Jedem ringenden Jakob erweist er sich als der mächtige Helfer. Der ganze Vers eignet sich trefflich als Segensspruch über ein Kind, einen Freund oder einen Diener am Wort in Zeiten, wo wir Anfechtung und Trübsal ihrer warten sehen. Dieser Gebetswunsch schließt beides, leiblichen und geistlichen Schutz, in sich und richtet das Herz auswärts zu dem Einen, von dem alles Gute kommt. Wie köstlich ist es, glauben zu dürfen, dass unser himmlischer Vater selber solchen Segen über uns ausgesprochen hat!

3. Er sende dir Hilfe vom Heiligtum. Aus dem himmlischen Heiligtum kam der Engel, den Heiland zu stärken, und an den köstlichen Erinnerungen von Gottes Walten in seinem Heiligtum erquickte sich der Herr, als er am Kreuz hing. Keine Hilfe kommt der gleich, welche Gott aus seinem Heiligtum sendet. Das Heiligtum besteht für uns in der Person unseres hochgelobten Heilands, auf den der Tempel vorbildlich hinwies. Jesus ist das wahre Heiligtum, von Gott und nicht von Menschen errichtet. Lasst uns in jeder Zeit der Not beim Kreuze Schutz suchen, so werden wir Hilfe finden. Die Leute dieser Welt verachten die Hilfe, die aus dem Heiligtum kommt; aber unsere Herzen haben gelernt, sie hoch über alle weltliche Hilfe zu schätzen. Sie suchen ihre Hilfe in der Rüstkammer oder der Schatzkammer oder Speisekammer, wir in der verborgenen Kammer des göttlichen Heiligtums. Und stärke dich aus Zion. Aus den Versammlungen der betenden Heiligen, welche seit Jahrhunderten dort in Zion für ihren Herrn gefleht hatten, mochte dem verachteten Dulder wohl Hilfe zuströmen; denn Gebet kann nimmer verloren sein. Dem mystischen Leibe des Herrn fließen die reichsten Güter zu als Antwort auf das Flehen, das aus dem geistlichen Zion zu Gott empordringt. Es gibt der Arzneien viele, die als stärkend angepriesen werden; aber nichts vermag den Gläubigen so mit Kraft zu erfüllen, als wenn Gottes Volk mit vereintem Flehen auf den Herrn harrt. - Dieser Vers eignet sich trefflich als Segenswunsch am Morgen des heiligen Ruhetages, sei es des Hirten für seine Gemeinde, sei es der Gemeinde für ihren Hirten.

4. Er gedenke aller deiner Speisopfer (Grundtext), und dein Brandopfer müsse vor ihm fett sein. Die Könige Israels pflegten, ehe sie ins Feld zogen, Opfer darzubringen (vergl. 1. Samuel 13,9). Auf Grund der Annahme dieser erhofften sie einen glücklichen Ausgang des Krieges. Unser hochgelobter König gab sich selbst zum Opfer dar und wurde dem Allerhöchsten zum süßen Geruch. Dann ging er den in Schlachtordnung stehenden Legionen der Hölle entgegen und brachte sie in Verwirrung. Jetzt noch erfüllt sein Brandopfer die Himmel mit Wohlgeruch und durch ihn werden die Opfer seines Volkes als seine Opfer und Gaben angenommen. Wir sollten in unseren geistlichen Kämpfen unser Auge auf das Opfer Jesu gerichtet halten und uns nie in die Schlacht wagen, bis der Herr uns von dem Altar des Kreuzes her, wo der Glaube ihn als den blutenden Heiland erblickt, das Zeichen gegeben hat. Sela. Es ist gut, bei dem Kreuz stillzustehen, bevor wir zum Kampf schreiten. Wir sind oft so hastig, dass wir eben deshalb nicht recht vorwärts kommen. Ein wenig Besinnens im rechten Augenblick würde unsere Schnelligkeit oft mächtig fördern. Halt ein, lieber Freund, raste ein wenig und bringe dein Herz in die rechte Stimmung, bevor du an die ernsten Ausgaben gehst, die dir bevorstehen.

5. Er gebe dir, was dein Herz begehrt, und erfülle alle deine Anschläge. Es war das Verlangen und das Vorhaben Christi, sein Volk zu erretten; die alte Kirche wünschte ihm guten Erfolg zu seinem Vorhaben und die Gemeinde des Herrn in unseren letzten Tagen sehnt sich von ganzem Herzen nach der vollkommenen Erfüllung seines Vornehmens. In Christus Jesus geheiligte Seelen mögen sich diesen Vers als eine Zusage aneignen; sie werden ihres Herzens Wunsch erlangen und ihre Pläne zur Verherrlichung ihres Meisters werden gelingen. Wir dürfen wohl einen Willen haben, wenn unser Wille Gottes Wille ist. Das war bei unserm Erlöser immer der Fall; dennoch sagte er: "Nicht wie ich will, sondern wie du willst." War die rechte Ergebung für ihn notwendig, wie viel mehr ist sie es für uns!


6. Wir rühmen, dass du uns hilfst,
und im Namen unsers Gottes werfen wir Panier auf.
Der Herr gewähre dir alle deine Bitten.
7. Nun merke ich, dass der Herr seinem Gesalbten hilft,
und erhöret ihn in seinem heiligen Himmel;
seine rechte Hand hilft gewaltig.
8. Jene verlassen sich auf Wagen und Rosse;
wir aber denken an den Namen des Herrn, unsers Gottes.


6. Wir wollen rühmen wegen deines Heils (Grundtext), d. i. wegen des Siegesglücks, das dir zuteil wird. Jesus gehört der Sieg und sein ist das Heil, das aus demselben fließt; darum heißt es: dein Heil. Wir aber dürfen und sollen es uns aneignen und darüber frohlocken. Wir sollten uns fest vornehmen, dass wir uns über den rettenden Jesusnamen freuen wollen, komme, was da wolle. Die Leute in unserm Psalm waren des Sieges gewiss, noch ehe der König in den Kampf gezogen war, und darum fingen sie schon vorher an zu rühmen und zu jauchzen; wie viel mehr sollten wir das tun, die wir auf den errungenen Sieg blicken können! Der Unglaube fängt über das Begräbnis zu weinen an, noch ehe der Mann gestorben ist; warum sollte denn der Glaube nicht auch anfangen zu jubilieren, ob auch der himmlische Siegesreigen noch nicht angefangen hat? Knospen sind lieblich und noch nicht erfüllte Verheißungen sind unserer Bewunderung wert. Wenn mehr Freude unter dem Volke Gottes herrschte, würde Gott unter den Menschen mehr verherrlicht werden. Die Glückseligkeit der Untertanen ist die Ehre des Herrschers. Und im Namen unsers Gottes Panier aufwerfen. In glaubensmutiger Herausforderung erheben wir das Banner im Angesicht des Feindes, und triumphierend lassen wir die Siegesfahne über dem gefallenen Widersacher wehen. Aber wessen Banner ist’s, das wir entfallen? Auf dem Kampfplatz der Welt erklärt man den Krieg bald im Namen dieses, bald im Namen jenes Königs; aber die Gläubigen gehen in den Kampf im Namen Jesu, des im Fleisch erschienenen Gottes, im Namen Immanuels. Wir leben in bösen Zeiten; aber solange Jesus lebt und in seiner Gemeinde regiert, brauchen wir unsere Fahne nicht furchtsam einzurollen. Unter seinem Siegespanier geht’s mit heiligem Mute vorwärts!
  Die Gemeinde kann es nicht vergessen, dass Jesus ihr Anwalt vor dem Thron ist; darum fasst sie alle schon ausgesprochenen Wünsche in dem kurzen Satz zusammen: Der Herr gewähre (erfülle) dir alle deine Bitten. Wir wollen nie vergessen, dass unter diesen Bitten auch jene köstliche ist: Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast (Joh. 17,24).

7. Nun weiß ich (Luther 1519), dass der Herr seinem Gesalbten hilft. Wir lernen, solange wir leben, und was wir gelernt haben, schämen wir uns auch nicht zu bekennen. Wer meint, er wisse alles, bringt sich selber um die Freude, welche die Entdeckung neuer Wahrheiten gewährt. Er wird nie im Stande sein auszurufen: "Nun weiß ich’s", denn in seinem Eigendünkel ist er so klug, dass er schon alles weiß, was je noch erforscht werden kann, und noch mehr dazu. Die Seelen, welche sich ihrer Unwissenheit bewusst sind, belehrt der Herr selbst, und sie freuen sich über das Gelernte. - Ernstes Gebet führt sehr oft zu festem Vertrauen. Die Gemeinde hat gefleht, dass der Herr Jesus in seinem großen Kampfe den Sieg gewinnen möge, und nun schaut sie im Glauben, wie er durch den Arm der Allmacht errettet wird. Augenscheinlich weidet sie sich mit süßem Wohlbehagen an dem köstlichen Ehrennamen ihres Erlösers: Der Gesalbte Jahwes. Sie denkt an Jesus als an den, der vor Grundlegung der Welt für das große Werk auserkoren und dann durch die Salbung mit dem Geist des Herrn so vollkommen dazu ausgerüstet worden ist. Das ist stets der kostbarste Trost der Gläubigen, dass Jahwe selbst Jesus zum Fürsten und Heiland gesalbt hat, dass des Herrn ureigener Gesalbter unser Schutz und Schild ist. Und erhöret ihn von seinem heiligen Himmel mit hilfreichen Machttaten seiner Rechten (wörtlich). Es wird hier bestimmt versichert, dass sowohl Gottes Heiligkeit als Gottes Macht dem Heiland in seinem Kampfe zu Hilfe kommen würden. Und fürwahr, diese herrlichen Eigenschaften Gottes fanden beide entsprechende Verwendung bei der Erhörung der bangen Klagen des heiligen Dulders. Weil Jesus erhört wurde, wird der Herr auch unseren Bitten gnädig sein Ohr leihen. Gott ist im Himmel; aber unsere Gebete können jene herrlichen Höhen erklimmen. Die Himmel sind heilig; aber Jesus reinigt unsere Gebete, und so erlangen sie dort Zutritt. Unsere Not ist groß, aber der göttliche Arm ist mächtig, und zwar mächtig zu helfen; alle seine Machttaten zielen darauf ab, sein Volk zu erretten, ihm Heil und Sieg zu geben. Und endlich ruht diese gewaltige Macht in der Hand, die am meisten gebraucht wird und am schnellsten zum Handeln bereit ist, - in seiner rechten Hand. Wie ermutigend ist doch das alles für die gläubige Betgemeinde!

8. Gegensätze stellen oft die Wahrheit in besonders helles Licht. Hier setzt die Kirche das Vertrauen der fleischlich gesinnten Menschen auf die Kreatur in Gegensatz zu ihrem Vertrauen auf ihren Fürsten Immanuel und den unsichtbaren Ewigen. Diese (verlassen sich3 auf Wagen und jene auf Rosse. (Grundtext) Streitrosse und Kriegswagen sind ein gewaltiger Anblick. Das Rasseln der Wagen und das Schnauben der Rosse, die feinen Schabracken und blitzenden Rüstungen, das Dröhnen der Erde und das Wirbeln des Staubes machen ein solches Aufsehen, dass die eitlen Menschenkinder ganz davon hingerissen werden. Aber das Auge des Glaubens lässt sich von dem Glanz nicht blenden; es sieht kraft seines durchdringenden Blickes Größeres in dem unsichtbaren Gott, als in all diesem Schaugepränge. Das gefürchtetste Kriegswerkzeug war in den alten Zeiten der Streitwagen, dessen Räder oft, z. B. bei den Persern, mit Sensen versehen waren, die die Feinde wie Gras dahin mähten. Diese Kriegswagen und die feurigen Streitrosse waren der Stolz und Ruhm der benachbarten Nationen; aber das heilige Volk des Höchsten hielt den Namen Jahwes für eine weit bessere Wehr. Da es den Israeliten nicht erlaubt war, viele Rosse zu halten (5. Mose 17,16), so war es nur natürlich, dass sie die Reiterei der Feinde mit ganz besonderer Furcht betrachteten. Es ist darum ein desto größerer Erweis von starkem Glauben, wenn der kühne Sänger hier sogar Ägyptens stolze Rosse verachtet im Vergleich mit dem Herrn der Heerscharen. Ach, wie viele gibt es doch in unseren Tagen, die vorgeben, des Herrn Eigentum zu sein, und dennoch so gänzlich von ihren Nebenmenschen oder von dem Arm des Fleisches in dieser oder jener Gestalt abhängig sind, als hätten sie den Namen Jahwe nie gekannt. Jesus, du allein seist unser Fels und unsre Zuflucht; o dass wir nie die Einfalt des Glaubens verlören! Wir aber denken an, d. h. (Grundtext:) rufen an den Namen des Herrn, unsers Gottes. Unser Gott, unser Bundesgott, der uns erwählt hat und den wir erwählt haben. Dieser Gott ist unser Gott. Der Name unseres Gottes ist JAHWE, der Ewigseiende, Unabhängige, Unwandelbare, Allgegenwärtige, alles Erfüllende, der "ICH BIN" (2. Mose 3,14). Lasst uns jenen unvergleichlichen Namen anbeten und ihn niemals dadurch verunehren, dass wir ihm misstrauen oder unsere Zuversicht auf Geschöpfe setzen. Lieber Leser, du musst den Namen des Herrn erfahrungsmäßig kennen gelernt haben, ehe du desselben gedenken kannst. Möge der Heilige Geist ihn deiner Seele in Gnaden offenbaren.


9. Sie sind niedergestürzt und gefallen;
wir aber stehen aufgerichtet.
10. Hilf, Herr, dem Könige,
und erhöre uns, wenn wir rufen!


9. Der Vers lautet genauer: Sie sind zusammengesunken und gefallen; wir aber sind aufgestanden von dem Fall und halten uns aufrecht, stehen aufrecht und siegreich dem Feind gegenüber. Der Verschiedenheit des Vertrauens entspricht die Verschiedenheit des Geschicks. Die Feinde Gottes sind zuerst obenauf; aber bald werden sie mit Gewalt erniedrigt oder fallen durch eigene Schuld. Der Grund, darauf sie stehen, ist morsch und hohl; darum weicht er im gegebenen Augenblick unter ihren Füßen. Die Wagen werden mit Feuer verbrannt, die Rosse fallen durch die Seuche; wo bleibt dann die gerühmte Stärke? Hingegen werden die, die auf den Herrn trauen, oft bei dem ersten Angriff niedergeworfen; aber ein allmächtiger Arm hilft ihnen auf und dann stehen sie aufrecht da. Der Sieg Jesu ist das Erbteil seines Volkes. Welt, Tod, Teufel und Sünde werden alle unter den Füßen der Glaubenshelden niedergetreten, während solche, die sich auf den Arm des Fleisches verlassen, auf immer zuschanden und zunichte werden.

10. Nach der Wortverbindung des uns vorliegenden hebräischen Textes lautet der Vers, wie ihn die nicht revidierte Lutherübersetzung wiedergibt: Hilf, Herr; der König erhöre uns, wenn wir rufen.4 Der Psalm wird hier in Kürze zusammengefasst. Dass Jesus selbst errettet werden und dann als unser König uns hören möge, ist der zwiefache Herzenswunsch. Der erste Wunsch ist bereits erfüllt, und die Gewährung des zweiten ist allen seinen Nachfolgern gesichert. Andere, und so auch die revidierte Lutherbibel, übersetzen (nach LXX und Vulgata, mit Abweichung in der Satzteilung): Hilf, Herr (oder gib Heil, Herr) dem Könige; Er (der Herr) erhöre uns, oder nach den LXX5: Erhöre uns, wenn (wörtl.: am Tage da) wir rufen. Mit diesem innigen Hosiannaruf wollen wir den Psalm schließen. Ja, o Gott, gib Heil dem König! Möge der glorreiche Tag bald kommen, da unser König als Herrscher erscheint!


Erläuterungen und Kernworte

Zum ganzen Psalm. Wie 1. Samuel 13,9 ff. ersehen lässt, pflegte man vor einem Kriegszug zu opfern; Ps. 20 stellt sich als eine liturgische Umrahmung einer solchen Opferhandlung dar, Segenswünsche für den der Gefahr entgegengehenden König (V. 2-6), Zuversicht der Erhörung (V. 7-9) und eine abschließende Bitte (V. 10) enthaltend. Der Wechsel im Numerus des redenden Subjekts führt darauf, den Psalm als einen Wechselgesang zu fassen: V. 2-5 redet ein einzelner den König an, V. 6 fällt ein Chor ein; V. 7 wird wieder (nach dem Opfervollzug) eine einzelne Stimme laut, V. 8.9 lässt sich der Chor hören; im V. 10. vereint sich die Einzelstimme mit dem Chor. Der Einzelne mag etwa der opfernde Priester gewesen sein. Bei dieser Annahme erklärt sich auch am besten die Wiederholung von V. 5b in V. 6c Lic. H. Keßler 1899.
  Wirklich gute Wünsche sind köstlich und sollten in Wort und Tat zum Ausdruck kommen; der ganze Psalm lehrt uns dies. Christliche Teilnahme gehört wesentlich zur Christenpflicht. Viel Zartgefühl kann sich in scheinbar geringen Dingen in überaus wohltuender Weise äußern. William S. Plumer 1867.
  Der ganze Psalm will mit allen Worten dieses haben, dass sich ein Fürst in einem Volk auf keine Kräfte etwas einbilde, auf keine Macht vertraue und sich nicht auf seine guten Anschläge stütze (vergl. Ps. 33,16 f.); sondern vom Himmel muss er seine Hilfe erwarten und mit Gebet streiten. Es würden weniger Kriege und glücklichere Siege sein, wenn sie, nach der Vorschrift dieses Psalms, auf den Herrn vertrauten und tapferer beteten als zuschlügen. Martin Luther 1519.
  Ich halte dafür, dass David diesen Psalm gemacht habe, dass ihn sein Volk beten möchte, sooft er zum Streit auszöge. Und es scheint mir, der Psalm habe dem David alle seine Siege ausgerichtet; er wird seine Büchse und Harnisch gewesen sein. Martin Luther 1530.
  In der Not: Die ist bei einer Obrigkeitsperson tausendmal größer als bei andern; denn an der Obrigkeit hängt das ganze Land mit allen Untertanen. J.Frisch 1719.
  Glaube nur sicher, es kommt mit Regierungen und Kommando nicht auf der Menschen Macht, Weisheit und Courage an. Gott muss das Beste tun, sonst geht’s zu Fried- und Kriegszeiten übel daher. O täten wir Menschen fleißiger und eifriger für unsere Obrigkeit bitten; wir könnten manches Übel abbitten, dahingegen bei unserer Kaltsinnigkeit, Murren und Fluchen wir immer tiefer ins Elend versinken. Johann David Frisch 1719.
  Der hugenottische Prediger Gabriel d’Amours, Kaplan Heinrichs IV. von Frankreich, schrieb an diesen kurz vor dessen Abfall vom evangelischen Bekenntnis einen ernst mahnenden Brief, in dem er unter anderem an die Ereignisse des Feldzuges von 1589, an die Berennung von Paris, erinnert. "Sie ließen mich - in der Nacht der Einnahme der Vorstädte - holen und sagten mir, was Sie vorhatten, und suchten den Psalm 20: "Der Herr erhöre dein Gebet" aus, den wir sangen. Und als Sie sich wieder von dem Gebet auf den Knien, das ich über den Psalm verrichtet hatte, erhoben, war Ihr Auge tränend von Freude und von Eifer, und Sie befahlen mir, das weiße Gewand anzulegen und der Truppe des verstorbenen Herrn von Chatillon, ehe man angriff, das Gebet zu halten. Und ich war es, der Ihnen zuerst die Nachricht von der Einnahme der Vorstädte brachte, und dann ließen Sie Ihre Truppen vorrücken, und wir zogen in die Vorstädte ein. Ich sang nun nach meines ganzen Herzens Lust voll Freude den Psalm: "Nun lass, Herr, usw.", wie ich es Ihnen vorher gesagt hatte." G. von Polenz, Geschichte des französ. Calvinismus, 1857.


V. 2. Damit führt er den Fürsten gleich aufwärts, vor Gottes Angesicht, dass er nach dessen Rat und mit dessen Hilfe alles, was er tut, vornehme. - Sucht ein Fürst die Wohlfahrt des Volks von Herzen, so wird er niemals ohne Trübsal sein; denn der Satan und die ganze Welt wird ihm zuwider sein. - Nicht das Schwert schützt, nicht der Schild, nicht der Brustharnisch, und gar nichts anders, außer der Name Gottes. (Vergl. Ps. 44,7) Der tut es, das ist unser Rüstzeug und Büchsen. Der Name des Herrn ist ein festes Schloss (Spr. 18,10). Martin Luther 1519 u. 1530.
  Der Name. Wo es heißt: der Name des Gottes Jakobs, ist Gott selbst gemeint; aber es wird in dieser Weise von Gott gesprochen, weil alles, was wir von Gott wissen, nur von dem Kennen seines Namens herrührt. Zu dem Zweck hat er sich selbst in der heiligen Schrift verschiedene Namen beigelegt, damit wir daraus lernen, nicht nur, was er in sich selbst ist, soweit dies für uns zu wissen gut ist, sondern besonders, was er uns ist. Aus diesem Kennen des Namens Gottes wird das Vertrauen auf Gott geboren. Darum heißt er hier der Gott Jakobs, das ist, der Gott, der einen Gnadenbund mit dem Erzvater und seinen Nachkommen gemacht hat, dass er ihr Gott sein wolle und sie sein Volk sein sollen, dass sie kühn zu ihm fliehen dürfen, um Errettung zu finden, und dass sie ihn vertrauensvoll anrufen dürfen in den Tagen der Not. Und je mehr sie seinen Namen, das ist seine Güte, Gnade, Wahrheit, Macht, Weisheit, Gerechtigkeit usw. kennen, um so kühner können sie zu ihm beten, ohne irgendwelchen Zweifel, ob er seinem Namen wohl werde gerecht werden. Nicholas Bownd 1604.
  Gott wird hier der Gott Jakobs genannt, erstens, weil Jakob einst in gleicher Not war (1. Mose 32,6.7); zweitens, weil er um dasselbe bat (1. Mose 35,3); drittens, weil er mit Gott rang und den Sieg gewann, weshalb er den Namen Israel, d. i. Gotteskämpfer, bekam (1. Mose 32,29 [28]); viertens, weil der Gott des Erzvaters auch der Gott seines Samens, des Volkes Israel, ist; so wird denn hier Gott an seinen Bund erinnert. John Trapp † 1669.
  Siehe, in diesem Namen findest du Schutz und Sicherheit inmitten von zehntausend Feinden, ja ewige Bewahrung. Aber du fragst vielleicht: Wie soll der Name des Gottes Jakobs mich beschützen? Erprobe diesen Namen. Ich hab’s getan immer und immer wieder; darum spreche ich von dem, was ich weiß, und bezeuge, was ich gesehen habe. Die Torheit eines armen irischen Katholiken diente mir einst als Sporn, meinen Gott im Glauben auf die Probe zu stellen. In seiner großen Unwissenheit und seinem bigotten Aberglauben behauptete der Ärmste, wenn ihm ein Priester nur ein wenig geweihtes Wasser gäbe und damit um ein Feld voll wilder Tiere einen Kreis zöge, so könnte keins derselben ihm etwas tun. Ich verließ den Mann voll Entrüstung über den Seelenbetrug, von dem diese Worte Zeugnis gaben, und dachte darüber nach, was für ein Narr ich doch sei, dass ich nicht einmal soviel Vertrauen zu meinem Gott habe, wie jener arme irregeführte Mann zu seinem Priester und einigen Tropfen Weihwasser! Darauf entschloss ich mich, zu erproben, was der Name Gottes vermöge, da ich mich doch auf des Vaters ewigen Liebesratschluss, des Sohnes unverbrüchliche Verantwortlichkeit und des heiligen Geistes unüberwindliche Wirkungen stützen konnte. Ich versuchte es und fühlte, wie mein Vertrauen sich immer mehr festigte. Meine Brüder, lasst die gewissen Bürgschaften des Bundes, das Blut des Bundes, die Gnade des Bundes, die Verheißungen des Bundes, um euch einen heiligen Kreis ziehen; dann wird der Herr euch erhören in der Not und der Name des Gottes Jakobs euch schützen. Joseph Irons † 1852.
  Ist wohl je von eines Menschen Lippen ein Gebetswunsch geäußert worden, der für betrübte Gotteskinder lieblicher und trostreicher wäre als dieser? Wo ist jemand auf Erden, der keinen Tag der Not oder Drangsal hätte? Oder wem leuchtete wolkenloser Sonnenschein von der Wiege bis zum Grabe? Nur wenige Pflanzen, sagt der alte Jacomb († 1687), haben sowohl die Morgen- als die Abendsonne; und ein noch viel älterer als er hat gesagt: Der Mensch wird zu Unglück geboren (Hiob 5,7). Tage der Not sind also jedem Adamskind beschieden. Wie süß, sage ich, wie süß ist die Bitte: Der Herr erhöre dich am Tage der Not. Es ist das Gebet des einen Bruders für den andern, der sich in Not befindet, und doch ist darin enthalten, dass der, welcher die Not leidet, selber auch gebetet hat. Der Herr erhöre dich, heißt es - er erhöre und beantworte dein eigenes Gebet. Barton Bouchier 1855.
  Sooft die Kinder Israel nicht aus Zion, sondern aus Ägypten oder von denen Assyrern Hilfe erwartet haben, so oft sind sie gefallen und, weil sie sich auf einen Rohrstab stützten, nur desto ärger zerschellt worden. Martin Luther 1519.


V. 5. Er gebe dir, was dein Herz begehret: nachdem es, aus Gottes Wort erleuchtet, sich nach dem Willen Gottes zu richten gelernt hat; denn das ist die Freudigkeit, die wir zu Gott haben dürfen. Johann David Frisch 1719.
  Da es unmöglich ist, dass ein frommer Mensch von dem heiligen Gott für die Eingebungen seiner Habsucht oder seines Ehrgeizes Erhörung erwarten sollte, so geht aus dieser Bitte selber das gute Gewissen Davids bei diesem Krieg hervor. Man kann nicht anders als annehmen, dass er denselben in Sache der Gerechtigkeit unternommen und eben darum sich auch getrost unter den Schutz Gottes begeben habe, da ohne solches gute Gewissen Zuversicht und Herzlichkeit der Gebete sicher fehlen würde. Prof. A. Tholuck 1843.
  Manchmal gewährt Gott einem Menschen nicht nur, worum er gebeten, sondern erfüllt auch seine Anschläge, d. i. er hilft ihm genau auf die Art und Weise und durch eben die Mittel, wie er selber es sich ausgedacht hatte. John Trapp † 1669.


V. 6. Wer an den Leiden der Glieder Christi Anteil nimmt, wird auch an der Freude ihrer Erlösung teilhaben. David Dickson † 1662.
  Im Namen unsers Gottes. Gleichwie jene im Buch der Richter 7,20 schrien: "Hier Schwert des Herrn und Gideons!" und Josua am 6. V. 20; Das Volk Israel machte ein groß Feldgeschrei, und die Mauern zu Jericho fielen um. Eben dieses finden wir auch umständlich vom König in Juda, Abia, beschrieben (2. Chr. 13,14 ff.), dass er mit seinem Kriegsheer zum Herrn geschrieen und die Priester mit Trompeten trompetet und jedermann in Juda getönt habe; darauf aus Israel erschlagen gefallen fünfhunderttausend junger Mannschaft. Ja, auch noch heutzutage haben dieses die Soldaten im Gebrauch, dass sie den Namen ihres Heerführers rühmen und sein Lob erheben, womit sie sich untereinander wider die Feinde aufmuntern. Eben diesen Affekt und Gebrauch gibt uns gegenwärtiger Vers zu verstehen; nur ist das der Unterschied, dass er hier ans Gottesfurcht und Andacht herfloss. Martin Luther 1519.
  Das Panier gehörte zur feldmäßigen Ausrüstung, um im Krieg die Heere zu sammeln, zu führen, zu unterscheiden und zu ermutigen. Die Worte des Psalmisten sind vielleicht nur bildlich gemeint; es ist aber auch möglich, dass sie wörtlich zu nehmen sind und das Aufpflanzen des Banners im Namen Gottes eine Sitte war, durch welche Gottes Herrlichkeit anerkannt und seine Huld erfleht werden sollte. Sicher ist, dass wir diesen Gebrauch gerade zu solchen Zwecken in andern östlichen Ländern finden. So berichtet Samuel Turner († 1802) von seiner Reise in Tibet: Es wurde mir erzählt, dass es die Sitte des Sooba sei, jeden Monat den Hügel zu besteigen, wo er eine weiße Fahne aufpflanze und einige religiöse Zeremonien verrichte, um das Wohlwollen eines Dewta, eines unsichtbaren Wesens, des Schutzpatrons des Ortes, zu erlangen, der, wie die Sage geht, die Spitze des Hügels umschwebt, um ringsumher nach seinem Willen Gutes und Böses auszuteilen. Samuel Burder, Morgenländische Sitten, 1812.
  Bei allen feierlichen religiösen oder kriegerischen Aufzügen werden Banner vorangetragen. Auf dem Verdeck der heiligen Wagen, auf den Kuppeln und den Toren der Tempel und auf dem Dach jedes neuen Hauses kann man die Fahne der betreffenden Kaste oder Religionspartei wehen sehen. Auch von Siva, der einen der drei indischen Hauptgottheiten, sagt man, er habe ein Banner in der himmlischen Welt. Joseph Roberts, Bilder aus dem Morgenland, 1835.
  1) Wir wollen den Krieg in Gottes Namen führen. Wir wollen dazu sehen, dass unsere Sache gerecht und Gottes Verherrlichung das Endziel eines jeden Feldzugs sei. Wir wollen uns aus seinem Munde Rat holen und ihn mit uns in die Schlacht nehmen. Wir wollen ihm folgen, seine Hilfe erflehen, auf sie trauen und den Ausgang ihm überlassen. David ging dem Goliath entgegen in dem Namen des Herrn Zebaoth, des Gottes des Heers Israels (1. Samuel 17,45). 2) Wir wollen unsere Siege in seinem Namen feiern. Wenn wir im Triumph unser Panier aufwerfen und das Siegeszeichen entrollen, so soll es geschehen in dem Namen unseres Gottes. Er soll allen Ruhm unserer Erfolge haben und kein Werkzeug seiner Hand soll einen Teil der Ehre empfangen, die Ihm gebührt. Matthew Henry † 1714.
  Unsere Fahne ist das Wort des Kreuzes, das ein solches Triumpheszeichen ist, das mit dem Blut Christi wie mit Purpur gefärbt ist, welches die Kirche Christi, die da schrecklich ist wider die Spitzen eines in Schlachtordnung gestellten Kriegsheeres (Hohelied 6,3. 9), aller Macht der Finsternis entgegenstellt. Denn wenn man da ein anderes Wort statt des Feldzeichens aufwerfen wollte, das wäre nichts anders, als nach Art derer Knaben an Feiertagen spielen. Martin Luther 1519.


V. 7. Nun weiß ich. Die hier aufleuchtende Gewissheit der Erhörung scheint durch die nun vollendete, in V. 4 angedeutete Opferhandlung vermittelt zu sein, zu welcher sich Jahve bekannt hat. Lic. H. Keßler 1899.
  Nunmehr ist der Prophet voller gewissen Hoffnung. Denn es ist nicht möglich, dass er denjenigen nicht erhören sollte, der mit so großem Glauben sich auf Gott verlässt. Dan. 3,17; Ps. 17,7. Demnach spricht er: Nun weiß ich, dass du helfen wirst. Denn wessen Herz spricht: Ich glaube, das spricht auch zugleich mit einer untrüglichen Folge: Ich bin gewiss, dass es also geschehen werde, wie ich glaube. Denn der Glaube, wenn er wahrhaftig im Herzen ist, bekräftigt dasjenige, was er glaubt, so gewiss, dass er sich nichts Gewisseres bereden lässt, und er weiß es so gar gewiss, als ob es bereits geschehen wäre. Deswegen spricht er hier nicht: Ich vermute, ich gedenke, oder ich merke; sondern: ich weiß, oder ich habe hier schon erfahren, dass er ihm wird helfen, das ist, ich bin es völlig gewiss und überzeugt. Martin Luther 1519.
  Sein Gesalbter. Gleichwie bei den Juden die Priester und die Könige und manchmal auch die Propheten gesalbt wurden zu ihrem Dienst, so wurde auch unser Heiland gesalbt zum Propheten, um den Elenden gute Botschaft zu verkündigen, zum Priester, um die zerbrochenen Herzen zu verbinden, und zum König, um die Gebundenen zu befreien. Auf die Salbung unseres Erlösers wird in der heiligen Schrift großes Gewicht gelegt. Darum heißt es: Wer da glaubt, dass Jesus sei der Christus, das ist der Gesalbte, der ist von Gott geboren (1. Joh. 5,1); und: Wer ist ein Lügner, wenn nicht der da leugnet, dass Jesus der Christus sei (1. Joh. 2,22)? Die Feinde unseres Heilands waren sich der hohen Bedeutung dieses Namens wohl bewusst, als sie beschlossen, dass, so jemand ihn zu Christum bekannte, derselbige in den Bann getan werden sollte (Joh. 9,22). Die Salbung unsers Heilands ist weit erhaben über jede andere Salbung und wirksamer, in Anbetracht des Werkes, welches er zu tun hatte. Die Apostel empfingen den heiligen Geist nach ihrem Maße, er im Vollmaß. John Hurrion † 1731.
  Und erhört ihn aus seinem heiligen Himmel, wo er ebenso gut thront wie auf dem Zion (V. 3). Deutet das eine auf sein Nahesein, so das andere auf seine Erhabenheit, wie 2,4. Lic. H. Keßler 1899.


V. 8. Eitel ist das Vertrauen der Gottlosen. Im Kriege verlässt man sich auf Wagen, Rosse, Kriegsschiffe und Heerscharen, auf gute Manneszucht, auf früheres Kriegsglück; aber der Sieg gehört nicht immer den Starken. "Die Vorsehung begünstigt die starken Bataillone" - dies mag dem Ohr eines Weltlings schön klingen; aber so lehrt weder die Bibel noch die Erfahrung. Im Frieden verlässt man sich auf seine Reichtümer, seine Freunde, seine Schiffe, Landgüter und Vorräte und doch können diese uns nicht helfen, noch uns retten. Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn. William S. Plumer 1867.
  Mit leichter Mühe überredet man Katholiken, auf Priester und Heilige, auf alte Fetzen und gemalte Bilder zu trauen; aber es hält schwer, einen Protestanten dahin zu bringen, dass er sich auf den lebendigen Gott verlässt. William Arnot 1858.
  Der natürliche Mensch sieht sich zuerst nach irgendeinem irdischen Ding als Stütze um. Jene verlassen sich auf Wagen und Rosse, der eine auf diese Kreatur, der andere auf jene. Der Gläubige muss sein Vertrauen in diese Dinge aufgeben, gleichviel ob er sie hat oder haben möchte. Er muss sich auf das verlassen, was Gott in seinem Wort versprochen hat, für uns zu tun. Wir aber denken an den Namen des Herrn, unsers Gottes. David Dickson † 1662.
  Hat, wie wir dieses bei David voraussetzen dürfen, ein Feldherr nichts von den irdischen Mitteln, die ihm Gott in die Hand gegeben, vernachlässigt, wie groß erscheint er, wenn er dann doch das Auge allein auf die Hilfe des unsichtbaren Gottes gerichtet hält! Prof. A. Tholuck 1843.
  Als Numa, dem zweiten König von Rom († 672 vor Chr.), da er gerade beim Opfern war, gesagt wurde, dass seine Feinde heranzögen, meinte er, es sei für ihn Sicherheit genug, dass er sagen könne: Ich bin im Dienste meines Gottes beschäftigt. - Als Josaphat, der König Judas, Fürsten, Priester und Leviten in alle Städte Judas gesandt hatte, um das Volk aus dem Gesetzbuch des Herrn zu lehren, da und nicht eher fiel die Furcht des Herrn auf die benachbarten Königreiche, dass sie nicht stritten wider Josaphat; immerhin hatte der König vorher Kriegsvolk in alle festen Städte gelegt. (2. Chr. 17,2.7-10.) Charles Bradbury 1785.
  Dieses wird nicht gesagt nach der Historie, sondern vielmehr auf prophetische Weise, ja nach dem Glauben. Denn allein der Glaube, der sich auf Gott verlässt, der kann das Triumphlied vor dem Siege singen und ein Freudengeschrei machen, ehe die Hilfe noch folget; weil dem Glauben ganz und gar alles erlaubt ist. Denn er glaubt an Gott, und also hat er wirklich, was er glaubt, weil der Glaube nicht betrügt; wie er glaubt, so geschieht ihm. Martin Luther 1519
  Um Michaelis war ich gänzlich von Mitteln entblößt. Ich ging aus; es war das herrlichste Wetter. Ich betrachtete den azurblauen Himmel, und mein Herz wurde so im Glauben gestärkt (was ich aber nicht meiner eigenen Kraft, sondern allein der Gnade Gottes zuschreibe), dass ich bei mir selbst dachte: Welch eine herrliche Sache ist es doch, dass wir, ob wir auch nichts haben und uns auf nichts stützen können, doch den lebendigen Gott kennen, der Himmel und Erde gemacht hat, und unsere Zuversicht auf ihn allein setzen können, was uns befähigt, selbst in drückender Not so still zu sein. Ich wusste wohl, dass ich eben den Tag noch etwas haben musste; dennoch war mein Herz so stark im Glauben, dass ich heiter und gutes Muts war. Als ich nach Hause kam, wartete schon der Aufseher der Werkleute und Maurer auf mich. Es war Sonnabend, daher brauchte er Geld, um die Löhne zu zahlen. Er erwartete, dass das Geld bereit sei, denn er wollte sofort gehen, um die Leute auszuzahlen; trotzdem fragte er: Ist etwas gekommen? Ich antwortete: Nein, aber ich habe Glauben an Gott. Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, als mir ein Student gemeldet wurde, der mir dreißig Taler brachte von jemand, den er nicht nennen wollte. Darauf ging ich wieder ins Zimmer und fragte den andern, wie viel er diesmal für den Lohn der Werkleute nötig habe. Er antwortete: Dreißig Taler. Hier sind sie, sagte ich, und fragte zugleich, ob er noch mehr brauche. Er sagte nein, was uns beiden den Glauben sehr stärkte, da wir so sichtbar die wunderbare Hand Gottes schauten, der das Geld gerade in dem Augenblick gesandt hatte, als es nötig war. August Hermann Francke † 1727.


V. 10. Der König erhöre uns usw. (Andere Übersetzung). Warum soll Jahve in diesem Gebet für den König nicht am Schlusse selber der König heißen? Prof. Franz Delitzsch † 1890.


Homiletische Winke

Dieser Psalm ist bei Krönungsfeiern und öffentlichen Dank- und Bittgottesdiensten oft benutzt worden und zwar gar manchmal in unbiblischer und unwürdiger Weise. Unendlich viel sinnlose und widerwärtige Schmeicheleien sind dem köstlichen Psalm von augendienerischen Predigern verweltlichter Kirchen angedichtet worden. Wahrlich, wären manche Könige Teufel gewesen, etliche dieser Herren hätten ihre Hörner und Klauen gepriesen! Denn wiewohl etliche von den Hohen dieser Welt sehr gehorsame Diener des Fürsten der Finsternis gewesen sind, haben solche falsche Propheten sie "allergnädigster Herrscher" und "allerchristlichster König" betitelt und sind von ihrer Gegenwart so geblendet worden, als hätten sie eine himmlische Vision erblickt. C. H. Spurgeon 1869.
  Der ganze Psalm ist ein treffliches Lied und Gebet für getreue Untertanen unseres Königs Jesus.

V. 2. Zwei große Wohltaten in großer Not, beide ausgehend vom Throne Gottes: Erhörung in der Drangsal und Erhöhung über die Gewalt der Feinde.
V. 2-3. 1) Unseres Heilands Not, ihre Art und Ursache. 2) Wie er sich in der Not stärkte. 3) Dass wir nicht kaltherzige Zuschauer der Leiden Jesu sein sollen. Hamilton Verschoyle 1843.
V. 2-4. Vorbilder guter Wünsche für unsere Freunde. 1) Sie setzen persönliche Frömmigkeit bei diesen voraus. Die Person, von der hier gesprochen wird, betet selber, geht zum Heiligtum und bringt Opfer dar. 2) Sie weisen nach oben. Die Segnungen werden deutlich als göttliche anerkannt. 3) Sie schließen Not nicht aus. 4) Sie sind hauptsächlich geistlicher Art. Gnade bei Gott usw.
V. 3. Hilfe aus dem Heiligtum. Ein inhaltreiches Thema.
V. 4. Gottes Blick unverwandt auf das Opfer Christi gerichtet.
V. 4-5. Ein vierfältiger Wunsch. Das große Vorrecht, dass wir, durch Gottes Gnade angenehm gemacht in dem Geliebten, der Erfüllung desselben an uns gewiss sein dürfen.
V. 6. Die Freude über das Heil des Messias. Es gilt den Entschluss zu solcher Freude (Wir wollen rühmen, Grundtext) und praktische Betätigung derselben.
  Das Aufwerfen des Paniers. Huldigung, Kriegserklärung, Gelübde der Beharrlichkeit, Besitzergreifung, Aufrichtung des Triumphsignals.
V. 6c. Die Kraft der Fürsprache unseres Heilands und die Annahme unserer Gebete um seinetwillen.
V. 7. Sein Gesalbter. Unser Herr als der Gesalbte. Wann ist er gesalbt worden? Mit welcher Salbung? Wie? Zu welchen Ämtern? usw.
  Er erhört ihn. Der allvermögende Fürsprecher. Die hilfreichen Machttaten der Rechten Gottes (Grundtext) zu unserer Errettung für Zeit und Ewigkeit.
V. 8-9. I) Die Zuversicht der Weltkinder; 1) auf die "wirklichen", d. h. sichtbaren Mächte gegründet; daher 2) trotzig und lärmend, aber 3) eitel (V. 9). II) Die Zuversicht der Gotteskinder: 1) in Gott verborgen, 2) demütig und still, aber 3) von Gott gekrönt (Wir stehen, V. 9).
  Der Name des Herrn, unsers Gottes. Wir sollen 1) an ihn denken, 2) ihn anrufen, 3) seinen Ruhm verkünden.
V. 9. Wunderbare Veränderung bei den Feinden und Freunden Gottes. (Vergl. den Grundtext)
V. 10. Hilf, Herr! Eines der kürzesten und kräftigsten Gebete in der Bibel.
V. 10b. Nach der gewöhnl. Übers. Luthers: Der König erhöre u. 1) An wen wir uns wenden: an den König. 2) Wie wir uns an ihn wenden: Wir rufen. 3) Was wir begehren: Erhöre uns.

Fußnoten

1. V 10a. nach der Vulgata. Aus diesem Wort sind viele Nationalhymnen z. B. auch das englische God save the King, entstanden.

2. F. W. Schultz sagt (1888): Targum, Rabbiner und ältere Ausleger deuten beide Psalmen auf den Messias und jedenfalls handelt es sich um den Sieg nicht über diesen oder jenen Feind Israels, sondern über die Gegner des Reiches Gottes, über die Heiden deren weltliche Gesinnung ausdrücklich hervorgehoben wird also um das, was schließlich erst Christus gelingen sollte und gelingen wird.

3. Das fehlende Verb ist aus dem Zusammenhang zu ergänzen, etwa: Wx+:bIf. Diejenigen, welche das Zeitwort des 2. Versgliedes mit Hitzig, Delitzsch u. rühmen übersetzen, ergänzen natürlich dieses. Es ist aber (Keßler) für bI: rykIiz:hi nur die Bedeutung anrufen gesichert.

4. Diese den masoretischen Akzenten entsprechende Übersetzung wurde noch von Hengstenberg und Delitzsch verteidigt. Natürlich ist unter dem König dann Jahve gemeint, dagegen bei der revidierten Übersetzung der Messias. Die Wunderbare Bereinigung Jahves, des Königs Israels, mit seinem irdischen Vertreter, dem israelitischen König aus Davids Haus, ist ja erst mit der Erscheinung Jesu ins Licht getreten.

5. Diese haben wahrscheinlich Wnn"(Awa gelesen oder korrigiert.